Beiträge zum Stuttgarter Maschinenbau 41 N ic o H el fe sr ie de r Le ic ht ba u- M as ch in en ko m po ne nt en m it h oh er D äm pf un g ... Leichtbau und Strukturoptimierung bieten auch im Maschinenbau großes Potenzial für Ressourcen- und Energieeffizienz sowie zur Dynamiksteigerung. Die hohe Bauteilkomplexität, der entsprechende Fertigungsauf- wand und die mangelnde Skalierbarkeit auf große metalli- sche Strukturbauteile verhindern jedoch den verbreiteten Einsatz im Maschinenbau. Diese Arbeit stellt daher einen Ansatz zur automatisierten Modellierung und zur schichtweisen Fertigung von struk- turoptimierten Leichtbaukomponenten vor, der für diesen Anwendungsfall einen pragmatischen Kompromiss bietet. Dazu wird die numerisch optimale Dichteverteilung einer Topologieoptimierung durch Hohlräume im Bauteilinnern approximiert. Die Fertigung erfolgt durch das Verkleben von vorab strukturierten Blechschichten im Layer Lamina- ted Manufacturing Verfahren. Die experimentelle Validie- rung an zwei realen Bauteilen einer Vorschubachse bestä- tigt die industrielle Anwendbarkeit und zeigt das Potenzial der Methodik: eine signifikant erhöhte Bauteildämpfung trotz hohem Grad an Leichtbau. ISBN 978-3-8396-2080-9 Nico Helfesrieder Leichtbau-Maschinenkomponenten mit hoher Dämpfung durch schichtweise innere Strukturoptimierung Nico Helfesrieder Leichtbau-Maschinenkomponenten mit hoher Dämpfung durch schichtweise innere Strukturoptimierung Beiträge zum Stuttgarter Maschinenbau Band 41 Herausgeber: Prof. Dr.-Ing. Oliver Riedel Prof. Dr.-Ing. Alexander Verl Prof. Dr. rer. nat. Andreas Wortmann Fraunhofer Verlag Kontaktadresse: Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen ISW Seidenstr. 36 70174 Stuttgart info@isw.uni-stuttgart.de https://www.isw.uni-stuttgart.de Titelbild: © Nico Helfesrieder Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar. ISSN: 2750-655X ISBN: 978-3-8396-2080-9 Zugl.: Stuttgart, Univ., Diss., 2024 Druck und Weiterverarbeitung: Fraunhofer-Druckerei, Stuttgart Für den Druck des Buches wurde chlor- und säurefreies Papier verwendet. © Fraunhofer Verlag, 2025 Nobelstraße 12 70569 Stuttgart verlag@fraunhofer.de www.verlag.fraunhofer.de als rechtlich nicht selbständige Einheit der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V. 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Geleitwort Die deutsche Wirtschaft ist weltweit bekannt für ihren Anlagen- und Maschinenbau. Dabei ist die Universität Stuttgart mit ihren beiden Maschinenbaufakultäten – unter deren Dach sich 42 Institute befinden – die größte universitäre Einrichtung für den Maschinenbau in Deutschland. Unsere wissenschaftliche Exzellenz stützt sich dabei auf unsere zahlreichen Promovierenden und ihre hervorragenden Dissertationen. Viele dieser Dissertationen entstehen in lokaler, nationaler und internationaler Zusammenarbeit mit renommierten Universitäten und außeruniversitären Einrichtungen wie dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, der Fraunhofer- Gesellschaft und der Max-Planck-Gesellschaft. Dabei reicht das inhaltliche Spektrum der Dissertationen von Biotechnik, Energietechnik, Fahrzeugtechnik, Kybernetik und Systemtechnik, Produktentwicklung und Konstruktionstechnik, Produktionstechnik bis hin zur Verfahrenstechnik und stützt sich auf die sechs Forschungsschwerpunkte Advanced Systems Engineering, Autonome Produktion, Software-Defined Manufacturing, Resiliente Versorgung, Biointelligenz und Dekarbonisierung der Industrie. Die Ergebnisse aus den Dissertationen zielen darauf ab, kunden-, produkt-, prozess- und mitarbeiterorientierte Technologie zielgerichtet und zeitnah zu entwickeln und anzuwenden. Viele der im Rahmen der Forschungsarbeiten an den Instituten entstandenen Dissertationen werden in diesen »Beiträgen zum Stuttgarter Maschinenbau« veröffentlicht. Die beiden Fakultäten des Stuttgarter Maschinenbaus wünschen den Promovierenden, dass ihre Dissertationen aus dem Bereich des Maschinenbaus in der breiten Fachwelt als maßgebliche Beiträge wahrgenommen werden und so den Wissensstand auf ein neues Niveau heben. Für den Stuttgarter Maschinenbau Stefan Weihe Oliver Riedel Vorwort der Herausgeber Innerhalb der Reihe »Beiträge zum Stuttgarter Maschinenbau« berichtet das Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen an der Universität Stuttgart (ISW) über seine Forschungsergebnisse. Das Institut beschäftigt sich in vielfältiger Form mit Steuerungs- und Automatisierungstechnik sowie dem Einsatz von modernen Methoden des Informationsmanagements. Dabei stehen Grundlagenforschung und anwendungsorientierte Entwicklung in einem stetigen Austausch, wodurch ein kontinuierlicher Technologietransfer in die Praxis sichergestellt wird. Die am ISW entstandenen Dissertationen werden damit unter erweitertem Namen und inzwischen in vierter Generation in der bewährten Konzeption, die der Gründer des ISW Prof. Stute und sein Nachfolger Prof. Pritschow 1972 begonnen haben, durch die heutige Institutsleitung fortgesetzt. Herrn Nico Helfesrieder M.Sc. möchten wir für die geleistete Arbeit danken, dem Verlag für die Aufnahme dieser Schriftenreihe in sein Angebot und der Druckerei für die saubere und zügige Ausführung. Möge das Buch von der Fachwelt gut aufgenommen werden. Alexander Verl Oliver Riedel Andreas Wortmann Leichtbau-Maschinenkomponenten mit hoher Dämpfung durch schichtweise innere Strukturoptimierung Lightweight machine parts with high damping through layer-by-layer inner structural optimization Von der Fakultät Konstruktions-, Produktions- und Fahrzeugtechnik der Universität Stuttgart zur Erlangung der Würde eines Doktor-Ingenieurs (Dr.-Ing.) genehmigte Abhandlung Vorgelegt von Nico Helfesrieder aus Radolfzell am Bodensee Hauptberichter: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. mult. Alexander Verl Mitberichter: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Jürgen Fleischer Tag der mündlichen Prüfung: 16. Dezember 2024 Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen der Universität Stuttgart 2025 Vorwort Diese Dissertation entstand während meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am ISW. Ein wesentlicher Teil der vorliegenden Arbeit wurde im Rahmen des DFG-Forschungsprojekts TopGen – Topologisch optimierte Bauteile für generative Fertigungsverfahren (Projektnummer 246665445) erarbeitet. Mein Dank gilt der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die Förderung. Ein besonderer Dank gilt Prof. Alexander Verl für die wissenschaftliche Begleitung meiner Arbeit am ISW sowie den mir dabei stets gewährten Freiraum und das Vertrauen. Ebenso danke ich Prof. Jürgen Fleischer vom wbk des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) für die Übernahme des Mitberichts und sein Interesse an meiner Forschung. Für die Durchsicht meiner Dissertation und die hilfreichen Anmerkungen möchte ich mich ganz besonders bei Lukas Steinle und Martin Wolf bedan- ken. Darüber hinaus danke ich beiden für die vielenwertvollenDiskussionen über die Jahre am ISW – ebenso wie unter anderem Patrick Mesmer, Micha- el Neubauer, Florian Eger und Christoph Hinze. Auch allen Studierenden danke ich herzlich für die Mitarbeit an meiner Forschung im Rahmen von Abschlussarbeiten und HiWi-Tätigkeiten. Weiterhin danke ich Armin Lech- ler und Michael Neubauer ganz herzlich für ihre Unterstützung während meiner gesamten Zeit am ISW und die vertrauensvolle Zusammenarbeit als Gruppenleiter. Mein Dank gilt auch allen weiteren ISW’lern, die diese Jahre zu einer ganz besonderen Zeit für mich gemacht haben, auf die ich stets gerne zurück- blicken werde. Dies gilt sowohl für alle wissenschaftlichen Mitarbeiter als iii Vorwort auch für die Werkstätten und die Verwaltung. Ein spezieller Dank geht hier- bei an die Gruppe 4 „Antriebssysteme und -regelung“ für die gegenseitige Hilfsbereitschaft und den einzigartigen Teamgeist – macht weiter so! Abschließend gilt mein tiefster Dank meiner Familie, die meine Ausbil- dung gefördert und mir mit ihrer bedingungslosen Unterstützung stets den Rücken freigehalten hat. Ganz besonders danke ich meiner Partnerin Jule – für die großartige Unterstützung in jeder Lebenslage sowie die Rücksicht und die Geduld während der intensiven Phasen des Schreibens dieser Dis- sertation. Nico Helfesrieder, Januar 2025 iv Kurzfassung Leichtbau und belastungsgerechte Strukturoptimierung sind Schlüsseltech- nologien für gute Ressourcen- und Energieeffizienz von Bauteilen. Die Ver- ringerung bewegter Massen trägt zur Verbesserung der Dynamik und Prä- zision von Maschinen bei, sofern trotz geringerer Masse noch ausreichend Dämpfung präsent ist. Während diese Vorteile in der Fahrzeugtechnik sowie der Luft- und Raumfahrt bereits seit Jahrzehnten genutzt werden, stellen die mangelnde Skalierbarkeit auf großvolumige Bauteile sowie die Komplexität und die Kosten der Fertigung noch wesentliche Hürden für den Einsatz im Maschinen- und Anlagenbau dar. Aus diesem Grund wird in der vorliegenden Arbeit eine ganzheitliche Me- thodik zur belastungsgerechten Strukturoptimierung von im Maschinenbau typischen Bauteilen vorgeschlagen. Die Methodik nutzt die Gestaltungsfrei- heiten des Layer-Laminated-Manufacturing (LLM), welches sich durch das Fügen – in diesem Fall durch strukturelles Verkleben – von vorab strukturier- ten Bauteilschichten kennzeichnet und damit als hybrides Verfahren (additiv und subtraktiv) bezeichnet werden kann. Eine Strukturierungsalgorithmik ermöglicht die automatisierte Modellierung optimierter Bauteilschichten, indem die Dichteverteilung einer Topologieoptimierung durch Hohlräume approximiert wird. Bei der Modellierung werden bereits alle Randbedin- gungen der nachfolgenden Fertigung berücksichtigt. Da sowohl die Strukturierungsalgorithmik als auch die hybride Fertigung die resultierenden Bauteileigenschaften beeinflussen, werden je eine simu- lative und empirische Einflussanalyse zu den wichtigsten Parametern der Methodik durchgeführt. v Kurzfassung Abschließend wird die gesamte Methodik praxisnah validiert, indem der Lagerbock einer Vorschubachse damit optimiert wird. Neben der isolierten Analyse der inhärenten Bauteileigenschaften wird auch untersucht, wie der LLM-Lagerbock das mechanische Übertragungsverhalten der gesamten Vorschubachse im eingebauten Zustand beeinflusst. Um zusätzlich die in der Praxis wichtige Skalierbarkeit zu validieren, wird ein großvolumiger Maschinentisch als zusätzliches Applikationsbeispiel betrachtet. Die vorgestellten Ergebnisse bekräftigen die grundsätzliche Eignung der vorgeschlagenen Methodik. In der isolierten Betrachtung zeigen sich neben der Reduktion von Steifigkeit und Eigenfrequenzen auch signifikant höhere Dämpfungen für die LLM-Bauteile. In der Einbausituation sind diese Effekte grundsätzlich auch sichtbar, jedoch deutlich weniger ausgeprägt. Außerdem können anhand der Ergebnisse die wichtigsten Anknüpfungspunkte identi- fiziert werden, um den Technologiereifegrad des LLM-Verfahrens und damit die Praxistauglichkeit der gesamten Methodik weiter voranzubringen. vi Abstract Lightweight design and load-oriented structural optimization are key tech- nologies for high resource and energy efficiency. The reduction of moving masses enhances the dynamics and precision of machines, provided that suf- ficient damping is still present despite the lower mass. While these benefits have been used in the automotive and aerospace industries for decades, the lack of scalability to large-volume parts and production complexity and costs are still major challenges for their use in mechanical and plant engineering. Consequently, this thesis proposes a comprehensive method for the load- based structural optimization of typical mechanical engineering components. It makes use of the design freedom of Layer-Laminated-Manufacturing (LLM), which is characterized by the joining – in this case by structural bonding – of pre-structured part layers and can thus be considered a hybrid process (additive and subtractive). A structuring algorithm enables the automatedmodelling of individually optimizedpart layers by approximating the density distribution of a topology optimization through cavities. All constraints of the subsequent production are already taken into account during modeling. As both the structuring algorithm and hybrid manufacturing affect the resulting part properties, a simulative and empirical influence analysis are conducted on the most important parameters of the methodology. Finally, the entire approach is validated under practical conditions by op- timizing the bearing block of a feed drive axis. Besides the isolated analysis of the inherent part properties, it is also investigated how the LLM bearing block influences the mechanical transmission behavior of the entire feed axis vii Abstract in the installed state. To validate the scalability, which is important in practi- ce, a large-volume machine table is examined as an additional application example. The findings shown confirm the principle suitability of the proposed me- thod. Apart from a reduction in stiffness and eigenfrequencies, the isolated analysis also shows a significant increase in damping for the LLM parts. The- se effects are also visible in the installed state, but are clearly less significant. In addition, the results can be used to identify the most important leverage points in order to further advance the technological maturity of the LLM process and thus the practical suitability of the entire approach. viii Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . iii Kurzfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . v Abstract . