Lebensdauerbewertung dickwandiger Bauteile aus Nickelbasislegierungen unter betriebsnahen Beanspruchungen Von der Fakultät Energie-, Verfahrens- und Biotechnik der Universität Stuttgart zur Erlangung der Würde eines Doktor-Ingenieurs (Dr.-Ing.) genehmigte Abhandlung vorgelegt von Dipl.-Ing. Daniel Hüggenberg geboren in Bochum Hauptberichter: Prof. Dr.-Ing. habil. E. Roos Mitberichter: Univ.-Prof. Dr. techn. G. Scheffknecht Tag der mündlichen Prüfung: 6. November 2015 Materialprüfungsanstalt (MPA) Universität Stuttgart 2015 Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Materialprüfungsanstalt (MPA) Universität Stuttgart. Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr.-Ing. habil. Eberhard Roos, Direktor i. R. der MPA Universität Stuttgart für die Möglichkeit zur Durchführung dieser Arbeit. Seine Förderung und Unterstützung hat wesentlich zum Gelingen beigetragen. Für sein Interesse an meiner Arbeit sowie die Übernahme des Mitberichtes möchte ich Herrn Univ.-Prof. Dr. techn. Günter Scheffknecht herzlich danken. Bei meinen Kolleginnen und Kollegen an der MPA Universität Stuttgart sowie am Institut für Materi- alprüfung, Werkstoffkunde und Festigkeitslehre der Universität Stuttgart (IMWF) möchte ich mich für die angenehme und konstruktive Zusammenarbeit und die wertvollen Anregungen und Hinweise bedanken, die ich in verschiedenen Diskussionen erhalten habe. Besonders hervorheben möchte ich hierbei Herrn Dr.-Ing. Andreas Klenk, Herrn Dipl.-Ing. Patrick Buhl und Frau Dr.-Ing. Magdalena Speicher. Weiterhin möchte ich mich bei Herrn Rudi Scheck für die Unterstützung bei den in dieser Arbeit durchgeführten mikrostrukturellen Untersuchungen bedanken. Wesentliche Teile der in dieser Arbeit vorgestellten Untersuchungen wurden mit Mitteln des Bundes- ministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) im Rahmen der Forschungsvorhaben „ Untersu- chung des Betriebs- und Versagensverhaltens dickwandiger Bauteile für hocheffiziente Kraftwerke HWT II “und „ Untersuchung und Berechnungen zum Betriebs- und Versagensverhaltens dickwandi- ger Bauteile mit benippelten Lochfeldern für hocheffiziente Kraftwerke - HWT II-AddOn “ unter den Förderkennzeichen 03ET2017 und 03ET2017B finanziert. Ich möchte allen an den genannten Forschungsvorhaben beteiligten Projektpartnern für die gute Kooperation danken. Dabei möchte ich besonders das Fraunhofer Institut für Werkstoffmechanik (IWM) in Freiburg und das Institut für Werkstoffkunde (IfW) in Darmstadt erwähnen, bei denen eine Vielzahl der Versuche zur Grundcharakterisierung der HWT II-Schmelzen durchgeführt wurden. Zusätzlich hervorzuheben sind Bilfinger Piping Technologies und Alstom, bei denen der Sammler sowie das Halbkugelformstück gefertigt worden sind. Weiterhin gilt ein besonderer Dank dem Großkraftwerk Mannheim (GKM), welche durch die Bereitstellung eines Kessels einen erfolgreichen Teststreckenbetrieb bei betriebsnahen Beanspruchungssituationen möglich gemacht haben. Für Ihr großes Verständnis, Ihre Geduld und Ihre Unterstützung während der Durchführung dieser Arbeit möchte ich ganz besonders meinen Eltern, meiner Schwester und meiner Freundin danken. IInhaltsverzeichnis Nomenklatur III Kurzfassung/Abstract 1 1 Einleitung 5 2 Stand von Wissenschaft und Technik 9 2.1 Bisherige Nutzung von Kohlekraftwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.2 Stellenwert von Kohlekraftwerken in der Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.3 Programme zur Qualifizierung neuer Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2.4 Charakteristik von Nickelbasislegierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 2.4.1 Nickelbasislegierung Alloy 617 mod. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 2.4.2 Nickelbasislegierung Alloy 263 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 3 Theoretische Grundlagen 25 3.1 Werkstoffverhalten im Hochtemperaturbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 3.1.1 Kriechbeanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 3.1.2 Ermüdungsbeanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 3.1.3 Kriechermüdungsbeanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 3.2 Verformungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 3.2.1 Chaboche-Nouailhas-Ohno-Wang-Modell - CNOW . . . . . . . . . . . . . . . . 41 3.3 Lebensdauerbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 3.3.1 Vorgehensweise von Regelwerken und Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . . 46 3.3.2 Phänomenologisches Schädigungsmodell nach Lemaitre . . . . . . . . . . . . . 51 4 Charakterisierung der Werkstoffe 55 4.1 Charakteristiken der untersuchten Schmelzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 4.2 Experimentelle Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 4.2.1 Zugversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 4.2.2 Kerbschlagbiegeversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 II Inhaltsverzeichnis 4.2.3 Zeitstandversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 4.2.4 Ermüdungsversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 4.3 Mikrostruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 5 Betriebsnahe Labor- und Bauteilversuche 83 5.1 LCF-Versuche an Kerbproben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 5.2 Zeitstandversuche an Hohlzylindern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 5.3 LCF-Versuche mit komplexer Kriechermüdungsbeanspruchung . . . . . . . . . . . . . 89 5.4 Bauteilversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 6 Numerische Untersuchungen 103 6.1 Anpassung der Parameter des Verformungsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 6.2 Einordnung und Verifizierung der Anpassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 6.3 Simulation der Teststreckenkomponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 6.3.1 Sammler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 6.3.2 Halbkugelformstück . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 7 Bewertung/Anwendung verschiedener Methoden zur Lebensdauerbestimmung 119 7.1 Anpassung der Lebensdauerbewertungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 7.2 Einordnung der Anpassungen des Lemaitre-Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 7.3 Anwendung der Lebensdauerbewertungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 7.3.1 Laborproben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 7.3.2 Komponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 7.4 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 8 Zusammenfassung 141 Literaturverzeichnis 145 A Anhang I A.1 Zusammenstellung der Versuche von HWT II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I A.2 Ergebnisse Zugversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II A.3 Ergebnisse Zeitstandversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II A.4 Ergebnisse Ermüdungsversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV A.5 Parameter der Manson-Coffin-Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII A.6 Parameter der Ramberg-Osgood-Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII A.7 Parameter zur Bestimmung der Bruchzeit und -dehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII A.8 Parameter des CNOW-Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX III Nomenklatur Symbole 1 Einheitstensor [-] a11, a12, a2 Parameter der kinematischen Variablen des CNOW-Modells [-] aA Risstiefe in einer Laborprobe bei Anriss [mm] ai Keimbildungsrisstiefe [mm] amin Risstiefe mit konstanter Risswachstumsrate [mm] a0 Initiierungsrisstiefe [mm] A Bruchdehnung [%] ADE Parameter zur Bestimmung der Bruchdehnung [-] α1,α2 werkstoffabhängiger Parameter des Lemaitre-Modells [-] αth thermischer Ausdehnungskoeffizient [K−1] αk Kerbformzahl [-] αε Dehnungskerbformzahl [-] ασ Spannungskerbformzahl [-] b Parameter der isotropen Variable des CNOW-Modells [-] B1, B2, B3 Parameter der Polynomfunktion der Larson-Miller-Meisterkurve [-] β11, β12 Parameter der kinematischen Variablen des CNOW-Modells [-] c11, c12, c2 Parameter der kinematischen Variablen des CNOW-Modells [-] C Werkstoffparameter im ASME-Regelwerk [-] CLM Larson-Miller-Konstante [-] CTmid Temperaturkorrekturbeiwert in DIN EN 12952 [-] C Elastizitätstensor [MPa] γ werkstoffabhängiger Parameter des Lemaitre-Modells [-] d11, d12 Parameter der kinematischen Variablen des CNOW-Modells [-] da Außendurchmesser [mm] di Innendurchmesser [mm] IV Nomenklatur D Gesamtschädigung [-] Dc Kriechschädigung [-] D f Ermüdungsschädigung [-] E Elastizitätsmodul [MPa] ε totale Dehnung [%] ε Dehnungstensor [%] ε1, ε2, ε3 Hauptdehnungen [%] ε˙ Dehnrate [% h−1] ˙¯ε mittlere Dehnrate [% h−1] ε˙ in1, ε˙ in2 inelastische Dehnrate [% h−1] εae elastische Dehnungsamplitude [%] εap plastische Dehnungsamplitude [%] εat totale Dehnungsamplitude [%] εcr,ax axiale Kriechdehnung [%] εel elastische Dehnung [%] ε f Bruchdehnung [%] ε in inelastische Dehnung [%] εm Mitteldehnung [%] εmaxK maximale Kerbdehnung [%] εnK Nenndehnung [%] εo Oberdehnung [%] εpl plastische Dehnung [%] ε˙p plastische Dehnrate [% h−1] ε˙p,s plastische Dehnrate unter stationären Bedingungen [% h−1] εth thermische Dehnung [%] εu Unterdehnung [%] ∆εe elastische Dehnungsschwingbreite [%] ∆εp plastische Dehnungsschwingbreite [%] ∆εt totale Dehnungsschwingbreite [%] ∆εv,i Vergleichsdehnungsschwingbreite [%] η elektrischer Wirkungsgrad [-] f1, f2 Fließbedingungen des CNOW-Modells [MPa] G Schubmodul [MPa] J2 zweite Invariante [-] k Streckgrenze des CNOW-Modells [MPa] Nomenklatur V K1, K2 Schleppspannung [-] K ′ Verfestigungskoeffizient [MPa] K ′ ASME Werkstoffparameter im ASME-Regelwerk [-] K ′ RCC−MR Werkstoffparameter im RCC-MR-Regelwerk [-] λ werkstoffabhängiger Parameter des Lemaitre-Modells [-] m Exponent der Larson-Miller-Gleichung [-] mDE Parameter zur Bestimmung der Bruchdehnung [-] m11, m12 Parameter der kinematischen Variablen des CNOW-Modells [-] M Faktor abhängig von a0 (R5) [-] n ′ Verfestigungsexponent [-] n1, n2 Nortonexponent [-] nDE Parameter zur Bestimmung der Bruchdehnung [-] NA Lastwechselzahl bis zum Anriss [-] NA5 % ertragbare Lastwechselzahl bis 5 %-Lastabfall [-] NB Lastwechselzahl bis zum Bruch [-] N ′ g Risswachstumszyklenzahl nach R5 [-] Ni Keimbildungszyklenzahl nach R5 [-] Nl Zyklenzahl aus LCF-Versuchen nach R5 [-] N0 maßgebliche Zyklenzahl nach R5 [-] ν Querkontraktionszahl [-] P elektrische Leistung [W] p˙1, p˙2 akkumulierte plastische Dehnrate [% h−1] pDE Parameter zur Bestimmung der Bruchdehnung [-] pFD Frischdampfdruck [bar] pi Innendruck [bar] PLM Larson-Miller-Parameter [-] ∆p akkumulierte plastische Dehnungsschwingbreite [-] φ11, φ12 Parameter der kinematischen Variablen des CNOW-Modells [-] Ω werkstoffabhängiger Parameter des Lemaitre-Modells [-] q Mehrachsigkeitsgrad nach Clausmeyer [-] Q Parameter der isotropen Variable des CNOW-Modells [-] r werkstoffabhängiger Parameter des Lemaitre-Modells [-] r11, r12 Parameter der kinematischen Variablen des CNOW-Modells [-] R isotrope Variable des CNOW-Modells [MPa] Rp0,2 0,2 %-Dehngrenze [MPa] VI Nomenklatur Rp0,2/T 0,2 %-Dehngrenze bei Temperatur T [MPa] Rp0,2/Tm 0,2 %-Dehngrenze bei mittlere Zyklustemperatur Tm [MPa] Rε Dehnungsverhältnis [-] Rm Zugfestigkeit [MPa] Rm/t/T Zeitstandfestigkeit für Zeit t bei Temperatur T [MPa] Rσ Spannungsverhältnis [-] RV Mehrachsigkeitsparameter des Lemaitre-Modells [-] SL, SS Sicherheitsbeiwerte in DIN EN 12952 [-] s Wanddicke [mm] σ Spannung [MPa] σ Spannungstensor [MPa] σ ′ deviatorischer Spannungstensor [MPa] σ1, σ2, σ3 Hauptspannungen [MPa] σa Spannungsamplitude [MPa] σASME maßgebende Kriechspannung in ASME [MPa] σD Dauerfestigkeit [MPa] σDIN EN maßgebende Kriechspannung in DIN EN 12952 [MPa] σhyd Hydrostatische Spannung [MPa] σhyd Hydrostatischer Spannungstensor [MPa] σm Mittelspannung [MPa] σmaxK maximale Kerbspannung [MPa] σnK Nennspannung [MPa] σo Oberspannung [MPa] σRCC−MR maßgebende Kriechspannung in RCC-MR [MPa] σu Unterspannung [MPa] σvis1, σvis2 Viskospannungen des CNOW-Modells [MPa] σvM Vergleichsspannung nach von Mises [MPa] ∆σ∗ maßgebende Spannungsschwingbreite in DIN EN 12952 [MPa] ∆σ Spannungsschwingbreite [MPa] ∆σ12, ∆σ23, ∆σ31 Hauptspannungsdifferenzen [MPa] t Zeit [h] t f Bruchzeit [h] tHd Haltezeit in der Druckphase [min] tHz Haltezeit in der Zugphase [min] tHZ Haltezeit [min] Nomenklatur VII T Temperatur [◦C] TFD Frischdampftemperatur [◦C] Tmelt Schmelztemperatur [◦C] Tmax maximale Zyklustemperatur [◦C] Tmid mittlere Zyklustemperatur [◦C] Tmin minimale Zyklustemperatur [◦C] Tre f Referenztemperatur [◦C] τ Schubspannung [MPa] X1, X2 kinematische Variablen des CNOW-Modells [MPa] Z Brucheinschnürung [%] ζ Verschwächungsbeiwert in DIN EN 12952 [-] VIII Nomenklatur Abkürzungen BGH BGH Edelstahl Siegen GmbH BMWi Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie BoA Braunkohlekraftwerk mit optimierter Anlagentechnik BPT Bilfinger Piping Technologies CCS Carbon Capture and Storage CNOW Chaboche-Nouailhas-Ohno-Wang COORETEC CO2 -Reduktionstechnologien DE Ductility Exhaustion dk dehnungskontrolliert EEG Erneuerbare-Energien-Gesetz ESU Elektro-Schlacke-Umschmelzverfahren FD Frischdampf FDBR Fachverband Anlagenbau Energie, Umwelt, Prozessindustrie FEM Methode der Finiten Elemente FE Finite Elemente GKM Großkraftwerk Mannheim HCF High Cycle Fatigue HWT I Hochtemperatur-Werkstoff-Teststrecke I HWT II Hochtemperatur-Werkstoff-Teststrecke II IfW Institut für Werkstoffkunde IP in phase IWM Fraunhofer Institut für Werkstoffmechanik kfz kubisch-flächenzentriert krz kubisch-raumzentriert KW Kraftwerk max maximal min minimal LCF Low Cycle Fatigue LG lösungsgeglüht MPA Materialprüfungsanstalt MARCKO Materialrealisierung CO2-armes Kohlekraftwerk OP out-of-phase REM Rasterelektronenmikroskop Nomenklatur IX SM Special Metals TBK Trockenbraunkohle TEM Transmissionselektronenmikroskop TF Time-Fraction TMF Thermo Mechanical Fatigue ÜH Überhitzer VAR Vakuum-Lichtbogenverfahren VDM Thyssen Krupp VDM VIM Vakuum-Induktionsofen ZÜ Zwischenüberhitzer 1Kurzfassung Nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) soll in Deutschland bis zum Jahr 2050 der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung auf 80 % gesteigert werden. Deshalb werden konventionelle Kraftwerke weniger zur Deckung der Grundlastversorgung, sondern vielmehr zur Deckung der Mittel- und Spitzenlastversorgung eingesetzt. Dies bedeutet für die Anlagen, dass diese einerseits für kürzere Zeiten stationär betrieben werden und andererseits deutlich häufiger mit hohen Laständerungsgeschwindigkeiten an- und abgefahren werden, um die Erzeugungslücken der erneuerbaren Energien zu decken. Dies führt dazu, dass die Komponenten verstärkt einer über- lagerten Beanspruchung aus Kriechen und Ermüdung ausgesetzt sind, welche einen Lebensdauer verkürzenden Einfluss hat. Das Ziel dieser Arbeit ist es, ein Konzept zur Lebensdauerbewertung von kriechermüdungsbean- spruchten dickwandigen Komponenten aus den Nickelbasislegierungen Alloy 617 mod. und Alloy 263 auf der Basis numerischer phänomenologischer Ansätze sowie Ansätzen gängiger Regelwerke/Emp- fehlungen zu entwickeln und zu verifizieren. Explizit liegt der Fokus auf zwei Komponenten der Hochtemperatur-Werkstoff-Teststrecke II (HWT II), einem Sammler aus Alloy 617 mod. und Alloy 263 sowie einem Halbkugelformstück aus Alloy 617 mod.. Zur Grundcharakterisierung der in HWT II verwendeten Schmelzen der Nickelbasislegierungen sind bei Prüftemperaturen im Bereich von 20 ◦C bis 725 ◦C einachsige Zugversuche, (Kriech-)ermüdungs- versuche, Zeitstandversuche sowie Kerbschlagbiegeversuche durchgeführt worden. Der Vergleich der Versuchsergebnisse mit den Vorgaben der Werkstoffdatenblätter und den Ergebnissen der Forschungs- vorhaben COORETEC DE4, MARCKO DE2 und MARCKO700 zeigte für beide Nickelbasislegierungen mit Ausnahme der Zeitstandversuchsergebnisse des Alloy 617 mod. keine Auffälligkeiten. Bei den Ergebnissen der Zeitstandversuche an der HWT II-Schmelze des Alloy 617 mod. konnten Abwei- chungen hinsichtlich des Verformungs- und Schädigungsverhalten identifiziert werden. Neben den Versuchen zur Grundcharakterisierung wurden komplexe Laborversuche zur Charakterisierung des Werkstoffverhaltens bei überlagerter Kriechermüdungsbeanspruchung sowie multiaxialen Spannungs- zuständen durchgeführt. Des Weiteren wurden zur Charakterisierung der Entwicklung der Mikrostruktur, des Ausschei- 2 Kurzfassung dungsverhaltens sowie der Versetzungsstruktur für beide Nickelbasislegierungen am Material im Ausgangszustand und im kriech- bzw. kriechermüdungsbeanspruchten Zustand metallographische Untersuchungen im Lichtmikroskop und Transmissionselektronenmikroskop durchgeführt. Die Er- gebnisse wurden zur Einordnung mit den Ergebnissen aus anderen Forschungsvorhaben verglichen und es konnten keine Abweichungen festgestellt werden. Um mit Hilfe von Finite-Elemente Simulationen das Verformungs- und Schädigungsverhalten bei Kriechermüdungsbeanspruchungen beschreiben zu können, wurde ein viskoplastisches Verformungs- modell mit integrierter Schädigungsformulierung nach Lemaitre verwendet. Die werkstoffabhängigen Modellparameter wurden anhand der Ergebnisse der Grundcharakterisierungsversuche für beide Nickelbasislegierungen angepasst. Zur Einordnung der Anpassungen wurden sämtliche Zeitstand- und Ermüdungsversuche in FE-Simulationen nachgerechnet. Weiterhin erfolgte die Verifizierung der Modellanpassungen durch Nachrechnungen der komplexen Laborversuche. Aus den Vergleichen der Ergebnisse der Versuche und Simulationen ist zu identifizieren, dass sowohl das Verformungs- als auch das Schädigungsverhalten in guter Weise durch das viskoplastische Materialmodell mit den ermittelten Parametern beschrieben werden kann. Anhand von Nachrechnungen komplexer dickwandiger Bauteile (Sammler, Halbkugelformstück) unter realitätsnahen thermischen und mechanischen Belastungsbedingungen konnte gezeigt werden, dass das im Rahmen dieser Arbeit an den Werkstoffen Alloy 617 mod. bzw. Alloy 263 angepasste Verformungs- und Lemaitre-Schädigungsmodell geeignet ist, um die anrissgefährdeten Stellen und die Lebensdauer bis zum Anriss vorherzusagen. Dies konnte anhand von Farbeindringprüfungen sowie Auswertungen der Bruchflächen des untersuchten Sammlers belegt werden. Für die Lebensdauerwertungen wurden darüber hinaus noch die Bewertungsansätze nach der euro- päischen DIN EN 12952-3/4, der amerikanischen ASME Section III Division 1 Subsection NH, der französischen RCC-MR RB 3262.12 und der britischen R5 Empfehlungen Volume 2/3 angewendet. Dabei zeigte sich, dass die Ansätze nach ASME und RCC-MR aufgrund sehr konservativer Vorhersa- gen und die Ansätze nach R5 und DIN EN 12952 aufgrund nicht konservativer Vorhersagen für die Nickelbasislegierungen Alloy 617 mod. und Alloy 263 nicht geeignet sind. 3Abstract Until 2050 the renewable energies should provide 80 % of the power in Germany according to Rene- wable Energy law. Due to that reason the conventional power plants are not used for base load, but rather for the supply of average and peak load. The change of the operating mode leads to shorter times at stationary temperatures and the number of faster start-ups/shut-downs of the power plants will increase. As a result of this the components are exposed to an interacting load of creep and fatigue which reduces the lifetimes. The aim of this thesis is the development and verification of a lifetime assessment procedure for components made of the nickel base alloys Alloy 617 mod. and Alloy 263 under creep fatigue loading conditions based on numerical phenomenological models and on the approaches of different stan- dards/recommendations. The focus lies on two components of the high temperature material test rig II (HWT II), a header made of Alloy 617 mod. and Alloy 263 as well as a formed part made of Alloy 617 mod.. For the basis characterization of the HWT II melts, specimens of the Alloy 617 mod. and Alloy 263 are tested in uniaxial tensile tests, (creep-)fatigue tests, creep tests and charpy tests in a temperature range between 20 ◦C and 725 ◦C. From the comparisons of the test results and the material specifications respectively the results of the projects COORETEC DE4, MARCKO DE2 and MARCKO700 no deviati- ons were obvious for both materials with the exception of the creep test results with Alloy 617 mod. material. The creep tests with Alloy 617 mod. material of the HWT II melt show differences regarding the deformation and damage behavior. In addition to the basis characterization tests some complex lab tests for the characterization of the material behavior under creep-fatigue and multiaxial loading conditions were conducted. The development of the microstructure, the precipitations as well as the structure of dislocations are investigated in the light optical microscope and the transmission electron microscope for the base raw material, the creep and creep-fatigue exposed material. For the classification the investigation results were compared to the results of the other projects and no differences could be identified. For the description of the deformation and damage behavior under creep-fatigue loading with finite elements simulations a viscoplastic deformation model with an integrated damage model of Lemaitre 4 Abstract was used. The material dependent model parameters were fitted under consideration of the basis characterization test results of the Alloy 617 mod. and Alloy 263. All basis characterization tests are simulated with finite elements to classify the parameter fittings. The verification of the fitted material models was carried out by simulations of the complex lab tests. From the comparison of the simulation and test results it is obvious that the deformation and damage behavior can be reproduced with the used material model in a good manner. With finite element simulations of complex thick-walled components (header, formed part) under realistic thermal and mechanic loading conditions could be shown that the viscoplastic material model fitted for the Alloy 617 mod. and Alloy 263 is able to predict the locations of the maximum loadings and the lifetime until the first cracks appear. This could be confirmed by dye penetrant testing on the one hand and destructive investigations of two fracture surfaces of the header on the other hand. Additionally the approaches of the European DIN EN 12952-3/4, the American ASME Section III Division 1 Subsection NH, the French RCC-MR RB 3262.12 and the British R5 recommendations Volume 2/3 are used to predict the lifetimes. It can be seen that the approaches of ASME and RCC-MR provide very conservative predictions and that the approaches of R5 and DIN EN 12952 provide non-conservative predictions. These results lead to the conclusion that no approach of the standards/recommendation is suitable for the nickel base alloys Alloy 617 mod. and Alloy 263. 5Kapitel 1 Einleitung Der weltweite Klimawandel hat zu einem Umdenken im Umgang mit den primären Energieträgern geführt. Da eine globale Veränderung nur in einem internationalen Konsens erfolgen kann, wurden in 1997 mit Verabschiedung des Kyoto-Protokolls verbindliche Ziele zur Reduzierung des Ausstoßes klimaschädlicher Treibhausgase vereinbart. Die Umsetzung erfolgt auf nationaler Ebene, wobei die hoch-industrialisierten Länder besonders gefordert sind. In Deutschland sollen die Emissionen bis zum Jahr 2050 um 80 % bis 95 % gegenüber dem Wert von 1990 gesenkt werden [1]. Dabei sind die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und die Versorgungssicherheit der Bevölkerung sicherzustellen. Neben der Minderung des individuellen Energieverbrauchs sind die Klimaziele nur durch Änderung der Stromerzeugung zu erreichen. Die zukünftige Entwicklung wird dadurch geprägt sein, dass die Versorgungssicherheit nachhaltig durch Energieeinsparung und Steigerung der Energieeffizienz sowie langfristig durch den Ersatz der fossilen Energieträger durch erneuerbare Energien gewährleistet werden muss. Das Bild 1. 1 [2] zeigt die prognostizierte Entwicklung der Strommixzusammensetzung bis zum Jahr 2050. Bild 1. 1: Prognostizierte Entwicklung der Bruttostromerzeugung von 2011 bis 2050 [2] 6 Einleitung Der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung soll bis zum Jahr 2025 auf 40 bis 45 % und bis 2035 auf 55 bis 60 % erhöht werden [3]. Deshalb ist kurzfristig ein grundlegender Umbau der Energieversorgung unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf Versorgungssicherheit, Im- portunabhängigkeit, Wirtschaftlichkeit und Akzeptanz notwendig. Das zukünftige System muss in der Lage sein, verbrauchsferne, dezentrale und stark fluktuierende Einspeisungen zu integrieren. Hierzu muss zunächst eine deutschlandweite Infrastruktur (Übertragungs- und Verteilungsnetze sowie Energiespeichersysteme) geschaffen werden, welche in der Lage ist den erneuerbar erzeugten Strom bedarfsgerecht (örtlich, zeitlich und mengenmäßig) an den Verbraucher zu liefern. Aus diesem Grund ist in dieser Übergangszeit ein Ausbau der Stromerzeugung mit Hilfe regenerativer Energien alleine nicht ausreichend, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Ein wesentliches Merkmal des zukünftigen Strommixes ist, dass die regenerativ produzierte Strom- menge stark tages- und jahreszeitabhängig ist. Das Bild 1. 2 [4] zeigt die elektrische Leistung aufgeteilt nach Erzeugungsart für den Wintermonat Januar und den Sommermonat Juli jeweils für das Jahr 2010 und prognostiziert für das Jahr 2030. Bild 1. 2: Vergleich der Strommixzusammensetzung im Jahr 2010 und 2030 [4] Es ist deutlich zu erkennen, dass der Beitrag der Windkraftanlagen jahreszeitlich bedingt im Januar deutlich größer als im Juli ist. Der Beitrag der Photovoltaikanlagen ist zusätzlich sehr stark tages- zeitabhängig und während der Mittagszeit im Juli am höchsten. Aufgrund der Tatsache, dass die Stromerzeugung aus Sonne und Wind volatil und zeitlich nicht kompatibel mit dem Strombedarf ist, muss einerseits die zu viel produzierte Energie gespeichert und andererseits ein Defizit durch andere Quellen ausgeglichen werden. Ein wesentliches Element ist hierbei die Energiespeicherung, welche 7die zeitliche Verfügbarkeit ausgleicht. Aktuell werden hierfür ausschließlich Pumpspeicherkraftwerke eingesetzt. Alternative Möglichkeiten sind zwar ein Schwerpunkt aktueller Forschungsaktivitäten [5], aber gegenwärtig nicht im großen Maßstab verfügbar. Da zur Zeit die Kapazität der Pumpspei- cherkraftwerke nicht ausreicht, um eine temporäre Verfügbarkeitslücke auszugleichen, sind für eine längere Übergangszeit zukünftig auch noch konventionelle Kraftwerke erforderlich, damit eine ge- sicherte Stromversorgung dauerhaft zu gewährleisten ist. Voraussetzung hierfür ist allerdings eine Änderung der Betriebsbedingungen. Da die konventionellen Kohle- und Braunkohlekraftwerke überwiegend für den Grund- und Mit- tellastbetrieb (Bild 1. 2 oben) eingesetzt werden, erfolgte die Auslegung im Wesentlichen für den stationären Betrieb mit moderaten An- und Abfahrvorgängen. Da zukünftig jedoch die erneuerba- ren Energien die Grund- und Mittellastversorgung übernehmen sollen (Bild 1. 2 unten), müssen die konventionellen Anlagen die Spitzenlastversorgung übernehmen. Dies bedeutet, dass sie deutlich schneller und öfter an- und abgefahren werden und dabei hohe Leistungen bereitstellen müssen. Unter Berücksichtigung dieses geänderten Beanspruchungsprofils müssen die Kohle- und Braunkoh- lekraftwerke in Bezug auf die Betriebsfestigkeit und damit hinsichtlich Lebensdauer neu bewertet werden. Da insbesondere ältere Anlagen aus technischer und ökologischer Sicht nicht mehr wirtschaftlich sind, sollen diese durch moderne Anlagen mit niedrigerem Brennstoffbedarf sowie geringerem Koh- lenstoffdioxidausstoß ersetzt werden. Zur Realisierung wird bei zukünftigen Kohlekraftwerken eine Anhebung des Wirkungsgrads auf größer 50 % angestrebt, wozu eine Erhöhung der Dampftemperatur auf mindestens 700 ◦C und des Dampfdrucks auf mindestens 350 bar notwendig ist. Durch diese Erhöhung werden alle Kraftwerkskomponenten, welche im Hochtemperaturbereich eingesetzt sind, deutlich höheren Beanspruchungen ausgesetzt. Gleichzeitig bedeutet dies, dass die eingesetzten Werk- stoffe bei höheren Temperaturen noch ausreichende Festigkeitseigenschaften aufweisen müssen. Da die martensitischen 9-12 %-Chromstähle, welche in aktuellen Kohlekraftwerken verwendet werden, bei Temperaturen um die 700 ◦C nicht mehr einsetzbar sind, ist die Auswahl und Qualifizierung neuer Werkstoffe eine Schlüsselaufgabe. Aufgrund der sehr guten Zeitstand-, Korrosions- und Oxidationseigenschaften sind die Nickelbasisle- gierungen Alloy 617 mod. und Alloy 263 eine erfolgsversprechende Alternative. Zur Qualifizierung der Werkstoffe und Verifizierung des Verhaltens unter betriebsnahen Bedingungen wurde unter anderem das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) und von Partnern der Industrie geförderte Forschungsprojekt „Hochtemperatur-Werkstoff-Teststrecke II “(HWT II) [6, 7] gestartet. Hierbei wurden komplexe, dickwandige Bauteile aus den o.g. Nickelbasislegierungen in einem Bypass der Kesselinfrastruktur des Großkraftwerks Mannheim (GKM) integriert. Um die Krie- chermüdungsbeanspruchung nachzubilden, wurden die Bauteile zyklischen Temperaturlastwechseln 8 Einleitung mit Dampftemperaturen bis 725 ◦C ausgesetzt. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, ein Konzept zur Lebensdauerbewertung von dickwandi- gen Komponenten aus Alloy 617 mod. und Alloy 263 bei betriebsnahen zyklischen Belastungen im Hochtemperaturbereich zu erstellen und zu verifizieren. Um das Verformungs- und Schädigungsver- halten der Werkstoffe mit Hilfe numerischer Simulationen beschreiben zu können, werden Zeitstand- und Ermüdungsversuche durchgeführt und auf der Basis dieser die notwendigen Parameter des numerischen viskoplastischen Materialmodells sowie verschiedener Lebensdauerbewertungsansätze bestimmt. Im nächsten Schritt werden diese Modelle zur Nachrechnung von einachsigen Kriecher- müdungsversuchen sowie von mehrachsigen Versuchen an Hohlzylinderproben angewendet und die resultierenden Ergebnisse mit den Versuchsergebnissen verglichen. Nach erfolgreicher Verifi- kation werden diese Modelle für die Lebensdauervorhersage komplexerer, realitätsnaher Bauteile in einer numerischen Simulation angewendet und mit den Prüfergebnissen der Komponenten aus der Teststrecke verglichen und die Eignung bewertet. Da die Lebensdauer wesentlich durch die maximalen, lokalen Beanspruchungen bestimmt wird, liegt das Hauptaugenmerk besonders auf den am höchsten beanspruchten Bereichen an den Rundungsradien von Lochrändern und Abzweigen der dickwandigen Komponenten. 9Kapitel 2 Stand von Wissenschaft und Technik 2.1 Bisherige Nutzung von Kohlekraftwerken Im Jahre 1882 wurde die erste Beleuchtungsanlage mit einer Leistung von 2 kW von Paul Reisser in Stuttgart in Betrieb genommen, welche Strom für 30 Glühlampen erzeugte [8]. Am 15. August 1885 wurde in Berlin das erste deutsche Kraftwerk in Betrieb gesetzt, welches Strom in einem Umkreis von 800 m lieferte. Der erste Strom wurde zunächst durch Verwendung von Dampfkolbenmotoren [9] produziert und der Wirkungsgrad lag dabei anfangs lediglich bei 1 %. Kurz vor dem 1. Weltkrieg gab es im Jahr 1911 im Deutschen Reich 2320 Elektrizitätswerke mit einer Gesamtleistung von 2260 MW. Weil dieser Energieträger vielseitig verwendbar war, verhältnismäßig einfach verteilbar und sich leicht in andere Energieformen umwandeln ließ, stieg der Bedarf an elektrischer Energie im Rahmen der Industrialisierung rasant an. Somit war dessen Verfügbarkeit eine wesentliche Grundlage für die wirtschaftliche und technologische Entwicklung. Durch die Weiterentwicklung der Werkstoff-, Verfahrens- und Verbrennungstechnik wurden immer größere Anlagen mit kontinuierlich gesteigerten Wirkungsgraden realisiert. Im Jahre 1950 wurden 51,5 % des Stroms in der Bundesrepublik Deutsch- land durch Steinkohle und ca. 21,7 % durch Braunkohle bei einer jährlichen Gesamtenergie von 29,4 Mio.-t SKE (entspricht 240 TW h) mit einem Wirkungsgrad von ca. 30 % erzeugt [10]. Im Jahr 2013 wurde in Deutschland elektrische Energie mit einer Gesamtmenge von 638,7 TW h zu etwa 25,2 % durch Braunkohle überwiegend im Grundlastbetrieb und 19,9 % durch Steinkohlekraft- werke im Mittellastbetrieb erzeugt [11]. Als ein Maß zur Bewertung der Effizienz der Stromproduktion wird der Wirkungsgrad η verwendet, welcher durch das Verhältnis zwischen der nutzbaren und aufgewendeten Energie definiert ist. In der Abbildung 2. 1 ist die chronologische Wirkungsgradentwicklung deutscher Braunkohle- [12, 13, 14, 15, 16] und Steinkohlekraftwerke [17, 18, 19] bei Volllastbetrieb ab dem Jahre 1950 dargestellt. Das Diagramm zeigt, dass der Wirkungsgrad von Steinkohlekraftwerken auf etwa 46 % nach heutigem 10 Stand von Wissenschaft und Technik Bild 2. 1: Chronologische Entwicklung der Wirkungsgrade von Braun- und Steinkohlekraftwerken [12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19] Stand verbessert werden konnte. Hierbei wird auch deutlich, dass diese Wirkungsgradsteigerung mit steigenden Frischdampfparametern (Temperatur und Druck) einhergeht. Bei den neuesten Anlagen der Kraftwerke Westfalen, Blöcke D und E (2 x 800 MW) bzw. Moorburg A und B (2 x 820 MW), welche in 2014 in Betrieb oder kurz vor der Inbetriebnahme sind, betragen die Frischdampftemperaturen TFD etwa 600 ◦C und die Frischdampfdrücke pFD etwa 276 bar bzw. 285 bar. Der höchste Wirkungsgrad wird bei Braunkohlekraftwerken mit optimierter Anlagentechnik (BoA) in den Kraftwerken Niederaußem Block K (1000 MW) und Neurath Blöcke F und G (2 x 1050 MW) erreicht und beträgt aktuell etwa 43 % und ist somit geringer als bei Steinkohlekraftwerken. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Braunkohle einen höheren Feuchtigkeitsgehalt besitzt, was ei- ne höhere Abgasmenge und in Verbindung mit einer höheren Abgastemperatur zusätzlich größere Abgasverluste zur Folge hat. Durch geeignete Trocknungsverfahren, wie beispielsweise der Wirbel- schichttrocknung, wird angestrebt die Braunkohle innerhalb des Kraftwerksprozesses zu trocknen, um so zukünftig im Vergleich zu Steinkohlekraftwerken vergleichbare Wirkungsgrade zu erreichen. Je nach Einsatztemperatur und -bedingungen im Kraftwerk werden für die unterschiedlichen Kompo- nenten verschiedene Werkstoffe verwendet. Beispielhaft für die zwei laufenden Braunkohlekraftwerke Lippendorf [20] und Neurath [21, 22] sind in Tabelle 2. 1 für einige wesentliche Komponenten die verwendeten Werkstoffe, geometrischen Abmessungen und Betriebsparameter zusammengefasst. Der Tabelle ist zu entnehmen, dass die martensitischen Werkstoffe P91 (X10CrMoVNb9-1) und P92 (X10CrWMoVNb9-2) für die dickwandigen Sammlerkomponenten sowie die Frischdampfleitung ein- 2.2 Stellenwert von Kohlekraftwerken in der Zukunft 11 Kraftwerk Lippendorf R+S Neurath F+G Inbetriebnahme 1999/2000 2012 Wirkungsgrad / % 42,5 43,2 Auslegungsdaten 554 ◦C/267,5 bar 610 ◦C/280 bar 583 ◦C/50,3 bar 615 ◦C/56 bar Membranwand 13CrMo4-4 (42,4x6,3 mm) 7CrMoVTiB10-10 Austrittssammler ÜH X10CrMoVNb9-1 (285x60 mm) X10CrWMoVNb9-2 Austrittsbündel ÜH X3CrNiMoN17-13 (38x7,1 mm) HR3C Austrittssammler ZÜ X10CrMoVNb9-1 (630x60 mm) X10CrWMoVNb9-2 Austrittsbündel ZÜ X3CrNiMoN17-13 (57x4 mm) HR3C FD-Leitung X10CrMoVNb9-1 (350x60 mm) X10CrWMoVNb9-2 (355x97 mm) Tabelle 2. 