Zum Einfluss der Querbeanspruchung auf die Lebensdauer drehungsarmer Seile Oliver Reinelt Dezember 2015 Berichte aus dem INSTITUT FÜR FÖRDERTECHNIK UND LOGISTIK Institutsleiter: Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. K.-H. Wehking UNIVERSITÄT STUTTGART Zum Einfluss der Querbeanspruchung auf die Lebensdauer drehungsarmer Seile Von der Fakultät Konstruktions-, Produktions- und Fahrzeugtechnik der Universität Stuttgart zur Erlangung der Würde eines Doktor-Ingenieurs (Dr.-Ing.) genehmigte Abhandlung Vorgelegt von Dipl.-Ing. Oliver Reinelt aus Reutlingen Hauptberichter: Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. K.-H. Wehking Mitberichter: Prof. Dr.-Ing. B. Bertsche Tag der mündlichen Prüfung: 14.12.2015 Institut für Fördertechnik und Logistik (IFT) der Universität Stuttgart 2015 „Denken sie in Extremen“ Prof. Dr.-Ing. K. Feyrer Universität Stuttgart Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mit- arbeiter der Abteilung Seiltechnologie am Institut für Fördertechnik und Logistik (IFT) der Universität Stuttgart. Die im experimentellen Teil dieser Arbeit vorgestellten Versuchsergebnisse aus Dau- erbiegeversuchen waren Bestandteil des IGF Vorhaben 15428 N/1 „Bestimmung des Sprungpunkts von dynamisch beanspruchten Spiralrundlitzenseilen beim Übergang vom Ermüdungsbruch zum Gewaltbruch“ der Forschungsvereinigung Gemein- schaftsausschuß Kaltformgebung e. V. – GAK und wurde über die AiF (Arbeitsge- meinschaft Industrieller Forschungsvereinigungen "Otto v. Guericke" e. V.) im Rah- men des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und – entwicklung (IGF) gefördert. Die Versuchsseile wurden freundlicherweise durch die Firmen Diepa – Drahtseilwerk Dietz GmbH & Co. KG, Drahtseilwerk GmbH Bremer- haven, Hamburger Drahtseilerei, Pfeifer Drako – Drahtseilerei Gustav Kocks GmbH & Co., Westfälische Drahtindustrie GmbH (WDI) - Drahtseilwerk Dortmund und West- fälische Drahtindustrie GmbH (WDI) - Drahtseilwerk Syke zur Verfügung gestellt. Für die Unterstützung durch die AiF und die beteiligten Drahtseilhersteller möchte ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanken. Weiterhin Danke ich - Herrn Professor Dr.-Ing. Dr. h. c. K.-H. Wehking, Leiter des Instituts für För- dertechnik und Logistik (IFT), für die wissenschaftliche Betreuung sowie für das mir entgegenbrachte Vertrauen in meine Arbeit. - Herrn Professor Dr.-Ing. B. Bertsche, Leiter des Instituts für Maschinenele- mente (IMA), für die Durchsicht der Arbeit und die freundliche Übernahme des Mitberichts. - Herrn Professor Dr.-Ing. K. Feyrer, ehemaliger Leiter der Abteilung Seiltech- nik, für die konstruktiven Diskussionen und die hilfreichen Anregungen zur Versuchsauswertung. - Herrn Dipl.-Ing. Sven Winter, Leiter der Abteilung Seiltechnologie, für die re- gelmäßigen Anregungen und Verbesserungsvorschläge sowie für die tatkräfti- ge Unterstützung meines Forschungsvorhabens. - Herrn Dipl.-Ing. Dirk Moll, Leiter der Gruppe zerstörungsfreie Seilprüfung und Seilbahntechnik, für die fachliche Förderung meiner Arbeit und die freund- schaftliche Unterstützung. - Meinen ehemaligen Kollegen aus dem Bereich Seilbahntechnik, Herrn Dipl.- Ing. Ralf Eisinger, Herrn Dipl.-Ing. Martin Wehr und Herrn Dipl.-Ing Konstantin Kühner für die ausgezeichnete Zusammenarbeit sowie ihre freundschaftliche Unterstützung auch außerhalb des Arbeitslebens. - Meinen ehemaligen Kollegen Herrn Dr.-Ing. Tobias Weber, Herrn Dr.-Ing. Björn Ernst und Herrn Dr.-Ing. Jens Weis für den regen Austausch bei allen Fragen zum Ablauf und Erstellen der Dissertation. - Herrn Dipl.-Ing. Samuil Bakschan für die Durchführung zahlreicher Dauerbie- geversuche und deren Dokumentation. - Den Mitarbeitern der Werkstatt des IFT, Herrn Alexander Haase und Herrn Peter Scherer für ihre Bereitschaft auch kurzfristig und unter Zeitdruck drin- gende Konstruktionen schnell und zuverlässig zu fertigen. - Herrn Ralf Möhrke, Elektrotechniker des IFT, für die Beratung bei der Auswahl der geeigneten Messtechnik und die elektrotechnische Umsetzung. - Meinen Studienarbeitern / Bachelorarbeitern Herrn Thomas Denninger, Herrn Markus Mangelsdorf, Herrn Manfred Hirner und Herrn Tobias Maile für die konstruktive Unterstützung und gewissenhafte Durchführung unzähliger Ver- suche. - Meinen ehemaligen Kollegen am Institut für das freundschaftliche Arbeitsver- hältnis, sowie den Mitarbeitern der IT-Abteilung und den Mitarbeiterinnen des Sekretariats für ihr überaus kollegiales Verhalten. - Der Firma H. Künne GmbH und Co. KG für die kostenlose Beistellung einer weiteren Drahtlieferung. - Herrn Dipl.