ABHANDLUNG https://doi.org/10.1007/s11615-022-00434-2 Politische Vierteljahresschrift (2023) 64:269–292 Frauen in der lokalen Politik und kommunale Wahlbeteiligung. Ein Fall für deskriptive Repräsentation? Simon Stocker Eingegangen: 16. März 2022 / Überarbeitet: 7. Oktober 2022 / Angenommen: 10. Oktober 2022 / Online publiziert: 2. November 2022 © Der/die Autor(en) 2022 Zusammenfassung Diese Studie präsentiert neue empirische Evidenz für die Argu- mente feministischer Theoretiker*innen, welche die Notwendigkeit deskriptiver Re- präsentation von Frauen unterstreichen. Anhand eines neuartigen Datensatzes wird die Wirkung der Präsenz von Frauen in lokalpolitischen Ämtern auf die Beteiligung bei Ratswahlen in Baden-Württemberg untersucht. Die Analyse von Längsschnitt- daten zwischen 1999 und 2019 zeigt, dass die Präsenz von Bürgermeisterinnen eine positive Wirkung auf die Beteiligungsquote bei Gemeinderatswahlen hat. Da- rüber hinaus zeigt sich, dass auch die Offenheit der Wähler*innen für Frauen in politischen Ämtern eine Rolle spielt. Vor allem für Parteien im linken politischen Spektrum spielt emanzipatorische und solidarische Politik und somit Geschlechter- ausgleich eine wichtige Rolle. In den Gemeinden, in denen die Grünen und die Linkspartei bei der Bundestagswahl höhere Stimmanteile erreichen, ist der positive Effekt deskriptiver Repräsentation von Frauen auf die Wahlbeteiligung größer. So- wohl die Präsenz von Bürgermeisterinnen als auch der Frauenanteil im Gemeinderat haben im Zusammenspiel mit der approximierten Offenheit der Wähler*innen für Politikerinnen einen positiven Effekt auf die Höhe der Wahlbeteiligung. Der positive Effekt der Präsenz von Frauen in lokalpolitischen Ämtern auf die kommunale Wahl- beteiligung wird durch die Offenheit der Wähler*innen gegenüber Politikerinnen moderiert. Schlüsselwörter Deskriptive Repräsentation · Frauen · Wahlbeteiligung · Lokale Demokratie · Politische Partizipation � Simon Stocker Institut für Sozialwissenschaften, Universität Stuttgart, Stuttgart, Deutschland E-Mail: simon.stocker@sowi.uni-stuttgart.de K https://doi.org/10.1007/s11615-022-00434-2 http://crossmark.crossref.org/dialog/?doi=10.1007/s11615-022-00434-2&domain=pdf http://orcid.org/0000-0001-5069-8898 270 S. Stocker Women in Local Politics and Municipal Voter Turnout. A Case for Descriptive Representation? Abstract This study presents new empirical evidence for the arguments of femi- nist theorists that underline the need for descriptive representation of women. Using a novel data set, this paper examines the effect of women’s presence in local polit- ical office on turnout in council elections in Baden-Württemberg. The analysis of longitudinal data between 1999 and 2019 shows that the presence of female mayors has a positive effect on the participation rate in council elections. Furthermore, the openness of voters to women in political office also plays a role. Especially for par- ties on the left of the political spectrum, emancipatory and solidarity-based politics, and thus gender balance, play important roles. In municipalities where the Greens and the Left Party achieve higher vote shares in federal elections, the positive effect of descriptive representation of women on voter turnout is greater. In combination with the approximated openness of female voters to female politicians, both the presence of female mayors and the proportion of women in the municipal councils have a positive effect on the level of voter turnout. The positive effect of the presence of women in local political office on turnout is moderated by the openness of voters to female politicians. Keywords Descriptive representation · Women · Voter turnout · Local democracy · Political participation 1 Einleitung In den vergangenen Jahren konnte in einigen empirischen Studien Evidenz für die Argumente feministischer Theoretiker*innen präsentiert werden, welche die Bedeu- tung der Präsenz von Frauen in politischen Ämtern betonen (siehe z.B. Phillips 1998; Mansbridge 1999; Dovi 2007). Unter anderem konnten positive Effekte auf das politische Interesse, Wissen, Vertrauen und die Efficacy von Frauen nachge- wiesen werden (siehe beispielhaft Wolbrecht und Campbell 2007; Atkeson 2003; Dassonneville und McAllister 2018 sowie Schwindt-Bayer und Mishler 2005). Ein- deutige Evidenz dafür, dass die gesteigerte Präsenz von Frauen in politischen Ämtern zu einer Steigerung der Wahlbeteiligung – der wichtigsten Form der politischen Par- tizipation in Demokratien – führt, fehlt bisher jedoch (siehe hierzu Wolak 2020; Bühlmann und Schädel 2012; Norris und Krook 2009). Die vorliegende Studie ist die erste empirische Analyse, die den Einfluss der Präsenz von Frauen in politischen Ämtern auf die Wahlbeteiligung im Längsschnitt untersucht. Vorhandene Beiträge stützen sich vor allem auf gepoolte Zeitreihendaten oder arbeiten ländervergleichend.1 Die mittels gepoolter Zeitreihendaten geschätz- 1 Siehe beispielsweise Norris und Krook (2009) oder Bühlmann und Schädel (2012). Ausnahmen stellen lediglich die Arbeiten von Barnes und Buchard (2013) und Alexander (2012) dar. Diese fokussieren jedoch nicht die Auswirkungen deskriptiver Repräsentation von Frauen auf die Wahlbeteiligung, sondern andere Formen der politischen Partizipation bzw. die Politikerinnen zugeschriebene Kompetenz. K Frauen in der lokalen Politik und kommunale Wahlbeteiligung. Ein Fall für deskriptive... 271 ten Effekte können jedoch ebenso wie auf Querschnittsdaten beruhende Schätzer durch unbeobachtete Heterogenität verzerrt sein, was Kausalschlüsse höchst unsi- cher macht (Brüderl 2010, S. 965–967). Auch bei vorhandenen ländervergleichenden Studien können externe Einflüsse – die aus den verschiedenen nationalen Rahmenbe- dingungen resultieren – zur Schätzung verzerrter Effekte führen. Die hier verwende- ten Längsschnittdaten2 bieten das Potenzial einer fundierteren Überprüfung kausaler Hypothesen (Giesselmann und Windzio 2014, S. 97). Die Verwendung des Fixed- Effects-Schätzers ermöglicht durch die Eliminierung des beobachtungsspezifischen Fehlers die vollständige Kontrolle zeitkonstanter Verzerrungen (Brüderl und Ludwig 2015, S. 328–329; Giesselmann und Windzio 2014, S. 97). Der Fokus liegt im Rah- men dieser Arbeit auf den Akteur*innen der lokalen politischen Ebene, die Analyse bezieht sich auf 1101 baden-württembergische Gemeinden zwischen 1999 und 2019. Durch ihre Nähe berühren lokalpolitische Akteur*innen die Lebenswirklichkeit der Bürger*innen unmittelbar. Im Unterschied zu ländervergleichenden Analysen auf Makroebene ist bei der Betrachtung der lokalen Ebene außerdem die Anzahl der verfügbaren Untersuchungseinheiten deutlich größer.3 Die Ergebnisse zeigen, dass die vorausgehende Erfahrung mit Bürgermeisterinnen in Gemeinden zu einer Steigerung der lokalen Beteiligungsquote bei den Ratswahlen führt. Der Frauenanteil im Gemeinderat hat außerdem dort einen positiven Effekt auf die Wahlbeteiligung, wo linke Parteien bei der Bundestagswahl höhere Stimmanteile erreicht haben. Aus den aggregierten Stimmanteilen linker Parteien wie der Grünen und der Linkspartei bei den Bundestagswahlen lässt sich aufgrund deren höherer Sensibilität für die Rechte von Frauen, Migrant*innen und sexuelle Minderheiten eine gewisse Offenheit der Wähler*innen für Frauen in politischen Ämtern ableiten. Dies legt nahe, dass neben der Steigerung der Präsenz von Politikerinnen außerdem deren Akzeptanz durch die Wähler*innen von Bedeutung ist: Die Steigerung der Präsenz von Frauen in der lokalen Politik hat dann einen positiven Effekt auf die Beteiligung an Ratswahlen, wenn sie gleichzeitig mit einer gewissen Offenheit der Wähler*innen für Politikerinnen einhergeht. Im Folgenden wird zunächst ein Über- blick über die bestehende Forschung zur Wirkung deskriptiver Repräsentation von Frauen gegeben. Anschließend werden die Forschungshypothesen formuliert und der verwendete Datensatz vorgestellt, der auf einer neuartigen Zusammenstellung verschiedener Datenquellen beruht. Schließlich werden deskriptive und multivaria- te Ergebnisse diskutiert und abschließend auf einige Beschränkungen der Analyse sowie künftige Forschungsperspektiven hingewiesen. 2 Ich bin den Reviewer*innen sehr dankbar für den Hinweis, dass es sich bei den vorliegenden Daten streng genommen nicht um Paneldaten handelt. Paneldaten erfordern „die wiederholte Messung derselben Variablen an denselben Untersuchungseinheiten“ (Brüderl 2010, S. 963). Da an den Wahlen jedoch unter- schiedliche Personen teilgenommen haben, ist diese Bedingung nicht erfüllt. Der Datensatz wird folglich zurückhaltender als „Längsschnittdatensatz“ und die Analyse als „Analyse von Längsschnittdaten“ be- zeichnet. 