1: Werkstoffe der kritischen Komponenten für das KW Lippendorf und KW Neurath [20, 21, 22] gesetzt werden. Für die dünnwandigen Rohre der Bündelheizfläche am Zwischen- und Endüberhitzer werden austenitische Werkstoffe wie der X3CrNiMoN17-13 oder der HR3C eingesetzt. Als Werkstoffe für die Membranwände werden die ferritischen Werkstoffe 13CrMo4-4 und 7CrMoVTiB10-10 (T24) verwendet. Im Hinblick auf Neubauprojekte liegt ein Forschungsschwerpunkt darin, den Wirkungsgrad kon- ventioneller Kraftwerke zu verbessern, indem die bei der Verbrennung entstehenden Kohlenstoff- dioxidmengen sowie die Brennstoffkosten reduziert werden. Aus diesem Grund war ein Ziel der Entwicklung vor der Energiewende, die Dampfparameter auf 700 ◦C und 350 bar anzuheben und dadurch effektive Wirkungsgrade von über 50 % im Vollastbetrieb zu realisieren. Bei den erhöh- ten Dampfparametern sind die bisher eingesetzten martensitischen und austenitischen Werkstoffe aufgrund ihrer Eigenschaften nicht mehr einsetzbar. Deswegen werden Nickelbasislegierungen als mögliche Werkstoffkandidaten in verschiedenen Forschungsvorhaben untersucht. 2.2 Stellenwert von Kohlekraftwerken in der Zukunft Mit der Energiewende und dem Kernenergieausstieg haben sich die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für die zukünftige Energieversorgung in Deutschland und damit der Stellenwert von Kohlekraftwerken deutlich verändert. In diesem Zusammenhang sind neue Strategien und Lösungen für eine wirtschaftliche, umweltverträgliche und sichere Energieversorgung sowie für den rationalen und sparsamen Umgang mit Energie zu etablieren. Gemäß [23] kommt dabei den fossil befeuerten Großkraftwerken, trotz des hohen Anteils von erneuerbaren Energiequellen, eine besondere Bedeutung zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit zu. Allerdings sind hierbei folgende Aspekte, welche die Energiewende kennzeichnen [23], zu berücksichtigen: 12 Stand von Wissenschaft und Technik • Die Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen bis 2020 auf 60 % und bis 2050 auf 20 % der Emissionen gegenüber dem Referenzjahr 1990 [24]. • Die Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energien bis 2025 auf 40 % bis 45 % und bis 2050 auf 80 % an der Stromerzeugung [3]. • Entsprechend ist die Energieerzeugung durch andere Energiequellen und insbesondere fossil befeuerte Großkraftwerke zu reduzieren. • Die Einspeisung von Wind- und Sonnenenergie ist tages- und jahreszeitlich bedingt stark fluktuierend. • Die Gewährleistung der Versorgungssicherheit wird schwieriger und durch erneuerbare Energi- en alleine nicht zu realisieren sein. • Die zukünftige Hauptaufgabe der verbleibenden fossil befeuerten Großkraftwerke besteht deshalb darin, die Differenz zwischen der fluktuierenden Energiebereitstellung und dem Ener- giebedarf auszugleichen. • Durch den Stromhandel in Verbindung mit der EEG-Umlage [23] sinken die Erlöse für fossil befeuerte Großkraftwerke. Damit verschlechtert sich die wirtschaftliche Lage von Bestandsanla- gen und die Investition in Neuanlagen ist wenig attraktiv. Hinzu kommt, dass die öffentliche Akzeptanz der Anlagen aufgrund des Schadstoffausstoßes gering ist bzw. die Investitionskosten für Abgasreinigungstechnologien zusätzlich zu berücksichtigen sind. • Carbon Capture and Storage (CCS)-Abscheidung, Transport und Speicherung oder stoffliche Nutzung von CO2 kann einen wesentlichen Beitrag zur Emissionsminderung liefern und damit zur Akzeptanz fossil befeuerter Großkraftwerke beitragen. • Stromspeichertechnologien, welche ebenfalls die Versorgungsschwankungen ausgleichen kön- nen, sind in der Entwicklung. Deren zukünftige Verfügbarkeit ist aber schwer einzuschätzen. • Aufgrund der geographischen Distanzen zwischen den Erzeugungsorten der erneuerbaren Energien und der Verbraucher ist ein Aus-/Umbau der Übertragungsnetze erforderlich. Die Auswirkungen der Energiewende in Deutschland wurden in verschiedenen Studien aus dem Jahr 2012 [25], [26], [1] untersucht und zeigen, dass im Jahr 2050 selbst bei einem 80 %-igen Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung eine gesicherte Kraftwerksleistung von 38 bis 50 GW aus fossil befeuerten Großkraftwerken erforderlich ist, um die Versorgung jederzeit sicherstellen zu können. Neben der Schaffung der technischen Randbedingungen zur Anpassung an die geänderten 2.2 Stellenwert von Kohlekraftwerken in der Zukunft 13 Betriebsbedingungen ist der Abbau von Investitionshemmnissen und -risiken sowie die Verbesserung der wirtschaftlichen Randbedingungen eine wesentliche Voraussetzung. In Bild 2. 2 ist die bis 2050 prognostizierte Entwicklung der installierten Leistung aufgeschlüsselt nach der Art der Stromerzeugung aus [23] dargestellt. Bild 2. 2: Prognostizierte Entwicklung der installierten Leistung - Zeitraum 2000 bis 2050 [23] Aus technischer Sicht ist eine gravierende Änderung der Betriebsbedingungen vom Grundlastbetrieb mit wenigen An- und Abfahrvorgängen und vielen Jahresvolllaststunden (Stand 2011 - Braunkohle 6850 h bzw. Steinkohle 3790 h [23]) auf temporären Ausgleichslastbetrieb (Residuallastbetrieb) mit häufigeren und schnelleren Lastwechseln innerhalb kurzer Zeitabstände sowie mit vermehrtem Teil- lastbetrieb und geringerer jährlicher Betriebsdauer erforderlich. Damit verschiebt sich der Auslegungs- und Betriebszustand der Kraftwerke, für den der kommerziell erfolgreiche Einsatz hinsichtlich hoher Wirkungsgrade und niedrigen Emissionen zu optimieren ist. Insbesondere bei Bestandsanlagen ist zu berücksichtigen, dass die Regelbarkeit aufgrund des Zeit- bedarfs zwischen Zünden des ersten Brenners bis zum Erreichen der Volllast eingeschränkt ist [27] und je nach Ausgangszustand mehrere Stunden dauert. Bei einem Kaltstart nach einer Stillstands- dauer von mehr als 48 h dauert das Wiederanfahren eines Steinkohlekraftwerks 6 bis 8 h und eines Braunkohlekraftwerks 9 bis 15 h. Im günstigsten Fall ist bei einem Heißstart nach weniger als 8 h Stillstand bei Steinkohlekraftwerken eine Anfahrdauer von 2 bis 4 h zu berücksichtigen. Weiter ist bei Braunkohlekraftwerken eine Minderung der Leistung unter 50 % der Volllast nur eingeschränkt möglich, da der Brennstoff einen zu hohen Wassergehalt aufweist und die Kesseltemperatur zu stark absinken würde. Steinkohlekraftwerke können zwar bis 20 % gedrosselt werden, jedoch nimmt dabei der Wirkungsgrad bei einer Minderung auf 50 % der Nennleistung um ca. 3 % ab. 14 Stand von Wissenschaft und Technik Für eine akzeptable und wirtschaftliche Nutzung von Braun- und Steinkohlekraftwerken sind, auf- grund des veränderten Auslegungs-/Betriebspunktes, folgende technische Merkmale eine wesentliche Voraussetzung für einen zukunftsfähigen Betrieb [23]: • Berücksichtigung einer größeren Lastwechselhäufigkeit, • Erhöhung der Leistungsänderungsgeschwindigkeit, • Verringerung der Mindestlast, • Erhöhung des Wirkungsgrades, auch im Teillastbetrieb, • Verringerung der Schadstoff- und CO2-Emissionen z.B. durch CCS-Abscheidung, • Nutzung von Kohle und besonders Braunkohle als ein in Deutschland verfügbarer Rohstoff, welcher von Importen unabhängig verfügbar ist. Bei der Optimierung in Bezug auf den zukünftigen Betriebszustand ergeben sich infolge der dyna- mischen Fahrweise mit höheren Lastzyklenzahlen neue Belastungsprofile, welche zu einem anderen Ermüdungsverhalten führen und bei der Lebensdauerbewertung berücksichtigt werden müssen. Hierbei müssen für einzelne Kraftwerkskomponenten optimale Lösungen für die gegenläufigen Anforderungen gefunden werden. Als Beispiel sind hierfür die Rohrleitungen und Sammler im Hochtemperaturbereich des Dampfkreislaufes zu nennen. Zur Erhöhung des Wirkungsgradniveaus im gesamten Lastbereich ist eine Anhebung der Dampfparameter erforderlich. Hierdurch steigen die Beanspruchungen, welche nur durch höhere Wanddicken oder andere Werkstoffe beherrscht werden können. Da bei größeren Wanddicken infolge der thermischen Trägheit auch größere Temperatur- gradienten und somit auch höhere lokale Spannungen auftreten, wird das dynamische Verhalten eingeschränkt und die Lebensdauer vermindert. Durch den Einsatz höherfester Werkstoffe, z. B. Nickelbasislegierungen, kann dem entgegen gewirkt werden. Allerdings erhöhen sich hierdurch die Investitionskosten für die Anlagen und es ist fraglich, ob eine solche Anlage bei flexibler Fahrweise wirtschaftlich ist [23]. Bei Bestandsanlagen sind zur Erfüllung der Anforderungen für einen zukunftsfähigen Betrieb Nach- rüstmaßnahmen (Retrofit) erforderlich. Eine Studie des Fachverbands Anlagenbau Energie, Umwelt, Prozessindustrie (FDBR) [28] weist aus, dass die Kosten für eine Retrofit-Nachrüstung für Steinkohle- kraftwerke bei etwa 25 % und für Braunkohlekraftwerke bei 30 % gegenüber eines entsprechenden Kraftwerksneubaus an einem neu zu erschließenden Standort liegen. Gemäß [29] werden in 2015 einige Bauvorhaben abgeschlossen, sodass eine Kapazität von ca. 11 GW in Betrieb genommen wird, wovon der überwiegende Anteil von 7,5 GW mit Steinkohle betrieben wird. Allerdings kann aufgrund 2.3 Programme zur Qualifizierung neuer Werkstoffe 15 der Altersstruktur der Bestandsanlagen die Notwendigkeit des Neubaus von Kraftwerken, welche die geänderten Anforderungen bereits bei der Auslegung berücksichtigen, nicht ausgeschlossen werden. Bei der Nachrüstung oder dem Neubau von Kohlekraftwerken ist der CO2-Ausstoß pro kW h zu senken, wobei der Wirkungsgrad unter Volllast auf ca. 50 % erhöht werden soll. Dies ist nur durch Erhöhung der Frischdampftemperatur auf 700 ◦C und des Frischdampfdrucks auf 350 bar möglich. Der Zusammenhang zwischen Wirkungsgrad, CO2-Emission und Betriebsparameter existierender Anlagen ist im Bild 2. 3 dargestellt [23]. Bild 2. 3: Entwicklung der CO2-Emission bei Verbesserung der Wirkungsgrade [23] Zusammenfassend ist festzuhalten, dass fossil befeuerte Kraftwerke auch zukünftig erforderlich sind, um die Residuallasten abzudecken. Dies gilt sowohl für die Bestandsanlagen als auch für neue Anlagen, welche nicht mehr wirtschaftliche, alte Anlagen ersetzen sollen. Aufgrund der Tatsache, dass die erneuerbaren Energien volatil sind und aktuell der erzeugte Strom nur teilweise gespeichert werden kann, sind die fossilen Kraftwerke der perfekte Partner zur Sicherstellung eines ausreichenden Stromangebots in Deutschland. 2.3 Programme zur Qualifizierung neuer Werkstoffe Wie im Abschnitt 2.2 erläutert, nimmt die Bewertung des Ermüdungsverhaltens eine Schlüsselrolle bei der Anpassung der Auslegung von Kohlekraftwerken an die zukünftige, dynamische Betriebsweise ein. Aus diesem Grund müssen für die Komponenten mit Hochtemperaturbeanspruchung Werkstoffe mit höherwertigen Eigenschaften eingesetzt werden. Die im Hinblick auf Temperatur kritischen Komponenten eines Kohlekraftwerks sind die dickwandigen Rohrleitungen und Sammler sowie die Membranwände, die Überhitzer- und Zwischenüberhitzerstufen. In Bild 2. 4 sind die temperaturabhängigen Mittelwertkurven der 100 000 h Zeitstandfestigkeiten 16 Stand von Wissenschaft und Technik [30, 31, 32] gängiger und möglicher Sammlerwerkstoffe dargestellt. Unter Berücksichtigung aktueller Sammlerabmessungen (di=285 mm, s=60 mm im KW Lippendorf [33]) muss nach der Kesselformel die Spannung bei einem Dampfdruck von 350 bar mindestens 100 MPa betragen. Aus diesem Grund kom- men für den Einsatz in Kraftwerken mit 700 ◦C Auslegungstemperatur nur die Nickelbasislegierungen Alloy 617 mod. und Alloy 263 in Betracht. Bild 2. 4: 100 000 h Zeitstandfestigkeiten gängiger und möglicher Sammlerwerkstoffe [30, 31, 32] In einer Reihe von Forschungsvorhaben (Tabelle 2. 2 [20, 33, 34, 35]) wurden die genannten Nickelba- sislegierungen für einen möglichen Einsatz als Kessel-, Komponenten- und Rohrleitungswerkstoff hinsichtlich Mikrostruktur, Festigkeit bei höheren Temperaturen und Ermüdungsverhalten untersucht. Projekt Werkstoff Erzeugnisform Warmzug Zeitstand LCF Mikrostruktur MARCKO DE2 Alloy 617 mod. DR + KR X X X MARCKO700 Alloy 617 mod. DR + KR X X X X COORETEC DE4 Alloy 617 mod. DR + KR X X X X HWT Alloy 617 mod. KR X X Alloy 263 KR X X Alloy 263 DR + KR X X X X DR = dickwandiges Rohr KR = Kesselrohr Tabelle 2. 2: Forschungsvorhaben zur Qualifizierung von Nickelbasislegierungen für den Einsatz in 700 ◦C Kraftwerken [20, 33, 34, 35] Im Zeitraum von 1999 bis 2004 wurde an der MPA Universität Stuttgart im Rahmen des BMWi Forschungsvorhabens „Materialrealisierung CO2-armes Kohlekraftwerk “(MARCKO DE2) [33] die Nickelbasislegierung Alloy 617 mod. für die Anwendung in Austrittssammlern und Überhitzerrohren 2.3 Programme zur Qualifizierung neuer Werkstoffe 17 in Dampferzeugern in wirkungsgradoptimierten Kraftwerken qualifiziert. Hierbei wurden Warmzug- und Zeitstandversuche an Membranwandkesselrohren und dickwandigen Rohren durchgeführt. Durch eine Analyseeinschränkung (Anhebung der Untergrenzen für Cr, Co, Ti und Al sowie Herab- setzung der Obergrenzen für Al, Fe, Mn, Si) konnte die Zeitstandfestigkeit der Legierung Alloy 617 bei einer Temperatur von 700 ◦C von 95 MPa auf 120 MPa signifikant verbessert werden. Die Verbesse- rung der Zeitstandfestigkeiten der modifizierten Legierung Alloy 617 mod. und der ursprünglichen Legierung Alloy 617 geht aus dem dunkelgrünen und violetten Verlauf des Bildes 2. 4 hervor. Die chemischen Zusammensetzungen nach [36] und [32] sind in Tabelle 2. 3 gegenübergestellt. Ni Cr Co Mo Ti Al Fe Mn Si C P S V Nb B Alloy 617 nach VdTÜV Datenblatt 485 min. Rest 20 10 8 0,2 0,6 - - - 0,05 - - - - - max. 23 13 10 0,5 1,5 2 0,7 0,7 0,10 0,012 0,008 - - - Alloy 617 mod. nach VdTÜV Datenblatt 573 min. Rest 21 11 8 0,25 0,8 - - - 0,05 - - - - 0,001 max. 23 13 10 0,5 1,3 1,5 0,5 0,3 0,08 0,012 0,008 0,6 0,6 0,005 Tabelle 2. 3: Chemische Zusammensetzung Alloy 617 und Alloy 617 mod. nach VdTÜV-Datenblättern [32, 36] Im Nachfolgeprojekt MARCKO700 [34], welches im Zeitraum von 2004 bis 2008 ebenfalls unter Feder- führung der MPA Universität Stuttgart durchgeführt wurde, wurden experimentelle Untersuchungen zum Zeitstandverhalten bei höheren Temperaturen und Bauteilversuche mit dünnwandigen Kes- selrohren sowie dickwandigen Rohren durchgeführt. Hierbei wurden sowohl ferritisch/bainitische 2,5 % Cr-Stähle, martensitische 9-12 % Cr-Stähle als auch die Nickelbasislegierung Alloy 617 mod. untersucht. Mit Hilfe von Bauteilversuchen an Membranwandprüfkörpern wurde zusätzlich das Werkstoffverhalten unter betriebsähnlichen Beanspruchungen nachgebildet und mit Hilfe metallo- graphischer Untersuchungen wurden die Zusammenhänge zwischen Gefügeänderungen und dem Schädigungsverhalten hergestellt. Diese Untersuchungen haben die Basis für die wissenschaftliche Be- wertung des Langzeitverhaltens der untersuchten Werkstoffe unter Betriebsbedingungen geschaffen und sind die Grundlage für ihre Zulassung im Druckbehälterbau. Vom BMWi wurde in 2004 die Förderung von Forschung und Entwicklung zukunftsfähiger Kraft- werke mit fossilen Brennstoffen mit dem Ziel der Entwicklung von „CO2-Reduktionstechnologien “- (COORETEC) initiiert. In dem Forschungsvorhaben COORETEC DE 4 [20] wurde im Zeitraum von 2007 bis 2011 die Datenbasis zum langzeitigen Festigkeits- und Verformungsverhalten von Rohren und Schmiedeteilen aus Nickelbasislegierungen erweitert und abgesichert. Im Rahmen des Vorhabens wurden für die Werkstoffe Alloy 617 mod. und Alloy 263 umfangreiche Warmzug-, Zeitstand- und Ermüdungsversuche durchgeführt. Die Proben für die Versuche am Alloy 617 mod. wurden aus einem dickwandigen Schmiederohr entnommen. Die Versuche am Alloy 263 erfolgten sowohl an Proben aus 18 Stand von Wissenschaft und Technik dünnwandigen Kesselrohren als auch an Proben aus dickwandigen Rohren. Um mögliche Auswirkun- gen auf das Festigkeits- und Verformungsverhalten zu beurteilen und die Schädigungsentwicklung bei langzeitiger Beanspruchung zu charakterisieren, wurden mikrostrukturelle Untersuchungen am Material im Ausgangszustand und am kriechbeanspruchten Material durchgeführt. Darüber hinaus wurden die Festigkeitseigenschaften von artgleichen Schweiß- und Mischverbindungen experimentell bestimmt. Um erste Betriebserfahrungen unter realistischen Bedingungen zu erhalten, wurden im Block 6 des GKM zwei Hochtemperatur-Werkstoff-Teststrecken errichtet. Seit 2011 werden dort zwei durch das BMWi und Partnern aus Industrie und Forschung geförderte Vorhaben durchgeführt. • HWT I: Untersuchungen zum langzeitigen Betriebsverhalten von Rohren und Schmiedeteilen aus Legierungen für zukünftige hocheffiziente Kraftwerke [37] • HWT II: Untersuchung des Betriebs- und Versagensverhaltens dickwandiger Bauteile für hoch- effiziente Kraftwerke [6, 7] Im Vorhaben HWT I wurden u.a. dünnwandige Bauteile aus Nickelbasislegierungen in die Infra- struktur eines Kessels integriert, um so das Verhalten unter realen Kesselbetriebsbedingungen bei Einsatztemperaturen bis maximal 725 ◦C zu untersuchen. Aus der Kombination von Werkstoffun- tersuchungen zur Charakterisierung des Hochtemperatur-, Ermüdungs- und Korrosionsverhaltens sowie der Messung der realen Belastung an den Bauteilen in der Teststrecke lassen sich grundlegen- de Informationen zur Lebensdaueranalyse gewinnen. Da die dünnwandigen Bauteile sich nahezu gleichmäßig erwärmen, ist hierbei der Einfluss thermischer Gradienten nicht so stark ausgeprägt. Aus diesem Grund werden im Vorhaben HWT II seit 2012 dickwandige Rohrleitungen und Bauteile aus den Werkstoffen Alloy 617 mod. und Alloy 263 in einer weiteren Teststrecke geprüft. Um die Randbedingungen eines dynamischen Betriebs zu berücksichtigen, wurde die Teststrecke in einem instationären Betrieb mit mehreren Temperaturzyklen zwischen 400 ◦C und 725 ◦C pro Tag betrieben. Die Ergebnisse dieses Vorhabens bilden eine wesentliche Grundlage für die vorliegende Arbeit. 2.4 Charakteristik von Nickelbasislegierungen Nickelbasislegierungen sind Werkstoffe, welche aus Nickel und mindestens einem anderen chemi- schen Element in einem Schmelzverfahren hergestellt werden. Die Gussrohlinge werden durch Warm- und Kaltwalzen zu Blechen oder Bändern umgeformt, zu Stäben geschmiedet oder zu Rohren verarbei- tet. Das Hauptlegierungselement Nickel ist ein Übergangsmetall mit einer kubisch-flächenzentrierten Gitterstruktur und hat in der reinen Form eine Dichte von 8,9 g cm−3 bei 20 ◦C und eine Schmelztem- peratur von 1455 ◦C [38]. 2.4 Charakteristik von Nickelbasislegierungen 19 Aufgrund ihrer guten Korrosions- und Hochtemperatureigenschaften werden Nickelbasislegierun- gen in unterschiedlichen Anwendungsbereichen, wie der Luftfahrt (Triebwerkskomponenten), der Automobilindustrie (Katalysator, Ventile), der Rohstoffförderung (Bohrwerkzeuge), der chemischen Industrie (Kessel, Wärmetauscher), der Abfallwirtschaft (Müllverbrennungsanlagen) und der Energie- erzeugung (Rauchgasentschwefelung, Gasturbinen) eingesetzt [39]. Nickelbasislegierungen enthalten meist eine große Anzahl von Legierungselementen. Neben Nickel (Ni) enthalten die Legierungen meist große Anteile an Chrom (Cr), Cobalt (Co), Aluminium (Al), Titan (Ti), Eisen (Fe) und geringe Anteile an Bor (B) und Kohlenstoff (C). In manchen Legierungen sind zusätzlich noch Rhenium (Re), Molybdän (Mo), Niob (Nb) oder Wolfram (W) enthalten. Die verschiedenen Legierungselemente lassen sich in drei unterschiedliche Kategorien einteilen [39]. • Zur ersten Kategorie zählen die Elemente Kobalt, Eisen, Chrom, Molybdän, Rhenium und Wolfram, deren Atomdurchmesser ähnlich gegenüber dem Atomdurchmesser von Nickel sind. Diese Elemente tragen zur Stabilisierung der austenitisch kubisch-flächenzentrierten (kfz) γ- Matrix bei. • Die Elemente Aluminium, Titan und Niob, deren Atomdurchmesser größer als Nickel ist, bilden die zweite Kategorie. Diese Elemente begünstigen die Ausbildung der γ’-Ausscheidungen. • Die Elemente Kohlenstoff und Bor zählen zur dritten Kategorie, weil diese harte Ausscheidungen in Form von metallischen Karbiden bzw. Boriden bilden. Unter dem Einfluss von Temperatur bilden sich Ausscheidungen als chromreiche M23C6- und/oder molybdänreiche M6C-Karbide. Zusätzlich können Chrom und Molybdän in Verbindung mit Bor Boride bilden, welche sich bevorzugt an den Korngrenzen der γ-Matrix ausscheiden. Infolge dieser Legierungselemente tritt eine Mischkristallverfestigung und Ausscheidungshärtung auf, welche zu hervorragenden, hochtemperaturbeständigen Festigkeits- und Zähigkeitseigenschaften der Nickelbasislegierungen führen. Für die Mischkristallverfestigung sind besonders die Elemente der ersten Kategorie verantwortlich, welche aufgrund ihrer ähnlichen Atomdurchmesser gegenüber Nickel gut im Kristallgitter löslich sind und die Nickelatome substituieren. Wie zuvor beschrieben, bilden die Elemente der zweiten Kategorie die intermetallische γ’-Phase. Da die Elemente nur begrenzt löslich sind, wird durch geeignete Wärmebehandlungen deren Bildung im Korn herbeigeführt, was als Ausscheidungshärtung bezeichnet wird. Aufgrund dieser Ausscheidungen wird die Bewegung von Versetzungen erschwert, da sie nur durch schneiden oder umgehen der Ausscheidungen erfolgen kann [40]. Die Elemente der dritten Kategorie begünstigen die Bildung von Primär- (MC, M23C6) und Sekundärkarbiden (M23C6, M6C), welche sich bereits bei der Legierungserstarrung oder in Folge thermischer Beanspruchungen entwickeln [39]. Mit Chrom oder Molybdän als metallischer Partner tragen die Karbide durch Ausscheidungshärtung zur Festigkeitssteigerung bei. 20 Stand von Wissenschaft und Technik Bild 2. 5: Lichtmikroskopische Aufnahmen des Alloy 617 mod. nach der Lösungsglühung [20] Da in der vorliegenden Arbeit die Nickelbasislegierungen Alloy 617 mod. und Alloy 263 unter- sucht werden, werden diese in den folgenden zwei Abschnitten hinsichtlich ihrer Eigenschaften und Mikrostrukturentwicklung genauer vorgestellt. 2.4.1 Nickelbasislegierung Alloy 617 mod. Die Nickelbasislegierung Alloy 617 mod. (NiCr23Co12Mo, Werkstoff-Nr. 2.4673) ist ein Werkstoff, welcher seine Festigkeit durch die Bildung von Ausscheidungen und Mischkristallen erhält. In den meisten Anwendungsfällen wird der Werkstoff im lösungsgeglühten Zustand eingesetzt. Wie alle Nickelbasislegierungen besitzt der Alloy 617 mod. eine austenitische kubisch-flächenzentrierte (kfz) γ-Matrix. Im Bild 2. 5 sind lichtmikroskopische Aufnahmen des Alloy 617 mod. nach der Lösungsglü- hung aus [20] dargestellt. Die Aufnahmen zeigen, dass die Korngrößen im Gefüge sehr inhomogen sind. Außerdem sind einzelne, blockförmige ungleichmäßig im Gefüge verteilte Teilchen zu erkennen, welche den Titankarbiden und -karbonitriden (Ti(C,N)) zugeordnet werden können [41]. Des Weiteren sind primäre, grobe Karbide zu identifizieren. Der chemischen Zusammensetzung nach [32] ist weiterhin zu entnehmen, dass die Hauptlegie- rungselemente neben Nickel (Ni), Chrom (Cr), Cobalt (Co) und Molybdän (Mo) sind. Durch den hohen Cr-Gehalt zwischen 21 und 23 % besitzt der Werkstoff eine exzellente Beständigkeit gegen- über Hochtemperaturkorrosion in Form von Oxidation und Aufkohlung [36]. Weiterhin trägt das Chrom zur Bildung der M23C6-Karbide bei, welche bereits nach der Lösungsglühung vereinzelt auf den Korngrenzen vorzufinden sind [20]. Die Legierungselemente Cobalt und Molybdän, welche mit Gewichtsprozentanteilen zwischen 11 und 13 % bzw. 8 und 10 % enthalten sind, sorgen für die gute Warmfestigkeit sowie die hervorragenden Kriecheigenschaften bei mittleren Temperaturen. Des Wei- teren bildet das Molybdän nach thermischer und/oder mechanischer Beanspruchung M6C-Karbide. Die Elemente Aluminium und Titan, welche auch in der Legierung enthalten sind, begünstigen bei 2.4 Charakteristik von Nickelbasislegierungen 21 Bild 2. 6: TEM-Aufnahmen des Alloy 617 mod. auf den Korngrenzen (oben) und im Korn (unten) [33] thermisch-mechanischer Beanspruchung die Bildung der γ’-Ausscheidungen im Korn [41]. Im Bild 2. 6 sind Transmissionselektronenmikroskop (TEM)- Aufnahmen dargestellt [33], welche aus- gehend vom lösungsgeglühten Ausgangszustand, die Änderungen der Ausscheidungscharakteristik durch thermische bzw. thermisch-mechanische Beanspruchung an den Korngrenzen und im Korn veranschaulichen. Auf den Korngrenzen sind im lösungsgeglühten Ausgangszustand ausschließlich M23C6-Karbide vorzufinden (siehe Bild 2. 6 a)). Im Korn sind Versetzungen (V) zu erkennen (siehe Bild 2. 6 b)). Durch eine Stabilisierungsglühung bei 980 ◦C über 3 h, welche die Standardwärmebehandlung bei Alloy 617 mod. Schweißungen repräsentiert, vergröbern die M23C6-Karbide auf den Korngrenzen (siehe Bild 2. 6 c)) und es bilden sich feine Sekundärkarbide gleicher Art in den Körnern (siehe Bild 2. 6 d)). Nach einer Kriechbeanspruchung (700 ◦C/9480 h/σ=175 MPa) ist eine Vergröberung der M23C6- Karbide auf den Korngrenzen (siehe Bild 2. 6 e)) sowie die Ausscheidung dieser Karbide im Korn zu identifizieren (siehe Bild 2. 6 f)). Des Weiteren ist zu erkennen, dass sich in den Körnern eine Vielzahl von γ’-Teilchen ausscheiden. Auf den Korngrenzen sind weiterhin grobe molybdänreiche M6C-Karbide vorzufinden. 22 Stand von Wissenschaft und Technik 2.4.2 Nickelbasislegierung Alloy 263 Die Nickelbasislegierung Alloy 263 (NiCo20Cr20MoTi, Werkstoff-Nr. 2.4650) ist eine ausscheidungs- härtende Nickel-Chrom-Kobalt-Legierung mit Molybdänzusatz zur Mischkristallverfestigung. Sie zeichnet sich durch eine hohe Festigkeit und Korrosionsbeständigkeit in Verbindung mit guter Form- barkeit und Hochtemperaturduktilität in Schweißkonstruktionen aus. Die Legierung eignet sich besonders für Blechteile sowie die Verwendung in Gasturbinen für Ringe, Gehäuse und diverse Blechkonstruktionen. Zum Erreichen der mechanischen Eigenschaften wird die Legierung minde- stens 4 h bei 800 ◦C wärmebehandelt [20]. In Tabelle 2. 4 sind die Anforderungen an die chemische Zusammensetzung nach [42] angegeben. Ni Cr Co Mo Ti Al Al+Ti Fe Mn Si Cu C P S B Alloy 263 nach VDM Datenblatt 4020 min. Rest 19 19 5,6 1,9 0,3 2,4 - - - - 0,04 - - - max. 21 21 6,1 2,4 0,6 2,8 0,7 0,6 0,4 0,2 0,08 0,015 0,007 0,005 Tabelle 2. 4: Chemische Zusammensetzung Alloy 263 nach VDM-Datenblatt [42] Der Tabelle ist zu entnehmen, dass neben Nickel, Chrom (19-21 %), Cobalt (19-21 %) und Molybdän (5,6-6,1 %) die größten Gewichtsprozentanteile in der Legierung ausmachen. Durch den hohen Cr- Gehalt besitzt der Alloy 263 eine exzellente Beständigkeit gegenüber Oxidation bis etwa 1000 ◦C durch die Bildung einer dichten Chromoxiddeckschicht [41]. Weiterhin werden die M23C6-Karbide im Wesentlichen mit Chrom gebildet. Die Elemente Cobalt und Molybdän sorgen für die Mischkri- stallverfestigung und die gute Kriechbeständigkeit im mittleren Temperaturbereich. Weitere wichtige Legierungselemente sind Aluminium und Titan, welche mit Nickel γ’-Teilchen des Typs Ni3(Al,Ti) bilden und verantwortlich für die Ausscheidungshärtung sind. Die Löslichkeit dieser Elemente wird durch das Cobalt in der Legierung reduziert, wodurch im mittleren Temperaturbereich der Anteil an γ’ erhöht wird [41]. In Bild 2. 7 sind Lichtmikroskopaufnahmen des Alloy 263 nach der Aus- scheidungshärtung dargestellt [20]. Eindeutig zu erkennen ist, dass der Alloy 263 eine inhomogene Kornstruktur besitzt. Im Korn sind ungleichmäßig verteilte, grobe, blockförmige Teilchen zu sehen, welche den Titankarbonitriden Ti(C,N) zugeordnet werden können. Außerdem zeigen die Bilder, dass die Korngrenzen mit Karbiden belegt sind. In Bild 2. 8 ist anhand von TEM-Aufnahmen dargestellt, wie sich die Mikrostruktur unter thermisch- mechanischer Kriechbeanspruchung verändert [20]. Die TEM-Aufnahmen des ausscheidungsgehärte- ten Ausgangszustand zeigen, dass auf den Korngrenzen chromreiche M23C6-Karbide vorzufinden sind (siehe Bild 2. 8 a)). Im Korn sind runde γ’-Teilchen zu erkennen (siehe Bild 2. 8 b)). Durch die Kriechbeanspruchung (725 ◦C/775 h/σ=290 MPa) vergröbern sich sowohl die Korngrenzenkarbide M23C6 (siehe Bild 2. 8 c)) als auch die γ’-Ausscheidungen im Korn (siehe Bild 2. 8 d)). 2.4 Charakteristik von Nickelbasislegierungen 23 Bild 2. 7: Lichtmikroskopische Aufnahmen des Alloy 263 nach der Ausscheidungshärtung [20] Bild 2. 8: TEM-Aufnahmen des Alloy 263 auf den Korngrenzen (oben) und im Korn (unten) [20] 25 Kapitel 3 Theoretische Grundlagen 3.1 Werkstoffverhalten im Hochtemperaturbereich 3.1.1 Kriechbeanspruchung „Als Kriechen bezeichnet man die zeitabhängige, plastische Verformung eines Werkstoffs unter Last [43].“ Unterteilung zeitunabängiger und zeitabhängiger Beanspruchungen Das zeitunabhängige Verhalten wird im Wesentlichen durch die temperatur- und dehnratenabhängige Fließkurve des Werkstoffs bestimmt. Im einfachsten Fall bei elastischer Beanspruchung ist das Hoo- ke’sche Gesetz anwendbar. Mit zunehmender Temperatur tritt Kriechen mit einem nennenswerten, zeitabhängigen Anteil auf. Zeitabhängig bedeutet, dass die Dehnung trotz der konstant anliegenden Spannung mit der Zeit zunimmt. Im Bild 3. 1 sind die zulässigen Spannungen ermittelt aus den temperaturabhängigen 0,2 %-Dehn- grenzen und Zeitstandfestigkeiten [31, 32, 44] der Werkstoffe Alloy 617 mod. und Alloy 263 nach [45] aufgetragen. Der Schnittpunkt der Verläufe bestimmt die Temperatur, bis zu welcher bei der Ausle- gung einer Komponente zeitunabhängige Kennwerte bzw. ab der zeitabhängige Zeitstandkennwerte zu verwenden sind. Zeitabhängiges Verformungsverhalten Das zeitabhängige Verhalten eines Werkstoffs wird mit Hilfe von Zeitstandversuchen nach DIN EN ISO 204:2009 [46] ermittelt. Das Resultat dieses Versuchs ist eine Kriechkurve, welche die Dehnungs- entwicklung über der Zeit beschreibt. Im oberen Diagramm von Bild 3. 2 sind exemplarisch für den Werkstoff 13CrMo4-4 bei einer Span- nung von 180 MPa die Kriechkurven bei 500 ◦C und einer höheren Temperatur abgebildet. Die drei 26 Theoretische Grundlagen Bild 3. 1: Festigkeitsschaubild des Alloy 617 mod. und Alloy 263 [31, 32, 44, 45] wesentlichen Kriechbereiche sind anhand des Kurvenverlaufs deutlich zu erkennen und mit I, II und III markiert. Zusätzlich zeigt das untere Diagramm die zeitliche Entwicklung der Dehnrate [40]. Bild 3. 2: Schematische Kriechkurve mit Einteilung in die unterschiedlichen Kriechbereiche [40] 3.1 Werkstoffverhalten im Hochtemperaturbereich 27 Beim Aufbringen der Beanspruchung stellt sich in der einachsigen Probe eine zeitunabhängige Anfangsdehnung ε0 ein, welche je nach Beanspruchungshöhe aus einem elastischen und plastischen Anteil besteht [43]. Bei Temperaturen unterhalb der ungefähr 0,4-fachen Schmelztemperatur und konstanter Beanspruchung ist diese unabhängig von der Zeit (statischer, stationärer Zustand). Bei höheren Temperaturen kommt noch ein zeitabhängiger Anteil infolge Kriechen hinzu. Die zeitliche Abhängigkeit der Dehnung bei konstanter Beanspruchung wird im Zeitstandversuch ermittelt. Aus dem schematischen Verlauf im Bild 3. 2 oben ist zu erkennen, dass mit fortschreitender Zeit die Dehnung kontinuierlich zunimmt. Die Kriechkurve lässt sich in drei Bereiche einteilen [40]: • Der Primärbereich (I) ist durch eine abnehmende Dehnrate gekennzeichnet. In diesem Bereich erhöht sich die Anzahl der Versetzungen und es kommt so zu einer Verfestigung im Material. • Im anschließenden Sekundärbereich (II) nimmt die Dehnung bei nahezu gleichbleibender Dehn- rate zu, weil ein Gleichgewicht zwischen Erholungsvorgängen, in denen sich die Versetzungen z.B. durch Klettern aufheben und Neubildungen von Versetzungen vorliegt. • Im Tertiärbereich (III) nimmt die Dehnrate stark zu. Dies ist damit zu erklären, dass sich der tragende Probenquerschnitt aufgrund von Porenbildung auf den Korngrenzen immer stärker vermindert, bis es letztendlich zum Bruch kommt. Verformungs- und Schädigungsmechanismen während Zeitstandbeanspruchung Beim Kriechen sind je nach Höhe der Beanspruchung und Temperatur verschiedene Verformungsme- chanismen von Bedeutung. Im Bild 3. 3 ist dieser Zusammenhang exemplarisch dargestellt und es kann identifiziert werden, welcher Mechanismus jeweils wirksam ist [43]. Bild 3. 3: Verformungsmechanismen in Abhängigkeit von Belastung und Temperatur [43] 28 Theoretische Grundlagen In diesem Bild sind folgende Mechanismen dargestellt [43]: • Bei kleinen Spannungen und geringen Temperaturen wird das Material ausschließlich elastisch verformt. • Wenn jedoch die Fließgrenze überschritten wird, kommt es bei jeder Temperatur zur plastischen Verformung durch Gleiten von Versetzungen. • Im Bereich unterhalb der Fließgrenze und bei Temperaturen oberhalb der 0,4-fachen Schmelz- temperatur sind Kriechmechanismen verantwortlich für die Verformung. Der Kriechbereich lässt sich nochmals in den Bereich des Versetzungskriechen bei Spannungen nahe der Fließgrenze und den Bereich des Diffusionskriechens bei kleineren Spannungen unterteilen. • Beim Versetzungskriechen erfolgt die Verformung, wie der Name schon sagt, durch Versetzun- gen. Anders als jedoch bei der zeitunabhängigen plastischen Verformung, muss beim Erreichen eines Hindernisses, wie beispielsweise einer Korngrenze, keine zusätzliche Kraft aufgebracht werden, um dieses zu überwinden. Während des Versetzungskriechens verlassen die Versetzun- gen ihre Gleitebenen, indem sie durch Diffusionsvorgänge transportierte Leerstellen anlagern oder diese aussenden. • Im Diffusionskriechbereich kann der Leerstellentransport auch ohne Bewegungen von Verset- zungen zu Verformungen führen. Bei diesem Mechanismus bilden sich auf Korngrenzen, welche in Zugrichtung beansprucht werden Leerstellen, welche zu druckbeanspruchten Korngren- zen hin diffundieren. Das Diffusionskriechen wird nochmal unterteilt in Coble-Kriechen und Nabarro-Herring-Kriechen [43]. • Coble-Kriechen ist die Selbstdiffusion entlang von Korngrenzen und erfolgt bei niedrigen Temperaturen. • Nabarro-Herring-Kriechen erfolgt bei hohen Temperaturen und ist die Selbstdiffusion durch das Materialvolumen. Zusätzlich zu den genannten Mechanismen spielt bei hohen Temperaturen das Korngrenzengleiten ei- ne große Rolle. Hierbei bewegen sich die Körner gegeneinander, was den positiven Effekt hat, dass die Stabilität und Kompatibilität zwischen den Körnern gegeben bleibt. Der negative Effekt ist allerdings, dass es an sogenannten Tripelpunkten, an denen drei Körner aufeinander treffen, zu einem Aufrei- ßen der Korngrenzen kommt [43]. Das Aufreißen der Korngrenzen wird auch als Keilporenbildung bezeichnet und stellt einen der gängigsten Schädigungsmechanismen bei Zeitstandbeanspruchung dar. Ein weiterer wichtiger Schädigungsmechanismus ist die Bildung von sogenannten Kavernen- poren. Diese entstehen durch Diffusionsprozesse bevorzugt auf Korngrenzen, welche senkrecht zur 3.1 Werkstoffverhalten im Hochtemperaturbereich 29 Beanspruchungsrichtung liegen. Wie bei Ausscheidungen muss zur Entstehung von Kavernenporen eine Keimbildungsbarriere überwunden werden. Dies ist auch der Grund dafür, dass sich Poren erst nach längeren Beanspruchungszeiten bilden. Ein Anzeichen für die Bildung von Poren während des Zeitstandversuchs ist der plötzliche Anstieg der Dehnrate im Tertiärbereich. Aufgrund der Porenbil- dung verringert sich der tragende Probenquerschnitt und es kommt dort zu Spannungserhöhungen durch die Kerbwirkung. Zur besseren Veranschaulichung der Porenbildung sind in Bild 3. 4 beide Schädigungsmechanismen schematisch [43] sowie anhand einer Rasterelektronenmikroskop (REM)- Aufnahme des Alloy 617 mod. dargestellt [33]. Bild 3. 4: Bildung von Kavernen- (links) und Keilporen (rechts) schematisch und anhand einer REM-Aufnahme (mitte) [33, 43] Allgemein lässt sich zur Schädigungsentwicklung bei rein stationärer Zeitstandbeanspruchung sagen, dass diese bei geringen und mittleren Spannungen vorwiegend interkristallin erfolgt. Bei hohen Spannungen kann das Versagen jedoch auch transkristallin ablaufen [47]. Einfluss der Mehrachsigkeit auf das Zeitstandverhalten Im Zeitstandversuch werden die zeitabhängigen Kennwerte, wie die Zeitdehngrenze und die Zeit- standfestigkeit mit Hilfe von einachsig belasteten Proben bestimmt. Diese Kennwerte können jedoch nicht direkt auf die Bauteile übertragen werden, weil insbesondere in dickwandigen Kraftwerkskompo- nenten ein mehrachsiger Spannungszustand vorliegt. Um diesen Einfluss zu berücksichtigen, werden beispielsweise Versuche an Hohlzylindern unter Innendruck und zusätzlicher Axiallast durchgeführt. Das Bild 3. 