-Ing. Bruno Longatti, Herrn Dipl.-Ing. Kai J. Thiem und meinen Kol- legen bei der Firma Fatzer AG für die Beratung in technischen und sprachli- chen Fragen. - Meinen ehemaligen Kommilitonen Herrn Dipl.-Ing Markus Schröppl und Herrn Dipl.-Ing Manuel Weber für die Hilfe in technischen und konstruktiven Belan- gen sowie Herrn Dr.-Ing. Dominik Lucke für die Hilfe und Beratung beim Er- stellen dieser Arbeit. Mein ganz besonderer Dank gilt meinen Eltern, deren Unterstützung ich immer Erfah- ren darf und meinem Bruder, der mich stets motiviert und zu neuen Leistungen er- muntert. Meiner Partnerin Tanja Geiger danke ich von ganzem Herzen für ihre Geduld und Rücksichtnahme sowie ihre permanente Unterstützung während dem Erstellen dieser Arbeit. Oliver Reinelt Kreuzlingen, im Dezember 2015 8 Inhaltsverzeichnis Vorwort ...................................................................................................................... 5 Inhaltsverzeichnis .................................................................................................... 8 Abbildungsverzeichnis .......................................................................................... 11 Tabellenverzeichnis ............................................................................................... 16 Formelzeichenverzeichnis ..................................................................................... 18 Abkürzungsverzeichnis ......................................................................................... 22 Kurzzusammenfassung ......................................................................................... 23 Abstract ................................................................................................................... 25 1 Einleitung ...................................................................................................... 31 1.1 Drehungsarme Seile .................................................................................... 32 1.2 Sprungpunkt / Donandtkraft ....................................................................... 36 1.3 Problemstellung ........................................................................................... 37 1.4 Zielsetzung ................................................................................................... 41 1.5 Vorgehensweise ........................................................................................... 42 2 Stand der Forschung ................................................................................... 43 2.1 Berechnung von Lebensdauer und Donandtkraft ..................................... 43 2.1.1 Exemplarische Lebensdauerberechnung ..................................................... 46 2.2 Seildraht ........................................................................................................ 47 2.3 Genormte Versuche zur Bestimmung der Drahtqualität .......................... 51 2.3.1 Zugversuch .................................................................................................. 51 2.3.2 Verwindeversuch ......................................................................................... 52 2.3.3 Hin- und Herbiegeversuch ........................................................................... 53 2.3.4 Bewertung der Normversuche ..................................................................... 54 2.4 Untersuchungen zur Pressung ................................................................... 55 2.4.1 Umlaufbiegung und Querpressung .............................................................. 56 2.4.2 Biegung und Querpressung ......................................................................... 58 2.4.3 Dauerbiegeversuch unter Querbeanspruchung ........................................... 59 2.4.4 Zugschwellversuch unter Querbeanspruchung ............................................ 61 Inhaltsverzeichnis 9 2.4.5 Schwellende Biegung und Querpressung .................................................... 65 2.4.6 Zerreißversuche unter Querpressung zur Untersuchung der Drahtalterung 68 2.4.7 Zerreißversuche mit Querpressung zwischen Drähten ................................ 71 2.4.8 Zerreißversuche mit Querpressung im Bereich Seilbahnseile ..................... 