Im Zusammenhang mit der Erstellung
von Ingenieurbauwerken ergibt sich fast immer die Notwendigkeit, die Form der natürlichen
Erdoberfläche umzugestalten. So werden Jahr für Jahr Milliarden und aber Milliarden
Kubikmeter Erde bewegt. Die unter kontrollierten Bedingungen aus geeigneten Boden- und
Steinmaterialien hergestellten Aufschüttungen werden Dämme genannt. Zu den Dämmen
zählen Verkehrsdämme, Staudämme, Flußdeiche und Seedeiche.
Am Beispiel der etwa 105 Kilometer langen ICE-Trasse Stuttgart-Mannheim (Abb. 1) kann
gezeigt werden, wie beim Zusammentreffen von sehr flachen Trassen-Neigungen von etwa 12,5
Promille und großen Kurvenradien von mehr als 7000 Metern einerseits und der sehr
unruhigen Morphologie des süddeutschen Hügellandes andererseits zwangsläufig Lösungen
gefunden werden, in denen die Strecke aus mehreren, ganz unterschiedlichen Teilen besteht:
27 Prozent Tunnel, 40 Prozent Einschnitt, 4 Prozent ebenerdig, 23 Prozent Dämmen, 6
Prozent Brücken.
Die Beschäftigung mit dem Entwurf und der Ausführung dieser Bauwerke ist das
Arbeitsgebiet des Bauingenieurwesens, insbesondere der Geotechnik, die sich mit Boden und
Fels als Baugrund und Baustoff befaßt.
Ein Planungsgrundsatz im Verkehrswegebau ist der Massenausgleich zwischen Materialentnahme
in Tunneln/Einschnitten und Aufschüttungen in Dämmen. Dieser Grundsatz ist auch in dem
seit 1. September 1991 in Baden-Württemberg geltenden Bodenschutzgesetz festgeschrieben.
Allein in Baden-Württemberg fallen jährlich mehr als zehn Millionen Kubikmeter Erdaushub
an. Ein Großteil dieser Massen werden zum Bau von Dämmen im Verkehrswegebau für
Straßen, Eisenbahn und Kanäle wiederverwendet (Abb. 2). Während Dämme im
Verkehrswegebau selten höher als etwa 40 Meter ausgeführt werden, gibt es beim Dammbau
in Verbindung mit Wasserwirtschaft und Hochwasserschutz Bauwerkshöhen von über 300
Meter. Das hinter den Staudämmen gespeicherte Wasser stellt hinsichtlich
Sicherheitsaspekten und Gefahrenpotential wesentlich höhere Anforderungen an Entwurf und
Ausführung der Dammbauwerke, als dies bei Dämmen im Verkehrswegebau der Fall ist. Für
die unmittelbar unterhalb einer Talsperre lebenden Menschen ist es ein eigenartiges
Gefühl zu wissen, daß direkt über ihnen eine bewegliche Wassermasse von oft Millionen
Kubikmetern nur durch ein von Menschen geschaffenes Bauwerk vom Abfließen ins Tal
abgehalten wird.
Obwohl die Schütt-Kubaturen im Verkehrswegebau wegen den großen Dammlängen wesentlich
größer sind, beschäftigen wir uns im folgenden hauptsächlich mit dem Staudammbau und
dem Deichbau. Das enorme Bevölkerungswachstum auf der Erde erfordert in vielen Regionen
der Welt den Bau von Staudämmen für Talsperren und Wasserkraftanlagen, um in bezug auf
Energie und Ernährung die Lebensgrundlagen dieser Menschen zu sichern.
In dichtbesiedelten Gebieten wie Europa kommt hinzu, daß die natürlichen
Überschwemmungsgebiete in den Talauen der Flüsse häufig durch Industrieanlagen,
Wohnbebauung oder Verkehrswege zugebaut sind. Zwangsläufig kommt es hier nach der
Schneeschmelze oder nach Starkregen regelmäßig zu Überschwemmungskatastrophen. Durch
den Bau von Hochwasserrückhaltebecken wird versucht, das Niederschlagswasser in den
Oberläufen der Flüsse zurückzuhalten. Zum Schutz des Hinterlandes vor Überflutungen
durch Meerwasser werden an den Unterläufen der Flüsse Flußdeiche und an der Küste
Seedeiche gebaut. Wegen der großen Länge der Seedeiche von oft mehreren 100 Kilometern
werden riesige Mengen an Schüttmaterialien benötigt. Deshalb wird man grundsätzlich
bestrebt sein, die für einen Deichbau benötigten Bodenmassen in der Nähe der
Einbaustelle zu gewinnen. In Küstennähe sind dies in der Regel Sande und Ton.
1. Geschichtliche Entwicklung des Staudammbaus
Eine großmaßstäbliche Speicherung von Wasser über Jahreszeiten und Jahresreihen hinweg
wurde mit dem Seßhaftwerden des Menschen und dem damit verbundenen drastisch erhöhten
Bedarf an Trink- und Bewässerungswasser erforderlich. Eine Tabelle von SCHNITTER (1987)
nennt bis zum Jahre Null unserer Zeitrechnung 34 Dammbauwerke aus fast allen Hochkulturen
der damaligen Welt. Einer der ältesten Dämme der Welt war der zum Hochwasserschutz
gebaute, rund 14 Meter hohe Steinschüttdamm mit Erdkern Sadd-el-Kafara in Ägypten, der
um das Jahr 2.600 v. Chr. errichtet wurde (Abb. 3). In einer Studie "Historische
Talsperren" von GARBRECHT (1987) heißt es: "
Der Damm ist nach heutigen
Bemessungsregeln standsicher und hätte bei sachgerechter Fertigstellung auch den zu
erwartenden Überströmungen standgehalten. Bei einem Hochwasser während der Bauzeit ist
es jedoch zu einer Überströmung des unvollendeten und damit verwundbaren Dammes mit der
Folge einer verheerenden Flutwelle gekommen
".
