Aktuelles Ministerpräsident Teufel am RUS F. Rainer Klank / Ulrich Lang / Andreas Rozek Nutzen für Wissenschaft und Wirtschaft Neue Dimension der Zusammenarbeit mit der Industrie Modellcharakter Das technisches Konzept der neuen Rechner und Daten des Höchstgeschwindigkeitsdatennetzes Videokonferenz mit Cray Research und NEC Softwarezentrum nach Stuttgart Die technische Seite Präsentation von industriellen Anwendungsszenarien Ministerpräsident Teufel am RUS F. Rainer Klank / Ulrich Lang / Andreas Rozek Durch die Beschaffung neuer Höchstleistungsrechner - einer zukunftsträchtigen Kombination aus Vektor- und Parallelrechner - rücke Baden-Württemberg im Supercomputing an die europäische Spitze auf, so der offizielle Pressetext des Staatsministeriums Baden-Württemberg. Anläßlich des Vertragsabschlusses für den Kauf der Cray-Nachfolgerechner stellte Ministerpräsident Erwin Teufel auf der Landespressekonferenz am 30. Januar 1996 am RUS das Konzept der Landesregierung für das Bundesrechenzentrum und das Hochgeschwindigkeitsdatennetz vor. In dem neuen Zentrum seien Rechnungen höchster Komplexität in bisher nicht gekannter Geschwindigkeit möglich... "Wir schaffen sowohl für Universitäten und Forschungseinrichtungen als auch für die Wirtschaft eines der leistungsfähigsten Rechenzentren Europas. Das neue Datenkommunikationsnetz schafft die Voraussetzungen, mit dem Zentrum über höchstleistungsfähige Datenleitungen von Rechner zu Rechner zusammenzuarbeiten", unterstrich der baden-württembergische Regierungschef in seiner Rede. Die jetzt angeschafften Rechner der ersten Beschaffungsstufe kosten 30 Millionen DM; insgesamt seien für das Bundesrechenzentrum Rechnerbeschaffungen für 70 Millionen DM vorgesehen. Der Bund trage jeweils die Hälfte der Anschaffungskosten, da Hochschulen aus der ganzen Bundesrepublik die Rechner kostenfrei mitnutzen können. In das Hochgeschwindigkeitsdatennetz, das die Firma Communikationsnetze Südwest (CNS), Tochter von Badenwerk und Energie-Versorgung Schwaben (EVS), betreibt, stecke das Land 42 Millionen DM. Durch die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft entstehe ein Rechenzentrum, dessen Kapazität wesentlich über das hinausgehe, was zwei getrennte Rechenzentren von Land und Wirtschaft bei gleichen Kosten leisten könnten, so die Pressemitteilung. Der Ministerpräsident verwies darauf, daß die aktuelle Entscheidung für die Firmen Cray und NEC für Stuttgart im Zusammenhang mit der Entscheidung für einen IBM-Rechner in Karlsruhe gesehen werden müsse. Gerade in dieser Verbindung werde es gelingen, den technologischen Kompetenzvorsprung Baden-Württembergs zu sichern. In Karlsruhe wurde am 01. Februar 1996 ein IBM-Höchstleistungsrechner für 3,5 Millionen DM in Betrieb genommen. Ministerpräsident Erwin Teufel bezeichnete die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft als ein "wichtiges Element der Zukunftsstrategie für Baden-Württemberg". Durch die Bündelung der Kräfte von Staat und Wirtschaft sei sichergestellt, daß das Bundesrechenzentrum in Stuttgart technisch für viele Jahre auf dem neuesten Stand bleibe. An der Pressekonferenz nahmen auch Wissenschaftsminister Klaus von Trotha, die Rektorin der Universität Stuttgart, Prof. Heide Ziegler und von der Industrie Prof. Barth (Daimler-Benz), Walter Gnauert (Porsche) sowie Wilfried Steuer (CNS) teil. Ministerpräsident Erwin Teufel & Wissenschaftsminister Klaus von Trotha (Foto: Heinz Mayer) Nutzen für Wissenschaft und Wirtschaft