3 Eine größere Fallzahl geht einher mit einer größeren statistischen Teststärke und steigert somit die Chance, eine falsche Nullhypothese korrekterweise zu verwerfen und eine richtige Alternativhypothese vorläufig anzunehmen (siehe z.B. Urban und Mayerl 2018, S. 129–144). K 272 S. Stocker 2 Die Wirkungen deskriptiver Repräsentation von Frauen und lokale Demokratie in Deutschland Die zahlreichen vorhandenen empirischen Arbeiten stützen sich auf die Argumente von Repräsentationstheoretiker*innen wie Phillips (1998), Mansbridge (1999) und Dovi (2007). Hierbei wird unter anderem argumentiert, dass die mangelnde Präsenz von Frauen in politischen Ämtern dazu führt, dass Bürgerinnen sich weniger stark politisch engagieren und interessieren. Die Ansätze gehen gleichzeitig davon aus, dass die Präsenz von Repräsentantinnen das Selbstbewusstsein und die Political Efficacy von Frauen steigert (Dovi 2007, S. 307). Hierbei steht die symbolische Dimension von Repräsentation, also die Bedeutung der Repräsentant*innen für die Bürger*innen, im Vordergrund (Pitkin 1967, S. 11). Das Vorbild-Argument besagt, dass es Frauen dazu ermutigen kann, sich politisch zu beteiligen oder selbst eine politische Karriere einzuschlagen, wenn sie Frauen in wichtigen politischen Ämtern sehen (Dovi 2007, S. 307). Wolak (2020) argumen- tiert, dass Politikerinnen eine Signalwirkung auf andere Frauen haben können und ihnen das Gefühl vermitteln, dass ihre Interessen von der Politik gehört werden (Wolak 2020, S. 340). Vorbilder können außerdem die soziale Bedeutung der Re- gierungsfähigkeit („ability to rule“) von gesellschaftlichen Gruppen stärken, deren Regierungsfähigkeit im historischen Kontext angezweifelt wurde (Mansbridge 1999, S. 648). In vorliegenden Forschungsbeiträgen wurden bereits einige Aspekte betrachtet, die positiv durch die Präsenz von Frauen in politischen Ämtern beeinflusst wer- den können. Sapiro und Conover (1997) sowie Hansen (1997) und Atkeson (2003) konnten in ihren Studien Hinweise auf positive Effekte deskriptiver Repräsentation auf das politische Interesse und das Engagement von Frauen im Wahlkampf finden. Norris und Krook (2009) und Bühlmann und Schädel (2012) bestätigen diesen Ef- fekt im Ländervergleich. Wolbrecht und Campbell (2007) konnten zusätzlich zeigen, dass vor allem heranwachsende Frauen von weiblichen Vorbildern profitieren. Rein- gold und Harrell (2010) zeigen darüber hinaus einen Interaktionseffekt zwischen dem Geschlecht und der Parteienkongruenz: Die Chance, eine Frau zu wählen, die gleichzeitig der präferierten Partei angehört, hat eine positive Wirkung auf das politi- sche Engagement von Frauen (Reingold und Harrell 2010, S. 289). Hinsichtlich des politischen Wissens liefern die Studien von Dassonneville und McAllister (2018) sowie Wolak (2020) Hinweise darauf, dass deskriptive Repräsentation von Frauen hier ebenfalls positive Wirkungen entfalten kann. Sapiro und Conover (1997), At- keson (2003) sowie Atkeson und Carrillo (2007) finden teilweise positive Effekte deskriptiver Repräsentation auf die Political Efficacy von Frauen. Die Ergebnisse der Studie von Dolan (2006) deuten jedoch darauf hin, dass dieser Effekt primär auf Parteienkongruenz zurückzuführen sein könnte. Lawless (2004) findet Hinweise da- rauf, dass Frauen zufriedener sind, wenn sie von weiblichen Abgeordneten vertreten werden. Alexander (2012) zeigt, dass es eine wechselseitige Beziehung zwischen der Präsenz von Frauen in Parlamenten und der Frauen zugeschriebenen Fähigkeit zur Ausübung politischer Ämter gibt. Schwindt-Bayer und Mishler (2005) sowie Ulbig (2007) liefern in ihren Untersuchungen außerdem positive Befunde für die Wirkung deskriptiver Repräsentation auf das politische Vertrauen von Frauen. K Frauen in der lokalen Politik und kommunale Wahlbeteiligung. Ein Fall für deskriptive... 273 Zur Wirkung deskriptiver Repräsentation auf die politische Partizipation sind die bisherigen Ergebnisse allerdings nicht eindeutig. Norris und Krook (2009) finden zwar einen positiven Effekt auf das zivilgesellschaftliche Engagement von Frauen in Parteien und anderen Organisationen, auch die Teilnahme an Demonstrationen und die Nutzung von Petitionen wird positiv durch die deskriptive Repräsentation von Frauen beeinflusst (Bühlmann und Schädel 2012). Zur positiven Wirkung auf die Wahlbeteiligung als zentrale Form politischer Partizipation finden sich bisher dagegen keine Hinweise (Wolak 2020; Bühlmann und Schädel 2012; Wolbrecht und Campbell 2007). Im Kontext der Bundesrepublik Deutschland besteht darüber hinaus eine länder- spezifische Forschungslücke. Die bestehende Forschung zu deskriptiver Repräsenta- tion von Frauen konzentriert sich hier primär auf die Beschreibung des Status quo, also die numerische Unterrepräsentation von Frauen in politischen Ämtern (siehe beispielhaft Hin und Eisenreich 2009; Wiechmann und Holtkamp 2011; Holtkamp et al. 2017; Kletzing 2018 sowie Höhne 2020). Außerdem werden Prädiktoren für diese (Unter-)Repräsentation, wie beispielsweise die Rolle linker Parteien, der Ur- banisierungsgrad oder innerparteiliche Nominierungsprozesse, identifiziert (Deiss- Helbig 2017; Bieber 2022). Darüber hinaus werden Mechanismen zur Beseitigung des bestehenden Ungleichgewichts – wie etwa die Anpassung des Wahlrechts oder die Einführung von Quotenregelungen – diskutiert (siehe beispielhaft Hennl und Kaiser 2008; Wiechmann und Holtkamp 2011; Holtkamp et al. 2017; Kletzing 2018 sowie Höhne 2020). Die möglichen Auswirkungen einer geringen Präsenz von Frau- en werden im Kontext der Bundesrepublik Deutschland hingegen kaum untersucht. Die Betrachtung der lokalen Ebene in Deutschland ist aus zwei Gründen inter- essant: Erstens handelt sich bei der Bundesrepublik Deutschland um eine etablierte westliche Demokratie, in der die Kommunalverwaltungen im europäischen Vergleich über relativ viel lokale Autonomie und Gestaltungsspielraum verfügen (Ladner et al. 2016, S. 347). Die Gemeinden haben einen eigenen Wirkungsbereich, den sie relativ autonom gestalten können. Dazu gehören Aufgaben in wichtigen Bereichen wie der primären Bildung, primären Gesundheitsversorgung dem öffentlichen Nahverkehr, dem Wohnungsbau oder der Sozialhilfe (Ladner et al. 2016, S. 331). Die Entschei- dungen der Lokalpolitiker*innen berühren die Lebenswirklichkeit der Bürger*innen also unmittelbar. Ein zweiter Vorteil bei der Analyse von Gemeinden betrifft einen methodischen Aspekt. Im Gegensatz zu ländervergleichenden Analysen auf Ma- kroebene ist die Zahl der verfügbaren Untersuchungseinheiten auf lokaler Ebene deutlich größer, was eine größere statistische Teststärke zur Folge hat (Urban und Mayerl 2018, S. 129–144). Die Kopplung der Gemeinderatswahlen an andere Wahlen hat einen Einfluss auf die Höhe der Wahlbeteiligung (Vetter 2009). Um Verzerrungen durch paral- lel stattfindende Wahlen anderer politischer Ebenen auszuschließen, kommen als Untersuchungsgegenstand nur jene Bundesländer infrage, in denen die Kommunal- wahlen bereits seit längerer Zeit parallel zu den Europawahlen stattfinden. Unter den Bundesländern, in denen die Kommunalwahlen parallel zu den Europawahlen stattfinden, werden nur in Baden-Württemberg, Brandenburg, Sachsen und Thürin- K 274 S. Stocker gen systematisch die Anteile der in die Räte gewählten Frauen erhoben.4 Aufgrund des erwarteten aufwendigen Prozesses der Datenrecherche und -zusammenstellung fiel die Entscheidung, die Analyse auf ein einzelnes Bundesland zu beschränken.5 Da Baden-Württemberg unter den in Betracht kommenden Bundesländern über die meisten Gemeinden verfügt, fiel die Entscheidung auf dieses Bundesland. Außerdem nehmen aufgrund der süddeutschen Ratsverfassung Bürgermeister*innen in Baden- Württemberg traditionell eine sehr mächtige Position ein. Die meist hauptamtlichen Bürgermeister*innen werden für eine relativ lange Amtszeit von acht Jahren direkt gewählt (Wehling 2010, S. 353). Abgesehen von einer Altersgrenze bei Amtsan- tritt gibt es keine weiteren Regeln für die Kandidatur, Bürgermeister*innen können innerhalb dieser Altersgrenze beliebig oft wiedergewählt werden. 