Bitte benutzen Sie diese Kennung, um auf die Ressource zu verweisen: http://dx.doi.org/10.18419/opus-6658
Autor(en): Berkemer, Rainer
Titel: Strategisches Umweltverhalten - Beiträge von Kybernetik und Spieltheorie zur Modellierung umweltökonomischer Fragestellungen
Sonstige Titel: Strategic behaviour in an environmental context - contribution of cybernetics and game theory to models in environmental economics
Erscheinungsdatum: 2007
Dokumentart: Dissertation
URI: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:93-opus-33613
http://elib.uni-stuttgart.de/handle/11682/6675
http://dx.doi.org/10.18419/opus-6658
Zusammenfassung: Umweltprobleme sind oft durch eine Vielzahl von Beteiligten gekennzeichnet, die sich in ihrem Verhalten gegenseitig beeinflussen. Beispielhaft kann hier die Situation des Straßenverkehrs in einer Großstadt benannt werden. Wenn ganz viele Akteure betrachtet werden, verringert sich aber wieder die Relevanz des strategischen Aspekts, denn dann genügt häufig die Kenntnis des durchschnittlichen Verhaltens. Am interessantesten sind also Fälle, bei denen viele, aber nicht ganz viele, betroffen sind – und (damit komplex genug) mehr als zwei Beteiligte vorhanden sind. Deshalb wird als einleitendes Beispiel eine Situation mit drei Fischzüchtern vorgestellt, die sich zu ihrem gemeinsamen Vorteil auf die Errichtung einer Kläranlage verständigen könnten. Das Konzept des strategischen Verhaltens wird dann eingeführt, um zu zeigen, dass die Finanzierung häufig scheitern wird, weil die Akteure private Information strategisch motiviert zurückhalten. Ein solches Verhalten ist individuell rational, führt aber kollektiv betrachtet zu ineffizienten Resultaten. Solche Situationen werden allgemein als „social dilemmas“ bezeichnet, und viele Umweltprobleme haben eine solche Struktur. Zweck der Arbeit ist es, ein Simulationstool zu entwickeln, das zur Untersuchung von Sozialen Dilemmata geeignet ist. Zwei Grundlagenkapitel (zu Spieltheorie und Umweltökonomie) beschreiben zunächst die benötigten Begriffe und Konzepte. Das Kapitel zur Spieltheorie beschreibt kritisch die Rationalitätsanforderungen der traditionellen Spieltheorie. Außerdem werden die Grundzüge der evolutionären Spieltheorie beschrieben. Das Kapitel zur Umweltökonomie definiert verwendete Begriffe, etwa öffentliche Güter, externe Effekte, Pareto-Effizienz und Coase Theorem. Kapitel 4 beschreibt die Konzipierung des Simulationstools. Ausgehend von den Grundlagenkapiteln wird zunächst ein Anforderungskatalog abgeleitet. Dann findet die Modellierung der Problemstrukturen statt, wobei öffentliche Güter mit ihren Zustandsvariablen im Mittelpunkt stehen. Eine Modellierung der Prozessgesichtspunkte sowie das generelle Ablaufschema der Simulation schliessen dieses Kapitel ab. Der Hauptteil der Arbeit beschäftigt sich mit zwei Anwendungsbeispielen (Kapitel 5 und 6). Der erste Anwendungsfall (Optimale Kontrollfrequenz in einem Inspektionsspiel) ist ein einfaches Zwei-Personenspiel, das sich daher gut eignet, um die Vorgehensweise beim Einsatz des Simulationstools zu demonstrieren. Das Inspektionsspiel besitzt nur ein gemischtes Nash-Gleichgewicht, das leicht berechnet werden kann. Die Simulationsergebnisse zeigen aber, dass eine solche statische Betrachtung nicht ausreicht. Der dynamische Prozess weist starke Fluktuationen auf, was bedeutet, dass die Verschmutzungswerte phasenweise erheblich über dem berechneten Wert liegen. Des Weiteren wird eine mögliche Intervention des Gesetzgebers in die Spielstruktur untersucht. Dabei kommt es zu scheinbar paradoxen Effekten, weil ein dauerhaftes Absenken der Umweltverschmutzung so nicht erreicht wird. Mit Hilfe einer analytischen Nachbetrachtung werden die Simulationsergebnisse plausibel gemacht. Dabei kann auch die Analogie zur Lotka-Volterra-Gleichung aus der Populationsökologie gezeigt werden. Die eigentliche Herausforderung besteht beim zweiten Anwendungsfall (Strategisches Verhalten bei der Finanzierung einer Kläranlage). Hierzu wird das Beispiel aus der Einleitung wieder aufgegriffen und so verallgemeinert, dass eine beliebig große Anzahl von Fischzüchtern modelliert werden kann. Außerdem wird der Bezug zum Coase Theorem hergestellt. Mit der Simulation werden Größeneffekte (Anzahl der Spieler) sowie die Effekte heterogener Nutzenverteilung untersucht. Die Ergebnisse zeigen eine gute Übereinstimmung mit den theoretischen Überlegungen von Olson in seinem Buch „The Logic of Collective Action“. Das Hauptproblem besteht darin, dass private Information strategisch eingesetzt werden kann und es deshalb zu verfälschten Nutzenangaben kommt. Dieses Problem wurde seit den 1970er Jahren erkannt und führte zu einem eigenen Theoriezweig „Mechanism Design“. Das Problem strategischer Falschangaben kann mit den dabei entwickelten Methoden zwar theoretisch vollständig gelöst werden, aber es bleibt unklar, wie stark die Funktionsweise der Mechanismen beeinträchtigt wird, wenn Abstriche von der Annahme vollständiger Rationalität gemacht werden. Zwei der aus der Literatur bekannten Mechanismen werden dazu mit Hilfe des Simulationsansatzes untersucht: Der Clarke-Groves-Mechanismus und der Mechanismus von Rob. In beiden Fällen kommt man zum Ergebnis, dass auch unter der Annahme begrenzter Rationalität die prinzipielle Funktionsweise erhalten bleibt. Je mehr Beteiligte aber involviert sind, umso schwieriger wird es zu lernen, dass sich Abweichungen von der wahren Nutzenangabe nicht lohnen. Auch experimentelle Untersuchungen stimmen recht gut mit den vorgestellten Simulationsergebnissen überein. Zusammenfassend kann aus den Anwendungsbeispielen gefolgert werden, dass mit Veränderungen der Spielstrukturen Eingriffe in dynamische Systeme verbunden sind und dass Situationen mit strategischer Interdependenz ihre besonderen Eigenarten haben. Spieltheorie und Kybernetik sollten zusammen zu einem Verständnis solcher Systeme beitragen.