Nach einer Zusammenstellung von KUTZNER (1996) gibt es heute weltweit etwa 35.000
Staudämme, wobei die derzeit höchsten Dämme - Nurek mit 300 Metern und Rogun mit 335
Metern in der ehemaligen UdSSR - aus Boden und Felsgestein geschüttet wurden.
Über Jahrtausende ist der Umgang mit Boden- und Felsmaterial als Dammbaustoff intuitiv
geblieben. Erst um die letzte Jahrhundertwende haben wissenschaftliche Erkenntnisse in der
Bodenmechanik und
die schnell fortschreitende Bautechnologie die Voraussetzungen für den Bau großer Dämme
geschaffen:
- Entwicklung erdstatischer Berechnungsmethoden mit Gleitkreisen
durch FELLENIUS (1919),
- Entwicklung der Lehre von der Erdbaumechanik auf
bodenphysikalischer Grundlage durch TERZAGHI (1925),
- Entwicklung von Filterregeln zum Schutze der Erdstoffe gegen
Erosion,
- das Erkennen des Zusammenhangs zwischen Verdichtbarkeit und
Wassergehalt für kohäsive Böden durch PROCTOR (1933),
- der Nachweis des Zusammenhangs zwischen Scherfestigkeit,
Porenwasserdruck und Wassergehalt der Böden,
- neuere Erkenntnisse zum nichtlinearen Materialverhalten
bindiger Böden,
- Entwicklung neuerer Berechnungsverfahren wie zum Beispiel
Finite-Element-Verfahren,
- Entwicklung moderner Baumaschinen für Transport und
Verdichtung von Schüttmaterialien,
- Entwicklung der Beobachtungsmethode zur Dammüberwachung.
Auf der Grundlage dieser Entwicklungen setzte ab etwa 1950
weltweit eine rasante Bautätigkeit im Talsperrenbau ein. Abbildung 4 zeigt eine
Zusammenstellung bis 1980. Eine Einteilung der Staudämme nach der Höhe ist in Abbildung
5 gegeben. Die rasche Entwicklung geht auch in der Gegenwart weiter. So wurden
beispielsweise 1995 die Arbeiten am Atatürk-Staudamm beendet. Dieser Staudamm ist das
zentrale Bauwerk im Südost-Anatolien-Projekt, bei dem mit 22 Dämmen die Wassermassen von
Euphrat und Tigris aufgestaut und zur Stromerzeugung sowie zur Bewässerung von 1,7
Millionen Hektar Land eingesetzt werden. Von den Abmessungen und dem Schüttvolumen her
muß der Atatürk-Staudamm auch in die Liste der 20 größten Dämme aufgenommen werden.
Wie bei jeder Tätigkeit des Menschen hat es zu allen Zeiten auch Rückschläge im Dammbau
gegeben. Dies gilt ebenso für die Gegenwart. Vor 20 Jahren brach der etwa 90 Meter hohe
Teton-Staudamm im Staate Idaho/USA beim ersten Einstau. Es vergingen nur fünf Stunden vom
Auftreten der ersten Wasseraustrittstellen am Dammfuß bis zum endgültigen Bruch des
Dammes. Dabei wurde ein Drittel des Dammes weggespült. Das Tal unterhalb des Teton-Dammes
wurde bis zur Mündung in den Snake-River auf 120 Kilometer Länge von Hochwasser
überflutet. Dabei entstand ein Sachschaden von nahezu 500 Millionen Dollar. Elf
Todesopfer waren zu beklagen.
In Abbildung 6 ist eine Statistik über Versagensfälle von Stauanlagen zusammengestellt.
Diese Auswertung zeigt, welche Bedeutung der richtigen Beschaffung und Auswertung
geotechnischer Daten zukommt. Auch in unserer näheren Umgebung sind solche
Flutkatastrophen infolge Dammbruchs aufgetreten. Abbildung 7 zeigt den nach Überflutung
am 21. Juni 1984 gebrochenen Damm des Rückhaltebeckens Gissigheim.
2. Untersuchung des Baugrundes und der natürlichen
Baustoffe
Es ist eine Binsenweisheit, daß eine Talsperre nur so gut sein kann wie ihre Gründung
und daß Sperrenkörper und Sperrenuntergrund als unteilbares Ganzes zusammenwirken. Die
Festlegung der Sperrenstelle
erfolgt, nach Vorgaben über Stauvolumen und Einzugsgebiet, unter Beachtung der
geologischen, morphologischen und topographischen
Bedingungen. Die Forderungen an Dämme im allgemeinen sind, daß sie standsicher sein
müssen, geringe Verformungen und möglichst keine zeitlich verzögerten Setzungen
aufweisen sollen. Bei Dämmen im Wasserbau kommen als wesentliche Forderungen noch hinzu,
daß sie wasserdicht und erosionssicher sein müssen. Diesen Anforderungen wird beim
Dammbau durch zweierlei Maßnahmen entsprochen: erstens durch Untersuchungen des
Baugrunds, die als Baugrunderkundung am Dammstandort, im Stauraum, den Stauraumflanken
sowie den vorgesehenen Schüttmaterial-Entnahmestellen ausgeführt werden. Das Hauptziel
ist hier, ein Baugrundmodell (Abb. 8) für die Bodenschichtung und die hydrogeologischen
Verhältnisse entwerfen zu können. Als Erweiterung des Baugrundmodells erfolgt zweitens
eine Untersuchung der natürlichen Baustoffe. Hierzu werden Labor- und Feldversuche
ausgeführt mit dem Ziel, die boden- und felsmechanischen Kenndaten aller das Bauwerk
beeinflussenden Bodenschichten angeben zu können.
Die Feststellung des Baugrundmodells und der bodenmechanischen Kenndaten gehört zu den
Aufgaben des geotechnisch geschulten Bauingenieurs. Zum Fachgebiet der Geotechnik gehören
demnach nicht nur Boden- und Felsmechanik, sondern auch die Ingenieurgeologie, das heißt
die Wissenschaft von der Anwendung geologischer Kenntnisse auf Bauaufgaben. Die
Feststellung des Baugrundmodells und der zugehörigen mechanischen Kenndaten erfordert
zunächst eine Reihe von Feldarbeiten: Bohrungen, Ramm- und Drucksondierungen,
geophysikalische Verfahren und so weiter. Die aus Bohrungen entnommenen Proben gehen dann
ins Labor zur Klassifikation und mechanischen Erprobung.
