Kontrollierte Grundwasseranreicherung (MAR): Ein Beitrag zur Lösung der Wasserprobleme in Lima, Peru Titelbild: Río Lurín, Peru. Foto: C. D. León. Kontrollierte Grundwasseranreicherung (MAR): Ein Beitrag zur Lösung der Wasserprobleme in Lima, Peru Abschlussbericht des Projekts NEWA-LIMA „Neue Wasserressourcen und innovative Abwasserbehandlung für die aride Metropolregion am Beispiel Lima, Peru“, finanziert vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) im Rahmen des Förderprogramms „Exportinitiative Umweltschutz (EXI)“ NEWA-LIMA Bericht | 4 NEWA-LIMA Bericht Editorial AUTOREN: (in alphabetischer Reihenfolge): Katharina Fesch, Michael Hügler, Christian D. León, Hiraida Perez, Stefan Stauder, Julian Xanke. DESIGN: Alicia Minaya ZITIERVORSCHLAG: Fesch, K., Hügler, M., León, C. D., Perez, H., Stauder, S., Xanke, J. (2025): Kontrollierte Grundwasseranreicherung (MAR): Ein Beitrag zur Lösung der Wasserprobleme in Lima, Peru. Abschlussbericht des Projekts NEWA-LIMA. Universität Stuttgart & TZW: DVGW- Technologiezentrum Wasser. PROJEKTWEBSITE: https://www.newalima.de Fotos: © Projektteam NEWA-LIMA (sofern nicht anders angegeben) Stuttgart und Karlsruhe, März 2025 Das diesem Bericht zugrunde liegende Projekt wurde vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz unter der Fördernummer 67EXI5042A-C finanziert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren. NEWA-LIMA Bericht | 5 NEWA-LIMA Bericht Projektbeteiligte Projektpartner Hauptbeiträge Universität Stuttgart, Zentrum für Interdisziplinäre Risiko- und Innovationsforschung (ZIRIUS) Ing. Christian D. León unter Mitarbeit von Yvonne Zahumensky Projektkoordination Einbindung der Stakeholder TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser Dr. Stefan Stauder M.Sc. Katharina Fesch Dr. Michael Hügler Dr. Julian Xanke unter Mitarbeit von Lydia Grabner und Michael Wenz Konzept MAR Pilotanlage Monitoring und Wasseranalysen Hydrogeologisches Modell Universität Stuttgart, Institut für Siedlungswasserbau Wassergüte- und Abfallwirtschaft (ISWA) Ing. Ralf Minke Ing. Peter Maurer M.Sc. Hiraida Perez unter Mitarbeit von Tobias Greiner, Ivo Pfaffenberger, Eddi Rott und Miriam Strauss Modellierung Tropfkörperanlage Brentwood Europe GmbH Marina Rojas Roberto Cruz Madrid Modellierung Tropfkörperanlage Assoziierte Partner NEWA-LIMA Bericht | 6 NEWA-LIMA Bericht Inhaltverzeichnis Zusammenfassung 8 Executive Summary 9 1 Projektbeschreibung und Ziele 12 2 Managed Aquifer Recharge (MAR) 16 2.1 Theorie 16 2.2 Internationale Standards 18 2.3 Weltweite Beispiele 20 2.3.1 Deutschland ......................................................................................................20 2.3.2 Ica, Peru ...........................................................................................................22 2.3.3 Shafdan, Israel ..................................................................................................24 2.3.4 San Luís Río Colorado, Mexiko .........................................................................24 2.3.5 Atlantis, Südafrika .............................................................................................25 3 Situation in Lima und im Einzugsgebiet des Río Lurín 28 4 Pilotanlage MAR Cieneguilla 34 4.1 Analyse möglicher Wasserquellen 35 4.2 Anreicherungsverfahren 36 4.3 Entwurfsplanung 37 4.4 Standortwahl 38 4.5 Behördliche Genehmigungen 41 4.6 MAR Voruntersuchungen 41 4.6.1 Geoelektrische Vorerkundung am Standort .......................................................41 4.6.2 Bohrkerne (Bodenprofil) ....................................................................................43 4.7 Aufbau und Inbetriebnahme 45 4.8 Betrieb / Methodik 48 4.9 Analysen und Monitoring 50 5 Untersuchungsergebnisse 54 5.1 Beschaffenheit des Infiltrats (Kläranlagenablauf) 54 5.1.1 Chemisch-physikalische Parameter und anthropogene Spurenstoffe ................54 5.1.2 Mikrobiologische Parameter (Bakterien, Viren und Parasiten) ...........................58 5.1.3 Fazit der Untersuchungen zur Beschaffenheit des Kläranlagenablaufs .............59 5.2 Phase 1: Inbetriebnahme 59 5.2.1 Ermittlung der Infiltrationsleistung .....................................................................59 5.2.2 Hydraulische Überprüfung der Kontrollbrunnen .................................................59 5.2.3 Grundwasserstands-Messungen und Grundwasserfließrichtung .......................61 5.2.4 Zeitlicher Verlauf der Wasserbeschaffenheit .....................................................62 5.2.5 Vertiefende Analysen ........................................................................................67 5.2.6 Fazit der Untersuchungen in der Inbetriebnahmephase ....................................72 5.3 Phase 2: Kurzzeitversuche mit erhöhten Ex- und Infiltrationsraten 73 5.3.1 Erhöhte Grundwasserförderung/Exfiltration .......................................................73 5.3.2 Intensivierte Infiltration ......................................................................................75 NEWA-LIMA Bericht | 7 5.3.3 Wasserbeschaffenheit bei intensivierter Infiltration ............................................75 5.3.4 Fazit der Untersuchungen mit intensivierter Infiltration ......................................78 5.4 Phase 3: Dauerbetrieb der Pilotanlage 79 5.4.1 Hydraulische Überwachung der Infiltration ........................................................79 5.4.2 Wasserbeschaffenheit anhand der vor-Ort-Messdaten......................................80 5.4.3 Auswirkungen einer längeren Unterbrechung der Infiltration .............................83 5.4.4 Reinigungsleistung der Bodenpassage .............................................................85 5.4.5 Ergänzende Auswertungen zum Einsatz von „Abwassertracern“ ......................90 5.4.6 Fazit der Untersuchungen mit kontinuierlicher Infiltration ..................................91 5.5 Maßnahmen für die Stabilisierung der Infiltrationsraten 92 5.6 Grundwasser- bzw. Uferfiltratbeschaffenheit im Lurín-Tal 93 5.7 Wirkungsbezogene Analytik (WBA) 95 5.7.1 Methodik ...........................................................................................................95 5.7.2 Ergebnisse ........................................................................................................96 5.8 Weitergehende Aufbereitung zur Spurenstoffentfernung 99 5.8.1 Umkehrosmose ............................................................................................... 100 5.8.2 Aktivkohle-Adsorption ..................................................................................... 102 6 Rechtliche und soziale Aspekte der kontrollierten Grundwasseranreicherung 108 6.1 Rechtlicher Rahmen in Peru 108 6.1.1 Gesetzliche Regelungen und Verordnungen ................................................... 108 6.1.2 Institutionen und Zuständigkeiten .................................................................... 110 6.1.3 Genehmigungsprozess ................................................................................... 111 6.2 Soziale Implikationen bei der Umsetzung von MAR-Projekten 112 6.2.1 Konzept zur Einbindung der lokalen Bevölkerung ........................................... 112 6.2.2 Durchführung des Workshops in Lurín ............................................................ 113 6.2.3 Workshopergebnisse ...................................................................................... 116 7 Großtechnische MAR-Anwendung im Lurín-Tal 120 7.1 Grundwassermodell 120 7.1.1 Methodik ......................................................................................................... 120 7.1.2 Simulationsergebnisse .................................................................................... 122 7.2 Nutzung von gereinigtem Abwasser (Modellierung San Bartolo) 124 7.2.1 Input-Parameter und Wasserqualitäten ........................................................... 125 7.2.2 Methodik ......................................................................................................... 126 7.2.3 Ergebnisse ...................................................................................................... 126 7.3 Anforderungsprofil MAR 128 7.4 Vorschläge zur großtechnischen MAR-Realisierung 129 8 Ergebniszusammenfassung und Empfehlungen 134 Wesentliche Ergebnisse der MAR-Pilotierung 134 Versuche mit Umkehrosmose und Aktivkohlefiltration 136 Grundwassermodellierungen 137 Empfehlungen zur weiteren Vorgehensweise 137 9 Literaturverzeichnis 140 Abkürzungsverzeichnis 143 Danksagung 144 NEWA-LIMA Bericht | 8 Zusammenfassung Lima zählt zu den trockensten Metropolregionen der Welt, so dass die Wasserversorgung der 10 Mio. Einwohner zzgl. Industrie sowie Gewerbe eine enorme Herausforderung darstellt und in den kommenden Jahren sehr große Investitionen erfordert. Die lokalen Flüsse führen nur während der Regenzeit in den Anden für wenige Monate im Jahr Wasser und die Grundwasserressourcen sind begrenzt. Das Forschungsprojekt NEWA-LIMA hatte zum Ziel, die kontrollierte Grundwasseranreicherung (MAR) als naturbasiertes und kostengünstiges Verfahren zur langfristigen Nutzung der Grundwasserressourcen aufzuzeigen und so einen Beitrag zur Lösung der Wasserprobleme in Lima zu leisten. Der vorliegende Bericht stellt die im Projekt entwickelten Lösungsansätze und erzielten Ergebnisse vor. Nach umfassenden Voruntersuchungen wurde auf dem Gelände einer Kläranlage im Lurín-Tal eine MAR-Pilotanlage errichtet. Sie bestand aus drei Erdbecken zur Versickerung von gereinigtem Abwasser sowie mehreren Kontrollbrunnen und wurde in Zusammenarbeit mit dem Wasserver- und Abwasserentsorger von Lima (SEDAPAL) über die Dauer von 17 Monaten betrieben. Die Reinigungsleistung der Bodenpassage wurde dabei durch umfangreiche mikrobiologische und chemische Wasseranalytik erfasst, einschließlich anthropogener Spurenstoffe und der neuartigen „wirkungsbezogenen Analytik“ (WBA). Begleitende kleintechnische Untersuchungen mit Aktivkohleadsorption und Umkehrosmose bewerteten den Einsatz dieser weitergehenden Aufbereitungstechnologien. Zudem erfolgte eine Prüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen und der sozialen Implikationen von MAR- Vorhaben in Peru. Die Erarbeitung eines lokalen Grundwassermodells sowie eines Konzepts für den Einsatz von Tropfkörpern in der Abwasserreinigung dienten dazu, konkrete Empfehlungen für eine großtechnische MAR-Anwendung im Lurín-Tal ableiten zu können. Eine zentrale Erkenntnis der Untersuchungen ist die hohe Durchlässigkeit des Untergrundes im Lurín-Tal, die eine Infiltration großer Wassermengen auf vergleichsweise kleinen Versickerungsflächen ermöglicht. Als potenzielle Wasserquellen für MAR stehen in der Regenzeit „Überschusswasser“ des Río Lurín (ca. 50 Mio. m³/a) und ganzjährig Abwässer aus Kläranlagen (ca. 40 Mio. m³/a) zur Verfügung. Bzgl. der Wasserqualität ergaben die Analysen, dass die Bodenpassage der Pilotanlage, trotz hoher Fließgeschwindigkeit und kurzer Fließstrecke im Untergrund, Trübstoffe und Partikel praktisch vollständig zurückhielt und infolgedessen auch eine effiziente hygienisch-mikrobiologische Reinigung des Kläranlagen- ablaufs erfolgte. Chlorresistente Pathogene wie bspw. Parasiten-Dauerformen (Giardien, Cryptosporidien) wurden vollständig zurückgehalten. Mittels WBA gelang der Nachweis, dass im Kläranlagenablauf feststellbare geringe endokrine und neurotoxische Effekte durch die Bodenpassage minimiert wurden. Der Abbau anthropogener Spurenstoffe bei der kurzen Bodenpassage war erwartungsgemäß gering, wobei jedoch bereits im Infiltrat (Kläranlagen- ablauf) keine relevanten Konzentrationen der untersuchten „emerging contaminants“ vorlagen. Das in Deutschland und anderen Regionen der Welt bewährte