The thesis begins by illustrating what is meant by strategic behaviour. Three fish farmers living by a lake have to decide whether to go ahead with jointly investing in a wastewater treatment plant. If the fish farmers benefits are private knowledge it is quite likely that the participants will try to keep this information private for strategic reasons. This is just one instance where the provision of so-called public goods is uncertain. There is a vast literature on voluntary public goods provision in similar situations (often labelled social dilemma situations). The main lesson is that strategic behaviour in such situations has a high probability of causing inefficient solutions. Methods from cybernetics and game theory are used to develop an agent based simulation approach which can contribute to further investigation of such dilemma situations. Two foundational chapters introduce some concepts from game theory and environmental economics. Chapter 2 contains a critical review of the rationality assumptions, typically used in standard game theory, and discusses evolutionary game theory as an alternative. Chapter 3 summarises definitions on public goods, external effects, Pareto efficiency and relates the work to the Coase Theorem. Chapter 4 deals with the conception of an agent based simulation tool. Game theoretic models are translated into models which focus explicitly on public goods and describe these goods by state variables. Moreover several models for the adjustment of agent behaviour are provided. Predominantly this concerns imitation models but in addition an adaptation procedure based on the sampling dynamics is implemented. Main part of the thesis are two applications of the simulation tool. Chapter 5 demonstrates on a simple two-player example how the simulation tool can be deployed. The so-called inspection game has no equilibrium in pure strategies but it has a unique Nash equilibrium in mixed strategies. But this equilibrium has almost no predictive power. No convergence is observed in the simulations but significant fluctuations. Potential interventions by the legislator are also discussed, establishing that such interventions may have counterintuitive effects. Some of these findings can be explained also analytically by which is shown that Lotka-Volterra equations may be derived for specific parameter settings. This reconfirms the close connection between imitation models and the replicator dynamics of evolutionary game theory. Chapter 6 refers back to the introductory example. So far the problem has involved just three fish farmers. Since it is of specific interest to investigate size effects (increasing player numbers) a more general problem description is formalized. This formal model is related to the Coase Theorem. First investigations concern the ability of the fish farmers to solve the problem on a voluntary basis. In other words: the question is if a spontaneous organisation of agents might result in a more or less efficient solution. The simulation results accord pretty well with suggestions made by Olson (1965). With a larger number of fish farmers, it is almost inevitable that the project will fail. In which case, the potential surplus will completely dissipate. On the other hand, some relief is found with increasing heterogeneity, an issue which was also discussed by the author at a WEHIA conference in Essex in 2005. However, the overall findings for large and medium player numbers remain discouraging. As long as there is no way to curtail the tendency towards understatement, no improvement can be expected. Therefore the final part of the thesis concentrates on "mechanism design" and the simulation of suchlike mechanisms. Simulations are made for the Clarke-Groves mechanism as well as for a mechanism suggested by Rob. The latter mechanism also satisfies the individual rationality condition. One common problem of the Groves schemes, as well as the Rob mechanism and indeed most other mechanisms, is that they induce a truth-telling equilibrium only in theory. Moreover, the compensation (or tax) schemes are often quite complicated. Thus it does not surprise to find that in experiments subjects often fail to find these equilibria. Kawagoe & Mori (1999) demonstrate this "understanding problem" for the pivotal mechanism. When mechanisms or other procedures taken from game theory are found to "work", one must not forget that the idea of a fully rational individual is usually an underlying assumption. To what extent will a mechanism "work" under conditions of bounded rationality? That is the question to be answered by means of simulation. The concluding Chapter 7 refers back to the notion of strategic behaviour, and the need for correct evaluations of public goods is emphasised. Two striking thought experiments show that decision-making in the context of strategic interdependence is quite different to individual decision-making. The first experiment highlights the ambiguity of additional information, whereas the second demonstrates how additional options can be harmful. Again it turns out that these problems are ever-present in social dilemma situations.
Enthalten in den Sammlungen:14 Externe wissenschaftliche Einrichtungen

Dateien zu dieser Ressource:
Datei Beschreibung GrößeFormat 
DISSBERKEMER.pdf1,65 MBAdobe PDFÖffnen/Anzeigen


Alle Ressourcen in diesem Repositorium sind urheberrechtlich geschützt.