Man unterscheidet in der Geotechnik zwischen Lockergesteinen und Festgesteinen, wobei
Lockergesteine durch die Verwitterung der Festgesteine entstehen. Die Verwitterung wird
durch physikalische und chemische Einflüsse hervorgerufen (Temperatur, Eis, Erosion). Es
ist das Ziel der Klassifikation in der Bodenmechanik, die Vielfalt der vorkommenden
Bodenarten auf eine für die bautechnischen Belange zugeschnittene Ordnung zu bringen. Die
Einteilung baut hauptsächlich auf den physikalischen Eigenschaften der Böden auf, die
mit festgelegten Versuchsverfahren bestimmt werden.
Bei Verwendung von Boden als Baustoff sind Fragen zur Bodenverdichtung zu beantworten. Die
Verdichtung ist die wirtschaftlichste Maßnahme, um die bautechnischen Eigenschaften eines
Bodens zu verbessern. Sie wird für eine bestimmte Bodenart im wesentlichen durch die
Verdichtungsarbeit und den Wassergehalt festgelegt. Im Erdbaulabor können mit Hilfe
automatischer Geräte die optimalen Werte für Dichte und Wassergehalt bestimmt werden.
Zu der mechanischen Erprobung zählen die Bestimmung der Durchlässigkeit (Abb. 9), der
Festigkeit und der Steifigkeit. Vor allem bei wassergesättigten, feinkörnigen Böden
ergeben sich aufwendige Versuche, da die ursprüngliche Sättigung auch beim Einbau der
Proben in die Versuchsgeräte erhalten bleiben soll. Deswegen wird im Institut für
Geotechnik seit zwei Jahren unter dem Namen "Torsionsödometer" ein neues Gerät
entwickelt (SCHANZ/VERMEER, 1997). Obwohl der erste Prototyp noch immer zu einem hohen
Versuchsaufwand führt, hat er bereits die Aufmerksamkeit eines Geräteherstellers auf
sich gezogen. Aus seiner Erfahrung heraus hat sich dieser an der weiteren Entwicklung
beteiligt, wesentliche Verbesserungen vorgeschlagen und jetzt einen zweiten Prototyp
hergestellt, der auch vermarktet werden soll. Für die Testphase des Torsionsödometers
waren homogene Bodenproben mit bekannten Eigenschaften erwünscht. Dazu wurden von einem
norwegischen Gastdozenten 15 Kilogramm grauer Ton aus Oslo mitgebracht. (Am Flughafen
hielt man den internationalen Tontransport zunächst für Rauschgift, und unser Gastdozent
wurde als Rauschgifthändler verdächtigt und festgehalten).
3. Dammtypen und Querschnittsentwurf
Die Herstellung von Dämmen im Verkehrswegebau ist meistens unproblematisch, wenn die
Regeln der Technik beachtet werden. Typische Querschnitte für Straßendämme sind in
Abbildung 10 zu sehen. Wie eingangs beschrieben, werden die Dämme nach dem Prinzip des
Massenausgleichs aus den in Einschnitten anfallenden Aushubmassen geschüttet.
Die wohl älteste Methode des Hochwasserschutzes ist der Bau von Deichen. Flußdeiche sind
Dämme zum Schutz des Hinterlandes gegen Hochwasser. Im Vergleich zu vielen Staudämmen
und Seedeichen sind die Flußdämme ziemlich niedrig; am Niederrhein reichen die Höhen
beispielsweise nur bis sechs Meter und lediglich einige Tage pro Jahr treten sehr hohe
Flußpegel auf. Deiche müssen nicht unbedingt wasserdicht ausgebildet werden, es muß
jedoch sichergestellt sein, daß auf der landseitigen Böschung austretendes Sickerwasser
nicht zur Oberflächenerosion oder zur Bildung von Hangquellen führt. Beim letzten
Hochwasser des Rheins war dies der Fall; aus diesem Grund wurden in den Niederlanden
einige Dörfer evakuiert. In Abbildung 11 ist zu sehen, wie ein Filterkörper am
landseiti-gen Böschungsfuß das austretende Wasser ohne Beeinträchtigung der
Böschungsstandsicherheit abführt. In den meisten Flußtälern liegt unter der
Oberfläche eine lehmige Deckschicht, unter welcher stärker durchlässige Sedimente aus
Sand und Kies anstehen. Da der Flußwasserspiegel mit dem Wasser in der Sand- oder
Kiesschicht korrespondiert, kann sich bei Hochwasser in diesem durchlässigen Untergrund
eine Druckhöhe einstellen, die über der Geländeoberfläche liegt. Im Extremfall kann
der Boden hier "gewichtslos" werden und am landseitigen Böschungsfuß
aufbrechen, es tritt der sogenannte hydraulische Grundbruch ein.
Der Bestand eines Seedeiches mit grasbedeckter Außenböschung ist unter der Wirkung von
Sturmflutwasserständen und Wellenangriff nicht nur von der Profilform, sondern auch von
der Güte des Deichbodens und der Grasnarbe abhängig. Homogene Kleideiche waren die Regel
im Deichbau der früheren Zeit. Der Bau von Sanddeichen mit Kleidecke ist die Regel im
modernen Deichbau (Abb. 12). Für diese Lösung sind sowohl die geringeren Baukosten als
auch die kürzere Bauzeit gegenüber reinen Tondeichen entscheidend. An der Nordseeküste
haben die Deiche eine Höhe von 10 bis 15 Metern über durchschnittlicher Seehöhe. Diese
Höhen errechnet man auf Grund von extremen Meeresspiegeln bis über fünf Meter über
durchschnittlicher Seehöhe, extremen Wogen mit einer Höhe bis fünf Meter und
Wasserauflauf in Richtung der Krone. Die extreme Deichhöhe von 15 Metern besteht im
Grunde genommen aus drei fast gleichen Teilen. Die Böschungsneigung ist mit 1:5 bis 1:8
sehr flach, wodurch der Wellenauflauf noch einigermaßen eingeschränkt bleibt. Im Bereich
des Wellenangriffs wird die Böschung traditionell mit schweren Steinen verkleidet. Seit
1955 wurden aus mehreren praktischen Gründen auch Asphaltverkleidungen eingesetzt, zum
Beispiel aus Mangel an Steinen und wegen der Notwendigkeit, den Deich in einer kurzen
Sommerperiode fertigzustellen. Abbildung 13 zeigt, daß bei den ersten
Asphaltverkleidungen durch Wellenangriff auch Schadensfälle aufgetreten sind.