MAR-Verfahren bietet somit großes Potenzial, die Grundwasserressourcen in Lima zu sichern. Abschließend wurden im Rahmen von NEWA-LIMA deshalb Grobkonzepte für MAR-Anlagen an zwei Standorten im Lurín-Tal ausgearbeitet, Handlungsempfehlungen zur Steigerung der sozialen Akzeptanz in der lokalen Bevölkerung entwickelt und allgemein anwendbare Empfehlungen für die Umsetzung von MAR-Projekten abgeleitet. NEWA-LIMA Bericht | 9 Executive Summary Lima is among the driest metropolitan regions in the world, making the water supply for its 10 million inhabitants, as well as for industry and commerce, a significant challenge. This challenge is expected to require substantial investments in the coming years. The local rivers carry water only for a few months per year during the rainy season in the Andes, and groundwater resources are limited. The research project NEWA-LIMA aimed to demonstrate managed aquifer recharge (MAR) as a nature-based and cost-effective approach for the sustainable use of groundwater resources, thereby contributing to solving Lima’s water-related challenges. The present report outlines the solutions developed and the results achieved within the project. Following extensive preliminary investigations, a MAR pilot plant was constructed on the premises of a wastewater treatment plant in the Lurín Valley. This pilot plant comprised three infiltration basins for treated wastewater, as well as several monitoring wells, and was operated in collaboration with Lima’s water supply and wastewater utility (SEDAPAL) for a duration of 17 months. The removal efficiency of the soil passage was assessed through comprehensive microbiological and chemical water analyses, including anthropogenic trace substances and the novel “effect-directed analysis” (EDA). Additionally, accompanying small-scale studies on activated carbon adsorption and reverse osmosis evaluated the applicability of these advanced treatment technologies. Furthermore, the project included an assessment of the legal framework and social implications of MAR initiatives in Peru. The development of a local groundwater model and a concept for the use of trickling filters in wastewater treatment served as a basis for deriving specific recommendations for large-scale MAR implementation in the Lurín Valley. A key finding of the study is the high permeability of the soil in the Lurín Valley, which allows for the infiltration of large volumes of water on relatively small infiltration area. Potential water sources for MAR include "excess water" from the Río Lurín during the rainy season (approx. 50 million m³ per year) and treated wastewater from treatment plants available year-round (approx. 40 million m³ per year). Regarding water quality, analyses demonstrated that, despite the high flow velocity and short subsurface flow path, the pilot plant’s infiltration process effectively retained turbidity and particles, resulting in efficient hygienic and microbiological purification of the treated wastewater effluent. Chlorine-resistant pathogens, such as parasitic cysts (e.g., Giardia and Cryptosporidium), were completely removed. Through EDA, it was further demonstrated that the minor endocrine and neurotoxic effects detected in the wastewater effluent were significantly reduced by soil passage. As expected, the degradation of anthropogenic trace substances was limited due to the short soil passage; however, no relevant concentrations of the analyzed "emerging contaminants" were detected in the infiltrate (treated wastewater effluent). The MAR approach, which has been successfully implemented in Germany and other regions worldwide, thus presents significant potential for securing groundwater resources in Lima. Consequently, within the framework of NEWA-LIMA, preliminary designs for MAR facilities at two sites in the Lurín Valley were developed. Furthermore, recommendations were formulated to enhance social acceptance among the local population, and general guidelines for the implementation of MAR projects were derived. NEWA-LIMA Bericht | 10 1. Projektbeschreibung und Ziele NEWA-LIMA Bericht | 11 NEWA-LIMA Bericht | 12 1 Projektbeschreibung und Ziele Das vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) im Rahmen der Exportinitiative Umweltschutz geförderte Forschungsprojekt „NEWA-LIMA: Neue Wasserressourcen und innovative Abwasserbehandlung für aride Metropolregionen am Beispiel von Lima, Peru“ untersuchte im Zeitraum 2022 bis 2024 die kontrollierte Grundwasseranreicherung (Managed Aquifer Recharge, MAR) an einem Use-Case in Lima/Peru. Ziel war es, eine naturbasierte und kostengünstige Methodik zur Bereitstellung von Brauch- und Trinkwasser zu erproben, mit der die lokalen Wasserressourcen nachhaltig gesichert werden können. MAR umfasst verschiedene Methoden, mit denen gezielt Oberflächenwasser, z. B. saisonal überschüssiges Flusswasser oder gereinigtes Abwasser, in einen Grundwasserspeicher eingebracht wird. Hierdurch können einerseits biologische Reinigungsprozesse bei der Bodenpassage genutzt und andererseits eine nachhaltige Entnahme von Grundwasser sichergestellt werden. MAR wird bereits seit Jahrzehnten an zahlreichen Standorten weltweit erfolgreich angewendet. Zentraler Baustein des Projekts war die Errichtung und der Betrieb einer Pilotanlage zur kontrollierten Grundwasseranreicherung. Diese MAR-Pilotanlage wurde in Zusammenarbeit mit SEDAPAL (Servicio de Agua Potable y Alcantarillado de Lima) auf dem Gelände der von ihnen betriebenen Kläranlage „PTAR Cieneguilla“ im Lurín-Tal im Süden Limas errichtet und betrieben. Dieser Standort bot zum einen den Vorteil eines abgesicherten Geländes, zum anderen konnten die Infiltrationsversuche mit gereinigtem kommunalem Abwasser erfolgen, das im Gegensatz zu Flusswasser auch in der Trockenzeit (Mai bis Oktober) zur Verfügung steht. Im Einzelnen verfolgte das Projekt folgende Ziele: 1) Demonstration einer einfachen Abwasserwiederverwendung („re-use“) 2) Bewertung der Reinigungsleistung der Bodenpassage 3) Optimierung der Betriebsbedingungen bei der Infiltration 4) Bewertung von Optionen für eine Vor- bzw. Nachbehandlung 5) Erstellung eines hydrogeologischen Modells für das Lurín-Tal 6) Erarbeitung von Empfehlungen für großtechnische MAR-Anwendungen Neben drei Infiltrationsbecken sowie einer zugehörigen Beschickungspumpe und den erforderlichen Leitungen/Kontrollarmaturen umfasste die Pilotanlage auch drei Kontrollbrunnen. Diese wurden im Zu- sowie nahen Abstrom der Becken errichtet und ermöglichten Messungen der Grundwasserstände sowie die Entnahme von Grundwasserproben zur Erfassung der mikrobiologischen und chemischen Veränderungen im Aquifer durch die Infiltration. Ergänzend zur MAR-Pilotierung mit mittels Belebtschlammverfahren gereinigtem Abwasser wurden Modellierungen mit der Tropfkörpertechnik bei der Abwasserreinigung im Lurín-Tal durchgeführt. Hiermit sollte der Einsatz dieses kostengünstigen und betriebsstabilen Verfahrens in Peru, insbesondere mit dem Ziel einer Nutzung des gereinigten Abwassers für die Grundwasseranreicherung und die Bewässerung näher betrachtet und den Verantwortlichen bei SEDAPAL vorgestellt werden. NEWA-LIMA Bericht | 13 Parallel zu den Untersuchungen an der MAR-Pilotanlage fand ein intensiver Wissenstransfer und Dialog mit lokalen Akteuren statt, u. a. durch Schulungen zu den Themenbereichen Trink- und Abwasserreinigung und partizipativen Workshops. Dabei wurden neben der lokalen Wasserbehörde und Kommunalverwaltungen auch Vertreter der Zivilgesellschaft, Nichtregierungsorganisationen und Universitäten einbezogen. Zur Prüfung der gesetzlichen Regelungen für die Anwendung von MAR unter Nutzung von gereinigtem Abwasser wurde eine rechtliche Prüfung durch eine peruanische Anwaltskanzlei in Auftrag gegeben. Der wichtigste lokale Projektpartner war SEDAPAL, einer der größten Wasserver- und Abwasserentsorger Südamerikas, der das Projekt mit seinem technischen Know-how maßgeblich unterstützt hat. NEWA-LIMA Bericht | 14 2. Managed Aquifer Recharge (MAR) NEWA-LIMA Bericht | 15 NEWA-LIMA Bericht | 16 2 Managed Aquifer Recharge (MAR) 2.1 Theorie Als kontrollierte Grundwasseranreicherung (im Englischen Managed Aquifer Recharge, MAR) bezeichnet man die kontrollierte Anreicherung und Speicherung von Wasser im Aquifer zur späteren Extraktion bzw. Umweltnutzen (Dillon et al. 2010). Dies steht im Gegensatz zur ungewollten Grundwasseranreicherung, z. B. durch undichte Abwasserleitungen, und zur unkontrollierten Grundwasseranreicherung, z. B. durch bewusste Ableitung von Abwasserströmen (Dillon et al. 2010). MAR zählt zu den Nature-Based Solutions und je nach Anwendungsfall können dabei unterschiedliche spezifische Ziele verfolgt werden (Bouwer 2002, 2000; Dillon et al. 2010; Dillon et al. 2022; Dillon et al. 2009; Sharma und Kennedy 2017; BMI 1985): • Langfristige Maßnahme gegen sinkende Grundwasserspiegel durch Erhöhung der Grundwassermengen, wodurch ein Überbrücken von Trockenperioden und damit eine erhöhte Resilienz gegen Dürren und Klimawandel möglich wird • Barriere gegen Intrusion von Meerwasser • Speicherung von Wasser im Untergrund und ggf. Entnahme des Wassers in Bedarfs- oder Notsituationen. Gegenüber der oberflächigen Speicherung in Reservoirs / Dämmen hat dies den Vorteil, dass es zu weniger Evapotranspiration des gespeicherten Wassers kommt, Algenwachstum verhindert wird und keine teure Infrastruktur notwendig ist. • Effektive Reinigung des infiltrierten Wassers. Indem der Boden als Filter genutzt wird, wird die Wasserqualität verbessert und es besteht quasi ein zusätzlicher Aufbereitungsschritt, mit dem große Wassermengen behandelt werden können. • Verbesserung der Wasserqualität des Aquifers, beispielsweise bei einem Aquifer mit hohen Nitrat- oder Chloridkonzentrationen In Abhängigkeit von der Verfügbarkeit, den jeweiligen Wasserqualitäten und der Art der Wiederverwendung werden typischerweise Oberflächenwasser, Regenwasser (teils in Reservoirs gespeichert), Flusswasser oder gereinigtes Abwasser als Wasserquellen für die Infiltration genutzt (Dillon et al. 2009). Das so wiedergewonnenen Wasser (Exfiltrat) kann als Trinkwasser, Industriewasser, zur Bewässerung, für die Toilettenspülung oder die Stützung nachhaltiger Ökosysteme Verwendung finden (Dillon et al. 2009). Es besteht eine Vielzahl an möglichen Infiltrationsmethoden, bei denen sowohl die Art der Infiltration als auch die Wiedergewinnung des Wassers (Exflitrat) variieren. Abbildung 1 gibt einen Überblick über die häufigsten Infiltrationsmethoden. NEWA-LIMA Bericht | 17 Abbildung 1: MAR Infiltrationstechnologien bzw. Subkategorien (Quelle: Xanke 2017, abgeändert nach Dillon 2005) Im vorliegenden Projekt wird die Infiltrationstechnologie „Soil Aquifer Treatment“ (SAT) angewandt, bei der gereinigtes Abwasser über Infiltrationsbecken versickert wird (siehe roter Kasten in Abbildung 1). Während der Bodenpassage durch die ungesättigte Bodenzone wird die Entfernung von Nährstoffen und Pathogenen ermöglicht; im Anschluss erfolgt die Entnahme des Wassers über Brunnen (Dillon 2005). Bouwer (2002) attestiert dieser Infiltrationsmethode eine vollständige Entfernung von Schwebstoffen und Mikroorganismen sowie eine Reduktion von Nitrat, DOC, Phosphat und Metallen. Sharma und Kennedy (2017) beschreiben Filtration, Bioabbau und Adsorption als Hauptreinigungsmechanismen bei SAT und geben einen Überblick zu typischen Entfernungsraten üblicher Störstoffe mittels SAT. Dillon et al. (2009) beschreiben die Reinigungswirkung ähnlich zu der eines Sandfilters: Kolloide werden abfiltriert, Pathogene und Bakterien entfernt (Desinfektionseffekt) und es erfolgt teilweise der Abbau von organischen Spurenstoffen. Eine Herausforderung bei der Anwendung der kontrollierten Grundwasseranreicherung stellt das sogenannte