Nach den Worten von Wissenschaftsminister Klaus von Trotha werden beide Rechner von der im Sommer 1995 gegründeten HWW (Höchstleistungsrechner für Wissenschaft und Wirtschaft Betriebsgesellschaft mbH) betrieben werden und damit Wissenschaft und Industrie gleichermaßen zur Verfügung stehen. Gesellschafter sind neben dem Land Baden-Württemberg, das 25 Prozent des Stammkapitals hält, die Universität Stuttgart mit ebenfalls 25 Prozent, die debis Systemhaus GmbH mit 40 Prozent und die Porsche AG mit zehn Prozent. Diese Zusammenarbeit war für NEC und Cray so interessant, daß besonders günstige Angebote erzielt werden konnten. Mit diesen Rechnern, läßt das Staatsministerium weiter verlauten, wird die HWW nach derzeitigem Stand an der Spitze in Europa stehen und zu den leistungsfähigsten Rechenzentren der Welt gehören. Zur optimalen Nutzung der Rechner werden der Industriestandort Stuttgart-Untertürkheim und der Universitätsstandort Stuttgart-Vaihingen durch eine Glasfaserleitung verbunden, so daß von beiden Seiten optimal zugegriffen werden kann. Neue Dimension der Zusammenarbeit mit der Industrie Prof. Gerhard Barth vom Daimler-Benz-Forschungszentrum Ulm wertete die Zusammenarbeit von Industrie und Land als "gute Basis für weitere Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in Baden-Württemberg". Die Zusammenarbeit mit staatlichen Forschungseinrichtungen werde erweitert. Einen ersten Schwerpunkt in der Zusammenarbeit sieht Daimler-Benz in der rechnersimulierten Weiterentwicklung von Verbrennungsmotoren. Porsche verspricht sich von dem leistungsfähigen Rechenzentrum vor allem "eine weitere Verkürzung der Entwicklungszeiten, da gerade die aufwendigen Crashsimulationen schneller und auf höherem Niveau durchgeführt werden können". Finanzvorstand Walter Gnauert betonte weiter, durch die Kooperation mit dem Land werde der Entwicklungsstandort Deutschland gestärkt und die internationale Wettbewerbsfähigkeit zunehmen. Der Vorstandsvorsitzende der EVS, Wilfried Steuer, hob die Bedeutung des Landeshochschulnetzes für die Weiterentwicklung von Wissenschaft und Forschung im Land und damit für die Sicherung des Wirtschaftsstandortes Baden-Württemberg hervor. "Die Leistungsfähigkeit von Badenwerk und EVS zum Aufbau des Landeshochschulnetzes ist gewährleistet", sagte Steuer. Die CNS werde bis spätestens Mitte dieses Jahres eine Referenzstrecke zwischen EVS, Badenwerk und den Universitäten Karlsruhe und Stuttgart aufbauen, ab September 1997 werde das gesamte Universitätsnetz in den Probebetrieb gehen und 1998 sei die Freigabe der 155 Megabit-Strecken sowie der Strecken zu den Fachhochschulen geplant. Rektorin Prof. Heide Ziegler mit Ministerpräsident Erwin Teufel (Foto: Heinz Mayer) Modellcharakter Mit den beiden neuen Höchstleistungsrechnern können die im Jahr 1986 mit der CRAY-2 begonnenen erfolgreichen Arbeiten der Universität Stuttgart auf dem Gebiet der Simulation mit Höchstleistungsrechnern kontinuierlich fortgeführt werden. Rektorin Prof. Ziegler wertete die neue Ausstattung für das Bundesrechenzentrum als "Anerkennung der Kompetenz der Universität Stuttgart auf dem Gebiet des Supercomputing und gleichzeitig als Verpflichtung, diese Kompetenz weiter auszubauen und Forschungseinrichtungen in Wissenschaft und Industrie in ganz Deutschland, vor allem aber in Baden-Württemberg zugänglich zu machen". Bedeutsam sei auch die in dem Gesellschaftsmodell der HWW dokumentierte Art der Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Die