Der Untergrundaufbau an der Sperrenstelle und die verfügbaren Schüttmaterialien sind in
der Regel die Basis für die Auswahl des Staudamm-Typs. Die Grundform aller Staudämme ist
der als "homogen" bezeichnete Damm. Als Schüttmaterial wird notwendigerweise
ein feinkörnig-bindiges Material verwendet, das den Forderungen nach
"Wasserdichtigkeit" und "Standsicherheit" genügen muß. Solche Böden
sind durch eine geringe Scherfestigkeit gekennzeichnet. Trotzdem können Dämme mit Höhen
bis zu etwa 25 Meter gebaut werden, wobei die Böschungsneigungen dann 1:2 bis 1:4
betragen müssen.
Ein nahezu idealer Dammtyp für hohe Dämme ist der als Zonendamm ausgebildete
Steinschüttdamm. Wie in Abbildung 14 dargestellt, wird die Aufgabe der Standsicherheit
den Stützkörpern aus Stein zugewiesen, die Forderung nach Dichtigkeit wird von einem
innenliegenden Erdkern oder einer künstlichen Innendichtung (Asphaltbeton, Zementbeton,
Spundwände, Schmalwände, Schlitzwände oder Folien) übernommen. Besondere
Aufmerksamkeit ist dem Anschluß beziehungsweise dem Übergangsbereich der Innendichtung
an eine normalerweise vorhandene Untergrundabdichtung zu schenken.
Massive Einbauten in Staudämme, insbesondere in Fließrichtung, sind nach Möglichkeit zu
vermeiden, da jedes Massivbauwerk einen Fremdkörper im Damm darstellt. Wir können jedoch
nicht auf sie verzichten, da jeder Staudamm einen Grundablaß und eine
Hochwasserentlastung erhalten muß und zudem bei höheren Dämmen Kontrollgänge für
Untergrundabdichtungen eingerichtet werden müssen. Grundablässe sind Einrichtungen, die
zum Regeln des Abflusses oder zum Entleeren des Stauraumes dienen. Ihrer Bestimmung
entsprechend liegen sie im Taltiefsten und werden beim Dammbau mit den Erdmassen
überschüttet. Der Grundablaß muß daher mit gut abgedichteten Bewegungsfugen so
unterteilt werden, daß er den Dammsetzungen folgen kann. Als eine Art Sicherheitsventil
müssen Stauanlagen mit Hochwasser-Entlastungsanlagen ausgerüstet werden, die bei
Überschreiten des gewöhnlichen Stauziels anspringen. Sie werden als Hangseitenanlagen
(seitlich um den Damm herum) oder als Dammscharten (über den Damm auf gepanzerten
Gerinnen) ausgeführt. Sind bei höheren Dämmen Injektionen zur Abdichtung des
Untergrundes erforderlich, empfiehlt sich der Anschluß an den Dammkörper über eine
Herdmauer mit innenliegendem Kontrollgang (Abb. 14). Der Kontrollgang ist so groß
auszubilden, daß Injektionen beziehungsweise Nachinjektionen von dort ausgeführt werden
können.
4. Numerische Analysen
Die Beanspruchungen, die Dammbauwerk und Stauraum der Dammgründung zumuten, sind sehr
hoch: der Untergrund übernimmt vom Sperrenbauwerk die gewaltige Schubkraft des
rückgestauten Wassers, die nicht selten die Größenordnung von zehntausenden Meganewton
(MN) erreicht und dazu noch die Masse des größten von Menschenhand geschaffenen
Einzelbauwerks. Beiden, dem Wasserdruck und dem Eigengewicht, überlagern sich noch
dynamische Kräfte, beispielsweise aus Erdbeben.
Auf dem Gebiete des Staudammbaus sind für alle Fragestellungen, die durch Berechnungen
beantwortet werden können, in den letzten Jahrzehnten Berechnungsgänge entwickelt
worden. Die Treffsicherheit dieser Berechnungsgänge ist durch Überprüfung an
bestehenden Anlagen nachgewiesen worden. Grundsätzlich muß für Dämme nachgewiesen
werden, daß ausreichende Sicherheit gegen das Erreichen des Grenzzustandes der
Tragfähigkeit (statische Sicherheit) und des Grenzzustandes der Gebrauchsfähigkeit
(Verformungsbetrachtung) besteht. Darüber hinaus muß die hydraulische Sicherheit und die
Rissesicherheit untersucht werden.
Bei der Bestimmung des Grenzgleichgewichts werden nach dem "Probierverfahren"
Gleitflächen durch den Dammkörper gelegt, längs denen der oberhalb der Gleitfläche
liegende Teilkörper abgleiten kann (Abb. 15). Hinweise auf die Form der Gleitfläche
konnten aus Böschungsrutschungen in der Natur gewonnen werden. Üblicherweise werden
Kreise als Rutschflächen angesetzt. Eine wesentliche Verbesserung dieser Vorgehensweise
ist die am Institut für Geotechnik von GUSSMANN (1992) entwickelte
Kinematische-Element-Methode (KEM). Das Kontinuum wird dabei durch endliche, aber
kinematisch verschiebbare Bruchkörper diskretisiert: die Elemente. Die Elemente selbst
werden als starr betrachtet. Durch Variation der Bruchgeometrie und der Bruchmechanismen
werden entsprechend den Grenzwertsätzen der Plastizitätstheorie Aussagen zu der
Standsicherheit der betrachteten Böschung gefunden. Abbildung 16 zeigt den
Bruchmechanismus einer abgleitenden Böschung.