3 Prädiktoren der Beteiligung an Gemeinderatswahlen und Hypothesen Kommunalwahlen gelten in Deutschland im Gegensatz zu den Bundestagswahlen als Nebenwahlen, sie nehmen den Rang der „third-order elections“ und somit die unwichtigste Rolle ein (Vetter 2009, S. 797). Die kommunale Wahlbeteiligung in der Bundesrepublik Deutschland lag bis Ende der 1980er-Jahre im Durchschnitt noch bei über 70% (Vetter 2008a, S. 887). Seit Beginn der 1990er-Jahre war jedoch ein deutlicher Rückgang der Beteiligungsquote zu beobachten (Vetter 2008a, S. 887, 2020, S. 24). Dieser Trend scheint sich inzwischen wieder umgekehrt zu haben: In den Bundesländern, in denen die Kommunalwahlen im Jahr 2019 parallel zur Europawahl stattfanden, stieg die Wahlbeteiligung im Vergleich zu den vorherigen Wahlen 2014 wieder um durchschnittlich über 10 Prozentpunkte an (Vetter 2020, S. 26). Dieser unerwartete und starke Anstieg der Beteiligungsquote wird vor allem auf die politische Bedeutung der Europawahl an diesem Tag und deren mobilisie- rende Wirkung zurückgeführt. Unter anderem aktuelle Themen wie die Klimakrise, die Frage nach der zukünftigen Rolle der EU oder die Flüchtlings- und Migrations- politik werden hier als mögliche Gründe angeführt (Vetter 2020, S. 26). Im Niveau der kommunalen Wahlbeteiligung zeigen sich deutliche und dauerhafte Unterschie- de zwischen den einzelnen Bundesländern, die bis zu 20 Prozentpunkte betragen (Vetter 2009, S. 796). Baden-Württemberg gehört neben den ostdeutschen Bundes- ländern traditionell der Gruppe mit einer niedrigen kommunalen Wahlbeteiligung an (Vetter 2009, S. 805). In der bestehenden Literatur werden verschiedene Prädiktoren zur Erklärung der Höhe der lokalen Wahlbeteiligung angeführt. Diese Prädiktoren lassen sich drei Gruppen zuordnen: Es wird zwischen sozioökonomischen, politisch-kontextuellen und institutionellen Faktoren unterschieden (Holtkamp und Garske 2021, S. 34–35). Zu den sozioökonomischen Einflussfaktoren wird neben dem Ost-West-Effekt unter anderem die Gemeindegröße gezählt. Vetter (2008a) kann zeigen, dass die Wahl- beteiligung in kleineren politischen Einheiten höher ist als in größeren. Aufgrund der beschränkten Datenverfügbarkeit auf lokaler Ebene wurden Erklärungsfaktoren 4 Quelle: eigene Anfrage an die Statistischen Landesämter. 5 Zum Prozess der Datenzusammenstellung siehe Abschn. 4. K Frauen in der lokalen Politik und kommunale Wahlbeteiligung. Ein Fall für deskriptive... 275 auf der Mikroebene nur selten berücksichtigt. Eine Ausnahme stellt die Arbeit von Faas (2013) dar. Er kann zeigen, dass unter anderem die Arbeitslosenquote und der Ausländeranteil negativ mit der lokalen Wahlbeteiligung zusammenhängen. Poli- tisch-kontextuell spielen vor allem Faktoren wie der politische Wettbewerb vor Ort und die erwartete Knappheit des Wahlausgangs eine Rolle. Dem Rational-Choice- Ansatz folgend kann eine einzelne Stimme dann ein höheres Gewicht entfalten und so eine höhere Wahlbeteiligung begünstigen. Auch Holtkamp und Garske (2021) können entsprechende Effekte nachweisen. Zu den institutionellen Einflussfaktoren gehören die Ausgestaltung des Wahlsystems und die zeitliche Nähe anderer Wahlen (höherer Ebenen). Die Möglichkeit des Kumulierens und Panaschierens dämpft im Gegensatz zur geschlossenen Listenwahl die Beteiligung (Vetter 2008b, S. 66). Die Kopplung der Kommunalwahlen mit den Europawahlen und die zeitliche Nähe zur Bundestagswahl begünstigen hingegen eine höhere lokale Wahlbeteiligung (Vetter 2009, S. 806). Durch die verschiedenen bereits bekannten sozioökonomischen, politisch-kontex- tuellen und institutionellen Prädiktoren können bereits mehr als 50% der Varianz der Wahlbeteiligung statistisch erklärt werden (Holtkamp und Garske 2021, S. 38). Das Forschungsinteresse der vorliegenden Arbeit liegt auf der Überprüfung der Hypothe- se, dass die gesteigerte Präsenz von Frauen in der lokalen Politik zusätzlich zu den bereits bekannten Einflussfaktoren einen positiven Effekt auf die Höhe Wahlbeteili- gung hat. In Anlehnung an die vorgestellte theoretische und empirische Literatur sind verschiedene Mechanismen denkbar, die den Zusammenhang zwischen deskriptiver Repräsentation von Frauen und der Wahlbeteiligung auf der lokalen politischen Ebe- ne genauer spezifizieren. Vor allem folgende drei Wirkungsmechanismen erscheinen plausibel: Erstens stärken weibliche Repräsentant*innen in politischen Machtpositionen ge- mäß dem Vorbild-Argument das Selbstwertgefühl von Frauen und können diese dazu ermutigen, sich selbst stärker politisch zu beteiligen (Dovi 2007, S. 307; Phillips 1998, S. 228; Wolak 2020, S. 340). Politikerinnen signalisieren eine Offenheit der politischen Arena für Frauen und stärken deren politisches Kompetenzgefühl (Bühl- mann und Schädel 2012, S. 3; Dovi 2007, S. 307; Phillips 1998, S. 228). Wie im Literaturüberblick dargestellt, konnten in einigen bestehenden empirischen Studien auf Individualebene unter anderem positive Effekte deskriptiver Repräsentation von Frauen auf das politische Interesse, Wissen und Efficacy sowie die Zufriedenheit mit Repräsentant*innen, das politische Vertrauen von Frauen und die Politikerinnen zugeschriebene Kompetenz nachgewiesen werden.6 Faktoren wie das politische Inte- 6 Zu politischem Interesse und Engagement siehe unter anderem Bühlmann und Schädel (2012), Rein- gold und Harrell (2010), Wolbrecht und Campbell (2007). Zu politischem Wissen siehe Dassonneville und McAllister (2018), zu Political Efficacy siehe Atkeson (2003) und Sapiro und Conover (1997). Zur Zufrie- denheit mit Repräsentant*innen siehe Lawless (2004), Alexander (2012) beschäftigt sich mit der Frauen zugeschriebenen Regierungsfähigkeit und Schwindt-Bayer sowie Mishler (2005) und Ulbig (2007) mit politischem Vertrauen. K 276 S. Stocker resse, Wissen, Vertrauen oder die Efficacy haben wiederum einen positiven Einfluss auf die politische Partizipation7. Zweitens lassen sich in bestehenden Studien auch Hinweise darauf finden, dass die Präsenz von Frauen in politischen Ämtern ebenfalls positive Effekte auf Män- ner und somit indirekt einen positiven Effekt auf die Wahlbeteiligung von Männern haben kann. Beispielsweise verfügen in der Studie von Wolak (2020) neben Frauen auch Männer dann über mehr politisches Wissen, wenn sie von Frauen repräsen- tiert werden. Atkeson und Carrillo (2007) zeigen, dass Repräsentantinnen die Po- litical Efficacy von Männern positiv beeinflussen können. Eine mögliche Ursache dafür könnte in den wahrgenommenen Merkmalen und Eigenschaften weiblicher Führungskräfte wie Ehrlichkeit und Inklusivität liegen (Atkeson und Carrillo 2007, S. 90). Die Annahme, dass die gesteigerte Präsenz von Frauen in lokalpolitischen Äm- tern Bürger*innen zur Stimmabgabe bei der Gemeinderatswahl motivieren könnte, ist jedoch an gewisse Voraussetzungen gekoppelt. Die Bürger*innen müssten dann zumindest grob über die Präsenz von Frauen in lokalpolitischen Ämtern informiert sein. Hinsichtlich der Bürgermeister*innen kann argumentiert werden, dass das Ge- schlecht aufgrund deren Direktwahl einem relevanten Teil der Wähler*innen bekannt sein sollte. Ratswahlen gelten dagegen als „low information elections“, bei denen die individuellen Bewerber*innen den Wähler*innen weitestgehend unbekannt sind (Mechtel 2014; Holtkamp und Garske 2018, S. 61). In einer Untersuchung von Kommunalwahlen in NRW von Bovermann (2002) kannten weniger als 5% der Wähler*innen den Namen einer Kandidat*in bei den Kommunalwahlen, auch bei der von Henke (1997) analysierten Ratswahl in Stuttgart waren nur etwa 4% der Bürger*innen die Fraktionsvorsitzenden der CDU- bzw. SPD-Fraktion namentlich bekannt (Bovermann 2002, S. 144; Henke 1997, S. 176). Aufgrund des geringen politischen Wissens auf lokalpolitischer Ebene ist kritisch zu hinterfragen, ob die Bürger*innen tatsächlich über die Präsenz von Frauen im Gemeinderat informiert sind. Doch gerade weil die individuellen Kandidat*innen in der Kommunalpolitik den Wähler*innen in den meisten Fällen unbekannt sind, orientieren sich diese bei ihrer Wahlentscheidung an einfachen kognitiven Heuristiken wie der Parteizugehö- rigkeit, dem Beruf, einem Doktortitel oder aber dem Geschlecht der Kandidat*innen (Mechtel 2014, S. 58; Holtkamp und Garske 2018, S. 61). Den Wähler*innen wird folglich nicht unterstellt, den exakten prozentualen Frauenanteil im Gemeinderat zu kennen. Vielmehr wird argumentiert, dass einige Bürger*innen zumindest eine Vorstellung davon haben, ob in ihrem Gemeinderat überhaupt – und wenn ja, eher viele oder wenige – Frauen vertreten sind. Nicht zuletzt liefert der Stimmzettel bei den Gemeinderatswahlen einen einfach zugänglichen Hinweis darauf, ob Frau- en kandidieren und somit ggf. auch schon in der Vergangenheit einen Sitz im Rat hatten. 