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . vii Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . xiii Symbolverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . xv Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . xxi Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . xxv 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.1 Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1.2 Aufbau dieser Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2 Stand der Forschung und Technik . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.1 Leichtbau und Strukturoptimierung . . . . . . . . . . . . . 5 2.1.1 Arten von Leichtbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.1.2 Methoden der Strukturoptimierung . . . . . . . . . 7 2.1.3 FE-basierte Topologieoptimierung . . . . . . . . . . 11 2.2 Additive und hybride Fertigungsverfahren . . . . . . . . . 16 2.2.1 Materialien und Bauteilqualität . . . . . . . . . . . . 17 2.2.2 Gestaltungsfreiheiten und Fertigungsrestriktionen . 20 2.2.3 Layer-Laminated-Manufacturing (LLM) . . . . . . 23 ix Inhaltsverzeichnis 2.3 Ansätze zur fertigungsgerechten Strukturoptimierung von Maschinenkomponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2.3.1 Beschränkte Topologieoptimierung . . . . . . . . . 27 2.3.2 Nachgelagerte Rekonstruktion . . . . . . . . . . . . 29 2.3.3 Biologisch inspirierte Gitter- und Wabenstrukturen 35 2.3.4 Schichtweise Optimierung . . . . . . . . . . . . . . . 38 2.3.5 Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 3 Zielsetzung und Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 4 Generierung strukturoptimierter LLM-Leichtbaukomponenten 49 4.1 Strukturierungsalgorithmik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 4.1.1 Fertigungs- und Designparameter . . . . . . . . . . 50 4.1.2 Slicing der zu optimierenden Geometrie . . . . . . . 54 4.1.3 Diskretisierung der einzelnen Schichten . . . . . . . 55 4.1.4 Modellierung der dichteadaptiven Hohlräume . . . 61 4.2 Hybride Fertigung im LLM-Verfahren . . . . . . . . . . . . 66 5 Einflussanalyse zur LLM-Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . 71 5.1 Einfluss der LLM-Fertigungsparameter auf die Bauteileigen- schaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 5.1.1 Probengeometrie und Parameterkombinationen . . 72 5.1.2 Versuchsaufbau und -durchführung . . . . . . . . . 77 5.1.3 Ergebnisse und Diskussion . . . . . . . . . . . . . . 80 5.2 Einfluss der LLM-Strukturierungsparameter auf das Leicht- baupotenzial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 5.2.1 Topologieoptimierung des Lagerbockes . . . . . . . 88 5.2.2 LLM-Parameterkombinationen . . . . . . . . . . . . 88 5.2.3 Ergebnisse und Diskussion . . . . . . . . . . . . . . 90 x Inhaltsverzeichnis 6 Experimentelle Validierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 6.1 Untersuchte Lagerböcke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 6.2 Experimentelle Modalanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 6.3 Validierung in realer Einbausituation . . . . . . . . . . . . . 100 6.3.1 Untersuchter Kugelgewindetrieb-Prüfstand . . . . . 101 6.3.2 Statische Steifigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 6.3.3 Mechanikfrequenzgang . . . . . . . . . . . . . . . . 108 6.3.4 Nachgiebigkeitsfrequenzgang . . . . . . . . . . . . . 112 6.3.5 Dämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 6.4 Skalierbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 6.5 Diskussion der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 7 Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 A Methodik der Frequenzganganalysen . . . . . . . . . . . . . . 131 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 xi Abkürzungsverzeichnis AM Additive Manufacturing B-Rep Boundary Representation CAD Computer-Aided-Design CAM Computer-Aided-Manufacturing DA Direktantrieb DfAM Design for Additive Manufacturing DFT Diskrete Fourier Transformation EMA Experimentelle Modalanalyse FDM Fused Deposition Modeling FE Finite Elemente FEM Finite-Elemente-Methode FGLS Functionally Graded Lattice Structures FRF Frequency Response Function KGT Kugelgewindetrieb LLM Layer-Laminated-Manufacturing LOM Laminated-Object-Manufacturing OMA Operational Modal Analysis P Proportional PI Proportional-Integral RCP Rapid-Control-Prototyping SIMP Solid Isotropic Material with Penalization SL Sheet Lamination SLM Selective Laser Melting xiii Abkürzungsverzeichnis STL Surface Tesselation Language TO Topologieoptimierung UAM Ultrasonic Additive Manufacturing xiv Symbolverzeichnis Symbol Einheit Beschreibung aζ % Anisotropie der modalen Dämpfung af % Anisotropie der Eigenfrequenz ak % Anisotropie der Biegesteifigkeit δ s−1 Abklingkonstante A(jω) − Ausgangsspektrum A∗(jω) − Komplex konjugiertes Ausgangsspektrum c µm/N Nachgiebigkeit dCheck mm Liste der minimalen kartesischen Abstände zwischen Prüfgitter und Bauteilkontur ζ % Modale Dämpfungsmaß ∆ζ % Über drei Moden gemittelte Dämpfungs- steigerung gegenüber der Referenz ∆xLB mm Auslenkung des Lagerbockes ∆xT mm Auslenkung des Maschinentisches gegen- über seiner Sollposition Θ̇M ◦/s Motorgeschwindigkeit E(jω) − Eingangsspektrum E∗(jω) − Komplex konjugiertes Eingangsspektrum f Hz Eigenfrequenz FDA N Auf den Maschinentisch aufgebrachte Störkraft xv Symbolverzeichnis Symbol Einheit Beschreibung GMech − Mechanikfrequenzgang GComp − Nachgiebigkeitsfrequenzgang hPart mm Höhe des Bauteils in Schichtaufbaurichtung H1 − Geschätzte Übertragungsfunktion bei Messrauschen am Systemausgang H2 − Geschätzte Übertragungsfunktion bei Messrauschen am Systemeingang k N/µm Biegesteifigkeit kAxL N/µm Axiale Ersatzsteifigkeit des Teilsystems Axiallagerung kDS N/µm Axiale Steifigkeit des Distanzstückes aus Aluminium kGes N/µm Axiale Ersatzsteifigkeit des mechanisches Gesamtsystems vom Motorflansch bis zum Positionsmesssystem am Maschinentisch kKL N/µm Axiale Steifigkeit des Schrägkugellagers kLB N/µm Axiale Ersatzsteifigkeit des Lagerbockes kM+T N/µm Axiale Ersatzsteifigkeit der Einheit aus Spindelmutter und Tisch bis zur Anbringung des Positionsmesssystems kSp N/µm Axiale Spindelsteifigkeit dKGT mm Spindeldurchmesser hKGT mm Spindelsteigung γ2 − Kohärenz lSlice,X mm Maximale Abmessung einer Schicht in x-Richtung lSlice,Y mm Maximale Abmessung einer Schicht in y-Richtung xvi Symbolverzeichnis Symbol Einheit Beschreibung leff mm Effektive Spindellänge zwischen Festlager und Tischposition lGrid mm Gittergröße l̃Grid mm Lokal skalierte Gittergröße lGrid,opt mm Skalierte Gittergröße lmin mm Minimale Stegbreite lEdge,X mm Nach der Diskretisierung in x-Richtung ver- bleibende Restwandstärke auf beiden Seiten der Kontur lEdge,Y mm Nach der Diskretisierung in y-Richtung ver- bleibende Restwandstärke auf beiden Seiten der Kontur m g Bauteilmasse nGrid,X − Anzahl der Gitterelemente in x-Richtung nGrid,Y − Anzahl der Gitterelemente in y-Richtung nS − Anzahl der LLM-Schichten p − Penaltyfaktor oder Bestrafungsfaktor r mm Radius des kreisförmigen Hohlraumes einer Gitterzelle rmax mm Maximaler Radius innerhalb einer Gitterzelle R2 − Bestimmtheitsmaß rmin mm Minimaler Radius ρGrid,rmin − Größtmögliche imitierbare Dichte einer Gitterzelle, abgesehen von 1 ρGrid,min − Kleinstmögliche imitierbare Dichte einer Gitterzelle xvii Symbolverzeichnis Symbol Einheit Beschreibung ρGrid,rmax − Imitierter Dichtewert für den größtmög- lichen kreisförmigen Hohlraum in einer Gitterzelle ρj − Elementdichte ρ̂Grid − Normierter Dichtewert einer Gitterzelle ρInt − Gemittelte Dichte aller Gitterzellen ρLLM − Normierter Dichtewert des fertig modellierten LLM-Bauteils ρ1.0332 kg/dm3 Dichte des Baustahls 1.0332 ρ1.4044 kg/dm3 Dichte des Edelstahls 1.4404 ρ̂TO − Normierte, kontinuierliche Dichte als Design- variable innerhalb der Topologieoptimierung ρTO − In der TO über alle Elemente gemittelte Dichtê̇xSw mm/s Amplitude des linearen Sinus-Sweeps TSw s Dauer des linearen Sinus-Sweeps fStart Hz Startfrequenz des linearen Sinus-Sweeps fStop Hz Endfrequenz des linearen Sinus-Sweeps ΘM ◦ Motorposition tS mm Schichtdicke für das Slicing VCav mm3 Aus einer Gitterzelle durch den modellierten Hohlraum entferntes Volumen VGrid mm3 Volumen einer Vollmaterial-Gitterzelle ohne Hohlraum VCav,max mm3 Größtmögliches Hohlraumvolumen inner- halb einer Gitterzelle VCav,rmax mm3 Volumen des größtmöglichen kreisförmigen Hohlraums innerhalb einer Gitterzelle xviii Symbolverzeichnis Symbol Einheit Beschreibung VCav,min mm3 Kleinstmögliches Hohlraumvolumen innerhalb einer Gitterzelle VLLM mm3 Volumen des modellierten LLM-Bauteils ẋOff mm/s Offset-Geschwindigkeit des Maschinentisches VREF mm3 Volumen des Referenzbauteils aus Vollmaterial ẋSw mm/s Soll-Geschwindigkeit des linearen Sinus-Sweeps ẋT mm/s Geschwindigkeit des Maschinentisches xLB mm Axiale Position des Lagerbockes, ermittelt durch das Laser Doppler Vibrometer xT mm Tischposition ~z − Schichtaufbaurichtung xix Abbildungsverzeichnis 2.1 Unterscheidungder Strukturoptimierungsarten Topologie-, Form- und Parameteroptimierung, angelehnt an [4] . . . . . . . . . . 9 2.2 Schematischer Ablauf einer Topologieoptimierung . . . . . . . 12 2.3 Einfluss des Penaltyfaktors auf den Zusammenhang zwischen Elementdichte und Elementsteifigkeit . . . . . . . . . . . . . . 15 2.4 Gestaltungsfreiheiten des LLM-Verfahrens anhand von prakti- schen Beispielen der Firma Fabrisonic LLC [64] . . . . . . . . 25 2.5 Beispielhafter Skelettierungs-Ansatz zur nachgelagerten Rekon- struktion [76] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2.6 Beispielhaftes Reverse Engineering auf Basis des Facettenmodells einer TO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 2.7 Strukturoptimierte FGLS-Halterung für ein Flugzeug [90] . . 36 2.8 Oberseite und Unterseite einer Amazonas-Riesenseerose sowie ein nach diesem Vorbild bionisch optimierter Maschinentisch 38 2.9 Prinzip der LLM-Optimierung von Mottahedi [99] . . . . . . 40 2.10 Klassifizierung des Standes der Forschung und Technik sowie Visualisierung des Beitrages dieser Arbeit . . . . . . . . . . . . 44 3.1 Struktur dieser Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 4.1 Übersicht der entwickelten LLM-Algorithmik . . . . . . . . . . 51 4.2 Übersicht der verwendeten LLM-Fertigungsparameter . . . . 53 4.3 Beim Slicing berücksichtigtes Aufmaß des LLM-Bauteils zur Sicherstellung der subtraktiven Nachbearbeitbarkeit . . . . . . 55 4.4 Gleichförmige Diskretisierung einer Schicht . . . . . . . . . . . 57 xxi Abbildungsverzeichnis 4.5 Anpassung der Gittergröße zur Maximierung des Leichtbau- potenzials . