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Autor(en): Kamp, Bernhard
Titel: Beiträge zur Sensorik redox-aktiver Gase
Sonstige Titel: Contributions to the detection of redox-active gases
Erscheinungsdatum: 2002
Dokumentart: Dissertation
URI: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:93-opus-12416
http://elib.uni-stuttgart.de/handle/11682/6526
http://dx.doi.org/10.18419/opus-6509
Zusammenfassung: ## Chemische Diffusion von Sauerstoff in Zinndioxid ## Resistive Taguchi-Sensoren basieren häufig auf dem n-Halbleiter Zinndioxid. Als wichtigste Ursache für Drift dieser Sensoren werden Änderungen der Sauerstoffstöchiometrie des SnO2 angesehen. Diese gehen auf die Sauerstoffausbaureaktion zurück: Oo = Vo°° + 2e' + 1/2 O2 (Oo : reguläres Oxidion, Vo°° : Sauerstoffleerstelle, e' : Leitungselektronen). Der Transport dieser Defekte erfolgt durch chemische Diffusion, welche damit von großer Relevanz für das Drift-Verhalten der Taguchi-Sensoren ist. In dieser Arbeit sollten die Abhängigkeit des chemischen Diffusionskoeffizienten D von der Temperatur, dem Sauerstoff-Partialdruck p(O2), dem Dotiergehalt des Kristalls und der kristallographischen Orientierung untersucht werden. Es wurden an Einkristallen Leitfähigkeits-Relaxationsexperimente durchgeführt. Die beoachtete Sprungantwort war mit drei Relaxationprozessen wesentlich komplizierter als nach dem gängigen Defektmodell erwartet. Zur Identifikation der einzelnen Prozesse wurde die Abhängigkeit der Leitfähigkeitsänderung (bzw. ihrer Abklingzeit) von der p(O2)-Änderung und Probendicke betrachtet. So wurde die anfängliche Änderung einem Oberflächeneffekt und der zweite Vorgang der chemischen Diffusion von Sauerstoff zugeordnet. Die Gesamtänderung der Leitfähigkeit durch den zweiten und dritten Relaxationsvorgang war deutlich größer als nach einfachen defektchemischen Modellen ( p(O2)^(-1/4)-Gesetz ) erwartet. Zusätzlich wurden ESR-Relaxationsexperimente durchgeführt, bei denen nach einem p(O2)-Sprung die Änderung des ESR-Signals eines redox-aktiven Dotierions (Eisen(III) bzw. Mangan(IV) ) verfolgt wurde. Es konnte bestätigt werden, daß der o.g. zweite Vorgang der chemischen Diffusion entspricht. Auch hier wurde ein zusätzlicher langsamerer Vorgang gefunden. Da die ESR-Methode ein über das gesamte Probenvolumen gemitteltes Signal liefert, muß es sich dabei um eine Komplizierung der Defektchemie des Zinndioxids und nicht nur um einen Oberflächeneffekt handeln. Als Erklärung wurde vorgeschlagen, daß durch das Schottky-Gleichgewicht gebildete 4-fach ionisierte Zinnleerstellen in 3-fach ionisierte Zinnleerstellen übergehen und so die Konzentration an Leitungselektronen beeinflussen. Defektchemische Modelle auf Basis dieser Annahme zeigen, daß dies die o.g. Erhöhung der p(O2)-Abhängigkeit der Leitfähigkeit erklären kann. Es wurde keine signifikante Abhängigkeit des chemischen Diffusionskoeffizienten von Dotiergehalt oder Kristallorientierung gefunden. Die Temperaturabhängigkeit des chemischen Diffusionskoeffizienten ließ sich mit der Beziehung D = exp(-3.9±1.8) cm^2 s^-1 exp(-(1.1±0.2)eV / kT ) beschreiben. Interne Redoxreaktionen wie z.B. das Gleichgewicht zwischen Eisen(III) und Eisen(II), können die chemische Diffusion des Sauerstoffs in Oxiden verlangsamen (Trappingeffekt). Mit einem Modell wurde unter Berücksichtigung des Trappings die Abhängigkeit des chemischen Diffusionskoeffizienten von der Elektronenkonzentration berechnet. Dabei wurde das "einfache" Modell der Defektchemie des SnO2 verwendet, in welches nur der Sauerstoff-Ausbau und Trapping an Dotierionen eingingen. Mit einer kombinierten ESR- und Leitfähigkeits-Methode wurden zuvor die benötigten Gleichgewichtskonstanten der relevanten redox-Gleichgewichte bestimmt: Standardwerte der freien Enthalpien (Abstand der Störstellen zum Leitungsband): Eisen(III)/Eisen(II): 0.35eV, Mangan(III)/Mangan(IV): 0.76eV (800°C). Die berechnete deutliche Abhängigkeit des chemischen Diffusionskoeffizienten von der Leitungselektronenkonzentration stand in Widerspruch zu experimentellen Ergebnissen. Auch dies zeigt, daß das "einfache" defektchemische Modell nicht ausreichend ist. Die Abweichungen können wiederum durch die o.g. redox-Aktivität der Zinnleerstellen erklärt werden. Aus der Unabhängigkeit der gemessenen chemischen Diffusionskoeffizienten von der Konzentration an Leitungselektronen und dem Gehalt an redox-aktiven Verunreinigungen läßt sich schließen, daß die in dieser Arbeit ermittelten chemischen Diffusionskoeffizienten die Untergrenze der bei anderen Dotiergehalten möglichen Werte darstellen. Mit der Beziehung t = L^2 / 2D lassen sich daher für Taguchi-Sensoren Mindestwerte für charakteristische Zeiten t von Driftprozessen angeben (L=charakteristische Länge, z.B. der Radius der SnO2-Körner im Sensor). Man muß dafür annehmen, daß die chemische Diffusion des Sauerstoffs geschwindigkeitsbestimmend für den Driftvorgang ist. Jedoch sind die so gefundenen charakteristischen Zeiten wesentlich geringer als in der Literatur angegebene Werte für reale Driftvorgänge an Taguchi-Sensoren. Dies läßt sich dadurch erklären, daß nicht die chemische Diffusion geschwindigkeitsbestimmend für den Sauerstoffaustausch des Sensor-Materials ist, sondern die Oberflächenreaktion, durch die Sauerstoff zwischen der Oberfläche des Materials und der Gasphase ausgetauscht wird. ## Protonenleitende Perowskite als Elektrolyte für amperometrische Stickoxidsensoren ## Im zweiten Teil der Arbeit wurde die Eignung perowskitischer Protonenleiter als Elektrolyt amperometrischer Gassensoren untersucht. Zunächst wurde ein Barium-Calcium-Niobat Ba(Ca0.39Nb0.61)O2.91 (BCN) aufgrund seiner relativ hohen chemischen und mechanischen Stabilität unter verschiedenen Perowskiten ausgewählt. Leitfähigkeitsmessungen ergaben, daß die protonische Leitfähigkeit durch die Korngrenzen stark vermindert wurde (z.B. bei 250°C um einen Faktor 10). Die elektronische Leitfähigkeit wurde jedoch kaum verändert. Die Korngrenzen steigern damit die elektronische Überführungszahl des Materials. Es wurden Polarisationsmessungen in verschiedenen Atmosphären (befeuchtete Argon-Atmosphäre, sowie O2, CO-, NO-, NO2-haltige Atmosphären) durchgeführt. Mit Platin- und Gold-Elektroden auf BCN ließ sich NO2 selektiv reduzieren. Bis ca. 350°C ließ sich eine hohe Selektivität erzielen, die jedoch bei höheren Temperaturen zurückging. In Gegenwart von NO wurde ähnlich wie bei NO2 eine Reduktionsreaktion beobachtet. Als wahrscheinliche Ursache für die Stickoxidselektivität wurde die oberflächliche Zersetzung des BCN unter Bildung von Nitraten angeführt. Es konnte keine detektierbare Umsetzung von CO festgestellt werden. Die starke Querempfindlichkeit gegenüber H2 ist an Platinelektroden ausgeprägter als an Goldelektroden. Problematisch war die Neigung des BCN zur Versprödung und seine Zersetzung zum Erdalkali-Nitrat. Letztere Reaktion schreitet jedoch nach der Bildung einer sehr dünnen Reaktionsschicht (ca. 5-10 Elementarzellen) nur noch sehr langsam voran. Abschließend wird der Einsatz perowskitischer Protonenleiter in Kombination mit einer durch Bildung von Erdalkali-Nitraten erzielten Selektivität der Stickoxidreduktion als ein aussichtsreicher Weg zu einem selektiven und im Aufbau vergleichsweise einfachen amperometrischen Sensor für Stickoxide bewertet. Zur technischen Umsetzung dieses Ziels sind jedoch Elektrolytmaterialen mit verbesserten Eigenschaften gegenüber BCN notwendig. Wichtig sind dabei vor allem eine höhere chemische und mechanischen Stabilität sowie geringere elektronische Leitfähigkeiten.