Eine moderne Berechnungsmethode zur Vorhersage des mechanischen Verhaltens eines
Erdkörpers ist die Finite-Element-Methode (FEM). Es handelt sich um ein Verfahren, das
zunächst in der Luft- und Raumfahrt entstand und dann in fast allen
technisch-mechanischen Bereichen zur Anwendung und weiteren Entwicklung kam. Vor etwa 30
Jahren lag der Hauptakzent dieser computerorientierten Methode noch in der linearen Statik
und Dynamik der Festkörper. Jetzt wird - zumindest in der Bodenmechanik - nur noch
nichtlinear gerechnet. Ein Bodenelement besteht freilich aus einem Haufen Körner und
daraus resultiert ein äußerst nichtlineares mechanisches System. Mitarbeiter des
Institutes für Geotechnik haben sich führend an der Formulierung der nichtlinearen
Stoffgesetze der Böden (VERMEER, 1995) beteiligt. Heute hat die FEM sich auch in der
Bodenmechanik eindeutig durchgesetzt.
Als Anwendungsbeispiel der FEM sei ein geplantes Regenwasserrückhaltebecken im
Westallgäu zu betrachten. Abbildung 17 zeigt einen Querschnitt; oben die alte Situation
mit der Queralpenstraße (B 308) ganz links, und unten die neue Lage, mit einem Damm
zwischen der B 308 und dem Becken. Die Farben kennzeichnen verschiedene Bodenarten und die
Dreiecke die Aufteilung in Finite Elemente zur Durchführung einer Berechnung. So ein
Baugrundmodell mit mehreren Bodenschichten ist wohl ein Merkmal der Bodenmechanik. In der
ursprünglichen Geometrie handelt es sich von oben nach unten um eine Sandaufschüttung,
Hanglehm oder Torf (rot) und schließlich Kies. Der neue Damm besteht aus Gabionen und
einem kalkzementverfestigten Kies. Zur Behinderung der Wasserdurchlässigkeit ist mitten
in dem Damm eine Spundwand geplant. Nach dem Einstau des Beckens ergibt sich über dieser
Dichtwand ein Wassersprung von etwa zehn Meter und damit eine Horizontallast von 500
Kilonewton (kN) pro laufenden Meter Damm. Demzufolge wurde eine horizontale
Dammverschiebung von ungefähr sechs Zentimetern errechnet.
Die neueste Forschung im Bereich der FEM stößt in hochgradig nichtlineare Analysen vor,
wie die des Bruchvorgangs eines Dammes. Abbildung 18 zeigt Ergebnisse solcher Berechnungen
für die Hangseite des Allgäuer Beckens. Beim Bruch rutscht eine Scholle nach unten über
eine annähernd kreisförmige Gleitfläche. Diese hochgradig nichtlinearen Analysen
ergeben also nicht nur Verschiebungen, sondern auch Bruchmechanismen. Da die FE-Analysen
jedoch hochgeschulte Ingenieure erfordern, werden sie derzeit meistens nur bei
Großprojekten eingesetzt. Diesem eingeschränkten Einsatz zum Trotz wird das von uns
entwickelte FEM-Programm weltweit angewandt und ist mit nahezu Tausend Benutzern das
erfolgreichste Computerprogramm in der Geotechnik.
Wenden wir nun den Blick von einem Damm auf festem Untergrund zu einem Damm auf weichem,
kompressiblem Untergrund. Bei der Planung von Staudämmen würde man eine solche Stelle
vermeiden, aber bei Flußdeichen und Verkehrsdämmen sind solche Fälle häufig
unumgänglich. Weiche Bodenschichten werden angetroffen in Talauen, in verlandeten Seen
und in Moorgebieten, wo die Erdoberfläche aus Torf besteht. Vor allem in Torfgebieten
verlangt der Bau von Dämmen besondere Maßnahmen. Hier ergeben sich Bauweisen mit
Beseitigung oder Verdrängung des Torfes und sogar Dämme auf Pfahlgründungen. Betrachten
wir als Beispiel einen Verkehrsdamm in der Nähe von Rotterdam, Niederlande, wie angegeben
in Abbildung 19. Die dunkelgelbe Farbe bezeichnet den Auffüllungssand des bestehenden
Dammes, und die hellgrüne Farbe bezeichnet die neue Aufschüttung zur Verbreiterung der
Straßenbahn. Unter dem alten, bestehenden Damm wurde der ganze Torf bis zu einer
Tonschicht hin beseitigt. Statt dieser kostspieligen Bauweise wurde für die Verbreiterung
jedoch eine Torfverdrängung ausgeführt. Aufgrund Finiter-Element Analysen wurde für die
neue Schüttung eine Überhöhe von etwa drei Meter gewählt, wie auch in Abbildung 19
angegeben. Bei wassergesättigtem Untergrund kann so eine Schüttung jedoch nur
etappenweise durchgeführt werden, mit jeweilig ausreichenden Ruheperioden zur Auspressung
des Grundwassers aus dem Bodengefüge. Der Boden ist ja ein wassergesättigtes, poröses
Medium, das wie ein steifer Schwamm unter Belastung langsam Wasser abgibt. In der
Bodenmechanik wird die Interaktion zwischen Porenwasser und Bodengefüge völlig
berücksichtigt, und daraus resultiert ein stark zeitabhängiges Last-Setzungsverhalten
des Untergrundes. Die hier errechneten Setzungen von etwa drei Metern können auch in
reinen Tongebieten auftreten. Als Beispiel sei Mexico-City erwähnt (Abb. 20), wo viele
Gebäude nur flache Plattengründungen haben und deswegen auch Setzungen bis zu drei
Metern aufweisen. Der Glockenturm von Pisa ist ebenfalls ein Extremfall: auf der Südseite
drei Meter Setzung und auf der Nordseite nur einen Meter.