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 4.6 Verwendetes Prüfgitter zur Unterscheidung von Gitterzellen, die zur Hohlraummodellierung weiterverwendet werden und solchen, die aussortiert werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 4.7 Fallunterscheidung zur Adaption von Gitterzellen, die teilweise außerhalb der Kontur liegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 4.8 Durch die Hohlräume imitierbare Dichten sowie die aus den Fertigungsparametern resultierenden Einschränkungen dieser 64 4.9 Drei optimierte LLM-Schichten eines Lagerbockes mit unter- schiedlichen Gittergrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 4.10 LLM-Baugruppe als Ergebnis der Strukturierungsalgorithmik sowie ein Beispiel für geschlossene Hohlräume . . . . . . . . . 67 4.11 Schematischer Ablauf des LLM-Fertigungsprozesses . . . . . . 68 4.12 Klebstoffapplikation – Vergleich zwischen Spachtel und Walze 69 5.1 Probengeometrie, Untersuchungsrichtungen sowie die ersten drei Eigenmoden des Referenzbalkens aus Vollmaterial . . . . 74 5.2 Versuchsaufbau der statischen 2-Punkt-Biegeversuche sowie der EMA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 5.3 Relative Veränderung der Eigenfrequenzen und Absolutwerte der modalen Dämpfungen unter Variation des Klebstoffes . . 82 5.4 Veränderung der Biegesteifigkeit unter Variation der Schichtdicke tS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 5.5 Relative Veränderung der Eigenfrequenzen und Absolutwerte der modalen Dämpfungen unter Variation der Blechdicke . . . 84 5.6 Heatmaps für dieAnisotropien der Eigenfrequenzendermodalen Dämpfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 5.7 Als Praxisbeispiel verwendeter Lagerbock in Einbausituation sowie das Ergebnis der TO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 xxii Abbildungsverzeichnis 5.8 Auswirkung des minimalen Radius rmin auf den mit der LLM- Methodik realisierbaren Leichtbau . . . . . . . . . . . . . . . . 91 5.9 Auswirkung der minimalen Stegbreite lmin auf den mit der LLM- Methodik realisierbaren Leichtbau . . . . . . . . . . . . . . . . 92 5.10 Auswirkung der Gittergröße lGrid auf denmit der LLM-Methodik realisierbaren Leichtbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 6.1 Übersicht der untersuchten Lagerböcke . . . . . . . . . . . . . 97 6.2 Mess- und Anregungspunkte der EMA der Lagerböcke sowie Vergleich der drei FRFs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 6.3 Mechanik und Komponenten des zur Validierung verwendeten KGT-Prüfstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 6.4 Ersatzmodell der KGT-Mechanik und Unterscheidung des Teil- systems Axiallagerung vom Gesamtsystem . . . . . . . . . . . 103 6.5 Laser-Doppler-Vibrometer zur zusätzlichen Messung der axialen Auslenkung am Lagerbock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 6.6 Kraftprofil und die resultierenden Auslenkungen zur Ermittlung der statischen Steifigkeit am KGT . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 6.7 Identifizierte Steifigkeitswerte für das Teilsystem Axiallagerung und das mechanische Gesamtsystem . . . . . . . . . . . . . . . 107 6.8 Mechanikfrequenzgang des KGT unter Variation des Lagerbockes 111 6.9 Nachgiebigkeitsfrequenzgänge desKGTunterVariation des Lager- bockes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 6.10 Dämpfungsidentifikation durch e-Fit mithilfe einer sprungför- migen Kraftanregung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 6.11 Vergleich der Abklingkurven und der identifizierten Dämpfun- gen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 6.12 TO-Dichteverteilung sowie daraus modelliertes LLM-Modell des Maschinentisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 xxiii Abbildungsverzeichnis 6.13 Versuchsaufbau der EMA sowie der statischen Biegeversuche für den Maschinentisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 A.1 Darstellung der verwendeten Signalglättung am Beispiel des Mechanikfrequenzgangs des SLM-Lagerbockes . . . . . . . . . 133 xxiv Tabellenverzeichnis 2.1 Bewertung der Ansätze (Kriterium nicht erfüllt: , Kriterium voll erfüllt: ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 5.1 Verwendete Klebstoffe und deren wesentliche technische Eigen- schaften[105, 106, 107] – alle Klebstoffe weisen eine Topfzeit von 1h sowie eine Aushärtezeit von 24h auf . . . . . . . . . . . . . 75 5.2 Notation der untersuchten LLM-Parameterkombinationen für die Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 5.3 Gemittelte Biegesteifigkeiten unter Variation des Klebstoffes . 81 5.4 Volumenanteile an Klebstoff für die untersuchten Parameter- kombinationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 5.5 Anisotropie ak der Biegesteifigkeit nach Gleichung (5.1) unter Variation der Schichtdicke sowie des Klebstoffes . . . . . . . . 85 5.6 Für die Parameterkombinationen verwendete Variationsbereiche und initiale Werte der einzelnen Parameter . . . . . . . . . . . 90 6.1 Übersicht der wesentlichen Eigenschaften (Masse, Eigenfrequenz und Dämpfung) der untersuchen Lagerböcke. . . . . . . . . . 100 6.2 Parameter des linearen Sweeps zur Anregung des Mechanikfre- quenzgangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 6.3 Parameter des linearen Sweeps zur Anregung des Nachgiebig- keitsfrequenzgangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 6.4 Maximalwerte der Nachgiebigkeitsfrequenzgänge aus Abbil- dung 6.9 sowie die relative Abweichung zur Referenz . . . . . 116 xxv Tabellenverzeichnis 6.5 Übersicht der Ergebnisse für den LLM-Maschinentisch . . . . 124 xxvi 1 Einleitung Leichtbau – der grundsätzlich über den Werkstoff als auch die Konstruktion erzielt werden kann – hat zum Ziel, nur so viel Material einzusetzen, wie für die Bauteilfunktionalität notwendig ist. Konstruktiver Leichtbau optimiert damit das Verhältnis von eingesetzter Masse zur spezifischen Funktion eines Bauteils, weshalb auch von anwendungsgerechter Optimierung gesprochen wird.Aufgrunddes großen Potenzials gilt Leichtbau als Schlüsseltechnologie für viele Branchen, vor allem in der Luft- und Raumfahrt [1] sowie im Automobil [2] ist Leichtbau bereits seit Jahrzehnten etabliert und dennoch stets Gegenstand weiterer Forschung. Für Leichtbaukomponenten wird weniger Rohstoff benötigt und bewegte Massen werden reduziert, wodurch weniger Energie zur Bewegungserzeu- gung benötigt wird. Damit gilt Leichtbau als einzige Technologie, welche die wirtschaftlichen Ziele von verbesserter Produktivität und höherer Präzi- sion mit gleichzeitiger Ressourcen- und Energieeffizienz verbinden kann [3]. Diese Eigenschaften machen den Leichtbau auch für den Maschinen- und Anlagenbau zu einer vielversprechenden Chance, um mehr Energie- und Ressourceneffizienz bei gleichbleibender oder besserer Produktivität und Präzision zu erzielen. Auf diese Weise kann den stetig steigenden Anforde- rungen an Genauigkeit und Produktivität klassischer Werkzeugmaschinen begegnet werden. 1 1 Einleitung 1.1 Problemstellung Zur Nutzung von Leichtbau können konstruktive sowie werkstoff- und fügetechnische Maßnahmen ergriffen werden, welche sich komplementär ergänzen. Die vorliegende Arbeit fokussiert sich dabei auf den konstruktiven Leichtbau durch Optimierung der inneren Bauteilstruktur bzw. -topologie. Mit der Topologieoptimierung (TO), die häufig auf der Finite-Elemente- Methode (FEM) basiert, steht Konstrukteuren bereits eine etablierte und in kommerziellen Produkten verfügbareMethode zur Verfügung, umdie Struk- tur eines Bauteils numerisch zu optimieren [4]. Auch die Berücksichtigung von Fertigungsrandbedingungen oder weiteren Restriktionen findet immer mehr Einzug in kommerziell verfügbare TO-Software. Dennoch sind die resultierenden Bauteilstrukturen gewöhnlich derart komplex, dass sie nur durch additive Fertigungsverfahren (engl. Additive Manufacturing (AM)) herstellbar sind. Trotz rasanter Fortschritte der additiven Verfahren hinsicht- lich Produktivität, Genauigkeit, Skalierbarkeit und Wirtschaftlichkeit sind vor allem die letzten beiden Aspekte noch immer Hürden für den breiten Einsatz im Maschinen- und Anlagenbau. Vor allem die typischen großvolu- migen, metallischen Bauteile lassen sich derzeit nicht oder nur unter sehr großem Zeit- und Kostenaufwand additiv fertigen [5, 6, 7]. Umdiese Hürden für den Einsatz von Strukturoptimierung und Leichtbau im Maschinen- und Anlagenbau zu reduzieren, wird in der vorliegenden Arbeit eine neuartige Methodik zur schichtweisen Modellierung und Ferti- gung von im Inneren optimierten Maschinenelementen vorgeschlagen, die auf dem Layer-Laminated-Manufacturing (LLM)-Verfahren beruht. 2 1.2 Aufbau dieser Arbeit 1.2 Aufbau dieser Arbeit Die vorliegende Arbeit gliedert sich wie folgt: An diese Einleitung anschließend wird in Kapitel 2 der Stand der Forschung undTechnik zu Strukturoptimierung undLeichtbau imMaschinenbau aufbe- reitet. Dazu werden zum einen die verfügbarenMethoden zur Modellierung optimierter Bauteilstrukturen sowie die dabei berücksichtigten Randbedin- gungen und Optimierungsziele erörtert. Zum anderen wird die Fertigung solch optimierter Bauteilstrukturen beleuchtet, wobei der Fokus auf metalli- sche Bauteile gelegt wird, wie sie im Maschinen- und Anlagenbau üblich sind. Nach Analyse der Anforderungen und Problemstellungen aus dem Stand der Forschungwerden in Kapitel 3 die Zielsetzung sowie die Vorgehensweise zur Erreichung dieser Ziele detailliert. Die im Rahmen dieser Arbeit entwickelte Methodik wird in Kapitel 4 vorgestellt. Dabei werden zuerst die getroffenen Annahmen und Randbedin- gungen beschrieben und eswerden entsprechende Begrifflichkeiten definiert. Anschließendwerden der Ablauf und die mathematischen Zusammenhänge der Strukturierungsalgorithmik erläutert, welche die Ergebnisse der TO in herstellbare LLM-Schichten übersetzt. Die Fertigung dieser LLM-Schichten, der Fügeprozess zur Erzeugung der gewünschten 3D-Geometrie sowie das abschließende Finishing werden ebenfalls beschrieben, um eine ganzheitli- che Methodik für Modellierung und Fertigung zu erhalten. Sowohl für die Modellierung als auch die Fertigung der LLM-Bauteile existieren verschiedene Freiheitsgrade, deren Einfluss auf die resultieren- den Bauteileigenschaften aufgrund der Neuheit der Methodik nicht vorab bekannt sind. Aus diesem Grund wird in Kapitel 5 eine Einflussanalyse durchgeführt. Einerseits werden die Einflüsse der in der Strukturierungs- algorithmik berücksichtigten Parameter auf den resultierenden Leichtbau untersucht. Andererseits wird experimentell untersucht, wie sich die wesent- 3 1 Einleitung lichen LLM-Fertigungsparameter auf die Bauteileigenschaften – Steifigkeit, Eigenfrequenzen, Dämpfung – auswirken. Zur praxisnahen Validierung der vorgeschlagenen Methodik werden in Kapitel 6 zwei exemplarische Bauteile herangezogen – ein Lagerbock und ein Maschinentisch einer Vorschubachse. Diese werden durch die Methodik in individuell strukturierte LLM-Schichten aufgeteilt und anschließend durch strukturelles Verkleben gefertigt. In Experimenten werden die inhärenten Bauteileigenschaften durch eine Experimentelle Modalanalyse (EMA) er- mittelt. Zusätzlich findet jeweils die realitätsnahe Validierung durch Einbau in einen Kugelgewindetrieb (KGT)-Prüfstand und anschließende Analyse des mechanischen Übertragungsverhaltens im Zeit- und Frequenzbereich statt. Dabei wird gezielt untersucht, wie sich die durch LLM veränderten Bauteileigenschaften auf die statischen und dynamischen Eigenschaften des KGT auswirken. Abschließendwerden in Kapitel 7 die wichtigsten Ergebnisse dieser Arbeit zusammengefasst und es wird ein Ausblick auf forschungstechnische und industrielle Anknüpfungspunkte gegeben. 