Rektorin bezeichnete dies "als neuartigen Ansatz zur effizienten Nutzung von Höchstleistungsrechnern mit Modellcharakter für andere Universitäten in Deutschland und darüber hinaus". Die Industrie brauche Höchstleistungsrechner zur schnelleren Entwicklung und Optimierung ihrer Produkte, die Erarbeitung entsprechender Simulationsverfahren sei jedoch Gegenstand wissenschaftlicher Forschung. Dabei müsse man auch berücksichtigen, daß hohe Rechenleistung nur dann nützlich sei, wenn sie effizient an den Arbeitsplatz des Entwicklers oder Forschers gebracht werde. Hierfür benötige man schnelle Netze, wie sie von der CNS bereitgestellt wurden, sowie Höchstleistungs-Workstations und die entsprechende Rechnerstruktur. Auf diesem Gebiet arbeite die Universität Stuttgart schon seit vielen Jahren mit IBM zusammen. Die Universität plane, diese Kooperation fortzusetzen. Das technisches Konzept der neuen Rechner und Daten des Höchstgeschwindigkeitsdatennetzes Beschafft wird ein Parallelrechner Cray T3E/512 mit 61 GB Hauptspeicher und einer theoretischen Gesamtleistung von 307 Gigaflop/s sowie ein Vektorrechner NEC SX-4/32 mit 8 GB Hauptspeicher bei einer maximalen Gesamtleistung von 64 Gigaflop/s. Die Entscheidung für diese zukunftsträchtige Kombination war Ende 1995 gefallen, im Juni 1996 werden die neuen Rechner geliefert. Das Höchstgeschwindigkeitsdatennetz ergänzt das vor neun Jahren eingerichtete Landesforschungsnetz BelWü mit einer durchschnittlichen Ü bertragungsleistung von 2 Mbit/s bei den Universitäten sowie 64 Kbit/s bei den Fachhochschulen. Diese Ü bertragungsleistung wird nun um den Faktor 2.400 auf 155 Mbit/s im ATM-Standard ausgebaut. Videokonferenz mit Cray Research und NEC Softwarezentrum nach Stuttgart Nach der anfänglichen, für eine Landespressekonferenz üblichen, Befragung des Ministerpräsidenten zu aktuellen landes- und bundespolitischen Themen durch die anwesenden Journalisten wurden zwei ISDN-Videokonferenzen, zu Cray Research in Minneapolis und zu NEC in Tokyo, geschaltet. Im Verlauf der Konferenz würdigte der Vorstandsvorsitzende von Cray Research, Phil J. Samper, die langjährige Partnerschaft zwischen der Universität Stuttgart und ihren Industriepartnern. Er verwies als Beispiel auf ein von der Europäischen Union gefordertes Projekt zur "Simulation von Verbrennungsvorgängen in Motoren auf Parallelrechnern", in dem die Universität Stuttgart, Cray Research und mehrere europäische Industriepartner zusammenarbeiten. Der Präsident von NEC, Masao Toka, kündigte Ministerpräsident Erwin Teufel die im Zusammenhang mit der Beschaffung der neuen Rechner geplante Einrichtung eines europäischen Softwarezentrums von NEC in der Region Stuttgart an. Die technische Seite Zwei PictureTel-Systeme für Videokonferenzen nach dem H.320-Standard wurden über eine SEL-Nebenstellenanlage vom Typ 4220 mit dem ISDN-Netz der Telekom verbunden. Da die Gegenstelle bei Cray Research an einem schnellen Datennetz angeschlossen war, wurde mit Sprint ein amerikanischer Service Provider zwischengeschaltet, der die erforderliche Protokollumsetzung vornehmen konnte. Die Verbindung zu NEC wurde dagegen durchgängig über normale Telefonleitungen geschaltet. Die mit sechs ISDN B-Kanälen zu Cray Research erzielte Bandbreite (äquivalent zu der gleichen Anzahl normaler Telefonverbindungen) erlaubte eine flüssige Videokonferenz von hoher Qualität im Hinblick auf die Audio- und Videoübertragung. Gleichermaßen interessant war jedoch