Clogging (auch Kolmatation genannt) dar. Dabei handelt es sich um die Ansammlung von Schwebstoffen an der Infiltrationsoberfläche, was zu reduzierten Infiltrationsraten führt (Bouwer 2000). Clogging ist insbesondere bei Injektionsbrunnen und Infiltrationsbecken ein Thema (Dillon et al. 2022). NEWA-LIMA Bericht | 18 Typische Gründe für das Auftreten von Clogging sind u. a. (Bouwer 2002; Dillon et al. 2022): • Physikalisch: Ablagerung und Ansammlung von Schwebstoffen wie Sediment, Algen und Schlamm • Biologisch: Ablagerungen von Algen- oder Bakterienflocken oder Ausbildung von Biofilmen • Chemisch: Ausfällungen von Kalk oder anderer Salze sowie von Eisen- oder Manganhydroxiden Zur Minimierung der Clogging-Effekte empfiehlt Bouwer (2002) eine angepasste Voraufbereitung zur Entfernung der oben genannten Störstoffe. Darüber hinaus wird für Infiltrationsbecken die Anwendung von Trocknungsintervallen und darauffolgender mechanischen Entfernung der obersten Schicht empfohlen. Weitere Herausforderungen können die Mobilisierung von Mangan aus dem Sediment durch MAR (Dillon et al. 2022), standortbezogene Anforderungen in Abhängigkeit von den hydrogeologischen Bedingungen (Sharma und Kennedy 2017) sowie je nach Infiltrationsmethode und -raten teilweise hoher Flächenbedarf sein. 2.2 Internationale Standards Weltweit existieren bereits einige Ländern, die Standards oder Leitfäden für die Anwendung von MAR entwickelt haben, teilweise explizit für MAR mit gereinigtem Abwasser. Tabelle 1 gibt einen Überblick zu Beispielen aus anderen Ländern, es handelt sich jedoch um keine vollumfängliche Darstellung. Tabelle 1: Beispiele zu internationalen Standards und Leitfäden Land / Einrichtung Publikation Beschreibung Australien NRMMC et al. 2006 Nationaler Leitfaden zu Wasserrecycling einschließlich Risikomanagementkonzept (Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt) − Überwachung: Arten der Überwachung und Parameter; Beispiele für Probenahmeprogramme − Konsultation und Kommunikation (Unterstützung der Interessengruppen) − Ziele für die Wasserqualität Australien NRMMC et al. 2009 Nationaler Leitfaden zu Wasserrecycling mit MAR einschließlich Risikomanagementkonzept (Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt) − Theoretischer Hintergrund und Eingangsbewertung des Projekts − Risikobewertung − operative Fragen und deren Management − Überwachung (Art und Parameter) NEWA-LIMA Bericht | 19 Land / Einrichtung Publikation Beschreibung Chile CSIRO 2020 Leitfaden für MAR-Projekte in Chile (ausschließlich für Oberflächenwasser und zur Wiederverwendung bei der Bewässerung) − Internationale Erfahrungen − Beschreibung zu bestehenden MAR Projekten und Potenzial in Chile − Keine Aussagen zu Qualitätsanforderungen EU EU 2020/741 EU-Verordnung über Mindestanforderungen an die Wasserqualität bei Wasserwiederverwendung − Wiederverwendung von gereinigtem Abwasser für landwirtschaftliche Bewässerung − Definierte Wasserqualitätsklassen in Abhängigkeit von der Art der bewässerten Kulturpflanzen und Bewässerungsverfahren − Harmonisierte Überwachungsanforderungen − Risikomanagementplan zur Minimierung von Umwelt- und Gesundheitsrisiken (Umfang und Durchführung) Mexiko NOM-014 Norm zur Anwendung von MAR mit gereinigtem Abwasser − Anforderungen zu Informationen und Voruntersuchungen − Qualitätsanforderungen für das Infiltrat − Überwachung und Betrieb der Anlage Spanien BOE-A- 2007-21092 Rechtliche Regelung für die Wiederverwendung von gereinigtem Abwasser − Grundvoraussetzungen für die Wiederverwendung (Verwendungszwecke, Gesundheitsaspekte, Verfahren) − Qualitätsanforderungen − Umfang und Häufigkeit der Überwachung USA EPA/600/R- 12/618 2012 Leitfaden zur Wasserwiederverwendung − Überlegungen zu Planung und Management − Arten von Wiederverwendungsanwendungen − Behandlungstechnologien − Öffentlichkeitsarbeit, Beteiligung, Konsultation WHO WHO 2017 Leitfaden für die Gewinnung von sicherem Trinkwasser aus kommunalem Abwasser (direkte und indirekte Wiederverwendung von Trinkwasser) − Gefahrenerkennung und Kontrollmaßnahmen − Überwachung inkl. Liste der betrieblichen Überwachungsparameter − Gesundheitsbezogene Ziele − Vorschriften und unabhängige Überwachung − Einbeziehung der Öffentlichkeit − Fallstudien inkl. Zielwerte NEWA-LIMA Bericht | 20 2.3 Weltweite Beispiele Das MAR-Konzept wird weltweit bereits in vielen Ländern und auf jedem Kontinent angewandt. Nach Angaben des MAR-Portals (siehe Abbildung 2) beläuft sich die Anzahl der Anlagen auf über 1000. Wasserquelle und Infiltrationsart variieren je nach Anwendung. Dabei handelt es sich sowohl um SAT-Anwendungen als auch andere MAR-Verfahren. Abbildung 2: Weltweite MAR Anwendungen (Bildquelle: MAR Portal, https://ggis.un- igrac.org/view/marportal, letzter Zugriff: 21.02.2025) Nach Bonilla Valverde et al. (2018) sind in Lateinamerika MAR-Anwendungen vor allem in Brasilien, Mexiko und Chile zu finden. Zum Infiltrieren wird meist Niederschlagswasser verwendet; die Wiederverwendung von gereinigtem Abwasser erfolgt insbesondere für die landwirtschaftliche Bewässerung. 2.3.1 Deutschland Die Trinkwassergewinnung durch Uferfiltrat oder kontrollierte Grundwasseranreicherung (MAR) ist seit vielen Jahrzehnten bewährte Praxis in Deutschland und Europa. Dabei kann das genutzte Oberflächenwasser jahreszeitabhängig signifikante Anteile an gereinigtem kommunalem Abwasser (Klarwasser) enthalten. Beispielhaft seien Wasserwerke an der Ruhr, am Neckar, am Rhein sowie in Berlin (u. a. Spree) genannt (Drewes et al. 2018). Es kann davon ausgegangen werden, dass in Deutschland mehr als 10 Millionen Menschen mit Trinkwasser aus Grundwasseranreicherung versorgt werden. Ein wesentlicher Vorteil der MAR ist, dass keine teuren und wartungsintensiven Technologien erforderlich sind. Abhängig von der Rohwasserbeschaffenheit ist keine Voraufbereitung erforderlich oder es reicht u. U. eine Feststoffabtrennung mittels einfacher Schnellsandfiltration aus, bevor das Flusswasser (Klarwasseranteil 10 bis 30 %) über offene, an das Grundwasser angeschlossene Erdbecken versickert wird. Die Entnahmebrunnen sind in Deutschland oftmals nur wenige Meter von den Infiltrationsbecken entfernt, so dass z. T. nur wenige Stunden Aufenthaltszeit im Boden für biologische Reinigungsprozesse zur NEWA-LIMA Bericht | 21 Verfügung stehen. Aus diesem Grund wurden einige deutsche Anlagen in den vergangenen Jahren mit weitergehenden Aufbereitungstechniken zur Nachbehandlung des geförderten Grundwassers ausgerüstet (z. B. UV-Desinfektion, Ultrafiltration). Allerdings ist die Notwendigkeit dieser zusätzlichen Technologien in Abhängigkeit von den Verweilzeiten des Infiltrats im Untergrund zu bewerten. Bei ausreichend hohen Verweilzeiten ist von einer weitergehenden biologischen Reinigung auszugehen, sodass aufwändige bzw. energie- und kostenintensive Aufbereitungstechniken u. U. entbehrlich sind. Im Folgenden werden Beispiele der Grundwasseranreicherung in Deutschland kurz beschrieben. Frankfurt / Hessisches Ried Im Wasserwerk Biebesheim der Hessenwasser GmbH und Co. KG wird ganzjährig Rheinwasser zur Bewässerung sowie zur Grundwasseranreicherung im Hessischen Ried aufbereitet. Letzteres ist Teil des Wasserressourcenmanagements, das eine nachhaltige Grundwassernutzung zur Trinkwasserversorgung im Ballungsraum Rhein-Main ermöglicht. Bei Niedrigwasserabfluss liegt der Klarwasseranteil im Rhein bei 10-20 % (Drewes et al. 2018). Die Kapazität des Wasserwerkes liegt bei 43 Mio. m³/a, wovon 38 Mio. m³/a für die Grundwasseranreicherung und 5 Mio. m³/a für die landwirtschaftliche Beregnung zur Verfügung stehen. Die Aufbereitung des Flusswassers erfolgt in zwei weitestgehend baugleichen Straßen mittels Grob- und Feinrechenanlage, Vorozonung, Flockungssedimentation, Hauptozonung, Sekundärflockung, Mehrschichtfiltration und Aktivkohlefiltration. Als Infiltrationsorgane dienen sowohl ein offenes Grabensystem und Sickerbecken als auch 6 m tiefe Sickerschlitzgräben und bis zu 26 m tiefe Schluckbrunnen. Die Menge des infiltrierten Wassers wird anhand von Grundwasserstands-Messungen gesteuert. Dresden Im Wasserwerk Hosterwitz (Dresden) wird Elbwasser für die kontrollierte Grundwasseranreicherung genutzt. Bei dem Wasserwerk handelt es sich um das zweitgrößte Wasserwerk der Stadt Dresden, in dem 84.000 m³/d Trinkwasser aufbereitet werden können (Hofer 2023). Details zu Aufbereitung und dem MAR-Schema können Zheng et al. (2021) entnommen werden. Haltern am See0F 1 Im Wasserwerk Haltern der Gelsenwasser AG wird über 26 Infiltrationsbecken (insgesamt 335.000 m² Fläche) mit Sandauflage Oberflächenwasser in das Grundwasser versickert. Die Entnahme erfolgt über Brunnen, wobei etwa 70 % (entsprechen rund 70 Mio. m³/a) des anschließend zu Trinkwasser aufbereiteten Wassers aus angereichertem Grundwasser stammen. Alle sechs bis zehn Monate wird die gebildete Schmutzdecke auf den Sandfeldern abgeschält, um die Infiltrationsleistung wieder zu erhöhen. 1Quelle: https://www.gelsenwasser-blog.de/halterner-sande-geologischer-schatz-fuer-die-trinkwassergewinnung/ NEWA-LIMA Bericht | 22 Braunschweig In Braunschweig wird das in der Kläranlage Steinhof gereinigtes Abwasser sowohl für die Beregnung von landwirtschaftlichen Flächen als auch die für die kontrollierte Grundwasseranreicherung genutzt. Nach der Abwasserreinigung durch mechanische Vorbehandlung und biologische Behandlungsstufen werden von den insgesamt 21 Mio. m³/a ca. 12 Mio. m³/a für die Beregnung von 2.700 ha landwirtschaftlichen Flächen genutzt. Die Restmenge des Klarwassers fließt über ein Feuchtgebiet, in dem es zur Grundwasseranreicherung kommt, in den Vorfluter ab. Die Beregnung mit Klarwasser findet in den Monaten März bis November statt. Zu Beginn und Ende der Beregnungsperiode handelt es sich um eine Überschussberegnung mit dem Ziel der Grundwasseranreicherung. In den weiteren Monaten werden für die Bedarfsberegnung in der Spitze bis zu 2.000 m³/h ausgebracht. In der Vegetationszeit wird dem Klarwasser noch Klärschlamm für die Nährstoffe zugesetzt, was nur noch bis 2028 zulässig ist. Die Beregnung von frischen Früchten ist ausgeschlossen. Bei Getreide erfolgt ab der Milchreife und bei Rüben, Kartoffeln etc. ab drei Wochen vor der Ernte keine Bewässerung mehr. Zusätzlich zur Überschuss-Beregnung werden die ehemals als Rieselfelder betriebenen Flächen heute als mäandernde Durchflussstrecke zur Grundwasseranreicherung genutzt. Dabei passiert das nicht zur Beregnung genutzte Klarwasser (ca. 9 Mio. m³/a) das Mäandersystem und das nicht versickerte Wasser fließt in die Oker (Vorflut) ab. Aufgrund des derart künstlich erhöhten Grundwasserstands hat sich entlang der mehrere Kilometer langen Fließstrecke ein Biotop ausgebildet, das sowohl als Naherholungsgebiet als auch „Rastplatz“ von Zugvögeln genutzt wird. 2.3.2 Ica, Peru In Ica, einer stark landwirtschaftlich geprägten, ariden Region 300 km südlich von Lima, basiert die landwirtschaftliche Bewässerung hauptsächlich auf Grundwasser und temporär verfügbarem Flusswasser. Um die durch die Landwirtschaft überbeanspruchten Grundwasserressourcen zu stärken und den fallenden Grundwasserspiegeln entgegen zu wirken, wird während der Regenzeit überschüssiges Flusswasser über Infiltrationsbecken versickert. Die Anlage ist seit 2012 in Betrieb, umfasst mehrere Hundert einfache Infiltrationsbecken mit einer Gesamtfläche von ca. 300 ha, worüber jährlich ca. 17 Mio. m³ Wasser versickert werden (Escolero Fuentes et al. 2017). Das zu versickernde Wasser wird dem Fluss Ica entnommen, einem Absetzprozess unterzogen und anschließend über offene Becken infiltriert. Als durchschnittliche Infiltrationsrate werden 49 mm/Tag angegeben (Escolero Fuentes et al. 2017). NEWA-LIMA Bericht | 23 Abbildung 3: Zuleitung zur Infiltration, Ica (Foto: Roberto Navarro) Abbildung 4: Infiltrationsbecken Ica, Regenzeit (Foto: Roberto Navarro) NEWA-LIMA Bericht | 24 2.3.3 Shafdan, Israel In Shafdan, Israel wird seit 1977 eine SAT-Anlage betrieben, mit der ca. 135 Mio. m³/a gereinigtes Abwasser (sekundäre Behandlung mit Belebtschlamm) über 60 Becken mit einer Gesamtfläche von rd. 100 ha versickert wird. Zahlreichen Brunnen fördern das Wasser für die landwirtschaftliche Bewässerung (Zheng et al. 2021). Der Betrieb der Becken besteht aus drei Phasen. Zunächst werden die Becken für 24 h mit Wasser beschickt, wobei ein Drittel der Becken gleichzeitig genutzt wird. Der Betrieb wird durch die Beschickungszeit und den maximalen Wasserstand im Becken kontrolliert. Darauf folgt die Phase der Versickerung (Perkolation) und ein Trocknungsintervall (Elkayam et al. 2018). Goren et al. (2014) berichten von einem starken Einfluss auf die Qualität des infiltrierten Wassers durch die Umwelt (Temperatur und Sonnenlicht) und die Betriebsbedingungen (Beschickung der Becken und Belüftung). Der Betrieb der SAT-Anlage wird von einem umfangreichen Monitoring-Programm begleitet. Messstellen sind dabei der Kläranlagenablauf, Punkte direkt unter den Infiltrationsbecken sowie verschiedene Förderbrunnen in unterschiedlicher Entfernung zu den Versickerungsbecken. Elkayam et al. (2018) berichten von einer Reduktion der DOC- Konzentration mit steigendem Abstand zu den Infiltrationsbecken und gehen von einem Abbau in der vadosen Zone aus. Zudem bestätigt die Studie eine sehr gute mikrobiologische Qualität des exfiltrierten Wassers, sodass der Bodenpassage eine gute Eliminationsleistung bzgl. Pathogenen und Indikatorbakterien zugewiesen werden konnte. 