4 2 Stand der Forschung und Technik Strukturoptimierung und Leichtbau bieten großes Potenzial für die anwen- dungsgerechte Optimierung von Maschinenkomponenten und die damit verbundene Ressourcen- und Energieeffizienz der Maschinen und Anlagen. Daher wird nachfolgend in Abschnitt 2.1 der Stand der Forschung und Tech- nik zu Leichtbau und Strukturoptimierung im Maschinen- und Anlagenbau dargestellt. Daran anschließend werden in Abschnitt 2.2 die gängigsten addi- tiven und hybriden Fertigungsverfahren sowie deren Gestaltungsfreiheiten und Restriktionen erläutert, da diese essenziell für dieWahl eines geeigneten Fertigungsverfahrens sind. Vor allem die Verknüpfung von Strukturoptimie- rung und Fertigungsrestriktionen ist eine aktuelle und intensiv erforschte Problemstellung, da nicht herstellbare Bauteile keinen praktischenMehrwert bieten. Die unterschiedlichen Ansätze zur Strukturoptimierung unter Be- rücksichtigung von Fertigbarkeit werden daher dieses Kapitel abschließend in Abschnitt 2.3 beschrieben und verglichen. Da sich die Anforderungen, die verwendbaren Verfahren sowie die erzielbaren Eigenschaften je nach Anwendungsfall stark unterscheiden, wird nachfolgend der Fokus auf me- tallische Werkstoffe gelegt, wie sie im Maschinen- und Anlagenbau üblich sind. 2.1 Leichtbau und Strukturoptimierung Es gibt unterschiedliche Arten von Leichtbau, diese werden in Abschnitt 2.1.1 differenziert und in ihrer Bedeutung eingeordnet. Eines der wichtigsten Werkzeuge für die konstruktive Realisierung von Leichtbau ist die Struk- 5 2 Stand der Forschung und Technik turoptimierung, die wiederum in verschiedene Optimierungsarten unter- schieden werden kann (vgl. Abschnitt 2.1.2). Eine dieser Optimierungsarten ist die TO, welche die bestmögliche Materialanordnung innerhalb eines Bauraums ermittelt. Diese wird häufig auf Basis einer Finite Elemente (FE)- Simulation durchgeführt und ist in den meisten kommerziellen FE-Tools fester Bestandteil. Da auch die in dieser Arbeit vorgestellte Methode die FE-basierte TO nutzt, werden deren grundlegende mathematische Zusam- menhänge in Abschnitt 2.1.3 beschrieben. 2.1.1 Arten von Leichtbau Leichtbau lässt sich mithilfe unterschiedlicher Methoden realisieren, die in dieser Arbeit wie folgt differenziert werden: • Stoffleichtbau, • Fertigungsleichtbau, • Formleichtbau. Stoffleichtbau (auch Werkstoffleichtbau) wird durch die Substitution des Werkstoffes durch einen leichteren Werkstoff erreicht. Dabei wird übli- cherweise die Beibehaltung der Bauteileigenschaften – beispielsweise der Steifigkeit – gefordert. Um dies zu erfüllen, geht die Substitution des Werk- stoffes mit einer Geometrieanpassung einher. Im einfachen Beispiel eines Biegebalkens kann z. B. Stahl durch Aluminium, Magnesium oder Titan ersetzt werden – zur Beibehaltung der Biegesteifigkeit muss jedoch der Querschnitt gleichzeitig vergrößert werden [2]. Einen wichtigen Aspekt beim Stoffleichtbau stellen auch die Mehrkosten bezogen auf den realisierten Leichtbau dar. Friedrich [2] verdeutlicht dies am Beispiel von Schrauben. Durch Ersetzen von 300 Stahlschrauben (M6×25mm) durch baugleiche Titanschrauben lässt sich rund 1kg Masse einsparen, jedoch geht damit 6 2.1 Leichtbau und Strukturoptimierung auch eine Kostensteigerung um Faktor 240 einher. Wann sich ein solcher Stoffleichtbau aus wirtschaftlicher Sicht lohnt, ist stark anwendungsabhän- gig. Zwar sind eine Vielzahl an hochperformanten Leichtbauwerkstoffen verfügbar, jedoch bleibt deren Anwendung aufgrund der Wirtschaftlichkeit eher dem Automobilbau sowie der Luft- und Raumfahrt vorbehalten [8, 9]. Fertigungsleichtbau bezeichnet hier die Gewichtsreduktion durch gezielte Variation von Fertigungs- und Montageverfahren. Beispielsweise kann durch Kleben Gewicht gegenüber Schraub- und Nietverbindungen gespart werden, wenn dabei die benötigten Festigkeiten eingehalten werden können. Laut Henning und Moeller [10] kann der Fertigungsleichtbau jedoch nur sehr selten isoliert betrachtet werden, da die wechselseitigen Abhängigkeiten zu den anderen Leichtbauarten zu groß sind. Formleichtbau (auch konstruktiver Leichtbau) bietet in vielen Fällen das größte Potenzial, jedoch ist die Umsetzung häufig auch komplexer. Ziel ist es, nur die zur Funktionserfüllung notwendige Menge an Material einzu- setzen und dieses hinsichtlich der äußeren Randbedingungen optimiert im Bauraum anzuordnen [2, 11]. Methoden zu diesem Zweck werden als Struk- turoptimierung bezeichnet und werden im nachfolgenden Abschnitt 2.1.2 genauer beschrieben. Wichtig ist anzumerken, dass die genannten Leichtbauarten größtenteils komplementär zu betrachten und somit fürmaximalen Leichtbau kombiniert einzusetzen sind. Nachfolgend wird jedoch vor allem der Formleichtbau durch Strukturoptimierung fokussiert. 2.1.2 Methoden der Strukturoptimierung Wie bereits angedeutet, verfolgt die Strukturoptimierung das Ziel, die best- mögliche Anordnung bzw. Verteilung von Material in einem Bauraum zu 7 2 Stand der Forschung und Technik finden. Es gibt jedoch keine verallgemeinerte Optimierung der Material- anordnung. Vielmehr ist diese stark abhängig von Randbedingungen wie äußeren Lasten sowie der Wahl des Optimierungsziels – beispielsweise kann die Masse minimiert oder die Steifigkeit maximiert werden. Auch die Definition deutlich komplexerer und kombinierter Optimierungsziele und Randbedingungen ist möglich, solange eine mathematische Formulierung für die Zielfunktion gefunden werden kann [11, 12]. Die Minimierung min f(x) (2.1) dieser Zielfunktion in Abhängigkeit der Entwurfsvariablen x – im Kontext der Strukturoptimierung auch häufig als Designvariablen bezeichnet – ist Ziel der Optimierung. Dabei sind meist verschiedene Randbedingungen zu berücksichtigen, welche als Ungleichheitsrestriktionen (inequality cons- traints) gj(x) ≤ 0, j ∈ [1,m] (2.2) Gleichheitsrestriktionen (equality constraints) hk(x) = 0, k ∈ [1, n] (2.3) oder explizite Restriktionen (upper and lower bounds) xlower i ≤ xi ≤ x upper i , i ∈ [1, q] (2.4) formuliert und damit in die Optimierungsroutine integriert werden können [11]. Nachfolgend wird aus Gründen der Einfachheit übergreifend von Randbedingungen (engl. Constraints) gesprochen. Ausgehend von dieser generalisierten Formulierung lassen sich verschie- dene Optimierungsprobleme definieren. In der Praxis werden die Verfahren der Strukturoptimierung häufig – wie in Abbildung 2.1 schematisch darge- stellt – weiter differenziert in: 8 2.1 Leichtbau und Strukturoptimierung • Parameteroptimierung, • Formoptimierung, • Topologieoptimierung. Parameteroptimierung Die Parameteroptimierung (auch Dimensionie- rung) verändert weder die grundsätzliche Topologie noch die äußere Form eines Bauteils. Als Designvariablen x können hier grundsätzlich alle Mo- dellparameter gewählt werden. Typischerweise sind das die geometrischen Konstruktionsparameter wie beispielsweise die Abmessungen von Quer- schnitten, Radien oder Wandstärken. Darüber hinaus können jedoch auch Materialparameter wie der E-Modul als Designvariable verwendet werden. Praktische Beispiele sind hier die Optimierung der Wandstärken von I-, T- oder L-Trägern sowie die Schichtdickenoptimierung bei Verbundwerkstoffen oder die Optimierung von Fachwerkstrukturen [12]. Topologieoptimierung Formoptimierung Parameteroptimierung Abbildung 2.1: Unterscheidung der Strukturoptimierungsarten Topologie-, Form- und Parameteroptimierung, angelehnt an [4] 9 2 Stand der Forschung und Technik Formoptimierung Bei der Formoptimierung (auch Topographieoptimie- rung, Gestaltoptimierung) beschreiben die Designvariablen die äußere Form des Bauteils. Anschaulich wird damit die äußere Kontur des Bauteils auf die vorherrschenden Belastungen und Randbedingungen angepasst, ohne die grundsätzliche Topologie des Bauteils zu verändern. Ein klassisches Bei- spiel der Formoptimierung ist die Reduktion von Spannungsspitzen durch Kerbwirkung an komplexen Bauteilen unter Last [11]. Topologieoptimierung Die TO sucht innerhalb eines festgelegten Bau- raums nach der bestmöglichen Menge und Verteilung von Material. Dieser Bauraummuss nicht zwangsläufig der äußeren Kontur des nicht optimierten Bauteils entsprechen, sondern muss vom Anwender entsprechend des zur Verfügung stehenden Platzes gewählt werden. Als Designvariablen werden dabei typischerweise Materialdichten verwendet, welche über den gesamten Bauraum diskret verteilt sind. Daher ist die TO im Gegensatz zu den beiden anderen Verfahren in der Lage, neuartige Bauteilstrukturen zu erschaffen, anstatt eine vorhandene Form iterativ anzupassen oder zu parametrieren. Je nach Anwendung ist damit die Abgrenzung zur Formoptimierung nicht ganz eindeutig. Die TO bietet die größten Freiheiten innerhalb der Struk- turoptimierungsmethoden, da sowohl die grundlegende Struktur wie auch die Materialverteilung innerhalb der Struktur optimiert werden können. Gängig ist auch die Verwendung der TO als Designvorschlag, der von ei- nem Anwender nachmodelliert und parametriert wird, um die Fertigbarkeit sicherzustellen. Anwendern steht eine große Bandbreite an gut erprobten TO-Tools zur Verfügung – sowohl in den gängigen kommerziellen FE-Tools [13, 14, 15] als auch Open Source in Matlab [16, 17, 18] oder Python [19, 20, 21]. Aufgrund der Vielzahl an erprobten Methoden und des großen Potenzials wird im Rahmen dieser Arbeit die FE-basierte TO verwendet und nachfolgend genauer beschrieben. 10 2.1 Leichtbau und Strukturoptimierung 2.1.3 FE-basierte Topologieoptimierung Grundsätzlicher Ablauf einer Topologieoptimierung Der grundsätzliche Ablauf einer TO kann wie in Abbildung 2.2 schematisch dargestellt beschrieben werden. Ausgangspunkt ist die Definition des zu optimierenden Bauteils bzw. des zur Verfügung stehenden Designraums. Je nach Verfügbarkeit muss dieser zuerst manuell modelliert werden oder über die Computer-Aided-Design (CAD)-Schnittstelle des entsprechenden FE-Tools importiert werden. Neben den geometrischen Parametern sind dabei auch die Materialparameter und ggf. weitere Randbedingungen wie beispielsweise Lagerungen, Kontakte sowie äußere Kräfte zu initialisieren. Nach der Vernetzung des Modells ist das Preprocessing einer klassischen FE-Analyse abgeschlossen und über einen entsprechenden Solver kann das Ergebnis erzeugt werden. Auf das bis hierhin definierte Modell mit den entsprechenden Randbe- dingungen wird die TO angewendet. Dazu werden die Zielfunktion und die Constraints definiert. Die in der Praxis gängigsten Kombinationen sind zum einen die Minimierung der Nachgiebigkeit unter Reduktion der Masse um einen vom Nutzer festgelegten Prozentwert, zum anderen die Minimie- rung der Masse unter Begrenzung der maximal zulässigen Verformung an einer oder mehreren Stellen. Es ist jedoch anzumerken, dass auch viele verschiedene Constraints innerhalb einer TO kombiniert werden können. Damit kann der iterative Optimierungsprozess gestartet werden (vgl. Solving in Abbildung 2.2). Innerhalb dessen wird, ausgehend von einer in- itialen Wahl der Designvariablen, in jeder Iteration die definierte FE-Analyse durchlaufen und die Zielfunktion auf das Erreichen einer einstellbaren Feh- lerschranke überprüft. Für die Anpassung der Designvariablen existieren verschiedene numerische Methoden, die im folgenden Absatz adressiert werden. Sofern vorher keine Constraints, wie z.B. die maximale Anzahl an Iterationen, verletzt werden, endet die Optimierungsroutine mit dem ers- 11 2 Stand der Forschung und Technik Pre-Processing Solving Post-Processing Variation der Designvariablen x Optimierter Entwurf x Designraum FE-Modell inkl. Constraints Nein Zielfunktion < Fehlerschranke Initiale Designvariablen x Ja TO Zielfunktion & Constraints Abbildung 2.2: Schematischer Ablauf einer Topologieoptimierung ten Set an Designvariablen x, das zur Unterschreitung der Fehlerschranke führt. Als Ergebnis steht ein optimierter Entwurf in Form einer Liste ρ an Elementdichten ρj zur Verfügung. Die weitere Nutzung dieser Dichten zur Rückführung einer optimierten Geometrie ist Teil der in dieser Arbeit entwickelten Methodik und wird in Abschnitt 2.3 detailliert erläutert. Numerische Methoden der Topologieoptimierung Das grundsätzliche Ziel der TO lässt sich mithilfe der Gleichungen (2.1) bis (2.4) formulieren. Die Materialverteilung soll innerhalb eines definierten Bauraums optimiert werden. Für ein reelles Materialmodell gilt dabei, dass die Lösung an jeder Stelle im Bauraum entweder den Wert 0 (kein Material) oder 1 (volles Material) annehmen kann. Zwar existieren Optimierungsmethoden, die dieses Problem direkt zu lö- sen versuchen [22, 23], allerdings kann gewöhnlich weder die Verfügbarkeit einer global optimalen Lösung vorab geprüft werden, noch kann eine ent- sprechende Konvergenz im Optimierungsprozess sichergestellt werden [24]. 