7 Entsprechende Zusammenhänge werden in der Politikwissenschaft bereits seit Jahrzehnten diskutiert. Für einen Überblick über klassische Ansätze zur Erklärung von Wahlbeteiligung siehe beispielsweise Nie et al. (1996). Für den Zusammenhang zwischen Efficacy und Partizipation siehe Finkel (1985). Für den Zusammenhang zwischen politischem Wissen und Partizipation siehe Larcinese (2007). Grönlund und Setälä (2007) beschäftigen sich mit dem Einfluss von Vertrauen und Zufriedenheit auf die Wahlbeteiligung. K Frauen in der lokalen Politik und kommunale Wahlbeteiligung. Ein Fall für deskriptive... 277 Zusätzlich zur Informiertheit über die Präsenz weiblicher Politiker*innen vor Ort müsste diese durch die Bürger*innen als positiv wahrgenommen werden und eine Rolle bei der Wahlentscheidung spielen bzw. zur Wahl motivieren. Auf kommu- naler Ebene liegen kaum Umfragedaten zu Einstellungen in der Bevölkerung vor, was unter anderem auf die – im Gegensatz zu den anderen politischen Ebenen – „stiefkindliche“ Betrachtung der lokalen Demokratie in der Politikwissenschaft zu- rückgeführt werden kann (Vetter 2019, S. 3, 2008a; S. 886). Bezogen auf die Bun- destagswahl wurden jedoch im Rahmen der GLES (German Longitudinal Election Study) Umfragedaten zur Rolle des Geschlechts der Wahlkreiskandidat*innen für die Wahlentscheidung der Befragten erhoben. Zwar gab eine große Mehrheit der Befragten (75,8%) an, dass ihnen das Geschlecht der Direktkandidat*innen, die sie gewählt haben, egal ist.8 Doch immerhin 8,3% beurteilen das Geschlecht ihrer Wahlkreiskandidat*innen als wichtig für die Wahlentscheidung. Weitere 14% fan- den das Geschlecht ihrer Direktkandidat*innen gut, beurteilten dieses jedoch nicht als wichtig für die Wahlentscheidung, da sie ihre Stimme auch einer anderen Person (anderen Geschlechts) dieser Partei gegeben hätten. Ebenfalls auf die Bundestagswahl bezogen können Coffé und Reiser (2020) zei- gen, dass immerhin ein Anteil von 42,2% der Befragten Maßnahmen zur Erhöhung der deskriptiven Repräsentation von Frauen unterstützt. Mechtel (2014) kann mit einem umfangreichen Datensatz zu den Gemeinderatswahlen im Jahr 2009 in Ba- den-Württemberg nachweisen, dass neben dem Beruf und einem Doktortitel auch das Geschlecht einen positiven Einfluss auf den Wahlerfolg von Kandidat*innen hat (Mechtel 2014, S. 58). Die Ergebnisse vorhandener Untersuchungen lassen sich als Hinweise dafür interpretieren, dass zumindest ein Teil der Wähler*innen sen- sibel für die deskriptive Repräsentation von Frauen in politischen Ämtern ist und dass das Geschlecht von politischen Kandidat*innen zumindest für manche Wäh- ler*innen eine Rolle bei der Wahlentscheidung spielt. Es wird keineswegs davon ausgegangen, dass alle Bürger*innen gleichermaßen über die Präsenz von Frauen im Gemeinderat informiert sind bzw. sich durch einen höheren Frauenanteil zur Wahl motivieren ließen. In einer durchschnittlichen baden-württembergischen Ge- meinde mit etwa 4600 Wahlberechtigten würde es jedoch bereits ausreichen, wenn sich weniger als 50 Wahlberechtigte durch eine erhöhte Präsenz von Frauen im Ge- meinderat angesprochen fühlen und zur Wahl motivieren ließen, um eine Steigerung der Wahlbeteiligung um einen Prozentpunkt zu bewirken. Darüber hinaus ist ein dritter möglicher Wirkungsmechanismus denkbar. Dieser stützt sich auf das Argument der revitalisierten Demokratie, das besagt, dass weib- lichen Führungskräften nicht nur positive Eigenschaften wie Ehrlichkeit und Inklu- sivität zugeschrieben werden, sondern dass diese sich tatsächlich demokratischer verhalten als Männer (Dovi 2007, S. 309; Phillips 1998, S. 229). Beispielsweise Eagly und Carli (2003) zeigen in einer Metaanalyse, dass männliche und weibliche Führungskräfte sich hinsichtlich ihres Führungsstils unterscheiden. Frauen verhalten sich tendenziell demokratischer, lassen also Mitarbeiter*innen eher an der Entschei- dungsfindung teilhaben (Eagly und Carli 2003, S. 813). Außerdem haben Frauen eher einen transformativen Stil, sie wirken als Vorbilder und gewinnen das Vertrau- 8 Eigene Berechnung auf Grundlage von GLES (2016), siehe Tab. A-1 im Online-Anhang. K 278 S. Stocker en der Mitarbeiter*innen, indem sie diese dazu befähigen, ihr Potenzial zu entfalten und ihre Ziele zu erreichen (Eagly und Carli 2003, S. 815). Dies könnte Eagly und Carli (2003) zufolge darin begründet liegen, dass Frauen mit negativen Vorurteilen hinsichtlich der Bewertung ihrer Kompetenz als Führungskräfte konfrontiert sind. Da eine Inkongruenz zwischen der traditionellen Frauenrolle und einer Führungsrol- le besteht, müssen sich Frauen einerseits sehr kompetent verhalten und andererseits den Erwartungen an „weibliches Verhalten“ gerecht werden (Eagly und Carli 2003, S. 825). Weibliche Führungskräfte eignen sich daher eher einen Führungsstil an, der keinen unnötigen Widerstand hervorruft (Eagly und Carli 2003, S. 825). Auch in einer Befragung von 60 Βürgermeister*innen in Ost- und Westdeutschland zeigt sich dieser Doppelstandard: Drei Viertel der befragten Bürgermeister*innen sind der Auffassung, dass Bürgermeisterinnen mit anderen Erwartungen konfrontiert sind als ihre männlichen Kollegen (Lukoschat 2017, S. 39). An Frauen würden vor allem hinsichtlich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf höhere moralische Standards angelegt. Außerdem seien Frauen seitens der Bürger*innen mit höheren Erwar- tungen an ein offeneres und verständnisvolleres Kommunikationsverhalten „ihrer“ Bürgermeisterin konfrontiert (Lukoschat 2017, S. 39). Möglicherweise zeichnet sich der Politikstil von Frauen also dadurch aus, dass er demokratischer, partizipativer und weniger konfrontativ ist, was sich wiederum positiv auf die Wahlbeteiligung auswirken könnte.9 Im Gegensatz zu den ande- ren beiden möglichen Wirkungsmechanismen setzt dieser dritte Mechanismus nicht voraus, dass die Bürger*innen über die Zusammensetzung des Gemeinderats hin- sichtlich der Geschlechterverteilung oder des Geschlechts der Bürgermeister*innen informiert sind bzw. dass dies überhaupt eine Rolle bei der Wahlentscheidung spielt. Unabhängig von den konkreten zugrunde liegenden Mechanismen – über die mit den vorhandenen Aggregatdaten lediglich spekuliert werden kann – wird sowohl für die Erfahrung mit der Präsenz von Bürgermeisterinnen als auch für den Frauenanteil im Gemeinderat ein positiver Effekt auf die lokale Wahlbeteiligung erwartet. Hypothese 1 Je größer die Erfahrung mit der Präsenz von Bürgermeisterinnen, desto höher die lokale Wahlbeteiligung. Hypothese 2 Je größer der Frauenanteil im Gemeinderat, desto höher die lokale Wahlbeteiligung. 9 Unter anderem Suzanne Dovi (2007) argumentiert, dass sich der Politikstil von Frauen durch einen stärkeren Fokus auf deliberative Elemente auszeichnet (Dovi 2007, S. 309). Die Datenbank dialogische Beteiligung erfasst Umfang und Ausmaß von Bürgerbeteiligung in Baden- Württemberg (Remer 2020; Remer und Vetter 2019). Eigene Auswertungen zeigen, dass für 831 Gemein- den in Baden-Württemberg ein signifikanter positiver Zusammenhang zwischen der Anzahl der Jahre, in denen eine Gemeinde seit 1999 von einer Frau geleitet wurde, und der Anzahl der erfassten dialogischen Beteiligungsverfahren besteht. Auch wenn es sich hierbei nur um einen sehr schwachen positiven Zu- sammenhang handelt (r= 0,11), ist dies ein erster Hinweis auf einen entsprechenden Wirkungsmechanis- mus. Auch zwischen dem durchschnittlichen Frauenanteil im Gemeinderat (1999–2019) und Anzahl der erfassten dialogischen Beteiligungsverfahren besteht ein positiver Zusammenhang (r= 0,24). Die beiden bivariaten Zusammenhänge sind in den Abbildungen A-3 und A-4 im Online-Anhang grafisch dargestellt. Dafür, dass dialogorientierte Beteiligung eine mobilisierende Wirkung auf die lokale Wahlbeteiligung haben kann, gibt es beispielsweise bei Ackermann et al. (2021) empirische Hinweise (Ackermann et al. 2021, S. 428–431). K Frauen in der lokalen Politik und kommunale Wahlbeteiligung. Ein Fall für deskriptive... 