2.3.4 San Luís Río Colorado, Mexiko In der Wüste von Sonora, Mexiko wird die kontrollierte Grundwasseranreicherung genutzt, um der Überbeanspruchung des Grundwassers und der dürrebedingten Reduktion der Oberflächenwasserressourcen entgegen zu wirken. Seit 2007 wird über Infiltrationsbecken gereinigtes Abwasser versickert und v. a. für die landwirtschaftliche Bewässerung wiederverwendet (Zheng et al. 2021). Die Aufbereitung in der Kläranlage erfolgt über anaerobe, fakultative und madurative Lagunen, was einer sekundären Abwasserbehandlung entspricht. Es handelt sich bei dem Abwasser hauptsächlich um häusliches und gewerbliches Abwasser ohne nennenswerte Industrieeinleitungen. Die Kläranlage ist für 600 L/s ausgelegt (Escolero Fuentes et al. 2017). Durch die Infiltration wird die chemische und mikrobiologische Wasserqualität deutlich verbessert. Die Infiltrationsanlage besteht aus 12 Becken (120x120x1m), womit je nach Jahreszeit Infiltrationsmengen von 60 bis 100 L/s erreicht werden (Humberto et al. 2018). Nach der ca. fünftägigen Flutung der Becken folgt ein drei- bis siebentägiges Trocknungsintervall. Durch Abtragen der obersten Bodenschicht bzw. Pflügen des Beckens werden in regelmäßigen Abständen die aeroben Bodenbedingungen und die Durchlässigkeit wiederhergestellt (Escolero Fuentes et al. 2017). Die Kosten für die MAR-Behandlung in Sonora werden mit 0,02 USD/m³ angegeben (Zheng et al. 2021). NEWA-LIMA Bericht | 25 2.3.5 Atlantis, Südafrika In der Stadt Atlantis in Südafrika wird seit dem Jahr 1980 eine Mischung aus Kläranlagenablauf und saisonal zur Verfügung stehendes Niederschlagswasser zur Grundwasseranreicherung versickert (im Mittel 7.500 m³/Tag). Das zur Trinkwassergewinnung geförderte Grundwasser in der Region enthält bis zu 30 % infiltriertes Wasser. Zusätzlich zu den Infiltrationsbecken für Klar- und Niederschlagswasser wird industrielles Abwasser in weiteren Becken versickert, um der marinen Intrusion entgegenzuwirken (Bugan et al. 2016). Als größte Herausforderungen nennt Zheng et al. (2021) die Reduktion der Infiltrationsraten durch Kolmatation verursacht wird. Bei der Infiltrationsanlage in Atlantis wurde der Rückhalt verschiedener Komponenten während der Bodenpassage untersucht. Tredoux et al. (2009) bestätigten die Reduktion des DOC, der Koloniezahl, der Pathogene (inkl. Viren) und anthropogener Spurenstoffe. Für letztere wurden geringere Konzentration nach der Infiltration allerdings auf Verdünnungseffekte und nicht auf Abbau oder Adsorption zurückgeführt. NEWA-LIMA Bericht | 26 3. Situation in Lima und im Einzugsgebiet des Río Lurín NEWA-LIMA Bericht | 27 NEWA-LIMA Bericht | 28 3 Situation in Lima und im Einzugsgebiet des Río Lurín Die an der Pazifikküste Südamerikas gelegene Metropolregion Lima zählt mit rund zehn Millionen Einwohnern zu den am dichtest besiedelten und trockensten Regionen der Welt. Die Wasserversorgung hängt traditionell von den drei Flüssen Chillón, Rímac und Lurín ab. Um die wachsende Bevölkerung mit Wasser zu versorgen, wird dabei zunehmend Wasser aus benachbarten Flusseinzugsgebieten über ein komplexes System von Stauseen, Kanälen und Fernwasserleitungen umgeleitet. Besonders in den Trockenperioden, wenn wenig Flusswasser zur Verfügung steht, sind die lokalen Grundwasserreserven die einzig verfügbare Wasserquelle. Allerdings führte eine jahrelange Übernutzung dazu, dass die Entnahme gedrosselt und zahlreiche küstennahe Brunnen wegen Versalzung aufgegeben werden mussten. Das rund 1.670 km² große Flusseinzugsgebiet des Río Lurín befindet sich im Süden Limas und erstreckt sich von der Küste über 108 km bis auf eine Höhe von etwa 5.000 m ü. NN. Die saisonalen Niederschläge konzentrieren sich auf das obere, von steilen Hängen geprägte und dünn besiedelte Gebiet in den Anden. Dort wird in der Regenzeit ein Teil des Niederschlagswassers in kleinen Reservoirs gespeichert und für die landwirtschaftliche Bewässerung genutzt. Die Hauptmenge fließt über den Río Lurín zur Pazifikküste ab, wobei es im unteren, mit quartären Ablagerungen gefüllten Flusstal zum Teil versickert sowie traditionell für die Bewässerung landwirtschaftlich genutzter Flächen verwendet wird. Auch das durch die Fluss-Infiltration im Untergrund gespeicherte Wasser wird intensiv genutzt. Im gesamten Tal sind über 1000 Flach- sowie zahlreiche Tiefbrunnen vorhanden. Abbildung 5: Einzugsgebiet Río Lurín (Quelle: Kartographie: TZW, Datenquelle DHM: TanDEM-X / DLR) NEWA-LIMA Bericht | 29 Der untere, küstennahe Bereich des Lurín-Tals ist auf einer Länge von rund 25 km ein bis drei Kilometer breit, relativ eben und dicht besiedelt. Auf den freien Flächen findet eine intensive landwirtschaftliche Nutzung statt, wobei der Siedlungsdruck durch die Ausbreitung städtischer Randstrukturen Limas ständig zunimmt. Insbesondere entlang der Küste an der Panamericana sind auch zahlreiche Industrie- und Gewerbebetriebe angesiedelt. Da im Tiefland praktisch kein Regen fällt und der Río Lurín nur in den intensiven Regenmonaten (Januar bis April) größere Mengen an Wasser führt, wird im Lurín das Flusswasser – anders als in den Einzugsgebieten der nördlich gelegenen Flüsse Chillón oder Rímac – nicht für die Trinkwassergewinnung genutzt. Trinkwasserversorgung, Industrie und Landwirtschaft sind daher auf Grundwasser angewiesen, das über zahlreiche Brunnen aus dem Talaquifer entnommen wird. Die Mehrzahl der kleineren Siedlungen im Lurín-Tal haben keine zentrale Abwasserentsorgung, sondern die Bewohner nutzen „Klärgruben“. Dies führt auch zu Einträgen von Abwasser in den Boden und damit in das Grundwasser. Die von SEDAPAL betriebenen Kläranlagen führen das Abwasser aus größeren Siedlungsbereichen einer zentralen Behandlung zu, wobei der Kläranlagenablauf (z. T. nach Chlorung) in den Río Lurín abgeleitet wird (siehe Abbildung 6). Während der Regenzeit im Hochland führt der Fluss Wasser und verdünnt die Einleitungen an gereinigtem Abwasser (siehe Abbildung 7). Während der Trockenzeit besteht der Fluss streckenweise ausschließlich aus gereinigtem Abwasser, dass jedoch relativ schnell versickert bzw. für Bewässerungszwecke abgeleitet wird, so dass weite Strecken ganz trockenfallen (siehe Abbildung 8). Wie erwähnt, versorgen zahlreiche Brunnen im Tal die lokale Bevölkerung mit Trinkwasser sowie Industrie und Landwirtschaft mit Brauchwasser, wobei die Grundwasserentnahme in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen hat. Abbildung 6: Río Lurín, Einleitung von gereinigtem Abwasser aus der Kläranlage Cieneguilla NEWA-LIMA Bericht | 30 Abbildung 7: Río Lurín in der Regenzeit (7.2.2024) Abbildung 8: Río Lurín in der Trockenzeit (21.09.2022) NEWA-LIMA Bericht | 31 Klimatisch durchquert der Río Lurín auf seinem Weg an die Küste sechs Klimazonen, von sehr feucht und eisig (4.800 bis 5.000 m ü NN) bis hin zu extrem trocken und warm (0 bis 800 m ü NN). Der durchschnittliche jährliche Niederschlag liegt je nach Höhenlage zwischen 20 und 850 mm. Im unteren Talabschnitt gibt so gut wie keine Regenfälle und der Aquifer wird ausschließlich durch Infiltration aus dem Flussbett gespeist. Die Brunnen im unteren Lurín-Tal liefern Grundwasser aus der sehr heterogenen bis zu 150 m mächtigen Talfüllung, die überwiegend aus quartären alluvialen Kiesen und Sanden besteht, in die größere Gesteinsbrocken und steile Hangflächen eingelagert sind. Der Flurabstand steigt von wenigen Metern unter Gelände im Bereich Cieneguilla auf bis zu 35 m unter Geländeoberkante in unteren Talbereich an. Für die öffentliche Trinkwasserversorgung betreibt SEDAPAL im Lurín-Tal rd. 30 Tiefbrunnen. Zu diesen kommen über 1.000 kleinere private Bohr- und Schachtbrunnen zur Gewinnung von Brauch- und Bewässerungswasser hinzu, die zum Teil auch als Trinkwasserbrunnen genutzt werden (z. B. LKW-Transport für Gebiete, die nicht ans Netz angeschlossen sind). Nach Angaben von SEDAPAL stieg die gesamte Grundwasser-Fördermenge im Lurín-Tal in den vergangenen Jahren deutlich an und wird aktuell auf 30-35 Mio. m³/a geschätzt (León et al. 2021). Diese Mengen liegen deutlich über der in einer hydrogeologischen Studie aus dem Jahr 2012 als nachhaltig genannten Entnahmemenge von 15 Mio. m³/a (Coronel 2012). Dies spiegelt sich auch in den Grundwasserständen entlang des Tales wider, die in den letzten Jahren vor allem in den stärker besiedelten, küstennäheren Talausgängen stellenweise stark gesunken sind. Bei gleichbleibender Entnahme prognostiziert die Studie (Coronel 2012) ein Absinken des Grundwasserspiegels um 13 m bis zum Jahr 2030. Somit werden in den kommenden Jahren zunehmend Brunnen trockenfallen. Auf die Beschaffenheit des Grundwassers wird in Kapitel 5 näher eingegangen, sie ist in der Regel sehr gut, so dass das in den meisten Brunnen geförderte Wasser bereits ohne Aufbereitung Trinkwasserqualität aufweist. NEWA-LIMA Bericht | 32 4. Pilotanlage MAR Cieneguilla NEWA-LIMA Bericht | 33 NEWA-LIMA Bericht | 34 4 Pilotanlage MAR Cieneguilla Die von NEWA-LIMA in der Kläranlage Cieneguilla errichtete Pilotanlage umfasste drei Erdbecken zur Versickerung von gereinigtem Abwasser sowie mehrere Kontrollbrunnen. Sie wurde über die Dauer von 17 Monaten betrieben, wobei eingehende Begleituntersuchungen erfolgten. Neben den nachfolgend erläuterten wissenschaftlich-fachlichen Untersuchungs- zielen sollte damit insbesondere auch das Konzept der Abwasserwiederverwendung mittels naturnaher und kostengünstiger MAR-Technik in Peru eingeführt bzw. demonstriert werden. 1) Bewertung der Reinigungsleistung der Bodenpassage Zur Bewertung der Reinigungseffizienz der ungesättigten und gesättigten Bodenzone waren Analysen des Grundwassers (= „Exfiltrat“) im Abstrom der Infiltrationsbecken erforderlich. Um entsprechende Proben entnehmen zu können, wurden zusätzlich zu einem vorhandenen Brunnen drei Kontrollbrunnen errichtet (technische Details vgl. Abschnitt 4.7.) In regelmäßigen Abständen durchgeführte Analysen umfassten sowohl konventionelle physikalisch-chemische bzw. bakteriologische Parameter als auch anthropogene Spurenstoffe wie z. B. Pharmaka und Industriechemikalien sowie spezielle Mikroorganismen (Viren und Parasiten). Ergänzend kam die innovative Untersuchungsmethodik der „wirkungsbezogenen Analytik“ zum Einsatz. 