12 2.1 Leichtbau und Strukturoptimierung Daher findet in den meisten Fällen eine Diskretisierung des Lösungsraums mit Hilfe der FEM statt. Jedem Element j soll eine optimierte Elementdichte ρj ∈ {0; 1} zugeordnet werden. Der weiterhin diskrete Charakter dieses Problems macht die numerische Lösung äußerst schwierig und ineffizient – vor allem bei komplexenModellen mit sehr vielen Knoten. Zwar gibt es auch hierzu Lösungsansätze [25, 26, 27, 28], jedoch sind diese typischerweise sehr empfindlich gegenüber Parametervariationen, was häufig zu oszillieren- den oder nicht konvergierenden Lösungen führt. Ein umfassendes Review verschiedener Optimierungsansätze liefern Sigmund und Maute [24]. Jene TO-Methoden, die das diskrete Problem direkt zu lösen versuchen, werden im Folgenden nicht weiter adressiert. Um die Nachteile diskreter Optimierungsprobleme zu umgehen, wird häufig eine kontinuierliche, normierte Formulierung der Elementdichten ρ̂TO ∈ [0, 1] als Designvariablen für die TO genutzt. Das ermöglicht die Nutzung gradientenbasierter Optimierungsverfahren. Damit kann das Kon- vergenzverhalten der Optimierung sowie die numerische Effizienz deut- lich gesteigert werden [24]. Die meisten in der Literatur beschriebenen TO- Methoden nutzen solch kontinuierliche Dichteformulierungen. Innerhalb dieser hat die Solid Isotropic Material with Penalization (SIMP) Methode die größte praktische Relevanz. Außerdem erläutern Sigmund und Maute [24], dass die Grenzen zwischen den Verfahren teils fließend sind und da- her mehr Fokus auf objektive Vergleiche des Konvergenzverhaltens gelegt werden sollten, anstatt vermeintlich neue Lösungsansätze ohne numerische Vorteile zu erforschen. Im Rahmen dieser Arbeit soll keine neue TO erforscht werden. Stattdessen soll eine robuste, effiziente TO genutzt werden, um die numerisch optimale Dichteverteilung zu ermitteln und diese für die Geometrieaufbereitung (vgl. Abschnitt 2.3) nutzbar zu machen. Daher wird auf die weiteren Vertreter – beispielsweise Level Set Ansätze [29, 30, 31] oder auch Phase Field Ansätze 13 2 Stand der Forschung und Technik [32, 33] – nicht weiter eingegangen. Stattdessen wird nachfolgend der SIMP- Ansatz näher erläutert. SIMP-Topologieoptimierung Zwar verbessert die kontinuierliche Formulierung der Elementdichten das Konvergenzverhalten, die dabei entstehenden Zwischendichten sind jedoch rein theoretisch und in der Form nicht fertigbar. Der SIMP-Ansatz beruht auf der Idee, diese Zwischendichten innerhalb derOptimierung zu bestrafen und die Lösung damit in Richtung einer binären 0/1 Verteilung konvergieren zu lassen. Zu diesem Zweck wird der sogenannte Penaltyfaktor p als Exponent in den Zusammenhang ESIMP(ρ̂TO) = Emin + EMat ρ̂TO p (2.5) zwischen der Elementdichte ρ̂TO und der resultierenden Elementsteifigkeit ESIMP(ρ̂TO) eingefügt. Dabei beschreibt EMat den E-Modul bzw. die Steifig- keit des verwendeten Materials und Emin � EMat dient der numerischen Stabilität durch Vermeidung von Elementstefigkeiten von Null. Infolgedes- sen tragen mittlere Materialdichten weniger zur Steifigkeit des zu optimie- renden Bauteils bei und werden somit in der Optimierungsroutine eher vermieden – die Lösung konvergiert zur gewünschten 0/1 Verteilung. Der Einfluss des Penaltyfaktors auf den Zusammenhang von Elementdichte und -steifigkeit ist in Abbildung 2.3 visualisiert. Außerdem sind die Ergebnisse von drei TO-Durchläufen eines einfachen Biegebalkens mit sonst identischen Randbedingungen unter Verwendung unterschiedlicher Penaltyfaktoren dargestellt. Es ist deutlich erkennbar, dass bereits mit p = 2 die Zwischen- dichten größtenteils vermieden werden und bei p = 3 eine nahezu binäre Dichteverteilung vorliegt. In der Praxis hat sich ein Wert von p = 3 etabliert, da Zwischendichten so fast vollständig vermieden werden, gleichzeitig aber die Konvergenz zu 14 2.1 Leichtbau und Strukturoptimierung 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 Elementdichte El em en ts te ifi gk ei t p = 1 p = 2 p = 3 (a) (b) Abbildung 2.3: Einfluss des Penaltyfaktors auf den Zusammenhang zwi- schen Elementdichte und Elementsteifigkeit lokalen Minima noch vermieden werden kann [24]. Auf diese Weise werden die Vorteile der gradientenbasierten Optimierungsverfahren genutzt und für das Ergebnis kann dennoch eine physikalische bzw. fertigungstechni- sche Interpretierbarkeit sichergestellt werden. Allerdings kann auch gezeigt werden, dass sich die Zielfunktion mit höherem Penaltyfaktor p vom glo- balen Optimum entfernt [34]. Dies wirft die Frage auf, ob anstelle der mit Penaltyfaktor p = 3 generierten suboptimalen Dichteverteilung auch die optimale Dichteverteilung genutzt werden kann, um daraus herstellbare Bauteilstrukturen abzuleiten. Diese Fragestellung ist einer der zentralen Aspekte dieser Arbeit und wird in Abschnitt 2.3 ausführlich diskutiert. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die TO in der Lage ist, die bestmögliche Dichteverteilung für gegebene Randbedingungen zu ermitteln. In den nachfolgenden Abschnitten wird erörtert, welche Ansät- 15 2 Stand der Forschung und Technik ze im Stand der Forschung existieren, um aus dieser Dichteverteilung ein fertigbares Bauteil abzuleiten. 2.2 Additive und hybride Fertigungsverfahren Aus der TO resultieren gewöhnlich komplexe Bauteilstrukturen, die nicht ohne Weiteres mit konventionellen, subtraktiven Fertigungsverfahren her- stellbar sind. Daher kommen hierfür meist additive und hybride Fertigungs- verfahren zum Einsatz, die deutlich höhere Gestaltungsfreiheiten bieten. Als hybride Fertigungsverfahren werden solche bezeichnet, die additive und subtraktive Verfahren kombinieren [35]. Es existieren verschiedene Klassifi- kationen additiver Verfahren. Gängig sind beispielsweise die Verwendung des Werkstoffes (z.B. Kunststoff, Keramik, Metall), der Art des Ausgangs- materials (z.B. Pulver, Draht, Flüssigkeit, Schichten), der Energiequelle (z.B. Laser, Elektronenstrahl etc.) oder auch des Anwendungsbereiches (z.B. Ra- pid Prototyping, Rapid Tooling, Rapid Manufacturing) [36, 37]. Für die vorliegende Arbeit ist jedoch mehr die Technologie des jewei- ligen Verfahrens selbst relevant, ebenso wie die sich daraus ergebenden Gestaltungsfreiheiten und Restriktionen. Daher werden in den folgenden Abschnitten die verwendbaren Materialien und die erzielbaren Bauteilquali- täten (Abschnitt 2.2.1) sowie die konstruktiven Gestaltungsfreiheiten (Ab- schnitt 2.2.2) näher beleuchtet. Dabei wird keine umfassende Einordnung aller verfügbaren Verfahren vorgenommen. Stattdessen werden sie exem- plarisch entsprechend der im Maschinen- und Anlagenbau typischen An- forderungen bewertet. Das Kapitel abschließend wird in Abschnitt 2.2.3 das LLM-Verfahren mit seinen spezifischen Gestaltungsfreiheiten noch ein- mal gesondert diskutiert, da diese grundlegend für die in dieser Arbeit vorgestellte Methodik sind. 16 2.2 Additive und hybride Fertigungsverfahren 2.2.1 Materialien und Bauteilqualität Ein hinsichtlich industrieller Anwendbarkeit wichtiger Aspekt beim Ver- gleich additiver Fertigungsverfahren ist die Vielfalt der zur Verfügung ste- henden bzw. verarbeitbaren Materialien und die aus dem Prozess resultie- rende Material- und Bauteilqualität. Materialvielfalt Während noch vor wenigen Jahren bzw. Jahrzehnten die meisten Technologien auf wenige Kunststoffe beschränkt waren, ist die Materialvielfalt inzwischen sehr groß. Metalle und Keramiken lassen sich mittlerweile ebenso additiv verarbeiten wie Verbundwerkstoffe oder biolo- gisches Gewebe [38, 39]. Für den produktiven Einsatz im Maschinen- und Anlagenbau sind metallische Werkstoffe von primärem Interesse. Grund- sätzlich sind dabei nahezu alle Metalle verarbeitbar, die auch schweißbar sind. Es sind auch hochlegierte und High-End Materialien verarbeitbar, was hinsichtlich der praktischen Relevanz von großer Bedeutung ist [1, 7]. Mechanische Eigenschaften Neben der Anzahl ist auch die Qualität der verarbeiteten Materialien heutzutage besser als in den frühen Phasen der additiven Fertigung [40]. Die metallurgischen und mechanischen Ei- genschaften additiv gefertigter Bauteile sind vor allem von der thermischen Prozesssteuerung abhängig und Gegenstand vieler aktueller Forschungsar- beiten [41]. Der lokale thermische Verlauf in einem Bauteil hängt wiederum von vielen Prozessparametern ab undunterliegt beachtlichen Schwankungen [42]. Daher variieren durchaus auch die resultierenden Materialqualitäten lokal. Im Stand der Forschung werden die erzielbaren Qualitäten derzeit aus zweierlei Sichtweisen beschrieben. Auf der einen Seite können sehr hohe Dichten (bis zu 99,5% durch nachgelagerte Wärmebehandlung [43]), Ho- mogenitäten [42] und mechanische Eigenschaften [39, 44] erzielt werden. 17 2 Stand der Forschung und Technik Diese können durchaus auf dem Niveau subtraktiv hergestellter Bauteile bzw. teilweise sogar darüber liegen [45]. Auf der anderen Seite gelingt dies nur, wenn das nötige Expertenwissen und die entsprechende Anlagentech- nik vorhanden sind [6, 7]. Auch nachgelagerte Wärmebehandlungen sind häufig nötig, um derart gute Materialqualität sicherzustellen [39, 44]. Dabei ist zu beachten, dass auch die benötigte Zeit und die Kosten mit weiteren Prozessschritten wie einer Wärmebehandlung ansteigen. Anisotropie Die Anisotropie beschreibt allgemein die Richtungsabhän- gigkeit einer Eigenschaft und gilt – trotz der eben beschriebenen Möglich- keiten – als Herausforderung, die es in nahezu allen additiven Verfahren zu beachten gilt. Dieser Effekt ist zwar für einige Verfahren wie beispielsweise das Fused Deposition Modeling (FDM) oder das LLM (vgl. Abschnitt 2.2.3) stärker ausgeprägt als für andere, ist jedoch grundsätzlich für alle additiven Verfahren relevant [40]. Die Festigkeit in der Schichtebene ist beispielswei- se nahezu immer besser als senkrecht dazu in Schichtaufbaurichtung [44]. Abhilfe kann beispielsweise eine belastungsgerechte Bahnplanung auf belie- big gekrümmten Bahnen in Verbindung mit mehrachsiger Anlagentechnik leisten – wie in [46] für den FDM-Prozess gezeigt. Gängig ist jedoch eher die Fertigung mit ebenen Schichten auf konventioneller Anlagentechnik mit drei Achsen. In diesem Fall sollte zumindest die Wahl der Schichtaufbaurich- tung unter Berücksichtigung der Belastungssituation im Bauteil erfolgen, beispielsweise orthogonal zur betragsgrößten Hauptspannungstrajektorie. Treppenstufeneffekt Neben der Anisotropie der mechanischen Ei- genschaften existieren auch verschiedene Herausforderungen hinsichtlich der erzielbaren Oberflächenqualität. Durch den schichtweisen Charakter ist der Treppenstufeneffekt, der zu stufenförmigen anstatt kontinuierlichen Bauteilkonturen führt, allen Verfahren inhärent [47, 48]. Abhilfe schafft hier entweder subtraktive Nachbearbeitung, die jedoch wieder Zeit und Kosten 18 2.2 Additive und hybride Fertigungsverfahren negativ beeinflusst, oder die Verwendung feinerer Schichtdicken. Allerdings sind die Schichtdicken für jedes Verfahren nach unten begrenzt, sodass der Treppenstufeneffekt damit nicht gänzlich kompensiert werden kann. Außerdem skalieren dünnere Schichten die Aufbauraten nach unten und damit Druckzeit und -kosten nach oben, weshalb hier ein entsprechender Kompromiss zu finden ist. Die minimal realisierbaren Schichtdicken sind stark abhängig vom verwendeten Prozess, für extrusionsbasierte Prozesse liegt die Grenze derzeit beispielsweise bei ungefähr 100µm [49]. Thermisch induzierter Verzug Zusätzliche geometrische Fehler ent- stehen häufig durch thermischen Verzug aufgrund der lokal starken Wär- meeinbringung im Prozess und den daraus resultierenden hohen Tempera- turgradienten. Abhilfe können hier beispielsweise Stützstrukturen schaffen, welche gezielt für verbesserte Wärmeabfuhr genutzt werden können. Diese stellen gleichermaßen jedoch auch eine Restriktion der Gestaltungsfreiheit dar und werden daher im folgenden Abschnitt 2.2.2 genauer erläutert. Die systematischen Zusammenhänge zwischen den Prozessparametern und den resultierenden geometrischen Fehlern stellen einen wichtigen Ge- genstand aktueller Forschung dar. Viele Autoren sehen hierin einen der größten Stellhebel, um konstant verbesserte Bauteilqualitäten bei additiven Verfahren gewährleisten zu können – beispielsweise durch Integration von mit entsprechenden Erkenntnissen entwickelten Planungstools in die Kette aus CAD und Computer-Aided-Manufacturing (CAM) [40, 45, 50]. Auch die Überwachung und Rückführung der entscheidenden Prozessgrößen während des Prozesses birgt großes Verbesserungspotenzial gegenüber rein gesteuerten additiven Prozessen. So könnten Systemzustände über sensor- basierte Messung oder Beobachterstrukturen erfasst und zur Regelung des Prozesses oder zumindest zum Rückschluss auf die realisierten Bauteilqua- litäten verwendet werden [40, 45, 50]. 