5 zeigt einen Vergleich zweier Zeitstandversuche mit identischer Vergleichsspannung nach von Mises einerseits an einer einachsigen Zeitstand- und anderseits an einer mehrachsigen Hohlzylinderprobe [48]. Bei den dargestellten Verläufen war die Vergleichsspannung so gewählt, dass die Kriechporenbildung den dominanten Schädigungsmechanismus darstellt. Der Vergleich der Kriechkurven zeigt, dass ein mehrachsiger Spannungszustand verformungsbehindernd wirkt, sodass die Möglichkeit der 30 Theoretische Grundlagen Bild 3. 5: Einfluss der Mehrachsigkeit auf das Zeitstandverhalten [48] Porenbildung begünstigt wird. Dies führt im Endeffekt dazu, dass die Schädigung frühzeitiger und stärker einsetzt. Weiterhin führt eine mehrachsige Beanspruchung zur Verminderung der Duktilität des Werkstoffes, wie es in Bild 3. 5 anhand der geringeren Bruchdehnung zu identifizieren ist [48]. Extrapolation von Zeitstanddaten Für die Auslegung von Komponenten im Kraftwerksbereich sind Zeitstanddaten unabdingbar. Zur optimalen Charakterisierung eines Werkstoffes sind umfangreiche Zeitstanduntersuchungen, welche einen großen Spannungs- und Temperaturbereich abdecken, erforderlich. Da die Kraftwerkskom- ponenten in der Regel für Laufzeiten von 100 000 h auszulegen sind, sind hierfür auch abgesicherte Zeitstanddaten notwendig. Anderseits ist es aus Zeit- und Kostengründen nicht sinnvoll, die Zeitstand- versuche mit entsprechend langen Prüfzeiten durchzuführen. Aus diesem Grund wurden Methoden zur Extrapolation von Zeitstanddaten auf längere Laufzeiten entwickelt. Diesen Methoden liegt der Grundsatz zugrunde, dass für eine bestimmte Eigenschaftsänderung eine entsprechende Aktivierungs- energie erforderlich ist. Diese Energie wird sowohl durch die Temperatur als auch die Belastungsdauer bestimmt. Dies bedeutet, dass die gleiche Eigenschaftsänderung bei höherer Temperatur in kürzerer Zeit erreicht wird. Zur Extrapolation von Zeitstanddaten hat sich die Anwendung des Larson-Miller- Parameters als Temperatur-Zeit-Äquivalent bewährt. Die Abhängigkeit dieses Parameters von der Temperatur bzw. Zeit ist durch die Formel 3.1 gegeben [48]. PLM = [CLM + log(t)] T 1000 (3.1) Bei dem Parameter CLM handelt es sich um einen werkstoffabhängigen Parameter. In der ursprüngli- chen Veröffentlichung von Larson-Miller [49] wurde ein Wert von 20 für CLM verwendet. Weiterfüh- 3.1 Werkstoffverhalten im Hochtemperaturbereich 31 rende Forschungsergebnisse haben jedoch gezeigt, dass der Wert CLM je nach Werkstoff zwischen 10 und 40 variieren kann [47]. Mit Hilfe des Larson-Miller-Parameters kann die Eigenschaftsänderung, in diesem Fall die zeitliche Kriechdehnungsentwicklung durch eine eindimensionale Funktion, z. B. unter Verwendung des „Masterkurven-Konzepts “[50], beschrieben werden. Häufig wird eine Polynomfunktion nach der Formel 3.2 [48] zur Beschreibung der Masterkurve angewendet. PLM = B1 + B2σm + B3σ2m (3.2) Die Parameter B1, B2, B3, CLM und m werden unter Verwendung der im Zeitstandversuch ermittelten Dehnungen empirisch ermittelt. Durch Umformung der Formeln 3.1 und 3.2 nach der Spannung ergibt sich letztendlich die Formel 3.3, welche die Spannungsabhängigkeit vom Larson-Miller-Parameter beschreibt [48]. σ = −B2 − √ B22 − 4B3 (B1 − PLM) 2B3  1 m (3.3) Im Bild 3. 6 ist der Ablauf einer Larson-Miller-Anpassung exemplarisch dargestellt. Bild 3. 6: Ablauf einer Larson-Miller-Anpassung 32 Theoretische Grundlagen Ausgehend von den Kriechkurven (Schritt 1) einachsiger Kriechversuche werden für verschiedene Dehnungen die Parameter zur Bestimmung der spannungsabhängigen Larson-Miller-Masterkurve (Schritt 2) ermittelt. Mit Hilfe der Parameter ist es möglich für beliebige Spannungen und Temperaturen gemittelte Kriechkurven abzuleiten (Schritt 3). Bei der Wahl der Temperaturen und Spannungen sollte jedoch darauf geachtet werden, dass die Abweichung zu den verwendeten Versuchsdaten nicht zu groß ist. Nach ECCC [51] ist eine Extrapolation von Zeitstandergebnissen um den Faktor drei in der Laufzeit zulässig. 3.1.2 Ermüdungsbeanspruchung Aufgrund der Energiewende ist die Berücksichtigung einer größeren Lastwechselhäufigkeit und Erhöhung der Leistungsänderungsgeschwindigkeit eine wesentliche Voraussetzung für einen zu- kunftsfähigen Betrieb von Kraftwerken. Damit sind die Kraftwerkskomponenten starken zyklischen Beanspruchungen bei hohen Temperaturen ausgesetzt. Besonders in den dickwandigen Komponenten entstehen durch die schnellen Temperaturwechsel hohe Temperaturgradienten innerhalb der Kompo- nentenwand. Infolge der thermischen Ausdehnung und Dehnungsbehinderung werden hohe Zug- und Druckspannungen erzeugt, welche in Verbindung mit der höheren Zyklenanzahl eine deutliche Steigerung des Ermüdungsschädigungsanteils bewirken. Um das Ermüdungsverhalten einer Komponente, welche einer zyklischen Beanspruchungssituation ausgesetzt ist, bewerten zu können, wird anhand von Laborversuchen das Werkstoffverhalten bei zyklischer Beanspruchung charakterisiert. Kennwerte des Ermüdungsversuchs Bedingt durch schwingende Beanspruchungen können Komponenten durch Dauerschwing- bzw. Ermüdungsbruch versagen, obwohl bei rein statischer Betrachtung noch ausreichende Sicherheiten vorhanden wären. Aus diesem Grund ist die Kenntnis der Werkstoffeigenschaften unter diesen Be- anspruchungsbedingungen eine wesentliche Voraussetzung für die Lebensdauerbewertung. Hierzu werden bei zyklischer Belastung Versuche mit gleichbleibenden Dehnungs- bzw. Spannungsampli- tuden durchgeführt. Die Belastung wird im allgemeinen bei konstanter Temperatur als einachsige Belastung aufgebracht und kann dehnungs- oder kraftkontrolliert erfolgen. Der zyklische Wechsel der Beanspruchung kann schwellend sowohl nur im Zug- bzw. nur im Druckbereich oder wechselnd vom Druck- in den Zugbereich erfolgen. Im Bild 3. 7 ist zur Erläuterung der wichtigsten Größen eines Ermüdungsversuchs exemplarisch eine Spannungs-Dehnungs-Hysterese eines Zyklus dargestellt [52]. Bei einem kraftkontrollierten Ermüdungsversuch wird die Belastungsbandbreite durch die Ober- σo 3.1 Werkstoffverhalten im Hochtemperaturbereich 33 Bild 3. 7: Charakteristische Kennwerte eines Ermüdungsversuchs [52] und Unterspannung σu begrenzt. Aufgrund der hohen Oberspannung treten bei der Belastung zusätz- lich zum elastischen Dehnungsanteil überproportionale plastische Verformungen auf. Da während der Entlastung zunächst die proportionalen elastischen Dehnungen abgebaut werden, sind die Be- und Entlastungsverläufe nicht deckungsgleich und es bildet sich die dargestellte Hystereseschleife aus. Das arithmetische Mittel wird als Mittelspannung bezeichnet und nach Formel 3.4 definiert. σm = σo + σu 2 (3.4) Die Differenz zwischen den beiden Spannungsgrenzen wird als Spannungsschwingbreite ∆σ be- zeichnet. Weiterhin ergibt sich die Spannungsamplitude nach Formel 3.5 aus der halben Spannungs- schwingbreite. σa = 1 2 ∆σ = σo − σu 2 (3.5) Der Quotient aus Unter- und Oberspannung nach Formel 3.6 wird als Spannungsverhältnis Rσ bezeichnet. Rσ = σu σo (3.6) 34 Theoretische Grundlagen Hiermit lässt sich die Beanspruchung in wechselnd (-∞1 bzw. Rσ=-∞) einteilen. Bei dehnungskontrollierten Versuchen zwischen den Grenzen εo und εu können die Kennwerte εm, εat, ∆εt und Rε in analoger Weise ermittelt werden. Da in der Regel die dehnungskontrollierten Versuche mit Belastungen oberhalb der Streckgrenze durchgeführt werden, ist zusätzlich eine Aufteilung der totalen Dehnungsamplitude εat in einen elastischen εae und einen plastischen Anteil εap hilfreich. Wöhlerkurve kraftkontrollierter Ermüdungsversuche Im Normalfall wird ein Ermüdungsversuch bei gleicher Amplitude sowie gleichem R-Verhältnis so- lange geprüft, bis ein vorher definiertes Versagenskriterium (Anriss oder Bruch der Probe) erreicht ist. Aus einer Vielzahl von Versuchen mit variierenden Amplituden bei jedoch gleichem R-Verhältnis wird aus den Bruch- bzw. Anrisszyklenzahlen eine Ermüdungskurve ermittelt. Eine aus kraftkontrollierten Versuchen ermittelte Ermüdungskurve der Bruchwerte wird als Wöhlerkurve bezeichnet und ist in Bild 3. 8 links für einen krz-Werkstoff und in Bild 3. 8 rechts für einen kfz-Werkstoff dargestellt [40]. Bild 3. 8: Beispielhafte Wöhlerkurven [40] Aus dem Verlauf der Wöhlerkurve ist zu erkennen, dass die Bruchspannung monoton mit zunehmen- der Zyklenzahl abfällt. Anfänglich können im Bereich der Kurzzeitfestigkeit Spannungen oberhalb der Streckgrenze bis zur Zugfestigkeit allerdings mit wenigen Zyklen ertragen werden. Im anschlie- ßenden Zeitfestigkeitsbereich nimmt die ertragbare Spannung kontinuierlich ab. Bei Werkstoffen mit kubisch-raumzentrierter Kristallstruktur (Typ I) kann ab einer Lastwechselzahl ND von 2·106 von einer ausgeprägten Dauerfestigkeit gesprochen werden. Wohingegen bei Werkstoffen mit kubisch- flächenzentrierter Kristallstruktur (Typ II) keine ausgeprägte Dauerfestigkeit auftritt, weil selbst ab einer Lastwechselzahl 108 noch eine Abhängigkeit von der Spannungsamplitude zu erkennen ist [40]. Die bei der Auslegung von Kraftwerkskomponenten anzunehmenden Zyklenzahlen liegen im Bereich der Zeitfestigkeit. In diesem Bereich wird zwischen Kurzzeitfestigkeit bzw. low cycle fatigue (LCF) 3.1 Werkstoffverhalten im Hochtemperaturbereich 35 und Langzeitfestigkeit bzw. high cycle fatigue (HCF) unterschieden. Die Zyklenzahl für den Übergang von LCF zu HCF liegt bei etwa 5·104 [40]. Anrisskennlinie dehnungskontrollierter Ermüdungsversuche Aufgrund des elastisch-plastischen Verformungszustandes und logarithmischen Zusammenhangs zwischen Lastwechselzahl und Spannung tritt im LCF-Bereich bereits bei kleinen Lastwechselzahlen eine starke Abnahme der ertragbaren Spannung auf. Hieraus resultiert, dass bereits kleine Spannungs- veränderungen starke abweichende ertragbare Lastwechselzahlen verursachen können. Deshalb werden im LCF-Bereich die Ermüdungsversuche dehnungskontrolliert durchgeführt. Anders als bei kraftkontrollierten Versuchen ist bei dehnungskontrollierten Versuchen das Versagenskriterium nicht der Bruch, sondern ein definierter Anriss der Probe. Aus diesem Grund wird bei Anrisskenn- linien in dehnungskontrollierten Versuchen die Dehnungsamplitude bzw. -schwingbreite über der Anrisszyklenzahl NA aufgetragen [52]. Um Anrisskennlinien dehnungskontrollierter Versuche numerisch zu beschreiben, wird häufig der Ansatz von Manson [53] und Coffin [54] nach Gleichung 3.7 verwendet [55]. εat = εae + εap = σ∗B E (NA)b + ε∗B(NA) c (3.7) Nach Gleichung 3. 7 setzt sich die totale Dehnungsamplitude εat aus einem elastischen εae und einem plastischen Anteil εap zusammen. Der Parameter σ∗B ist der Schwingfestigkeitskoeffizient und der Parameter ε∗B der Duktilitätskoeffizient. Mit dem Schwingfestikeitsexponent b lässt sich im elastischen Teil und mit dem Duktilitätsexponent c im plastischen Teil die Neigung beschreiben [56]. Zur Veranschaulichung anhand eines praktischen Beispiels ist im Bild 3. 9 die Anrisskennlinie des Alloy 617 bei einer Temperatur von 700 ◦C aus dem Forschungsvorhaben HWT I [37] dargestellt. Bild 3. 9: Beispielhafte Darstellung einer Anrisskennlinie [37] 36 Theoretische Grundlagen Für drei Versuche mit unterschiedlichen Dehnungsamplituden wurde die totale Dehnung in einen elastischen und einen plastischen Dehnungsanteil aufgeteilt. Aufgrund des linearen Zusammenhan- ges bei einer doppeltlogarithmischen Darstellung können mit Hilfe der experimentell bestimmten Stützstellen jeweils eine Gerade für die elastischen und eine Gerade für die plastischen Dehnungsan- teile mit den zugehörigen Steigungen (Exponent b bzw. c in Gleichung 3.7) ermittelt werden. Durch Extrapolation der Geraden können die übrigen Parameter σ∗B und ε ∗ B bestimmt werden. Werkstoffverhalten bei zyklischer Beanspruchung In dehnungskontrollierten Ermüdungsversuchen verändern sich mit fortschreitender Zyklenzahl die Ober- und Unterspannungen und damit auch die Spannungsschwingbreiten. Diese Veränderung ist werkstoffspezifisch. Wenn die Schwingbreite anfänglich zunimmt, wird dies als Verfestigung bezeichnet und eine Abnahme nennt man Entfestigung. Die Ursache für dieses Verhalten liegt in der Mikrostruktur des Werkstoffs begründet und ist mit der laufenden Neubildung, der Umverteilung bereits bestehender sowie der Auslöschung von Versetzungen zu erklären. Deshalb zeigen Werkstoffe mit einer geringen Versetzungsdichte im Ausgangszustand meist ein verfestigendes und die mit hoher anfänglicher Versetzungsdichte ein entfestigendes Verhalten [43]. In vielen Fällen ändert sich die Spannungsamplitude nur in den ersten Zyklen und nähert sich dann oftmals einem stationärer Spannungswert an [43]. Dies liegt daran, dass durch zunehmende zyklische Schädigung der tragen- de Probenquerschnitt kleiner wird und somit eine immer geringere Kraft erforderlich ist, um die gewünschte Dehnungsamplitude zu erreichen. Aufgrund dieses Effektes wird ein dehnungskontrol- lierter Ermüdungsversuch beendet, wenn „eine bestimmte prozentuale Minderung der maximalen Zugspannung, bezogen auf das während des Versuches ermittelte Niveau “ erreicht ist [57]. Nach DIN EN 3988 [57] ist die Wahl des Lastabfallkriteriums nicht genau definiert. Es wird allerdings ein Wert von 10 % vorgeschlagen. Zur Verdeutlichung, welches Lastabfallkriterium verwendet wurde, wird die Variable für die Zyklenzahl bis zum Anriss NA, um die Angabe der prozentualen Minderung ergänzt, sodass beispielsweise die Zyklenzahl bei Erreichen des 5 %-Lastabfallkriteriums als NA5% geschrieben wird. Im Bild 3. 10 sind auf der linken Seite die Verläufe der Ober- und Unterspannungen über der Zy- klenanzahl dargestellt. Hierbei ist zu erkennen, dass der oben dargestellte Werkstoff Alloy 617 zu Beginn verfestigt, während der unten abgebildete Werkstoff Inconel 740 entfestigt. Auf der rechten Seite sind die zugehörigen Hystereseverläufe während des ersten Zyklus und des Zyklus bei halber Lebensdauer dargestellt [37]. Analog zu den statischen Bedingungen kann das Verformungsverhalten bei zyklischer Beanspruchung auch durch eine Spannungs-Dehnungs-Kurve beschrieben werden. Zur Ermittlung dieser Kurve werden Ermüdungsversuche mit unterschiedlichen Dehnungsschwingbreiten durchgeführt und bei 3.1 Werkstoffverhalten im Hochtemperaturbereich 37 einem definierten Zyklus (meist der Zyklus bei halber Lebensdauer) die Maximalspannung sowie die dazugehörige Dehnungsschwingbreite ausgewertet. Die resultierende Kurve ergibt für einen bestimmten Zyklus, wie in Bild 3. 11 dargestellt, eine zyklische Fließkurve [43]. Bild 3. 10: Zyklische Verfestigung Alloy 617 (oben) bzw. Entfestigung Inconel 740 (unten) [37] Bild 3. 11: Zyklische Fließkurve eines verfestigenden Werkstoffs im Vergleich zur statischen [43] 38 Theoretische Grundlagen Zur mathematische Beschreibung der Fließkurve wird oft der Ansatz nach Ramberg Osgood verwen- det, welcher durch die Formel 3.8 definiert ist [43, 58]. εat = εae + εap = σa E + (σa K′ ) 1 n′ (3.8) Der E-Modul E, der Verfestigungskoeffizient K ′ und der Verfestigungsexponent n ′ sind lastwechsel-, temperatur- und werkstoffabhängige Größen. Der E-Modul kann direkt aus der Hooke’schen Gerade ermittelt werden. Die Werte K ′ und n ′ lassen sich empirisch über die Punkte der zyklischen Fließkurve bestimmen. Kerbbeanspruchung Kraftwerkskomponenten besitzen konstruktionsbedingt Rundungsradien beispielsweise an Über- gangsbereichen von T-Stück Abzweigen oder den Lochrändern von Sammlern. Diese Rundungsradien wirken im Bauteil wie eine geometrische Kerbe und es kommt zu einer Störung des mechanischen Kraftflusses, was zu einer lokalen Erhöhung der Spannung sowie zur Ausbildung eines mehrachsigen Spannungszustandes führt. Die Größe der Spannungerhöhung im Kerbgrund hängt von der Kerbgeo- metrie ab und lässt sich über die Kerbformzahl αk beschreiben, welche nach Formel 3.9 durch den Quotient der Maximalspannung σmaxK im Kerbgrund und der Nennspannung σnK ermittelt wird [52]. αk = σmaxK σnK (3.9) Dieser Zusammenhang ist jedoch nur gültig bei linear-elastischer Beanspruchung. Im plastischen Bereich wird die Kerbformzahl αk durch die Dehnungs- αε und Spannungskerbformzahl ασ ersetzt, welche über die Zusammenhänge in den Formeln 3.10 bis 3.12 bestimmt werden können. αε = εmaxK εnK (3.10) ασ = σmaxK σnK (3.11) E = σnK εnK (3.12) Unter der Voraussetzung, dass die Nennspannung σnK elastisch ist, kann die Beziehung nach Neuber, welche durch den Zusammenhang in Formel 3.13 gegeben ist, angewendet werden [59]. αε · ασ = α 2 k · σ2nK E (3.13) Durch Einsetzen der Formeln 3.10 bis 3.12 in 3.13 ergibt sich die Gleichung 3.14, welche die sogenannte Neuber-Hyperbel beschreibt. 3.1 Werkstoffverhalten im Hochtemperaturbereich 39 εmaxK · σmaxK = α2k (3.14) Mit Hilfe dieses Zusammenhangs kann für jede Nennspannung eine Neuber-Hyperbel generiert werden. Durch den Schnittpunkt der Neuber-Hyperbel mit der zyklischen Fließkurve kann die Kerbgrundbeanspruchung abgeschätzt werden. Schädigungsmechanismen bei Ermüdungsbeanspruchung Die Ermüdungsschädigung verläuft typischerweise transkristallin [41] und lässt sich im Wesentlichen in drei Stadien unterteilen: die Anrissbildung, das Risswachstum bei zyklischer Beanspruchung und den Restbruch. Wie im Abschnitt über das Ver-und Entfestigungsverhalten beschrieben, spielen Versetzungsbewegungen eine große Rolle. In Folge der zyklischen Beanspruchung kommt es zu einer inhomogenen Verteilung der Versetzungen und es entstehen Gleitbänder mit oberflächlich stufenförmigen Auswölbungen und Einsenkungen, welche die Vorstufe von feinen Anrissen sind [40]. Der mit zunehmender Zyklenzahl resultierende Rissfortschritt lässt sich auf der Bruchfläche, anhand von Schwingstreifen, welche durch die plastische Verformung an der Rissspitze entstehen sowie Rastlinien, welche sich beispielsweise aufgrund von Laständerungen oder Überbeanspruchungen bilden können, erkennen. Ab einer kritischen Risslänge ist der tragende Materialquerschnitt nicht mehr in der Lage den Beanspruchungen stand zu halten und es kommt zum Restbruch. Die Bereiche des Ermüdungsbruches und des Restbruches lassen sich auf der Bruchfläche gut unterscheiden, da die Ermüdungsbruchfläche in der Regel sehr glatt und die Restbruchfläche sehr zerklüftet ist [40, 43]. 3.1.3 Kriechermüdungsbeanspruchung Kraftwerkskomponenten sind zukünftig neben der Zeitstandbeanspruchung während des stationären Betriebs zusätzlich hohen Ermüdungsbeanspruchungen ausgesetzt, welche aus den häufigeren und schnelleren Kesselan- und abfahrten resultieren. Eine überlagerte Beanspruchung aus Kriechen und Ermüden kann im Vergleich zu reiner Ermüdungs- bzw. Kriechbeanspruchung zu einer deutlichen Verminderung der Bauteillebensdauer führen. Diese Verminderung in der Lebensdauer kann labor- mäßig durch isotherme LCF-Versuche mit unterschiedlich langen Haltezeiten während der Zug- und Druckphasen untersucht werden [60]. Bei der Versuchsführung wird die Dehnrate im zyklischen Teil hinreichend hoch gewählt, um aus- schließlich Ermüdungsschädigung hervorzurufen. Weiterhin werden die Versuche bei Temperaturen durchgeführt, bei denen während der Haltezeiten signifikantes Kriechen (kraftkontrollierte Haltezeit) bzw. Relaxation (dehnungskontrollierte Haltezeit) auftritt [60]. In Bild 3. 12 sind Ergebnisse von LCF-Versuchen am Alloy 617 mit und ohne Haltezeit aus dem Forschungsvorhaben COORETEC DE4 anhand von Anrisskennlinien dargestellt, um den Einfluss 40 Theoretische Grundlagen von Haltezeiten exemplarisch aufzuzeigen [20]. Bild 3. 12: Ergebnisse von LCF-Versuchen am Alloy 617 mit und ohne Haltezeit [20] Das Diagramm zeigt die Anrisskurven ermittelt mit dem 5%-Lastabfallkriterium für die Temperaturen 20, 700 und 750 ◦C ohne Haltezeit. Es ist eine Staffelung zu erkennen, dass mit steigender Temperatur die Anrisslastwechselzahl abnimmt. Zusätzlich sind im Diagramm Anrisspunkte von Versuchen mit 10-minütiger dehnungskontrollierter Haltezeit während der Zug- und Druckphase bei einer Prüftem- peratur von 700 ◦C dargestellt, welche in etwa auf der Anrisskennlinie der reinen Ermüdungsversuche bei 750 ◦C liegen [20]. Das bedeutet, dass die Haltezeit einen Lebensdauer verkürzenden Einfluss hat. Da die Schädigung bei Ermüdungsbeanspruchung in der Regel transkristallin bzw. bei Kriechbean- spruchung vorwiegend interkristallin ist und somit örtlich getrennt abläuft, können mit Hilfe von Mikrostrukturuntersuchungen die Verformungs- und Schädigungsmechanismen analysiert und die Wechselwirkungen zwischen den Beanspruchungsarten untersucht werden [60]. 3.2 Verformungsmodell Zur Beschreibung des Werkstoffverhaltens von Bauteilen, welche einer komplexen Beanspruchungssi- tuation ausgesetzt sind, werden in der Praxis Finite Elemente (FE) Programme eingesetzt. Durch die rapide Entwicklung der Computertechnik in den vergangenen Jahrzehnten machen diese Programme es möglich, bei bekannten Lastsituationen, die an kritischen Bereichen eines komplexen Bauteiles wirkenden Spannungen und Dehnungen zu ermitteln. Die Beschreibung des Materialverhaltens in FE-Simulationen kann auf einfache Weise elastisch bzw. elastisch-plastisch durch die direkte Ein- gabe von Werkstoffkennwerten aus Datenblättern oder Versuchen erfolgen. Weiterhin können aber auch komplexe phänomenologische bzw. mechanismenbasierte Materialmodelle in die Simulation implementiert werden. Bei Materialmodellen wird grundsätzlich zwischen zwei Typen unterschieden, den mechanismenbasierten werkstoffmechanisch begründeten und den phänomenologischen ma- 3.2 Verformungsmodell 41 thematisch beschriebenen Ansätzen. Je nach Komplexität des Materialmodells müssen verschiedene werkstoff- und temperaturabhängige Parameter angepasst werden, um die konstitutiven Beziehungen zwischen den Spannungen und Dehnungen beschreiben zu können. Die Parameteranpassung erfolgt auf der Basis verschiedener isothermer einachsiger Ermüdungs- und Zeitstandversuche, um so einer- seits zeitunabhängige sowie andererseits die im Hochtemperaturbereich besonders entscheidenden zeitabhängigen Materialeigenschaften beschreiben zu können [56]. In der vorliegenden Arbeit wird ein viskoplastisches Materialmodell nach Chaboche und Nouailhas verwendet, in welches Ansätze von Ohno und Wang integriert worden sind. Dieses Modell wird im folgenden als CNOW-Modell bezeichnet und näher erläutert. 3.2.1 Chaboche-Nouailhas-Ohno-Wang-Modell - CNOW Das CNOW-Modell ist ein fortschrittliches phänomenologisches Materialmodell zur Berechnung von Verformungen bei komplexer Kriechermüdungsbeanspruchung und wurde im Rahmen verschiedener Forschungsvorhaben an der MPA Universität Stuttgart entwickelt [61, 62, 63]. Ausgangspunkt für dieses Modell ist das zeit- und temperaturabhängige Werkstoffmodell nach Chaboche-Nouailhas [64] und das kinematische Verfestigungsgesetz von Ohno und Wang [65]. Das Modell ist in der Lage viskoplastisches Werkstoffverhalten unter Berücksichtigung von Dehnratenabhängigkeiten sowie Ver-/Entfestigungs- und Erholungsvorgängen zu beschreiben. Es basiert auf der Theorie von kleinen Dehnungen, wie sie typischerweise bei zyklischen Beanspruchungen auftreten. Wie in Formel 3.15 dargestellt, setzt sich der Dehnungstensor ε aus einem elastischen εel , einem inelastischen εin und einem thermischen εth Anteil zusammen. Der inelastische Dehnungstensor wird in zwei Teile gesplittet, einen Anteil für vorwiegend hohe Beanspruchungen, wie sie bei plastischen Verformungen durch zyklische Belastungen auftreten und einen Anteil für vorwiegend niedrige Beanspruchungen, wie sie bei viskoplastischen Verformungen während Kriechvorgängen auftreten. ε = εel + εin,1 + εin,2 + εth (3.15) Der thermische Dehnungstensor wird nach Formel 3.16 aus der Multiplikation der temperaturabhän- gigen Wärmeausdehnungskoeffizienten αth bei der aktuell vorliegenden Temperatur T, abzüglich der Referenztemperatur Tre f , berechnet. εth = αth ( T − Tre f ) (3.16) Unter Berücksichtigung des Hooke’schen Gesetzes lässt sich nach Formel 3.17 der Spannungstensor berechnen. Der Parameter C steht für den Elastizitätstensor. Zusätzlich ist in der Formel dargestellt, dass sich der Spannungstensor in einen hydrostatischen σhyd und einen deviatorischen σ ′ Anteil 42 Theoretische Grundlagen aufteilen lässt. σ = C : εel = σhyd + σ ′ (3.17) mit: σhyd = 1 3 (σ1 + σ2 + σ3) (3.18) Zur Beschreibung des plastischen bzw. viskoplastischen Werkstoffverhaltens werden die Gesetzmä- ßigkeiten und Bedingungen der Plastizitätstheorie eingesetzt. Um den Übergang von elastischem zu plastischem Materialverhalten für einen beliebigen Spannungszustand zu beschreiben, werden Fließbedingungen verwendet. Da im CNOW-Modell zwei inelastische Dehnungsanteile für hohe und niedrige Beanspruchungen berechnet werden, sind zwei Fließbedingungen notwendig, welche in den Formeln 3.19 und 3.20 angegeben sind. Fließbedingung für vorwiegend hohe Beanspruchungen: f1 = J2 (σ − X1)− R− k− σvis1 = 0 (3.19) Fließbedingung für vorwiegend niedrige Beanspruchungen: f2 = J2 (σ − X2)− σvis2 = 0 (3.20) mit: J2 (σ − X1,2) = √ 3 2 ( σ ′ − X ′1,2 ) : ( σ ′ − X ′1,2 ) (3.21) Bei den verwendeten Formulierungen, handelt es sich um die Fließbedingungen nach von Mises. Im dreiachsigen Hauptspannungsraum ist die Fließfläche ein Zylinder um die hydrostatische Achse (σ1 = σ2 = σ3) mit dem Innenradius k. Bei Erstbelastung gilt, dass alle Spannungen, die kleiner als k sind, elastisches Materialverhalten zur Folge haben. Sobald die Spannungen auf der Fließfläche liegen, setzt plastische Verformung ein. Die Größen X1,2 sind tensorielle Größen und werden auch als kine- matische Variablen oder Backstresses bezeichnet. Im Spannungsraum beschreiben die kinematischen Variablen eine Verschiebung der Fließfläche. Bei der skalaren Größe R handelt es sich um die Variable zur Beschreibung der isotropen Verfestigung. Sie beschreibt im Spannungsraum eine gleichmäßige Vergrößerung des Radius k um den Betrag von R. Zur Verdeutlichung der kinematischen und iso- tropen Verfestigungsvorgänge sind in Bild 3. 13 die beschriebenen Veränderungen der zylindrischen Fließfläche sowie die entsprechenden Spannungs-Dehnung-Hysteresen abgebildet [66]. Wenn f1,2 < 0 ist, liegt linear-elastisches Werkstoffverhalten vor. Als weitere Variablen sind in den Fließbedingungen die Viskospannungen σvis1,2 enthalten, welche auch als Überspannungen bezeichnet 3.2 Verformungsmodell 43 Bild 3. 13: Einfluss kinematischer (oben) und isotroper (unten) Verfestigung auf die Fließfläche nach von Mises [66] werden. Nach den Formeln 3.22 und 3.23 beginnt der Werkstoff zu fließen, wenn die in den Macauley- Klammern 〈〉 stehenden Terme nicht negativ sind. Das bedeutet, dass inelastische Verformungen nur auftreten, wenn eine positive Überspannung vorliegt [67]. 〈σvis1〉 = 〈J2 (σ − X1)− R− k〉 (3.22) 〈σvis2〉 = 〈J2 (σ − X2)〉 (3.23) Fließbedingungen geben nur an, ob ein Werkstoff zu fließen beginnt. Wie das Fließen erfolgt, wird durch Fließgesetze beschrieben. Weil nach dem Einsetzen der plastischen Verformung kein eindeutiger Zusammenhang zwischen Spannungen und Dehnungen vorliegt, ist die Kenntnis über die Richtung des plastischen Lastpfades von enormer Wichtigkeit. Mit der assoziierten Fließregel, welche besagt, dass der Vektor der plastischen Dehnungsinkremente senkrecht auf der Fließfläche steht, lässt sich der inelastische Dehnungstensor über die Formel 3.24 berechnen. ε˙in1,2 = ∂ f1,2 ∂σ p˙1,2 = 3 2 p˙1,2 σ ′ − X ′1,2 J2 (σ − X1,2) (3.24) 44 Theoretische Grundlagen Die Variable p˙1,2 ist die akkumulierte plastische Dehnrate und wird nach Formel 3.25 bzw. 3.26 berechnet. p˙1 = 1 1− D 〈 J2 (σ − X1)− R− k K1(1− D) 〉n1 (3.25) p˙2 = 1 1− D 〈 J2 (σ − X2) K2(1− D) 〉n2 (3.26) Durch die Macauley Klammern wird sichergestellt, dass die akkumulierte plastische Dehnrate null ist, für den Fall f1,2 < 0. Die Parameter n1,2 und K1,2 sind werkstoff-, dehnraten- und temperaturabhängig und beschreiben das viskose Materialverhalten. In der Praxis liegt n meist in einem Bereich zwischen 3 und 30 [66]. In den Formeln 3.27 und 3.28 sind die Gleichungen zur Bestimmung der kinematischen Variablen X˙1,2 angegeben. Kinematische Variable für vorwiegend hohe Beanspruchungen: X˙1 = 2 ∑ i=2 X1,i X˙1i = 2 3 c1ia1i ε˙ in1 (1− D)− c1iφ1i(p1) ( |X1,i| a1,i )m1i X1i p˙1 − β1i J2 (X1i)r1i−1 X1i + d (c1i, a1i)dT X1i c1ia1i T˙ mit: φ1i(p1) = (φ1i + (1− φ1i) exp (−d1i p1)) (3.27) Kinematische Variable für vorwiegend niedrige Beanspruchungen: X˙2 = 2 3 c2a2 ε˙ in2 (1− D)− c2X2 p˙2 + d (c2, a2)dT X2 c2a2 T˙ (3.28) Zur Berechnung der kinematischen Variablen für vorwiegend hohe Beanspruchungen X˙1 wird als Basis ein nicht lineares Verfestigungsgesetz nach Chaboche [68] verwendet, welches um den dynami- schen und statischen Erholungsterm nach Ansätzen von Ohno und Wang [65] ergänzt wurde. Diese Erweiterung ermöglicht eine verbesserte Beschreibung von Ratchetting-Effekten. Die kinematische Variable für vorwiegend niedrige Beanspruchungen X˙2 wird nach dem klassischen Ansatz von Chabo- che [69] berechnet. Beide Formeln für die kinematischen Variablen enthalten einen zusätzlichen Term, in welchem die Temperaturrate T˙ enthalten ist. Dieser Term soll bei anisothermen Beanspruchungen zur Temperaturkompensation dienen und für die Stabilität der Simulation sorgen. Die Formel 3.27 enthält eine von der akkumulierten plastischen Dehnung p abhängige φ-Funktion, welche von Chaboche [70] eingeführt wurde und es ermöglicht, neben kinematischer auch isotrope Verfestigungseffekte zu beschreiben. 3.3 Lebensdauerbewertung 45 Klassischerweise werden isotrope Verfestigungsvorgänge jedoch, wie zuvor bei den Fließbedingungen erläutert, über die skalare Variable R, welche durch die Gleichung 3.29 gegeben ist, beschrieben [70, 71]. R˙ = b (Q− R) p˙1 (1− D) (3.29) Die Formel zur Berechnung der isotropen Variable R hängt von der akkumulierten plastischen Dehnrate ab und beinhaltet die werkstoff- und temperaturabhängigen Parameter b und Q. Durch das Lösen der Differentialgleichung der isotropen Variable ergibt sich der in Formel 3.30 aufgeführte Zusammenhang. Anhand dessen sind die Einflüsse der Parameter b und Q zu erklären. R(p) = Q (1− exp(−bp)) (3.30) Stellt man sich die minimalen und maximalen Spannungsverläufe eines dehnungskontrollierten LCF- Versuches vor, gibt der Parameter Q die Größe der Spannungsänderung vom Erstbelastungszyklus bis zum Zyklus bei maximaler Zugspannung an. Der Parameter b beschreibt, mit welcher Geschwindigkeit der maximale Spannungswert erreicht wird. Aufgrund der Tatsache, dass das beschriebene CNOW-Materialmodell eine große Anzahl an werkstoff- und temperaturabhängigen Parametern besitzt, sind diese in der Tabelle 3. 1 zusammengefasst. Modellparameter elastisches Materialverhalten E, ν thermisches Materialverhalten αth plastisches Materialverhalten a1i,2, c1i,2, φ1i , d1i , m1i , β1i , r1i , b, Q viskoplastisches Materialverhalten K1i,2, n1i,2 Tabelle 3. 1: Übersicht der werkstoff- und temperaturabhängigen Parameter des CNOW-Modells In den Entwicklungsgleichungen für die akkumulierte plastische Dehnrate p˙1,2 sowie der kinema- tischen X1,2 und isotropen R Verfestigungsvariablen ist der Parameter D enthalten, bei welchem es sich um einen Schädigungsparameter handelt, der die Schädigung des Materials beschreibt. Auf die Formulierung der Schädigung wird im Detail in Abschnitt 3.3.2 näher eingegangen. 3.3 Lebensdauerbewertung Weil konventionelle Kraftwerke in der Vergangenheit, für einen hauptsächlich stationären Grundlast- betrieb mit moderaten An- und Abfahrten ausgelegt worden sind, müssen kritische Komponenten im Hinblick auf Kriechermüdungswechselwirkung neu bewertet werden. Des weiteren gilt für die Konzeption neuer Anlagen, dass schon bei der Auslegung die Interaktion berücksichtigt werden 46 Theoretische Grundlagen muss, um durch geeignete Werkstoffwahl und weniger konservativer geometrischer Abmessungen eine lange Lebensdauer zu gewährleisten. Zur Auslegung und Bewertung von Komponenten, welche einer interagierenden Kriechermüdungs- beanspruchung ausgesetzt sind, werden in nationalen und internationalen Regelwerken bzw. Empfeh- lungen verschiedene Ansätze beschrieben, welche im folgenden Abschnitt 3.3.1 näher beschrieben werden. Zusätzlich wird im Abschnitt 3.3.2 ein komplexes phänomenologisches Schädigungsmodell von Lemaitre vorgestellt, welches die Interaktion von Kriech- und Ermüdungsschädigung direkt berücksichtigt. 3.3.1 Vorgehensweise von Regelwerken und Empfehlungen In den aktuellen Regelwerken und Empfehlungen werden bezüglich der Auslegung und Bewertung von Komponenten unter Kriechermüdungsbeanspruchung unterschiedliche Herangehensweisen vorgeschlagen. Die Vorgehensweisen nach der europäischen DIN EN 12952-3/4 [45, 72], der amerika- nischen ASME Section III Division 1 Subsection NH [73], der französischen RCC MR RB 3262.12 [74] und der britischen R5 Empfehlungen Volume 2/3 [75] werden im Folgenden erläutert. Zur Berechnung der Kriechschädigung Dc wird nach ASME, RCC-MR und DIN EN die Time-Fraction Regel (Zeitanteilsregel) nach der Formel 3.31 verwendet, welche sich aus dem Quotient der reellen Betriebszeit tHZ und der Bruchzeit t f , welche spannungs- und temperaturabhängig ist, zusammensetzt. Die R5-Empfehlungen verwenden den sogenannten Ductility Exhaustion Ansatz nach Formel 3.32, bei welchem anstatt der Zeiten, der Quotient aus der mittleren Dehnrate ˙¯ε und der Bruchdehnung ε f , welche dehnraten- und temperaturabhängig ist, gebildet wird. Dc,TF = tHZ t f (σ, T) (3.31) Dc,DE = tHZ∫ 0 ˙¯ε ε f ( ˙¯ε, T) dt (3.32) Für die Bestimmung der Ermüdungsschädigung wird in allen Regelwerken bzw. Empfehlungen die Palmgren-Miner Regel nach der Formel 3.33 genutzt, welche sich aus dem Quotienten der aktuellen bzw. angestrebten Betriebszyklen n und der maximal ertragbaren Zyklen NA berechnen lässt. D f = n NA(T,∆ε bzw. ∆σ) (3.33) Die Ermittlung der überlagerten zulässigen Kriechermüdungsschädigung erfolgt mittels zwei un- terschiedlicher Methoden. Nach ASME und RCC-MR wird eine werkstoffabhängige Grenzkurve verwendet. In Bild 3. 14 sind die Grenzkurven für die Werkstoffe 9Cr-1Mo-V, 2 1/4Cr-1Mo, 800H, Alloy 617 und 304 bzw. 316 dargestellt [73, 76]. Bei Überschreiten der für den betrachteten Werkstoff 3.3 Lebensdauerbewertung 47 gültigen Kurve ist von einer kritischen Schädigung auszugehen. Der Grenzkurve des 9Cr-1Mo-V ist demnach zu entnehmen, dass dieser Werkstoff besonders sensitiv auf eine überlagerte Kriecher- müdungsbeanspruchung reagiert, weil der Knickpunkt bei D f =0,1 und Dc=0,01 liegt. In der R5 und der DIN EN 12952 wird die in Bild 3. 14 blau dargestellte lineare werkstoffabhängige Grenzkurve verwendet, nach welcher bei einer Gesamtschädigung von eins (Dc+D f =1) mit Versagen zu rechnen ist. Bild 3. 