72 2.4.9 Untersuchung der Verformung von Drähten unter Querpressung ............... 73 2.4.10 Versuche an Seilen unter Querbeanspruchung ........................................... 75 2.4.11 Untersuchung von Kontaktspannungen mittels FEM ................................... 78 3 Theoretische Grundlagen ............................................................................ 81 3.1 Schädigung und Verschleiß im Seil ........................................................... 81 3.2 Seilgeometrie ............................................................................................... 83 3.3 Drehmoment von Seilen .............................................................................. 88 3.4 Zugspannung ............................................................................................... 91 3.5 Biegespannung ............................................................................................ 92 3.6 Pressung ....................................................................................................... 92 3.7 Kerbwirkung auf verseilten Drähten........................................................... 97 3.8 Grundlagen der Regressionsanwendung in Bezug auf Biegeversuche an Drahtseilen ................................................................................................. 100 4 Experimentelle Untersuchungen .............................................................. 101 4.1 Biegeversuche ........................................................................................... 101 4.1.1 Versuchsseile ............................................................................................ 104 4.1.2 Ermittlung des Seildrehmoments ............................................................... 107 4.1.3 Ergebnisse der Biegeversuche .................................................................. 110 4.2 Druckmessfolie .......................................................................................... 117 4.3 Magnetinduktive Seilprüfung .................................................................... 121 4.4 Mikroskopie ................................................................................................ 122 4.4.1 Vergleich zweier Seile im Neuzustand ....................................................... 122 4.4.2 Analyse von Drahtbrüchen ......................................................................... 125 4.4.3 Vermessung von Druckstellen ................................................................... 135 4.5 Querpressversuche ................................................................................... 139 4.5.1 Querpressvorrichtung ................................................................................ 142 10 Inhaltsverzeichnis 4.5.2 Berechnete Spannungen anhand eines Versuchsseils .............................. 144 4.5.3 Gewählte Belastungen ............................................................................... 145 4.5.4 Versuchsdrähte .......................................................................................... 145 4.5.5 Versuchsergebnisse aus der Querpressvorrichtung .................................. 148 5 Auswertung ................................................................................................ 161 5.1 Lebensdauer ............................................................................................... 161 5.2 Sprungpunkt ............................................................................................... 165 5.3 Querpressung ............................................................................................ 172 6 Fazit ............................................................................................................. 177 7 Ausblick ...................................................................................................... 181 8 Zusammenfassung .................................................................................... 185 9 Literaturverzeichnis ................................................................................... 191 10 Anhang ........................................................................................................ 201 11 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Beispielhafter Aufbau eines 2-lagigen drehungsarmen Seils ................ 33 Abbildung 2: Kräfte und Hebelarme im drehungsarmen Seil ..................................... 