## Chemical Diffusion of Oxygen in Tin Dioxide ## Taguchi-type sensors are mostly based on the n-type conductor tin dioxide SnO2. Signal-drift of these devices can largely be attributed to the material's oxygen excorporation: Oo=Vo°° + 2e' + 1/2 O2 (Oo = regular oxygen, Vo°°=oxygen vacancy, e'=electron). In the material's bulk, these defects are transported by chemical diffusion. The latter is thereby of great importance for the kinetics of the processes causing drift of Taguchi sensors. In this work, the dependence of the chemical diffusion coefficient D on temperature, oxygen partial pressure p(O2), dopant content and crystal orientation was investigated. Conductivity relaxation experiments on single crystals were employed. The conductivity response consisted of three seperate processes on different time scales thus being far more complex than expected from the standard defect model. Examining the dependence of the conductivity resp. its time dependence on oxygen partial pressure and sample thickness, the three processes were identified. The first process was found to originate from the sample's surface. The second relaxation process was attributed to chemical diffusion of oxygen. The overall change in conductivity originating from the second and third process was larger than that expected from a simple defect model ( p(O2)^(-1/4) dependency). As an additional method, EPR-relaxation was employed. Electron paramagnetic resonance (EPR) is used to monitor the concentration of a redox-active dopant (i.e. iron(III) or manganese(IV)) after a sudden change in p(O2). It was confirmed that the above mentioned second process can indeed be attributed to chemical diffusion of oxygen. As in the conductivity experiments, an additional, slower process was found. Since EPR yields a signal that is averaged over the entire bulk of the sample, it can be concluded that this slow process is not only a surface effect but a complication of the defect chemistry of SnO2. As cause for this effect the following was suggested: Tin vacancies with a fourfold negative charge formed by the Schottky equilibrium can act as electron donors yielding tin vacancies with a threefold negative charge and an electron. Defect models based on this assumption yield a stronger oxygen partial pressure dependence of the conductivity than models neglecting partial ionization of Schotty defects. A significant dependence of the chemical diffusion coefficient on crystal orientation or content of dopants was not found. For the temperature dependence of the chemical diffusion coefficient D the following relationship was determined: D = exp(-3.9±1.8) cm^2 s^-1 exp(-(1.1±0.2)eV / kT ). Internal redox reactions such as the equilibrium between iron(III) and iron(II) can slow down chemical diffusion in an oxide drastically (trapping effect). To investigate this for SnO2, a model describing the dependence of the chemical diffusion coefficient on the electron concentration was used. Oxygen vacancies, electrons and the internal redox-reactions of dopants were taken into account only. Partial ionization of Schottky defects was neglected. The required equilibrium constants of relevant trapping-reactions were determined using a combined EPR- and conductivity-method: standard free enthalpies (distance between levels in band gap and conduction band): iron(III) / iron(II): 0.35eV, manganese(IV)/manganese(III): 0.76eV. The model yielded a significant dependence of the chemical diffusion coefficient on electron concentration which was however not found experimentally. These discrepencies can also be explained by the presence of redox-active tin vacancies which act as additional traps for electrons. The observation that the chemical diffusion coefficient did not vary with electron concentration or dopant content can be used to derive the following: The chemical diffusion coefficients measured in this work are the lower limits of the values that will be found in other samples with different dopant contents.Using the above mentioned temperature dependence of D and the relationship t = L^2 / 2D it is thus possible to estimate upper limits for characteristic times t at which drift processes in Taguchi-sensors decay (L: characteristic length, in this case i.e. the radius of a SnO2 grain in the sensor). For this calculation, it is assumed that the chemical diffusion is rate determining for the drift-process. However, the characteristic times calculated from the chemical diffusion coefficients are much shorter than those reported for actual sensors. It is thus proposed that for the drift processes the surface exchange reaction of oxygen is rate determining and not chemical diffusion. ## Proton Conducting Perovskites as Electrolytes for Amperometric Nitrous Oxide Sensors ## The second part of this work investigates whether proton conducting perowskites can be used as solid-state electrolytes for amperometric sensors detecting nitrous oxides. Of various perovskites, a barium calcium-niobate Ba(Ca0.39Nb0.61)O2.91 (BCN) was selected because of its relatively high mechanical and chemical stability. In conductivity experiments it was found that the protonic conductivity was strongly reduced by grain boundaries (at 250°C for example by a factor of 10). Since the electronic conductivity was not influenced detectably by the grain boudaries, the electronic transference number of the ceramics is higher than the bulk value. Polarisation experiments were conducted using platinum- and gold-electrodes on BCN in different atmospheres (moist argon atmosphere as well as O2, CO, NO and NO2 containing atmospheres). At appropriate potentials, NO2 could be reduced selectively on both electrodes. The selectivity progressively drops when the temperature is increased. It is high up to temperatures of about 350°C. An electrochemical reduction is observed also when NO is present. The selectivity towards nitrous oxides is most likely due to the superficial decompostion of BCN leading to the formation of nitrates. CO did not undergo reduction or oxidation. However, a strong cross-sensitivity towards H2 was found, which was higher on platinum- than on gold-electrodes. It was problematic that the material became brittle after some time of use. Additionally, it was found that BCN is unstable against the decomposition into earth alkaline nitrates. However, it was observed that this reaction proceeds very slowly after a thin reaction layer (about 5-10 monolayers) was generated. Whether this passivation is sufficient to ensure that the material can be practically applied, needs to be examined closely. In a final evaluation, it was concluded that the utilization of a proton conducting perovskite for the detection of nitrous oxides is promising, when selectivity enhancement by formation of earth alkaline nitrates is used. The resulting amperometric sensors can have a simpler construction than the ones presently in use. However, to achieve this goal, proton conductors with improved properties over BCN will be needed. Especially important in this respect are improvements in mechanical and chemical stability as well as a reduction in electronic conductivity.
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