Browsing by Author "Halder, Julia M."
Now showing 1 - 1 of 1
- Results Per Page
- Sort Options
Item Open Access Naphthalen Dioxygenase aus Pseudomonas sp. NCIB 9816-4 : systematische Analyse der aktiven Tasche(2017) Halder, Julia M.; Hauer, Bernhard (Prof. Dr.)Die gezielte Oxyfunktionalisierung von Olefinen gehört zu den am meist gesuchten Reaktionen in der Chemie. Insbesondere die Dihydroxylierung und die daraus resultierenden chiralen, vicinalen 1,2-Diole spielen hierbei eine wichtige Rolle. So werden 1,2-Diole sowohl als chirale Liganden und Auxiliare und als chirale Synthons für Pharmabausteine sowie Agrochemikalien eingesetzt. Eine schnelle und effiziente Möglichkeit für die stereoselektive, asymmetrische Sharpless Dihydroxylierung (AD) von C=C-Doppelbindungen ergibt sich aus der Metall-katalysierten Oxyfunktionalisierung mittels Osmium oder anderen Übergangsmetallen. Neben der guten Ausbeute und der hohen Selektivität, stellen jedoch vor allem die Toxizität der Katalysatoren, sowie auch die Überoxidation und Spaltung der generierten cis-Diole Herausforderungen in der Anwendung dar. Rieske Nicht-Häm Dioxygenasen (ROs) sind eine biologische Alternative zur rein chemischen, asymmetrischen Dihydroxylierung. In der Natur sind diese Multikomponentensysteme, bestehend aus einer hexameren Oxygenase, einem Elektronen-Shuttlemolekül und einer Reduktase, für die Dihydroxylierung von aromatischen Motiven verantwortlich und katalysieren den ersten Schritt im Katabolismus von Aromaten. Mit der Entdeckung dieser effizienten Bio-katalysatoren wurde eine umweltfreundliche Alternative zur chemisch katalysierten Sharpless AD entdeckt. Aufgrund der Verfügbarkeit von Kristallstrukturen wurde die Naphthalen Dioxygenase (NDO) aus Pseudomonas sp. NCIB 9816-4 als ein Vertreter der ROs für das semi-rationale Design ausgewählt und Varianten im aktiven Zentrum des Enzyms generiert. Neben der direkten Katalyse am aromatischen Ring, wurde durch Variation der Substituenten auch die allylische Mono- bzw. die cis-Dihydroxylierung von Alkenylresten in aromatischen Molekülen (z. B. α-Methylstyrol, Allylbenzol) und die Katalyse von C=C-Doppelbindungen in nicht-aromatischen, nicht-planaren Molekülen (z. B. R-Limonen) gezeigt. Aufgrund der Vielfältigkeit dieser Enzyme besteht ein gesteigertes Interesse am biotechnologischen Einsatz, um das enorme Potential und die Vielfältigkeit des biokatalytischen Repertoires dieser Katalysatoren ausschöpfen zu können. Des Weiteren erfolgte die nähere Betrachtung der heterologen Herstellung des Biokatalystors in Escherichia coli, wobei sowohl in vitro als auch in vivo Systeme betrachtet wurden. Hierbei stand im Fall der in vitro Untersuchungen das Zusammenspiel der unterschiedlichen Komponenten des Systems, das Reaktionssetup und der Einfluss des Cosolvents im Mittelpunkt. Für das optimierte in vitro System wurden schließlich folgende Parameter definiert: (I) Verhältnis der Komponenten mit 1 μM Oxygenase, 20 μM Ferredoxin und 5 μM Reduktase, (II) das Reaktionssetup mit 2 mM Substrat in Ethanol bei 30 °C für 2 h, und (III) der Anteil des Cosolvents Ethanol mit 5 %(v/v). Ein Alanin-Scan der zwölf first shell Aminosäuren lieferte im in vitro System bereits erste Indizien für relevante Mutagenese-Hotspots mit den Positionen A206, H295, L307, G204 und V260. Im Gegensatz zum in vivo System wurde im in vitro System eine deutlich erniedrigte Aktivität gegenüber den untersuchten substituierten Aromaten detektiert, weshalb auf eine mangelnde Stabilität der Komponenten im in vitro System geschlossen wurde. Im in vivo System wurde zunächst die Optimierung der Expression forciert, wobei das entwickelte Expressions- und Biotransformationsprotokoll zu einer guten Reproduzierbarkeit in Ganzzellansätzen mit Standardabweichungen von unter 5 % geführt hat. Hierzu wurden frisch transformierte Zellen zur Anzucht (37 °C) in TB-Medium verwendet und bei Erreichen einer optischen Dichte von 0,6-0,8 mit 0,1 mM Isopropyl-β-D-thiogalactopyranosid induziert. Nach 20-stündiger Expression bei 25 °C wurden eine Zellsuspension mit 0,1 mM Kaliumphosphatpuffer (pH 7,2) und 20 mM Glucose (0,2 gBFM/mL) für Ganzzellumsätze hergestellt. Die Reaktion wurde durch Zugabe des in Ethanol gelösten Substrates gestartet und nach 20 h bei 30 °C mit der Zugabe von Lösungsmittel gestoppt. Für die in vivo Untersuchung wurde ein semi-rationaler Mutageneseansatz gewählt, indem alle first shell Aminosäuren mit Alanin, Valin und Isoleucin (36 Varianten) ausgetauscht, sowie 25 Doppelvarianten an den Positionen A206, H295 und V260 generiert wurden. Mit dieser Bibliothek erfolgte die Identifizierung von wichtigen Struktur-Funktionsbeziehungen anhand von unterschiedlich substituierten Styrolderivaten und dem Monoterpen R-Limonen. Mit dem Einbringen einer Punktmutation in der aktiven Tasche konnten deutliche Veränderungen in der Reaktions- und Substratspezifität sowie in der Regio- und Stereoselektivität (≥ 90 %) beobachtet werden, wobei die Restaktivität gegenüber dem natürlichen Substrat Naphthalen (bis > 99 %) erhalten blieb. So stellten sich die Position A206, sowie die gegenüberliegenden Positionen H295, F202, F352, V260 und L307 in der planaren, zylinderförmigen aktiven Tasche als maßgeblich für die Steuerung der Aktivität und Selektivität der NDO dar. Generell konnte eine Abnahme der Aktivität mit steigender Substituentengröße und Verzweigungsgrad (Methyl- bis Pentyl- bzw. tert-Butyl-Reste) detektiert werden. Gleichfalls konnte eine Tendenz für ungesättigte Substituenten am Aromaten beobachtet werden, wobei die Aktivität von mono- über gem-di- und trans-di-substituierte Seitenketten abnahm. Bei der Untersuchung von unterschiedlichen Methoxystyrolderivaten konnte eine gesteigerte Spezifität und Stereoselektivität (≥ 95 %ee) beobachtet werden. Neben Hydroxylierungsreaktionen wurden hierbei auch Dealkylierungsreaktionen beobachtet. Die Dihydroxylierung wurde beim Vorliegen einer zum Aromaten konjugierten C=C-Doppelbindung gegenüber der O-Demethylierung bevorzugt. Lag die C=C-Doppelbindung isoliert zum aromatischen System vor, wurde hingegen eine Präferenz für die O-Demethylierung beobachtet. Grundsätzlich hat sich die NDO als einen guten Startpunkt für die biokatalysierte, asymmetrische Dihydroxylierung erwiesen und durch die systematische Analyse der aktiven Tasche konnten essentielle Stellschrauben für die weitere Verbesserung des Katalysator identifiziert werden.