33 Abbildung 3: Entladevorgang eines Schiffs auf eine Offshore-Plattform ................... 34 Abbildung 4: Hubseil einer Winde auf einer Offshore-Plattform, Durchmesser 120 mm .............................................................................................. 35 Abbildung 5: Lebensdauerdiagramm eines 16 mm Seiles ......................................... 36 Abbildung 6: Schematische Darstellung des Aufstellvorgangs .................................. 39 Abbildung 7: Hauptparameter der Seildrahtherstellung [Lutz 1972] .......................... 47 Abbildung 8: Zählverfahren beim Hin- und Herbiegeversuch [DIN ISO 7801] ........... 53 Abbildung 9: Schematische Versuchsanordnung „Dauerprüfmaschine Stuttgart“ [Pfister 1964] ...................................................................................... 57 Abbildung 10: Schema des Versuchsaufbaus für Zug, Biegung und Pressung [Oplatka 1965] .................................................................................... 58 Abbildung 11: Schematische Versuchsanordnung der „Dauerprüfmaschine Aachen“ [Lutz 1972] ........................................................................... 60 Abbildung 12: Schema des Versuchsaufbaus für Zugschwellbeanspruchung und Pressung [Pantucek 1977b] ........................................................ 62 Abbildung 13: Schema des Versuchsaufbaus für Biegung und Pressung [Pantucek 1977a] ............................................................................... 64 Abbildung 14: Erweiterung des Versuchsaufbaus für Pressversuche Draht / Draht [Pantucek 1977a] ...................................................................... 64 Abbildung 15: Erweiterter Versuchsaufbau für Biegung und Pressung [Haid 1984] .................................................................................................. 67 Abbildung 16: Schema der Pressvorrichtung [Stephenson 1983] .............................. 69 Abbildung 17: Schema des Versuchsaufbaus für Pressung Draht / Draht [Malinovsky & Vankov 1997] .............................................................. 71 Abbildung 18: Schema der Pressvorrichtung für 7 mm Drähte [Dillmann & Gabriel 1981] ...................................................................................... 73 Abbildung 19: Schematische Anordnung der Seile in Mupendes Messaufbau [Mupende 2001] ................................................................................. 75 12 Abbildungsverzeichnis Abbildung 20: Pressvorrichtung von Mupende [Mupende 2001] ............................... 76 Abbildung 21: Schematische Darstellung des Messaufbaus von Weiskopf [Weiskopf 2008] .................................................................................. 77 Abbildung 22: Pressvorrichtung von Weiskopf [Weiskopf 2008] ................................ 78 Abbildung 23: Spannungen in der Litze 1x37 [Wehking & Weis 2013] ...................... 79 Abbildung 24: Tribologisches System mit den kennzeichnenden Elementen [Sommer, Heinz & Schöfer 2010] ....................................................... 81 Abbildung 25: Raumkurve eines einfach verseilten Drahtes ..................................... 84 Abbildung 26: Seilkonstruktion 6x7 mit Fasereinlage ................................................ 86 Abbildung 27: drehungsarmes Seil, Kernlitze + 2 Litzenlagen ................................... 86 Abbildung 28: Sperrung im Litzenquerschnitt ............................................................ 86 Abbildung 29: Drehmomentmesseinrichtung [Feyrer & Schiffner 1986] .................... 88 Abbildung 30: Messgrößen zur Bestimmung der Drehmomentkonstanten ................ 90 Abbildung 31: Bezeichnung der Radien und Winkel an zwei sich kreuzenden Drähten .............................................................................................. 94 Abbildung 32: Die längenbezogene Anpresskraft eines Seiles [Häberle 1995] ......... 96 Abbildung 33: Entlastungszahl einer Kerbreihe [Radaj 2007] .................................... 99 Abbildung 34: Schema einer Dauerbiegemaschine mit fliegend gelagerter Prüfscheibe [Feyrer & Hemminger 1983] ......................................... 101 Abbildung 35: Versuchsplan für Dauerbiegeversuche gemäß Projektplan .............. 103 Abbildung 36: Charakteristisches Drehmoment von Seil 3/16, d = 16 mm............... 107 Abbildung 37: Charakteristisches Drehmoment von Seil 7/9, d = 9 mm .................. 