auch die Verbindung nach Tokyo, die zeigte, daß bereits mit zwei B-Kanälen (wie Sie jeder private Nutzer bei der Telefonumstellung auf ISDN geschaltet bekommt) eine durchaus akzeptable Qualität zu erzielen ist. Hierfür ist dann auch nicht mehr unbedingt ein spezielles Videokonferenzsystem erforderlich: Ein einfacher PC mit spezieller Hardware für die Codierung und Decodierung nach H.320 ist vollkommen ausreichend. Die folgende Abbildung zeigt die prinzipielle Verschaltung der dabei eingesetzten Komponenten: Verbindungen der ISDN-Videokonferenz Die auf den großen Bildschirmen der PictureTel-Systeme zu sehenden Bilder wurden für die Anwesenden zusätzlich auf eine Großbildleinwand projiziert: Gesamtaufbau der Videkonferenz-Anlagen Präsentation von industriellen Anwendungsszenarien Mittels 3D-Visualisierungen auf einer Stereoprojektionsleinwand wurde zunächst die baden-württembergische Netzstruktur dargestellt. Bei den anschließenden Präsentationen wurden Beispiele aus laufenden Kooperationsprojekten des RUS mit der Industrie vorgestellt. Im Rahmen des Sonderforschungsbereiches 374 "Entwicklung und Erprobung innovativer Produkte (Rapid Prototyping)" arbeitet die Universität Stuttgart eng mit der Daimler Benz Forschung zusammen. Von der Daimler Benz Forschung (Dr. Breitling, Untertürkheim) wurden die Ergebnisse einer Simulation zur Klimaauslegung eines Fahrzeuginnenraumes zur Verfügung gestellt. Sie dienen der Beurteilung und Verbesserung des Wohlbefindens der Passagiere in einem PKW. In der nachfolgenden Abbildung sind verschiedene Darstellungsmethoden für die Temperaturverteilung im Innenraum gewählt. Die Darstellung auf einer Stereoprojektionsleinwand erlaubt das schnellere Erfassen komplexer Zusammenhänge. Durch eine direkte Kopplung der Visualisierungsworkstation mit den Höchstleistungsrechnern wird es in Zukunft möglich sein unmittelbar in laufende Simulationen einzugreifen und somit die Behandlung von Problemstellungen durch Simulationen weiter zu beschleunigen. Fahrzeuginnenraumumströmung In einer weiteren Präsentation wurden Ergebnisse aus dem ESPRIT-Projekt ADONNIS demonstriert. Dazu wurde eine Online-Verbindung über die nationale und europäische ATM-Netzinfrastruktur zwischen Daimler Benz Aerospace Airbus (Bremen), ONERA (französische Luft- und Raumfahrtforschung, Paris) und dem Rechenzentrum der Universität Stuttgart (RUS) geschaltet. Im Projektrahmen wurden kooperative Arbeitsmethoden bei der Auswertung von Simulationen im Flugzeugdesign durch das RUS entwickelt und bei den Projektpartnern eingeführt. Ingenieure von Daimler Benz Aerospace Airbus und von ONERA diskutierten zusammen mit einem RUS-Mitarbeiter die Umströmung eines Flugzeugtragflügels. Bildschirmabzug kooperative Arbeitssitzung ONERA, DBAA, RUS Die Teilnehmer der Landespressekonferenz konnten auf einer Stereoprojektionsleinwand die dreidimensionale Darstellung der Flugzeuggeometrie sowie deren Einfärbung gemäß Druckverteilung an der Oberfläche verfolgen. Ü ber die gleichzeitige Videokonferenzschaltung waren alle beteiligten Partner auf der Leinwand zu sehen. Im Anschluß wurden über die Videokonferenzschaltung Grußworte zwischen dem Leiter des ONERA-Supercomputerzentrums und Prof. Rühle als Moderator der Demonstrationen ausgetauscht. Mit Fragen zu den Anwendungsszenarien oder der Videokonferenz wenden Sie sich bitte an: Dr. Ulrich Lang, NA-5995 E-Mail: u.lang@rus.uni-stuttgart.de Andreas Rozek, NA-4514 E-Mail: rozek@rus.uni-stuttgart.de