14: Grenzkurven der Regelwerksansätze [45, 73, 75, 76] Da sich die Ansätze zur Ermittlung der Bruchzeit bzw. -dehnung sowie der maximal ertragbaren Zy- klenzahlen zur Berechnung der Kriech- und Ermüdungsschädigung unterscheiden, wird im folgenden jedes der Regelwerke bzw. Empfehlungen einzeln betrachtet. DIN EN 12952-3/4 Nach DIN EN 12952-3/4 [45, 72] erfolgt die Bewertung der Kriechermüdungslebensdauer auf der Ba- sis von elastischen Berechnungsergebnissen. Zur Bestimmung der maximal ertragbaren Zyklenzahlen werden die sich während eines Zyklus ändernden Hauptspannungen σ1 (t) , σ2 (t) , σ3 (t) herangezo- gen. In einem ersten Schritt werden die zeitbezogenen Änderungen der drei Hauptspannungsdif- ferenzen ∆σ12 (t) = σ1 (t)− σ2 (t), ∆σ23 (t) = σ2 (t)− σ3 (t), ∆σ31 (t) = σ3 (t)− σ1 (t) gebildet. Unter Beachtung des Vorzeichens werden aus diesen die Maximal- und Minimalwerte ∆σ12,max, ∆σ12,min, ∆σ23,max, ∆σ23,min, ∆σ31,max, ∆σ31,min ermittelt, aus welchen eine Spannungsschwingbreite ∆σ nach Formel 3.34 bestimmt wird. ∆σ = max (∆σ12,max − ∆σ12,min,∆σ23,max − ∆σ23,min,∆σ31,max − ∆σ31,min) (3.34) Je nachdem ob ∆σ im elastischen, im teilplastischen oder vollplastischen Bereich liegt, wird eine 48 Theoretische Grundlagen maßgebende Spannungsschwingbreite ∆σ∗, anhand der Formeln 3.35 bis 3.37 berechnet. ∆σ∗ = ∆σ 1− ( σm Rm )2 wenn: |σm|+ ∆σ2 ≤ Rp0,2Tm (3.35) ∆σ∗ = ∆σ 1− ( Rp0,2Tm−∆σ/2 Rm )2 wenn: |σm|+ ∆σ2 > Rp0,2Tm und∆σ2 ≤ Rp0,2Tm (3.36) ∆σ∗ = ∆σ2 2Rp0,2Tm wenn: ∆σ ≤ 2Rp0,2Tm (3.37) In den Formeln ist Rm die Zugfestigkeit bei Raumtemperatur, Rp0,2Tm die 0,2 %-Dehngrenze bei mitt- lerer Zyklustemperatur (Tm = 0, 75Tmax + 0, 25Tmin) und σm die Mittelspannung. Zur Bestimmung der virtuellen maßgebenden Spannungsschwingbreite ∆σ∗Tm , welche letztendlich zur Bestimmung der maximalen ertragbaren Zyklenzahl dient, wird ∆σ∗ durch einen werkstoffabhängigen Temperaturkor- rekturbeiwert CTm geteilt. Anhand der Formel 3.38 wird die maximal ertragbare Zyklenzahl mit einem Spannungssicherheitsbeiwert SS von 1,5 und einem Lastspielsicherheitsbeiwert SL von 10 bestimmt. NA = min {[ (∆σ∗/CTm) SS − 0, 8Rm 173150− 0, 8Rm ] 1−0,547 ; 1 SL [ (∆σ∗/CTm)− 0, 8Rm 173150− 0, 8Rm ] 1−0,547} (3.38) Zur Bestimmung der Bruchzeit t f wird nach [72] die Haltezeitspannung nach der umgestellten Auslegungsgleichung (siehe Formel 3.39) aus [45] berechnet. σDIN EN = pidi 2sζ + pi 2 (3.39) Beim Parameter s handelt es sich um die Wanddicke und bei dem Parameter ζ um einen Verschwä- chungsbeiwert, welcher von der geometrischen Ausführung des Bauteils abhängig ist [45]. Für den Innendruck pi kann einerseits bei laufender Messung der Betriebsdruck oder andererseits konserva- tiverweise der Betriebsdruck bei 100 % Last verwendet werden. Anhand des unteren Streubandes (-20 %) der Zeitstandbruchkurve kann für die ermittelte Spannung die Bruchzeit t f bestimmt werden [72]. ASME Section III Division 1 Subsection NH Nach ASME Section III Division 1 Subsection NH [73] kann die Bestimmung der Kriechermüdungs- lebensdauer auf der Basis von elastischen und inelastischen Berechnungen erfolgen. Aus den Be- rechnungen resultieren Dehnungstensoren mit den Komponenten ε11,i, ε22,i, ε33,i,γ12,i,γ23,i,γ13,i zu jedem Zeitpunkt i eines Zyklus. Aus den zeitlichen Dehnungstensoren wird ein Zeitpunkt ermit- telt, an welchem eine Dehnungskomponente über den Zyklus gesehen einen Extremwert darstellt. Dieser wird als Referenzzeitpunkt mit den Dehnungskomponenten ε11,o, ε22,o, ε33,o,γ12,o,γ23,o,γ13,o definiert. Aus den Differenzen der Komponenten des Dehnungstensors jedes Zeitpunkts i und dem 3.3 Lebensdauerbewertung 49 Referenzzeitpunkt (∆ε11,i = ε11,i − ε11,o, usw.) wird für jeden Zeitpunkt i nach der Formel 3.40 die Vergleichsdehnungsschwingbreite ∆εv,i berechnet. ∆εv,i = √ 2 2 (1+ ν∗) [ (∆ε11,i − ∆ε22,i)2 + (∆ε22,i − ∆ε33,i)2 + (∆ε33,i − ∆ε11,i)2 + 3 2 ( ∆γ212,i + ∆γ 2 23,i + ∆γ 2 13,i ) ] 12 (3.40) Der über einen Zyklus vorliegende Maximalwert von ∆εv,i wird zur Bestimmung der ertragbaren Zyklenzahl NA aus der Anrisskennlinie bei Maximaltemperatur Tmax verwendet. Die Ermittlung der maßgebenden Spannung zur Bestimmung der Bruchzeit t f erfolgt nach ASME anhand der Formel 3.41 mit der Vergleichsspannung nach von Mises σvM nach Formel 3.42, den drei Hauptspannungen σ1, σ2, σ3 und den werkstoffabhängigen Parametern C und K ′ ASME, welche für die ASME Werkstoffe in Tabelle 3. 2 angegeben sind. σASME = σvM · exp C  σ1 + σ2 + σ3√ σ21 + σ 2 2 + σ 2 3 − 1  1 K′ASME (3.41) σvM = 1√ 2 √ (σ1 − σ2)2 + (σ2 − σ3)2 + (σ3 − σ1)2 (3.42) 304/316 Alloy 800 H 2 1/4Cr-1Mo 9Cr-1Mo-V C 0,24 0 0 für J1SS < 1 sonst 0,16 K ′ ASME 0,67 0,67 0,67 0,87 Tabelle 3. 2: Werkstoffabhängige Parameter C und K ′ ASME Anhand der temperaturabhängigen Zeitstandbruchkurven können mit den berechneten Spannungen und den in der Haltezeit vorliegenden Temperaturen die Bruchzeiten ermittelt werden. RCC-MR RB 3262.12 Nach der RCC-MR RB 3262.12 [74] erfolgt die Ermittlung der maximal ertragbaren Zyklenzahl identisch wie im ASME-Regelwerk, auf der Basis der maximalen Vergleichsdehnungsschwingbreite ∆εv,i. In der Bestimmung der Bruchzeit gibt es gegenüber ASME nur Unterschiede in der Berechnung der maßgebenden Spannung, welche nach RCC-MR nach Formel 3.43 bestimmt wird. Der werkstoffab- hängige Parameter K ′ RCC−MR beträgt generell 0,9. σRCC−MR = [0, 133 (σ1 + σ2 + σ3) + 0, 867σvM] 1 K′RCC−MR (3.43) 50 Theoretische Grundlagen R5 Empfehlungen Volume 2/3 Nach den R5 Empfehlungen Volume 2/3 [75] erfolgt die Bestimmung der maximal ertragbaren Zyklenzahl nach einem bruchmechanischen Ansatz. In einem ersten Schritt wird aus der maximalen und minimalen Hauptdehnung eines Zyklus die maximale Dehnungsschwingbreite ermittelt. Unter Verwendung der aus LCF-Versuchen bestimmten Anrisskennlinie bei Maximaltemperatur Tmax wird mittels der Dehnungsschwingbreite die Zyklenzahl NA ermittelt. NA ist die Zyklenzahl, welche notwendig ist um einen definierten Anriss mit Länge aA in einer LCF-Probe zu erzeugen [77]. Für dickwandige Bauteile wäre es konservativ die aus den LCF-Versuchen bestimmte Zyklenzahl NA gleichzusetzen mit der Zyklenzahl N0, welche notwendig ist um einen Anriss im Bauteil zu erzeugen [78]. Um die aus den Anrisskennlinien der LCF-Versuche ermittelte Zyklenzahl NA aufs Bauteil zu übertragen wird unterschieden zwischen einer Keimbildungs- Ni und einer Risswachstumszyklenzahl N ′ g [77]. Als Keimbildung wird eine Risslänge ai von 0,02 mm angesehen. Die Keimbildungszyklenzahl Ni wird nach der empirischen Gleichung 3.44 berechnet. Ni = exp ( ln (NA)− 8, 06N0,28A ) (3.44) Nach Formel 3.45 wird aus der Anrisszyklenzahl aus den LCF-Versuchen NA und der Keimbildungs- zyklenzahl Ni die Zyklenzahl N ′ g bestimmt, welche die Anzahl der Zyklen angibt bis ein Riss der Tiefe von ai auf die Initiierungsrisstiefe a0 gewachsen ist. N ′ g = (NA − Ni) M (3.45) Der Faktor M ist abhängig von der Initiierungsrisstiefe a0 und wird nach Gleichung 3.46 bzw. 3.47 bestimmt [75]. Nach [79] wird für amin ein Wert von 0,2 mm verwendet. M = aminln ( a0 amin ) + (amin − ai) aminln ( aA amin ) + (amin − ai) für a0 > amin (3.46) oder M = a0 − ai aminln ( aA amin ) + (amin − ai) bei a0 < amin (3.47) Die zur Ermüdungsbewertung nach R5 maßgebliche Zyklenzahl N0 wird nach Formel 3.48 aus der Summe der Keimbildungszyklenzahl Ni und der Risswachstumszyklenzahl N ′ g berechnet. N0 = Ni + N ′ g (3.48) Zur Bewertung der Kriechschädigung wird in der R5, wie in Formel 3.32 angegeben, der dehnra- tenbasierte Ductility Exhaustion Ansatz (Dehnungsanteilsregel) verwendet, welcher anstatt von der 3.3 Lebensdauerbewertung 51 Bruchzeit von der Bruchdehnung abhängig ist. Zur Bestimmung der Bruchdehnung in Abhängigkeit von Temperatur, Kriechdehnrate und Spannung kann die Gleichung 3.49 nach Spindler [80] verwendet werden. ε f = ADE · exp ( pDE T + 273, 15 ) · ε˙nDEc · σ−mDE1 · σv,M σ1 · exp ( 1 2 − 3σhyd 2σv,M ) (3.49) Die Parameter ADE, pDE, mDE und nDE sind werkstoffabhängige Parameter und können anhand von Zeitstandversuchen angepasst werden. Das Vorgehen dabei wird in Abschnitt 7.1 erläutert. Zusammenfassung der Regelwerke/Empfehlungen In der folgend dargestellten Tabelle 3. 3 sind die beschriebenen Ansätze zur Übersicht, vergleichend aufgeführt. DIN EN 12952-3/4 ASME RCC-MR R5 Ansatz elastisch elastisch/inelastisch Ermüdungsschädigung D f = nNA(Tmid ,∆σ) D f = n NA(Tmax ,∆ε) Kriechschädigung Dc,TF = tHZ t f (σ,T) Dc,DE = ∫ tHZ 0 ˙¯ε ε f ( ˙¯ε,T) dt Gesamtschädigung D = D f + Dc Grenzkurve werkstoff- unabhängig abhängig abhängig unabhängig Tabelle 3. 3: Zusammenfassung der Ansätze der Regelwerke/Empfehlungen 3.3.2 Phänomenologisches Schädigungsmodell nach Lemaitre Eine weitere Möglichkeit zur Bewertung der Lebensdauer von Komponenten besteht in der Anwen- dung von phänomenologischen Schädigungsgrößen. Als Maß für die Bewertung des Schädigungs- zustandes wird der Parameter D verwendet. Wenn keine Anrisse im Material vorhanden sind, hat der Parameter einen Wert von null. Zum Versagenszeitpunkt erreicht D einen Wert von eins. Anhand des effektiven Spannungskonzepts (σ/ (1− D)) kann die fortschreitende Materialschädigung durch die Entstehung von Poren und Mikroanrissen beschrieben werden [69]. Zur experimentellen Bestim- mung der Kriechschädigung Dc kann die Formel 3.50 verwendet werden, welche aus dem Norton Kriechgesetz zur Beschreibung des sekundären und tertiären Kriechens hergeleitet werden kann [81]. Dc = 1− ( ε˙p,s ε˙p ) 1 n (3.50) Bei ε˙p,s handelt es sich um die plastische Dehnrate im sekundären Kriechbereich und bei ε˙p um die plastische Dehnrate im tertiären Kriechbereich. Der Parameter n ist der Nortonexponent, welcher 52 Theoretische Grundlagen abhängig von Temperatur und Material ist [81]. Die Ermüdungsschädigung D f kann nach Formel 3.51 aus dehnungskontrollierten LCF-Versuchen bestimmt werden, wobei ∆σ die Spannungsschwingbreite und ∆σmax die maximale Spannungs- schwingbreite darstellt [81]. D f = 1− ∆σ∆σmax (3.51) Obwohl Anrisse im Material resultierend aus Ermüdungs- und Kriechbeanspruchungen an un- terschiedlichen Orten auftreten, können unter Berücksichtigung der Formulierung der effektiven Spannung, in welcher ortsunabhängig die Flächenminderung durch Fehlstellen berücksichtigt wird, die Anteile der Ermüdungs- und Kriechschädigungen zusammengefasst werden (siehe Formel 3.52) [82]. D = D f + Dc (3.52) Im Rahmen dieser Arbeit wird ein Schädigungsmodell nach Lemaitre [81, 82] verwendet, welches in der Lage ist die nichtlineare Schädigungsentwicklung bei interagierender mehrachsiger Kriechermü- dungsbeanspruchung zu beschreiben. Die dem Lemaitre-Modell zugrunde liegenden Entwicklungs- gleichungen zur Bestimmung der Ermüdungs- und Kriechschädigungen sind in inkrementeller Form in den Gleichungen 3.53 und 3.54 angegeben [82]. dD f = RV Ω (γ+ 1) ∆εγ+1p (1− D)α1 dN (3.53) dDc = RV (1− D)α2 (σvM λ )r H (ε1) dt (3.54) Die Ermüdungsschädigung D f ist im Wesentlichen abhängig von der plastischen Dehnungsschwing- breite ∆εp und die Kriechschädigung Dc von der Vergleichsspannung nach von Mises σvM. Die Originalformulierung der Kriechschädigungsentwicklung wurde in dieser Arbeit um die Heaviside- Funktion H erweitert, welche einen Schädigungszuwachs nur für eine positive erste Hauptdehnung ε1 erlaubt und für alle übrigen Fälle die Schädigungsentwicklung im Kriechanteil unterdrückt. Der Pa- rameter RV ist abhängig von der Vergleichsspannung nach von Mises σvM sowie der hydrostatischen Spannung σhyd und wird nach Gleichung 3.55 berechnet. Er dient zur Berücksichtigung mehrachsiger Spannungszustände. Im einachsigen Fall hat RV einen Wert von eins. RV = 2 3 (1+ ν) + 3 (1− 2ν) ( σhyd σvM )2 (3.55) 3.3 Lebensdauerbewertung 53 Durch die Implementierung der Lemaitre-Schädigungsformulierung in das in Abschnitt 3.2.1 vor- gestellte CNOW-Modell kann mittels numerischer Simulationen auf der Basis der aktuellen Verfor- mungen simultan die zeitliche Schädigungsentwicklung berechnet werden. Weil die zeitabhängige Kriechschädigung und die zyklische Ermüdungsschädigung nach jedem Zyklus zusammengefasst werden und in die Berechnung beider Schädigungsanteile jeweils die Gesamtschädigung D eingeht, ist das Lemaitre-Modell in der Lage die nichtlineare Interaktion der Kriech- und Ermüdungsschädigung zu beschreiben. Die Parameter Ω, α1,γ, α2,λ, r sind material- und temperaturabhängige Parameter, welche auf der Basis von einachsigen Kriechversuchen und dehnungskontrollierten Ermüdungs- bzw. Kriechermüdungsversuchen angepasst werden. 55 Kapitel 4 Charakterisierung der Werkstoffe 4.1 Charakteristiken der untersuchten Schmelzen Im Rahmen des Forschungsvorhabens HWT II [6, 7] wurden dickwandige Komponenten aus den Nickelbasislegierungen Alloy 617 mod. und Alloy 263 untersucht. Die Herstellung dickwandiger Erzeugnisformen aus diesen Legierungen ist aufwendig und erfolgt in mehreren Schritten [83], welche für die untersuchten Schmelzen in der Tabelle 4. 1 zusammengestellt sind. Werkstoff Alloy 617 mod. Alloy 263 Erzeuger der Schmelze BGH Edelstahl Siegen Thyssen Krupp VDM Schmelze Nummer 922185/922186 316000 413768 Erschmelzung Vakuum-Induktionsofen (VIM) Umschmelzung Elektro-Schlacke (ESU) Vakuum-Lichtbogen (VAR) Schmiedeprozess Stange rund mit Durchmesser von 220 mm Lösungsglühung 1200 ◦C/3 h/Wasser 1180 ◦C/4,75 h/Wasser 1150 ◦C/2 h/Wasser Bearbeitung Ausbohren der geschmiedeten Stangen mit di = 120 mm Tabelle 4. 1: Ablauf der Herstellung der dickwandigen Rohre Wie bereits in Abschnitt 2.4 beschrieben, enthalten Nickelbasislegierungen eine Vielzahl an Legie- rungselementen. In den Tabellen 4. 2 und 4. 4 sind die Vorgaben der Werkstoffdatenblätter für die chemischen Zusammensetzungen des Alloy 617 mod. [32, 36] sowie des Alloy 263 [42, 44] ange- geben. Zur Überprüfung, ob die chemischen Zusammensetzungen, der in HWT II verwendeten Schmelzen, die Anforderungen der Werkstoffdatenblätter erfüllen, sind die prozentualen Legierungs- zusammensetzungen, ebenfalls in den Tabellen aufgeführt. Die in HWT II verwendeten Schmelzen 316000 bzw. 922185/922186 des Alloy 617 mod. wurden von Thyssen Krupp VDM (VDM) und der BGH Edelstahl Siegen GmbH (BGH) mittels Erschmelzung im Vakuum-Induktionsofen (VIM) und Umschmelzung durch das Elektro-Schlacke-Umschmelzverfahren (ESU) hergestellt. Zur Erzeugung 56 Charakterisierung der Werkstoffe der Schmelze 413768 des Alloy 263, welche ebenfalls von Thyssen Krupp VDM stammt, wurde zur Erschmelzung ebenfalls das Vakuum-Induktionsschmelz- (VIM) und zur Umschmelzung das Vakuum- Lichtbogenverfahren (VAR) eingesetzt. Ein Vergleich mit den Vorgaben der Werkstoffdatenblätter zeigt, dass die prozentualen Anteile der Legierungselemente in den vorgegebenen Grenzen liegen. Ni Cr Co Mo Ti Al Fe Mn Si C VdTÜV WB 573 min. Rest 21 11 8 0,25 0,8 - - - 0,05 max. 23 13 10 0,5 1,3 1,5 0,5 0,3 0,08 VDM WB 485 min. Rest 20 10 8 0,2 0,6 - - - 0,05 max. 23 13 10 0,5 1,5 2 0,7 0,7 0,1 HWT II 922185 54,55 22,60 11,505 8,67 0,49 1,21 0,52 0,05 0,16 0,071 HWT II 922186 55,1 22,36 11,305 8,72 0,445 1,22 0,46 0,04 0,16 0,073 HWT II 316000 55 21,8 11,6 8,7 0,33 1 1,2 0,05 0,13 0,07 DE4 933753 Rest 22,38 12 8,96 0,45 0,96 0,94 0,01 0,09 0,057 MARCKO700 312477 Rest 22 11,6 8,8 0,4 1,2 0,9 0,05 0,17 0,06 DE2 310500 Rest 21,7 11,3 8,6 0,39 1,21 0,58 0,03 0,11 0,055 P S V Nb B Cu* N Pb As Bi VdTÜV WB 573 min. - - - - 0,001 - - - - - max. 0,012 0,008 0,6 0,6 0,005 - - - - - VDM WB 485 min. - - - - - - - - - - max. 0,012 0,008 - - 0,006 0,5 - - - - HWT II 922185 0,004 0,001 - - 0,0028 0,02 0,0075 0,001 0,0013 0,001 HWT II 922186 0,005 0,001 - - 0,0033 0,02 0,0085 0,001 0,0014 0,001 HWT II 316000 0,003 0,002 - - 0,002 0,02 0,01 0,0002 0,001 0,00003 DE4 933753 0,006 0,001 - - 0,004 0,01 0,005 0,00005 0,003 0,00002 MARCKO700 312477 0,002 0,002 - - 0,002 0,03 0,02 <0,001 0,001 <0,0001 DE2 310500 0,002 0,002 - - - - - 0,001 0,001 0,0001 Tabelle 4. 2: Chemische Zusammensetzungen des Alloy 617 mod. nach VdTÜV-/VDM-Datenblatt und der Projektschmelzen Projekt Hersteller Schmelze Abmessungen (da x s) Lösungsglühung (T/t/Medium) HWT II BGH 922185/922186 220x50 1200 ◦C/3 h/Wasser HWT II VDM 316000 220x50 1180 ◦C/4,75 h/Wasser DE4 Saarschmiede 933753 360x80 1160 ◦C/2 h/Wasser MARCKO700 V&M 312477 460x80 1175 ◦C/1 h/Wasser DE2 V&M 310500 400x50 keine Angabe Tabelle 4. 3: Erzeugnisform und Wärmebehandlung der Schmelzen des Alloy 617 mod. Im Abschnitt 2.3 wurde beschrieben, dass in der naheliegenden Vergangenheit in den Forschungs- vorhaben MARCKO DE2 [33], COORETEC DE4 [20] und MARCKO700 [34] bereits verschiedene Untersuchungen am Alloy 617 mod. und am Alloy 263 durchgeführt wurden. Da diese Untersuchun- gen im Rahmen dieser Arbeit zum Teil verwendet werden, sind die chemischen Zusammensetzungen 4.2 Experimentelle Untersuchungen 57 Ni Cr Co Mo Ti Al Al+Ti Fe Mn Si VDM min. Rest 19 19 5,6 1,9 0,3 2,4 - - - max. 21 21 6,1 2,4 0,6 2,8 0,7 0,6 0,4 Special Metals min. Rest 19 19 5,6 1,9 - 2,4 - - - max. 21 21 6,1 2,4 0,6 2,8 0,7 0,6 0,4 HWT II 413768 51,3 19,8 19,9 5,8 2,1 0,5 2,6 0,4 0,04 0,1 DE4 933754 Rest 19,15 19,93 5,76 2,28 0,52 2,8 0,31 0,15 0,1 DE4 314021 51,01 20 19,8 5,8 2,1 0,45 2,55 0,44 0,15 0,09 DE4 314023 51,03 20 19,7 5,8 2,1 0,46 2,56 0,45 0,15 0,09 C P S Cu B Pb* Ag* Zr* Bi As VDM min. 0,04 - - - - - - - - - max. 0,08 0,015 0,007 0,2 0,005 0,002 0,0005 0,02 - - Special Metals min. 0,04 - - - - - - - - - max. 0,08 - 0,007 0,2 0,005 0,002 0,0005 - 0,0001 - HWT II 413768 0,06 0,002 0,002 0,01 0,002 0,0002 0,0001 0,01 0,00003 0,001 DE4 933754 0,051 - 0,001 0,02 0,004 - - - - - DE4 314021 0,05 <0,002 0,002 0,01 0,003 - - - - - DE4 314023 0,05 <0,002 0,002 <0,01 0,003 - - - - - Tabelle 4. 4: Chemische Zusammensetzungen des Alloy 263 nach VDM-/Special Metals-Datenblatt und der Projektschmelzen Projekt Hersteller Schmelze Abmessungen (da x s) Lösungsglühung (T/t/Medium) HWT II VDM 413768 220x50 1150 ◦C/2 h/Wasser DE4 Saarschmiede 933754 360x80 1150 ◦C/1,75 h/Wasser DE4 V&M 314021 380x60 1160 ◦C/1 h/Wasser DE4 V&M 314023 380x60 1160 ◦C/1 h/Wasser Tabelle 4. 5: Erzeugnisform und Wärmebehandlung der Schmelzen des Alloy 263 der dort untersuchten Schmelzen zusätzlich in den Tabellen aufgeführt. Die Herstellung der Rohre in den genannten Projekten, erfolgte bei der Saarschmiede sowie bei Vallourec & Mannesmann (V&M). Wie in der Tabelle 4. 1 angegeben ist, wurden die geschmiedeten Stangen bevor der Innendurch- messer eingearbeitet wurde, einer Lösungsglühung unterzogen. In den Tabellen 4. 3 und 4. 5 sind die Parameter der Wärmebehandlungen, wie die Glühtemperatur, Glühdauer und das verwendete Abschreckmedium für beide Werkstoffe aufgeführt. Weiterhin sind die geometrischen Abmessungen, welche letztendlich vorlagen, angegeben. 4.2 Experimentelle Untersuchungen Zur Grundcharakterisierung des Werkstoffverhaltens der dickwandigen Rohre aus Alloy 617 mod. und Alloy 263 wurden eine Vielzahl an Laborversuchen durchgeführt. Es wurden Zug-, Kerbschlagbiege-, Zeitstand- sowie iso- und anisotherme Ermüdungsversuche durchgeführt. Die Entnahme der Proben 58 Charakterisierung der Werkstoffe des Alloy 617 mod. erfolgte einerseits aus dem lösungsgeglühten Rohrmaterial der Schmelze von VDM sowie andererseits aus von Bilfinger Piping Technologies (BPT) bzw. Kraftanlagen München artgleich geschweißten Rohren der Schmelze 922186 von BGH. Zur Reduktion der Schweißeigenspannungen wurden die geschweißten Rohre mittels Mattenglühung über eine Länge von 500 mm bei 980 ◦C für 3 h stabilgeglüht. Weil die geschweißten Rohre aufgrund der lokalen Wärmebehandlungen Bereiche mit unterschiedlichen Ausscheidungscharakteristiken aufweisen können, wurden diese Rohre, wie in Bild 4. 1 gezeigt, in Abschnitte aufgeteilt. Bild 4. 1: Darstellung der Segmentierung des geschweißten Rohres Wie schon in Abschnitt 2.4 beschrieben, wird der Alloy 263 im ausscheidungsgehärtenden Zustand eingesetzt. Hierzu wird das lösungsgeglühte Rohrmaterial von VDM bei 800 ◦C für 4 h wärmebehan- delt, bevor es eingesetzt wird. In der Tabelle A. 1 im Anhang A.1 ist eine Übersicht über die Gesamtheit der im Rahmen von HWT II durchgeführten Versuche gegeben. Des Weiteren ist angegeben, welche Wärmebehandlungen durchgeführt wurden und aus welcher Rohrschmelze sowie welchem Abschnitt die Proben entnommen wurden. In der letzten Spalte ist aufgeführt, welche Versuche am Institut für Werkstoffkunde (IfW) in Darmstadt, am Fraunhofer Institut für Werkstoffmechanik (IWM) in Freiburg und an der MPA Universität Stuttgart durchgeführt worden sind. Die Ergebnisse der Versuche werden in den folgenden Abschnitten 4.2.1 bis 4.2.4 beschrieben und dar- gestellt. Weiterhin werden im Abschnitt 4.3 Ergebnisse von Mikrostrukturuntersuchungen präsentiert. 4.2.1 Zugversuche Zur Untersuchung des Kurzeitverhaltens wurden am IfW Darmstadt, Zug- und Warmzugversuche nach DIN EN ISO 6892 [84, 85] durchgeführt. Die Geometrie der verwendeten Proben ist in Bild 4. 2 dargestellt. 4.2 Experimentelle Untersuchungen 59 Bild 4. 2: Geometrie der Zugversuchsproben des IfW Darmstadt In den Tabellen A. 2 und A. 3 sind die Versuchsergebnisse der Zug- und Warmzugversuche zusammen- gestellt. Neben den ermittelten Werkstoffkennwerten, wie Elastizitätsmodul (E), 0,2 %-Dehngrenze (Rp0,2), Zugfestigkeit (Rm) sowie Bruchdehnung (A) und Brucheinschnürung (Z) beider Versuchswerk- stoffe sind in den Tabellen die Probenbezeichnungen, Prüftemperaturen und Entnahmeabschnitte aufgeführt. Zur Bewertung der Versuchsergebnisse sind in Bild 4. 3 die ermittelten E-Module sowie in Bild 4. 4 die 0,2 %-Dehngrenzen, Zugfestigkeiten und die Vorgabewerte des VdTÜV-Datenblatts des Alloy 617 mod. [32] bzw. des Werkstoffdatenblatt von Special Metals (SM) des Alloy 263 [44] vergleichend über der Temperatur aufgetragen. Bild 4. 3: Vergleich der E-Module von Alloy 617 mod. und Alloy 263 - VdTÜV bzw. Special Metals und HWT II Der Vergleich der E-Module zeigt, dass die in den Versuchen ermittelten Werte zum Teil unterhalb der Vorgaben der Datenblätter liegen. Hierbei muss jedoch berücksichtigt werden, dass ein anderer Wärmebehandlungszustand vorlag als im Datenblatt. Aus dem Vergleich der Vorgaben und den ermittelten Werten der 0,2 %-Dehngrenzen und Zugfestigkeiten des Alloy 617 mod. ist zu erkennen, dass die aus den Versuchen resultierenden Kennwerte in der Regel deutlich oberhalb der Vorgabewerte liegen. Die Versuchs- und Datenblattkennwerte des Alloy 263 sind nahezu kongruent. Insgesamt ist 60 Charakterisierung der Werkstoffe Bild 4. 4: Vergleich der 0,2 %-Dehngrenze und Zugfestigkeit von Alloy 617 mod. und Alloy 263 - VdTÜV bzw. Special Metals und HWT II noch zu erwähnen, dass der Alloy 263 deutlich bessere Festigkeitseigenschaften besitzt als der Alloy 617 mod.. Die in den Versuchen ermittelten Bruchdehnungen und Brucheinschnürungen liegen bei beiden Werkstoffen oberhalb von 20 % und weisen somit eine hinreichend hohe Duktilität auf (siehe Tabellen A. 2 und A. 3). 4.2.2 Kerbschlagbiegeversuche Zur Untersuchung und Einordnung der Zähigkeitseigenschaften der in HWT II betrachteten Schmel- zen des Alloy 617 mod. und Alloy 263 wurden an der MPA Universität Stuttgart je drei Kerbschlagbie- geversuche bei Raumtemperatur, 650 ◦C und 700 ◦C gemäß DIN EN ISO 148-1 [86] durchgeführt. Die resultierenden Kerbschlagarbeiten wurden mit den Vorgabewerten des VdTÜV-Datenblatts des Al- loy 617 mod. [32] bzw. des Werkstoffdatenblatt von Special Metals (SM) des Alloy 263 [44] verglichen. Im Bild 4. 5 sind die Vorgabewerte der Datenblätter und die im Versuch ermittelten Kerbschlagarbei- ten über der Temperatur aufgetragen. Weiterhin sind Ergebnisse von Kerbschlagbiegeversuchen des Forschungsvorhabens COORETEC DE4 [20] dargestellt. Die aus den jeweils drei Versuchen gebildeten Mittelwerte der Kerbschlagarbeiten der Proben aus den HWT II-Schmelzen liegen für den Alloy 263 unterhalb und für den Alloy 617 mod. oberhalb der Vorgabewerte der Datenblätter. Bei höheren Temperaturen wurden für beide Werkstoffe größere Kerbschlagarbeiten ermittelt. Im Forschungsvorhaben DE4 wurden ausschließlich Kerbschlagbiegeversuche am Werkstoff Alloy 263 durchgeführt. Die Versuche erfolgten bei Raumtemperatur und bei Temperaturen von 600 ◦C, 650 ◦C, 700 ◦C und 725 ◦C. Die Ergebnisse der Raumtemperaturversuche liegen ebenfalls unterhalb des Vorga- 4.2 Experimentelle Untersuchungen 61 Bild 4. 5: Einordnung der ermittelten Kerbschlagarbeiten von Alloy 617 mod. und Alloy 263 bewertes des Werkstoffdatenblattes. Ein Blick auf die Versuche bei höheren Temperaturen zeigt auch hier, dass die ermittelten Kerbschlagarbeiten zunehmen. Die größer werdenden Kerbschlagarbeiten bei den höheren Temperaturen sind überraschend, weil normalerweise die Kerbschlagarbeiten bei Werkstoffen mit kfz-Gitterstruktur nahezu unabhängig von der Temperatur sind. 4.2.3 Zeitstandversuche Versuche an den HWT II-Schmelzen Zur Charakterisierung des zeitabhängigen Materialverhaltens der Alloy 617 mod. Schmelze 922186 von BGH und der Alloy 263 Schmelze 413768 von VDM wurden am IfW Darmstadt, Zeitstandver- suche nach DIN EN ISO 204 [46] bei 700 ◦C und 725 ◦C durchgeführt [87]. Die Form der Zeitstand- proben war identisch zu der der Zugversuche. Die Entnahme der Proben erfolgte mit Ausnahme einer Alloy 617 mod. Probe, welche dem Abschnitt B entnommen wurde, aus dem Abschnitt A des Versuchsrohres. Zusätzlich zu den am IfW durchgeführten Versuchen wurden drei weitere Zeitstand- versuche bei 700 ◦C an Proben des Werkstoffs Alloy 617 mod. aus der Schmelze 316000 von VDM an der MPA Universität Stuttgart durchgeführt. Die Ergebnisse der noch laufenden und beendeten Versuche sind in den Tabellen A. 4 und A. 5 zusammengestellt. In den Bildern 4. 6 und 4. 7 sind die Kriechkurven sowie für die bereits gebrochenen Proben die Bruchpunkte und Bruchdehnungen bei der Prüftemperatur von 700 ◦C über der Zeit aufgetragen. 62 Charakterisierung der Werkstoffe Bild 4. 6: Ergebnisse der Zeitstandversuche am Alloy 617 mod. im Rahmen von HWT II Bild 4. 7: Ergebnisse der Zeitstandversuche am Alloy 263 im Rahmen von HWT II 4.2 Experimentelle Untersuchungen 63 Einordnung des Kriechverformungsverhaltens der HWT II-Schmelzen Zur Einordnung der in HWT II verwendeten Schmelzen des Alloy 617 mod. und Alloy 263 im Hinblick auf das Verformungsverhalten bei Kriechbeanspruchung, wurden die Kriechkurven mit den Ergebnis- sen aus den Forschungsvorhaben MARCKO DE2 [33], MARCKO700 [34] und COORETEC DE4 [20] verglichen. Weil die Prüfspannungen der genannten Vorhaben nicht identisch mit denen aus HWT II sind, wurden für die Zeitstandversuche jedes Projektes eine Larson-Miller-Anpassung durchgeführt. Da der Larson-Miller-Parameter, wie in 3.1.1 beschrieben unabhängig von der Spannung und der Temperatur ist, ist es möglich für beliebige Spannungen Kriechkurven zu generieren. Für die Prüf- spannungen aus HWT II sind in Bild 4. 8 für den Alloy 617 mod. und in Bild 4. 9 für den Alloy 263 die für 700 ◦C generierten Kriechkurven den Zeitstandergebnissen aus HWT II gegenübergestellt. Bild 4. 8: Larson-Miller generierte Kriechkurven des Alloy 617 mod. verschiedener Schmelzen bei T=700 ◦C Bild 4. 9: Larson-Miller generierte Kriechkurven des Alloy 263 verschiedener Schmelzen bei T=700 ◦C 64 Charakterisierung der Werkstoffe Der Vergleich der generierten Kriechkurvenverläufe zeigt, dass die Kriechdehnungen der in HWT II verwendeten Schmelze 922186 des Alloy 617 mod. im sekundären Kriechbereich kleiner als die Kriech- dehnungen aus den Projekten DE2 und MARCKO700 sind. Die Kriechkurvenverläufe der Versuche aus DE4 sind verglichen mit den Verläufen aus HWT II im sekundären Kriechbereich sehr ähnlich. Im tertiären Kriechbereich ist allerdings festzustellen, dass die Zunahme der Kriechdehnungen der Proben aus HWT II deutlich schneller erfolgt als bei den Versuchen der anderen Projekte. Der Ver- gleich der Versuche am Alloy 263 zeigt, dass im sekundären Kriechbereich die Kriechdehnungen bei der HWT II-Schmelze größer gegenüber der Schmelze aus DE4 sind. Im Tertiärbereich liegen die Kriechkurvenverläufe nahezu kongruent aufeinander. Einordnung des Zeitstandbruchverhaltens der HWT II-Schmelzen Neben dem Verformungsverhalten wurde auch das Zeitstandbruchverhalten der HWT II-Zeitstand- versuche mit den Versuchen der anderen Forschungsvorhaben verglichen. In den Bildern 4. 10 und 4. 12 sind für beide Werkstoffe bei 700 ◦C die Zeitstandschaubilder für Bruch dargestellt. Die Bilder 4. 11 und 4. 13 zeigen die Versuchsspannungen aufgetragen über den Bruchdehnungen. Bild 4. 10: Zeitstandbruchkurven für verschiedene Schmelzen des Alloy 617 mod. bei T=700 ◦C Zur Einordnung der Zeitstandbruchkennwerte wurde ein Streuband verwendet, welches im Projekt DE4 auf der Basis einer Vielzahl an Zeitstandversuchen ermittelt wurde. Das Zeitstandschaubild des Alloy 617 mod. für Bruch zeigt, dass alle Bruchpunkte im Streuband von DE4 liegen. Was jedoch auffällig ist, ist dass bei hohen Prüfspannungen von 230 MPa bzw. 295 MPa die Bruchpunkte auf bzw. oberhalb der Mittelwertkurve liegen und dass bei kleineren Spannungen von 200 MPa, 170 MPa und 145 MPa die Bruchpunkte sich immer mehr Richtung unteres Streuband bewegen. Dies bedeu- 4.2 Experimentelle Untersuchungen 65 Bild 4. 11: Spannung über Bruchdehnung für verschiedene Schmelzen des Alloy 617 mod. bei T=700 ◦C Bild 4. 12: Zeitstandbruchkurven für verschiedene Schmelzen des Alloy 263 bei T=700 ◦C 66 Charakterisierung der Werkstoffe Bild 4. 13: Spannung über Bruchdehnung für verschiedene Schmelzen des Alloy 263 bei T=700 ◦C tet, dass das Zeitstandbruchverhalten mit kleiner werdenden Prüfspannungen schlechter ist als das der Schmelze aus dem Projekt DE4. Des Weiteren zeigt die Auftragung der Spannungen über den Bruchdehnungen in Bild 4. 11, dass die Proben der HWT II- Schmelze 922186 im Vergleich zu den in den anderen Projekten geprüften Proben wesentlich geringere Bruchdehnungen erreichen. Die Bruch- dehnung der gebrochenen Probe der Schmelze 316000 ist etwas größer als die der Versuche an der Schmelze 922186, jedoch immer noch deutlich kleiner gegenüber der in anderen Vorhaben ermittelten Bruchdehnungen. Die in den Bildern 4. 12 und 4. 13 dargestellten Ergebnisse der Zeitstandversuche am Alloy 263 zeigen keinerlei Auffälligkeiten. Aus dem Zeitstandschaubild der Bruchpunkte (siehe Bild 4. 12) ist zu erkennen, dass die Versuche in einem Streuband von +/-20 % der Zeitstandfestigkeits- kennwerte aus dem Datenblatt von Special Metals [44] liegen. Weiterhin sind die Bruchdehnungen (siehe Bild 4. 13) im Vergleich zu den Versuchen aus DE4 deutlich größer. 4.2.4 Ermüdungsversuche LCF-Versuche bei einer Dehnrate von 6 % min−1 Zur Charakterisierung des zyklischen Werkstoffverhaltens der in HWT II verwendeten Schmelzen wurden am IfW Darmstadt, IWM Freiburg und der MPA Universität Stuttgart Ermüdungsversuche gemäß ASTM E606 [88] durchgeführt [87]. Die in den Versuchen an den verschiedenen Instituten verwendeten Probenformen sind Bild 4. 14 zusammengestellt. Die Versuche erfolgten unter Wechselbeanspruchung (R = -1) und dehnungskontrolliert. In den Tabellen A. 6 und A. 7 im Anhang A.4 sind die Versuchsparameter und Anrisszyklenzahlen bei 4.2 Experimentelle Untersuchungen 67 Bild 4. 14: LCF-Proben Geometrien des IfW Darmstadt, des IWM Freiburg und der MPA Universität Stuttgart Erreichen des 5 %-Lastabfallkriteriums der Versuche mit einer Dehnrate von 6 % min−1 tabellarisch zusammengestellt. Am IWM Freiburg und der MPA Universität Stuttgart erfolgten die Versuche mit einem Vorprogramm vor dem eigentlichen Ermüdungsversuch. Der Grund dieses Vorprogramms ist, anhand eines LCF-Versuchs die Parameter des numerischen viskoplastischen Verformungsmodells anzupassen [89]. Schematisch ist der Ablauf im Bild 4. 15 abgebildet. Im Wesentlichen besteht das Vorprogramm aus zwei Blöcken mit unterschiedlichen Dehnungsampli- tuden. Während des ersten Blocks ist die Dehnungsamplitude kleiner als im eigentlichen LCF-Versuch. Das Versuchsprogramm beginnt mit 4,75 Zyklen mit einer Dehnrate von 6 % min−1, gefolgt von zwei Einzelzyklen mit Dehnraten von 0,6 bzw. 0,06 % min−1. Danach folgt je eine 30-minütige Haltezeit am Zug- bzw. Druckmaximum. Während des Übergangs von der Zug- zur Druckhaltezeit erfolgt die Umschaltung auf die höhere Dehnungsamplitude, welcher der des eigentlichen LCF-Versuchs entspricht. Nach der Druckhaltezeit werden nochmal je ein Zyklus mit den genannten Dehnraten durchgeführt, ehe der LCF-Versuch bei der Dehnrate von 6 % min−1 startet. Das Bild 4. 16 zeigt für die HWT II-Schmelzen des Alloy 617 mod. und Alloy 263 bei einer Versuchs- temperatur von 700 ◦C und einer Dehnungsamplitude von 0,3 % im ersten und von 0,4 % im zweiten Block vergleichend die Spannungsverläufe während des Vorprogramms. 68 Charakterisierung der Werkstoffe Bild 4. 15: Schematischer Ablauf des Vorprogramms [89] Bild 4. 16: Spannungsverläufe während des Vorprogramms bei T=700 ◦C und εa=0,3-0,4 % Aus den Verläufen ist zu erkennen, dass der Alloy 263 gegenüber dem Alloy 617 mod. höhere Festig- keiten besitzt. Der Vergleich der Versuche am Alloy 617 mod. zeigt, dass das Festigkeitsniveau im lösungsgeglühten Zustand (roter Verlauf) kleiner ist als im stabilgeglühten Zustand (grüner Verlauf). Die Einzelbetrachtungen jedes Versuches zeigen, dass weder bei den zwei Versuchen am Alloy 617 mod. noch bei dem einen Versuch am Alloy 263 ein Einfluss der unterschiedlichen Dehnraten zu identifizieren ist. Die Maximal- und Minimalspannungen liegen bei den unterschiedlichen Dehnra- ten von 0,06 % min−1, 0,6 % min−1 bzw. 6 % min−1 in etwa auf einem ähnlichen Spannungsniveau. Während der dehnungskontrollierten Haltezeiten relaxieren die Spannungen sowohl in der Zug- als auch in der Druckphase. Obwohl das Spannungsniveau beim Alloy 263 höher liegt, ist der Abfall 4.2 Experimentelle Untersuchungen 69 der Spannungen über die Haltezeit beim Alloy 617 mod. größer. In den 30-minütigen Haltezeiten relaxieren die Spannungen der Proben aus Alloy 617 mod. um 92 MPa (lösungsgeglühte Probe) bzw. um 79 MPa (stabilgeglühte Probe) und der Probe aus Alloy 263 um 60 MPa. Im Bild 4. 17 sind die minimalen und maximalen Spannungsverläufe des rein zyklischen Teils bei εa=0,4 % und 6 % min−1 nach dem Vorprogramm dargestellt. Bild 4. 17: Verläufe der minimalen und maximalen Spannungen bei T=700 ◦C und εa=0,4 % Der Vergleich der Spannungsverläufe zeigt, dass das Verfestigungsverhaltens des Alloy 617 mod. abhängig vom Wärmebehandlungszustand ist. Bei der lösungsgeglühten Probe (rote Verläufe) ist gegenüber der stabilgeglühten Probe (grüne Verläufe) zu Beginn eine deutlich stärkere Verfestigung zu erkennen. Nach Erreichen eines Spannungsmaximum fällt die Spannung bei der lösungsgeglühten Probe kontinuierlich ab, wohingegen bei der stabilgeglühten Probe nach einer minimalen Verfestigung bei zunehmender Zyklenzahl ein gleichbleibendes Spannungsniveau vorliegt. Obwohl das Verfe- stigungsverhalten so unterschiedlich ist, erreichen beide Proben beim 5 %-Lastabfallkriterium eine ähnliche Zyklenzahl. Die minimalen und maximalen Spannungsverläufe der Alloy 263 Probe liegen geringfügig oberhalb jener der stabilgeglühten Alloy 617 mod. Probe und die Form der Verläufe ist ähnlich. Im Vergleich zur stabilgeglühten Probe aus Alloy 617 mod., hält die Probe aus Alloy 263 bis zum Erreichen des 5 %-Lastabfallkriteriums in etwa die doppelte Lastspielzahl aus. Um temperaturabhängige schmelzenspezifische Anrisskennlinien der Vielzahl an Ermüdungsversu- chen von HWT II zu beschreiben, wurden sowohl für die Versuche an der stabilgeglühten Schmelze 922186 des Alloy 617 mod. als auch der ausscheidungsgehärteten Schmelze 413768 des Alloy 263 Manson-Coffin-Anpassungen durchgeführt. Um die werkstoff- und temperaturabhängigen Manson- Coffin-Parameter zu bestimmen, wurden aus den Hysteresen bei halber Lebensdauerlastspielzahl, wie in Bild 3. 7 gezeigt, die elastischen und plastischen Dehnungsanteile ermittelt. 70 Charakterisierung der Werkstoffe Die temperatur- und werkstoffabhängigen Parameter σ ∗ B E und ε ∗ B sowie die Exponenten b und c (siehe Gleichung 3.7) zur Beschreibung der HWT II schmelzenspezifischen Anrisskennlinien der Werkstoffe Alloy 617 mod. und Alloy 263 sind im Anhang A.5 in Tabelle A. 10 zusammengefasst. In den Bildern 4. 