19 2 Stand der Forschung und Technik Fazit zu Materialien und Qualität Insgesamt ist die Vielfalt und Qualität der für die additive Fertigung ver- fügbaren Materialien bereits gut und in vielen Bereichen auf industriell einsetzbarem Niveau – vor allem für Metalle. Anisotrope mechanische Ei- genschaften, Geometrie- und Oberflächenfehler stellen zwar weiterhin zu berücksichtigende Herausforderungen dar, sind jedoch mit guter Prozess- steuerung handhabbar. Die Absolut- und Wiederholgenauigkeit additiv gefertigter Bauteile liegt allerdings rund eine Größenordnung unter ver- gleichbaren, subtraktiv hergestellten Bauteilen [38]. So durchlaufen Stand heute nahezu alle additiv gefertigten Bauteile mit Funktionsflächen eine subtraktive Nachbearbeitung zur Sicherstellung der entsprechenden geome- trischen Genauigkeit und Oberflächenqualität [7]. 2.2.2 Gestaltungsfreiheiten und Fertigungsrestriktionen Die große konstruktive Gestaltungsfreiheit stellt einen der zentralen Vorteile von additiven und hybriden Fertigungsverfahren dar. Zwar gibt es innerhalb der Verfahren deutliche Unterschiede, im Vergleich zu konventionellen sub- traktiven Verfahren ist die additive Fertigung jedoch nahezu ausnahmslos im Vorteil. Komplexität Die Fähigkeit, sehr komplexe äußere und innere Bauteil- strukturen effizient herzustellen, ermöglicht deutlich individualisiertere Bauteiloptimierung im Vergleich zu subtraktiven Verfahren. So können Bau- teile mit Losgröße 1 hergestellt werden, ohne dass Spezialwerkzeuge not- wendig werden und ohne, dass die übliche additive Prozesskette angepasst werden müsste [51, 52]. Durch die hohe realisierbare Komplexität ergibt sich auch die Möglichkeit, mehrere Einzelteile einer Baugruppe durch ein einzelnes, additive gefertigtes Teil zu ersetzen [53]. Auf dieseWeise kann die Komplexität von Baugruppen durch die Reduktion der Einzelteile deutlich 20 2.2 Additive und hybride Fertigungsverfahren verbessert werden, was wiederum Vorteile bei Montage und Demontage mit sich bringt [54]. Ressourceneffizienz Durch den generativen Charakter entfallen zu- dem Materialabfälle, die bei subtraktiver Fertigung immer anfallen. Vor allem bei komplexen, filigranen Strukturen kommt dieser Vorteil verstärkt zur Geltung. Dadurch kann je nach Bauteilform eine deutliche Verbesserung der Ressourceneffizienz erzielt werden. Allerdings ist zu beachten, dass Notwendigkeiten wie Übermaß oder die nachfolgend erläuterten Stützstruk- turen Materialabfälle darstellen und die Ressourceneffizienz damit negativ beeinflussen [45, 55]. Stützstrukturen Als wesentliche Restriktion vieler additiver Prozesse sind unter anderem Stützstrukturen zu nennen, welche beispielsweise durch Überhänge in Schichtaufbaurichtung notwendig werden. Einerseits, um überhaupt eine bedruckbare Unterlage für die überhängenden Strukturen darzustellen. Andererseits aber auch, um das Eigengewicht der Überhänge abzustützen. Auch zur Kompensation thermisch induzierter Eigenspannun- gen können Stützstrukturen notwendig sein [56]. Diese Stützstrukturen stellen einen zusätzlichen Materialbedarf dar und verringern damit die als Vorteil bereits genannte Ressourceneffizienz additiver Verfahren. Zwar nut- zen pulverbasierte Verfahren beispielsweise das Pulverbett als Abstützung, bei komplexen Strukturen mit geschlossenen Hohlräumen verbleibt das Pulver dann allerdings im Bauteil. Außerdem führt das benötigte Entfernen von Stützstrukturen zu zusätzlichem Nachbearbeitungsaufwand. Speziell für metallische Bauteile kann diese Nachbearbeitung herausfordernd sein, da bereits beim Design der Bauteile und bei der Festlegung der Schichtauf- baurichtung berücksichtigt werden muss, dass alle Stützstrukturen mit den Werkzeugen einer Maschine erreichbar sind [38, 57]. Strategien zur automa- 21 2 Stand der Forschung und Technik tischen Berücksichtigung der Nachbearbeitbarkeit werden in Abschnitt 2.3.1 erläutert. Bauraum und Skalierbarkeit Ein sehr wesentlicher Nachteil fast aller additiver Fertigungsverfahren ist der begrenzte Bauraum bzw. die nicht vor- handene Skalierbarkeit auf großvolumige Bauteile [7, 57]. Abhilfe kann hier beispielsweise das Aufteilen eines großen Bauteils in mehrere Einzelteile leis- ten, die nach der additiven Fertigung gefügtwerden. Dabei steigen allerdings auch die Komplexität der Baugruppe und die Toleranzanforderungen an die Einzelteile. Eine weitere Möglichkeit zur Verschiebung der bisher geltenden Grenzen ist beispielsweise die Nutzung von Industrierobotern, die durch ihre flexible Kinematik große Bauräume von bis zu 9m×3m×2m abdecken können [7, 58]. Allerdings wirken sich die geringen Absolutgenauigkeiten und die hohen Nachgiebigkeiten von Robotern wiederum negativ auf die zu erzielenden Bauteilqualitäten aus. Auch der Einsatz andere Kinematiken mit großem Bauraum und guter Präzision sollte aus technologischer Sicht gut machbar sein. Derartige Anlagen sind jedoch nicht etabliert, was unter anderem an wirtschaftlichen Aspekten liegen dürfte. Kosten Ein weiterer wesentlicher Aspekt beim Einsatz additiver Ferti- gung sind die entstehenden Kosten. Diese hängen sehr stark von der Größe und der Form der Bauteile sowie von dem verwendeten Material und den benötigten Stückzahlen ab. Während bei konventionellen subtraktiven Ver- fahren die Komplexität entscheidend ist, werden die Kosten für additive Prozesse eher vom Volumen und der dafür benötigten Druckzeit bestimmt [55]. Die Vielzahl an wichtigen Einflussfaktoren macht verallgemeinerte Aussagen oder gar Quantifizierungen hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit additiver Fertigungsverfahren sehr schwer [59]. Dennoch ist festzuhalten, dass vor allem für komplexe Bauteilstrukturen mit kleinen Stückzahlen die additiven Verfahren teilweise nicht nur bzgl. der Realisierbarkeit überlegen 22 2.2 Additive und hybride Fertigungsverfahren sind, sondern sogar wirtschaftliche Vorteile bieten können [60]. Wichtig ist in jedem Fall die ganzheitliche Betrachtung der Prozesskette. Für die im Ma- schinenbau relevanten großvolumigen Bauteile aus Metall muss jedoch von erheblichen Mehrkosten bei additiver Fertigung ausgegangen werden [18, 44] – vorausgesetzt, das Bauteil ist subtraktiv überhaupt fertigbar. Dies ver- deutlicht den Bedarf, bessere Kompromisse für den wirtschaftlichen Einsatz additiver Verfahren auch im Maschinen- und Anlagenbau zu finden. Fazit zu Gestaltungsfreiheiten und Restriktionen Insgesamt demonstrieren additive und hybride Fertigungsverfahren eine große Bandbreite an gestalterischen Freiheiten, die weit über die Möglich- keiten konventioneller subtraktiver Verfahren hinausgehen und zahlreiche innovative Anwendungen in verschiedenen Industriezweigen ermöglichen. Neben den Freiheiten der einzelnen Verfahren sind jedoch auch deren in- dividuelle Restriktionen und Gestaltungsrichtlinien zu beachten. Für den breiten Einsatz auch im Maschinen- und Anlagenbau sind vor allem die stark begrenzte Skalierbarkeit auf große Bauteile sowie die damit verbunde- nen Wirtschaftlichkeitsaspekte als größte Hürden zu nennen. Daher wird nachfolgend das LLM-Verfahren gesondert betrachtet, welches einen guten Kompromiss aus Gestaltungsfreiheit, Skalierbarkeit und Wirtschaftlichkeit bieten kann und daher als Grundlage der in dieser Arbeit vorgestellten Methodik dient. 2.2.3 Layer-Laminated-Manufacturing (LLM) Das LLM-Verfahren ist, im Gegensatz zu den sonst meist raupenbasierten Verfahren, durch das Fügen zusammenhängender Schichten zur Realisie- rung der gewünschten 3D-Kontur gekennzeichnet. Häufig wird auch vom Schichtlaminatverfahren, von Sheet Lamination (SL) oder von Laminated- Object-Manufacturing (LOM) gesprochen. Letzteres stellt jedoch eine ehe- 23 2 Stand der Forschung und Technik mals geschützte Produktbezeichnung dar, die häufig dennoch als Oberbe- griff für die gesamte Gattung an Verfahren verwendet wird [47]. SL ist als Bezeichnung redundant zu LLM – nachfolgend wird jedoch lediglich LLM verwendet. Als eines der zuerst kommerzialisierten additiven Fertigungsverfahren gilt das LOM seit des patentierten Anlagenkonzeptes der Firma Helisys Inc. im Jahr 1991. Das ursprüngliche Konzept basiert dabei auf beschichtetem Papier, das durch Anpressen sowie Temperierung verklebt und anschließend strukturiert wird. Inzwischen gibt es unterschiedliche Verfahrensvarianten, die teilweise entsprechend der Fertigungsreihenfolge in bond then form oder form then bond unterschieden werden. Bei letzteren werden die einzelnen Schichten zuerst zugeschnitten bzw. in Form gebracht und anschließend gefügt. Für keramische und metallische Bauteile ist vor allem diese Variante relevant [61]. Durch die Auftrennung des subtraktiven und des additiven Anteils kann bei LLM von einem hybriden Fertigungsverfahren gesprochen werden. Gestaltungsfreiheiten LLMbietet eine sehr große Bandbreite an realisierbaren Bauteileigenschaften. Es können nahezu beliebige Werkstoffe eingesetzt und auch kombiniert werden – solange ein entsprechendes Fügeverfahren zur Verfügung steht. Auch die Wahl des Fügeverfahrens beeinflusst die Bauteileigenschaften und kann damit ebenso gezielt variiert werden. Durch die Verwendung zusammenhängender Schichten ist LLM sehr einfach skalierbar und somit auch für sehr großvolumige Bauteile gut einsetzbar [47]. Zu den weiteren Vorteilen zählt, dass LLM auch für große Bauteile schnell ist und die benötigte Maschinentechnik vergleichsweise einfach ist [47]. Für den subtraktiven Anteil eignen sich bei metallischen LLM-Teilen bei- spielsweise Fräsen oder Laserschneiden. Vor allem letzteres ermöglicht die einfache, schnelle und wirtschaftliche Fertigung von nahezu beliebig kom- 24 2.2 Additive und hybride Fertigungsverfahren (a) (b) (c) Abbildung 2.4: Gestaltungsfreiheiten des LLM-Verfahrens anhand von prak- tischen Beispielen der Firma Fabrisonic LLC [64]: komplexe innenliegende Kühlkanäle für die Raumfahrt (2.4a), Integra- tion optischer Sensorik (2.4b) sowie eine rund 50mm dicke Verbindung von Stahl und Aluminium (2.4c) plexen 2D-Konturen. Das Fügen der so strukturierten Schichten kann im einfachsten Fall durch Kleben erfolgen – denkbar sind allerdings auch ande- re Verfahren wie Ultraschallschweißen (Ultrasonic Additive Manufacturing (UAM) [62, 63]) oder thermische Schweiß- und Lötverfahren [61]. Vor allem mit UAMwurde bereits gezeigt, dass sehr vielfältigeMaterialkombinationen, komplexe innere Geometrien wie Kühlkanäle sowie Bauteile mit integrierten Sensoren herstellbar sind, siehe Abbildung 2.4 [64]. Ein weiterer essenzieller Vorteil von LLM ist die einfache Fertigbarkeit von inneren Hohlräumen, ohne dass Stützstrukturen benötigt werden oder dass Material (z.B. Pulver) in den Hohlräumen verbleibt. Dieses Alleinstellungs- merkmal von LLM stellt die Grundlage für die in Abschnitt 4.1 vorgestellte Strukturierungsalgorithmik dar. Herausforderungen und Nachteile Als wesentlicher Nachteil von LLM muss, wie bereits erwähnt, die Anisotro- pie genannt werden. Diese fällt zwar je nach Kombination vonWerkstoff und Fügeverfahren größer oder kleiner aus – für den in dieser Arbeit relevanten Fall aus metallischen Werkstoffen und Kleben als Fügeverfahren ist aller- 25 2 Stand der Forschung und Technik dings mit starker Anisotropie zu rechnen. Abhilfe kann hier beispielsweise die Nutzung von Schweißverfahren zum Fügen schaffen, womit der Prozess jedoch komplexer und teurer wird. Weitere Nachteile ergeben sich bei innen liegenden Bereichen, die nicht dem eigentlichen Bauteil zuzuordnen sind, wie beispielsweise bei Bauteilen mit einem kreisringförmigen Querschnitt. Diese innen liegenden Bereiche müssen bei LLM im Gegensatz zu rein additiven Verfahren subtraktiv ent- fernt werden und verringern somit als Materialabfälle die Ressourceneffi- zienz des Verfahrens [47]. Außerdem werden speziell für großvolumige metallische Bauteile typischerweise dickere Schichten verwendet, was den bereits beschriebenen Treppenstufeneffekt verstärkt. Wenngleich die Nutzbarkeit einfacher Maschinentechnik einen Vorteil darstellt, so existieren doch wenig automatisierte LLM-Prozesse. Eine Aus- nahme bildet hier das bereits genannte UAM-Verfahren [62, 63]. 