108 Abbildung 38: Lebensdauer der Seile d = 16 mm, D/d = 10 ..................................... 111 Abbildung 39: Lebensdauer der Seile d = 16 mm, D/d = 25 ..................................... 111 Abbildung 40: Übersicht aller Donandtkräfte ........................................................... 113 Abbildung 41: Vergleich Mindestbruchkraft und Donandtkraft, 16 mm Seile, D/d = 25 ............................................................................................ 114 Abbildung 42: Vergleich Mindestbruchkraft und Donandtkraft, 16 mm Seile, D/d = 10 ............................................................................................ 114 Abbildung 43: Vergleich Biegewechselzahl und Donandtkraft, 16 mm Seil, D/d = 25 ............................................................................................ 115 Abbildungsverzeichnis 13 Abbildung 44: Druckmessfolie Seil 2/16 .................................................................. 118 Abbildung 45: Aufbau Seil 2/16 ............................................................................... 118 Abbildung 46: Druckmessfolie Seil 1/16 .................................................................. 118 Abbildung 47: Aufbau Seil 1/16 ............................................................................... 118 Abbildung 48: Verlauf der Litzenlagen auf Druckmessfolie ..................................... 120 Abbildung 49: Außenlitze von Seil 1/16, Neuzustand .............................................. 123 Abbildung 50: Außenlitze von Seil 2/16, Neuzustand .............................................. 123 Abbildung 51: Vergleich der Pressung zwischen Drähten von Seil 1/16 und Seil 2/16 .................................................................................................. 125 Abbildung 52: Lebensdauerdiagramm zu Seil 2/16, d = 16 mm, D/d = 25 ................ 128 Abbildung 53: Drahtbruch mit Anzeichen von Ermüdung ........................................ 129 Abbildung 54: Ermüdungsbruch .............................................................................. 130 Abbildung 55: Verformungsarmer Gewaltbruch, Längsriss innen ............................ 131 Abbildung 56: Gewaltbruch mit Druckstelle ............................................................. 132 Abbildung 57: Scherbruch ....................................................................................... 133 Abbildung 58: Gewaltbruch...................................................................................... 134 Abbildung 59: Druckstellen Neuzustand .................................................................. 136 Abbildung 60: Druckstellen nach 8000 Biegewechseln ........................................... 136 Abbildung 61: Seitenansicht zu Abb. 59 .................................................................. 136 Abbildung 62: Seitenansicht zu Abb. 60 .................................................................. 136 Abbildung 63: Riefen in Druckstelle nach 8000 Biegewechseln (150x) ................... 137 Abbildung 64: Druckstelle nach 8000 Biegewechseln ............................................. 138 Abbildung 65: Breite der Druckstelle ....................................................................... 138 Abbildung 66: Schema des Versuchsaufbaus ......................................................... 140 Abbildung 67: Versuchsaufbau zur Querpressung .................................................. 142 Abbildung 68: Presszylinder und Versuchsdrähte im Detail .................................... 143 Abbildung 69: Bezogene Bruchkräfte unter Kontaktwinkel 90°, Projekt A ............... 150 Abbildung 70: Draht A1, R = 1770 N/mm², 20 % Querdruck .................................... 152 Abbildung 71: Draht A5, R = 2260 N/mm², 20 % Querdruck .................................... 152 Abbildung 72: Draht A1, R = 1770 N/mm², 50 % Querdruck .................................... 152 14 Abbildungsverzeichnis Abbildung 73: Draht A5, R = 2260 N/mm², 50 % Querdruck .................................... 152 Abbildung 74: Draht A1, R = 1770 N/mm², 60 % Querdruck .................................... 152 Abbildung 75: Draht A5, R = 2260 N/mm², 60 % Querdruck .................................... 152 Abbildung 76: Draht A1, R = 1770 N/mm², 70 % Querdruck, Bruchende 1 .............. 153 Abbildung 77: Draht A5, R = 2260 N/mm², 70 % Querdruck, Bruchende 1 .............. 