2) Optimierung der Betriebsbedingungen Mithilfe der Pilotanlage waren Kenndaten zur Dimensionierung und zum nachhaltigen Betrieb einer MAR-Anlage, unter den im Projektgebiet herrschenden Randbedingungen zu ermitteln. Hierzu war geplant, die Auswirkungen verschiedener Betriebsvarianten (z. B. Flächen- belastung, Trocknungsintervalle, Oberflächenbearbeitung) auf die Infiltrationsleistung, u. a. anhand von Veränderungen der Wasseraufnahmekapazität des Untergrundes, zu erfassen. 3) Optionen für eine Vor- bzw. Nachbehandlung Abhängig von den Ergebnissen der Bewertung der Aufbereitungseffizienz bei der Bodenpassage wurden weitergehende Aufbereitungsmaßnahmen, wie z. B. Aktivkohle- Adsorption und Umkehrosmose geprüft. Mit einer derartigen zusätzlichen Behandlung können bspw. gegenüber einem biologischen Abbau im Untergrund persistente anthropogene Spurenstoffe entfernt werden. 4) Hydrogeologisches Modell Zur Abschätzung des Potenzials einer großskaligen MAR-Anlage im Lurín-Tal wurde ein stationäres, numerisches Modell mit FEFLOW entwickelt. Das Modell sollte es ermöglichen, die Erkenntnisse aus der Pilotanlage auf eine praxisorientierte Anlage mit höheren Infiltrationsraten zu extrapolieren (Upscaling), verschiedene Infiltrationsmengen zu simulieren und den Flächenbedarf für die entsprechenden Infiltrationsbecken zu ermitteln. 5) Empfehlungen für die großskalige Anwendung Als Ausblick waren abschließend Empfehlungen zur großskaligen MAR-Anwendung auszuarbeiten. Deshalb beinhaltete das Arbeitsprogramm auch eine Prüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen in Peru bei MAR, insbesondere mögliche rechtliche Einschränkungen für eine Infiltration von gereinigtem Abwasser (Wassergesetzgebung, Grenzwerte usw.). Abbildung 9 stellt die einzelnen Schritte dar, die bei der Projektierung und der Durchführung der Pilotierung erforderliche waren. Die einzelnen Schritte werden in den Folgeabschnitten näher erläutert. NEWA-LIMA Bericht | 35 Abbildung 9: Schritte der Implementierung der Pilotanlage 4.1 Analyse möglicher Wasserquellen Im ersten Schritt wurde eine Analyse der prinzipiell für MAR zur Verfügung stehenden Wasserquellen durchgeführt. Üblicherweise sind dies in Abhängigkeit von Verfügbarkeit, Rohwasserqualität und Art der Wiederverwendung die drei Ressourcen Talsperren- bzw. Seewasser, Flusswasser und gereinigtes Abwasser. Im vorliegenden Fall standen prinzipiell Flusswasser und gereinigtes Abwasser zur Verfügung. Die Wahl fiel auf gereinigtes Abwasser. Dies hatte sowohl logistische Gründe (ganzjährige Verfügbarkeit, umzäunter Standort auf einer Kläranlage), als auch die Nutzung einer zusätzlichen, bislang nicht genutzten Wasserressource (Abwasserwiederverwendung). Abbildung 10 zeigt die Einleitstelle des Klarwassers am gewählten Standort der Kläranlage Cieneguilla in das trockene Flussbett des Lurín. Wie bereits mehrfach erwähnt, führt der Fluss lediglich in den Monaten Dezember bis April Wasser, wenn in den Anden größere Niederschläge fallen. Abbildung 10: Trockenes Flussbett des Río Lurín und Einleitstelle Klarwasser (roter Kreis) (Panoramaaufnahme, 21.09.2022) Analyse möglicher Wasserquellen für die Anreicherung Wahl des Anreicherungsverfahrens Entwurfsplanung der Pilotanlage Standortwahl Genehmigung durch die zuständigen Behörden Voruntersuchungen (Geoelektrik und Bohrungen) Aufbau und Inbetriebnahme Analysen und Monitoring NEWA-LIMA Bericht | 36 4.2 Anreicherungsverfahren Wie in Kapitel 2.1 bereits beschrieben, gibt es eine Vielzahl an möglichen Infiltrationsmethoden. Abbildung 11 stellt schematisch drei Methoden dar, die generell für die Pilotanlage in Frage kamen. Abbildung 11: Anreicherungsverfahren; Bildquelle: León et al. 2021, abgeändert nach EPA/600/R-12/618 2012 Bei Methode (a) wird das gereinigte Abwasser über Erdbecken infiltriert, wodurch das Wasser zunächst die gesamte ungesättigte, d. h. vadose, Zone passiert, bevor es den Aquifer erreicht. Bei Methode (b) erfolgt die Infiltration über Infiltrationsbrunnen oder einen „Sickergraben“ in die vadose Zone. Der Vorteil gegenüber einem Versickerungsbecken besteht in einem geringeren Flächenbedarf. Zum einen kann die Infiltrationsoberfläche „nach unten verlagert werden“ und zum anderen erhöht sich bei entsprechendem Wasserstand im Graben der „Vordruck“ auf die Infiltrationsoberfläche. Bei Methode (c) wird das Wasser über einen Brunnen ähnlicher Bauart injiziert, wie er auch bei der Grundwasserförderung zum Einsatz kommt. Dabei kann der Vordruck bspw. durch Einsatz einer Pumpe deutlich gesteigert werden. In dem in Abbildung 11 gezeigt Beispiel erfolgt diese Injektion direkt in den Aquifer, sodass Abbauprozesse in der vadosen Zone nicht genutzt werden können. Für die Pilotanlage wurde die Methode (a) gewählt, da sie am einfachsten im Hinblick auf Betrieb und Instandhaltung ist, die geringsten Baukosten anfallen und die niedrigsten Ansprüche an die Wasserbeschaffenheit des Infiltrats bestehen. (a) Infiltrations- becken (b) Infiltrations- brunnen (in vadose Zone) (c) Injektions- brunnen (direkt) Geklärtes Abwasser (Infiltrat) Aquitard Vadose Zone Ungespannter GWL Gespannter GWL NEWA-LIMA Bericht | 37 4.3 Entwurfsplanung In der Entwurfsplanung bestanden die Infiltrationseinrichtungen der Pilotanlage im Wesentlichen aus einer Pumpe, den Verteilungsrohren mit Regel- bzw. Einstellarmaturen und den drei Erdbecken. Bei der Pumpe handelte es sich um eine frequenzgeregelte Unterwasserpumpe (Nennleistung 5-12 m³/h), die das Infiltrationswasser aus dem Ablauf der Chlorungsbecken der Kläranlage Cieneguilla förderte. Um bei geringen Infiltrationsmengen die Pumpe nicht zu stark drosseln zu müssen, war ein Bypass mit Rückführung in das Chlorungsbecken vorgesehen. Der Infiltrations-Volumenstrom wurde über eine Regelarmatur sowie einen Schwebkörpermesser eingestellt und überwacht. Zusätzlich erfasste eine „Wasseruhr“ den kumulierten Durchfluss in die Becken. Ein Hahn vor der Drosselarmatur diente zur Entnahme von Proben des Klarwassers/Infiltrats. Die drei Infiltrationsbecken konnten einzeln über eine Regelarmatur im jeweiligen Zulauf angesteuert werden. Von den Becken 1 und 3 war ein Überlaufrohr in das am tiefsten gelegene Becken 2 verlegt. Letzteres hatte einen Schwimmschalter, der bei Beckenvollstand die Förderpumpe automatisch abschaltete. Abbildung 12 stellt schematisch die Komponenten der Pilotanlage dar. Abbildung 12: Schema der MAR-Pilotanlage Becken 1 Becken 2 Becken 3 Probe- nahme 1 2 3 5 6 8a 8c8b 4 9.1 9.2 7 1 Chlorungsbecken 2 Unterwasserpumpe 3 Schaltkasten Pumpe 4 Probenahmehahn 5 Rückführung 6 Wasseruhr 7 Durchflussmesser 8 Absperrventil 9 Verbindung Becken Ablauf Kläranlage NEWA-LIMA Bericht | 38 4.4 Standortwahl Für die Standortwahl der MAR-Pilotanlage wurden verschiedene Kläranlagen von SEDAPAL im Lurín-Tal in Betracht gezogen. Konkret handelte es sich um die PTAR (Planta de Tratamiento de Aguas Residuales, Kläranlage) Cieneguilla, José Galvez, Manchay und San Bartolo. Abbildung 13 zeigt die Lage dieser Kläranlagen im Lurín-Tal. Abbildung 13: Potenzielle Standorte für die MAR-Pilotanlage auf dem Gelände der Kläranlagen (PTAR) von SEDAPAL im Lurín-Tal Zur Festlegung eines geeigneten Standortes für die Pilotanlage wurden folgende Kriterien festgelegt: (1) Adäquate Qualität des Kläranlagenablaufes (2) Verfügbare und geeignete Flächen für die Installation der Infiltrationsbecken (Flächenbedarf sowie Möglichkeiten zu Schutz der Anlagen vor Diebstahl und Vandalismus) (3) Vorhandensein eines Aquifers sowie eines geeigneten Untergrundes (4) Entnahmestellen für das Grundwasser/Exfiltrat (vorhanden bzw. geeignetes Gelände für Bau vorhanden) (5) Erlaubnis für die Installation der Pilotanlage (bevorzugte Installation auf SEDAPAL- Gelände) NEWA-LIMA Bericht | 39 Das Vorhandensein eines Aquifers sowie des geeigneten Untergrundes ist nach Literaturangaben (Dillon et al. 2022; Dillon et al. 2009; Sharma und Kennedy 2017) wie folgt definiert: • Hydraulische Leitfähigkeit, die eine Anreicherung ermöglicht sowie gleichmäßige hydraulische Eigenschaften • Mächtigkeit des Aquifers und Porosität, die eine Wasserspeicherung ermöglichen • Vorzugsweise sowohl aerobe als auch anaerobe Zonen im Grundwasserleiter, um eine maximale Entfernung von Krankheitserregern und organischem Material zu erreichen • Geeigneter Untergrund: Durchlässigkeit des Untergrunds, der ausreichend durchlässig ist, damit das Wasser versickern kann, aber gleichzeitig ausreichend fein für die Filterwirkung. Daher sollten Tonschichten oder anderen Schichten, die den vertikalen Fluss einschränken, in der vadosen Zone vermieden werden. Als Standortoptionen wurden die vier Kläranlagen Cieneguilla, José Galvez, Manchay und San Bartolo im Lurín-Tal in Betracht gezogen. Bei den beiden Anlagen in José Galvez und San Bartolo wurde das Kriterium (3), Verfügbarkeit eines Aquifers auf dem Gelände, nicht erfüllt, sodass diese Standortoptionen nicht weiterverfolgt wurden. An den Standorten Manchay und Cieneguilla ist ein geeigneter Aquifer vorhanden. Zur Standortbewertung vor Beginn der Pilotphase wurden die beiden Kläranlagen Cieneguilla und Manchay besucht und Proben des Abwasserablaufs genommen. Ausgewählte Befunde der durchgeführten Analysen sind in Tabelle 2 und Tabelle 3 dargestellt. Tabelle 2: Messergebnisse Mikrobiologie und von vor-Ort-Messungen an 2 Kläranlagen am 14.03.2022 Manchay vor Sandfilter Manchay nach Cl2 Cieneguilla nach Cl2 Río Lurín (bei Manchay) E. coli pro 100 mL 172.300 <2 69 13.130 Coliforme Bakt. 1.050.000 <2 651 1.413.600 Enterokokken 21.870 <2 20 2755 Temp. °C 29,5 30,1 26,2 21,0 pH - 7,42 6,81 7,32 7,01 Sauerstoff mg/L 6 3,4 3,5 8,3 ELF (25°C) mS/m 172,5 165 78,3 142,6 Trübung NTU 3,9 1,8 3,6 810 Säurekap.pH4,3 mmol/L n.b. 4,2 3,00 n.b. n.b.=nicht bestimmt Tabelle 3: Klarwasser der PTAR Manchay und Cieneguilla (TZW-Laborproben vom 14.03.2022) Manchay Cieneguilla Färbung, 436 nm 1/m 0,4 0,2 Ammonium mg/L n.b. n.b. Calcium mg/L 87,8 77,7 Eisen mg/L 0,02 0,02 Mangan mg/L 0,036 0,025 Chlorid mg/L 211 86,3 Nitrat mg/L 34,3 1,5 Sulfat mg/L 221 102 NEWA-LIMA Bericht | 40 Manchay Cieneguilla Phosphor, gesamt mg/L 2,5 0,34 TOC mg/L 13 4,2 SAK, 254 nm 1/m 25 6,6 CSB mg/L 37 13 Benzotriazol µg/L 0,11 < BG Bisphenol A µg/L < BG n.b. Acesulfam µg/L 0,31 0,46 Diclofenac µg/L < BG < BG Sulfamethoxazol µg/L 0,055 0,45 17-beta-Estradiol µg/L < BG n.b. Perfluoroctanoat µg/L 0,006 n.b. Perfluoroctansulfonat µg/L < BG n.b. Chrom mg/L 0,0006 0,0006 Vanadium mg/L 0,0042 0,0025 Durch die in beiden Kläranlagen erfolgende Chlorung gelingt eine deutliche Verringerung der Fäkalindikatoren. Erwartungsgemäß sind jeweils verschiedene anthropogene Spurenstoffe wie z. B. Industriechemikalien, Pharmaka und Süßstoffe nachweisbar. Bezüglich der Schwermetalle wurden keine erhöhten Mengen festgestellt. Die Wasserqualität im Ablauf der Kläranlagen Manchay und Cieneguilla sind als geeignet für die Infiltration angesehen, sowohl im Hinblick auf die mikrobiologischen Parameter (z. B. E. coli und coliforme Bakterien) als auch die physikalisch-chemischen Parameter (z. B. Trübung, SAK, CSB) und Spurenstoffe (z. B. Acesulfam). Auf Grundlage der bewerteten Kriterien, der Gespräche mit den Mitarbeitenden der zuständigen Abteilungen von SEDAPAL und den verfügbaren Flächen für die Installation der Infiltrationsbecken wurde das Gelände der Kläranlage Cieneguilla als bevorzugter Standort ausgewählt. Die Kläranlage (PTAR) Cieneguilla ist für einen Durchfluss von 118 L/s ausgelegt. Der aktuelle, mittlere Zufluss von Rohabwasser liegt bei ca. 60 L/s. Das Rohabwasser wird durch Siebe mechanisch vorgereinigt und (mineralische) Feststoffe werden in einem Sandfang abgeschieden. Anschließend gelangt das Abwasser in die biologische