2.3 Ansätze zur fertigungsgerechten Strukturoptimierung von Maschinenkomponenten Die vorherigen Abschnitte zeigen, dass viele Methoden zur numerischen Optimierung von Bauteilstrukturen existieren und zudem verschiedene additive und hybride Fertigungsverfahren die Herstellung komplexer Bau- teilstrukturen ermöglichen. Die bestmögliche Verknüpfung dieser beiden Aspekte ist anwendungsspezifisch und Gegenstand einer Vielzahl an aktuel- ler Forschungsarbeiten. Das Modellieren einer optimierten Bauteilstruktur, die unter Berücksichtigung der dem jeweiligen Fertigungsverfahren inhären- ten Restriktionen gefertigt werden kann, ist die zentrale Fragestellung bei der praktischen Anwendung von Strukturoptimierung. Der derzeitige Stand der Technik und Forschung bietet eine Vielzahl an Lösungsansätzen zu dieser 26 2.3 Fertigungsgerechte Strukturoptimierung von Maschinenkomponenten Frage. Speziell für die Kombination aus TO und additiver Fertigung wird häufig von Design for Additive Manufacturing (DfAM) gesprochen. Die nachfolgend vorgestellten Lösungsansätze lassen sich beispielswei- se danach unterscheiden, ob Fertigungsrestriktionen bereits in der TO in Form von Constraints Berücksichtigung finden oder ob sie nachgelagert auf das Ergebnis der TO angewendet werden [65, 66]. Ein großes aktuelles Forschungsfeld sind dabei bionisch inspirierte Gitter- und Verzweigungs- strukturen, die nachfolgend einer eigenenKlasse zugeordnetwerden. Ebenso wird auch dem in dieser Arbeit verwendeten Ansatz zur schichtweisen Opti- mierung auf Basis von LLM eine eigene Klasse zugeteilt. Die nachfolgenden Darstellungen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern fokus- sieren solche Ansätze, die entweder aus dem Maschinen- und Anlagenbau stammen oder deren Anwendung auf diese Bereiche denkbar ist. Alternative Klassifizierungen sind hier ebenso möglich, werden für diese Arbeit aber nicht berücksichtigt. 2.3.1 Beschränkte Topologieoptimierung Eine Möglichkeit, Randbedingungen und Restriktionen hinsichtlich ver- schiedenster Aspekte wie Fertigung oder Kosten zu berücksichtigen, ist die mathematische Formulierung als Constraints innerhalb der Optimierung. Statt eine verallgemeinerte, numerisch optimale Dichteverteilung fertigungs- technisch zu interpretieren, wird somit der Lösungsraum von vornherein auf den zulässigen Bereich eingeschränkt. Häufig werden beispielsweise Größenbeschränkungen wie minimale oder maximale Längen und Featuregrößen [67] integriert. Diese können vom Anwender entsprechend der Randbedingungen des Fertigungsverfahrens gewählt werden. Größenbeschränkungen werden typischerweise in Form von Dichtefiltern umgesetzt, für die wiederum verschiedene mathematische Methoden verwendet werden können [68]. Da die Unterschiede hierbei 27 2 Stand der Forschung und Technik jedoch eher in der Komplexität der Umsetzung und der Recheneffizienz liegen, wird auf eine genauere Unterscheidung verzichtet. Weitere verbreitete Constraints sind bei der Nutzung additiver Fertigungs- verfahren die Minimierung von Stützstrukturen [56] sowie die Sicherstel- lung der Entfernbarkeit von Stützstrukturen durch die Zugänglichkeit mit Werkzeugen zur Nachbearbeitung [69]. Über die Sicherstellung der Her- stellbarkeit hinaus können auch zusätzliche Aspekte wie beispielsweise die Kosten als Optimierungsgröße formuliert werden [70]. Auch die Nutzung von Symmetrie sowie wiederkehrenden Mustern kann durch entsprechende Constraints forciert werden, was für glatte, gleichmäßige Ergebnisse sorgt, jedoch bislang nur bei 2D-Anwendungen robust funktioniert [71]. Einige wichtige fertigungstechnische Aspekte haben bereits den Weg aus der Forschung in kommerziell verfügbare TO-Werkzeuge geschafft – darun- ter vor allem Größenbeschränkungen, Vermeidung von Überhängen und Stützstrukturen [14]. Genügt für einfache Anwendungen mit vergleichswei- se wenigen Einschränkungen die Berücksichtigung als Constraint, lässt sich Aufwand sparen, der sonst nachgelagert zur Sicherstellung der Fertigbarkeit anfallen würde. In einem solchen Fall kann die eingeschränkte TO einen sehr guten Kompromiss bieten. Dennoch haben diese Ansätze auch einige Nachteile. Zum einen werden der Lösungsraum und die Lösungsgüte von vornherein eingeschränkt, so- dass bei Veränderung des Fertigungsprozesses oder einer sonstigen vorher getroffenen Annahme die Lösung ihre Gültigkeit verliert. In einem solchen Fall muss die Optimierung mit veränderten Constraints erneut durchlau- fen werden. Außerdem sind nicht alle üblichen Fertigungsverfahren und Randbedingungen als Constraint abbildbar, was die Übertragbarkeit dieser Ansätze einschränkt [65]. Ein weiterer Nachteil ergibt sich, wenn mehrere komplexe Randbedingungen berücksichtigt werden sollen. Gelingt die In- tegration in die TO dennoch, so kann der Rechenaufwand stark ansteigen oder die Konvergenz des Optimierers verloren gehen [65]. 28 2.3 Fertigungsgerechte Strukturoptimierung von Maschinenkomponenten 2.3.2 Nachgelagerte Rekonstruktion Anstatt die Fertigungsrestriktionen und sonstige Randbedingungen direkt in die TO zu integrieren, kann auch die numerisch optimierte Dichtever- teilung der TO aufbereitet oder als Designvorschlag interpretiert werden, um die Restriktionen nachgelagert zu berücksichtigen. Die meisten Ansätze nutzen dabei ein Facettenmodell (typischerweise im STL-Format), welches durch Anwenden eines Dichtefilters direkt aus dem FE-Netz entsteht, in- dem diejenigen Elemente entfernt werden, deren Dichten unterhalb eines vom Anwender festgelegten Schwellwert liegen. Da dazwischen jedoch nur eine einfache mathematische Projektion steht, wird nachfolgend nicht zwi- schen Ansätzen unterschieden, welche entweder die Dichten direkt oder das daraus abgeleitete Facettenmodell nutzen. Die meisten in der Fachli- teratur veröffentlichten Ansätze sind dieser Kategorie der nachgelagerten Rekonstruktion zuzuordnen. Sie lassen sich entsprechend der Dimension weiter in 1D (hier Skelettierung), 2D (hier Oberflächenaufbereitung oder -rekonstruktion) und 3D (hier Volumenzerlegung) unterscheiden. Skelettierung (1D) Eine Möglichkeit zur Interpretation der aus der TO generierten Facetten- modelle ist die Verwendung von Skelettmodellen, aus denen durch Zuwei- sung von Querschnitten wieder 3D-Modelle entstehen. Denk et al. [72, 73] zerlegt das Facettenmodell beispielsweise zuerst in 3D-Voxel, auf welche anschließend eine homotope Ausdünnung nach Lee et al. [74] angewen- det wird, um ein Skelett des Netzes zu erhalten. Entlang dieses Skelettes werden mit Hilfe einer euklidischen Distanztransformation die Radien des parametrischen CAD-Modells bestimmt. Bisher ist der Ansatz jedoch auf einfache, runde Querschnitte beschränkt und liefert bei einem gezeigten Ap- plikationsbeispiel erst nach manueller Interaktion gute Ergebnisse. Andere Skelettierungs-Ansätze ermöglichen zwar vielfältigere Querschnitte [75], 29 2 Stand der Forschung und Technik (a) (b) (c) Abbildung 2.5: Beispielhafter Skelettierungs-Ansatz [76]: Für die Optimie- rung benutzte Randbedingungen (2.5a), Facettenmodell der TO mit daraus generiertem Skelettmodell (2.5b) sowie das aus dem Skelett rekonstruierte, parametrische CAD-Modell (2.5c) jedoch ergeben sich ebenfalls Schwierigkeiten, wenn das zu skelettierende Facettenmodell stark unterschiedliche, nicht balkenartige Formen aufweist. Stangl und Wartzack [76] zeigen einen Ansatz zur semi-automatischen Skelettierung, der sich an dem Vorgehen beim manuellen Reverse Enginee- ring durch einen Ingenieur orientiert. Dabei kann zu jedem Schritt interagiert werden, wobei das Ziel dennoch die vollständige Automatisierung des De- signs ist. Bisher sind die nutzbaren Geometrien der Querschnitte sowie die Übergänge zwischen diesen jedoch sehr beschränkt. Der Ansatz funktioniert für das gezeigte Applikationsbeispiel einer Motorrad-Vorderradschwinge gut, siehe Abbildung 2.5. Dabei ist anzumerken, das diese auch im nicht optimierten Zustand bereits eine aus mehreren balkenartigen Elementen zusammengesetzte Struktur aufweist und damit ein sehr einfaches Beispiel für die Skelettierung darstellt. Hieran wird deutlich, dass gerade die Übertragbarkeit auf im Maschinen- bau übliche, großvolumige Bauteile fraglich ist. Das stellt – zusammen mit den Einschränkungen der Querschnittsformen – den größten gemeinsamen Nachteil der Ansätze auf Basis von Skelettierung dar. Auch der Umgang 30 2.3 Fertigungsgerechte Strukturoptimierung von Maschinenkomponenten mit Verzweigstellen sowie die robuste Extraktion von Querschnitten sind als wiederkehrende Herausforderungen dieser Ansätze zu nennen [65]. Diese Nachteile könnten zukünftig durch erweiterte Ansätze auf Basis der Skelettierung verringert werden. Beispielsweise stellen Mayer und Wart- zack [77] einen vielversprechenden Ansatz vor, der die mediale Achse der zu optimierenden Struktur mithilfe von Voronoi-Diagrammen berechnet. Da die mediale Achse hier auch 2D sein kann, kommt dieser Ansatz deutlich besser mit nicht balkenartigen Strukturen zurecht, wobei er damit den nach- folgend beschriebenen Ansätzen zur Oberflächenrekonstruktion ähnelt. Es wird allerdings eine manuelle Retopologie1 des Dreiecks-Netzes (triangular mesh) auf ein Vierecks-Netz (quad mesh) benötigt, weshalb die vollständige Automatisierung dieses Ansatzes bisher nicht möglich ist. Oberflächenaufbereitung oder -rekonstruktion (2D) Die größte Gruppe nachgelagerter Rekonstruktion machen die Ansätze zur Oberflächenaufbereitung aus. Aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher Methoden differenzieren Subedi et al. [65] diese noch zusätzlich nach • Re-Meshing: gegenüber des TO-Facettenmodells verbesserte Form der Triangulation, • Subdivision: neu erstellte Oberfläche aus effizienteren Elementen, • Oberflächen-Fitting: analytische bzw. parametrische Oberflächen wer- den in das Facettenmodell gefittet. Marinov et al. [78] schlagen eine vollständig automatisierte Erstellung wasserdichter Begrenzungsflächenmodelle (Boundary Representation (B- Rep)) aus generativen Facettenmodellen unter Nutzung von T-NURCC2 1 Retopologie ist der Prozess der gezielten Veränderung der Topologie eines Netzes, um gewünschte Eigenschaften zu erzielen – beispielsweise, um die Komplexität zu verringern und Echtzeit-Rendering zu ermöglichen. 2 Non-uniform rational Catmull-Clark with T-junctions [79]. 31 2 Stand der Forschung und Technik Oberflächen vor. Dabei werden nicht variierte Bereiche (non design space) und zu variierende bzw. organische Bereiche automatisch segmentiert, dann die organischen Bereiche durch geglättete Repräsentationen ersetzt und letztlich alles an den Verbindungsstellen wieder verknüpft. Der Umgang mit potenziell nachzubearbeitenden Funktionsflächen wird nicht adressiert. Die automatische Erkennung und Segmentierung von G1-stetigen Verbindungs- stellen zwischen Funktionsflächen und organischen Bereichen funktioniert jedoch bisher nicht und schränkt die Robustheit damit etwas ein. Die Seg- mentierung als Grundidee verfolgt auch der Ansatz von Al-Zuhairi et al. [80]. Hier wird das Facettenmodell auf Basis von fünf vorab definierten Sub- Strukturelementen (Funktionsflächen, Verbindungsstellen, Balken, Knoten, Schubfelder) parametrisch rekonstruiert. Dieser Prozess funktioniert manu- ell und semi-automatisch robust, bislang gibt es jedoch keine automatisierte Erkennung bzw. kein Mapping dieser Sub-Strukturelemente auf Basis der TO-Dichteverteilung, was für einen vollständig automatisierten Prozess not- wendig wäre. Ein weiterer, vielversprechender Ansatz nutzt Freeman Code3 zur Re- konstruktion eines TO-Facettenmodells [82]. Hier fehlt allerdings noch der Nachweis der Anwendbarkeit im 3D-Raum. Eine weitere Herangehensweise zeigen Christiansen et al. [83]. Statt ein bereits optimiertes Facettenmodell zu rekonstruieren, wird hier die Aus- gangsgeometrie als anpassbares Tetraedernetz durch die in [84] vorgestellte DSC (Deformable Simplicial Complex) Methode initialisiert und anschlie- ßend eine Zielfunktion in Abhängigkeit der Topologie (Position und Materi- aleigenschaft jedes Tetraeders) minimiert. Typische Schwachstellen der Oberflächen-basierten Ansätze sind nicht wasserdichte Netze sowie Defeaturing, bei dem potenziell funktionswichti- ge Geometrieinformationen verloren gehen können. Letzteres tritt häufig 3 Freeman Code beschreibt pixelweise Konturen, indem über eine vorab festgelegte Kodierung jeweils die Richtung angegeben wird, in der das nächste Pixel einer Kontur liegt [81]. 