153 Abbildung 78: Draht A1, R = 1770 N/mm², 70 % Querdruck, Bruchende 2 .............. 153 Abbildung 79: Draht A5, R = 2260 N/mm², 70 % Querdruck, Bruchende 2 .............. 153 Abbildung 80: Bezogene Bruchkräfte unter Kontaktwinkel 90°, Drähte d = 0,8 mm, Projekt B ....................................................................... 154 Abbildung 81: Bezogene Bruchkräfte unter Kontaktwinkel 90°, Drähte d = 1,2 mm, Projekt B ....................................................................... 155 Abbildung 82: Bezogene Bruchkräfte unter Kontaktwinkel 90°, Drähte d = 2,4 mm, Projekt B ....................................................................... 155 Abbildung 83: Bezogene Bruchkräfte unter Kontaktwinkel 90°, Drähte d = 2,0 mm, Projekt B ....................................................................... 156 Abbildung 84: Draht B3, R = 1770 N/mm², 30 % Querdruck .................................... 157 Abbildung 85: Draht B9, R = 2160 N/mm², 30 % Querdruck .................................... 157 Abbildung 86: Draht B3, R = 1770 N/mm², 70 % Querdruck, Bruchende 1 .............. 157 Abbildung 87: Draht B9, R = 2160 N/mm², 70 % Querdruck, Bruchende 1 .............. 157 Abbildung 88: Draht B3, R = 1770 N/mm², 70 % Querdruck, Bruchende 2 .............. 158 Abbildung 89: Draht B9, R = 2160 N/mm², 70 % Querdruck, Bruchende 2 .............. 158 Abbildung 90: Draht B3, R = 1770 N/mm², 80 % Querdruck, Bruchende 1 .............. 158 Abbildung 91: Draht B9, R = 2160 N/mm², 80 % Querdruck, Bruchende 1 .............. 158 Abbildung 92: Draht B3, R = 1770 N/mm², 80 % Querdruck, Bruchende 2 .............. 158 Abbildung 93: Draht B9, R = 2160 N/mm², 80 % Querdruck, Bruchende 2 .............. 158 Abbildung 94: Regression für die Bruchbiegewechselzahl bei D/d = 10 .................. 163 Abbildung 95: Regression für die Bruchbiegewechselzahl bei D/d = 25 .................. 164 Abbildung 96: Vergleich der Regressionsergebnisse für Ansatz 1 .......................... 166 Abbildung 97: Vergleich der Regressionsergebnisse für Ansatz 2 .......................... 171 Abbildung 98: Ergebnisse der Regression für Projekt A und Drahtdurchmesser d = 1,15 mm ...................................................................................... 173 Abbildungsverzeichnis 15 Abbildung 99: Ergebnisse der Regression für Projekt B und Drahtdurchmesser d = 1,2 mm ........................................................................................ 174 16 Tabellenverzeichnis Tabelle 2.1: Konstanten für die Lebensdauerberechnung von Spiralrundlitzenseilen [Feyrer 2007] ................................................... 43 Tabelle 2.2: Konstanten für die Lebensdauerberechnung von Spiralrundlitzenseilen [Feyrer 2011] ................................................... 45 Tabelle 2.3: Konstanten für die Berechnung der Donandtkraft [Feyrer 2007] ............ 45 Tabelle 2.4: Zulässige Abweichungen für die Zugfestigkeit in Anlehnung an DIN EN 10264-1 ................................................................................. 51 Tabelle 2.5: Auszug der Mindestverwindezahlen gemäß DIN EN 10264-2 ............... 52 Tabelle 2.6: Auszug der Mindestbiegezahlen gemäß DIN EN 10264-2 ..................... 54 Tabelle 3.1: Konstanten für die Drehmomentberechnung [Feyrer 2007] ................... 90 Tabelle 4.1: Typische Belastungen S/d² .................................................................. 103 Tabelle 4.2: Seileigenschaften Teil 1 ....................................................................... 105 Tabelle 4.3: Seileigenschaften Teil 2 ....................................................................... 106 Tabelle 4.4: Konstanten für die Berechnung des Seildrehmoments [Reinelt, Winter & Wehking 2013] ................................................................... 109 Tabelle 4.5: Bewertung von Drahtbrüchen (Bilder: Lehrplakat der EMPA) .............. 127 Tabelle 4.6: Drähte zu Versuchsseil Seil 2/16 vom Seilhersteller geliefert .............. 146 Tabelle 4.7: Ergebnisse der Normversuche an Drähten zu Versuchsseil 2/16 ........ 146 Tabelle 4.8: Drähte von Hersteller 1 ........................................................................ 147 Tabelle 4.9: Ergebnisse der Normversuche an Drähten von Hersteller 1 ................ 148 Tabelle 5.1: Konstanten für die Lebensdauerberechnung von drehungsarmen Seilen in herstellereigener Schmierung ............................................ 