279 Die Offenheit für Themen wie die Gleichstellung von Frauen und Männern oder die Rechte sexueller Minderheiten unterscheidet sich zwischen den Parteien. Vor allem für Parteien im linken politischen Spektrum spielen emanzipatorische und solidarische Politik und somit Geschlechterausgleich eine wichtige Rolle, während die sogenannten bürgerlichen Parteien einem eher traditionellen Rollenverständnis anhängen (Höhne 2020, S. 112, Deiss-Helbig 2017, S. 391). Höhne (2020) unter- sucht das Ausmaß innerparteilicher Unterstützung für den Listenausgleich zwischen den Geschlechtern im Vorfeld der Bundestagswahl 2017. Die größte parteiinterne Zustimmung zu dieser Maßnahme wurde mit 86,1% bei den Grünen gemessen, ge- folgt von der Linkspartei (83,4%) und der SPD (82,3%). Bei den Parteien rechts der Mitte des politischen Spektrums liegt die Zustimmung bei der CDU mit 61,6% am höchsten, gefolgt von der FDP mit 68,1% und der CSU mit 55,1%. Die AfD ist die einzige Partei, bei der sich nur eine Minderheit der Befragten (37,0%) für eine entsprechende Maßnahme ausspricht. Zwischen den Präferenzen von Parteien und Bürger*innen besteht eine Wechselbeziehung: Je nach Sichtweise wird betont, dass entweder Parteien den Präferenzen der Wähler*innen folgen oder aber die Par- teien die Präferenzen der Bürger*innen formen (Vössing 2014, S. 40). Ungeachtet der kausalen Richtung dieser Beziehung zeigen sich auch in den Einstellungen der Bürger*innen zur Gleichstellung von Frauen in der Politik Unterschiede nach Par- teiidentifikation. Coffé und Reiser (2020) untersuchen die Unterstützung von Maß- nahmen zur Erhöhung der deskriptiven Repräsentation von Frauen auf Grundlage von GLES-Daten. Die Auswertung der Daten zeigt, dass die Zustimmung zur Un- terstützung entsprechender Maßnahmen bei Anhänger*innen der CDU, CSU, FDP und AfD zwischen 31% und 35% liegt. Bei den Anhänger*innen linker Parteien unterstützt ein wesentlich größerer Anteil Maßnahmen zur Erhöhung der deskripti- ven Repräsentation von Frauen. 47% der Anhänger*innen der Linkspartei und 60% der Parteianhänger*innen der Grünen befürworten entsprechende Maßnahmen, die Unterstützung in der SPD liegt bei etwa 44%. Auch die Frauen zugeschriebene Kompetenz in politischen Fragen unterschei- det sich nach Parteiidentifikation. Eigene Berechnungen auf Grundlage von GLES (2016) zeigen, dass durchschnittlich etwa ein Drittel der Befragten (33,5%) der Aussage zustimmt, dass „die meisten Frauen von politischen Fragen überfordert sind“.10 Unter den Parteianhänger*innen der CDU/CSU stimmen der Aussage 35% der Befragten zu, bei der FDP sind es 32% und bei der SPD 30%. Anhänger*innen der Linken und der Grünen stimmen der Aussage hingegen nur zu 24% bzw. 25% zu. Diese Faktoren sprechen dafür, dass Bürger*innen abhängig von ihrer jewei- ligen Parteipräferenz unterschiedlich offen für Frauen in politischen Ämtern sind. Verglichen mit Anhänger*innen der anderen Parteien erachten Anhänger*innen der Linkspartei und der Grünen Maßnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils in politi- schen Ämtern am ehesten als notwendig. Sie schreiben darüber hinaus im Vergleich zu den Anhänger*innen anderer Parteien Frauen am ehesten Kompetenz in politi- schen Fragen zu. Auch parteiintern zeichnen sich die Grünen und die Linkspartei 10 Die Ergebnisse der Auswertung sind in Tab A-2 im Online-Anhang dargestellt. Die Variable wurde auf einer 7-Punkte-Likert-Skala abgefragt, die Skalenwerte 0–2 wurden als Ablehnung und die Skalenwerte 4–6 als Zustimmung rekodiert. K 280 S. Stocker durch die größte Offenheit für Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen – wie der Unterstützung für den Listenausgleich zwischen den Geschlechtern – aus. Dies legt nahe, dass die Präsenz von Frauen in der Politik vor allem einen Ef- fekt auf die Wähler*innen haben sollte, die Politikerinnen gegenüber tendenziell eher offen eingestellt sind. Die Stärke des Zusammenhangs zwischen der Präsenz von Frauen in lokalpolitischen Ämtern und der Wahlbeteiligung hängt also von einer dritten Variable, der Offenheit der Wähler*innen für Frauen in politischen Ämtern, ab. Eine solche konditionale Hypothese macht die Berechnung von Inter- aktionseffekten notwendig (Brambor et al. 2006, S. 64). Da auf lokaler Ebene keine Individualdaten zur Verfügung stehen und im Rahmen dieser Arbeit eine Aggregat- datenanalyse durchgeführt wird, wird die Offenheit der Wähler*innen anhand des aggregierten Stimmanteils der Linkspartei und der Grünen in den Gemeinden bei der Bundestagswahl approximiert. Aus den vorliegenden Überlegungen lassen sich die folgenden beiden Hypothesen ableiten: Hypothese 3 Der Effekt der Erfahrungmit der Präsenz von Bürgermeisterinnen auf die Wahlbeteiligung hängt von der Offenheit der Wähler*innen für Politikerinnen ab. Wirken beide Faktoren zusammen, wird ein positiver Effekt auf die Wahlbeteiligung erwartet. Hypothese 4 Der Effekt des Frauenanteils im Gemeinderat auf die Wahlbeteili- gung hängt von der Offenheit der Wähler*innen für Politikerinnen ab. Wirken beide Faktoren zusammen, wird ein positiver Effekt auf die Wahlbeteiligung erwartet. 4 Operationalisierung und Datengrundlage Um die im vorherigen Kapitel formulierten Hypothesen zu testen, wurde basierend auf verschiedenen Datenquellen ein neuartiger Datensatz zusammengestellt. Eine Übersicht über die Variablen und die jeweiligen Datenquellen ist in Tab. A-5 im Online-Anhang abgebildet. Der Datensatz beinhaltet Informationen zur Beteiligung an den Ratswahlen in allen Gemeinden in Baden-Württemberg zwischen 1999 und 2019. Die Präsenz von Frauen in lokalpolitischen Ämtern wird hierbei durch zwei Variablen erfasst. Einerseits durch den Frauenanteil im Gemeinderat und auf der anderen Seite anhand der Anzahl der Jahre, in denen seit 1999 eine Frau Bürger- meisterin in einer Gemeinde war. Diese Zählvariable kann Werte zwischen 0 und 21 annehmen. Wenn eine Gemeinde im Zeitraum zwischen 1999 und 2019 in jedem einzelnen Jahr von einer Bürgermeisterin geleitet wurde, nimmt die Variable den Wert 21 an. Hatten im entsprechenden Zeitraum dagegen ausschließlich Männer das Amt des Bürgermeisters inne, so nimmt die Variable den Wert 0 an. Die Informationen zum Frauenanteil in den Räten der Gemeinden werden durch das Statistische Landesamt Baden-Württemberg erfasst. Das Geschlecht der Bür- germeister*innen hingegen wird leider nicht systematisch durch die statistischen Ämter bzw. andere Stellen erhoben (Schwarz 2019, S. 34). Zwar werden im Staats- anzeiger Informationen zu vergangenen Bürgermeister*innenwahlen veröffentlicht, doch die Aufzeichnungen beginnen erst im Jahr 2005 (Schwarz 2019, S. 34). Eine K Frauen in der lokalen Politik und kommunale Wahlbeteiligung. Ein Fall für deskriptive... 281 Tab. 1 Deskriptive Informationen zu den Variablen Mean Std. dev Min Max N Lokale Wahlbeteiligung 58,78 7,79 33,80 94,70 5505 Erfahrung mit Bürgermeisterinnen (An- zahl Jahre seit 1999) 0,35 1,82 0,00 21,00 5505 Frauenanteil im Gemeinderat 22,07 10,18 0,00 64,30 5505 Bevölkerung (in 1000) 9,77 26,27 0,09 635,91 5505 Durchschnittsalter 41,79 2,60 31,40 53,10 5505 Arbeitslosenquote 11,40 8,34 0,00 100,00 5401 Gemeindeanteil an der Einkommensteu- er pro Kopf 417,13 140,9 123,00 1189,00 5505 Anteil Linke/Grüne (BT-Wahl) 13,68 5,04 0,00 40,3 5420 weitere mögliche Datenquelle stellt das Kommunale Wahllexikon dar, hier werden allerdings ausschließlich Wahlen in großen und mittleren Städten sowie in kleinen kreisfreien Städten erfasst.11 Aufgrund der begrenzen Datenverfügbarkeit wurde in einer aufwendigen Datenrecherche das Geschlecht der Bürgermeister*innen in den 1101 baden-württembergischen Gemeinden seit 1999 manuell recherchiert. Die Re- cherche konzentrierte sich hierbei lediglich auf die Namen bzw. das Geschlecht der im Zeitraum zwischen 1999 und 2019 amtierenden Bürgermeister*innen, es liegen keine weiteren Informationen beispielsweise zum jeweiligen Bewerber*innenfeld bei deren Wahl vor.12 Bei den verwendeten Datenquellen handelt es sich vor allem um die Webseiten der Gemeindeverwaltungen, zusätzlich wurden im Internet frei zugängliche Zeitungsartikel der Lokalpresse und Beiträge auf Wikipedia manuell ausgewertet. Zusätzlich werden verschiedene Gruppen von Drittvariablen bei der multivariaten Analyse berücksichtigt. Die erste Gruppe von Drittvariablen umfasst sozioökonomi- sche Merkmale wie die Einwohnerzahl, das Durchschnittsalter der Bevölkerung, die Arbeitslosenquote13 und den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer (pro Kopf), die bereits in vorhandenen Studien als Prädiktoren für die lokale Wahlbeteiligung identifiziert wurden. In Tab. 1 sind deskriptive Informationen zu allen metrischen Variablen dargestellt. 11 Das Kommunale Wahllexikon wird von der Konrad-Adenauer-Stiftung herausgegeben und ist unter dem folgenden Link online abrufbar: https://www.kas.de/de/materialien-fuer-die-arbeit-vor-ort/detail/-/ content/kommunales-wahllexikon1. 12 Die Internetseiten der Gemeindeverwaltungen bzw. örtliche Online-Chroniken auf der Webseite der Gemeinden enthalten in der Regel keine Informationen zum Bewerber*innenfeld bzw. zum Ausgang der Wahlen, auch in Wikipedia-Artikeln sind diese Informationen nur selten eingepflegt. In der vorliegenden Arbeit wird die Rolle deskriptiver Repräsentation von Frauen in lokalpolitischen Ämtern bei der Erklärung der Wahlbeteiligung bei Gemeinderatswahlen untersucht. Die Beteiligung an Bürgermeister*innenwahlen spielt dagegen im Rahmen dieser Arbeit keine Betrachtung. Es existieren jedoch bereits einige Forschungs- beiträge, die sich mit der detaillierten Analyse von Bürgermeister*innenwahlen beschäftigen. Beispiele hierfür sind unter anderem die Beiträge von Schwarz (2019), Huzel (2019) sowie Holzwarth (2016). 