18 und 4. 19 sind die Verläufe der Anrisskennlinien beider Werkstoffe abgebildet. Zusätzlich sind die Zyklenzahlen jedes Versuches mit einer Dehnrate von 6 % min−1 bei Erreichen des 5 %-Lastabfallkriteriums anhand von Punkten dargestellt. Bild 4. 18: Anrisskennlinien bei 5 %-Lastabfall - Versuche Alloy 617 mod. mit 6 % min−1 Bild 4. 19: Anrisskennlinien bei 5 %-Lastabfall - Versuche Alloy 263 mit 6 % min−1 Einfluss von Haltezeiten und langsamen Dehnraten Zur Untersuchung des Kriechermüdungsverhaltens wurden am IfW Darmstadt für beide Werkstof- 4.2 Experimentelle Untersuchungen 71 fe dehnungskontrollierte Ermüdungsversuche mit 10-minütiger Haltezeit während der Zug- und Druckphase bei einer Prüftemperatur von 700 ◦C durchgeführt [87]. Die resultierenden Zyklenzah- len bei Erreichen des 5 %-Lastabfallkriteriums sind im Bild 4. 20 den Anrisskennlinien der reinen Ermüdungsversuche gegenübergestellt. Bild 4. 20: Einordnung der Haltezeitversuche Es wurden je Werkstoff zwei Versuche mit Dehnungsamplituden von 0,3 % und 0,45 % durchgeführt. Der Vergleich der Anrisspunkte mit den Anrisskennlinien zeigt, dass die Haltezeiten bei beiden Werkstoffen einen lebensdauerverkürzenden Einfluss haben. Des Weiteren fällt auf, dass der Ein- fluss der Haltezeit bei der kleineren Dehnungsamplitude von 0,3 % größer ist als bei der größeren Dehnungsamplitude von 0,45 %. Bild 4. 21: Einordnung der Versuche mit langsamen Dehnraten 72 Charakterisierung der Werkstoffe Am IWM Freiburg wurden zur Untersuchung des Einflusses der Dehngeschwindigkeit dehnungs- kontrollierte Versuche mit langsamen Dehnraten von 0,03 % min−1, 0,06 % min−1 und 0,6 % min−1 bei Prüftemperaturen von 700 ◦C bzw. 725 ◦C durchgeführt [87]. In Bild 4. 21 sind die bei Erreichen des 5 %-Lastabfallkriteriums vorliegenden Zyklenzahlen der Versuche beider untersuchten Nickelbasisle- gierungen den schmelzenspezifischen Anrisskennlinien gegenübergestellt. Die Gegenüberstellung der Anrisskennlinien aus den Versuchen mit 6 % min−1 und der Versuche mit langsameren Dehnraten von 0,03 % min−1, 0,06 % min−1 und 0,6 % min−1 zeigt, dass die ertragbare Zyklenzahl bis zum Erreichen des 5 %-Lastabfallkriteriums bei beiden Werkstoffen von der Dehnge- schwindigkeit abhängig ist. Sowohl die Ergebnisse der Versuche am Alloy 617 mod., welche in rot und grün dargestellt sind als auch die Ergebnisse der Versuche am Alloy 263, welche in blau und orange dargestellt sind, zeigen dass sich mit kleiner werdender Dehngeschwindigkeit die ertragbare Zyklenzahl verringert. In den Tabellen A. 8 und A. 9 im Anhang A.4 sind die Versuchsergebnisse zusammengefasst. Vergleich zu anderen Vorhaben Zur Einordnung des zyklischen Verhaltens der HWT II-Schmelzen sind in den Bildern 4. 22 und 4. 23 die Ergebnisse der LCF-Versuche mit und ohne Haltezeit des Forschungsvorhaben DE4 [20] den HWT II-Anrisskennlinien gegenübergestellt. In DE4 wurden Ermüdungsversuche an einer Schmelze des Alloy 617 mod. und an zwei Schmelzen des Alloy 263 bei Prüftemperaturen von 20 ◦C und 700 ◦C am lösungsgeglühten sowie am zusätzlich bei 700 ◦C für 3 h ausgelagerten Probenmaterial durchgeführt. Bild 4. 22: Vergleich der LCF-Versuche aus DE4 mit den HWT II-Anrisskennlinien für den Alloy 617 mod. 4.2 Experimentelle Untersuchungen 73 Bild 4. 23: Vergleich der LCF-Versuche aus DE4 mit den HWT II-Anrisskennlinien für den Alloy 263 Dem Vergleich der LCF-Versuche aus DE4 mit den Anrisskennlinien aus HWT II ist für den Al- loy 617 mod. zu entnehmen, dass die HWT II-Schmelze im Hinblick auf das Ermüdungsverhalten bei 20 ◦C deutlich und bei 700 ◦C geringfügig schlechter ist (siehe Bild 4. 22). Für den Alloy 263 ist in Bild 4. 23 der Vergleich der Anrisskennlinien aus HWT II mit den Versuchser- gebnissen aus DE4 dargestellt. Es zeigt sich, dass die Versuche mit den Proben der DE4-Schmelzen bei 20 ◦C unterhalb der Anrisskennlinie aus HWT II liegen (rot dargestellt) und somit schlechtere Ermü- dungseigenschaften aufweisen. Bei 700 ◦C liegen die LCF-Versuche aus DE4 auf der Anrisskennlinie aus HWT II. Die Ergebnisse der LCF-Versuche mit Haltezeit, welche in grün mit einem Sternsymbol dargestellt sind, liegen bei beiden Werkstoffen erwartungsgemäß unterhalb der Versuchsergebnisse der rein wechselnden Versuche, was auch schon bei den Haltezeitversuchen in HWT II festgestellt werden konnte. Werkstoffverhalten bei thermo-mechanischer Ermüdung Zusätzlich zu den isothermen Ermüdungsversuchen wurden in HWT II für den Alloy 617 mod. am IWM Freiburg anisotherme thermo-mechanische (TMF) Ermüdungsversuche im Temperaturbereich zwischen 400 ◦C und 720 ◦C durchgeführt [87]. Die Aufprägung der Dehnungsamplitude erfolgte in den Versuchen gleichphasig (in phase = IP) und gegenphasig (out-of-phase = OP) zum Temperatur- verlauf. Zur Veranschaulichung sind in Bild 4. 24 exemplarisch beide Phasenbeziehungen für einen Zyklus dargestellt. Die Lastparameter und resultierenden Versuchsergebnisse der durchgeführten TMF-Versuche sind in Tabelle 4. 6 zusammengefasst. 74 Charakterisierung der Werkstoffe Bild 4. 24: Phasenbeziehungen der Temperatur- bzw. Dehnungsverläufe im TMF-Versuch (schematisch) [87] Probennr. Abschnitt Temperatur Phasenbeziehung Dehnrate Dehnungsamplitude Anrisszyklenzahl T/◦C ε˙ / % min−1 εa/% NA5 % / - Alloy 617 mod. 4da10A2 A 400-720 IP 0,06 0,6 377 4da20C2 A 400-720 OP 0,06 0,8 804 Tabelle 4. 6: Übersicht der TMF-Versuche - Lastbedingungen und Ergebnisse Die Ergebnisse zeigen, dass die ertragbaren Lastwechselzahlen bei 5 % Lastabfall der IP Versuche deutlich kleiner sind, obwohl die mechanischen Dehnungsamplituden geringfügig kleiner gegenüber der OP Versuche sind. 4.3 Mikrostruktur Zur Untersuchung der Einflüsse thermisch-mechanischer Beanspruchungen auf die Schädigungs- entwicklung und Ausscheidungscharakteristik, wurden an der MPA Universität Stuttgart für die in HWT II eingesetzten Schmelzen der Werkstoffe Alloy 617 mod. und Alloy 263, mikroskopische Unter- suchungen am Material im wärmebehandelten Ausgangszustand sowie im thermisch-mechanisch beanspruchten Zustand durchgeführt [87]. Die untersuchten Zustände sind in der Tabelle 4. 7 zusam- mengefasst. 4.3 Mikrostruktur 75 Werkstoff Alloy 617 mod. Alloy 263 Ausgangszustand 1200 ◦C/3 h/Wasser + 980 ◦C/3 h/Luft 1150 ◦C/2 h/Wasser + 800 ◦C/4 h/Luft Probennr.; hWA7z7; T=700 ◦C hWB725z2; T=725 ◦C Zeitstand σ=230 MPa; t f =5046 h σ=290 MPa; t f =2982 h Probennr.; hWA7dh2; T=700 ◦C hWB7dh2; T=700 ◦C Kriechermüdung εa=0,3 %; tHz/tHd=10 min/10 min; NA5 %=936 εa=0,3 %; tHz/tHd=10 min/10 min; NA5 %=1992 Tabelle 4. 7: Übersicht der hinsichtlich Mikrostruktur untersuchten Zustände Zur Charakterisierung der Mikrostruktur der untersuchten Nickellegierungen sind in den Bildern 4. 25 und 4. 26 lichtmikroskopische Aufnahmen der wärmebehandelten Ausgangszustände dargestellt. Bild 4. 25: Lichtmikroskopaufnahmen des Ausgangszustands Alloy 617 mod. Bild 4. 26: Lichtmikroskopaufnahmen des Ausgangszustands Alloy 263 Die oberen Aufnahmen zeigen das Gefüge des Alloy 617 mod. nach der Stabilglühung bei 980 ◦C für 3 h. In den unteren Aufnahmen ist das Gefüge des Alloy 263 nach vierstündiger Glühung bei 800 ◦C abgebildet. Für beide Werkstoffe ist jeweils links die 50-fache und rechts die 500-fache Vergrößerung des Gefüges dargestellt. Die Aufnahmen zeigen, dass beide Nickellegierungen inhomogene Kornstrukturen besitzen. Unter 76 Charakterisierung der Werkstoffe Berücksichtigung der Angaben aus der DIN EN ISO 643 [90] wurden anhand der Aufnahmen die Korngrößen bestimmt. Die Korngrößen des Alloy 617 mod. liegen zwischen -2 bis -1 und die des Alloy 263 zwischen 2 bis 2,5. Weiterhin wurden für beide Ausgangszustände die Härten nach Vickers [91] ermittelt. Für den Alloy 617 mod. ergibt sich eine Härte von 231 HV10 und für den Alloy 263 eine Härte von 265 HV10. In den lichtmikroskopischen Aufnahmen beider Legierungen sind ungleichmäßig grobe, blockförmige Teilchen zu erkennen, bei denen es sich vermutlich um Titankarbide und -karbonitride handelt. Zur Untersuchung der aus Zeitstand- bzw. Kriechermüdungsbeanspruchung resultierenden Schä- digungsmechanismen wurden für beide Werkstoffe an den in Tabelle 4. 7 angegebenen thermisch- mechanisch beanspruchten Zuständen im Schaftbereich weitere lichtmikroskopische Untersuchungen durchgeführt. In Bild 4. 27 ist links eine Aufnahme der Zeitstandprobe hWA7z7 sowie rechts der Krie- chermüdungsprobe hWA7dh2 aus Alloy 617 mod. dargestellt. Das Bild 4. 28 zeigt links die Aufnahme der Zeitstandprobe hWB725z2 und rechts die der Kriechermüdungsprobe hWB7dh2 aus Alloy 263. Bild 4. 27: Lichtmikroskopaufnahmen des Alloy 617 mod. nach Zeitstand- (links) und Kriechermüdungsbean- spruchung (rechts) Bild 4. 28: Lichtmikroskopaufnahmen des Alloy 263 nach Zeitstand- (links) und Kriechermüdungsbeanspru- chung (rechts) 4.3 Mikrostruktur 77 Die zeitstandbeanspruchte Probe des Alloy 617 mod. (Bild 4. 27 links) weist zahlreiche interkristal- line Mikrorisse senkrecht zur Beanspruchungsrichtung auf. In den meisten Fällen sind aneinander grenzende Korngrenzen geschädigt. An der kriechermüdungsbeanspruchten Probe des Alloy 617 mod. (Bild 4. 27 rechts) sind mehrere transkristalline Anrisse ausgehend von der Probenoberfläche auszumachen. Dieser Schädigungsme- chanismus ist typisch bei Ermüdungsbeanspruchungen. Die Anrisse sind leicht verzweigt und es sind viele Gleitlinien in den Körnern zu sehen. Neben transkristallinen Anrissen sind in der Probenmitte interkristalline Mikrorisse und Kriechporen auf den Korngrenzen zu erkennen. Da diese jedoch nur sehr vereinzelt vorzufinden sind, deutet es darauf hin, dass die transkristalline Ermüdungsschädigung dominierend ist. Anhand der in Bild 4. 28 links dargestellten Aufnahme der kriechbeanspruchten Probe des Alloy 263 ist zu sehen, dass es vereinzelt zu interkristallinen Mikroanrissen ausgehend von Tripelpunkten kommt. Zusätzlich ist zu erkennen, dass die Karbonitride im Korn aufgebrochen werden. Wie schon bei der kriechermüdungsbeanspruchten Alloy 617 mod. Probe, ist auch bei der Alloy 263 Probe (Bild 4. 28 rechts) eine transkristalline Schädigung ausgehend von der Probenoberfläche erkenn- bar. Interkristalline Anrisse sind nicht zu erkennen. Zur Identifizierung, welche Typen von Ausscheidungen im Gefüge vorliegen und wie sich diese aufgrund von thermisch-mechanischer Beanspruchung entwickeln, wurden Untersuchungen im Trans- missionselektronenmikroskop (TEM) durchgeführt. Verwendet wurde ein TEM der Firma Jeol vom Typ JEM 2000 FX. Die Untersuchungen erfolgten an Metallfolien. Für die Herstellung dieser wurden Scheiben mit 3 mm Durchmesser vom Material abgetrennt und dann bis zu einer Restdicke von etwa 80 µm geschliffen. Danach wurde eine elektrolytische Ätzung mit Perchlorsäure und einer Ethanol- Mischung in einer Poliereinheit mit Typenbezeichnung Tenupol-3 der Firma Struers durchgeführt. Die Phasenidentifizierung erfolgte kristallographisch durch Elektronenbeugung (Feinbereichsbeugung) und Energiedisperse Röntgenspektroskopie (EDX). Für die Bestimmung der Ausscheidungsgrößen wurde das Bildanalyse Programm Image J verwendet. Das Bild 4. 29 zeigt die TEM-Aufnahmen des Ausgangsmaterials (Aufnahmen a), b) und c)) sowie des zeitstand- (Aufnahmen d), e) und f)) bzw. kriechermüdungsbeanspruchten (Aufnahmen g), h) und i)) Probenmaterials des Alloy 617 mod.. In den Aufnahmen sind jeweils die Bereiche auf den Korngrenzen (KG) und im Korninneren (K) dargestellt. In allen Zuständen sind chromreiche M23C6-Karbide sowohl auf den Korngrenzen als auch im Korn- inneren zu identifizieren. Durch die Zeitstand- bzw. Kriechermüdungsbeanspruchung bei 700 ◦C bilden sich γ ′ -Ausscheidungen in den Körnern. Des Weiteren sind nach langzeitiger Beanspruchung molybdänreiche M6C-Karbide auf den Korngrenzen nachweisbar. Auf den Korngrenzen liegen die Karbidausscheidungen dicht aneinander und haben im Mittel eine Größe von 161 nm (M23C6) bzw. 78 Charakterisierung der Werkstoffe 255 nm (M6C). Die Dichte an M23C6-Karbiden im Korn ist nach der Beanspruchung im Zeitstandbe- reich hoch, wohingegen deren mittlere Größe mit 42 nm kleiner ist als im Ausgangszustand (54 nm). Die sich im Korn thermisch gebildeten γ ′ -Ausscheidungen haben eine mittlere Größe von 64 nm. Nach der Kriechermüdungsbeanspruchung liegt eine ähnliche Ausscheidungscharakteristik, wie in Folge der Zeitstandbeanspruchung vor. Die M23C6-Karbide weisen mit mittleren Größen von 170 nm auf den Korngrenzen und 48 nm im Korn ähnliche Werte auf. Die M6C-Korngrenzenkarbide sind mit 177 nm deutlich kleiner, genauso wie die γ ′ -Ausscheidungen im Korn, welche nach der Kriechermüdungsbeanspruchung mittlere Größen von 31 nm erreichen. Zusätzlich zur Typen- bzw. Größenbestimmung der Ausscheidungen wurden die Versetzungsdichten ausgewertet. Diese Auswertung zeigt, dass die Versetzungsdichte nach der Zeitstandbeanspruchung etwa 12,5× 109 pro cm2 und nach der Kriechermüdungsbeanspruchung etwa 5× 109 pro cm2 beträgt. Bild 4. 29: TEM-Aufnahmen des Alloy 617 mod. für verschiedene Zustände In Bild 4. 30 sind die TEM-Aufnahmen des Ausgangsmaterials (Aufnahmen a), b) und c)) sowie des 4.3 Mikrostruktur 79 zeitstand- (Aufnahmen d), e) und f)) bzw. kriechermüdungsbeanspruchten (Aufnahmen g), h) und i)) Probenmaterials jeweils links im Bereich der Korngrenzen (KG) und rechts im Korn (K) für den Alloy 263 dargestellt. Bild 4. 30: TEM-Aufnahmen des Alloy 263 für verschiedene Zustände Im Ausgangszustand sind sowohl auf den Korngrenzen als auch im Korninneren M23C6-Karbide mit mittleren Größen von 114 nm bzw. 206 nm vorzufinden. Aufgrund der Zeitstandbeanspruchung nimmt die Größe der M23C6-Karbide auf den Korngrenzen geringfügig (95 nm) und in den Körnern deutlich (86 nm) ab. Des Weiteren sind im Ausgangszustand im Korn aufgrund der Glühung bei 800 ◦C für 4 h, γ′-Teilchen mit mittleren Größen von 15 nm zu identifizieren, welche in Folge der Zeitstandbeanspruchung bei 725 ◦C vergröbern und ihre Morphologie von einer runden zu einer elliptischen Form verändern. Die mittlere Größe der γ ′ -Teilchen beträgt in etwa 59 nm. Hinsichtlich der Ausscheidungsgrößen sind bei der kriechermüdungsbeanspruchten Probe ähnliche Veränderungen zu identifizieren wie bei der kriechbeanspruchten Probe. Die Kriechermüdungsbean- 80 Charakterisierung der Werkstoffe spruchung hat eine Vergröberung der γ ′ -Ausscheidungen (31 nm) im Korn und Verfeinerungen der M23C6-Karbide auf den Korngrenzen (112 nm) und in den Körnern (107 nm) zur Folge. Die Auswertung der Versetzungsdichte lieferte für den Alloy 263 ein identisches Bild wie für die Auswertung des Alloy 617 mod.. Bei der kriechbeanspruchten Probe war die Versetzungsdichte mit etwa 26× 109 pro cm2 wesentlich größer als bei der kriechermüdungsbeanspruchten Probe mit etwa 5× 109 pro cm2. Einordnung der Ergebnisse Um einen Eindruck zu bekommen, wie sich die Ausscheidungen des Alloy 617 mod. zeitlich ent- wickeln, sind in Bild 4. 31 für jeden Ausscheidungstyp deren Größen sowie deren Dichte pro 25 µm2 über der Zeit aufgetragen. In den Diagrammen sind zusätzlich vergleichend die TEM-Ergebnisse der Forschungsvorhaben MARCKO DE2 [33], COORETEC DE4 [20] und MARCKO700 [34] darge- stellt, um die Schmelze von HWT II einordnen zu können. Bei den Vergleichen muss berücksichtigt werden, dass der Werkstoffausgangszustand in HWT II stabilgeglüht und in den anderen Projekten lösungsgeglüht ist. Aus dem direkten Vergleich der Ergebnisse der Ausgangszustände ist zu erkennen, dass die M23C6- Karbide auf den Korngrenzen vergleichbare Größen aufweisen (siehe rote Punkte Bild 4. 31 a)), jedoch deren Dichte bezogen auf eine Fläche von 25 µm2 (siehe rote Punkte Bild 4. 31 b)) streu- en. Zeitlich gesehen scheint eine thermische Auslagerung wenig Einfluss auf die Entwicklung der M23C6-Korngrenzenkarbide (siehe grüne Punkte Bild 4. 31 a)+b)) zu haben, wohingegen Kriechbean- spruchungen mit zunehmender Laufzeit zu einer Vergröberung und Verringerung der Anzahl führen (siehe blaue Punkte Bild 4. 31 a)+b)). Die M6C-Korngrenzenkarbide sind in keinem Ausgangszustand vorhanden (siehe rote Punkte Bild 4. 31 c)+d)). Sie entwickeln sich und wachsen jedoch zeitlich bei thermischer sowie thermisch-mechanischer Beanspruchung (siehe grüne bzw. blaue Punkte Bild 4. 31 c)+d)). Zur Entwicklung der flächenbezogenen Dichte ist keine Aussage zu treffen. Die Größenord- nungen der M23C6-Karbide im Korn sind im Ausgangszustand sehr unterschiedlich (siehe rote Punkte Bild 4. 31 e)). Bezogen auf die HWT II-Ergebnisse ist keine zeitliche Größenänderung zu identifizieren. Bei der Bewertung der mengenmäßigen Entwicklung scheint die Dichte der M23C6-Karbide zuzu- nehmen (siehe Bild 4. 31 f)). Die Ausscheidungen der γ ′ -Phase sind in keinem Ausgangszustand zu identifizieren. Über die Zeit gesehen, wachsen diese jedoch kontinuierlich (siehe Bild 4. 31 g)). Die Dichte der γ ′ -Ausscheidungen bezogen auf eine Fläche von 25 µm2 nimmt zu (siehe Bild 4. 31 h)). Weil die Auswertung der Dichte der Ausscheidungen an jeweils nur einer Metallfolie erfolgte und das Gefüge des Alloy 617 mod. inhomogen ist, stellen die Aussagen über die zeitlichen Entwicklungen nur eine Tendenz dar. 4.3 Mikrostruktur 81 Für den Alloy 263 liegen aus COORETEC DE4 [20] nur TEM-Untersuchungen am Ausgangszustand vor, weswegen auf die vergleichenden zeitlichen Entwicklungen der Ausscheidungsgrößen und -mengen verzichtet wird. Der Vergleich der ausscheidungsgehärteten Ausgangszustände aus HWT II und DE4 zeigt keine großen Unterschiede. In beiden Fällen liegen auf den Korngrenzen und im Korn M23C6-Karbide sowie im Korn γ ′ -Ausscheidungen vor. Die Größe und Anzahl der Ausscheidungen erreichen bei beiden Schmelzen vergleichbare Werte. Einflüsse auf die Festigkeit und Verformungsfähigkeit Durch die Veränderungen der Mikrostruktur im Korninneren sowie auf den Korngrenzen wird das Festigkeits- und Versagensverhalten der Nickelbasislegierungen beeinflusst. Die dreistündige Stabilglühung bei 980 ◦C bewirkt beim Alloy 617 mod. eine Ausscheidung von M23C6-Karbiden im Korninneren. Zusätzlich sorgt die Stabilglühung dafür, dass die Vergröberung der M23C6-Karbide auf den Korngrenzen geringer ausfällt, sodass die Festigkeit der Korngrenzen im Vergleich zum lösungsgeglühten Zustand größer ist. Insgesamt wird so die Verformungsfähigkeit des Werkstoffs in diesem Zustand erhöht, sodass dieser über plastische Verformungen Spannungen besser abbauen kann. Bei thermisch-mechanischer Beanspruchung fördert die zunehmende Ausscheidung der γ ′ -Phase in Verbindung mit der Bildung von feinen M23C6-Karbiden die Festigkeit. Allerdings wird durch die Vergröberung der M23C6-Karbide und die Entstehung der M6C-Karbide auf den Korngrenzen deren Festigkeit vermindert, wodurch sich bei zeitabhängiger Beanspruchung der Ort des Versagens zunehmend in Richtung der Korngrenzen verlagert. Dies führt zu einer Reduzierung des Kriechverformungsvermögens. Auf die Zeitstandfestigkeit und das -bruchverhalten hat der Ausgangszustand (lösungsgeglüht oder stabilgeglüht) keinen nennenswerten Einfluss [92]. Beim Alloy 263 wird durch die vierstündige Glühung bei 800 ◦C im Ausgangszustand eine homogene Ausscheidung der γ ′ -Phase im Korn herbeigeführt, wodurch die Festigkeit infolge der Ausscheidungs- verfestigung gesteigert wird. In Folge der thermisch-mechanischen Beanspruchung vergröbern diese Ausscheidungen, was die Festigkeit reduziert. Sowohl beim Alloy 617 mod. als auch beim Alloy 263 ist aus dem Vergleich der Mikrostrukturun- tersuchungen der zeitstand- und kriechermüdungsbeanspruchten Proben zu erkennen, dass die Ausscheidungsstrukturen ähnlich sind. Was allerdings auffällt, sind große Unterschiede in der Ver- setzungsdichte. Bei der kriechermüdungsbeanspruchten Probe ist die Versetzungsdichte wesentlich geringer gegenüber der Zeitstandprobe. Dies ist auf die relativ niedrige plastische Verformung zurück- zuführen, die durch eine konstante Dehnungsamplitude von 0,3 % erzeugt wird. Im Zeitstandversuch wird schon zu Versuchsbeginn eine hohe plastische Verformung eingebracht, wodurch sich die Verset- zungsdichte erhöht. 82 Charakterisierung der Werkstoffe Bild 4. 31: Ausscheidungsgrößen und deren Dichte pro 25 µm2 für den Alloy 617 mod. im Ausgangszustand (AZ), nach thermischer (TH), Kriech- (KB) und Ermüdungsbeanspruchung (LCF) 83 Kapitel 5 Betriebsnahe Labor- und Bauteilversuche Insbesondere in dickwandigen Kraftwerkskomponenten des Dampfkreislaufes treten mehrachsige Spannungszustände auf, welche bei der zukünftigen Betriebsweise häufigen Lastwechseln mit großen Belastungsamplituden ausgesetzt sind. Für die Auslegung und Dimensionierung dieser Kompo- nenten aus temperaturbeständigen Nickelbasislegierungen besitzt die Bewertung des Kriech- und Ermüdungsverhaltens einen hohen Stellenwert. Zur Untersuchung dieses Verhaltens wurden in der Teststrecke HWT II unter anderem ein Halbkugelformstück und ein Sammler eingebaut. Die beiden genannten Komponenten werden detailliert in Abschnitt 5.4 hinsichtlich ihrer geometrischen Abmes- sungen und der auf sie wirkenden Beanspruchungen vorgestellt. In den Abschnitten 5.1 bis 5.3 werden Ergebnisse unterschiedlicher Zeitstand- und Kriechermüdungsversuche mit ein- und mehrachsigen Spannungszuständen präsentiert. Das Ziel der Untersuchungen ist es, das Werkstoffverhalten an kritischen Bereichen der Komponenten zu charakterisieren. Mit den daraus gewonnenen Erkenntnis- sen können die Auswirkungen der Bauteilgeometrie oder die realen, zyklischen Lastbedingungen auf die Lebensdauer zukünftig analytisch bewertet werden. Um die bestmögliche Übertragbarkeit zur Komponente herstellen zu können, wurden die Randbedingungen so festgelegt, dass sowohl in den Laborversuchen als auch an den kritischen Bauteilbereichen der Teststrecke vergleichba- re Spannungszustände auftreten. Bei Formstücken und Sammlern sind diese die innenliegenden Übergangsradien an den Lochrändern. Zur Ermittlung der Bauteilbelastung wurden für einen charak- teristischen Teststreckenzyklus die zeitlich veränderlichen, räumlichen Spannungsverteilungen mit Hilfe von numerischen Simulationen mit einem elastisch-plastischen Materialmodell bestimmt und damit die Lastparameter für die Laborversuche an kleinen Proben abgeleitet. Des Weiteren wurde das Probenmaterial einer identischen Wärmebehandlung unterzogen, wie sie bei der Bauteilfertigung durchgeführt wurde. Die Proben aus dem Werkstoff Alloy 617 mod. wurden über 4 h und die Proben aus Alloy 263 über 8 h bei 800 ◦C geglüht. 84 Betriebsnahe Labor- und Bauteilversuche 5.1 LCF-Versuche an Kerbproben Aufgrund der Kerbwirkung an Querschnittsübergängen, welche zwar durch Übergangsradien ge- mindert werden, treten hohe lokale, mehrachsige Spannungskonzentrationen (siehe Abschnitt 3.1.2) auf, welche versagensbestimmend sein können und deshalb in Bezug auf das Werkstoffverhalten zu bewerten sind. Zur Untersuchung des Werkstoffverhaltens an diesen Stellen wurden Ermüdungs- und Kriechermüdungsversuche mit gekerbten Proben aus den Werkstoffen Alloy 617 mod. und Alloy 263 durchgeführt. Bei der Versuchsauslegung wurde angestrebt, dass an der gekerbten Probe ein vergleichbarer Spannungszustand wie an den Übergangsradien des Sammlers eingestellt wird. Als Maß hierfür wird die Kerbformzahl αk nach Gleichung 3.9 verwendet. Für das reale Bauteil wurde die Spannungsverteilung im Bereich des maximal belasteten Übergangsradius am Lochrand des Sammlers mit Hilfe numerischer Simulationen ermittelt. Die Auswertung ergab eine Kerbformzahl αk von 2,3, was bei der verwendeten Probengeometrie, welche in Bild 5. 1 dargestellt ist, einem Kerbradius von 1 mm entspricht. Bild 5. 1: Geometrie der Kerbproben Insgesamt wurden fünf Versuche für den Alloy 617 mod. und vier Versuche für den Alloy 263 bei Tem- peraturen von 650 ◦C und 700 ◦C durchgeführt. Je ein Versuch pro Werkstoff hatte eine 10-minütige Zughaltezeit bei Maximalkraft. Weil aufgrund der Kerbgeometrie eine lokale Dehnungsmessung zur Realisierung einer dehnungskontrollierten Versuchsweise nicht möglich war, erfolgte die Re- gelung in den Versuchen kraftkontrolliert. In der Tabelle 5. 1 sind die Versuchsparameter und die Anrisszyklenzahlen der einzelnen Versuche zusammengefasst. Aufgrund der kraftkontrollierten Prüfweise ist eine geeignete Methode notwendig, welche die Umrech- nung der gemessene Spannungsschwingbreite in eine äquivalente Dehnungsschwingbreite erlaubt. Das Verformungsverhalten bei zyklischer Beanspruchung lässt sich über die zyklischen Spannungs- Dehnungs-Kurven beschreiben. Die Ermittlung der Kurve erfolgte für die Prüftemperaturen von 650 ◦C und 700 ◦C für die Hysterese bei halber Lebensdauerlastspielzahl nach der in Abschnitt 3.1.2 be- schriebenen Vorgehensweise. Zur numerischen Beschreibung der isothermen zyklischen Fließkurven 5.1 LCF-Versuche an Kerbproben 85 Werkstoff Probennr. Temperatur Nennspannung Zug Haltezeit Anriss- bzw. Bruchzyklenzahl T / ◦C σn / MPa tHz / min NA bzw. NB / - A617 mod. A617.2 650 313 0 5680 A617 mod. A617.1 700 266 0 9255 A617 mod. A617.3 700 266 0 9980 A617 mod. A617.6 700 414 0 1129 A617 mod. A617.5 700 414 10 599 A263 A263.2 650 362 0 8695 A263 A263.1 700 297 0 15550 A263 A263.5 700 477 0 1648 A263 A263.4 700 477 10 534 Tabelle 5. 1: Versuchsparameter und Ergebnisse der Versuche an den Kerbproben wurde die Ramberg-Osgood-Beziehung nach Gleichung 3.8 verwendet. In Tabelle A. 12 im Anhang A.6 sind der Elastizitätsmodul E, der Verfestigungskoeffizient K ′ und der Verfestigungsexponent n ′ für die Prüftemperaturen 650 ◦C und 700 ◦C beider Werkstoffe angegeben. Über den in Formel 3.14 gegebenen Zusammenhang kann für jede Nennspannung eine Neuber- Hyperbel beschrieben werden. In den Bildern 5. 2 und 5. 3 sind die zyklischen Fließkurven sowie die für die in Tabelle 5. 1 angegebenen Nennspannungen ermittelten Neuber-Hyperbeln für den Alloy 617 mod. und den Alloy 263 abgebildet. Bild 5. 2: Abschätzung der Dehnungsamplitude der kraftkontrollierten Kerbversuche - Alloy 617 mod. 86 Betriebsnahe Labor- und Bauteilversuche Bild 5. 3: Abschätzung der Dehnungsamplitude der kraftkontrollierten Kerbversuche - Alloy 263 Aus den Diagrammen kann für die kraftkontrollierten Versuche, anhand der Schnittpunkte von Fließkurve und Neuber-Hyperbel näherungsweise die im Kerbgrund vorliegende Dehnungsamplitude abgeschätzt werden. Die Bilder 5. 4 und 5. 5 zeigen die HWT II-Anrisskennlinien aus den Versuchen an den glatten Proben beider Werkstoffe für die Temperaturen 650 ◦C und 700 ◦C. In die Diagramme sind zusätzlich die Lastwechselzahlen der Versuche an den gekerbten Proben als Punkte eingetragen. Bild 5. 4: Einordnung der LCF-Versuche an Kerbproben - Alloy 617 mod. 5.2 Zeitstandversuche an Hohlzylindern 87 Bild 5. 5: Einordnung der LCF-Versuche an Kerbproben - Alloy 263 Es ist zu erkennen, dass die Kerbe bei beiden untersuchten Materialien einen positiven Einfluss auf die Lebensdauer hat. Diese Erkenntnis ist damit zu begründen, dass die lokalen hohen Spannungs- konzentrationen im Kerbgrund sich durch Plastifizieren mit ansteigender Zyklenzahl vermindern und der Spannungsgradient über den Kerbquerschnitt kleiner wird. Bei diesem Vergleich gilt es zu berücksichtigen, dass die Ermittlung der lokalen Dehnungsschwingbreite mit dem Ansatz von Neuber einer gewissen Unsicherheit unterliegt, da es sich nur um eine Abschätzung handelt. 5.2 Zeitstandversuche an Hohlzylindern Zur Untersuchung des zeitabhängigen Verhaltens unter mehrachsigen Beanspruchungen wurden Zeitstandversuche an je einem Hohlzylinder aus Alloy 617 mod. und Alloy 263 durchgeführt. Bei der Versuchsauslegung war das Ziel einen möglichst hohen Mehrachsigkeitsgrad einzustellen. Der Mehrachsigkeitsgrad q lässt sich anhand der Formel 5.1 berechnen [93]. q = σvM√ 3σhyd (5.1) Um den Mehrachsigkeitseinfluss quantifizieren zu können, wurden der stationäre Innendruck und die axiale Zugkraft so gewählt, dass die resultierende Vergleichsspannung in der Mitte der Wand des Hohlzylinders identisch mit der Prüfspannung eines am IfW Darmstadt durchgeführten einachsigen Zeitstandversuchs ist. Die Geometrie der verwendeten Hohlzylinderproben ist in Bild 5. 6 abgebildet. Der Innendurchmesser der Probe beträgt 20 mm, sodass eine Wanddicke von 3 bzw. 3,5 mm verbleibt. Die Hohlzylinder sind aufgrund ihrer Geometrie als dickwandig einzustufen, da das Durchmesser- verhältnis u = dadi , welches zur Beurteilung verwendet wird, Werte größer als 1,2 erreicht [52]. Zur 88 Betriebsnahe Labor- und Bauteilversuche Verringerung des Innenvolumens wurden zusätzlich Füllkörper eingesetzt. Bild 5. 6: Geometrie der Hohlzylinderproben In Tabelle 5. 2 sind die verwendeten Lastbedingungen sowie die axialen Kriechdehnungen und Versuchslaufzeiten zusammengefasst. Weiterhin sind in Bild 5. 7 die Kriechkurven der Hohlzylinder- versuche den einachsigen Ergebnissen bei ähnlichen Prüfspannungen gegenübergestellt. Werkstoff Proben- Temperatur Axial- Innen- Mehrachsigkeit Vergleichsspannung Lauf- axiale nr. kraft druck nach von Mises zeit Kriech- Mitte der Wand Mitte der Wand dehnung T / ◦C Fax / kN pi / bar q / - σvM / MPa t / h εcr,ax / % Alloy 617 mod. A617.1/2 700 54,96 400 1,16 240 2907 12,06 Alloy 263 A263.1/2 700 54,96 400 1,15 284 7232 22,43 Tabelle 5. 2: Versuchsparameter und Ergebnisse der Kriechversuche an den Hohlzylindern Bild 5. 7: Vergleich der Kriechkurven aus den mehrachsigen Hohlzylinder- und einachsigen Zeitstandversuchen 5.3 LCF-Versuche mit komplexer Kriechermüdungsbeanspruchung 89 Die axialen Kriechdehnungen an den Hohlzylindern werden lokal mit kapazitiven Dehnungsaufneh- mern gemessen, welche außenseitig in der Probenmitte appliziert sind. Der Vergleich der mehrach- sigen und einachsigen Versuche zeigt, dass es bei den Hohlzylindern im sekundären Kriechbereich zu einem deutlich stärkeren Anstieg der Dehnungen kommt. Weiterhin ist festzustellen, dass die Dehnungszunahme auch im Tertiärbereich beim Hohlzylinder schneller erfolgt. Die Bruchdehnun- gen der mehrachsigen Hohlzylinderprobe aus Alloy 617 mod. sind mit etwa 12,1 % größer als bei der einachsigen Probe. Aus dem Vergleich der Bruchdehnungen der Versuche am Alloy 263 ist zu erkennen, dass im einachsigen Versuch mit 29,6 % eine größere Bruchdehnung erreicht wird als im mehrachsigen Versuch mit 22,4 %. 5.3 LCF-Versuche mit komplexer Kriechermüdungsbeanspruchung Infolge der flexiblen Betriebsweise treten in den dickwandigen Rohrleitungen sich schnell verändernde und große Temperaturgradienten auf, welche auch ohne überlagerte mechanische Belastungen in der Rohrwand entsprechende Spannungs-/Dehnungsverteilungen erzeugen. Bei einem Anfahrvorgang strömt der heiße Dampf ins Rohr und erwärmt die im Ausgangszustand kalte Rohrinnenseite konti- nuierlich. Aufgrund der thermischen Trägheit des dickwandigen Rohres bleibt die Rohraußenseite kühler und der Temperaturanstieg ist flacher. Nach längerer Zeit stellt sich ein stationäres Temperatur- gleichgewicht ein, bei dem die Temperaturen an der Innen- und Außenseite nahezu gleich sind. Bei dem Abfahrvorgang wird der im Rohr strömende Dampf kälter, wodurch jetzt die Temperatur an der Rohrinnenseite entsprechend schnell abfällt, aber die Rohraußenseite noch auf einem höheren Temperaturniveau bleibt und der Temperaturabfall dort langsamer verläuft. Im Bild 5. 8 ist in grün das zeitliche Temperaturprofil aus einer FE-Simulation eines geraden dickwan- digen Rohrstücks (u = 1, 83) aus Alloy 617 mod. mit einem Innendurchmesser von 120 mm und einer Wanddicke von 50 mm exemplarisch dargestellt. Der verwendete Temperaturverlauf entspricht einem Zyklus der HWT II-Teststrecke und startet bei einer Temperatur von 400 ◦C. Während des Aufheizens wird nach ca. 1800 s an der Innenseite und nach ca. 2700 s an der Außenseite der stationäre Zustand erreicht, welcher bis ca. 4400 s nach dem Aufheizen gehalten wird. Während des zweistufigen Abkühlvorgangs mit einer kurzen Haltezeit von 300 s bei einer Temperatur von ca. 575 ◦C fällt die Temperatur auf den Ausgangswert von 400 ◦C. Aus den zeitlichen Verläufen der ersten und dritten Hauptspannungen, welche für die Rohrinnen- (durchgezogene Linien) bzw. -außenseite (gestrichelte Linien) in Bild 5. 8 dargestellt sind, ist zu entnehmen, dass beim Aufheizvorgang an der heißeren Innenseite hohe Druck- und an der Außenseite Zugspannungen entstehen. Da sich schnelle Temperaturänderungen im Rahmen von Versuchen nur schwer realisieren lassen, wurde ein mechanischer rein isothermer Ersatzzyklus entwickelt, welcher annähernd die Beanspru- 90 Betriebsnahe Labor- und Bauteilversuche chungssituation an der Rohrinnenseite beschreibt. Dieser Zyklus ist in Bild 5. 9 dargestellt. Bild 5. 8: Beanspruchungen in einem dickwandigen geraden Rohr bei Temperaturwechseln Bild 5. 9: Isothermer Ersatzzyklus zur Simulation von Temperaturwechseln In einem Initialisierungszyklus wird die Probe zuerst dehnungskontrolliert (dk) in Zugrichtung belastet. Von dort aus startet der eigentliche Zyklus. Die Probe wird dehnungskontrolliert in den Druckbereich geregelt, was die Druckspannungen während des Aufheizens abbilden soll. Danach wird in Kraftregelung umgeschaltet und eine definierte Zugkraft aufgebracht. Die Zugkraft wird von der Vergleichsspannung nach von Mises abgeleitet, welche im Bauteil aus der superponierten 5.3 LCF-Versuche mit komplexer Kriechermüdungsbeanspruchung 91 Innendruckbeanspruchung sowie der äußeren Systemlasten während der Haltezeit resultiert. Nach einer festgelegten Zeit wird wieder in eine dehnungskontrollierte Prüfweise umgeschaltet und eine Zugdehnung eingestellt, was den Abfahrvorgang nachbildet. Von da beginnt der Zyklus erneut. Insgesamt wurden vier einachsige Kriechermüdungsversuche mit der beschriebenen Prüfweise für den Alloy 617 mod. der Schmelze 316000 von VDM an der MPA Universität Stuttgart durchgeführt. Für die Versuche wurden Proben mit der in Bild 4. 14 c) dargestellten Geometrie verwendet. Es wurden jeweils zwei Versuche mit dem lösungsgeglühten (LG) Ausgangsmaterial und zwei mit dem geglühten (LG+800 ◦C/4 h) Material unter Einhaltung einer 10- bzw. 60-minütigen Haltezeit durchgeführt. Die Dehnungsamplitude εa betrug während der dehnungskontrollierten zyklischen Versuchsphase 0,3 % und die Kraft während der kraftkontrollierten Haltezeit 18,85 kN. Zur Übersicht sind die Lastparameter der Versuche neben den aus den Versuchen resultierenden Anrisszyklenzahlen in Tabelle 5. 3 zusammengefasst. Probennr. Dehnungsamplitude Haltezeitkraft Haltezeitdauer Anrisszyklenzahl Wärmebehandlung εa / % Fax,HZ / kN tHZ / min Na / - LH17.10* 0,3 18,85 10 798 LG LH17.13 0,3 18,85 10 1781 LG + 800 ◦C/4 h LH17.12 0,3 18,85 60 640 LG LH17.14 0,3 18,85 60 683 LG + 800 ◦C/4 h *Regelproblem Tabelle 5. 3: Versuchsparameter und Ergebnisse der Versuche mit komplexer Kriechermüdungsbeanspruchung Der Vergleich der Versuche mit 10-minütiger Haltezeit zeigt, dass die Anrisszyklenzahlen beider Wärmebehandlungszustände sich unterscheiden. Dieser große Unterschied ist auf ein Regelproblem zurückzuführen. Während des Versuchsprogramms an der lösungsgeglühten Probe LH17.10 hat der Regler einmalig während der Zugphase auf eine Dehnungsamplitude von 0,85 % anstatt der vorgegebenen 0,3 % geregelt, was vermutlich zu einer erheblichen Schädigung geführt hat. Aus diesem Grund ist das Versuchsergebnis der Probe LH17.10 für eine Bewertung nicht verwendbar. Die Ergebnisse der Versuche beider Wärmebehandlungszustände mit 60-minütiger Haltezeit zeigen hinsichtlich ihrer Lebensdauer nur geringfügige Unterschiede. Lichtmikroskopische Untersuchungen Zur Identifizierung des wirkenden Schädigungsmechanismus wurde die Probe LH17.14 im Bereich nahe des Bruches lichtmikroskopisch untersucht. In Bild 5. 