Die grundwasserabhängigen Zeitsetzungen seien nicht zu verwechseln mit dem Kriechen des
Bodengefüges, denn wie bei allen Materialien zeigt Boden auch ein langzeitiges Kriechen;
in Sanden und Kiesen zwar sehr gering, in weichen Tonen schon viel mehr und in Torf sehr
beachtlich. Dieses Kriechen erklärt zum Teil auch die permanente Setzung des Glockenturms
in Pisa. Die andauernden Setzungen in Mexico-City und einigen anderen Großstädten werden
wohl ganz vom Kriechen bestimmt. Mit internationaler Förderung wird am Institut für
Geotechnik deswegen ein neues Modell zum Kriechphänomen entwickelt und erprobt
(HESSE/VERMEER, 1997). Die Entwicklung einer hochwertigen Theorie ist nicht nur von
Bedeutung für die Prognose von Zeitsetzungen in der Praxis, unter anderem häufig
notwendig beim Denkmalschutz, sondern auch bei der Durchführung von Laborversuchen zur
Erfassung der Bodenkennwerte. Ein kompletter Kriechversuch an einer Bodenprobe dauert zum
jetzigen Zeitpunkt vier bis fünf Wochen und ist dadurch sehr kostspielig. Auf Grund einer
verbesserten Theorie erwarten wir auch eine bessere Versuchsdurchführung und dadurch eine
Kostenreduzierung.
5. Herstellen von Erd- und Steinschüttdämmen
Die kritische Phase beim Bau eines Dammes liegt meistens in der Zeit des Baubeginns. In
dieser Zeit müssen zum Beispiel bei Staudämmen bewerkstelligt werden:
- Umleitung des Flußlaufes,
- Bau des Grundablasses,
- Vorbereitung der Aufstandsfläche von Stützkörper und
Dichtungskern,
- Kernanschluß an den Untergrund beziehungsweise an die
Untergrundabdichtung und Schüttung der untersten Lage der Stützkörper,
- Einbau der luftseitigen Drainagen.
In dieser Bauphase wird das Geschehen auf der Baustelle
maßgeblich von einer Größe, nämlich dem Wasser, beeinflußt, die sich nicht präzise
vorab fassen läßt. Dies bedeutet, daß uns Wasser in Form von Grundwasser in der Talaue,
von Niederschlagswasser und von im Bereich der Sperrenstelle austretendem Sicker- oder
Quellwasser Probleme bereitet .
Während sich das flußbegleitende Grundwasser und die Wasseraustritte noch
verhältnismäßig leicht beherrschen lassen, bereitet das Niederschlagswasser meistens
die größten Sorgen. Jeder Dammbauer kennt die Schwierigkeiten, die es bereitet, die
Folgen einer Überflutung der Baustelle in dieser Bauphase durch die Wassermassen eines
heftigen Sommergewitters zu beseitigen. Bei den heute herrschenden
Witterungsverhältnissen kann zumindest für Deutschland eigentlich gar nicht vorhergesagt
werden, wann die günstigste Zeit für die Schüttung eines Dammes ist. Dies sollte
möglichst eine Trockenperiode sein, in der das Schüttmaterial einen für die Verdichtung
günstigen Wassergehalt aufweist. Bei Niederschlägen oder in Frostzeiten muß der
Schüttbetrieb eingestellt und die schon fertiggestellte Oberfläche versiegelt werden.
Bei diesen Randbedingungen ist es äußerst schwierig, den vertraglich vereinbarten
Bauzeitenplan für die Erstellung eines Bauwerkes einzuhalten.
Von der Sorgfalt der Materialauswahl und der Verdichtung hängt die Standfestigkeit und
die Qualität eines Dammbauwerks ab. Ziel der Verdichtung ist es, ein möglichst
hohlraumarmes Gemisch herzustellen, dessen Eigenschaften sich im Laufe der Zeit nicht
verschlechtern dürfen. Fragen nach der Dicke der Schüttlagen, dem Verdichtungsgerät,
der Anzahl der Übergänge sowie dem Verhalten bei Arbeitspausen werden durch die
einschlägigen Vorschriften aus dem Straßenbau geregelt. Schwierigkeiten bereitet häufig
der Einbau der ersten Schicht. Grundwassernähe und aufsteigendes Kapillarwasser
beeinflussen den Einbauwassergehalt ungünstig.
Bei der neuen ICE-Strecke Köln-Rhein/Main wurden ganz außergewöhnliche Forderungen an
die herzustellenden Dämme gestellt, denn hier wird eine sogenannte feste Fahrbahn
hergestellt. Im Gegensatz zu den bestehenden Linien wird es hier kein Schotterbett geben,
sondern eine durchgehende Stahlbetonplatte. Nach Fertigstellung sollten (kriechartige)
Restsetzungen eine Toleranz von 20 Millimetern nicht überschreiten, und das verlangt
außergewöhnliche Verdichtungsmaßnahmen. Die Autoren sind hier sehr skeptisch, denn bei
Schüttungen aus schlechtem Material hält das Kriechen nach Fertigstellung über Jahre
hinweg an und kann einige Prozente der Dammhöhe betragen. Solche Verkehrsdämme führen
auch immer zu unregelmäßigen Restsetzungen und damit zu hohen Unterhaltungskosten der
Verkehrsbahn.
Eigentlich sollten Entnahmestellen und Eigenschaften der Schüttmaterialien für die
verschiedenen Dammzonen bei der Ausschreibung, spätestens bei Baubeginn feststehen. Dies
ist meistens auch der Fall, wenn die Schüttmaterialien aus Seitenentnahmen gewonnen
werden, die speziell für das jeweilige Bauvorhaben geöffnet wurden. In der Praxis kommen
aber häufig Sondervorschläge zur Ausführung, da mit der Idee - Aushubmaterial =
Schüttmaterial - besonders kostengünstige Angebote abgegeben werden können. Diese
volkswirtschaftlich richtigen Überlegungen werden leider bisweilen von der Tatsache
durchkreuzt, daß sich der Baubeginn entweder der Entnahmestelle oder der Dammbaustelle
aus vor-her nicht abzusehenden Gründen verschiebt. Unter Zeitdruck gesuchtes
Ersatzmaterial oder auf Zwischendeponien gelegtes Aushubmaterial genügt nicht immer den
geforderten Ansprüchen. Um auch hier das Bauvorhaben zu einem glücklichen Abschluß zu
bringen, bedarf es einer guten Zusammenarbeit von Bauherren, Gutachter und Unternehmer.