13 Die Arbeitslosenquote wurde hier anhand der Anzahl der als arbeitslos gemeldeten Personen in einer Gemeinde geteilt durch die Summe aus sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und Arbeitslosen er- rechnet. K https://www.kas.de/de/materialien-fuer-die-arbeit-vor-ort/detail/-/content/kommunales-wahllexikon1 https://www.kas.de/de/materialien-fuer-die-arbeit-vor-ort/detail/-/content/kommunales-wahllexikon1 282 S. Stocker Politisch-kontextuell werden vor allem Drittvariablen kontrolliert, die Hinweise auf den Grad der Politisierung in den Gemeinden im Vorfeld der Ratswahlen geben und somit einen Effekt auf die Mobilisierung haben könnten. Mittels Dummy-Va- riable wird berücksichtigt, ob eine Mehrheitswahl – und nicht wie für Ratswahlen üblich eine Verhältniswahl – durchgeführt wurde. Dies ist dann der Fall, wenn in einer Gemeinde nur ein oder kein gültiger Wahlvorschlag eingereicht wurde und dürfte einen negativen Effekt auf die Höhe der Wahlbeteiligung haben. Außerdem wird mittels Dummy-Variable kontrolliert, ob das Ergebnis der Ratswahl relativ knapp ausgefallen ist, was auf eine stärkere Politisierung im Vorfeld der Wahl hin- deuten könnte und einen mobilisierenden Effekt auf die Beteiligung haben könnte.14 Mit einer weiteren Dummy-Variable wird berücksichtigt, ob es in einer Gemeinde im Vergleich zur vorherigen Gemeinderatswahl einenWechsel im Bürgermeister*innen- Amt gegeben hat. Die Bürgermeister*innen-Forschung hat gezeigt, dass vor allem die Abwahl und neue Kandidat*innenrunden zu einer höheren Wahlbeteiligung füh- ren (Huzel 2019, S. 194–195; Holzwarth 2016, S. 187). Dieser positive Effekt auf die Mobilisierung bzw. die stärkere Politisierung vor Ort könnte möglicherweise noch auf die nächste Ratswahl ausstrahlen. Mittels Dummy-Variable wird erfasst, ob im Vergleich zur letzten Ratswahl eine neue Bürgermeister*in gewählt wurde, also ob es einen Wechsel im Bürgermeister*innen-Amt in einer Gemeinde gegeben hat. In 400 Fällen (7%) wurde eine Mehrheitswahl durchgeführt, in 503 Fällen (9%) wurde ein knapper Wahlausgang verzeichnet. Ein Bürgermeister*innen-Wechsel im Vergleich zur vorherigen Gemeinderatswahl hat in 1277 Fällen (23%) stattgefunden, diese Variable weist zudem 107 fehlende Werte auf.15 Um die erwarteten Interaktionseffekte zu überprüfen, muss außerdem die Offen- heit der Bürger*innen in den Gemeinden für Politikerinnen erfasst werden. Aufgrund des Fehlens von Einstellungsdaten auf Individualebene in den Gemeinden wird die- se Offenheit mittels Proxy-Variable erfasst. Wie im vorherigen Kapitel dargestellt, sind Anhänger*innen der Linkspartei und der Grünen eher offen für Frauen in po- litischen Ämtern. Die Offenheit der Wähler*innen für Politikerinnen wird folglich anhand der aufsummierten Stimmanteile der Grünen und der Linkspartei bei der jeweils letzten Bundestagswahl gemessen.16 Da ausschließlich parallel stattfindende Ratswahlen in einem einzelnen Bundes- land betrachtet werden, entfällt die Kontrolle institutioneller Faktoren wie die Aus- gestaltung des Wahlsystems oder die zeitliche Nähe zu anderen Wahlen höherer Ebenen. Für die Analyse stehen Daten für 1101 Gemeinden in Baden-Württemberg 14 Als knapp wurde das Ergebnis einer Wahl definiert, wenn der Abstand zwischen der erst- und der zweitplatzierten Liste weniger als oder gleich drei Prozentpunkte beträgt. 15 Dies liegt darin begründet, dass auf Grundlage des gesichteten Datenmaterials für einige Gemeinden nicht für alle Zeitpunkte seit 1999 die jeweiligen Bürgermeister*innen identifiziert werden konnten. 16 Die Zahlen basieren auf Daten des Bundeswahlleiters. Da durch den Bundeswahlleiter lediglich die Stimmanteile auf Wahlkreisebene veröffentlicht werden, wurden Daten verwendet, die im Rahmen ei- nes Projekts der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung auf den heutigen Gebietsstand der rund 11.000 Gemeinden umgerechnet wurden. Die Daten wurden mittels Webscraping aus der interaktiven Karte auf der Webseite der WAZ gewonnen und sind auf der folgenden Webseite abrufbar: https://interaktiv. waz.de/bundestagswahl-2021-umfragen-ergebnisse-wahlkarte/gemeinden-ergebnisse-1990-1994-1998- 2002-2005-2009-2013-2017.html; letzter Zugriff am 02.06.2022. K https://interaktiv.waz.de/bundestagswahl-2021-umfragen-ergebnisse-wahlkarte/gemeinden-ergebnisse-1990-1994-1998-2002-2005-2009-2013-2017.html https://interaktiv.waz.de/bundestagswahl-2021-umfragen-ergebnisse-wahlkarte/gemeinden-ergebnisse-1990-1994-1998-2002-2005-2009-2013-2017.html https://interaktiv.waz.de/bundestagswahl-2021-umfragen-ergebnisse-wahlkarte/gemeinden-ergebnisse-1990-1994-1998-2002-2005-2009-2013-2017.html Frauen in der lokalen Politik und kommunale Wahlbeteiligung. Ein Fall für deskriptive... 283 zu fünf Zeitpunkten zur Verfügung (5505 Beobachtungen). 280 (5,1%) der 5505 Beobachtungen enthalten fehlende Werte.17 Der Datensatz enthält folglich 5225 voll- ständige Fälle. 5 Ergebnisse In Tab. 2 ist die Entwicklung der Wahlbeteiligung und der Präsenz von Frauen in der lokalen Politik in den untersuchten Gemeinden im Zeitverlauf dargestellt. Die kommunale Wahlbeteiligung hat von 1999 bis 2014 kontinuierlich abgenommen und erreichte im Jahr 2014 mit nur 55% ihren Tiefststand. Im Jahr 2019 ist sie dagegen wieder um mehr als acht Prozentpunkte auf durchschnittlich 63,2% angestiegen. Die Erfahrung mit Bürgermeisterinnen hat im Laufe der Zeit zugenommen. Wäh- rend 1999 kaum eine Gemeinde Erfahrung mit einer Bürgermeisterin hatte, wurde Stand 2019 jede Gemeinde in den 20 Jahren seit 1999 durchschnittlich ca. ein Jahr von einer Frau geleitet. Die Standardabweichung fällt hier mit 3,00 relativ hoch aus. Die starke Streuung zeigt, dass die meisten Gemeinden seit 1999 gar nicht oder nur relativ kurze Zeit von einer Bürgermeisterin geleitet wurden, während einige wenige Gemeinden bereits seit langer Zeit eine Bürgermeisterin haben. Der Frauenanteil im Gemeinderat ist im Zeitraum von 1999 bis 2019 kontinuierlich angestiegen. Wäh- rend im Jahr 1999 durchschnittlich 18,7% der Ratsmitglieder Frauen waren, betrug der Frauenanteil im Gemeinderat im Jahr 2019 durchschnittlich 25,7%. Sowohl hin- sichtlich der abhängigen als auch der beiden zentralen unabhängigen Variablen liegt somit ausreichend Varianz vor, die mittels multivariater Analyseverfahren statistisch aufgeklärt werden kann. Das Vorliegen von Daten zu mehreren Zeitpunkten ist im Vergleich zu Quer- schnittsdaten mit einigen Vorteilen verbunden. Längsschnittdaten ermöglichen die Verfolgung intraindividueller Veränderungen, sie erlauben die Feststellung der kau- salen Reihenfolge und ermöglichen es, unbeobachtete Heterogenität zu reduzieren (Brüderl 2010, S. 964). Besonders Letzteres ist im Hinblick auf die Möglichkeit der fundierteren Interpretation kausaler Hypothesen von zentraler Bedeutung (Giessel- mann und Windzio 2014, S. 97). Bei der Analyse von Querschnittsdaten wird mittels Between-Schätzer der Effekt aus dem Vergleich verschiedener Gemeinden berech- net. Da der so geschätzte Effekt jedoch durch unbeobachtete Heterogenität verzerrt sein kann, sind auf Querschnittsdaten beruhende Kausalschlüsse höchst unsicher (Brüderl 2010, S. 965). Bei der Verwendung des Within-Schätzers ist man hingegen nicht auf den Vergleich unterschiedlicher Gemeinden angewiesen, Längsschnittda- ten ermöglichen den Vergleich ein und derselben Gemeinde über die Zeit (Brüderl 2010, S. 965). Die Within-Transformation ermöglicht die Zerlegung des Fehlerterms in zwei Komponenten, den beobachtungsspezifischen zeitkonstanten Fehlerterm und den zeitveränderlichen Fehlerterm (Brüderl 2010, S. 967). Der Fixed-Effects-Schät- zer ermöglicht durch die Eliminierung des beobachtungsspezifischen Fehlers die vollständige Kontrolle zeitkonstanter Einflussfaktoren, die zu einer Verzerrung füh- 17 25 der 1101 Gemeinden (2,3%) weisen hinsichtlich mindestens einer Variable zu keinem Zeitpunkt eine gültige Beobachtung auf. Diese 25 Gemeinden bleiben bei der multivariaten Analyse unberücksichtigt. K 284 S. Stocker Tab. 2 Veränderung im Mittelwert der Variablen über die Zeit 1999 2004 2009 2014 2019 Wahlbeteiligung 60,26 (7,55) 58,47 (7,32) 56,99 (7,30) 54,95 (7,46) 63,24 (6,63) Erfahrung mit Bürgermeisterin- nen (Anzahl Jahre seit 