10 ist links eine Aufnahme mit 50-facher Vergrößerung und rechts ein Detail im Randbereich mit 200-facher Vergrößerung dargestellt. Den Aufnahmen ist zu entnehmen, dass ausgehend von der Probenoberfläche trans- und interkristalli- ne Anrisse vorzufinden sind. Zu interkristallinen Anrissen kommt es bevorzugt an den Korngrenzen, 92 Betriebsnahe Labor- und Bauteilversuche Bild 5. 10: Lichtmikroskopaufnahmen der Probe LH17.14 im Bereich nahe des Bruchs welche senkrecht zur Beanspruchungsrichtung liegen. In der Detailaufnahme im rechten Bild sind ausgehend von der Probenoberfläche und senkrecht zur Beanspruchungsrichtung zwei interkristalline Anrisse entlang der Korngrenze zu erkennen. Der rechte, längere Anriss teilt sich an einem Tripel- punkt auf in einen transkristallinen Anriss, welcher ins Nachbarkorn übergeht und die ursprüngliche Richtung des Ausgangsanrisses beibehält sowie einen weiteren interkristallinen Anriss, welcher der Richtung der Korngrenze des Nachbarkorns folgt. Da die Richtung dieser Korngrenze nicht mehr senkrecht zur äußeren Beanspruchung verläuft, gehen von dem schräg verlaufenden interkristallinen Anriss eine Reihe von transkristallinen Anrissen im Nachbarkorn aus, welche die gleiche Richtung wie der Ursprungsanriss haben. Die Mischung aus inter- und transkristallinen Anrissen deutet auf eine Wechselwirkung aus Ermü- dungs- und Kriechschädigung hin. Durch die zyklische Prüfweise kommt es zu transkristallinen und senkrecht zur Beanspruchungsrichtung zu interkristallinen Ermüdungsanrissen an der Probenoberflä- che. Durch die 60-minütigen kraftkontrollierten Haltezeiten kommt es zu weiteren interkristallinen Kriechschädigungen. Mit ansteigender Zyklenzahl kommt es zur Neubildung weiterer Anrisse sowie zum Wachstum und Verbindung der Risse, was eine beschleunigte Schädigung zur Folge hat. TEM-Untersuchungen Zur Untersuchung der Ausscheidungscharakteristik sowie der Versetzungsdichte in der kriechermü- dungsbeanspruchten Probe LH17.14 wurden TEM-Untersuchungen durchgeführt. In Bild 5. 11 ist links eine Aufnahme einer Korngrenze und rechts zwei Aufnahmen im Korninneren dargestellt. Die Auswertungen zeigen, dass sich die Ausscheidungscharakteristik nicht wesentlich von der Kriecher- müdungsprobe hWA7dh2 unterscheidet (siehe TEM-Aufnahmen g), h) und i) in Bild 4. 29). Auf den Korngrenzen wurden M23C6- und M6C-Karbide mit mittleren Größen von 121 nm bzw. 217 nm identifiziert. Im Vergleich zu den TEM-Ergebnissen der LCF-Probe hWA7dh2 sind die M23C6- 5.4 Bauteilversuche 93 Bild 5. 11: TEM-Aufnahmen der Probe LH17.14 auf den Korngrenzen (links) und im Korn (mitte + rechts) Karbide kleiner (170 nm) und die M6C-Karbide größer (177 nm) und die Dichte beider Korngrenzen- karbide bezogen auf eine Fläche von 25 µm2 ist bei der Probe LH17.14 deutlich kleiner. Im Korninneren konnten M23C6-Karbide und γ ′ -Teilchen identifiziert werden. Mit mittleren Größen von 64 nm sind die Karbide geringfügig größer im Vergleich zur LCF-Probe hWA7dh2 (48 nm). Die mittlere Größe der γ ′ -Teilchen unterscheidet sich mit 28 nm nur unwesentlich von der Probe hWA7dh2 (31 nm). Im Hinblick auf die Dichte liegen bei der Probe LH17.14 im Vergleich zur Probe hWA7dh2 deutlich weniger Ausscheidungen im Korninneren vor. Bezogen auf eine Fläche von 25 µm2 liegt in der Pro- be LH17.14 die Anzahl der M23C6-Karbide bei etwa 198 und die der γ ′ -Ausscheidungen bei etwa 2111. Dahingegen liegt bei der Probe hWA7dh2 die Anzahl der M23C6-Karbide bei etwa 456 und die γ ′ -Ausscheidungen bei etwa 3149. Die abweichenden Größen und Dichten der Ausscheidungen sind auf die unterschiedlichen Versuchslaufzeiten der Probe LH17.14 (685 h) und hWA7dh2 (315 h) zurückzuführen. Bei Betrachtung der Versetzungsdichte (siehe Bild 5. 11 rechts) der Probe LH17.14 fällt auf, dass diese im Vergleich zur Kriechermüdungsprobe hWA7dh2 (5× 109 pro cm2) mit 15,2× 109 pro cm2 deutlich größer ist. Dies ist auf die 60-minütige kraftkontrollierte Zughaltezeit zurückzuführen, in welcher die Probe kriecht und es zu plastischen Verformungen kommt. Bei der Probe hWA7dh2 relaxieren die Spannungen in den Haltezeiten und es kommt aufgrund der dehnungskontrollierten Prüfweise zu keiner Neubildung von Versetzungen während der Haltezeiten. 5.4 Bauteilversuche Beschreibung der HWT II-Teststrecke Die HWT II-Teststrecke wurde mit 520 ◦C heißem Dampf, welcher aus den Endüberhitzerschleifen des 94 Betriebsnahe Labor- und Bauteilversuche Kessels entnommen wurde, bespeist. Um Temperaturen von über 700 ◦C realisieren zu können, wurde der Dampf vor dem Eintritt in den dickwandigen Abschnitt der Teststrecke in einem Superüberhitzer auf 725 ◦C erhitzt. Eine Isometriezeichnung der dickwandigen Teststrecke ist in Bild 5. 12 abgebildet. Bild 5. 12: Isometriezeichnung der Teststrecke HWT II von BPT mit eingezeichneten Messstellen Die Teststrecke besteht aus einem stationären und einem instationären Abschnitt. Der stationäre Abschnitt beginnt am Teststreckeneingang und endet kurz vor der Kühldampfeinspritzung. Um das zeitabhängige Werkstoffverhalten der Nickelbasislegierungen zu untersuchen, wurde die Rohrleitung stationär bei einer Maximaltemperatur von 725 ◦C in diesem Bereich beansprucht. Zur Untersuchung des Bauteilverhaltens bei thermischer Wechselbeanspruchung im Temperaturbereich zwischen 725 ◦C und 400 ◦C beginnt ab der Kühldampfeinspritzung der Teststreckenabschnitt mit instationärer Bean- spruchung. Um die thermische Wechselbeanspruchung zu realisieren, wurde der 725 ◦C heiße Dampf in einem ersten Schritt mit etwa 370 ◦C warmen Dampf und dann in einem zweiten Schritt mit etwa 215 ◦C kaltem Wasser abgekühlt, ehe durch Abschaltung der Kühldampf- und -wassereinspritzungen ein erneutes Aufheizen erfolgte. Das Ziel dieser Fahrweise war es schnelle Aufheiz- und Abkühlraten zu simulieren, wie sie in einem Kraftwerk im Spitzenlastbetrieb auftreten könnten. 5.4 Bauteilversuche 95 Zur Charakterisierung des Bauteilverhaltens im Betrieb wurden an der Teststrecke von der MPA Universität Stuttgart insgesamt 77 Temperaturmessstellen appliziert. Hiervon befinden sich 57 Mess- stellen an der Rohraußenseite und zehn Messstellen in Bohrungen mit 5 bzw. 20 mm Restrohrwand. Weiterhin sind zusätzlich zehn Mediumstemperaturmessstellen, jeweils drei am Teststreckeneingang, nach der Kühldampf- und nach der Kühlwassereinspritzung sowie eine im Doppelbogen angebracht. Zur Erfassung der Dehnungen während des Teststreckenbetriebes wurden 16 kapazitive Dehnungs- aufnehmer (HT-DMS) verwendet, wovon zehn an einem mit einer Gelenkstrebe vorgespannten Rohrbogen im stationär betriebenen Teststreckenabschnitt appliziert wurden. Im instationären Test- streckenabschnitt wurden zwei HT-DMS im Doppelbogen und vier am Sammler angebracht. Die HT-DMS sind in der Lage die Dehnungen in axialer und tangentialer Richtung bezogen auf die Rohrachse zu erfassen. Die Lage der Temperatur- und Dehnungsmessstellen sind ebenfalls in die Rohrleitungsisometrie des Bildes 5. 12 eingezeichnet. Betriebsbedingungen der Teststrecke Während des Betriebs der Teststrecke betrug der Innendruck konstant etwa 170 bar. Der Massenstrom lag im stationären Betrieb bei Maximaltemperatur bei etwa 3,85 kg s−1 und in der Abkühlphase im instationären Bereich nach der Kühlwassereinspritzung bei etwa 8,55 kg s−1. Exemplarisch für fünf Zy- klen sind die zeitlichen Messverläufe der Dampftemperatur, des Innendrucks und des Massenstroms im Bild 5. 13 dargestellt. Bild 5. 13: Messverläufe der Temperatur, des Innendrucks sowie des Massenstroms für fünf Zyklen Ein Zyklus hat in etwa eine Dauer von 6300 s. Ausgehend von einer stationären Temperatur von etwa 715 ◦C im Abschnitt nach der Kühlwassereinspritzung, verringert sich diese durch die Kühldampfein- spritzung in 470 s auf etwa 580 ◦C. Daran anschließend erfolgt in 180 s die zweite Abkühlung mittels 96 Betriebsnahe Labor- und Bauteilversuche Wasser auf 400 ◦C. Damit sich eine homogene Temperaturverteilung in den dickwandigen Komponen- ten einstellen kann, wird die Dampftemperatur für eine Zeit von 1380 s gehalten. Danach erfolgt das Aufheizen durch Abschalten der Kühlmediumseinspritzungen. Nach 1140 s erreicht der Dampf eine Temperatur von 700 ◦C. Während einer erneuten Haltezeit von 3130 s steigt die Temperatur auf die Ausgangstemperatur von 715 ◦C an. Beschreibung der Komponenten Im Rahmen dieser Arbeit werden zwei Komponenten, ein Sammler und ein Halbkugelformstück, welche sich im unteren Teil der instationären Teststrecke (eingekreister Bereich im Bild 5. 12) befinden, untersucht. Die Geometrien der Komponenten mit den Hauptabmessungen zeigen die Bilder 5. 14 und 5. 15. Bild 5. 14: Ausschnitt der Technischen Zeichnung von BPT des Sammlers aus Alloy 617 mod. und Alloy 263 Der Sammler besteht aus einem in der Hauptflussrichtung des Mediums liegenden dickwandigem Rohr mit 120 mm Innendurchmesser und 50 mm Wanddicke, in welches eine Querschnittsverengung auf einen Innendurchmesser von 50 mm eingearbeitet ist. Die Querschnittsverengung wirkt als Dros- sel und sorgt dafür, dass die fünf dünnwandigen Kesselrohre mit Innendurchmesser 20,4 mm und 5.4 Bauteilversuche 97 Bild 5. 15: Ausschnitt der Technischen Zeichnung von BPT des Halbkugelformstücks aus Alloy 617 mod. Wanddicke 8,8 mm, welche jeweils mit ihren Ein- und Austrittsöffnungen senkrecht an den Sammler angeschweißt sind, durchströmt werden. Der mediumseintrittsseitige Teil des Sammlers mit der Quer- schnittverengung ist aus dem Alloy 617 mod. (Schmelze 922185 der BGH - siehe Tabelle 4. 2) gefertigt. Der mediumsaustrittsseitige Teil des Sammlers besteht aus dem Werkstoff Alloy 263 (Schmelze 413773 der VDM - siehe Tabelle 4. 4). Die Schweißverbindung zwischen den beiden Teilen des Sammlers wurde mit einem Schweißzusatzwerkstoff aus Alloy 617 mod. von BPT hergestellt. Die Kesselrohre wurden über kurze Sammlernippel mit dem Sammler verbunden. Dabei wurden artgleiche Materi- alpaarungen gewählt, d. h. mediumseintrittsseitig Alloy 617 mod. und austrittsseitig Alloy 263. Die gebogenen, dünnwandigen Kesselrohre bestehen eintrittsseitig aus Alloy 617 mod. und austrittsseitig aus dem Material Alloy 740. Das Halbkugelformstück wurde ebenfalls aus dem Material Alloy 617 mod. der BGH-Schmelze 922185 gefertigt. Weil das Halbkugelformstück unmittelbar an den Alloy 263 Bereich des Sammlers anschließt und eine Baustellenschweißung nur erschwert praktikabel gewesen wäre, wurde die Mischschweißnaht mit Alloy 617 mod. Schweißgut im Werk Dortmund von BPT durchgeführt. 98 Betriebsnahe Labor- und Bauteilversuche Fertigung der Komponenten Aufgrund der zahlreichen gleich- und ungleichartigen Schweißverbindungen wurde der Sammler und das Halbkugelformstück mehrfach wärmebehandelt. Die chronologische Schrittfolge des Herstellungs- prozesses ist mit Angabe der Wärmebehandlungsparameter und des ausführenden Unternehmens nachfolgend aufgelistet: 1. Schweißung der Rundnähte zwischen den verschiedenen Materialbereichen (Alloy 617 mod. mit Alloy 263) des Sammlers sowie zwischen Sammler und Halbkugelformstück (Alloy 617 mod. mit Alloy 263) mit Alloy 617 mod. Schweißgut durch BPT 2. Lokale Stabilglühung der Schweißnähte bei 980 ◦C für 3 h durch BPT 3. Biegung der Kesselrohre aus Alloy 617 mod. und Alloy 740 im lösungsgeglühten Zustand mit Biegeradius R = 105 mm durch Alstom Neumark 4. Lösungsglühung der Kesselrohre aus Alloy 617 mod. bei 1190 ◦C für 5 min und aus Alloy 740 bei 1120 ◦C für 15 min durch Alstom Neumark 5. Einbringen der zehn Bohrungen im Sammler durch Alstom Neumark 6. Anbringen der innenliegenden Radien an den Innenkanten aller zehn Bohrungen: im Bereich Alloy 617 mod. wurden die fünf Radien mit 3 mm, im Bereich Alloy 263 ein Radius mit 3 mm und die restlichen vier mit 10 mm durch Alstom Neumark ausgeführt 7. Anschweißen der Sammlernippel aus Alloy 617 mod. und Alloy 263 artgleich an den Sammler durch Alstom Neumark 8. Schweißung der Rundnähte zwischen den Kesselrohren Alloy 617 mod. und Alloy 740 durch Alstom Neumark 9. Ausscheidungshärtung aller Teile bei 800 ◦C für 4 h im Ofen durch Alstom Neumark 10. Schweißung der Rundnähte zwischen den Sammlernippeln und den Kesselrohren durch Alstom Neumark 11. Lokale Ausscheidungshärtung der Sammlernippel/Kesselrohrverbindung aus Alloy 263 und Alloy 740 bei 800 ◦C für 4 h durch Alstom Neumark Messinstrumentierung der Komponenten Im Bild 5. 14 sind die am Sammler applizierten Temperatur und Dehnungsmessstellen an den genau- en Positionen eingezeichnet. Insgesamt wurden jeweils zwei HT-DMS in axialer und tangentialer 5.4 Bauteilversuche 99 Richtung an den Außenseiten des Sammlers im Bereich Alloy 617 mod. und Alloy 263 auf der ge- genüberliegenden Seite der ausgehenden Kesselrohre appliziert. Um das Temperaturprofil innerhalb des dickwandigen Bereichs zu ermitteln, wurden von außen je zwei Thermoelemente in Bohrungen mit Tiefen von 30 bzw. 45 mm in beiden Materialbereichen angebracht. Im dickwandigen Bereich Alloy 263 wurden weiterhin sechs bzw. drei außenliegende Thermoelemente vor und hinter den Kesselrohreingängen über den Rohrumfang appliziert. Um die Temperaturen der Kesselrohre zu mes- sen wurden drei weitere Thermoelemente an den zum Sammler parallel verlaufenden Kesselrohren aufgepunktet. Messergebnisse Im Bild 5. 16 sind für die Temperaturmessstellen die zeitlichen Verläufe der gemessenen Temperaturen für einen Zyklus abgebildet. Die Temperaturmessstellen sind bereits in Bild 5. 14 benannt. Die von außen applizierten Messstellen haben die Bezeichnung „ 6 TE a “ und „ 3 TE a “ und die beiden Messstellen in den Bohrungen wurden mit „ 2 TE B “ bezeichnet. Die Zuordnung der Messpositionen erfolgt anhand von Uhrzeitangaben, welche in Bild 5. 14 definiert wurden. Bild 5. 16: Auswertung der Temperaturmessungen am Sammler für einen Zyklus (Messpositionen Bild 5. 14) Aus den Messverläufen ist erwartungsgemäß zu erkennen, dass je geringer der Abstand des Thermo- elements zum strömenden Dampf ist, die gemessene Metalltemperatur umso schneller der Mediums- temperatur folgt. Das Diagramm in Bild 5. 17 zeigt für drei Zyklen die gemessenen Dehnungsverläufe der HT-DMS im Bereich Alloy 617 mod. sowie den Temperaturmessverlauf an der 3:00 Position an der außenliegenden Messstelle „6 TE a “. 100 Betriebsnahe Labor- und Bauteilversuche Bild 5. 17: Auswertung der Dehnungsmessungen am Sammler für drei Zyklen (Messpositionen Bild 5. 14) Es ist zu sehen, dass in Axial- und Tangentialrichtung während des Abkühlens Druck- und während des Aufheizens Zugdehnungen auftreten. Die Zugdehnungen erreichen axial einen Maximalwert von etwa 0,01 % und tangential von etwa 0,02 %, während die Druckdehnungen Werte von etwa −0,015 % in axialer und von etwa −0,028 % in tangentialer Richtung erreichen. Die Teststrecke HWT II wurde im GKM im Zeitraum vom 26.09.2012 bis zum 15.04.2014 betrie- ben. Während dieser Zeit haben die Komponenten insgesamt 2623 Lastwechsel erfahren und die Temperatur war über die gesamte Laufzeit gesehen für etwa 6018 h über 700 ◦C. Zerstörungsfreie Prüfungen am Sammler Um zerstörungsfreie Untersuchungen an den kritischen Lochrandbereichen durchführen zu können, wurde der Sammler aus der Teststrecke entnommen. An der MPA Universität Stuttgart wurden in einem ersten Schritt alle zehn Lochränder mit Hilfe eines Endoskops betrachtet und an allen Lochrändern wurden Anrisse identifiziert. Um die Ausprägung der Anrisse zu visualisieren, wurden Farbeindringprüfungen durchgeführt. Eine Zusammenstellung der Aufnahmen dieser Prüfungen ist in Bild 5. 18 gezeigt. An allen Lochrändern sind Anrisse zu identifizieren, wobei an den Lochrändern aus Alloy 617 mod. besonders viele zu erkennen sind. 5.4 Bauteilversuche 101 Bild 5. 18: Ergebnisse der Farbeindringprüfungen an den Lochrändern des Sammlers Zur Bestimmung der Risstiefen wurden die in Bild 5. 18 markierten Risse aufgebrochen. Die Makro- aufnahmen mit Blick auf die Bruchflächen sind in Bild 5. 19 dargestellt. Bild 5. 19: Makroaufnahmen der Bruchflächen Im Bild 5. 19 sind die Abmessungen der Rissgeometrien angegeben. Das Maß, welches in grün eingezeichnet ist, gibt die Risslänge in Richtung der Kesselrohre an und das gelb dargestellte Maß die Risslänge im Sammler. Die Ausmessung der Risslängen zeigt, dass die Risse in Richtung der Kesselrohre länger sind. Weiterhin ist die Bruchfläche im Werkstoff Alloy 617 mod. (rot umrandet) wesentlich größer als im Werkstoff Alloy 263 (blau umrandet). Dies deutet daraufhin, dass der Anriss im Werkstoff Alloy 617 mod. früher auftrat. 103 Kapitel 6 Numerische Untersuchungen 6.1 Anpassung der Parameter des Verformungsmodells Zur numerischen Beschreibung des Verformungsverhaltens der untersuchten Nickelbasislegierungen wurde das in Abschnitt 3.2.1 beschriebene viskoplastische Materialmodell nach Chaboche, Nouailhas, Ohno und Wang in eine ABAQUS [94] Materialroutine implementiert. Zusätzlich wurde das in Abschnitt 3.3.2 erläuterte Schädigungsmodell von Lemaitre in die Routine integriert. Die material- und temperaturabhängigen Parameter des Verformungs- und Schädigungsmodells wurden auf der Basis von einachsigen Kriech-, Ermüdungs- und Kriechermüdungsversuchen angepasst. Im ersten Schritt der Anpassung wurden die Parameter für vorwiegend niedrige Beanspruchungen auf Grundlage verschiedener Zeitstandergebnisse ermittelt. Für den Werkstoff Alloy 617 mod. erfolgte die Anpassung mit zwei unterschiedlichen Datenquellen. Zum einen wurden alle in den Forschungsvorha- ben MARCKO DE2 [33], COORETEC DE4 [20], MARCKO700 [34] und HWT II bei Prüftemperaturen von 700 ◦C und 725 ◦C ermittelten Zeitstandergebnisse (im folgenden als „Kriechanpassung all “ be- zeichnet) herangezogen. Zum anderen wurden die Daten aus der Materialcharakterisierung der Teststrecke HWT II (im folgenden als „Kriechanpassung HWT II “ bezeichnet) zugrunde gelegt. Zur Anpassung der Parameter des Alloy 263 wurden die Zeitstandergebnisse aus den Vorhaben COORETEC DE4 und HWT II bei gleichen Prüftemperaturen verwendet. Um aus den zahlreichen Ver- suchsdaten gemittelte Kriechkurvenverläufe zu generieren wurde der in Abschnitt 3.1.1 beschriebenen Larson-Miller-Ansatz genutzt. Zuerst wurden die Schleppspannung K2 und der Nortonexponent n2, welche in die Gleichung 3.26 der akkumulierten plastischen Dehnrate p˙2 eingehen und die Parameter a2 und c2, welche wiederum zur Bestimmung der kinematischen Variable X˙2 (Formel 3.28) notwendig sind, an den Primär- und Sekundärbereichen der Kriechkurven angepasst. Die Beschreibung des beschleunigten Dehnungszu- wachses im Tertiärbereich erfolgte im zweiten Schritt über die Anpassung der Parameter λ, α2 und r, 104 Numerische Untersuchungen welche in der Entwicklungsgleichung der Kriechschädigungsvariable D˙c (Formel 3.54) enthalten sind. Im zweiten Anpassungsschritt wurden die Materialparameter der inelastischen Dehnrate ε˙ in,1 (Formel 3.24) und den kinematischen Variablen X˙11 bzw. X˙12 (Gleichung 3.27) für vorwiegend hohe Beanspru- chungen auf der Basis des in Abschnitt 4.2.4 beschriebenen zyklischen komplexen Vorprogramms ermittelt. Sowohl für den Alloy 617 mod. als auch den Alloy 263 erfolgten die Anpassungen für die Temperaturstützstellen 400 ◦C, 600 ◦C, 650 ◦C, 700 ◦C und 725 ◦C. Zur Bestimmung der Schleppspannung K1 und des Nortonexponent n1 in Formel 3.25 wurden die jeweils aufeinanderfolgenden Zyklen mit Dehnraten von 6 % min−1, 0, 6 % min−1 und 0, 06 % min−1 herangezogen. Mittels dieser Parameter lässt sich ein variierendes Verfestigungsverhalten bei un- terschiedlichen Dehnraten beschreiben. Über die Parameter a11, a12, c11 und c12 (Gleichung 3.27) ist es möglich die Form der Verfestigung zu beschreiben. Die Parameter a11 bzw. a12 bewirken eine Verschiebung des Spannungsniveaus, wohingegen c11 bzw. c12 die Verfestigung beschreiben. Mit Hilfe der Parameter β11 und r11 (Formel 3.27), welche im Erholungsterm der kinematischen Variablen enthalten sind, wurde bei den Temperaturen von 700 ◦C und 725 ◦C die Spannungsrelaxation während der Zug- und Druckhaltezeit angepasst. Die Parameter d11, d12, m11, m12, φ11 und φ12 in Gleichung 3.27 der kinematischen Variable, welche die Beschreibung des Ratchettingverhaltens ermöglichen, wurden durch geeignete Festlegung inaktiv geschaltet. Im dritten Schritt wurden die Materialparameter der isotropen Variable R˙ (Gleichung 3.29) angepasst. Hierzu wurden die maximalen und minimalen Spannungsverläufe der LCF-Versuche mit 6 % min−1 Dehnrate für die Temperaturstützstellen 400 ◦C, 600 ◦C, 650 ◦C, 700 ◦C und 725 ◦C verwendet. Anhand der isotropen Variable lässt sich die zyklische Verfestigung vom Erstbelastungszyklus bis zum Erreichen eines stabilen Zustands (z.B. bei halber Lebensdauerlastspielzahl) beschreiben. Der Parameter Q in Gleichung 3.29 ist die Differenz zwischen der Maximalspannung bei der Erstbelastung und bei der halben Lebensdauerlastspielzahl. Mit Hilfe des Parameters b wird die Geschwindigkeit beschrieben, mit welcher die zyklische Verfestigung abläuft. Zur Abbildung des Spannungsabfalls, welcher aus der Werkstoffschädigung resultiert, dienen die Parameter Ω, α1 und γ, welche in die Ermüdungsschädigungsvariable D f (Formel 3.53) eingehen. Die Anpassung erfolgte temperaturabhängig über die Gesamtheit der Ergebnisse aller Ermüdungsversu- che und mit dem Ziel beim definierten 5 %-Lastabfallkriterium einen Schädigungswert von eins zu erhalten. Eine Übersicht der ermittelten temperaturabhängigen Parameter des CNOW-Modells ist in Tabelle A. 14 für den Alloy 617 mod. und in Tabelle A. 15 für den Alloy 263 zusammengestellt. 6.2 Einordnung und Verifizierung der Anpassungen 105 6.2 Einordnung und Verifizierung der Anpassungen Zur Einordnung und Verifizierung der Parameteranpassungen wurden verschiedene Versuche mittels FE-Simulationen in ABAQUS nachgerechnet. Um die Einflüsse der Materialparameter auf die Simula- tionsergebnisse separieren zu können, wurde die Komplexität der Modelle schrittweise gesteigert. Die ersten und einfachsten Nachrechnungen der einachsigen Versuche erfolgte an einem würfelförmigen 20-knotigen Einelement des Typs C3D20 mit Kantenlänge 1 mm, welches in Bild 6. 1 dargestellt ist. Bild 6. 1: Modell des Einelements Wie im Bild 6. 1 dargestellt, wurde das Modell an drei Würfelseiten in x-,y- und z-Richtung fixiert. Die Aufbringung der Flächenlast erfolgte auf der lila dargestellten Würfelseite. In den Nachrechnungen wurden bei den LCF-Versuchen die Dehnungen und bei den Zeitstandversuchen die Spannungen auf diese Fläche aufgeprägt. Für die Einordnung der Anpassungen der kinematischen Variablen für vorwiegend hohe Beanspru- chungen wurden die in Abschnitt 4.2.4 vorgestellten LCF-Versuche mit komplexem Vorprogramm nachgerechnet. In den Bildern 6. 2 und 6. 3 sind exemplarisch die Simulationsergebnisse der Versuche bei einer Prüftemperatur von 700 ◦C sowie einer Dehnungsamplitude von 0,3 % im ersten Block bzw. 0,4 % im zweiten Block (siehe Bild 4. 15) für den Alloy 617 mod. und den Alloy 263 dargestellt. Die Diagramme zeigen jeweils vergleichend die zeitlichen Verläufe der Axialspannungskomponente der Simulationen (grüne durchgezogene Linie) und der Versuche (gepunktete rote Verläufe). Aus den Vergleichen ist zu entnehmen, dass für beide Werkstoffe das zyklische Werkstoffverhalten für die unterschiedlichen Dehnungsamplituden sowie Dehnraten in guter Übereinstimmung beschrie- ben werden kann. Ebenso ist zu sehen, dass die Spannungsrelaxation während den 30-minütigen Haltezeiten gut abgebildet wird. Für die Einordnungen der Anpassungen der isotropen Modellanteile sowie der Parameter der Schädi- gungvariablen wurden die in HWT II durchgeführten dehnungskontrollierten LCF-Versuche nach- gerechnet. Im Bild 6. 4 sind für den Alloy 617 mod. die Verläufe der minimalen und maximalen Axi- alspannung aus Versuch und Simulation des Versuchs bei 700 ◦C mit einer Dehnrate von 6 % min−1, einer Dehnungsamplitude von 0,3 % und 10-minütiger Haltezeit dargestellt. 106 Numerische Untersuchungen Bild 6. 2: Axialspannungsverläufe aus Versuch und Simulation während des Vorprogramms - Alloy 617 mod. Bild 6. 3: Axialspannungsverläufe aus Versuch und Simulation während des Vorprogramms - Alloy 263 Bild 6. 4: Verläufe der minimalen und maximalen Axialspannung aus Versuch und Simulation - Alloy 617 mod. 6.2 Einordnung und Verifizierung der Anpassungen 107 Der Vergleich zeigt, dass die zyklische Verfestigung zu Beginn des Versuchs in der Nachrechnung geringfügig unterschätzt wird. Nach Erreichen des stabilisierten Spannungsniveaus sind die Extrem- wertverläufe aus Simulation und Versuch nahezu kongruent und der zyklische Spannungsabfall, welcher aus der Werkstoffschädigung resultiert, kann numerisch gut beschrieben werden. In Bild 6. 5 sind die Ergebnisse des LCF-Versuchs am Alloy 263 bei 700 ◦C mit einer Dehnrate von 0,06 % min−1 und einer Dehnungsamplitude von 0,4 % aus Versuch und Simulation gegenübergestellt. Bild 6. 5: Verläufe der minimalen und maximalen Axialspannung aus Versuch und Simulation - Alloy 263 Hieraus geht hervor, dass sowohl die anfängliche Verfestigung als auch der Spannungsfall resultierend aus der zyklischen Materialschädigung durch das Modell relativ gut beschrieben werden können. Zur Einordnung und Verifikation der Kriechanpassungen beider Werkstoffe wurden die mehrachsigen Zeitstandversuche an Hohlzylinderproben aus Abschnitt 5.2 nachgerechnet. Für die Nachrechnungen der Hohlzylinderversuche wurde ein halbes achsensymmetrisches Modell verwendet, welches in Bild 6. 6 abgebildet ist. Das Modell besteht aus 1743 Elementen des Typs CAX8 und 5558 Knoten. Bild 6. 6: FE-Modell des Hohlzylinders mit eingezeichneten Randbedingungen Wie im Bild 6. 6 zu erkennen, wurde die axiale Symmetriebedingung am rechten Modellende durch eine Fixierung in Axialrichtung berücksichtigt. Der Druck von 400 bar wurde auf die Innenfläche des Hohlzylinders aufgeprägt. Am breiteren freien Ende wurden die Axialkraft aus dem Innendruck 108 Numerische Untersuchungen sowie die zusätzliche Axialkraft von 54,96 kN aufgebracht. Das Bild 6. 7 zeigt die Verteilung der Vergleichskriechdehnungen (SDV7) exemplarisch für die Nach- rechnung des Hohlzylinderversuchs am Alloy 617 mod. mit der „Kriechanpassung all “. Im Rahmen der Simulationsauswertungen wurden an der außenliegenden HT-DMS Position die Kriechdehnun- gen in axialer Richtung ausgewertet, um die Simulationsergebnisse mit den Messergebnissen aus den Versuchen direkt vergleichen zu können. Für die Versagensbewertung wurden außerdem die Vergleichskriechdehnungen am Ort mit den maximalen Dehnungen an der Hohlzylinderinnenseite ausgewertet. Die Positionen, an denen die Auswertungen erfolgten, sind im Bild 6. 7 gekennzeichnet. Bild 6. 7: Verteilung der Vergleichskriechdehnungen (SDV7) in der Hohlzylinderprobe In den Bildern 6. 8 und 6. 9 sind die Ergebnisse der Nachrechnungen den Versuchsergebnissen ge- genübergestellt. Die Versuchsergebnisse sind jeweils als Punkte und die Simulationsverläufe als durchgezogene bzw. gestrichelte Linien dargestellt. Neben den Ergebnissen der Hohlzylinderversuche sind Simulationsergebnisse von Nachrechnungen einachsiger Versuche dargestellt. Die Spannung wurde in den Simulationen der einachsigen Versuche identisch der im Hohlzylinder vorliegenden Vergleichsspannung nach von Mises gewählt, um zu untersuchen inwieweit das Materialmodell den Mehrachsigkeitseinfluss abbilden kann. Für den Alloy 617 mod. erfolgten die Simulationen sowohl mit der „Kriechanpassung all “ als auch mit der „Kriechanpassung HWT II “. Der Vergleich der Dehnungsverläufe im sekundären Kriechbereich zeigt, dass die gemessenen axialen Dehnungen durch die Nachrechnung mit der „Kriechanpassung all “ überschätzt werden, wohingegen die Nachrechnung mit der „ Kriechanpassung HWT II “ die gemessenen axialen Dehnungen unterschätzt. Bei Betrachtung der Dehnungsentwicklung im Terti- ärbereich der „ Kriechanpassung all “ ist die Zunahme langsamer als im Versuch und liefert somit eine längere Laufzeit. Im Vergleich liefert die Nachrechnung mit der „Kriechanpassung HWT II “ eine deutlich kürzere Laufzeit. Das könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Hohlzylinderprobe aus dem Material der VDM-Schmelze stammt und die „Kriechanpassung HWT II “ auf Grundlage der Zeitstandversuche am BGH-Material erfolgte, welches schlechtere Zeitstandeigenschaften besitzt (siehe Bild 4. 6). 6.2 Einordnung und Verifizierung der Anpassungen 109 Bild 6. 8: Kriechkurven ein- und mehrachsiger Proben aus Versuchen und Simulationen - Alloy 617 mod. Bild 6. 9: Kriechkurven ein- und mehrachsiger Proben aus Versuchen und Simulationen - Alloy 263 Die Nachrechnung des Zeitstandversuchs an der Hohlzylinderprobe aus Alloy 263 zeigt (siehe Bild 6. 9), dass die numerisch ermittelten axialen Dehnungen im sekundären und tertiären Kriechbereich (grüne durchgezogene Linie) die mit dem HT-DMS gemessenen axialen Dehnungen (rote Punkte) unterschätzen. Rechnerisch liegt der Verlauf für den Ort der maximalen Vergleichskriechdehnung (grüne gestrichelte Linie) höher, aber auch noch unterhalb der Messpunkte. Dies führt dazu, dass aus der Simulation eine längere Laufzeit bis zum Bruch resultiert. Tendenziell liegen alle Simulati- onsergebnisse eher auf der Kriechkurve des einachsigen Zeitstandversuchs (grüne Punkte) bei einer Prüfspannung von 281 MPa. 110 Numerische Untersuchungen Insgesamt ist festzustellen, dass bei den Simulationen der ein- bzw. mehrachsigen Versuche beider Werkstoffe im Sekundärbereich die Dehnungen aus der Nachrechnung der Hohlzylinderversuche in allen Fällen größer sind, jedoch im Tertiärbereich keine großen Unterschiede auftreten. Dies deutet daraufhin, dass der aus der Mehrachsigkeit resultierende beschleunigte Dehnungszuwachs durch das CNOW-Modell nicht entsprechend abgebildet werden kann. 6.3 Simulation der Teststreckenkomponenten Die zyklischen Spannungs- und Dehnungsverteilungen im Sammler und im Halbkugelformstück, welche in der in Abschnitt 5.4 beschriebenen HWT II-Teststrecke eingebaut sind, wurden mit Hilfe von numerischen Simulationen ermittelt. Die Vorgehensweise bei der Durchführung ist schematisch in Bild 6. 10 dargestellt. Bild 6. 10: Ablauf der FE-Simulationen zur Ermittlung der Beanspruchungssituation im Bauteil Zunächst wurden die während des Teststreckenbetriebs gemessenen zeitlichen Verläufe der Dampf- temperatur, des Innendrucks und Massenstroms zusammen mit den Abmessungen der Komponenten verwendet, um mit Hilfe der Formeln des VDI-Wärmeatlas [95] die zeit- und temperaturabhängigen Wärmeübergangskoeffizienten zu bestimmen. Als Nächstes wurde die Geometrie der Komponente mit Hilfe eines FE-Modells nachgebildet und die notwendigen thermischen Materialkennwerte, wie die temperaturabhängigen Wärmeleitfähigkeiten und spezifischen Wärmekapazitäten des Alloy 617 mod. bzw. Alloy 263, aus den Werkstoffdatenblät- tern [36, 42] entnommen. Die im ersten Schritt ermittelten Verläufe der Wärmeübergangskoeffizienten 6.3 Simulation der Teststreckenkomponenten 111 und der gemessenen Dampftemperatur wurden auf die Rohrinnenwand aufgeprägt und bestimmen wesentlich den Wärmefluss in bzw. aus der Komponente. Mit Hilfe der instationären, thermischen Si- mulation, wird der zeitliche Verlauf der räumlichen Temperaturverteilung innerhalb der Komponente ermittelt. Um die Auswirkungen dieser Temperaturfelder auf die mechanische Beanspruchung und das Bauteil- verhalten ermitteln zu können, ist ein zweites FE-Modell notwendig, welches ebenso die Geometrie der Komponenten dreidimensional abbildet. Zur Berücksichtigung der Werkstoffeigenschaften in Bezug auf das Verformungs- und Schädigungsverhaltens wurde das CNOW-Modell für die beiden Werkstoffe mit den Parametern aus Tabelle A. 14 für Alloy 617 mod. und Tabelle A. 15 für Alloy 263 verwendet. Als Beanspruchung wurden die zeitlichen Temperaturverläufe aus der ersten Simulation sowie der gemessene zeitliche Verlauf des Innendrucks auf die Bauteilinnenoberfläche aufgeprägt und auf dieser Basis die zeitliche und räumliche Dehnungs- bzw. Spannungsverteilung in den Kom- ponenten bestimmt. Die in den Simulationen verwendeten FE-Modelle sowie die Ergebnisse für beide Komponenten werden in den folgenden Abschnitten vorgestellt. 6.3.1 Sammler Das Modell des Sammlers besteht aus 299320 Elementen des Typs C3D8 und 340464 Knoten. Im Bild 6. 11 ist eine Schnittansicht des FE-Modells mit Blick auf die Lochränder aus Alloy 617 mod. (mittleres Bild) sowie aus Alloy 263 (rechtes Bild) dargestellt. Da die Lochränder mit zwei unterschiedlichen Übergangsradien ausgeführt wurden, ist zur eindeutigen Zuordnung jedem Lochrand ein Buchstabe zugewiesen worden und die Größe des Radius angegeben. Da diese Bereiche hinsichtlich der Versa- gensbewertung kritisch sind, wurde hier eine höhere Netzfeinheit als in den übrigen Bauteilbereichen realisiert. Die Bauteilbereiche aus dem Werkstoff Alloy 617 mod. sind grau und die aus dem Alloy 263 blau dargestellt. Im Bild 6. 11 links ist weiterhin das gesamte Sammlermodell mit farblicher Hervorhe- bung der Materialbereiche zur Erläuterung der in den mechanischen Simulationen angenommenen Randbedingungen abgebildet. Da das Modell nur ein Teil der Teststrecke ist, müssen die Randbedingungen an den gelb markierten Schnittebenen angepasst werden, um die realen Gegebenheiten in der Teststrecke durch das verein- fachte Modell abbilden zu können. Zur Realisierung der Fixierung des Modells und der Aufbringung der Schnittkräfte, wurde an beiden freien Schnittflächen jeweils ein Masterknoten mit zylindrischen Koordinatensystemen im Rohrzentrum definiert. Diese Masterknoten wurden über „ Kinematic Coup- ling “-Randbedingungen an die gelb dargestellten Schnittflächen gekoppelt. Bei der Definition der Randbedingungen wurden alle Freiheitsgrade mit Ausnahme der Radialkomponente blockiert, um ein Aufweiten in Folge des auf die Innenoberfläche der Komponente wirkenden Innendrucks zu 112 Numerische Untersuchungen ermöglichen. Am Masterknoten im Bereich Alloy 263 (siehe Ansicht B) erfolgte die Fixierung des FE-Modells in Richtung sämtlicher Freiheitsgrade. Im Bereich Alloy 617 mod. (siehe Ansicht A) erfolg- te am Masterknoten die Aufprägung der Axialkraftkomponente resultierend aus dem Innendruck. Aufgrund der Komplexität des Sammlers sowie des CNOW-Materialmodells, sind die Rechenzeiten sehr lang, weswegen in der Simulation insgesamt nur fünf Lastzyklen nachgerechnet wurden. Bild 6. 11: Randbedingungen für die Simulation des Sammlers Zur Überprüfung inwieweit die angenommenen thermischen Randbedingungen und Einspannungs- randbedingungen die Realität widerspiegeln, wurden die Simulationsergebnisse mit den Messergeb- nissen der in Bild 5. 14 dargestellten Messstellen verglichen. In Bild 6. 12 ist für die Dehnungsmessstelle „2 HT-DMS “ im Bereich Alloy 617 mod. und für die außenliegende Temperaturmessstelle „6 TE a “ in 3:00 Uhr Position der Vergleich zwischen Simulation (gestrichelte Linien) und Messung (durchgezoge- ne Linien) für einen Zyklus dargestellt. Die Gegenüberstellung der Temperaturverläufe (schwarze Linien) zeigt, dass durch die Simulation der Messverlauf in guter Übereinstimmung abgebildet werden kann. Da die Temperaturverläufe über den gesamten Zyklus nahezu deckungsgleich sind, bilden die im ersten Schritt mit Hilfe der Formeln des VDI-Wärmeatlas [95] bestimmten zeit- und temperaturabhängigen Wärmeübergangskoeffizienten die Wärmeübertragung vom Dampf in die Rohrwand realitätsnah ab. Der Vergleich der axialen (rote Linien) und tangentialen (grüne Linien) Dehnungswerte zeigt, dass in beiden Fällen während des Abkühlens Druckdehnungen und während des Aufheizens Zugdehnungen 6.3 Simulation der Teststreckenkomponenten 113 Bild 6. 