Reinigungsstufe, bestehend aus zwei parallel betriebenen rechteckigen Belebtschlamm-Becken mit Oberflächenbelüftung. Nachgeschaltet ist ein rundes Sedimentationsbecken dessen Klarwasserüberlauf vor der Einleitung in den Río Lurín Chlorgas zugesetzt und einem Reaktionsbecken zugeführt wird. Zur näheren Bewertung der Beschaffenheit des Kläranlagenablaufs hinsichtlich einer Nutzung für MAR wurden in Tabelle 4 die Mittelwerte aus allen Messungen im NEWA-LIMA Projekt verschiedenen Anforderungen gegenübergestellt: einerseits den wissenschaftlichen Erfahrungswerte für MAR Anlagen und andererseits ausgewählten peruanischen Qualitätsanforderungen für Wässer, die mit konventioneller Aufbereitung zu Trinkwasser aufbereitet werden können (Decreto Supremo N°004-2017, Categoría 1, Subcategoría A2) bzw. für Wässer, mit denen Gemüsepflanzen bewässert werden (Decreto Supremo N°004- NEWA-LIMA Bericht | 41 2017, Categoría 3, Subcategoría D1). Die dargestellten Parameter wurden aufgrund ihrer Relevanz für einen stabilen MAR-Betrieb ausgewählt. Tabelle 4: Ablaufqualität PTAR Cieneguilla und Qualitätsanforderungen für MAR Para- meter Ein- heit Mittelwert PTAR Cieneguilla Wissenschaftl. Erfahrungswert MAR ECA D1 (Bewässerung Gemüse) ECA A2 (für Trinkwasser, konventionell) ELF µS/cm 1.247 < 2.500 < 2.500 < 1.600 pH - 7,3 6,5 – 8,5 6,5 – 8,5 5,5 - 9 CSB mg/L 14 < 40 < 40 < 20 P-tot mg/L 2,3 1 - 0,15 Nitrat mg/L 36 < 50 < 100 < 50 Trübung NTU 5 < 10 - < 100 Sauerstoff mg/L 4 > 2 ≥ 4 ≥ 5 Danach erfüllt der Kläranlagenablauf die ausgewählten, auf Erfahrungswerten beruhenden Mindestanforderungen für eine Verwendung MAR sowie auch die zugehörigen ECA Empfehlungen für Bewässerungswasser (Gemüse, D1). Mit Ausnahme der Parameter Phosphor und Sauerstoff sind auch die entsprechenden Empfehlungen der ECA A2 erfüllt. Dabei sind diese beiden Parameter für den Betrieb einer MAR-Anlage von untergeordneter Bedeutung und können bei Bedarf durch relativ einfache aufbereitungstechnische Maßnahmen angepasst werden. 4.5 Behördliche Genehmigungen Vor der Errichtung der MAR-Pilotanlage wurde von SEDAPAL eine Genehmigung von der staatlichen Wasserbehörde (Autoridad Nacional del Agua) eingeholt und der Pilotversuch beim zuständigen Ministerium (Ministerio de Vivienda, Construcción y Saneamiento) gemeldet. Da es sich bei der Pilotanlage um eine temporäre Installation handelte, konnte der Genehmigungsprozess vergleichsweise zügig abgeschlossen werden. 4.6 MAR Voruntersuchungen Vor dem Bau der Pilotanlage wurden verschiedene Voruntersuchungen durchgeführt, um den Standort hydrogeologisch zu beurteilen und die konstruktiven Details der In- und Exfiltrationseinrichtungen festzulegen. Dabei wurden sowohl die hydraulischen Eigenschaften wie Gesteinsschichten und Durchlässigkeiten als auch die Wasserqualität des Aquifers sowie die Fließrichtung des Grundwassers betrachtet. Zunächst wurde in einem kleinskaligen Infiltrationsversuch nachgewiesen, dass am vorgesehenen Standort der Pilotanlage (PTAR Cieneguilla) größere Wasservolumina pro Zeiteinheit versickern. Es waren somit von einem sehr grobkörnigen Bodenmaterial mit hoher Durchlässigkeit, d. h. von sehr guten Randbedingungen für MAR auszugehen. 4.6.1 Geoelektrische Vorerkundung am Standort Die geoelektrischen Voruntersuchungen wurden im Oktober 2022 von einem lokalen Ingenieurbüro durchgeführt. Der Zeitpunkt lag am Ende der Trockenzeit, sodass das zu dem Zeitpunkt vorliegende Grundwasserspiegel als ein jährlicher Minimalwert angesehen werden kann. Mit den Untersuchungen wurde die Eignung des Bodens sowie die mögliche NEWA-LIMA Bericht | 42 Positionierung von Kontrollbrunnen ermittelt. Abbildung 14 zeigt die Standorte der durchgeführten geoelektrischen Voruntersuchungen. Abbildung 14: Standorte der durchgeführten geoelektrischen Voruntersuchungen Als Ergebnis ist für jeden der untersuchten Abschnitte ein entsprechendes Bodenprofil festgehalten. Das Ergebnis des für die Installation der Kontrollbrunnen relevanten Abschnittes ist in Abbildung 15 dargestellt. Abbildung 15: Ergebnis der geoelektrischen Voruntersuchung für Abschnitt SEV01-03 Im Abschnitt zwischen SEV01 und SEV03 befindet sich der Grundwasserspiegel zwischen 1,5 und 5 m unter der Geländeoberkante, das Festgestein in einer Tiefe von 13 bis 26 m. Damit weist der Aquifer in dem betrachteten Abschnitt eine Mächtigkeit zwischen 8 und 19 m auf. NEWA-LIMA Bericht | 43 Die geoelektrischen Voruntersuchungen deuteten somit ebenfalls auf das Vorhandensein von adäquaten Bodenschichten für die erfolgreiche Durchführung von MAR hin. Als Bohrpunkte für die Kontrollbrunnen sollte der Bereich zwischen SEV 02 und SEV 03 geeignet sein, wobei Ausbautiefen von mindestens 10 m zu erwarten waren. 4.6.2 Bohrkerne (Bodenprofil) Im Mai 2023 wurden drei Probebohrungen bis in 10-11 m Tiefe mittels Diamantbohrung durchgeführt, die später zu Kontrollbrunnen ausgebaut werden sollten. Die Standorte der jeweiligen Bohrung sind in Abbildung 16 dargestellt. Abbildung 16: Lage der Bohrungen (Kontrollbrunnen P01 bis P03). Mit den durch die Bohrungen gewonnenen Bohrkernen konnten die unterschiedlichen Bodenschichten identifiziert und charakterisiert werden. Tabelle 5 zeigt die Ergebnisse am Beispiel der Bohrung P02. Abbildung 17 zeigt Fotos der zugehörigen Bohrkerne. Tabelle 5: Bodenschichten gemäß Bohrkernen an P02 Tiefe unter GOK in m Bodenart Beschreibung 0 – 5 Alluvium Kiese in sandiger Matrix, mitteldicht, feucht, graue Farbe, homogenes Gefüge 5,0 – 5,8 Vereinzelte Blöcke 5,8 – 7 Sandiger Schluff sandiger Schluff mit Tonanteil, anorganisch, mittelplastische Konsistenz, feucht, hellbraune Farbe 7 – 8,6 Toniger Schluff toniger Schluff mit Sandanteil, mittelplastische Konsistenz, feucht, hellbraune Farbe 8,6 – 9,75 Sandiger Schluff sandiger Schluff mit Lehmanteil, mittlere plastische Konsistenz, feucht, hellbraun NEWA-LIMA Bericht | 44 Tiefe unter GOK in m Bodenart Beschreibung 9,75 - 11 Kies Kies in einer sandigen Matrix, mitteldicht, feucht, grau, halbrund Abbildung 17: Gewonnene Bohrkerne an Standort P02 Das Profil am Standort P03 ist sehr ähnlich, zum Profil an P01 gibt es leichte Unterschiede. Der Grundwasserspiegel lag bei P02 zum Zeitpunkt der Bohrung bei 3,3 m unter Geländeoberkante (uGOK). Insgesamt wurde durch die Bohrkerne bestätigt, dass Lage und Unterboden für die MAR Pilotanlage geeignet sind. Nach den Ergebnissen der in den voranstehenden Abschnitten beschriebenen Voruntersuchungen war davon auszugehen, dass am Standort der Kläranlage Cieneguilla geeignete Untergrundbedingungen für MAR vorliegen. Zudem zeigten sich alle drei Probebohrungen als für einen Ausbau zu Kontrollbrunnen geeignet. Dabei sollte am Standort P01 das in das Untersuchungsgebiet zuströmende Grundwasser erfasst werden können und Kontrollbrunnen an den Standorten der Probebohrungen P02 und P03 eine Exfiltration des infiltrierten Klarwassers erlauben. NEWA-LIMA Bericht | 45 4.7 Aufbau und Inbetriebnahme Als Infiltrationsorgane wurden drei Erdbecken mit einer Größe von je 3x5x1m (LxBxT) ausgehoben. Damit stand insgesamt 45 m² Infiltrationsfläche zur Verfügung. Eines der Becken wurde mit Kies und ein zweites Becken mit Sand befüllt (Schichthöhe rd. 0,3 m), das dritte Becken verblieb ohne Füllung. Eines der Becken (vor Inbetriebnahme) ist in Abbildung 18 dargestellt. Abbildung 18: Ausgehobenes Infiltrationsbecken, Kläranlage Cieneguilla (17.02.2023) Die Rohrleitungen für die Einspeisung des Klarwassers der Kläranlage in die drei Becken wurden gemäß Entwurfsplanung (vgl. Abschnitt 4.3) entsprechend installiert. Abbildung 19 zeigt die Verlegearbeiten der Leitungen von der Entnahmestelle (Chlorungsbecken der Kläranlage) zu den Infiltrationsbecken. Abbildung 19: Verlegen der Rohrleitungen zu den Infiltrationsbecken (17.02.2023) NEWA-LIMA Bericht | 46 Zur Erfassung der Grundwasserstände sowie zur Entnahme von Proben für die Ermittlung der Grundwasserbeschaffenheit und der Reinigungswirkung bei der Bodenpassage wurden die Probebohrungen im Zustrom (P01) sowie die beiden nahe dem Abstrom der Infiltrationsbecken gelegenen Probebohrungen (P02 und P03, vgl. Kapitel 4.6.2) zu Kontrollbrunnen ausgebaut. Zusätzlich konnte ein auf dem Gelände der Kläranlage vorhandener Brunnen als Messstelle P04 genutzt werden. Die Lage der vier Kontrollbrunnen ist in Abbildung 20 dargestellt. Abbildung 20: Position der Kontrollbrunnen (P01-P04) und der Infiltrationsbecken (IP01-IP03), Kläranlage Cieneguilla Der Ausbau der neuen Kontrollbrunnen (P01, P02 und P03) erfolgte bis in eine Tiefe von rd. 10 m mit einem in den unteren ca. 7 m längs geschlitzten und mit einem Geotextil umwickelten 2‘‘ Rohr. Zur Stabilisierung der Bohrlochwände wurde im unteren, wasserdurchlässigen Bereich Kies und im oberen Vollrohrbereich Bentonit in den Ringraum eingebracht. Die Konstruktion war für alle drei installierten Kontrollbrunnen im Wesentlichen identisch. NEWA-LIMA Bericht | 47 Abbildung 21: Design der Kontrollbrunnen (links) sowie Ausbauskizzen mit Grundwasserstand Filterstrecke und Tonschicht im anstehenden Untergrund (rechts). NEWA-LIMA Bericht | 48 Die Pilotanlage wurde am 25. Mai 2023 in Betrieb genommen. Dabei zeigte sich, dass die Aufnahmekapazität des Untergrundes im Bereich des Beckens 2 (IP 2) höher als die durch die Pumpenleistung begrenzte Zuflussmenge von 12,5 m³/h war. In diesem Becken konnte somit kein Einstau erzielt werden. In den darauffolgenden 17 Monaten mit Infiltration wurden deshalb überwiegend nur die Becken IP 1 und IP 3 beaufschlagt. Abbildung 22 zeigt diese beiden Becken am Tag der Inbetriebnahme. Abbildung 22: In Betrieb befindliche Infiltrationsbecken IP1 und 3 (25./26.05.2023) 4.8 Betrieb / Methodik In der rd. 1,5-jährigen Betriebszeit wurden, mit Ausnahme einiger betriebsbedingter Unterbrechungen, über die Infiltrationsbecken IP 1 und IP 3 anfangs werktäglich über die Dauer von acht Stunden und später permanent gechlortes Klarwasser der Kläranlage Cieneguilla versickert und es erfolgten in regelmäßigen Abständen Probenahmen des Klarwassers (Zulauf zu den Becken) sowie aus den verschiedenen Grundwassermessstellen im Umfeld der Infiltrationsbecken. Das Arbeitsprogramm sah ursprünglich einen Intervallbetrieb der Becken vor. Dabei waren Messreihen zum Einfluss von Trocknungsintervallen sowie von unterschiedlichen Arten der Oberflächenbearbeitung in den Becken geplant. Ziel war es, geeignete Maßnahmen zur Beherrschung von Kolmatation im Oberboden zu ermitteln, die einen stabilen Betrieb mit dauerhaft hoher Infiltrationsleistung gewährleisten. Allerdings blieb die für einen konstanten Wassereinstau in den Becken IP 1 und IP 3 einzustellende Zuflussmengen weitgehend konstant, d. h. es kam zu keiner Kolmatation der Versickerungsbereiche. Ein Intervallbetrieb war somit nicht erforderlich. Anfänglich betrug der Zulauf zu den Becken IP 1 und IP 3 rd. 1 m³/h und rd. 1,5 m³/h, wobei zunächst bei intensiver Überwachung lediglich werktäglich über die Dauer von rd. 8 h infiltriert wurde. Im Lauf der Inbetriebnahmephase wurde auf eine kontinuierliche Infiltration mit rd. 1 (IP 1) und 2,5 (IP 3) m³/h entsprechend einer Flächenbelastung von 0,07 und 0,17 m/h NEWA-LIMA Bericht | 49 umgestellt. Dies entsprach etwa 1,5 % des Ablaufes der Kläranlage Cieneguilla in den Río Lurín. Bei einzelnen Probenahmekampagnen durch das TZW wurde der gesamte Infiltrationsvolumenstrom über die Dauer von einem bzw. mehreren Tagen auf die maximale Pumpenleistung von 12,5 m³/h erhöht, wobei dann zur Versickerung zusätzlich das Becken IP 2 (sehr hohe Durchlässigkeit, kein Einstau möglich) genutzt wurde. Die deutlich erhöhte Infiltrationsrate diente dazu sicherzustellen, dass bei den Probenahmen im Abstrom- Kontrollbrunnen P02 zuvor in den Becken infiltriertes Wasser erfasst wurde. Zur Bewertung der Wasserbeschaffenheit wurden