1999) 0,01 (0,10) 0,10 (0,67) 0,26 (1,41) 0,50 (2,17) 0,89 (3,00) Frauenanteil im Gemeinderat 18,67 (9,24) 21,01 (9,88) 21,82 (10,10) 23,14 (9,80) 25,69 (10,50) Mittelwerte (Standardabweichung in Klammern) Tab. 3 Prädiktoren der lokalen Wahlbeteiligung (Fixed-Effects-Regression) (1) (2) Erfahrung mit Bürgermeisterinnen (Anzahl Jahre seit 1999) 0,07* (0,03) –0,16 (0,11) Frauenanteil im Gemeinderat –0,01 (0,01) –0,12*** (0,01) Mehrheitswahl (Dummy) –4,41*** (0,26) –4,38*** (0,26) Knapper Wahlausgang (Dummy) 0,04 (0,15) 0,02 (0,15) Bürgermeisterwechsel (Dummy) 0,54*** (0,09) 0,54*** (0,09) Bevölkerung (in 1000) 0,34*** (0,04) 0,27*** (0,04) Durchschnittsalter 0,04 (0,07) 0,10 (0,07) Arbeitslosenquote –0,03* (0,01) –0,02* (0,01) Gemeindeanteil Einkommensteuer pro Kopf 0,01*** (0,00) 0,01*** (0,00) Offenheit: Stimmanteil Linke/Grüne Bundestagswahl 0,05 (0,03) –0,15*** (0,04) 2004 (Dummy) –1,69*** (0,17) –1,66*** (0,16) 2009 (Dummy) –4,71*** (0,41) –4,47*** (0,40) 2014 (Dummy) –8,32*** (0,40) –8,14*** (0,40) 2019 (Dummy) –2,12*** (0,57) –1,88*** (0,56) Erfahrung mit Bürgermeisterinnen× Offenheit: Stimmanteil Linke/Grüne Bundestagswahl – 0,01* (0,01) Frauenanteil im Gemeinderat× Offenheit: Stimmanteil Linke/ Grüne Bundestagswahl – 0,01*** (0,00) N 5225 5225 R2/korr. R2 0,630/0,533 0,639/0,544 *p< 0,05; **p< 0,01; ***p< 0,001 ren könnten, und reduziert somit das Ausmaß unbeobachteter Heterogenität (Brüderl und Ludwig 2015, S. 328–329; Giesselmann und Windzio 2014, S. 97). In Tab. 3 sind die Ergebnisse multivariater Fixed-Effects-Regressionen zur Über- prüfung der formulierten Hypothesen dargestellt. In Modell 1 sind die Effekte aller unabhängigen Variablen dargestellt, Modell 2 enthält zusätzlich die beiden K Frauen in der lokalen Politik und kommunale Wahlbeteiligung. Ein Fall für deskriptive... 285 Interaktionsterme.18 Wie in Hypothese 1 postuliert, zeigt sich ein positiver Effekt für die Steigerung der Erfahrung mit Bürgermeisterinnen auf die kommunale Wahl- beteiligung. In je mehr Jahren eine Gemeinde seit 1999 von einer Bürgermeisterin geleitet wurde, desto höher die lokale Wahlbeteiligung bei den Ratswahlen. Steigt die Erfahrung mit Bürgermeisterinnen um ein Jahr, so wird die Wahlbeteiligung um 0,07 Prozentpunkte höher geschätzt. Für eine vollständige Amtszeit einer Bür- germeisterin (acht Jahre) wird folglich eine Steigerung der Beteiligungsquote bei den Ratswahlen um 0,56 Prozentpunkte erwartet19. Die Zunahme des Frauenanteils im Gemeinderat hat in diesem Modell dagegen keinen signifikanten Effekt auf die Wahlbeteiligung bei den Ratswahlen. Die in Hypothese 2 formulierte Annahme, dass die Steigerung der Präsenz von Frauen im Gemeinderat zu einer Steigerung der Wahlbeteiligung bei Ratswahlen führt, muss also verworfen werden. Zusätzlich sind die Effekte einiger Drittvariablen signifikant, die nachfolgend kurz beschrieben werden. Wurde eine Mehrheitswahl durchgeführt, wird die Wahl- beteiligung um 4,4 Prozentpunkte geringer geschätzt, als wenn eine Verhältniswahl stattgefunden hat. Wurde im Zeitraum seit der letzten Gemeinderatswahl eine neue Bürgermeister*in gewählt, so wird die Wahlbeteiligung um etwa 0,5 Prozentpunkte höher geschätzt. Die Wahl einer neuen Bürgermeister*in in einer Gemeinde führt folglich zu einer Politisierung vor Ort, die wiederum auf die nachfolgende Gemein- deratswahl ausstrahlt und zu einer Steigerung der Wahlbeteiligung führt. Der Ge- meindeanteil an der Einkommensteuer als Indikator für wirtschaftlichen Wohlstand und die Größe der Gemeinden haben ebenfalls positive Effekte auf die Wahlbe- teiligung, die Arbeitslosigkeit wirkt sich hingegen negativ auf die Beteiligung bei den Ratswahlen aus. Alle beschriebenen Effekte bestehen auch nach Kontrolle um Zeiteffekte mittels Dummy-Variablen. Modell 2 beinhaltet zusätzlich die postulierten Interaktionseffekte zwischen der Offenheit der Wähler*innen für Politikerinnen und der Präsenz von Politikerinnen, die anhand des aufsummierten Stimmanteils der Linkspartei und der Grünen bei der Bundestagswahl operationalisiert wurde. Beide Interaktionseffekte haben einen signifikanten positiven Effekt auf die Wahlbeteiligung. Um die Interpretation der Effekte zu vereinfachen, ist in Abb. 1 die Interaktion zwischen der Offenheit für Politikerinnen und der Erfahrung mit Bürgermeisterinnen grafisch dargestellt. Eine höhere Offenheit der Wähler*innen für Politikerinnen verstärkt den positiven Effekt der Erfahrung mit Bürgermeisterinnen auf die Wahlbeteiligung. Für einen unter- durchschnittlichen bis durchschnittlichen aufsummierten Stimmanteil der Linkspar- tei und der Grünen bei der Bundestagswahl (≥13,8%) ist der Interaktionseffekt nicht signifikant. Für eine überdurchschnittliche Offenheit für Politikerinnen von 18,8% (13,8+ 1 SD) ist der Interaktionseffekt hingegen signifikant und positiv. Nur wenn die Erfahrung mit der Präsenz von Bürgermeisterinnen in einer Gemeinde mit einer überdurchschnittlich hohen Offenheit für Frauen in politischen Ämtern einher- 18 Der Interaktionsterm wird durch die Multiplikation der beiden Variablen (Stimmanteil Linke/Grüne * Erfahrung mit Bürgermeisterinnen) gebildet. Interaktionsterme ermöglichen die Überprüfung von Mode- ratoreffekten, also beispielsweise die Annahme, dass eine Moderatorvariable Z die Stärke des Effekts einer Variable X auf die abhängige Variable Y beeinflusst (Urban und Mayerl 2018, S. 325). 19 b (0,07) *× (8)= 0,56. K 286 S. Stocker Abb. 1 Der Effekt der Erfahrung mit Bürgermeisterinnen in Abhängigkeit des Stimmanteils linker und grüner Parteien bei der Bundestagswahl (Anmerkung: Alle Grafiken wurden mithilfe der Statistik-Soft- ware R erstellt. Das zur Berechnung der Fixed-Effects-Regression verwendete plm-Paket wird nicht von gängigen R-Paketen zur Visualisierung von Interaktionseffekten unterstützt. Darum wurde die Grafik auf Grundlage einer linearen Regression erstellt, die zusätzlich zu den Prädiktoren eine Dummy-Variable für jede Gemeinde enthält und identische Koeffizienten wie die Fixed-Effects-Regression mittels plm-Paket liefert.) geht, wird ein positiver Effekt auf die Beteiligungsquote bei Gemeinderatswahlen geschätzt. In Abb. 2 ist der Interaktionseffekt zwischen der Offenheit für Politikerinnen und dem Frauenanteil im Gemeinderat dargestellt. Je größer die Offenheit der Wäh- ler*innen für Frauen in lokalpolitischen Ämtern, desto stärker der positive Effekt des Frauenanteils im Gemeinderat auf die kommunale Wahlbeteiligung. Für einen durchschnittlichen aufsummierten Stimmanteil der Linkspartei und der Grünen bei der Bundestagswahl von 13,8% ist der Interaktionseffekt nicht signifikant. Für ei- ne überdurchschnittliche Offenheit für Politikerinnen von 18,8% (13,8+ 1 SD) ist der Interaktionseffekt hingegen signifikant und positiv. Für einen unterdurchschnitt- lichen Stimmanteil linker und grüner Parteien bei der Bundestagswahl von 8,8% (13,8– 1 SD) ist der Interaktionseffekt hingegen negativ und statistisch signifikant. Für die Präsenz von Frauen im Gemeinderat wird für das Zusammenwirken eines relativ betrachtet hohen Frauenanteils mit einer gleichzeitig geringen Offenheit für weibliche Repräsentantinnen vor Ort außerdem ein negativer Effekt auf die Wahl- beteiligung geschätzt. Dies kann als Hinweis interpretiert werden, dass sich eine für die Präsenz von Politikerinnen eher wenig offene Bevölkerung weniger gut durch einen Gemeinderat mit einem hohen Frauenanteil repräsentiert fühlt und sich dies entsprechend negativ auf die Beteiligungsquote auswirkt. K Frauen in der lokalen Politik und kommunale Wahlbeteiligung. Ein Fall für deskriptive... 287 Abb. 2 Der Effekt des Frauenanteils im Gemeinderat in Abhängigkeit des Stimmanteils linker und grüner Parteien bei der Bundestagswahl Beide Interaktionseffekte zeigen, dass die Stärke des Zusammenhangs zwischen deskriptiver Repräsentation von Frauen und der Beteiligung bei Gemeinderatswahlen durch die anhand des aufsummierten Stimmanteils der Linkspartei und der Grünen bei der Bundestagswahl approximierte Offenheit der Wähler*innen für Frauen in der Politik moderiert wird. Die beiden Hypothesen 3 und 4 können somit anhand der vorhandenen Daten vorläufig empirisch bestätigt werden. Die Varianzaufklärung in Modell 2 mit Interaktionseffekten beträgt 63,9% und ist somit rund einen Pro- zentpunkt höher als in Modell 1 ohne Interaktionseffekte. Cohens f2 beträgt für die Stärke der Interaktionseffekte in Modell 2 im Vergleich zu Modell 1 ≥0,02, was einem kleinen aber substanziellen Effekt entspricht.20 Als Robustheitstest wurden die beiden in Tab. 3 dargestellten Regressionsmodelle zusätzlich auf Basis eines balancierten Panels bzw. unter Anwendung multipler Imputation berechnet. Die Er- gebnisse unterscheiden sich kaum, auch hier sind beide Interaktionsterme signifikant. Die Ergebnisse sind in Tab. A-6 und A-7 im Online-Anhang dargestellt. 