12: Vergleich der Verläufe der Dehnungen und Außenwandtemperatur aus Messung und Simulation (Messpositionen siehe Bild 5. 14) zu beobachten sind. Es ist allerdings festzustellen, dass die Beträge der Dehnungen aus den Messungen deutlich kleiner sind als aus der Simulation. Diese Unterschiede resultieren aus den spezifischen thermischen Eigenschaften der HT-DMS [96]. Um die räumliche Verteilung der Beanspruchung und damit die maximal beanspruchten Bereiche des Sammlers identifizieren zu können, wurden die zeitlichen Verläufe der ersten und dritten Hauptspan- nung bzw. -dehnung im Bereich der Lochränder ausgewertet. Im Bild 6. 14 ist der zeitliche Verlauf der Temperatur (grüne Linie) beispielhaft für den Lochrand D dargestellt. Weiterhin wurden die zeitlichen Verläufe der ersten Hauptspannung (rote durchgezogene Linie), dritten Hauptspannung (rote gestri- chelte Linie), ersten Hauptdehnung (blaue durchgezogene Linie) und dritten Hauptdehnung (blaue gestrichelte Linie) ausgewertet. Hierbei ist erkennbar, dass die erste Hauptspannung bzw. -dehnung zum Zeitpunkt t = 4980 s kurz nach der Zwischenstufe während des Abkühlens den Maximalwert erreicht. In Bild 6. 13 sind die räumlichen Verteilungen der ersten Hauptspannung an der Rohrinnenseite mit den Anschlussbereichen der Kesselrohre mit den Lochrändern an den Werkstoff Alloy 617 mod. (linkes Bild) und Alloy 263 (rechtes Bild) zu diesem Zeitpunkt dargestellt. Es ist zu sehen, dass wie erwartet, die größten Spannungen (rote Färbung) an den Übergangsradien der Lochränder auftreten. Betragsmäßig sind die Spannungen im Bereich Alloy 263 mit 522 MPa größer als im Bereich Alloy 617 mod. mit einem Wert von 373 MPa. Im Werkstoff Alloy 617 mod. liegt die höchste Beanspruchung (Pfeil im Bild 6. 13 links) am unteren linken Lochrand D (siehe Bild 6. 11) mit einem Lochrandradius von 3 mm vor. Die zeitlichen Verläufe für diese Stelle sind, wie bereits erläutert, im Bild 6. 14 dargestellt. 114 Numerische Untersuchungen Alloy 617 mod. Alloy 263 Bild 6. 13: Räumliche Verteilung der ersten Hauptspannung bei t = 4980 s Für die Auswertung der zeitlichen Verläufe im Werkstoff Alloy 263 wurde der Lochrand F mit 3 mm Radius und der Lochrand G mit 10 mm Radius (siehe Bild 6. 11) ausgewählt. Für die beiden mit Pfeil gekennzeichneten Positionen (siehe Bild 6. 13 rechts) sind die zeitlichen Verläufe der ersten und dritten Hauptspannung sowie -dehnung und Temperatur in Bild 6. 15 bzw. Bild 6. 16 dargestellt. Zusätzlich sind jeweils rechts neben den Diagrammen tabellarisch die Extremwerte mit den daraus resultierenden Amplituden der Spannungen und Dehnungen sowie die Spannung in der Haltezeit des fünften Zyklus zusammengefasst. Der fünfte Zyklus wurde gewählt, da die Spannungen bzw. Dehnungen über alle fünf Zyklen gesehen in diesem vom Betrag die größten Werte erreichten. Die zeitlichen Verläufe zeigen, dass sich in Folge der zweistufigen Abkühlung mit Dampf und Wasser zwei Zugspannungs- bzw. -dehnungsmaxima an den Lochrändern ausbilden, wohingegen wäh- rend der Aufheizphase ein Druckspannungs- bzw. -dehnungsminima entsteht. Die Orientierung der ersten Hauptspannungs- bzw. -dehnungskomponente während des Abkühlens sowie der dritten Hauptspannungs- bzw. -dehnungskomponente während des Aufheizens an den Lochrändern ist jeweils in Tangentialrichtung. Weiterhin ist zu erkennen, dass die aus der thermischen Belastung resultierenden Beanspruchungen an allen drei Lochrändern nahezu rein wechselnd sind. Die größten Dehnungsamplituden über einen Zyklus gesehen, treten mit etwa 0,415 % am Lochrand F mit 3 mm Radius im Bereich aus Alloy 263 auf. Am Lochrand G mit 10 mm Radius im gleichen Materialbe- reich sind die Dehnungsamplituden mit etwa 0,36 % kleiner. Die maximale Dehnungsamplitude am Lochrand D mit 3 mm Radius aus Alloy 617 mod. beträgt etwa 0,37 %. Bei Betrachtung der Extremwerte der Spannungen fällt auf, dass im Alloy 263 das Niveau im Zug- und Druckbereich wesentlich höher liegt als im Alloy 617 mod.. Ein Blick auf die Haltezeitspannungen 6.3 Simulation der Teststreckenkomponenten 115 zeigt, dass in beiden Materialbereichen an den Lochrändern mit Radius 3 mm im Mittel Spannungen von etwa 250 MPa vorliegen, wohingegen die Spannungen am 10 mm Lochrand mit 166 MPa deutlich kleiner sind. Diese Analyse bestätigt, dass durch größere Rundungsradien das Beanspruchungsniveau konstruktiv herabgesenkt werden kann. Im Abschnitt 7.3.2 wird detailliert untersucht inwieweit der verwendete Werkstoff, die Art der geome- trischen Ausführung der Lochrandradien sowie die Spannungen und Dehnungen die Lebensdauer beeinflussen. 116 Numerische Untersuchungen Maximaldehnung ε1max 0,37 % Minimaldehnung ε3min −0,37 % Dehnungsamplitude εamax 0,37 % Maximalspannung σ1max 375 MPa Minimalspannung σ3min −385 MPa Spannungsamplitude σamax 380 MPa Haltezeitspannung σHZ 254 MPa Bild 6. 14: Auswertung des Lochrandes D mit r = 3 mm im Bereich aus Alloy 617 mod. Maximaldehnung ε1max 0,40 % Minimaldehnung ε3min −0,43 % Dehnungsamplitude εamax 0,415 % Maximalspannung σ1max 563 MPa Minimalspannung σ3min −559 MPa Spannungsamplitude σamax 561 MPa Haltezeitspannung σHZ 252 MPa Bild 6. 15: Auswertung des Lochrandes F mit r = 3 mm im Bereich aus Alloy 263 Maximaldehnung ε1max 0,35 % Minimaldehnung ε3min −0,37 % Dehnungsamplitude εamax 0,36 % Maximalspannung σ1max 572 MPa Minimalspannung σ3min −568 MPa Spannungsamplitude σamax 570 MPa Haltezeitspannung σHZ 166 MPa Bild 6. 16: Auswertung des Lochrandes G mit r = 10 mm im Bereich aus Alloy 263 6.3 Simulation der Teststreckenkomponenten 117 6.3.2 Halbkugelformstück Aufgrund der Bauteilsymmetrie des Halbkugelformstücks wurde im Rahmen der FE-Modellierung nur ein Viertelmodell bestehend aus 48690 Elementen des Typs C3D8 und 56441 Knoten erstellt, welches in Bild 6. 17 dargestellt ist. Bild 6. 17: Randbedingungen für die Simulation des Halbkugelformstücks Entsprechend den Symmetriebedingungen wurden die Freiheitsgrade (Verschiebung senkrecht zur Ebene) an den im Bild 6. 17 links rot, blau und grün dargestellten Flächen fixiert. In Bild 6. 17 rechts sind farblich die Flächen hervorgehoben, auf denen die Belastung aufgebracht wurde. An den zwei freien Modellenden (orange Flächen) wurden die Schnittkräfte als axiale Rohr- kräfte aufgeprägt, welche aus dem Innendruck des nicht modelliertem Systembereichs resultieren. Die lila dargestellte Innenoberfläche wurde mit dem Innendruck belastet. Durch die Vereinfachung des FE-Modells konnte die Anzahl der Elemente und Knoten deutlich reduziert werden und so trotz des komplexen CNOW-Modells die Rechenzeit verkürzt werden. Für die Bewertung der maximal beanspruchten Bereiche im Halbkugelformstück wurde die zeitliche und räumliche Verteilung der ersten Hauptspannung ausgewertet. Im Bild 6. 18 ist die räumliche Verteilung zum Zeitpunkt des Erreichens des lokalen Maximalwerts während des Abkühlens (bei t = 4980 s) abgebildet. Der Maximalwert in Höhe von 358 MPa (siehe Pfeil) tritt im Übergangsradius von 25 mm vom vertikalen Rohrabschnitt mit 120 mm Innendurchmesser zum horizontalen Rohrabschnitt mit 70 mm Innendurchmesser auf und ist in tangentialer Richtung orientiert. Im Bild 6. 19 ist der zeitliche Verlauf der Temperatur (grüne Linie) beispielhaft für diese Position dargestellt. Weiterhin sind die zeitlichen Verläufe der ersten Hauptspannung (rote durchgezogene Linie), dritten Hauptspannung (rote gestrichelte Linie), ersten Hauptdehnung (blaue durchgezogene Linie) und dritten Hauptdehnung (blaue gestrichelte Linie) abgebildet. Weil die Spannungen und Dehnungen über alle Zyklen gesehen im fünften Zyklus vom Betrag her 118 Numerische Untersuchungen Bild 6. 18: Räumliche Verteilung der ersten Hauptspannung im Halbkugelformstück bei t = 4980 s die maximalen Werte erreichten, sind in tabellarischer Form die Extremwerte, die daraus abgeleite- ten Amplituden sowie die Spannung während der Haltezeit für diesen Zyklus rechts in Bild 6. 19 zusammengestellt. Maximaldehnung ε1max 0,28 % Minimaldehnung ε3min −0,18 % Dehnungsamplitude εamax 0,23 % Maximalspannung σ1max 401 MPa Minimalspannung σ3min −366 MPa Spannungsamplitude σamax 383,5 MPa Haltezeitspannung σHZ 115 MPa Bild 6. 19: Auswertung der maximal beanspruchten Position am Übergangsradius Wie schon beim Sammler ergeben sich bei der Abkühlung zwei Zugspannungs- bzw. -dehnungsmaxima sowie ein Druckspannungs- bzw. -dehnungsminima während des Aufheizens, welche in tangentia- ler Richtung orientiert sind. Die maximale Dehnungsamplitude beträgt 0,23 % und die Spannung während der Haltezeit 115 MPa. Im Abschnitt 7.3.2 wird unter Berücksichtigung der zeitlichen Bean- spruchungen detailliert die ertragbare Lebensdauer des Halbkugelformstücks bewertet. 119 Kapitel 7 Bewertung/Anwendung verschiedener Methoden zur Lebensdauerbestimmung In Abschnitt 3.3 wurden die verschiedenen Ansätze zur Lebensdauerbewertung von Komponenten unter Kriechermüdungsbeanspruchungen auf der Basis der europäischen Norm DIN EN 12952, des amerikanischen ASME-Regelwerks, des französischen RCC-MR-Regelwerks sowie der britischen R5-Empfehlungen vorgestellt. Da speziell im ASME-Regelwerk und der RCC-MR ausschließlich werkstoffabhängige Bewertungskennlinien für ausgewählte ferritische und austenitische Materialien enthalten sind, wird im Abschnitt 7.1 erläutert, wie die notwendigen Werkstoffparameter der Nickel- basislegierungen Alloy 617 mod. und Alloy 263 zur Beschreibung des Schädigungsverhaltens in der vorliegenden Arbeit angepasst wurden. Danach werden die normativen Ansätze sowie zusätzlich das phänomenologische Schädigungsmodell nach Lemaitre für die Bewertung verschiedener FE- Simulationen von Versuchen an Laborproben angewendet und die resultierenden Lebensdauern der Modelle mit den realen Versuchslebensdauern verglichen. Zur Beurteilung inwieweit die Bewertungs- ansätze auf komplexere Bauteile übertragbar sind, werden diese ebenfalls zur Lebensdauerbewertung des Sammlers und des Halbkugelformstücks verwendet. Um die Güte der verschiedenen Ansätze zur Lebensdauerbewertung beurteilen und eine Anwendungsempfehlung geben zu können, welcher der verwendeten Ansätze für Komponenten aus Nickelbasislegierungen anwendbar bzw. geeignet ist, werden abschließend alle Ergebnisse untereinander verglichen. 7.1 Anpassung der Lebensdauerbewertungsansätze Eine wesentliche Voraussetzung für die Anwendung der Lebensdauerbewertungsansätze ist, dass die Anteile der Ermüdungsschädigung und Kriechschädigung ermittelt werden können. Für die Bestim- mung des Ermüdungsschädigungsanteils wird die Anrisskennlinie mit Hilfe der Palmgren-Miner 120 Bewertung/Anwendung verschiedener Methoden zur Lebensdauerbestimmung Regel (Formel 3.33) ausgewertet. Des Weiteren sind die Bruchzeiten bzw. -dehnungen erforderlich, um nach der Time-Fraction Regel (Formel 3.31) bzw. dem Ductility Exhaustion Ansatz (Formel 3.32) die Anteile der Kriechschädigung zu ermitteln. Zyklenzahl bei LCF-Beanspruchung Wie in Abschnitt 3.1.2 beschrieben, können Anrisskennlinien mit Hilfe der Beziehung nach Manson- Coffin beschrieben werden. Die temperaturabhängigen Parameter σ ∗ B E , b, ε ∗ B, c zur Beschreibung der Anrisskennlinien der Werkstoffe Alloy 617 mod. und Alloy 263 wurden bereits in Abschnitt 4.2.4 im Rahmen der Versuchsauswertung der LCF-Versuche ermittelt und sind in Tabelle A. 10 angegeben. Da sich die Beziehung nach Manson-Coffin nicht ohne weiteres nach der Anrisslastwechselzahl auflösen lässt, wurde die Gleichung 7.1 nach [97] mit den werkstoff- und temperaturabhängigen Parametern A, B, C und D verwendet. Für die beiden betrachteten Nickelbasislegierungen sind die Parameter im Anhang A.5 in Tabelle A. 11 zusammengestellt. NA = A∆ε−Bt + C∆ε −D t (7.1) In den Bildern 7. 1 und 7. 2 sind die LCF-Ergebnisse aus den Versuchen sowie der Vorhersagen der Manson-Coffin-Anpassung für den Alloy 617 mod. und den Alloy 263 gegenübergestellt. Bild 7. 1: Vergleich der LCF-Ergebnisse aus Versuch und Manson-Coffin-Auswertung - Alloy 617 mod. Zusätzlich ist zur Einordnung der Anpassungen eine Ideallinie eingezeichnet, auf welcher im Bestfall die Punkte liegen sollten, weil dann die Anpassungen exakt die Versuchsergebnisse wiedergeben würden. Da dieser Fall aufgrund der zahlreichen Versuche, welche für die Anpassungen herangezogen wurden, in Realität jedoch nicht eintritt, wurde zusätzlich ein oberes und unteres Streuband mit einem 7.1 Anpassung der Lebensdauerbewertungsansätze 121 Bild 7. 2: Vergleich der LCF-Ergebnisse aus Versuch und Manson-Coffin-Auswertung - Alloy 263 Faktor von zwei angegeben, wie es in der Literatur u. a. von Fournier [98] und Takahashi [99] verwendet wird. Für den Fall, dass die Punkte oberhalb der Ideallinie liegen, ist die Modellvorhersage nicht konservativ, was bedeutet, dass das Modell höhere Lebensdauern ausgibt als aus dem Versuch resultieren. Sobald die Punkte unterhalb der Ideallinie liegen, ist die Modellvorhersage konservativ, weil geringere Lebensdauern berechnet werden als real vorliegen. Aus der Gegenüberstellung der LCF-Versuchsergebnisse mit den Auswertungen nach Manson-Coffin in Bezug auf die ertragbare Zyklenzahl ist zu sehen, dass für beide Werkstoffe alle Punkte innerhalb des Streubandes liegen. Dies bedeutet, dass die Anwendung der Gleichung 7.1 in Verbindung mit den werkstoff- und temperaturabhängigen Parametern A, B, C und D (Anhang A.5 in Tabelle A. 11) für die beiden betrachteten Nickelbasislegierungen eine sinnvolle Vorhersage der Zyklenzahl bei LCF-Beanspruchung ermöglicht. Bruchzeit bei Zeitstandbeanspruchung Zur temperatur- und spannungsabhängigen Bestimmung der Bruchzeiten für die Berechnung der Kriechschädigungsanteile nach der Time-Fraction Regel wurden die Formeln 3.1 und 3.2 des in Abschnitt 3.1.1 vorgestellten Larson-Miller-Parameters verwendet. Auf der Basis der Zeitstandbruch- werte von Versuchen bei unterschiedlichen Spannungen und Temperaturen von 700 ◦C und 725 ◦C, wurden für den Alloy 617 mod. und den Alloy 263 mittels Regressionsrechnungen [56], jeweils die Parameter B1, B2, B3, CLM und m ermittelt. Durch Gleichsetzen und Umstellen der Larson-Miller- Formeln nach der Zeit, ergibt sich der in Formel 7.2 angegebene Zusammenhang zur Bestimmung der Bruchzeit t f . 122 Bewertung/Anwendung verschiedener Methoden zur Lebensdauerbestimmung t f = 10 · exp [ 1000 · (B1 + B2σm + B3σ2m) T + 273, 15 − CLM ] (7.2) Für die Berechnung der Kriechschädigungsanteile nach dem Ductility Exhaustion Ansatz ist die Kenntnis über die Bruchdehnung erforderlich. Zur Bestimmung dieser wurde der durch Formel 3.49 gegebene Zusammenhang nach Spindler verwendet, mit welchem es möglich ist, die Bruchdehnung in Abhängigkeit von der Temperatur, Kriechdehnrate und Spannung zu beschreiben. Zur Anpassung der werkstoffabhängigen Parameter ADE, pDE, mDE und nDE, wurde die mittlere Kriechdehnrate ˙¯ε, aus dem Quotient der Bruchdehnung ε f und Bruchzeit t f gebildet. Unter Verwendung des Quotienten der mittleren Dehnrate in Formel 3.49, ergibt sich durch Umformung die Beziehung nach Formel 7.3. ε f = ADE · exp ( pDE T+273,15 ) tnDEf · σmDE1  1 1−nDE (7.3) Durch Einsetzen der Formel 7.2 zur Bestimmung der Bruchzeit ergibt sich ein Zusammenhang, mit welchem die Bruchdehnung sich ausschließlich in Abhängigkeit von der Spannung und Temperatur beschreiben lässt. Anhand der Bruchdehnungen und Prüfspannungen aus den Zeitstandversuchen lassen sich die Werkstoffparameter bestimmen. Im Anhang in Tabelle A. 13 sind die ermittelten Parameter zur Bestimmung der Bruchzeit bzw. -dehnung für den Alloy 617 mod. und den Alloy 263 zusammengefasst. Für den Alloy 617 mod. wurden die Parameter zur Berechnung der Bruchzeiten und -dehnungen auf Grundlage der Versuchsergebnisse der Forschungsvorhaben MARCKO DE2 [33], COORETEC DE4 [20], MARCKO700 [34] und HWT II („Kriechanpassung all “) und alleine auf der Basis der Ergebnisse aus HWT II („Kriechanpassung HWT II “) ermittelt. Die Parameter für den Alloy 263 wurden anhand der Zeitstandergebnisse aus COORETEC DE4 und HWT II hergeleitet. Im Bild 7. 3 sind die Bruchzeiten für die beiden Werkstoffe aus den Versuchen und Berechnungen mit Gleichung 7.2 gegenübergestellt. Die entsprechenden Bruchdehnungen aus den Versuchen und Berechnungen mit Gleichung 7.3 sind im Bild 7. 4 dargestellt. Aus den Bildern 7. 3 a) und 7. 4 a) für den Werkstoff Alloy 617 mod. mit der „ Kriechanpassung all “ ist sowohl für die Bruchzeit als auch für die Bruchdehnung erkennbar, dass die Datenpunkte aus der Versuchsreihe HWT II bei 700 ◦C (rote quadratische Punkte) systematisch im nicht-konservativen Bereich liegen. Die übrigen Datenpunkte sind überwiegend im Streuband sowohl ober- als auch unterhalb der Diagonalen, sodass die Vorhersage eine akzeptable Aussage liefert. Um die systematische Abweichung der Datenpunkte aus der Versuchsreihe HWT II näher zu untersu- chen, wurden in einer zweiten Parameteranpassung nur die Ergebnisse aus HWT II verwendet und die Bruchzeiten und Bruchdehnungen in den Bildern 7. 3 b) und 7. 4 b) eingetragen. Es zeigt sich, dass der Großteil der Versuche aus MARCKO DE2, COORETEC DE4 und MARCKO700 außerhalb des 7.1 Anpassung der Lebensdauerbewertungsansätze 123 Streubandes im konservativen Bereich liegen. Die Vorhersagen der HWT II-Versuche sind bei den Bruchzeiten nahe der Ideallinie, jedoch bei den Bruchdehnungen auch teilweise im nicht konserva- tiven Bereich. Die Auswertung zeigt, dass eine einheitliche Parameteranpassung für den Werkstoff Alloy 617 mod. mit den Daten aus allen Versuchsreihen nicht möglich ist und sich die Schmelzen in Bezug auf das Zeitstandverhalten unterscheiden. Aus der Betrachtung der Vorhersagen der Bruchzeiten für den Alloy 263 dargestellt in Bild 7. 3 c) ist zu erkennen, dass die Vorhersagen zum Teil außerhalb des Streubandes liegen. Da die Abweichungen sowohl im konservativen als auch im nicht-konservativen Bereich liegen, ist eine Systematik der Abweichungen nicht zu erkennen. Die Modellvorhersagen der Bruchdehnungen (siehe Bild 7. 4 c)) befinden sich alle im Streuband. 124 Bewertung/Anwendung verschiedener Methoden zur Lebensdauerbestimmung a) Alloy 617 mod. „Kriechanpassung all “ b) Alloy 617 mod. „Kriechanpassung HWT II “ c) Alloy 263 Bild 7. 3: Vergleich der Zeitstandbruchzeiten aus Versuch und Modell 7.1 Anpassung der Lebensdauerbewertungsansätze 125 a) Alloy 617 mod. „Kriechanpassung all “ b) Alloy 617 mod. „Kriechanpassung HWT II “ c) Alloy 263 Bild 7. 4: Vergleich der Zeitstandbruchdehnungen aus Versuch und Modell 126 Bewertung/Anwendung verschiedener Methoden zur Lebensdauerbestimmung 7.2 Einordnung der Anpassungen des Lemaitre-Modells Zur Überprüfung der Anpassungsgüte des Lemaitre-Schädigungsmodells wurden die einachsigen Zeitstandversuche und die LCF-Versuche mit Dehnraten von 0,03 % min−1, 0,06 % min−1, 0,6 % min−1 und 6 % min−1 sowie die Versuche mit 10-minütiger Haltezeit während der Zug- und Druckphase nachgerechnet, welche im Rahmen von HWT II am IfW Darmstadt und IWM Freiburg durchgeführt worden sind. Die Simulationsergebnisse der Zeitstandversuche sind in Bild 7. 5 für beide Kriechanpassungen des Alloy 617 mod. und in Bild 7. 6 für den Alloy 263 den Versuchsergebnissen gegenübergestellt. a) „Kriechanpassung all “ b) „Kriechanpassung HWT II “ Bild 7. 5: Zeitstandbruchzeiten aus Versuch und Simulation mit dem Lemaitre-Modell für den Alloy 617 mod. 7.2 Einordnung der Anpassungen des Lemaitre-Modells 127 Bild 7. 6: Zeitstandbruchzeiten aus Versuch und Simulation mit dem Lemaitre-Modell für den Alloy 263 Aus dem Vergleich der Versuchsergebnisse und der Simulationen mit der „Kriechanpassung all “(siehe Bild 7. 5 a)) ist zu sehen, dass sich die Vorhersagen der Bruchzeiten der Versuche aus den Projekten MARCKO DE2, COORETEC DE4 und MARCKO700 innerhalb des Streubandes oder außerhalb diesem in konservativen Bereich befinden, wohingegen die HWT II-Versuche bei 700 ◦C außerhalb im nicht konservativen Bereich liegen. Unter Verwendung der „Kriechanpassung HWT II “(siehe Bild 7. 5 b)) werden die Bruchzeiten der HWT II-Versuche durch die Simulation, wie erwartet, gut wiedergegeben. Sämtliche Ergebnisse der anderen Projekte befinden sich unterhalb des Streubandes im konservativen Bereich. Der Vergleich der Zeitstandbruchzeiten aus Simulation und Versuch für den Alloy 263 (siehe Bild 7. 6) zeigt, dass mit Ausnahme eines Versuchs alle Versuche im Streuband liegen. In den Bildern 7. 7 und 7. 8 sind für beide Werkstoffe, die in den LCF-Versuchen ermittelten Zyklen- zahlen den Vorhersagen des Lemaitre-Modells gegenübergestellt. Bild 7. 7: LCF-Ergebnisse aus Versuch und Simulation mit dem Lemaitre-Modell für den Alloy 617 mod. 128 Bewertung/Anwendung verschiedener Methoden zur Lebensdauerbestimmung Bild 7. 8: LCF-Ergebnisse aus Versuch und Simulation mit dem Lemaitre-Modell für den Alloy 263 Aus der Gegenüberstellung ist zu erkennen, dass sowohl für den Alloy 617 mod. (siehe Bild 7. 7) als auch den Alloy 263 (siehe Bild 7. 8) der Großteil der Versuche im Streuband liegen. Mit Ausnahme des Versuches mit Dehnrate von 0,03 % min−1 bei 725 ◦C am Alloy 617 mod. sind alle Versuche innerhalb der Streubänder bzw. im konservativen Bereich. 7.3 Anwendung der Lebensdauerbewertungsansätze 7.3.1 Laborproben Um zu identifizieren inwieweit die Lebensdauervorhersagen des Lemaitre-Modells unter komple- xen Beanspruchungssituationen sich mit der Realität decken, wurden die in den Abschnitten 5.2 und 5.3 vorgestellten Hohlzylinderzeitstandversuche und LCF-Versuche mit komplexer Kriechermü- dungsbeanspruchung nachgerechnet. Neben der Lebensdauerbewertung mit dem Lemaitre-Modell wurden zusätzlich die Ansätze des ASME- und RCC-MR-Regelwerks sowie der R5-Empfehlungen angewendet. Zeitstandversuche an Hohlzylindern Die Tabelle 7. 1 fasst die Bruchzeiten der Zeitstandversuche an Hohlzylindern aus Versuch und Nachrechnung zusammen. Für den Werkstoff Alloy 617 mod. ist festzustellen, dass die mit dem Lemaitre-Modell prognostizierte Bruchzeit sehr stark von der Datenbasis für die Parameteranpassung abhängt. Verwendet man die Daten aller Forschungsvorhaben MARCKO DE2, COORETEC DE4, MARCKO700 und HWT II („Kriechanpassung all “), so wird eine nicht-konservative und ca. 25 % längere Bruchzeit vorhergesagt 7.3 Anwendung der Lebensdauerbewertungsansätze 129 Versuch „Kriechanpassung all “ „Kriechanpassung HWT II “ Alloy 617 mod. bei T=700 ◦C mit σvM=240 MPa Bewertungsansatz A617.1/2 ASME RCC-MR R5 Lemaitre ASME RCC-MR R5 Lemaitre Bruchzeit 3196 355 1105 3540 4255 11 275 1352 1322 Versuch Kriechanpassung DE4, HWT II Alloy 263 bei T=700 ◦C mit σvM=284 MPa Bewertungsansatz A263.1/2 ASME RCC-MR R5 Lemaitre Bruchzeit 7232 357 2936 11714 11286 Tabelle 7. 1: Ergebnisse der Lebensdauerbewertung für die statischen Hohlzylinderversuche als im Versuch ermittelt. Es kommt zu einem anderen Ergebnis, wenn alleine die Daten der Schmelze aus dem Vorhaben HWT II für die Anpassung verwendet werden. Hierbei liegt die berechnete Bruchzeit deutlich unter der Versuchszeit (ca. 40 % des Wertes). Dies ist zwar konservativ, aber keine gute qualitative Prognose. Unter Berücksichtigung, dass die „Kriechanpassung HWT II “ für die BGH-Schmelze gemacht wurde und die Hohlzylinderprobe aus der VDM-Schmelze gefertigt wurde, welche bessere Zeitstandeigen- schaften (siehe Bild 4. 6 rote Verläufe) besitzt, war dieses Ergebnis zu erwarten. Für die Hohlzylinderprobe aus dem Alloy 263 wird mit dem Lemaitre-Modell eine Laufzeit von 11 286 h vorhergesagt. Der Vergleich mit der Versuchslaufzeit von 7232 h zeigt, dass das Modell eine nicht-konservative Vorhersage liefert, welche die Bruchzeit aus dem Versuch um ca. 35 % überschätzt. Ein Blick auf die Ergebnisse der Regelwerke bzw. Empfehlungen zeigt, dass der Ansatz nach ASME in allen Fällen die kleinsten Bruchzeiten liefert, welche weit unterhalb der in den Versuchen ermittelten Zeiten liegen. Dies ist zwar konservativ, aber aufgrund der großen Abweichung auch unrealistisch. In Bezug auf die Bruchzeit ist festzustellen, dass eine Erweiterung des Geltungsbereichs des ASME- Ansatzes auf Nickelbasislegierungen nicht sinnvoll ist. Der Ansatz des französischen Regelwerks RCC-MR liefert ebenfalls deutlich geringere Bruchzeiten als die im Versuch ermittelten. Die Werte sind allerdings deutlich höher als die nach ASME ermittel- ten Bruchzeiten. Eine sinnvolle qualitative Vorhersage ist mit diesem Regelwerk jedoch auch nicht möglich. Bei Verwendung des Ansatzes der britischen R5-Empfehlungen ergeben sich prognostizierte Bruch- zeiten, welche sehr dicht bei den mit dem Lemaitre-Modell berechneten Zahlenwerten liegen. Die Prognose der Bruchzeit ist im Vergleich mit den anderen Regelwerken qualitativ am nächsten an den Versuchsdaten. LCF-Versuche mit komplexer Kriechermüdungsbeanspruchung In Tabelle 7. 2 sind für die LCF-Versuche mit komplexer Kriechermüdungsbeanspruchung die Zyklen- zahlen bis Anriss aus den Versuchen und Nachrechnungen gegenübergestellt. 130 Bewertung/Anwendung verschiedener Methoden zur Lebensdauerbestimmung Versuch „Kriechanpassung all “ „Kriechanpassung HWT II “ Kriechermüdungsversuch bei T=700 ◦C mit ε=0,3 % und tHZ=10 min Bewertungsansatz LH17.13 ASME RCC-MR R5 Lemaitre ASME RCC-MR R5 Lemaitre ertragbare Zyklenzahl 1781 262 699 2435 2131 3 261 1795 1603 Kriechermüdungsversuche bei T=700 ◦C mit ε=0,3 % und tHZ=60 min LH17.12 LH17.14 ASME RCC-MR R5 Lemaitre ASME RCC-MR R5 Lemaitre ertragbare Zyklenzahl 640 683 136 191 2396 1615 3 149 942 709 Tabelle 7. 2: Ergebnisse der Lebensdauerbewertung für die LCF-Versuche mit komplexer Kriechermüdungsbean- spruchung Die Vorhersagen des Lemaitre-Modells mit „ Kriechanpassung all “ überschätzen die ertragbare Zyklenzahl sowohl bei den Versuchen mit kurzer als auch längerer Haltezeit. Allerdings ist die Überschätzung beim Versuch mit 60-minütiger Haltezeit mit einem Faktor von ca. 2,5 deutlich höher. Bei der Verwendung der „ Kriechanpassung HWT II “ im Lemaitre-Modell zeigt sich, dass sich sowohl für den Versuch mit 10-minütiger als auch für die Versuche mit 60-minütiger Haltezeit, Zyklenzahlen ergeben, welche ziemlich nah an den Versuchsdaten liegen. Bei Betrachtung der Ergebnisse, welche sich bei Anwendung der Regelwerke und Empfehlung ergeben, ist festzustellen, dass sowohl der ASME- als auch der RCC-MR-Ansatz deutlich zu niedrige Zyklenzahlen prognostizieren. Der R5-Ansatz liefert Zyklenzahlen, welche insbesondere bei den Versuchen mit längerer Haltezeit deutlich oberhalb der Versuchsergebnisse liegen. Auch hier liegen die Ergebnisse des R5-Ansatzes und des Lemaitre-Modells nicht weit auseinander. Zusammenfassung zur Lebensdauerbewertung der Laborprobenversuche Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Berechnungsansätze nach ASME und RCC-MR in allen Fällen deutlich zu niedrige Bruchzeiten bzw. ertragbare Zyklenzahlen vorhersagen, als die in den Versuchen ermittelten. Die Ergebnisse sind zwar konservativ aber für eine qualitative Bewertung ungeeignet. Wie in Abschnitt 4.2.3 veranschaulicht (siehe Bild 4. 8), zeigen die in den verschiedenen Forschungs- vorhaben eingesetzten Schmelzen des Werkstoffs Alloy 617 mod. ein unterschiedliches Kriechver- halten. Aus diesem Grund wurden die Parameteranpassungen zum einen mit den Materialdaten aus allen Forschungsvorhaben („Kriechanpassung all “) und zum anderen nur mit den Daten aus der HWT II-Schmelze („Kriechanpassung HWT II “) durchgeführt. Die Lebensdauerbewertung der Hohlzylinderversuche nach R5 und mit dem Lemaitre-Modell zeigen, dass die Vorhersage mit der „ Kriechanpassung all “ die Versuchslebensdauer überschätzt, aber bei Verwendung der „ Kriechan- passung HWT II “ diese deutlich unterschätzt. Dieses Ergebnis war auch zu erwarten, weil die Versuchsproben nicht aus Material der BGH-Schmelze, sondern aus der VDM-Schmelze gefertigt 7.3 Anwendung der Lebensdauerbewertungsansätze 131 wurden, welche bessere Zeitstandeigenschaften besitzt (siehe Bild 4. 6). Insgesamt liefern der R5-Ansatz und das Lemaitre-Modell qualitativ eine gute Vorhersage der er- tragbaren Lebensdauer. Da das Lemaitre-Modell geringere Werte ergibt, ist es tendenziell besser zur Vorhersage geeignet. 7.3.2 Komponenten Um die an den Laborproben gewonnenen Erkenntnisse auf Komponenten zu übertragen, wurden auf der Basis der in den Abschnitten 6.3.1 und 6.3.2 vorgestellten Simulationsergebnisse des Samm- lers und Halbkugelformstücks Lebensdauervorhersagen nach ASME, RCC-MR, R5 sowie mit dem Lemaitre-Modell durchgeführt. Zusätzlich wurde auf beide Komponenten der elastische Ansatz nach DIN EN 12952-3/4 angewendet. Sammler In Abschnitt 6.3.1 wurden die zeitlichen Beanspruchungen an drei ausgewählten Lochrändern des Sammlers ausgewertet. Wegen der hohen Komplexität des Sammlermodells konnten rechenzeitbe- dingt nur fünf Lastzyklen gerechnet werden. Deshalb wurden die Ergebnisse des fünften Zyklus verwendet, um durch Extrapolation der Kriech- und Ermüdungsschädigung die Lebensdauern abzu- schätzen. Eine Zusammenstellung der ermittelten Lebensdauern ist in Tabelle 7. 3 aufgeführt. Für den Lochrand D mit Radius 3 mm aus Alloy 617 mod. erfolgten die Berechnungen der Lebensdauern sowohl für die Simulation mit der „ Kriechanpassung all “ als auch mit der „ Kriechanpassung HWT II “. Die Lebensdauerbewertungen für den Bereich aus dem Werkstoff Alloy 263 wurden für beide Lochrandausführungen mit 3 mm und 10 mm Radius durchgeführt. Neben den ertragbaren Zyklen- zahlen bis Anriss sind die einzelnen Schädigungsanteile aus Kriechen und Ermüdung in der Tabelle enthalten. Bei einem ersten Blick auf diese Ergebniszusammenstellung fällt auf, dass die mit dem Bewertungs- ansatz nach DIN EN 12952 ermittelte ertragbare Zyklenzahl deutlich über den Werten der anderen Methoden liegt. Weiterhin ist, wie schon bei den Laborproben beobachtet, die mit dem ASME-Ansatz ermittelte ertragbare Zyklenzahl am niedrigsten. Der RCC-MR-Ansatz liefert hier auch etwas höhere Werte als der ASME-Ansatz, liegt jedoch noch deutlich unter den ertragbaren Zyklenzahlen des R5-Ansatzes bzw. des Lemaitre-Modells. Die Lebensdauerbewertung für den Lochrand D mit Rundungsradius 3 mm aus dem Werkstoff Alloy 617 mod. wurde sowohl mit den Parametern aus der „Kriechanpassung all “ als auch „ Kriechan- passung HWT II “durchgeführt. Da diese Anpassungen nicht in die Auswertung nach DIN EN 12952 eingehen, ergeben sich hier gleiche Zahlenwerte. Auffällig ist, dass nach DIN EN 12952, nach R5 132 Bewertung/Anwendung verschiedener Methoden zur Lebensdauerbestimmung Bewertungsansatz DIN EN 12952 ASME RCC-MR R5 Lemaitre Simulation elastisch inelastisch inelastisch inelastisch inelastisch Grenzkurve material- unabhängig abhängig abhängig unabhängig unabhängig Lochrand D aus Alloy 617 mod. mit r = 3 mm „Kriechanpassung all “ ertragbare Zyklenzahl 1885 128 204 769 456 Ermüdungsschädigung 0,95 0,06 0,09 0,70 0,94 Kriechschädigung 0,05 0,47 0,16 0,30 0,06 „Kriechanpassung HWT II “ ertragbare Zyklenzahl 1885 23 197 384 318 Ermüdungsschädigung 0,95 0,01 0,09 0,35 0,46 Kriechschädigung 0,05 0,90 0,19 0,65 0,54 Lochrand F aus Alloy 263 mit r = 3 mm Kriechanpassung DE4, HWT II ertragbare Zyklenzahl 12443 106 536 1703 770 Ermüdungsschädigung 0,96 0,10 0,50 1,00 0,98 Kriechschädigung 0,04 0,11 0,06 0,00 0,02 Lochrand G aus Alloy 263 mit r = 10 mm Kriechanpassung DE4, HWT II ertragbare Zyklenzahl 31528 1003 1768 2758 2224 Ermüdungsschädigung 0,90 0,49 0,87 1,00 1,00 Kriechschädigung 0,10 0,06 0,01 0,00 0,00 Tabelle 7. 3: Ergebnisse der Lebensdauerbewertung an drei Sammlerlochrändern (Positionen siehe Bild 6. 11) und dem Lemaitre-Modell mit „Kriechanpassung all “ die Schädigung fast ausschließlich durch Ermüdung dominiert wird. Bei Anwendung des R5-Ansatzes oder des Lemaitre-Modells zeigen sich je nach Verwendung des Anpassungsdatensatzes signifikante Unterschiede sowohl in der ertragbaren Zyklenzahl als auch in der Aufteilung der Schädigungsanteile. Mit der „Kriechanpassung HWT II “ er- geben sich deutlich niedrigere ertragbare Zyklenzahlen und ein höherer Anteil an Kriechschädigung, sodass beide Schädigungsanteile in etwa gleich groß sind. Da der Sammler in der HWT II-Teststrecke eingebaut ist, ist der Parametersatz der „Kriechanpassung HWT II “ als Erwartungswert für die Lebensdauerprognose einzustufen. Die Auswirkungen des anderen Werkstoffs Alloy 263 auf die Lebensdauerbewertung kann am Lochrand F, welcher ebenfalls einen Rundungsradius von 3 mm hat, bewertet werden. Nach der DIN EN 12952 wird eine deutlich höhere ertragbare Zyklenzahl (Faktor 6,6) ermittelt als für den Al- loy 617 mod.. Die Schädigung erfolgt mit diesem Ansatz zum größten Anteil durch Ermüdung. Bei der Bewertung mit dem R5-Ansatz und dem Lemaitre-Modell wird die Schädigung nahezu ausschließlich durch Ermüdung hervorgerufen. Weiterhin sind die ertragbaren Zyklenzahlen gegenüber dem mit DIN EN 12952 ermittelten Wert signifikant niedriger, wobei das Lemaitre-Modell hier im Vergleich zum R5-Ansatz eine noch kleinere Zyklenzahl als ertragbar ausweist. Im Vergleich mit dem Werkstoff 7.3 Anwendung der Lebensdauerbewertungsansätze 133 Alloy 617 mod. ist die Lebensdauer des Alloy 263 bei gleichem Rundungsradius am Lochrand um den Faktor 2 bis 2,5 höher und in beiden Ansätzen durch Ermüdungsschädigung dominiert. Da der Lochrand G im Werkstoff Alloy 263 einen größeren Rundungsradius von 10 mm aufweist, kann hieran der Einfluss der konstruktiven Gestaltung am Bauteil bewertet werden. Es ist festzustellen, dass mit allen Ansätzen die ertragbare Zyklenzahl angehoben wird. Am deutlichsten ist der Anstieg bei Verwendung des Lemaitre-Modells (Faktor 2,9). Bei dem R5-Ansatz und Lemaitre-Modell erfolgt die Schädigung auch in diesem Fall ausschließlich durch Ermüdung und Kriechen hat hier keinen nennenswerten Anteil. Nach dem Ansatz der DIN EN 12952 ist der Anteil der Ermüdungsschädigung ebenfalls dominant, jedoch macht die Kriechschädigung ebenfalls 10 % an der Gesamtschädigung aus. Insgesamt ist festzustellen, dass die Lebensdauerbewertungen mit dem R5-Ansatz und dem Lemaitre- Modell qualitativ eng zusammenliegen und die Schädigungsanteile ähnlich ausweisen. Der Ansatz nach DIN EN 12952 liefert in allen Fällen deutlich zu hohe ertragbare Zyklenzahlen und ist deshalb nicht konservativ und für eine qualitative Bewertung nicht sinnvoll. Die Bewertungsansätze nach ASME und RCC-MR ergaben demgegenüber die niedrigsten ertragbaren Zyklenzahlen. Halbkugelformstück In Abschnitt 6.3.2 wurden die zeitlichen Beanspruchungen am Übergangsradius des Halbkugel- formstücks ausgewertet. Auf der Basis der ermittelten Beanspruchungen erfolgten Lebensdauer- bewertungen nach den gleichen Ansätzen wie in den vorherigen Abschnitten beschrieben. Da das Halbkugelformstück ebenfalls, wie der obere Teil des Sammlers aus dem Werkstoff Alloy 617 mod. gefertigt worden ist, erfolgten die Berechnungen der Lebensdauer sowohl mit der „Kriechanpas- sung all “als auch mit der „Kriechanpassung HWT II “. Die mit den unterschiedlichen Ansätzen ermittelten ertragbaren Zyklenzahlen und Schädigungsanteile sind in Tabelle 7. 4 zusammengestellt. Bewertungsansatz DIN EN 12952 ASME RCC-MR R5 Lemaitre Simulation elastisch inelastisch inelastisch inelastisch inelastisch Grenzkurve material- unabhängig abhängig abhängig unabhängig unabhängig „Kriechanpassung all “ ertragbare Zyklenzahl 6351 1148 3412 5961 5158 Ermüdungsschädigung 0,43 0,16 0,47 1,00 0,98 Kriechschädigung 0,57 0,09 0,06 0,00 0,02 „Kriechanpassung HWT II “ ertragbare Zyklenzahl 6351 90 2014 5926 4302 Ermüdungsschädigung 0,43 0,01 0,28 0,99 0,55 Kriechschädigung 0,57 0,89 0,08 0,01 0,45 Tabelle 7. 