Bei den vom Institut für Geotechnik betreuten Dammbaustellen hat es sich bewährt,
Mindestchargen von 20 Prozent des Gesamtvolumens oder mindestens 10.000 Kubikmeter aus
einer Entnahmestelle zu verlangen, wobei repräsentative Proben des angebotenen Materials
mindestens vier Wochen vor Schüttbeginn zur Eignungsuntersuchung bereitstehen müssen.
Schon bei kleinen Dämmen sollte durch ein Feldlabor die im Leistungsverzeichnis
vorgeschriebene und beim Einbau erzielte Verdichtung überprüft werden, damit
sichergestellt ist, daß die den erdstatischen Nachweisen zugrunde gelegten Bodenkenndaten
im Feld vorhanden sind. Dabei wird unterstellt, daß zum Beispiel die Scherparameter im
Labor an Proben bestimmt wurden, die hinsichtlich Material und Dichte dem bei der
Dammschüttung tatsächlich verwendeten Material entsprechen.
Bei der Überprüfung der Verdichtung kommen je nach Bodenart verschiedene Verfahren zur
Anwendung. Liegt als Schüttmaterial gebrochener Fels vor, der eventuell nur durch
Sprengen gelöst werden konnte, versagen die üblichen Verfahren zur Vorgabe der
erforderlichen Verdichtung. Hier werden Probeschüttungen angelegt, auf denen die
möglichen Schüttdicken, die Größtkornabmessungen, die geeigneten Verdichtungsgeräte
sowie die Anzahl der Übergänge mit dem Verdichtungsgerät festgelegt werden können. Als
neuere Entwicklung ist ein Meßverfahren zur flächenhaften Prüfung der Verdichtung zu
nennen. Hier werden beim Einsatz von dynamischen Verdichtungsgeräten mit
Beschleunigungsaufnehmern Meßwerte registriert, die Rückschlüsse auf die erreichte
Bodenverdichtung ermöglichen.
6. Meß- und Kontrollmaßnahmen
Zur Kontrolle der Betriebs- und Standsicherheit der Dämme während der Herstellung, des
ersten Einstaus und im langjährigen Betrieb werden Meß- und Kontrollorgane in den Damm,
in den Untergrund und in die Umgebung des Dammes eingebaut. Abbildung 21 zeigt die
Instrumentierung eines Dammes. Bei den Messungen kann unterschieden werden zwischen
- hydraulischen Messungen:
Stau- und Grundwasserstände, Porenwasserdruck
- Verformungsmessungen:
Setzungen, Verschiebungen, Verkantungen des Dammkörpers
- Bohrungen / Sondierungen:
im Dammkörper.
Bei Staudämmen müssen die Meßwerte nach vorher
festgelegten Regeln protokolliert, dokumentiert und durch regelmäßig stattfindende
Dammbegehungen ergänzt werden. Die Ergebnisse müssen darüber hinaus in einem
jährlichen Sicherheitsbericht zusammengestellt und bewertet werden.
Um Erfahrungswerte zu erhalten und Berechnungen verifizieren zu können, sollten auch beim
Bau von Verkehrsdämmen wesentlich häufiger begleitende Setzungsmessungen vorgenommen
werden. Schon nach einigen Schüttlagen kann somit festgestellt werden, ob das
Baugrundmodell und die durchgeführten Berechnungen zutreffen. Bei beträchtlichen
Abweichungen zwischen den Meßwerten und den Berechnungswerten kann das Ergebnis durch
veränderte Bodenkennwerte korrigiert werden. Diese Rückkopplung ermöglicht somit einen
zweiten Berechnungsgang mit verbesserten Eingangswerten.
7. Ausblick
Obwohl wir in diesem Bericht sowohl Verkehrsdämme als auch Wasserbaudämme betrachtet
haben, wurden vor allem die letzteren behandelt und dabei speziell die Staudämme. Durch
die riesigen Ausmaße mancher Staudämme ist hier die geotechnische Herausforderung wohl
auch am größten. Wie in Abbildung 4 abzulesen ist, hat die rasante Bautätigkeit im
Talsperrenbereich jedoch bereits abgenommen und in Europa werden sicherlich kaum noch
weitere Großprojekte durchgeführt. Beim Deichbau an Flüssen und Küsten ist die Lage
nicht anders. Bei ständigem Anwachsen des Meeresspiegels würden auf Dauer
Deicherhöhungen zwar notwendig werden, aber nicht in den folgenden Jahrzehnten. Der
Wasserdammbau wird nach unserer Einschätzung den geotechnischen Bauingenieur also nicht
besonders herausfordern. Statt dessen kündigen sich viele Projekte im Verkehrsdammbau an.
Die weitere Planung neuer Bahnlinien für moderne ICE-Hochgeschwindigkeitszüge erfordert
neue Dämme und in einer hügeligen Gegend besonders hohe Dämme. Auch beim Güterverkehr
wird sich der Schienentransport weiter entwickeln müssen. Wenngleich es nicht immer ganz
neue Trassen geben wird, soll die Kapazität der bestehenden Linien vergrößert werden.
Genauso wie beim Straßenbau (Abb. 19) werden erhebliche Dammverbreiterungen notwendig.
Als Alternative zu einer Verbreiterung könnte man die Geschwindigkeit oder die Auslastung
der Züge erhöhen (zum Beispiel zwei Container aufeinander), aber dies erfordert meistens
auch eine Damm- oder Untergrundverbesserung. Vor kurzem wurde in diesem Rahmen schon eine
interessante Untergrundverbesserung für die Ausbaustrecke Hannover-Berlin (Ausbau für
Geschwindigkeiten von 160 km/h) im Bereich Magdeburg-Helmstedt durchgeführt.