20 Die Effektstärke f2 nach Cohen (1988) wurde entsprechend der folgenden Formel berechnet: f 2 D R2 included �R2 excluded 1�R2 included , wobei R2 included Modell 2 und R2 excluded Modell 2 in Tab. 3 entspricht. Die Berechnung ergibt eine Effektstärke von 0,024, was einem kleinen Effekt entspricht (Cohen 1988, S. 413). K 288 S. Stocker 6 Abschließende Bemerkungen Während die Prädiktoren der Unterrepräsentation von Frauen in politischen Äm- tern im Kontext der Bundesrepublik und mögliche Lösungsansätze bereits gut er- forscht sind, besteht hinsichtlich der Auswirkungen geringer Frauenpräsenz noch Forschungsbedarf (siehe beispielhaft Deiss-Helbig 2017; Bieber 2022; Hennl und Kaiser 2008; Wiechmann und Holtkamp 2011; Holtkamp et al. 2017; Kletzing 2018 sowie Höhne 2020). Vorhandene Studien zu den Folgen der geringen Präsenz von Politikerinnen konzentrieren sich vor allem auf die USA. Hinsichtlich der Wirkung deskriptiver Repräsentation konnte in bestehenden Studien bereits ein Einfluss auf die Teilnahme an Demonstrationen, die Nutzung von Petitionen und das Engage- ment in Parteien nachgewiesen werden (siehe z.B. Wolbrecht und Campbell 2007; Norris und Krook 2009; Bühlmann und Schädel 2012). Hinsichtlich der steigernden Wirkung der Präsenz von Frauen in politischen Ämtern auf die Wahlbeteiligung als wichtigste Form politischer Partizipation lag bisher jedoch trotz theoretisch plausi- bler Wirkungsmechanismen keine eindeutige empirische Evidenz vor (siehe beispiel- haft Norris und Krook 2009; Bühlmann und Schädel 2012 sowie Wolak 2020). Die vorliegende Arbeit trägt zur Beseitigung dieser Forschungslücke bei. Die Ergebnisse der Analyse von über tausend Gemeinden in Baden-Württemberg im Längsschnitt zeigen, dass die Präsenz von Frauen in politischen Ämtern einen kleinen, aber den- noch substanziellen positiven Effekt auf die Wahlbeteiligung bei Gemeinderatswah- len hat. Die Steigerung der Erfahrung mit Bürgermeisterinnen führt zu einer Stei- gerung der Beteiligungsquote bei Gemeinderatswahlen. Die Hypothese hinsichtlich der positiven Wirkung des Frauenanteils im Gemeinderat auf die Wahlbeteiligung konnte hingegen nicht bestätigt werden. Die Ergebnisse zeigen außerdem, dass die Stärke des Zusammenhangs zwischen deskriptiver Repräsentation von Frauen und der Wahlbeteiligung durch die Offenheit der Wähler*innen für Frauen in politischen Ämtern moderiert wird. Beide Hypothesen zu den Interaktionseffekten der Offenheit der Wähler*innen mit der Präsenz von Bürgermeisterinnen und dem Frauenanteil im Gemeinderat konnten anhand der vorhandenen Daten vorläufig empirisch bestätigt werden. Vor allem dann, wenn die Präsenz von Frauen in lokalpolitischen Ämtern mit der Offenheit für Politikerinnen zusammenwirkt, zeigt sich ein positiver Effekt auf die Wahlbeteiligung. Jedoch muss auch auf einige Beschränkungen hingewiesen werden. Im Vergleich zu Studien, die sich auf Querschnittsdaten stützen, können mithilfe der vorliegenden Längsschnittdaten zwar Verzerrungen durch zeitkonstante unbeobachtete Heteroge- nität unter Verwendung von Fixed-Effects-Regressionen eliminiert werden. Zeitver- änderliche unbeobachtete Faktoren könnten jedoch trotzdem zu Verzerrungen bei der Schätzung führen. Aufgrund der stark begrenzten Datenverfügbarkeit beschränkt sich die vorliegende Analyse außerdem auf die Gemeinden in Baden-Württemberg. Wesentliche Faktoren wie die Altersstruktur, Arbeitslosigkeit und Wohlstand, hin- sichtlich der sich die Gemeinden in Deutschland zwischen den Bundesländern un- terscheiden könnten, wurden als Kontrollvariablen in den Modellen berücksichtigt. Ob die Ergebnisse der Analyse jedoch auch auf andere Bundesländer übertragbar sind, muss in weiteren Analysen geprüft werden. K Frauen in der lokalen Politik und kommunale Wahlbeteiligung. Ein Fall für deskriptive... 289 Da in dieser Studie ausschließlich mit Aggregatdaten gearbeitet wurde, kann über die konkreten zugrunde liegenden kausalen Mechanismen nur spekuliert werden. Die vorliegende Analyse gibt außerdem keinen Aufschluss darüber, in welcher Bevöl- kerungsgruppe die Präsenz von Frauen in politischen Ämtern zu einer Steigerung der Wahlbeteiligung führt. Denkbar ist, dass Politikerinnen primär für Frauen als Vorbilder wirken und deren politisches Interesse, Wissen, Efficacy oder die Zufrie- denheit mit der Politik steigern (siehe beispielsweise Dovi 2007; Wolak 2020; Bühl- mann und Schädel 2012). Auf diesem Wege könnte langfristig auch die politische Beteiligung positiv beeinflusst werden. Wolbrecht und Campbell (2007) sowie Das- sonneville und McAllister (2018) konnten zeigen, dass vor allem heranwachsende Frauen von weiblichen Vorbildern profitieren. Möglich ist außerdem, dass die Prä- senz von Frauen in der lokalen Politik aufgrund der Politikerinnen zugeschriebenen positiven Eigenschaften wie Ehrlichkeit und Inklusivität ebenfalls positive Effekte auf die Wahlbeteiligung von Männern hat. Wolak (2020) und Atkeson und Carrillo (2007) zeigen, dass Politikerinnen auch das politische Wissen bzw. die Efficacy von Männern positiv beeinflussen können. Zuletzt ist es möglich, dass Politikerinnen neben den zugeschriebenen Eigenschaften tatsächlich über einen anderen Politikstil verfügen, der sich beispielsweise durch mehr Beteiligung und deliberative Elemente – wie einen respektvolleren Umgang mit verschiedenen Gruppen oder Interessen von Minderheiten – auszeichnet und somit letztlich die Wahlbeteiligung stärkt. Zur Klärung der Frage, in welcher Bevölkerungsgruppe der steigernde Effekt stattfindet, bedarf es Individualdaten. Um den konkreten zugrunde liegenden Kausalmechanis- mus zu identifizieren, könnte außerdem auf moderne kausalanalytische Methoden, wie z.B. Synthetic Control21, Instrumentenvariablenschätzung22 oder Daten aus Ex- perimenten, zurückgegriffen werden. Zusatzmaterial online Zusätzliche Informationen sind in der Online-Version dieses Artikels (https://doi. org/10.1007/s11615-022-00434-2) enthalten. Funding Open Access funding enabled and organized by Projekt DEAL. Interessenkonflikt S. Stocker gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Li- zenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ord- nungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betref- fende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung 21 Bei Synthetic Control handelt es sich um eine Methode, mit der im Rahmen einer vergleichenden Fall- analyse untersucht werden kann, ob eine Intervention (z.B. die Wahl einer Bürgermeisterin in einer Ge- meinde) einen Einfluss hat. Für Details siehe Abadie et al. (2015). 22 Die Instrumentenvariablenschätzung ist eine Methode, bei der eine Korrelation zwischen der unab- hängigen Variable und dem Fehlerterm ausgeschlossen werden soll. Hierfür wird die abhängige Variable durch eine Variable ersetzt (Instrumentvariable), die zwar eng mit der abhängigen Variable in Zusammen- hang steht, jedoch nicht mit dem Fehlerterm korreliert ist. Für einen Überblick über die Möglichkeiten der Methode in der Politikwissenschaft siehe Sovey und Green (2010). K https://doi.org/10.1007/s11615-022-00434-2 https://doi.org/10.1007/s11615-022-00434-2 290 S. Stocker nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://creativecommons.org/ licenses/by/4.0/deed.de. Literatur Abadie, Alberto, Alexis Diamond, und Jens Hainmueller. 2015. Comparative politics and the synthetic control method. American Journal of Political Science 59(2):495–510. https://doi.org/10.1111/ajps. 12116. Ackermann, Kathrin, Angelika Vetter, und Simon Stocker. 2021. Beteiligungspolitik unter Grün-Schwarz: Kontinuität und Wandel. In Kiwi im Südwesten. Eine Bilanz der zweiten Regierung Kretschmann 2016–2021, Hrsg. Felix Hörisch, Stefan Wurster, 405–445. Wiesbaden: Springer VS. https://doi.org/ 10.1007/978-3-658-34991-2_16. Alexander, Amy C. 2012. Change in women’s descriptive representation and the belief in women’s ability to govern: a virtuous cycle. 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Ein Fall für deskriptive Repräsentation? Zusammenfassung Abstract Einleitung Die Wirkungen deskriptiver Repräsentation von Frauen und lokale Demokratie in Deutschland Prädiktoren der Beteiligung an Gemeinderatswahlen und Hypothesen Operationalisierung und Datengrundlage Ergebnisse Abschließende Bemerkungen Supplementary Information Literatur