4: Ergebnisse der Lebensdauerbewertung für das Halbkugelformstück 134 Bewertung/Anwendung verschiedener Methoden zur Lebensdauerbestimmung Für das Halbkugelformstück sind die qualitativen Aussagen, wie sie bereits für den Bereich des Sammlers aus dem Werkstoff Alloy 617 mod. getroffen worden sind, ebenfalls gültig. Auch hier liefern die Ansätze nach ASME und RCC-MR die geringsten ertragbaren Zyklenzahlen. Die DIN EN 12952 prognostiziert die höchste Zyklenzahl, wobei die Schädigung fast zu gleichen Teilen durch Ermü- dung und Kriechen verursacht wird. Die Lebensdauerbewertung mit dem R5-Ansatz und dem Lemaitre-Modell mit der „Kriechanpassung all “ weist aus, dass auch hier die Schädigung durch Ermüdung verursacht wird, wobei die Zyklenzahlen in der gleichen Größenordnung, aber mit dem Lemaitre-Modell niedriger sind. Unterschiede sind jedoch bei der Anwendung der „Kriechanpas- sung HWT II “ und der Lebensdauerprognose mit dem Lemaitre-Modell zu erkennen. In diesem Fall reduziert sich die ertragbare Zyklenzahl um 20 %, wobei der Anteil der Kriechschädigung deutlich zu- nimmt und in etwa gleich hoch mit der Ermüdungsschädigung ist. Die Anwendung des R5-Ansatzes mit der „Kriechanpassung HWT II “ liefert gegenüber der „Kriechanpassung all “ nur geringfügige Änderungen. Zusammenfassung der Lebensdauerbewertungen des Sammlers bzw. des Halbkugelformstücks Die Lebensdauerbewertungen an den Lochrändern des Sammlers und am Übergangsradius des Halbkugelformstücks zeigen eine identische Staffelung der mit den verschiedenen Ansätzen er- mittelten Lebensdauern. Der Ansatz nach ASME liefert die kleinste und der Ansatz nach R5 die größte ertragbare Zyklenzahl. Die ermittelten Lebensdauern nach dem Ansatz der RCC-MR und des Lemaitre-Modells liegen dazwischen, wobei die Lebensdauern des Lemaitre-Modells in der Nähe des R5-Ansatzes liegen. Für die Lebensdauerbewertung der Komponenten wurde zusätzlich der auf ela- stischen Ergebnissen basierende Ansatz der DIN EN 12952 verwendet. Die ermittelten Lebensdauern liegen deutlich oberhalb der jeweiligen, die mit den inelastischen Ansätzen ermittelt wurden. 7.4 Diskussion Die Ergebnisse der Lebensdauerbewertungen für die Laborprobenversuche haben gezeigt, dass das Lemaitre-Modell am besten die realen Lebensdauern vorhersagt, sodass dieser Ansatz für den Vergleich mit den Prüfergebnissen der Teststrecke herangezogen wird. Bei Anwendung dieses Ansatzes auf die Lebensdauervorhersagen für den Sammler ist zu erwarten, dass am Lochrand D mit Radius 3 mm im Bereich Alloy 617 mod. bereits nach einer Zyklenzahl zwischen 318 („Kriechanpassung HWT II “) und 456 („Kriechanpassung all “) die ersten Anrisse zu identifizieren sein werden. Im Bereich des Sammlers aus Alloy 263 gibt das Lemaitre-Modell an, dass die ersten Anrisse am Lochrand F mit Radius 3 mm nach 770 Zyklen und am Lochrand G mit Radius 10 mm nach 2224 Zyklen auftreten müssten. Am Übergangsradius des Halbkugelformstücks müssten nach dem Lemaitre-Modell die ersten Anrisse 7.4 Diskussion 135 nach Zyklenzahlen zwischen 4302 („Kriechanpassung HWT II “) und 5158 („Kriechanpassung all “) vorzufinden sein. Wie in Abschnitt 5.4 beschrieben, haben der Sammler und das Halbkugelformstück während des Test- streckenbetriebs 2623 Zyklen erfahren, sodass unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Lebensdauer- bewertung an allen Lochrändern des Sammlers, Anrisse vorliegen müssten. Am Halbkugelformstück sind nach den Ergebnissen der Lebensdauerbewertungen keine Anrisse zu erwarten. Der Sammler wurde nach Beendigung des Teststreckenbetriebs ausgebaut und es wurden an den Lochrändern Farbeindringprüfungen durchgeführt. Die Ergebnisse wurden bereits in Abschnitt 5.4 vorgestellt und haben Anrisse bestätigt. In Bild 7. 9 sind für den Lochrand D aus Alloy 617 mod. und in Bild 7. 10 für den Lochrand F aus Alloy 263 Aufnahmen der Farbeindringprüfungen sowie der aufgebrochenen Bruchflächen den tangentialen Spannungsplots aus der FE-Simulation gegen- übergestellt. Das Bild 7. 11 zeigt für den Lochrand G aus Alloy 263 den Vergleich der Ergebnisse der Farbeindringprüfung und der Simulation. Bild 7. 9: Ergebnisse der Farbeindringprüfung sowie der Auswertung der aufgebrochenen Bruchfläche im Ver- gleich zum Simulationsergebnis für den Lochrand D aus Alloy 617 mod. 136 Bewertung/Anwendung verschiedener Methoden zur Lebensdauerbestimmung Bild 7. 10: Ergebnisse der Farbeindringprüfung sowie der Auswertung der aufgebrochenen Bruchfläche im Vergleich zum Simulationsergebnis für den Lochrand F aus Alloy 263 Bild 7. 11: Ergebnisse der Farbeindringprüfung im Vergleich zu den Simulationsergebnissen für den Lochrand G aus Alloy 263 7.4 Diskussion 137 An allen drei Lochrändern zeigen die Vergleiche der Ergebnisse der Farbeindringprüfungen und der Simulation, dass in den Übergangsbereichen zu den benachbarten Lochrändern (in den Bildern 7. 9, 7. 10 bzw. 7. 11 grün, weiß bzw. violett gestrichelt umrandet), in denen die Farbeindringprü- fungen Anzeigen lieferten, auch durch die Simulation Spannungsmaxima zu identifizieren waren. Des Weiteren wurden durch die Farbeindringprüfungen am Lochrand D aus Alloy 617 mod. sowie an den Lochrändern F und G aus Alloy 263 deutliche Rissanzeigen sichtbar, welche im Bild 7. 9 schwarz gestrichelt im Bereich Alloy 617 mod., im Bild 7. 10 blau gestrichelt im Bereich Alloy 263 für den Lochrand mit Radius 3 mm und im Bild 7. 11 violett gestrichelt im Bereich Alloy 263 für den Lochrand mit Radius 10 mm gekennzeichnet sind. Die Positionen dieser Anzeigen decken sich mit den in Abschnitt 6.3.1 ausgewerteten Positionen. Für die Lochränder mit Radius 3 mm beider Materialbereiche sind in den Bildern 7. 9 und 7. 10 weiter- hin die Bruchflächen der schwarz bzw. grün gestrichelt umrandeten Anrisse dem Simulationsergebnis gegenübergestellt. Um einen Vergleich zur realen Bruchfläche herzustellen, wurden die maximal beanspruchten Bereiche (tief rote Bereiche im Spannungsplot) unmittelbar an den Radien ausgemessen und mit den ausgemessenen Bruchflächen verglichen. Der Vergleich zeigt, dass sowohl am Lochrand D aus Alloy 617 mod. als auch am Lochrand F aus Alloy 263 die Bruchflächen und die Bereiche der maximalen Spannungen aus der Simulation ähnliche Formen und Größen aufweisen. Des Weiteren ist der maximal beanspruchte Bereich am Lochrand D aus Alloy 617 mod. größer als am Lochrand F aus Alloy 263. Für den Lochrand G aus Alloy 263 ist in Bild 7. 11 die Verteilung der Tangentialspan- nungen dargestellt. Gegenüber der Simulationsergebnisse der Lochränder D und F ist der maximal beanspruchte Bereich am Radius kleiner. Diese Erkenntnis deckt sich mit den Ergebnissen der Far- beindringprüfungen, in welchen am Lochrand D aus Alloy 617 mod. deutlichere Anzeigen als an den Lochrändern F bzw. G aus Alloy 263 zu erkennen waren. Des Weiteren bestätigt diese Erkenntnis die Ergebnisse der Lebensdauerbewertung, dass zuerst am Lochrand D aus Alloy 617 mod., dann am Lochrand F aus Alloy 263 mit Radien von jeweils 3 mm und schließlich am Lochrand G mit Radius 10 mm Anrisse entstanden sind. Aus den Vergleichen der Ergebnisse lässt sich folgern, dass für den Sammler aus den Nickelba- sislegierungen Alloy 617 mod. und Alloy 263 mit Hilfe der numerischen Simulationen mit dem viskoplastischen CNOW-Modell die Bereiche der maximalen Beanspruchungen ermittelt werden können. Weiterhin konnte durch den Vergleich der Bruchflächen mit dem Simulationsergebnis gezeigt werden, dass die Größe und Geometrie eines möglichen Anrisses, anhand der Spannungsmaxima an den kritischen Lochrändern in erster Näherung abgeschätzt werden kann. Aufgrund der Tatsa- che, dass der Sammler nach der vorhergesagten Zyklenzahl weiter betrieben wurde, ist nicht mehr nachzuprüfen, ob zu dem prognostizierten Zeitpunkt schon ein Anriss vorlag. Da am Lochrand G aus Alloy 263 mit Radius 10 mm das Lemaitre-Modell eine Vorhersage von 2224 Zyklen bis zum Anriss 138 Bewertung/Anwendung verschiedener Methoden zur Lebensdauerbestimmung lieferte, welche nah an der realen Teststreckenzyklenzahl von 2623 liegt und ein Anriss durch die Far- beindringprüfung bestätigt werden konnte, lässt sich schließen, dass mit Hilfe des Lemaitre-Modells eine zuverlässige Vorhersage eines Anrisses möglich ist. Da durch das Lemaitre-Modell allerdings kein Risswachstum berücksichtigt wird, sollten nach der vorhersagten ertragbaren Zyklenzahl, zerstörungsfreie Prüfungen und bruchmechanische Bewer- tungen durchgeführt werden, um einen sicheren Betrieb auch weiterhin zu gewährleisten und ein vorzeitiges Versagen der Komponente ausschließen zu können. Die Lebensdauerbewertungen nach dem amerikanische ASME- sowie dem französischen RCC-MR- Regelwerk haben zwar ebenfalls Anrisse an allen Lochrändern erwarten lassen, allerdings lagen die prognostizierten Zyklenzahlen z. B. am Lochrand D zwischen 23 und 204 Zyklen und sind so- mit sehr niedrig. Die Auswertungen der Laborprobenversuche zeigten, dass diese Ergebnisse die Versuchslebensdauer deutlich unterschätzen. Diese Erkenntnis lässt sich auch anhand der Lebensdau- erbewertungen an den Komponenten bestätigen, da die vorhergesagten ertragbaren Zyklenzahlen der Ansätze nach ASME und RCC-MR deutlich kleiner sind als die Zyklenzahlen der Lemaitre-Vorhersage. Eine genaue Analyse der Ansätze nach ASME und RCC-MR zeigt, dass wohl ursächlich für die Konservativitäten die Sicherheitswerte K ′ ASME bzw. K ′ RCC−MR sind, welche in die Bestimmung der maßgebenden Spannungen zur Berechnung der Kriechschädigungsanteile eingehen. Da weder in der ASME noch der RCC-MR der Alloy 617 mod. bzw. der Alloy 263 enthalten ist, wurde jeweils der K ′ -Wert des Alloy 800 H verwendet, welcher in der ASME 0,67 und in der RCC-MR 0,9 beträgt. Dies erklärt warum die ermittelten Lebensdauern nach ASME kleiner sind als die der RCC-MR. Mit der Annahme, dass K ′ in beiden Fällen eins beträgt, würden die Ansätze im einachsigen Fall identische Lebensdauern liefern, da die Bestimmung des Schädigungsanteiles aus der Ermüdung gleichermaßen erfolgt. Im mehrachsigen Fall würden sich auch bei der Annahme K ′ = 1 aufgrund der unterschiedlichen Gewichtungen der Mehrachsigkeiten geringfügige Unterschiede ergeben. Weitere Konservativitäten ergeben sich bei der Bestimmung der ertragbaren Zyklenzahl auf der Basis der Anrisskennlinien bei maximaler Zyklustemperatur, da die Extrema der Spannungen und Dehnungen nicht bei den Maximaltemperaturen, sondern während der An- bzw. Abfahrten auftreten, wo die Temperaturen bedeutend niedriger sind. Der Lebensdaueransatz nach R5 hat richtig vorhergesagt, dass während des Teststreckenbetriebs, Anrisse an den Lochrändern F und D mit Radien von 3 mm entstehen. Für den Lochrand G mit Radius 10 mm aus Alloy 263 wurden jedoch keine Anrisse prognostiziert, was anhand der Farbeindringprü- fungen widerlegt wurde. Aus den Lebensdauerbewertungen der Laborprobenversuche nach R5 war ebenfalls die Tendenz zu erkennen, dass der R5-Ansatz in den meisten Fällen eine nicht konservative Vorhersage der Zyklenzahlen liefert. Der Ansatz der DIN EN 12952 überschätzt die reale Lebensdauer an allen Lochrändern und liefert 7.4 Diskussion 139 eine nicht konservative Vorhersage. Dies ist darauf zurückzuführen, dass zur Bewertung der Ermü- dungsschädigung auf werkstoffunabhängige Anrisskennlinien zurückgegriffen wird, welche für die Nickelbasislegierungen nicht gültig sind, wie das Bild 7. 12 zeigt. Bild 7. 12: Einordnung der LCF-Versuche aus HWT II in die Anrisskennlinien der DIN EN 12952-3 [45] Im Diagramm sind die Anrisskennlinien der DIN EN 12952-3 für die Zugfestigkeiten des Alloy 617 mod. bzw. Alloy 263 bei Raumtemperatur dargestellt. Zusätzlich sind im Diagramm die Ergebnisse der LCF-Versuche beider Werkstoffe aus HWT II dargestellt. Die elastischen Spannungsschwingbreiten, welche in DIN EN 12952-3 verwendet werden, wurden aus der Multiplikation des E-Moduls bei der Hysterese der halben Lebensdauer und Dehnungsschwingbreite des LCF-Versuchs bestimmt. Die als Punkte dargestellten Ergebnisse der Nickelbasislegierungen liegen unterhalb der Anrisskennlinien der Norm, was zeigt, dass diese für den Alloy 617 mod. und Alloy 263 keine Gültigkeit besitzen. Fazit Anhand der Ergebnisse von Laborprobenversuchen sowie von Farbeindringprüfungen und von Bruch- flächenauswertungen konnte gezeigt werden, dass mit dem Lemaitre-Modell zuverlässig Anrisse vorhergesagt werden können. Die Ansätze nach ASME und RCC-MR sind zur Lebensdauerbewertung nicht empfehlenswert, da diese sehr konservative Vorhersagen liefern, wodurch zwar ein vorzeitiges Versagen verhindert wird, allerdings aufgrund von zerstörungsfreien Prüfungen bzw. dem vorzeitigen Ausbau der Komponente unnötige Kosten entstehen. Aufgrund der nicht konservativen Lebensdau- ervorhersagen der Ansätze nach R5 und DIN EN 12952 sind diese für die Nickelbasislegierungen ebenfalls nicht empfehlenswert. Beim Ansatz der DIN EN 12952 könnte allerdings eine Überarbeitung der Ermüdungskurven dazu führen, eine gute Lebensdauervorhersage möglich zu machen. 141 Kapitel 8 Zusammenfassung Aufgrund der steigenden Anteile der erneuerbaren Energien in der Stromerzeugung werden konven- tionelle Kraftwerke weniger zur Deckung der Grundlast-, sondern vielmehr zur Deckung der Mittel- und Spitzenlastversorgung eingesetzt. Dies bedeutet für die Anlagen, dass diese einerseits für kürzere Zeiten stationär betrieben werden und andererseits deutlich häufiger mit hohen Laständerungsge- schwindigkeiten an- und abgefahren werden, um die Residuallast zu decken. Dies führt dazu, dass die Komponenten einer überlagerten Beanspruchung aus Kriechen und Ermüden ausgesetzt sind, welche einen Lebensdauer verkürzenden Einfluss hat. Das Ziel dieser Arbeit ist es, ein Konzept zur Lebensdauerbewertung von kriechermüdungsbean- spruchten dickwandigen Komponenten aus den Nickelbasislegierungen Alloy 617 mod. und Alloy 263 auf der Basis numerischer phänomenologischer Ansätze sowie Ansätzen gängiger Regelwerke/Emp- fehlungen zu entwickeln und zu verifizieren. Zur Beschreibung des Werkstoffverhaltens wird ein viskoplastisches Verformungsmodell mit einer implementierten Schädigungsformulierung verwendet. Anhand von einachsigen Zeitstand- sowie (Kriech-)Ermüdungsversuchen im Temperaturbereich von 400 ◦C bis 725 ◦C wird das Modell für beide Werkstoffe angepasst und verifiziert. Zur Verifizierung der Modelle werden weiterhin, komplexe Kriechermüdungsversuche und Versuche mit mehrachsi- gen Spannungszuständen verwendet. Nach der Verifizierung werden die Modellanpassungen zur Nachrechnung zweier Bauteile der HWT II-Teststrecke, einem Sammler und einem Halbkugelform- stück verwendet. Für die Bauteile erfolgt eine Lebensdauerbewertung mit Hilfe des implementierten Schädigungsmodells sowie auf der Basis der Regelwerke DIN EN 12952, ASME, RCC-MR und der Empfehlungen R5. Abschließend werden die resultierenden Ergebnisse miteinander verglichen, Konservativitäten aufgedeckt und Empfehlungen gegeben, anhand welcher kriechermüdungsbean- spruchte Bauteile hinsichtlich ihrer Lebensdauer bestmöglich bewertet werden können. Zur Grundcharakterisierung der in HWT II verwendeten Schmelzen der Nickelbasislegierungen Alloy 617 mod. bzw. Alloy 263 sind bei Prüftemperaturen im Bereich von 20 ◦C bis 725 ◦C einachsi- 142 Zusammenfassung ge Zugversuche, (Kriech-)ermüdungsversuche, Zeitstandversuche sowie Kerbschlagbiegeversuche durchgeführt worden. Um die Ergebnisse bewerten zu können, sind diese mit den Vorgaben der Werk- stoffdatenblätter und mit Versuchsergebnissen der Forschungsvorhaben COORETEC DE4, MARCKO DE2 und MARCKO700 verglichen worden. Die Vergleiche der Ergebnisse der Zug- und Kerbschlag- biegeversuche zeigten gegenüber den Vorgaben keine Auffälligkeiten. Bei den Ergebnissen der LCF-Versuche mit Dehnraten von 6 % min−1 sind keine großen Unterschiede gegenüber dem Vorhaben COORETEC DE4 auszumachen gewesen. Die Ergebnisse der Kriechermü- dungsversuche bei identischer Dehnrate mit 10-minütigen Haltezeiten an den Dehnungsextrema sind vergleichbar mit den Ergebnissen aus DE4. Es zeigt sich, dass die Haltezeiten eine lebensdauerverkür- zende Wirkung haben. Gegenüber der Ermüdungsversuche ohne Haltezeit erreichen die Versuche mit Haltezeit und einer Dehnungsamplitude von 0,3 % in etwa die 0,4-fache Anrisszyklenzahl. Mit ansteigender Dehnungsamplitude wird der Einfluss der Haltezeit kleiner. Um den Einfluss von ver- schiedenen Belastungsgeschwindigkeiten zu untersuchen, sind Versuche mit langsamen Dehnraten durchgeführt worden. Es zeigt sich für beide Werkstoffe, dass je geringer die Geschwindigkeit bei der Aufbringung der Dehnungsamplitude ist, desto kleiner sind die Zyklenzahlen bis zum Anriss. Im Vergleich zu den Versuchen bei einer Dehnrate von 6 % min−1 ist die Anrisszyklenzahl bei einer einer Dehnrate von 0,06 % min−1 etwa 58 % (Alloy 617 mod.) bzw. 48 % (Alloy 263) kleiner. Bei den Ergebnissen der Zeitstandversuche am Alloy 617 mod. konnten Unterschiede gegenüber den Ergebnissen aus COORETEC DE4, MARCKO DE2 und MARCKO700 festgestellt werden. Sämtliche Zeitstandkennwerte lagen zwar im Streuband aus DE4, jedoch konnte identifiziert werden, dass die Bruchverformungskennwerte der HWT II-Schmelze deutlich kleiner sind. Die Ergebnisse der Zeitstandversuche am Alloy 263 zeigen keine großen Unterschiede gegenüber den Ergebnissen anderer Forschungsvorhaben. Zur Untersuchung des Werkstoffverhaltens bei mehrachsigen Beanspruchungen sind Zeitstandver- suche an Hohlzylindern mit einem konstanten Innendruck und (Kriech-)Ermüdungsversuche an Kerbproben für den Alloy 617 mod. und den Alloy 263 durchgeführt worden. Die Ergebnisse der Hohlzylinderversuche zeigen, dass der mehrachsige Spannungszustand, im Vergleich zu Versuchen an einachsigen Proben, zu einem schnelleren Dehnungsanstieg führt und letztendlich auch zu einem früheren Versagen. Die Laufzeiten der Hohlzylinderversuche sind um etwa 43 % (Alloy 617 mod.) bzw. 58 % (Alloy 263) kürzer. Aus den Ergebnissen der Versuche an den gekerbten Proben ist zu erkennen, dass die Kerbe eine positive Stützwirkung hat. Die erreichten Anrisszyklenzahlen der wechselnden Versuche an den Kerbproben sind im Mittel 2,5-mal so groß wie die Anrisszyklenzahlen aus den Versuchen an ungekerbten Proben. Diese Erkenntnis ist darauf zurückzuführen, dass sich die lokalen hohen Spannungskonzentrationen im Kerbgrund durch Plastifizieren mit ansteigender Zyklenzahl vermindern und der Spannungsgradient über den Kerbquerschnitt kleiner wird. Bei dem 143 Vergleich sollte jedoch berücksichtigt werden, dass die Versuche an den gekerbten Proben kraftkon- trolliert durchgeführt worden sind und über den Ansatz nach Neuber die Spannungsamplituden in Dehnungsamplituden umgerechnet wurden. Eine Dehnungsregelung wie bei den Ermüdungsversu- chen an den ungekerbten Proben war nicht möglich, weil aufgrund der Kerbgeometrie eine lokale Dehnungsmessung im Kerbquerschnitt nicht möglich war. Um das Werkstoffverhalten bei betriebsähnlichen Beanspruchungen zu untersuchen, sind einachsige LCF-Versuche mit komplexer Kriechermüdungsbeanspruchung am Alloy 617 mod. durchgeführt worden. Während des Zyklierens mit einer Dehnungsamplitude von 0,3 % war die Prüfweise deh- nungskontrolliert und während der Zughaltezeiten mit Dauern von 10 bzw. 60 min kraftkontrolliert. Die Ergebnisse zeigen einen deutlichen Einfluss der Haltezeitdauer. Im Vergleich zum Ermüdungsver- such ohne Haltezeit ist die ertragbare Anrisszyklenzahl bei 10-minütiger Haltezeit etwa 35 % und bei 60-minütiger Haltezeit sogar etwa 75 % kleiner. Ergänzend zu den Versuchen sind für beide Werkstoffe am Ausgangsmaterial sowie am zeitstand- bzw. kriechermüdungsbeanspruchten Material metallographische Untersuchungen im Lichtmikroskop und Transmissionselektronenmikroskop durchgeführt worden. Im zeitstandbeanspruchten Material sind bei beiden Werkstoffen interkristalline Anrisse identifiziert worden. Beim kriechermüdungs- beanspruchten Material Alloy 617 mod. waren trans- und interkristalline Anrisse zu erkennen. Am kriechermüdungsbeanspruchten Material Alloy 263 sind hauptsächlich transkristalline Anrisse zu sehen. Die TEM-Ergebnisse beider Werkstoffe decken sich mit den Erkenntnissen aus anderen Projekten. Beim Alloy 617 mod. sind im Ausgangszustand aufgrund der Stabilglühung bei 980 ◦C für 3 h feine M23C6-Karbide im Korn und auf den Korngrenzen vorhanden. Im Vergleich zum lösungsgelühten Zustand ist die Festigkeit des stabilgelühten Zustands höher. Infolge der Zeitstand- bzw. Kriechermü- dungsbeanspruchung entwickeln sich zusätzlich γ ′ -Teilchen im Korn, welche zu einer zusätzlichen Festigkeitssteigerung führen. Im zeitstandbeanspruchten Material wurden grobe M6C-Karbide auf den Korngrenzen identifiziert, welche die Festigkeit vermindern. Beim Alloy 263 sind im Ausgangs- zustand im Korn und auf den Korngrenzen M23C6-Karbide identifiziert worden. In den Körnern liegen resultierend aus der Ausscheidungshärtung zusätzlich homogen verteilt γ ′ -Ausscheidungen vor, welche zu einer Festigkeitssteigerung beitragen. Aufgrund der Zeitstand- bzw. Kriechermüdungs- beanspruchung kommt es zu einer Größenabnahme der M23C6-Karbide und einem Wachstum der γ ′ -Teilchen. Das Vergröbern der γ ′ -Ausscheidungen hat zur Folge, dass sich die Festigkeit reduziert. Zusätzlich zu den Ausscheidungen sind im TEM die Versetzungsdichten bestimmt worden. Für beide Werkstoffe zeigt sich, dass im zeitstandbeanspruchten Zustand die Versetzungsdichte höher ist als im kriechermüdungsbeanspruchten Zustand. Diese Erkenntnis ist drauf zurückzuführen, dass durch die konstanten Dehnungsamplituden in den Kriechermüdungsversuchen relativ kleine plastische 144 Zusammenfassung Verformungen erzeugt werden, wohingegen in den Zeitstandversuchen schon zu Beginn eine hohe plastische Verformung eingebracht wird. Zur numerischen Beschreibung des Verformungsverhaltens der Werkstoffe Alloy 617 mod. und Alloy 263 wurde ein komplexes viskoplastisches Materialmodell verwendet. Die Anpassung der Modellparameter beider Werkstoffe erfolgt anhand der Zeitstand- und Ermüdungsversuche im Tem- peraturbereich 400 ◦C bis 725 ◦C. Da die HWT II-Schmelze des Alloy 617 mod. gegenüber anderen Vorhaben abweichende Zeitstandeigenschaften zeigt, erfolgt die Kriechanpassung neben der Anpas- sung an den Ergebnissen der HWT II-Schmelze zusätzlich an mit Hilfe des Larson-Miller-Ansatzes gemittelten Kriechkurven der Vorhaben COORETEC DE4, MARCKO DE2 und MACRKO700. Die FE-Nachrechnungen der Zeitstand- und Ermüdungsversuche zeigen, dass mit den ermittelten tempe- raturabhängigen Modellparametern das Verformungsverhalten in guter Übereinstimmung mit den Versuchen beschrieben werden kann. Um mit Hilfe numerischer Simulationen neben dem Verformungsverhalten auch das Schädigungsver- halten beschreiben zu können, ist eine phänomenologische Schädigungsformulierung nach Lemaitre in das Verformungsmodell integriert worden. Diese Formulierung ermöglicht es, die nichtlineare Schädigungsentwicklung bei Kriechermüdungsbeanspruchung abzubilden. Die Parameter des Schä- digungsmodells sind anhand von Zeitstand- und (Kriech-)Ermüdungsversuchsergebnissen angepasst worden. Durch die Nachrechnung aller Zeitstandversuche und Ermüdungsversuche bei sämtlichen Dehnraten sowie mit Haltezeiten ist gezeigt worden, dass die in den Versuchen am HWT II-Material ermittelten Lebensdauern mit dem Modell gut reproduzierbar sind und sich größtenteils in einem Streuband mit Faktor zwei befinden. Zur Verifizierung sind mehrachsige Zeitstandversuche sowie einachsige Kriechermüdungsversuche mit kraftkontrollierten Haltezeiten nachgerechnet worden und es zeigte sich, dass die Versuchslebensdauer mit dem Lemaitre-Modell in guter Weise vorhergesagt werden kann. Anhand von Nachrechnungen von komplexen dickwandigen Bauteilen (Sammler, Halbkugelform- stück) unter realitätsnahen thermischen und mechanischen Belastungsbedingungen konnte gezeigt werden, dass das im Rahmen dieser Arbeit an den Werkstoffen Alloy 617 mod. bzw. Alloy 263 an- gepasste Verformungs- und Lemaitre-Schädigungsmodell geeignet ist, um die anrissgefährdeten Stellen und die Lebensdauer bis zum Anriss vorherzusagen. Dies konnte anhand von Farbeindring- prüfungen sowie Auswertungen der Bruchflächen des untersuchten Sammlers belegt werden. Die Ergebnisse der Lebensdauerwertungen nach Regelwerken und Empfehlungen zeigten, dass die An- sätze nach ASME und RCC-MR aufgrund sehr konservativer Vorhersagen und die Ansätze nach R5 und DIN EN 12952 aufgrund nicht konservativer Vorhersagen für die Nickelbasislegierungen Alloy 617 mod. und Alloy 263 nicht geeignet sind. 145 Literaturverzeichnis [1] NITSCH, J. ET AL.: Langfristszenarien und Strategien für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland bei Berücksichtigung der Entwicklung in Europa und global. http://www.dlr.de/dlr/ Portaldata/1/Resources/bilder/portal/portal_2012_1/leitstudie2011_bf.pdf, 2012. – Schlussbericht [2] SCHLESINGER, M.; LINDENBERGER, D.; LUTZ, C.: Energiereferenzprognose 2014. In: Energie- wirtschaftliche Tagesfragen 64.Jg. 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In: Materials at High Temperatures, Volume 29, S.280-292 (2012) IAnhang A Anhang A.1 Zusammenstellung der Versuche von HWT II Werkstoff Schmelze Wärmebehandlung Abschnitt Versuchstyp Institut Alloy 617 mod. 922186 1200 ◦C/3 h/Wasser + 980 ◦C/3 h/Luft A Warmzug IfW A Zeitstand IfW A LCF IfW B Zeitstand IfW B LCF IfW D Warmzug IfW Alloy 617 mod. 922186 1200 ◦C/3 h/Wasser + 980 ◦C/3 h/Luft A LCF IWM A TMF IWM Alloy 617 mod. 922186 1200 ◦C/3 h/Wasser + 980 ◦C/3 h/Luft A Kerbschlag MPA Alloy 617 mod. 316000 1180 ◦C/4,75 h/Wasser A Zeitstand MPA A LCF MPA Alloy 263 413768 1150 ◦C/2 h/Wasser + 800 ◦C/4 h/Luft A Warmzug IfW A Zeitstand IfW A LCF IfW B LCF IfW D Warmzug IfW Alloy 263 413768 1150 ◦C/2 h/Wasser + 800 ◦C/4 h/Luft A LCF IWM A TMF IWM Tabelle A. 1: Übersicht der im Rahmen von HWT II durchgeführten Versuche II Anhang A.2 Ergebnisse Zugversuche Probennr. Abschnitt Temperatur E-Modul 0,2 %-Dehngrenze Zugfestigkeit Bruchdehnung Brucheinschnürung T / ◦C E / MPa Rp0,2 / MPa Rm / MPa A / % Z / % hWARTz1 D 20 206388 450 879 37,3 29 hWA2z1 D 200 199096 395 799 40,3 35 hWA4z1 D 400 197781 383 755 42,5 37 hWA6z1 D 600 168796 328 671 41 33 hWA7z1 A 700 166341 351 627 45,4 42 hWA725z1 D 725 157460 383 631 29,6 24 Tabelle A. 2: Übersicht der (Warm-)zugversuche am Alloy 617 mod. Probennr. Abschnitt Temperatur E-Modul 0,2 %-Dehngrenze Zugfestigkeit Bruchdehnung Brucheinschnürung T / ◦C E / MPa Rp0,2 / MPa Rm / MPa A / % Z / % hWBRTz1 D 20 217000 566 1012 39,7 34 hWB2z1 D 200 208000 517 922 37,3 34 hWB4z1 D 400 186000 489 862 42,3 45 hWB6z1 D 600 182000 466 809 42,2 46 hWB7z1 A 700 177000 526 818 40 36 hWB725z1 D 725 160000 477 747 37,2 38 Tabelle A. 3: Übersicht der (Warm-)zugversuche am Alloy 263 A.3 Ergebnisse Zeitstandversuche Probennr. Abschnitt Temperatur Spannung Zeit Dehnung Status T / ◦C σ / MPa t / h ε / % IfW Darmstadt - Schmelze 922186 hWA7z2 A 700 295 208 2,76 gebrochen hWA7z3 A 700 230 1926 1,92 gebrochen hWA7z4 A 700 200 2656 2,45 gebrochen hWA7z5 A 700 170 6580 1,91 gebrochen hWA7z6 A 700 145 10725 3,08 gebrochen hWA7z7 B 700 230 5046 3,75 gebrochen hWA725z2 A 725 170 13010 13,38 gebrochen MPA Stuttgart - Schmelze 316000 ZH17.1 - 700 230 7293 7,79 gebrochen ZH17.2 - 700 200 9268 0,76 laufend ZH17.3 - 700 145 7874 0,08 laufend Tabelle A. 4: Zeitstandversuche am Grundwerkstoff Alloy 617 mod. A.3 Ergebnisse Zeitstandversuche III Probennr. Abschnitt Temperatur Spannung Zeit Dehnung Status T / ◦C σ / MPa t / h ε / % IfW Darmstadt - Schmelze 413768 hWB7z2 A 700 465 183 25,15 gebrochen hWB7z3 A 700 370 2030 32,81 gebrochen hWB7z4 A 700 327 9502 38 gebrochen hWB7z5 A 700 281 17022 29,6 gebrochen hWB7z6 A 700 239 14976 0,32 laufend hWB725z2 A 725 290 2982 47,9 gebrochen Tabelle A. 5: Zeitstandversuche am Grundwerkstoff Alloy 263 IV Anhang A.4 Ergebnisse Ermüdungsversuche Institution Probennr. Abschnitt Temperatur Dehnrate Dehnungsamplitude Haltezeit Zug/Druck Anrisszyklenzahl T / ◦C ε˙ / % min−1 εa / % tHZ / min NA5 % / - IWM RTd1C2 A 20 6 0,6 0 2807 IWM RTd11B2 A 20 6 0,9 0 539 IWM 2d1A2 A 200 6 0,9 0 666 IfW hWA4d2 B 400 6 0,775 0 1087 IfW hWA4d1 B 400 6 0,8 0 805 MPA LH17.5 - 400 6 0,9 0 271 IWM 4d2C2 A 400 6 0,9 0 540 IWM 6d12B2 A 600 6 0,3 0 3522 IfW hWA6d3 B 600 6 0,325 0 3328 MPA LH17.4 - 600 6 0,5 0 980 IWM 6d2A2 A 600 6 0,5 0 1237 IfW hWA6d2 B 600 6 0,55 0 977 IfW hWA6d1 B 600 6 0,8 0 345 IWM 65d3C2 A 650 6 0,3 0 2739 MPA LH17.1 - 650 6 0,5 0 704 IWM 65d13B2 A 650 6 0,5 0 1121 IWM 65d3A2 A 650 6 0,6 0 525 IfW hWA7d4 B 700 6 0,16 0 33007 IWM 7d4C2 A 700 6 0,2 0 9887 IfW hWA7d3 A 700 6 0,325 0 1860 MPA LH17.2 - 700 6 0,4 0 1231 IWM 7d14B2 A 700 6 0,4 0 1008 IfW hWA7d2 A 700 6 0,5 0 680 IWM 7d4A2 A 700 6 0,6 0 490 IfW hWA7d1 A 700 6 0,6 0 517 IWM 725d5C2 A 725 6 0,2 0 8122 IfW hWA725d3 B 725 6 0,225 0 4486 IfW hWA725d2 B 725 6 0,35 0 991 IWM 725d15B2 A 725 6 0,4 0 856 IfW hWA725d1 B 725 6 0,6 0 415 Tabelle A. 6: LCF-Versuche mit ε˙=6 % min−1 am Alloy 617 mod. A.4 Ergebnisse Ermüdungsversuche V Institution Probennr. Abschnitt Temperatur Dehnrate Dehnungsamplitude Haltezeit Zug/Druck Anrisszyklenzahl T / ◦C ε˙ / % min−1 εa / % tHZ / min NA5 % / - IWM RTd1A2 A 20 6 0,6 0 5028 IWM RTd11B2 A 20 6 0,9 0 1245 IWM 2d1C2 A 200 6 0,9 0 580 IfW hWB4d3 B 400 6 0,435 0 4577 IfW hWB4d1 B 400 6 0,8 0 602 IWM 4d2A2 A 400 6 0,9 0 306 IWM 6d12B2 A 600 6 0,3 0 3931 IfW hWB6d3 B 600 6 0,325 0 7310 IWM 6d2C2 A 600 6 0,5 0 1127 IfW hWB6d2 B 600 6 0,55 0 1529 IfW hWB6d1 B 600 6 0,8 0 354 IWM 65d3A2 A 650 6 0,3 0 7763 IWM 65d13B2 A 650 6 0,5 0 1769 IWM 65d3C2 A 650 6 0,6 0 1108 IfW hWB7d4 B 700 6 0,16 0 396013 IfW hWB7d3 A 700 6 0,325 0 5187 IWM 7d14B2 A 700 6 0,4 0 2076 IfW hWB7d2 A 700 6 0,5 0 1291 IfW hWB7d1 A 700 6 0,6 0 956 IWM 7d4C2 A 700 6 0,6 0 821 IWM 72d15B2 A 720 6 0,4 0 1665 IfW hWB725d3 B 725 6 0,225 0 26773 IfW hWB725d2 B 725 6 0,35 0 3154 IfW hWB725d1 B 725 6 0,6 0 803 Tabelle A. 7: LCF-Versuche mit ε˙=6 % min−1 am Alloy 263 VI Anhang Institution Probennr. Abschnitt Temperatur Dehnrate Dehnungsamplitude Haltezeit Zug/Druck Anrisszyklenzahl T / ◦C ε˙ / % min−1 εa / % tHZ / min NA5 % / - IfW hWA7dh2 B 700 6 0,3 10 936 IfW hWA7dh1 B 700 6 0,45 10 596 IWM 72d18B2 A 720 0,03 0,3 0 278 IWM 72d8A2 A 720 0,03 0,5 0 115 IWM 65d7C2 A 650 0,06 0,5 0 357 IWM 65d17B2 A 650 0,06 0,6 0 239 IWM 7d7A2 A 700 0,06 0,3 0 1151 IWM 72d15C2 A 720 0,06 0,3 0 715 IWM 72d13A2 A 720 0,06 0,5 0 157 IWM 65d5A2 A 650 0,6 0,5 0 838 IWM 65d6C2 A 650 0,6 0,6 0 713 IWM 7d16B2 A 700 0,6 0,3 0 1549 IWM 7d6A2 A 700 0,6 0,5 0 495 IWM 72d14C2 A 720 0,6 0,3 0 1459 IWM 72d14A2 A 720 0,6 0,5 0 502 Tabelle A. 8: LCF-Versuche mit Haltezeiten bzw. langsamen Dehnraten am Alloy 617 mod. Institution Probennr. Abschnitt Temperatur Dehnrate Dehnungsamplitude Haltezeit Zug/Druck Anrisszyklenzahl T / ◦C ε˙ / % min−1 εa / % tHZ / min NA5 % / - IfW hWB7dh2 B 700 6 0,3 10 1992 IfW hWB7dh1 B 700 6 0,45 10 737 IWM 65d7C2 A 650 0,06 0,5 0 517 IWM 65d8A2 A 650 0,06 0,6 0 381 IWM 7d18B2 A 700 0,06 0,4 0 1073 IWM 72d9A2 A 720 0,06 0,4 0 600 IWM 72d10A2 A 720 0,06 0,6 0 152 IWM 65d5C2 A 650 0,6 0,5 0 946 IWM 65d6A2 A 650 0,6 0,6 0 636 IWM 7d16B2 A 700 0,6 0,4 0 1514 IWM 7d6C2 A 700 0,6 0,6 0 477 IWM 72d7A2 A 720 0,6 0,4 0 1272 IWM 72d17B2 A 720 0,6 0,5 0 843 Tabelle A. 9: LCF-Versuche mit Haltezeiten bzw. langsamen Dehnraten am Alloy 263 A.5 Parameter der Manson-Coffin-Auswertung VII A.5 Parameter der Manson-Coffin-Auswertung Temperatur Alloy 617 mod. Alloy 263 T / ◦C σ ∗ B E / - b / - ε ∗ B / - c - σ∗B E / - b / - ε ∗ B / - c - 400 0,00754 -0,134 0,15589 -0,514 0,00581 -0,077 0,12536 -0,530 600 0,00754 -0,135 0,15589 -0,615 0,00581 -0,090 0,12536 -0,567 650 0,00696 -0,135 0,15589 -0,627 0,00581 -0,090 0,12536 -0,567 700 0,00591 -0,135 0,15589 -0,643 0,00476 -0,090 0,12536 -0,567 725 0,00591 -0,135 0,15589 -0,672 0,00476 -0,090 0,12536 -0,567 Tabelle A. 10: Zusammenstellung der Manson-Coffin-Parameter Temperatur Alloy 617 mod. Alloy 263 T / ◦C A / - B / - C / - D - A / - B / - C / - D - 400 2326,32 3,81 916,42 1,62 1062,43 6,58 1769,05 2,65 600 250,96 5,34 870,57 2,26 334,37 6,63 1150,25 2,65 650 149,28 5,40 737,26 2,26 334,37 6,63 1150,25 2,65 700 57,52 5,45 561,17 2,26 102,95 6,63 936,96 2,68 725 37,74 5,70 455,45 2,26 102,95 6,63 936,96 2,68 Tabelle A. 11: Zusammenstellung der Parameter zur Bestimmung der Anrisszyklenzahlen A.6 Parameter der Ramberg-Osgood-Auswertung Werkstoff Temperatur E-Modul Verfestigungskoeffizient Verfestigungsexponent T / ◦C E / MPa K’ / MPa n’ / - A617 mod. 650 169500 1621 0,196 A617 mod. 700 166000 1520 0,196 A263 650 180000 2359 0,227 A263 700 176000 1468 0,173 Tabelle A. 12: Ramberg-Osgood-Parameter zur Beschreibung der zyklischen Fließkurve bei Na/2 VIII Anhang A.7 Parameter zur Bestimmung der Bruchzeit und -dehnung Parameter Bruchzeit Parameter Bruchdehnung Alloy 617 mod. Alloy 263 Alloy 617 mod. Alloy 263 all HWT II DE4, HWT II all HWT II DE4, HWT II C 16,17 -15,88 18,67 ADE 24,6 2,22 1087902,68 m 0,8 0,9 0,2 pDE 15220,7 15218,8 1273,76 B1 23,52 -11,11 26,70 nDE 0,53 0 0,36 B2 -0,07436 0,003459 1,54 mDE 2,85 3,84 2,28 B3 0,0002416 -0,0000948 -0,9867 Tabelle A. 13: Zusammenstellung der Parameter zur Bestimmung der Bruchzeit bzw. -dehnung A.8 Parameter des CNOW-Modells IX A.8 Parameter des CNOW-Modells T / ◦C 400 600 650 700 725 E / MPa 188000 173000 169500 166000 163750 ν / - 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 αth / K−1 0,0000136 0,000014 0,0000144 0,0000148 0,00001495 Parameter für vorwiegend hohe Beanspruchungen K1 32 25 25 25 25 n1 15 15 15 15 15 k 310 244 244 244 244 a11 85 85 120 120 120 c11 450 935 950 1250 1250 m11 1 1 1 1 1 φ11 0 0 0 0 0 d11 0 0 0 0 0 β11 0 0 0 0,002 0,002 r11 1 1 1 1 1 a12 19 19 20 20 20 c12 217 217 220 220 220 m12 1 1 1 1 1 φ12 0 0 0 0 0 d12 0 0 0 0 0 β12 0 0 0 0 0 r12 1 1 1 1 1 b 0,19 1,25 1,5 25 25 Q 135 105 85 40 40 Ω 1,095 1,095 1,095 1,095 1,095 α1 1,15 2,48 2,48 2,48 2,48 γ 0,55 0,41 0,33 0,33 0,32 Parameter für vorwiegend niedrige Beanspruchungen „Kriechanpassung all “ K2 306523,77 229892,83 183914,26 10193,77 7895,16 n2 3 3 3 4,82 4,82 a21 146 146 146 105,13 94,98 c21 967 967 967 586,94 586,94 λ 13296,02 13296,02 13296,02 9786,42 7626,57 α2 1 1 1 0,17 0,17 r 5,5 5,5 5,5 4,69 4,69 „Kriechanpassung HWT II “ K2 306523,77 229892,83 183914,26 31143,41 21580,64 n2 3 3 3 4,13 4,13 a21 146 146 146 175,60 233,60 c21 649,75 649,75 649,75 649,75 901,24 λ 4935,50 4935,50 4935,50 8684,43 14384,95 α2 1 1 1 4,66 4,73 r 7 7 7 4,72 3,83 Tabelle A. 14: Modellparameter des CNOW-Modells für den Alloy 617 mod. X Anhang T / ◦C 400 600 650 700 725 E / MPa 198000 184000 180000 176000 173250 ν / - 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 αth / K−1 0,000013 0,0000141 0,0000145 0,0000149 0,00001515 Parameter für vorwiegend hohe Beanspruchungen K1 30 25 25 25 25 n1 15 15 15 15 15 k 360 330 330 305 280 a11 70,75 72,91 72,91 76,67 89,67 c11 8062,97 8062,97 7062,97 7062,97 7062 m11 1 1 1 1 1 φ11 0 0 0 0 0 d11 0 0 0 0 0 β11 0 0 0,0006 0,0011 0,0023 r11 1 1 1 1,1 1,1 a12 99,55 87,08 79,88 79,88 79,88 c12 558,5 558,5 529,15 529,15 529,15 m12 1 1 1 1 1 φ12 0 0 0 0 0 d12 0 0 0 0 0 β12 0 0 0 0 0 r12 1 1 1 1 1 b 0,25 40 40 40 40 Q 180 90 55 55 55 Ω 3,15 1,41 1,095 1,095 1,095 α1 2,48 2,48 2,48 2,48 2,48 γ 0,355 0,355 0,355 0,355 0,41 Parameter für vorwiegend niedrige Beanspruchungen Kriechanpassung DE4, HWT II K2 306523,77 229892,83 183914,26 3116,09 2778,21 n2 3 3 3 9,02 9,03 a21 68 68 68 68,50 304,21 c21 967 967 967 782,07 128,94 λ 4967,92 4967,92 4967,92 5252,49 5793,59 α2 1 1 1 0,14 0,05 r 9 9 9 6,27 5,46 Tabelle A. 15: Modellparameter des CNOW-Modells für den Alloy 263