Nach dem Beispiel in Abbildung 19 ergeben sich wohl die größten Gründungsprobleme in
Gebieten, in denen wenig tragfähige Bodenschichten anstehen. Dies ist besonders an der
Küste der Fall, aber leider nicht nur dort. Vor allem in Talauen haben sich in der
Vergangenheit lokale Ablagerungen von Auelehm oder kompressiblem Seeton gebildet. Darüber
hinaus haben menschliche Aktivitäten ihre Spuren hinterlassen, beispielsweise in der Form
von mit Hausmüll gefüllten Kiesgruben. In Abhängigkeit der anstehenden kompressiblen
Bodenschicht wurden und werden mehrere Verfahren der Bodenverbesserung entwickelt.
Theoretisch gesehen ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten, aber bei den durchaus
großflächigen Erdbauwerken werden besondere Anforderungen an den Preis des Verfahrens
gestellt. Abbildung 22 zeigt als Beispiel ein preiswertes Rüttelstopfverfahren für
schluffigen Boden, wobei der Untergrund mit einem Raster von Schottersäulen versehen
wird. In Kooperation mit namhaften Tiefbauunternehmern befaßt sich das Institut für
Geotechnik intensiv mit der weiteren Entwicklung solcher Verfahren.
Literatur
FELLENIUS, W. (1948): Erdstatische Berechnungen. - Ernst & Sohn, Berlin, 4. Aufl.
GARBRECHT, G. (1987): Der Sadd-el-Kafara, die älteste Talsperre der Welt. - Historische
Talsperren. Herausgeber: DVWK, Wittwer, Stuttgart.
GIESECKE, J. (1996): Talsperren. - Vorlesungsumdruck Wasserbau und Wasserwirtschaft,
Institut für Wasserbau, Universität Stuttgart.
GUSSMANN, P. (1992): Die Methode der Kinematischen Elemente und adaptive Optimierung. -
Der Bauingenieur, Springer Verlag, Berlin.
HESSE, M./VERMEER, P. A. (1997): Herleitung einer Differentialgleichung zur Beschreibung
des Kriechens bindiger Böden. - Forschungsbericht Nr. 5 des Instituts für Geotechnik,
Universität Stuttgart.
KUTZNER, C. (1996): Erd- und Steinschüttdämme für Stauanlagen. - Ferdinand Enke Verl.,
Stuttgart.
PROCTOR, R. (1933): Fundamental Principles of Soil Compaction. - Engineering News Record,
Vol. 111.
SCHANZ, T./VERMEER, P. A. (1997): Entwicklung eines Torsionsödometers. -
Forschungsbericht Nr. 4 des Instituts für Geotechnik, Universität Stuttgart.
SCHNITTER, N. J. (1987): Verzeichnis geschichtlicher Talsperren bis Ende des 17.
Jahrhunderts. - Historische Talsperren. Herausgeber: DVWK, Wittwer, Stuttgart.
TERZAGHI, K. (1925): Erdbaumechanik auf bodenphysikalischer Grundlage.
- Deuticke, Wien, unveränderter photomechanischer Offsetdruck bei G. Gistel & Cie.
GmbH, Wien 1976.
VERMEER, P. A. (1995): Materialmodelle in der Geotechnik und ihre Anwendung. - Finite
Elemente in der Baupraxis, Ernst & Sohn, Berlin.
WEBER, K./GUSSMANN, P. (1992): Vergleichende Untersuchungen zu Bruchzuständen in Böden
nach dem Verfahren der FEM und KEM. - Die Bautechnik, Ernst & Sohn, Berlin.
Die Autoren
Prof. Dr.-Ing. Pieter A. Vermeer, geboren am 25. Juli 1944 in Leeuwarden, Niederlande,
studierte Bauingenieurwesen an der Technischen Universität Delft, die damals noch TH
Delft hieß. Im Anschluß an seine Diplomarbeit (1972) arbeitete er zunächst einige Jahre
im Bereich der Trinkwassergewinnung. Diese Beschäftigung mit Fragen der
Grundwasserhydraulik erregte sein Interesse für das mechanische Verhalten von Böden und
damit verbundenen Gründungsproblemen, was zu einem Wechsel zur Bodenmechanik und dem
Grundbau führte. Es ergaben sich zunächst forschungsverwandte Aufgaben beim damals fast
futuristischen Jahrhundert-Bauwerk des Osterschelde-Damms an der niederländischen
Süd-West-Küste. 1980 folgte seine Doktorarbeit und 1985 eine Stelle als Dozent an der TU
Delft. Unter seiner Leitung wurde im Anschluß von einer kleinen Forschergruppe ein
anwenderorientiertes Computerprogramm für die Geotechnik, das heißt Bodenmechanik,
Grundbau und Tunnelbau, entwickelt. Durch Auslandsaufenthalte und wissenschaftliches
Zusammenarbeiten entstanden intensive Kontakte über die Landesgrenze hinweg, und so wurde
Pieter A. Vermeer 1994, als Nachfolger von Prof. Dr.-Ing. habil., Dr.-Ing. E.h. U.
Smoltczyk, als Lehrstuhlinhaber für Geotechnik an die Universität Stuttgart berufen.
Dr.-Ing. Dieter Salden, 1939 in Oberschlesien geboren, studierte Bauingenieurwesen
an der damaligen Technischen Hochschule Stuttgart. Von 1966 bis 1971 arbeitete er als
wissenschaftlicher Angestellter am Otto-Graf-Institut, Abteilung Erd- und Grundbau, in
Stuttgart. Seit 1971 ist er am Institut für Geotechnik der Universität Stuttgart
zunächst als wissenschaftlicher Assistent, später als Akademischer Rat und Oberrat
tätig. Dieter Salden promovierte 1980 mit dem Thema "Einfluß der Sohlenform auf die
Traglast von Fundamenten" zum Dr.-Ing. Neben Aufgaben in Lehre, Forschung und
Verwaltung beschäftigt er sich mit Fragestellungen, die aus der Baupraxis an das Institut
herangetragen werden. Der Schwerpunkt liegt hierbei in Projekten, die sich mit dem Neubau
und der Sanierung von Erddämmen im Hochwasserschutz befassen.
|