sowohl die physikalisch-chemischen und mikrobiologischen Basisparameter erfasst als auch vertiefende Wasseranalysen durchgeführt. Analysiert wurden beispielsweise Viren, Dauerformen von Darmparasiten, bakterielle Indikatoren und Pathogene sowie zahlreiche anthropogene Spurenstoffe (z. B. Pharmazeutika, Süßstoffe, per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) sowie endokrine Disruptoren). Zusätzlich kam eine neuartige Methodik, die „wirkungsbezogene Analytik“ (WBA, siehe Kapitel 5.7) zum Einsatz. Bei ersten Analysen des Kläranlagenablaufs wurden darin deutliche Mengen (140 µg/L) an dem anthropogenen Spurenstoff „Sucralose“ festgestellt. Hierbei handelt es sich um einen künstlichen Süßstoff, der in der Umwelt nur sehr langsam abgebaut wird. Er eignet sich deshalb, in Ergänzung zu konventionellen Tracern wie z. B. Chlorid und die elektrische Leitfähigkeit, als so genannter „Abwassertracer“. Dies bedeutet, dass über die in Grund- bzw. Flusswasserproben ermittelte Sucralosekonzentration der Anteil an Kläranlagenablauf im jeweiligen Wasser auf einfache Weise ermittelt werden konnte. Die verschiedenen Probenahmestellen sind in Tabelle 6 beschreiben und die Lage der zentralen Messstellen im Zustrom (P01 und P04) sowie im nahen Abstrom (P02 und P03) der Infiltrationsbecken ist in Abbildung 20 dargestellt. Ergänzend zu Analysen des zur Infiltration verwendeten Kläranlagenablaufs und den Grundwasseruntersuchungen im Nahbereich der Infiltrationsbecken der MAR-Pilotanlage (Kontrollbrunnen P01-P04) erfolgten auch Analysen an Grundwasser aus zwei Privatbrunnen im weiteren Abstrom der Infiltrationsbecken sowie am Wasser aus dem nahegelegenen Río Lurín. Die beiden untersuchten Privatbrunnen („PW n. PTAR“ und „PW Nr. 374“) sind typisch für zahlreiche Brunnen, die im ganzen Lurín-Tal zur Eigenversorgung mit Trinkwasser, bzw. zur Bewässerung dienen. Sie sind, ähnlich wie die Kontrollbrunnen P01-P04, bis in Tiefen von 10- 15 m uGOK ausgebaut und erfassen somit oberflächennahes Grundwasser. Da die Grundwasserneubildung im Lurín-Tal durch Infiltration aus dem Flussbett erfolgt und das Flusswasser in der Trockenzeit hauptsächlich aus Kläranlagenablauf besteht, dienten die Analysen insbesondere dazu, die Reinigungswirkung einer längeren Bodenpassage zu erfassen. Der Privatbrunnen „PW n. PTAR“ befindet sich etwa 70 m und der Privatbrunnen „PW Nr. 374“ etwa 120 m vom Río Lurín entfernt. Flusswasserproben wurden sowohl ober- als auch unterstromig der Einleitstelle des Kläranlagenablaufs PTAR Cieneguilla entnommen. Damit sollte einerseits der Einfluss der Einleitung aus der Kläranlage quantifiziert und andererseits die Beschaffenheit des Wassers, das die natürliche Grundwasseranreicherung verursacht, erfasst werden. NEWA-LIMA Bericht | 50 Tabelle 6: Probenahmestellen Bezeichnung Beschreibung Probenahme P01 Kontrollbrunnen, ca. 100 m oberstromig von den Infiltrationsbecken Mittels jeweils eingebrachtem Entnahmeschlauch und externer Pumpe P02 Kontrollbrunnen, der am nächsten an den Infiltrationsbecken gelegen ist, ca. 10 m Entfernung P03 Kontrollbrunnen, unterstromig von Infiltrationsbecken, ca. 30 m Ablauf Kläranlage Cieneguilla Nach Chlorungsbecken; entspricht dem Zulauf zu den drei Infiltrationsbecken Über fest installierte U-Pumpe und PE-Leitung mit Probenahmehahn Río Lurín, oberstromig Río Lurín, 100 m oberstromig von Einleitstelle der Kläranlage Cieneguilla Schöpfprobe Río Lurín, unterstromig Río Lurín, 200 m unterstromig von Einleitstelle der Kläranlage Cieneguilla Schöpfprobe PW n. PTAR Privatbrunnen auf dem westlich an das Kläranlagengelände angrenzenden Grundstück (ca. 60 m von den Infiltrationsbecken entfernt) Über vorhandene Förderpumpe und -schlauch PW Nr. 374 Privatbrunnen, 400 m unterstromig von den Infiltrationsbecken und auf der anderen Seite des Flusses Wasserhahn (hauseigene, fest installierte U-Pumpe und PE- Leitung) 4.9 Analysen und Monitoring Ziel des Monitorings war es, den Grundwasserstand sowie die Grundwasserbeschaffenheit und deren Veränderungen durch die Infiltrationsmaßnahme detailliert zu erfassen. Dies war die Grundlage für eine Bewertung der Reinigungsleistung der Bodenpassage. Das Monitoring gliedert sich in drei Teile: 1) Basis-Monitoring Das Basis-Monitoring umfasste die Dokumentation des Wasserstands in den beiden genutzten Infiltrationsbecken sowie ggf. eine Nachregelung der Zulaufmenge zwei bis drei Mal werktäglich. In den ersten Wochen wurde zudem werktäglich der Grundwasserstand in den vier Kontrollbrunnen mittels Lichtlot gemessen. Diese Messungen wurden im weiteren Projektverlauf in wöchentlichen Abständen durchgeführt, wobei in den Wässern aus den Kontrollbrunnen sowie im Zulauf zu den Becken jeweils auch die vor-Ort Analysenparameter pH-Wert, elektrische Leitfähigkeit (ELF), Sauerstoffkonzentration und Trübung bestimmt wurden. Zusätzlich erfolgten anfangs wöchentlich und später in Abständen von 2 - 4 Wochen Probenahmen durch ein peruanisches Labor zur Bestimmung physikalisch-chemischer sowie mikrobiologischer Basisparameter (z. B. Härte, Ammonium, Nitrat und Fäkalindikatoren). 2) Erweitertes Monitoring Alle vier bis sechs Monate wurde durch TZW-Mitarbeiter ein erweitertes Monitoring durchgeführt, z. T. bei einer erhöhten Infiltrationsrate von 12,5 m³/h und erhöhter und längerfristiger Entnahme aus dem Kontrollbrunnen P02 (Einsatz einer stärkeren Pumpe). Die Analyse der Proben erfolgte im Labor am TZW in Karlsruhe und umfasste neben einer physikalisch-chemischen Vollanalyse einschließlich Schwermetallen auch die oben genannten NEWA-LIMA Bericht | 51 speziellen Parameter, wie z. B. Sucralose sowie die „contaminants of emerging concern“, Viren, Darmparasiten, endokrine Disruptoren und per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS). Beim Probentransport wurden die erforderlichen Stabilisierungsmaßnahmen angewandt. Beispielweise erfolgte die Bestimmung der Parameter Ammonium, Nitrit und Nitrat aus vor-Ort auf einen pH von rd. 3,0 angesäuerten Proben und die Gehalte an Schwermetallen und toxischen Spurenelementen wurden aus mit Salpetersäure stabilisierten Proben ermittelt. Dies diente dazu, eine biologische Ammoniumoxidation bzw. eine Wandadsorption der Schwermetalle während des mehrtägigen Transports bzw. der Lagerung der Proben zu vermeiden. Bei der Interpretation aller mikrobiologischen Befunde, ist zu berücksichtigen, dass die Analysen auf Bakterien und Viren teilweise mittels Kulturverfahren im TZW-Labor durchgeführt wurden. Da ein Zeitintervall zwischen Probenahme und Analyse von 3 - 6 Tagen unvermeidlich war, und mittels Kulturverfahren ausschließlich lebende Bakterien/Viren detektiert werden, handelt es sich bei den Ergebnissen um Mindestwerte. Nach TZW-Erfahrungen ist jedoch davon auszugehen, dass es nicht zu einer relevanten Reduktion der Organismen durch den Probentransport kommt. Die Cysten bzw. Oocysten der Darmparasiten (Giardien und Cryptosporidien) wurden mikroskopisch bestimmt und sind hinsichtlich Probentransport unempfindlich, ebenso diejenigen viralen Parameter, die mittels qPCR-Analysen bestimmt wurden. 3) Ganzheitliches Monitoring (anlassbezogen) Als neue, ganzheitliche Analysenmethode wurde die „wirkungsbezogene Analytik“ (WBA, siehe Kapitel 5.7) eingesetzt. Dabei handelt es sich um eine Kombination aus Fraktionierung, Bioassay (biologisches Testverfahren) und chemischer Analytik. Die WBA ermöglicht, Spurenstoffwirkungen sowie deren Veränderungen bei Aufbereitungsprozessen integral zu bewerten. Die Methodik ermöglicht im Gegensatz zur Einzelstoffanalytik eine holistische Bewertung der Effekte, die die Wasserprobe verursacht. NEWA-LIMA Bericht | 52 5. Untersuchungsergebnisse NEWA-LIMA Bericht | 53 NEWA-LIMA Bericht | 54 5 Untersuchungsergebnisse In den Folgeabschnitten werden zunächst die Analysenergebnisse des zur Infiltration in der MAR-Pilotanlage verwendeten Klarwassers der Kläranlage Cieneguilla (Kläranlagenablauf nach Chlor) vorgestellt. Daran schließt sich die Erläuterung der Befunde aus den sechs Monaten der ersten beiden Pilotierungsphasen an, in denen u. a. die einwandfreie Funktion der einzelnen Komponenten nachgewiesen und geeignete Betriebsbedingungen ermittelt wurden. Der abschließende Abschnitt 5.4 beinhaltet Untersuchungsergebnisse aus dem rd. 10-monatigen Dauerbetrieb der MAR-Pilotanlage, insbesondere auch zur Reinigungswirkung der Bodenpassage. 5.1 Beschaffenheit des Infiltrats (Kläranlagenablauf) Die Beschaffenheit des Kläranlagenablaufs wurde über die gesamte Projektlaufzeit regelmäßig durch ein lokales Labor auf ausgewählte Parameter und zu mehreren Zeitpunkten im Labor am TZW in Karlsruhe umfassend untersucht. In Tabelle 7 sind chemische und in Tabelle 8 mikrobiologische TZW-Befunde zusammengestellt. 5.1.1 Chemisch-physikalische Parameter und anthropogene Spurenstoffe Bei den im oberen Teil der Tabelle 7 gelisteten chemisch-physikalischen vor-Ort Befunden handelt es sich um Parameter, die sich durch den Probentransport signifikant verändern würden, weshalb eine vor-Ort-Messung erforderlich ist. Die Analyse der übrigen Parameter erfolgte im Labor am TZW in Karlsruhe, wobei für den Probentransport die entsprechenden Stabilisierungsmaßnahmen angewandt wurden (z. B. Ammonium, Nitrit und Nitrat aus vor-Ort auf pH 3 angesäuerten Proben). Neben den chemisch-physikalischen Daten in der oberen Hälfte der Tabelle, befinden sich im unteren Teil die Ergebnisse umfangreicher Untersuchungen auf zahlreiche anthropogene Spurenstoffe. Die gezeigten Daten stellen eine Auswahl dar, da mehrere Pharmaka und PFAS (polyflourierte Alkylsubstanzen), deren Konzentration bei allen Messungen unter der Bestimmungsgrenze lagen, nicht aufgeführt sind. Tabelle 7: Chemisch-physikalische Analysenergebnisse des Infiltrats (gechlorter Kläranlagenablauf Cieneguilla) Parameter BG Einheit 26.05. 2023 15.08. 2023 14.11. 2023 09.06. 2024 19.10. 2024 Wassertemperatur 0,5 °C 23,8 24,2 27,5 23,9 25,3 Sauerstoff vor-Ort 0,5 mg/L 4,8 5,5 5,2 5,58 4,5 pH-Wert, vor-Ort 0,05 - 7,07 7,1 7,16 7,12 6,95 Trübung, vor-Ort 0,05 NTU 3,6 3,5 2,9 7,0 5,1 ELF (25°C) 10 µS/cm 1190 1270 1240 1230 1210 Säurekap. pH 4,3 0,01 mmol/L 3,79 2,96 2,7 2,31 2,32 Calcium 0,5 mg/L 117 122 119 123 135 Magnesium 0,5 mg/L 16,6 19,6 18,7 19,1 21,2 Eisen 0,01 mg/L 0,02 0,02 0,01 0,05 0,01 Mangan 0,005 mg/L 0,033 0,009 < BG < BG 0,009 Natrium 0,3 mg/L 85,5 100 98,7 94,6 110 Kalium 0,3 mg/L 11,8 13,8 14,1 12,4 15,5 Chlorid 1 mg/L 144 165 167 153 210 NEWA-LIMA Bericht | 55 Parameter BG Einheit 26.05. 2023 15.08. 2023 14.11. 2023 09.06. 2024 19.10. 