32 2.3 Fertigungsgerechte Strukturoptimierung von Maschinenkomponenten an den Übergängen zwischen Funktionsflächen und den Optimierungs- bereichen im Design auf, wenn zu starke Glättungen – welche global für effizientere Netze erwünscht sind – angewendet werden. Die Skalierbarkeit der Modellierung auf großvolumige Bauteile ist im Wesentlichen von der Rechenleistung sowie der zur Verfügung stehenden Zeit abhängig. Diesem Aspekt wird jedoch kein allzu hoher Stellenwert zugewiesen, da gewöhnlich keine harten Anforderungen an die Berechnungszeit bestehen und die zur Verfügung stehenden Rechenkapazitäten stetig steigen. Nichtsdestotrotz lohnt sich die weitere Erforschung effizienterer Ansätze, um zukünftig bei- spielsweise auch die Re-Evaluierung in nachgelagerten FE-Simulationen oder andere nachgelagerte Evaluierungsschritte in vertretbarer Zeit mit automatisieren zu können. Volumenzerlegung (3D) Grundgedanke der 3D-Ansätze ist die Zerlegung des Facettenmodells in Subvolumina sowie das Anwenden von Booleschen Operationen, nachdem die einzelnen Subvolumina aufbereitet bzw. rekonstruiert wurden. Ein in der Praxis sehr weit verbreitetes Vorgehen ist dieser Kategorie zuzu- ordnen – das manuelle Reverse Engineering durch entsprechende Expertin- nen und Experten [76]. Die numerische TO mit anschließendem Anwenden eines Dichtefilters liefert ein ungeglättetes Facettenmodell, das den meisten nachgelagerten Ansätzen als Ausgangspunkt dient. Daraus lassen sich dann Strukturen ableiten, die durch einfache Grundkörper wie Zylinder, Qua- der, Kugeln etc. zusammengesetzt sind und an den Übergängen geglättet bzw. mit Radien versehen werden. Erfahrene Konstrukteurinnen und Kon- strukteure berücksichtigen bei diesem Prozess häufig auch die subtraktive Fertigbarkeit, sofern die Komplexität des Bauteils es zulässt, siehe beispiels- weise Abbildung 2.6. Diese Vorgehensweise ist allerdings stark abhängig von der individuellen Erfahrung der ausführenden Person und bedeutet einen sehr hohen Zeit- und Personalaufwand, was wiederum zu hohen Kos- 33 2 Stand der Forschung und Technik (a) (b) (c) Abbildung 2.6: In einer TO optimierte Dichteverteilung eines Lagerbockes (2.6a), das daraus abgeleitete Facettenmodell (2.6b) sowie ein durch manuelles Reverse Engineering generiertes, sub- traktiv fertigbares CAD-Modell (2.6c) ten führt. Außerdem muss das so rekonstruierte Bauteil gewöhnlich einer Re-Evaluation unterzogen werden durch erneute FE-Simulation mit den zugrundeliegenden Randbedingungen. Daher wird häufig versucht, diese Vorgehensweise algorithmisch nachzuahmen, um automatisiert reprodu- zierbare Ergebnisse zu bekommen [85]. Hsu et al. [86, 87] extrahieren beispielsweise markante Querschnitte des Modells. Die Grenzflächen bilden dabei Kontrollpunkte für die Erstellung von B-Spline Randkurven, durch welche die einzelnen Subvolumina zu einem einzelnen parametrischen CAD-Modell zusammengesetzt werden können. Diese könnten damit auch einer nachgelagerten Parameteropti- mierung unterzogen werden. Für verhältnismäßig homogene Strukturen liefert dieser Ansatz gute Ergebnisse, jedoch scheitert er, wenn benachbarte Querschnitte sich zu stark unterscheiden. Die 3D-Ansätze bieten den Vorteil, dass sie auch auf Hohlräume im De- signraum anstatt auf die zu rekonstruierende Geometrie anwendbar sind. In vielen Fällen weisen die Hohlräume einfachere Grundstrukturen auf und lassen sich damit besser durch parametrische 3D Grundstrukturen approxi- mieren. Durch BoolescheOperationen können die so optimiertenHohlräume anschließend vom initialen Designraum abgezogen werden, um das opti- 34 2.3 Fertigungsgerechte Strukturoptimierung von Maschinenkomponenten mierte Design zu erhalten. Robuste Implementierungen solcher Verfahren mit guter Generalisierbarkeit sind derzeit allerdings nicht bekannt [65]. Fazit 1D- und 3D- Ansätze sind für spezielle Anwendungen gut geeignet, aber zu wenig generalisierbar. Die 2D-Ansätze liefern bereits recht zuverlässig robuste Designs, jedoch ist je nach Anwendung die Übertragbarkeit zu prü- fen. Durch gröbere Netze wird die Effizienz gesteigert, aber es besteht die Gefahr, Symmetrieeigenschaften zu verlieren. Zwar sollten die Designs gut auf beliebige Größenordnung skaliert werden können, allerdings wird diese Skalierbarkeit – ebenso wie die Wirtschaftlichkeit – durch die verfügbaren additiven Fertigungsverfahren beschränkt. Robuste, ganzheitliche Ansätze für großvolumige Bauteile fehlen bisher im Stand der Forschung. 2.3.3 Biologisch inspirierte Gitter- und Wabenstrukturen Eine weitere Gruppe an Ansätzen nutzt den initialen Designraum sowie die numerisch optimierte Dichteverteilung, um automatisiert daran angepasste Gitter- und Wabenstrukturen zu generieren. Diese sind meist direkt oder indirekt von Phänomenen aus der Biologie oder allgemein aus der Natur abgeleitet, weshalb sie im Folgenden als biologisch inspiriert oder bionisch bezeichnet werden. Ein gemeinsamer Vorteil dieser Ansätze ist die Nutzbarkeit der nume- risch optimalen Dichteverteilung (p = 1) anstatt des Facettenmodells. Statt also ein bereits nicht mehr optimales Zwischenergebnis nachgelagert zu rekonstruieren, kann hier direkt mit dem bestmöglichen Ergebnis für die gegebenen Randbedingungen gearbeitet werden. 35 2 Stand der Forschung und Technik Functionally Graded Lattice Structures (FGLS) Die meisten biologisch inspirierten Ansätze nutzen dafür regelmäßig ange- ordnete Grundgitterformen und adaptieren deren Wandstärken lokal an die Dichtewerte aus der TO. Diese Ansätze werden meist als Functionally Gra- ded Lattice Structures (FGLS) bezeichnet und bilden ein äußerst aktuelles und stark frequentiertes Forschungsfeld [88]. Die bislang größte Anwen- dung finden FGLS in der Biomedizin (z.B. für Knochenimplantate) sowie in der Luft- und Raumfahrt (siehe Abbildung 2.7) für Leichtbaukomponenten mit hoher spezifischer Steifigkeit4 [89, 90]. Für metallische FGLS ist bereits eine große Anzahl an unterschiedlichen Grundgitterformen, deren geometrische Adaption zur Anpassung an die optimierte Dichte sowie die damit erzielbaren Bauteileigenschaften erforscht [88, 89]. Eine typische Anwendung ist die bereits genannte Optimierung der spezifischen Steifigkeit. Diese kann mit FGLS gegenüber Vollmaterial und auch gegenüber gleichförmigen Gitterstrukturen deutlich gesteigert werden [91]. Außerdemkanndie Energieabsorption damit gezielt beeinflusst werden, um gute Stoß- und Schwingungsdämpfung zu erzielen [89]. (a) (b) (c) (d) Abbildung 2.7: Strukturoptimierte FGLS-Halterung für ein Flugzeug [90]: die optimierte Dichteverteilung (2.7a) sowie je eine Halte- rung gefertigt aus Stahl im Selective Laser Melting (SLM)- Verfahren (2.7b), aus Kunststoff im PolyJet-Verfahren (2.7c) sowie aus Stahl durch Binder-Jetting (2.7d) 4 Verhältnis der Bauteilsteifigkeit zum eingesetzten Material 36 2.3 Fertigungsgerechte Strukturoptimierung von Maschinenkomponenten Ein weiteres vielversprechendes Forschungsfeld ist die Generierung auxe- tischer Metamaterialien durch entsprechende Mikrogitter. Diese zeichnen sich durch eine negative Poisson-Zahl aus, sodass die Streckung in einer Richtung auch zur Ausdehnung in orthogonaler Richtung führt. Dadurch können deutlich höhere Belastbarkeit und Bruchzähigkeit sowie eine bessere Energieabsorption bzw. Schwingungsdämpfung erzielt werden [92]. Zusammenfassend kann den FGLS attestiert werden, die gezielte Beein- flussung mechanischer und thermischer Eigenschaften zu ermöglichen. Darüber hinaus ist ein weiterer Vorteil die gute Automatisierbarkeit im Designprozess, womit sich auch die Re-Evaluation generierter Strukturen automatisieren ließe. Wachstums- und Verzweigungsansätze Weitere typische Vertreter der biologisch inspirierten Ansätze nutzen von Blättern inspirierte Adern bzw. Verzweigungen und deren zugrundeliegen- de Wachstumsalgorithmen, um effiziente gitterartige Strukturen aus der optimierten Dichteverteilung abzuleiten [93]. Diese nutzen häufig lokales Wachstum, was die Optimierung numerisch effizient macht [94]. Außerdem kann die Strukturierung so in niedrig belasteten Bereichen sehr grob bleiben, was sich positiv auf den erzielbaren Leichtbau auswirkt [94, 95]. Liu und Lin [96] nutzen das Vorbild der Amazonas-Riesenseerose, umden Drehtisch einer Werkzeugmaschine zu optimieren (siehe Abbildung 2.8). Dabei konnte die Masse um rund 15% reduziert werden bei gleichzeitig leichter Reduktion der maximalen Auslenkung sowie einer Anhebung der ersten sechs Eigenfrequenzen. Li et al. [95] nutzen eine mathematische Formulierung des lokalen diffe- renziellen Wachstums der Pflanzen-Morphogenese, um über verschiedene Wachstumsstrategien und einen evolutionären Optimierungsalgorithmus optimierte Verstärkungsrippen innerhalb einerGrundstruktur zu bestimmen. So konnte die Steifigkeit eines Maschinenständers in verschweißter Blech- 37 2 Stand der Forschung und Technik (a) (b) Abbildung 2.8: Oberseite und Unterseite einer Amazonas-Riesenseerose (2.8a) sowie ein nach diesem Vorbild bionisch optimierter Maschinentisch (2.8b) [96] bauweise bei verringertem Gewicht verbessert werden. In einem solchen Fall ist die konventionelle Fertigung – hier konkret als Schweißbaugruppe – denkbar. Jedoch ist die Übertragbarkeit auf andere Anwendungsfälle fraglich bzw. individuell zu prüfen. Außerdem sind bislang keine komplett automa- tisierten Ansätze dieser Kategorie beschrieben, da meist initiale Knoten oder Bereiche als Ausgangspunkte für das lokale Wachstum initialisiert werden müssen. Als wesentlichster übergreifender Nachteil von biologisch inspirierten Ansätzen ist deren enorm hohe Fertigungskomplexität bzw. der dafür nötige Zeit- und Kostenaufwand zu nennen. Aber auch die Skalierbarkeit der da- für zwangsweise benötigten additiven Fertigungsverfahren ist bislang stark begrenzt (vgl. Abschnitt 2.2.2). Speziell für die hier betrachteten großvolu- migen metallischen Bauteile sind schnell die Grenzen der Wirtschaftlichkeit oder der generellen Fertigbarkeit erreicht. 2.3.4 Schichtweise Optimierung Auch zurNutzung der speziellen Eigenschaften von schichtweisen Verfahren wie LLM und SL existieren Ansätze in der Fachliteratur. Die subtraktive Fertigung einzelner Schichten und das Fügen der ganzen Schichten sind 38 2.3 Fertigungsgerechte Strukturoptimierung von Maschinenkomponenten hier sequenziell getrennt. Das eröffnet einzigartige Gestaltungsfreiheiten, die sich einige Ansätze zunutze machen. Im Bereich der faserverstärkten Verbundwerkstoffe gibt es dabei Ansätze, die speziell die Orientierung der einzelnen Lagen sowie die Anordnung in Schichtaufbaurichtung optimieren [97]. Derartige Ansätze optimieren jedoch nur die mechanischen Eigenschaften und nicht Topologie von Bautei- len. Es gibt auch Ausnahmen, welche die Materialverteilung und die Schicht- bzw. Faserausrichtungen gleichzeitig optimieren [98]. Da diese jedoch nicht zur Herstellung optimierter, metallischer Bauteile geeignet sind, werden sie nicht weiter betrachtet. Stattdessen wird nachfolgend die Idee erläutert, auf der auch diese Ar- beit basiert. Mottahedi [99] beschreibt bereits die grundsätzliche Idee, je- de einzelne Schicht eines LLM-Bauteils durch individuelle Strukturierung zu optimieren, vgl. Abbildung 2.9. Dabei werden metallische Schichten durch Laserschneiden strukturiert und anschließend mit 2-Komponenten- Strukturklebstoff auf Epoxidbasis verklebt (form then bond vgl. Abschnitt 2.2.3). Die einzelnen Schichten werden in gleichförmige Gitterzellen aufgeteilt, wor- aufhin jeder dieser Gitterzellen ein Dichtewert aus der TO zugeordnet wird. Anschließend folgt die Strukturierung der Schicht, indem in jeder Gitterzelle genau so viel Material entfernt wird, dass das verbleibende Volumen der von der TO ermittelten Dichte entspricht. Die grundsätzliche Idee ähnelt damit den FGLS, allerdings mit höherer Designfreiheit für die Hohlräume innerhalb der