2024 Ammonium (pH 3) 0,01 mg/L < BG 0,05 0,16 0,04 0,03 Nitrat (pH 3) 0,5 mg/L 4,8 59,8 32,5 88,2 88,5 Nitrit (pH 3) 0,01 mg/L < BG < BG < BG < BG < BG Sulfat 1 mg/L 177 195 182 174 202 Phosphor, gesamt 0,1 mg/L 1,9 2,9 1,5 2,4 2,8 Silicium 0,1 mg/L 13,9 16,2 15,6 14,6 15,8 TOC 0,2 mg/L 3,9 6,5 4,5 5,3 5,4 CSB 5 mg/L 12 17 12 16 13 SAK, 254 nm 0,1 1/m 7,4 7,8 5 6 4,3 Arsen 0,001 mg/L 0,002 0,002 0,002 0,002 0,002 Blei 0,001 mg/L < BG < BG < BG < BG < BG Bor 0,02 mg/L 0,29 0,34 0,32 0,33 0,34 Cadmium 0,0001 mg/L < BG < BG < BG < BG < BG Chrom 0,0005 mg/L < BG 0,0006 0,001 0,001 0,002 Kupfer 0,01 mg/L 0,01 < BG < BG 0,02 0,01 Nickel 0,001 mg/L < BG < BG < BG < BG < BG Quecksilber 0,0001 mg/L < BG < BG < BG < BG < BG Uran 0,0001 mg/L 0,0008 0,0011 0,0013 0,0011 0,0008 Atenololsäure 0,01 µg/L 0,062 0,084 0,024 < BG < BG Carbamazepin 0,01 µg/L 0,1 0,083 < BG < BG < BG Diclofenac 0,01 µg/L 0,21 < BG < BG < BG < BG Ibuprofen 0,01 µg/L 0,092 < BG < BG < BG < BG Iopamidol 0,01 µg/L < BG 1,4 < BG 0,61 < BG Irbesartan 0,01 µg/L 0,5 0,29 0,018 < BG < BG Oxipurinol 0,025 µg/L 0,21 < BG < BG < BG < BG Sulfamethoxazol 0,01 µg/L 0,86 < BG < BG < BG < BG Valsartansäure 0,01 µg/L 0,45 0,61 0,55 0,61 0,15 Saccharin 0,01 µg/L 0,55 0,26 0,088 < BG < BG Sucralose 0,05 µg/L 140 50 57 36 9,6 Melamin 0,01 µg/L 1,1 0,86 0,31 1,0 0,057 Benzotriazol 0,01 µg/L 0,054 n.b. < BG 0,031 < BG 4-Methylbenzotriazol 0,01 µg/L 0,022 n.b. < BG < BG < BG 1,4-Dioxan 0,025 µg/L 0,1 n.b. 0,082 0,062 < BG EDTA 0,5 µg/L 22 n.b. 25 6,4 < BG Bisphenol A 0,005 µg/L < BG n.b. < BG 0,067 - 4-iso-Nonylphenol 0,025 µg/L < BG n.b. < BG < BG - Perfluorbutanoat 0,001 µg/L 0,007 n.b. < BG < BG < BG Perfluoroctanoat 0,001 µg/L < BG n.b. < BG < BG < BG Perfluornonanoat 0,001 µg/L < BG n.b. < BG < BG < BG Perfluorpentanoat 0,001 µg/L < BG n.b. < BG 0,0069 0,0074 Perfluorhexansulfonat 0,001 µg/L < BG n.b. < BG < BG < BG Perfluoroctansulfonat 0,001 µg/L 0,0098 n.b. < BG < BG < BG NEWA-LIMA Bericht | 56 Danach war der Kläranlagenablauf im gesamten Projektzeitraum gut gepuffert (vgl. Säurekapazität bis pH 4,3 = Konzentration an Hydrogenkarbonat), enthielt ausreichend Sauerstoff und wies eine mittlere Mineralisierung sowie leicht erhöhte Werte für die Trübung und die organischen Parameter TOC/SAK/CSB auf. Bei den gelösten Hauptinhaltsstoffen handelt es sich um die Härtebildner Ca2+ und Mg2+ (Härte rd. 20 °dH) sowie um Natrium-, Chlorid- und Sulfationen. Auffallend sind relativ niedrige Gehalte an Ammonium (zeitlicher Verlauf mit z. T. erhöhten Werten vgl. Abbildung 31), stark schwankende Nitratwerte sowie deutliche Mengen an phosphorhaltigen Verbindungen. Schwermetalle und toxische Spurenelemente sind nicht in relevanten Mengen vorhanden. Erwartungsgemäß enthält das Klarwasser der kommunalen Kläranlage zahlreiche anthropogene Spurenstoffe, wobei die Konzentrationen überwiegend auf relativ niedrigem Niveau liegen. Ausnahmen hiervon stellen die beiden Lebensmittelzusatzstoffe EDTA (Komplexbildner) und Sucralose (künstlicher Süßstoff) dar, die beide in z. T. vergleichsweise hohen Konzentration enthalten waren. Der zeitliche Verlauf der drei anthropogenen Spurenstoffe Sucralose, Melamin, und Sulfamethoxazol im Kläranlagenablauf sowie in Grundwasserproben aus den Kontrollbrunnen wird im Abschnitt 5.2.5 noch näher bewertet. Darüber hinaus erläutert das Kapitel 5.7 auch die Ergebnisse einer neuartigen Analysenmethode, mit der verschiedene toxische Effekte, die u. U. vom Kläranlagenablauf ausgehen bzw. bei der Bodenpassage minimiert werden, quantifiziert wurden. Wie erwähnt, erfolgten zusätzlich zu den TZW-Analysen über den gesamten Projektzeitraum Probenahmen und Untersuchungen durch ein peruanisches Labor (anfänglich alle 1-2 später alle 3-4 Wochen) Untersuchungen chemisch-physikalische Basisparameter. Eine graphische Auswertung der Befunde zur elektrischen Leitfähigkeit 25°C (ELF), Sauerstoffkonzentration, total organic carbon (TOC) und zur Trübung (Maß für den Feststoffgehalt) zeigt die Abbildung 23. Abbildung 23: Elektrische Leitfähigkeit (ELF), Sauerstoffkonzentration, TOC und Trübung im Zulauf der Infiltrationsbecken (Ablauf Kläranlage) Für die ELF ist ab Dezember 2023 ein Rückgang von rd. 1300 µS/cm auf 800 µS/cm im Februar 2024 zu beobachten. Anschließend stiegen die Werte bis zum Projektende im Oktober 2024 wieder kontinuierlich auf 1300 µS/cm an. Dies war auf einen erhöhten Grundwasserstand NEWA-LIMA Bericht | 57 durch Flusswasserinfiltration in der Regenzeit (Dezember bis April), d. h. In der Zeit mit Wasserführung im Río Lurín, zurückzuführen. Für die Kläranlage Cieneguilla wurde berichtet, dass es bei höheren Grundwasserständen (vgl. hierzu Abbildung 41) dazu kommen kann, dass infolge undichter Rohrleitungen relativ gering mineralisiertes Grundwasser in die Kanalisation eindringt. Aus Abbildung 23 ist weiterhin zu erkennen, dass der Kläranlagenablauf relativ konstante Sauerstoffgehalte von rd. 5 mg/L aufwies und die TOC-Werte sowie die Trübung lediglich auf leicht erhöhtem Niveau lagen (2-6 mg/L bzw. 3-8 NTU). Hinsichtlich der Infiltration lagen somit bezüglich aller drei Parameter günstige Werte vor. Aus Abbildung 24 geht hervor, dass die Konzentrationen an Nitrat und Ammonium im Kläranlagenablauf, d. h. im Zulauf der Infiltrationsbecken, im ersten Betriebsjahr (Mai 2023 bis Mai 2024) stark schwankten (Nitrat: 1 - 100 mg/L, Ammonium <0,5 - 15 mg/L). Dabei zeigt der gegenläufige Verlauf, dass dies auf eine zeitweise unzureichende Nitrifikation zurückzuführen war. Ab Mai 2024 gelang in der Kläranlage stabil eine vollständige Ammoniumoxidation, wobei dann im Infiltrationswasser Nitratkonzentrationen von 60 bis 90 mg/L resultierten. Abbildung 24: Nitrat- und Ammoniumkonzentration im Zulauf der Infiltrationsbecken (Ablauf Kläranlage) 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 0 20 40 60 80 100 120 140 1.5.23 1.7.23 31.8.23 31.10.23 31.12.23 1.3.24 1.5.24 1.7.24 31.8.24 K o n z e n tr a ti o n A m m o n iu m [ m g /L ] K o n z e n tr a ti o n N it ra t [m g /L ] Nitrat Ammonium Ablauf Kläranlage (= Infiltrat) NEWA-LIMA Bericht | 58 5.1.2 Mikrobiologische Parameter (Bakterien, Viren und Parasiten) Zur Veranschaulichung der mikrobiologischen Beschaffenheit des zur Infiltration verwendeten Klarwassers („Abl. Kläranlage nach Cl2“, blau unterlegte Zeilen) sind in Tabelle 8 entsprechende TZW-Befunde aus der gesamten Projektlaufzeit zusammengestellt. Die angegebenen Befunde des Kläranlagenablaufs vor der Chlorzugabe sowie des Flusswassers (unter bzw. oberstromig zur Einleitstelle der Kläranlage) dienen zum Vergleich. Tabelle 8: Mikrobiologische Analysenergebnisse des Kläranlagenablaufs Cieneguilla vor und nach Chlorung sowie des Flusswassers unter- bzw. oberstromig zur Einleitstelle der Kläranlage in 100 mL in 1 L Messstelle PN- Datum E . c o li C o li fo rm e B a k te ri e n E n te ro k o k k e n C lo s tr id iu m p e rf ri n g e n s s o m a ti s c h e C o li p h a g e n G ia rd ia -C y s te n C ry p to s p o ri d ie n -O o C y s te n Río Lurín (Unterstrom) 14.03. 2022 13130 1413600 2760 n.b. n.b. n.b. n.b. Abl. Kläranlage (nach Cl2) 69 650 20 n.b. n.b. n.b. n.b. Abl. Kläranlage (nach Cl2) 25.05. 2023 0 0 0 0 0 n.b. n.b. Río Lurín (Unterstrom) 18.08. 2023 2190 104620 400 470 240 n.b. n.b. Abl. Kläranlage (vor Cl2) 980 4390 100 1340 1300 n.b. n.b. Abl. Kläranlage (nach Cl2) 4 920 3 300 0 n.b. n.b. Río Lurín (Unterstrom) 14.11. 2023 0 3 0 20 0 n.b. n.b. Abl. Kläranlage (vor Cl2) 17330 61310 2400 5200 4400 750 9 Abl. Kläranlage (nach Cl2) 0 313 0 0 0 750 9 Río Lurín (Oberstrom) 09.06. 2024 < 100 2920 24 3 1 < 0,1 < 0,1 Abl. Kläranlage (vor Cl2) 48840 155310 2160 1600 5700 2500 < 2 Abl. Kläranlage (nach Cl2) 34 308 4 420 1 1800 < 2 Río Lurín (Oberstrom) 23.10. 2024 55 4352 67 9 18 n.b. n.b. Abl. Kläranlage (vor Cl2) 2046 19900 1800 >800 2400 n.b. n.b. Abl. Kläranlage (nach Cl2) 0 0 0 1 0 230 10 Erwartungsgemäß liegen nach den Befunden in Tabelle 8 vor der Chlorung im Kläranlagenablauf sehr hohe Werte für die bakteriellen und viralen Indikatororganismen sowie für Cysten bzw. Oocysten von Giardien und Cryptosporidien vor. Durch die Chlorung werden die Indikatororganismen wirksam abgetötet, nicht jedoch die Cysten/Oocysten der humanpathogenen Darmparasiten. Zeitweise leicht erhöhte Werte für Indikatorbakterien im für die Infiltration verwendeten „Abl. Kläranlage nach Chlor“ deuten auf eine zum Untersuchungszeitpunkt unbefriedigende Desinfektionswirkung hin. Hinsichtlich der Einleitung in den Río Lurín ist dies jedoch von untergeordneter Bedeutung, da im oberstromigen Flusswasser zeitweise bereits eine deutliche fäkale Belastung vorliegt. NEWA-LIMA Bericht | 59 5.1.3 Fazit der Untersuchungen zur Beschaffenheit des Kläranlagenablaufs Der Kläranlagenablauf PTAR Cieneguilla weist insgesamt eine gute Beschaffenheit auf und ist für eine kontrollierte Grundwasseranreicherung geeignet. Er ist gut gepuffert, enthält ausreichend Sauerstoff und hat keine stark erhöhten Gehalte an den Neutralsalzen Chlorid und Sulfat. Fest- bzw. Trübstoffe und organische Substanzen sind ebenfalls nicht in problematisch hohen Konzentrationen enthalten. Aus den TOC und CSB-Messdaten ergab sich eine sehr gute Korrelation dieser beiden organischen Summenparameter (CSB/TOC = ca. 3,0). Zu beachten sind deutliche Mengen an phosphorhaltigen Verbindungen sowie zeitweise erhöhte Mengen an Ammonium und Nitrat. Auch Schwermetalle bzw. toxische Spurenelemente sind nicht in relevanten Mengen vorhanden und die Gehalte an anthropogenen Spurenstoffen liegen überwiegend auf relativ niedrigem Niveau, ähnlich wie in deutschen Flüssen mit höherem Abwasseranteil (z. B. Ruhr, Neckar). Ausnahmen hiervon sind die beiden Lebensmittelzusatzstoffe EDTA (Komplexbildner) und Sucralose (künstlicher Süßstoff), die in signifikanten Konzentrationen im Kläranlagenablauf enthalten sind. Aufgrund ihrer geringen Abbaubarkeit in aeroben Aquiferen eignen sie sich im vorliegenden Fall sehr gut als „Abwassertracer“. Im Gegensatz zu den bakteriellen und viralen Indikatororganismen werden die im Kläranlagenablauf in vergleichsweise hohen Mengen enthaltenen humanpathogenen Darmparasiten durch die Chlorung nicht abgetötet. Diese Organismen sind somit hinsichtlich ihres Verhaltens bei der Bodenpassage besonders relevant. 5.2 Phase 1: Inbetriebnahme Nach Beginn der Infiltration am 26.05.2023 erfolgte zunächst eine intensive Überprüfung der Infiltrationsleistung der Becken sowie der Funktionsfähigkeit der neu errichteten Kontrollbrunnen. Daran schloss sich ein ca. fünfmonatige Inbetriebnahmephase an, in der anhand regelmäßiger Wasserstandsmessungen und Wasseranalysen erste Betriebserfahrungen gesammelt wurden. 5.2.1 Ermittlung der Infiltrationsleistung Zur Ermittlung der anfänglichen Infiltrationsleistung wurden die Zuflussmengen an Kläranlagenablauf bestimmt, bei der sich in den drei Becken jeweils ein konstanter Wassereinstau einstellte (vgl. Abbildung 22). Diese lag bei den Becken IP 1 und IP 3 bei jeweils 1,5 bzw. 2,5 m³/h, während im Becken IP 2 auch bei Maximalzufluss von 12,5 m³/h (Leistung der Förderpumpe für den Kläranlagenablauf) kein Einstau gelang. In der Folgezeit erfolgte zunächst eine intensiv überwachte Infiltration (werktäglich 8 h) mit Volumenströmen von 1 m³/h (IP 1) und 1,5 m³/h (IP 3). Im weiteren Verlauf wurden die Infiltrationszeiten auf werktäglich 24 h verlängert. Das Becken IP 2 wurde lediglich in späteren Untersuchungsphasen für eine über mehrere Tage auf 12,5 m³/h erhöhte Infiltration im Rahmen von TZW-Messkampagnen genutzt. 5.2.2 Hydraulische Überprüfung der Kontrollbrunnen Durch die hydraulische Überprüfung der Kontrollbrunnen sollte sichergestellt werden, dass ein entsprechender Anschluss der Brunnenfilterstrecke an die Grundwasserströmung vorlag. Dies NEWA-LIMA Bericht | 60 ist Voraussetzung, um mit den Brunnen einerseits aussagekräftige Messungen zum Grundwasserstand, bzw. zur Grundwasserfließrichtung durchführen und andererseits für die Grundwasserbeschaffenheit repräsentative Proben daraus entnehmen zu können. Zur Entnahme von Grundwasser aus den vier Kontrollbrunnen (Ausbautiefe etwa 10 m und Ruhewasserspiegel rd. 3,5 m uGOK) wurde jeweils ein 9 m langer druckfester Schlauch (Rückschlagventil am Fußende) eingebracht und mit Hilfe einer Saugpumpe Wasser aus dem unteren Bereich der Brunnen gefördert. Über eine druckseitig angebrachte Regelarmatur war dabei ein Volumenstrom von 0,3-0,5 m³/h eingestellt. Ein Lichtlot diente dazu, den Ruhewasserspiegel (=Flurabstand) sowie den mit der Abpumpzeit sinkenden Wasserstand im Brunnen zu messen. Dabei zeigte sich bei den Kontrollbrunnen P01 bis P03 nur in den ersten Minuten ein Absinken des Wasserstandes im Brunnen, dann blieb er konstant. Der Kontrollbrunnen P04 (vorhandener Werksbrunnen) zeigte aufgrund seines größeren Ausbaudurchmessers von 0,4 m (P01-P03: 0,1 m) bei der eingestellten Fördermenge keine Absenkung. Abbildung 25 zeigt die Differenz zwischen dem Ausgangsniveau (Ruhewasserspiegel) und dem Wasserspiegel in den vier Kontrollbrunnen nach 20 Minuten Abpumpen