162 Tabelle 5.2: Konstanten für die Berechnung der Donandtkraft von drehungsarmen Seilen nach Ansatz 1 .............................................. 167 Tabelle 5.3: Ermittelte und mit Ansatz 1 berechnete Donandtkräfte bei D/d = 10 .... 167 Tabelle 5.4: Ermittelte und mit Ansatz 1 berechnete Donandtkräfte bei D/d = 25 .... 168 Tabelle 5.5: Konstanten für die Berechnung der Donandtkraft von drehungsarmen Seilen ..................................................................... 169 Tabelle 5.6: Ermittelte und mit Ansatz 2 berechnete Donandtkräfte bei D/d = 10 .... 169 Tabellenverzeichnis 17 Tabelle 5.7: Ermittelte und mit Ansatz 2 berechnete Donandtkräfte bei D/d = 25 .... 170 18 Formelzeichenverzeichnis Zeichen Einheit Bedeutung Lebensdauerberechnung und Donandtkraft a0 …a4 - Konstanten der Regression b0 …b5 - Konstanten der Lebensdauerberechnung d mm Nenndurchmesser des Seiles d0 mm Einheitsdurchmesser (d0 = 1mm) D mm Seilscheibendurchmesser D = D0+d mit D0 für den Seilscheibendurchmesser im Rillengrund fd - Einfluss des Seildurchmessers auf die Lebensdau- er (Feyrerformel 2011) fl - Einfluss der Seilbiegelänge auf die Lebensdauer (Feyrerformel 2011) Fmin N/mm² Mindestbruchkraft des Seiles h mm Seilhub l mm Seilbiegelänge N - Biegewechselzahl - Mittlere Bruchbiegewechselzahl N10 - Biegewechselzahl, bei der mit einer Sicherheit von 95 % höchstens 10 % der Seile gebrochen sind Nkorr - Korrigierte Biegewechselzahl q0 …q2 - Konstanten zur Berechnung der Donandtkraft R0 N/mm² Seilfestigkeitsklasse / Drahtnennfestigkeit S N Seilzugkraft S0 N Einheitszugkraft (S0 = 1N) SD N Donandtkraft (Kraft am Sprungpunkt) N Mittlere Donandtkraft SD1 N Donandtkraft, die mit 95 % Sicherheit von weniger als 1 % der Seile unterschritten wird Seilgeometrie α rad Schlagwinkel (Draht oder Litze) αD rad Schlagwinkel des Drahtes αL rad Schlagwinkel der Litze φ rad Drehwinkel (Draht oder Litze) φD rad Drehwinkel des Drahtes φL rad Drehwinkel der Litze rad Winkel eines Ellipsenmittelpunkts zur Symmetrie- achse zwischen zwei benachbarten Ellipsen K - Drehwinkelverhältnis, Kreuzschlag: +K, Gleichschlag: -K Formelzeichenverzeichnis 19 rD mm Radius des Drahtes R mm Windungsradius des Drahtes oder der Litze RL mm Windungsradius der Litze RD mm Windungsradius des Drahtes sQ mm Sperrung im Litzenquerschnitt (aus Polarradien der Ellipsen und Abstand der Ellipsenmittelpunkte) mm Kleinster Abstand der Ellipsen im Litzenquerschnitt. Sperrung (aus Tangentenberührpunkt einer Tan- gente parallel zur Symmetrieachse) x, y, z - Koordinaten im kartesischen System zD - Drahtanzahl in einer Drahtlage Drehmomentberechnung φ rad Drehwinkel ω rad/mm Verdrehwinkel ωmax rad/mm Maximaler Verdrehwinkel (positiv und negativ) c1 …c3 - Konstanten zur Berechnung des Seildrehmoments G N/mm² Schubmodul l mm Freie Seillänge im Drehmomentversuch M Nm Drehmoment Mmax,0 Nm Maximales Drehmoment bei maximaler Seilzug- kraft und Verdrehwinkel 0 rad/mm Mmax,ω Nm Differenz der Drehmomente bei maximaler Seil- zugkraft und den maximalen positiven und negati- ven Verdrehwinkeln Smax N Maximale Seilzugkraft im Drehmomentversuch Kräfte am Draht in der Litze αk rad Schlagwinkel des Drahtes k αi rad Schlagwinkel des Drahtes i in der Litze in der Drahtlage i βl rad Schlagwinkel der bestimmten Litzenlage l im Seil νk - Querkontraktionszahl des Drahtes k in der Litze νi - Querkontraktionszahl des Drahtes i in der Litze in der Drahtlage i Ak mm² Querschnittsfläche des Drahtes k Ai mm² Querschnittsfläche des Drahtes i in der Litze in der Drahtlage i Ek N/mm² E-Modul des Drahtes k in der Litze Ei N/mm² E-Modul des Drahtes i in der Litze in der Drahtlage i Fk N Zugkraft in einem bestimmten Draht k der Litze zi - Zahl der Drähte in der Litze in der Drahtlage i 20 Formelzeichenverzeichnis Kräfte am Draht in der verseilten Litze αij rad Drahtschlagwinkel des Drahtes i in der Drahtlage i der Litzenlage j αkl rad Schlagwinkel des bestimmten Drahtes k in der be- stimmten Litzenlage l βj rad Litzenschlagwinkel der Litzenlage j νl - Querkontraktionszahl der Litze l νj - Querkontraktionszahl der Litze in der Litzenlage j νij - Querkontraktionszahl des Drahtes i in der Drahtla- ge i der Litzenlage j νkl - Querkontraktionszahl des bestimmten Drahtes k in der bestimmten Litzenlage l σzkl N/mm² Zugspannung des bestimmten Drahtes k in der bestimmten Litzenlage l Aij mm² Querschnittsfläche des Drahtes i in der Drahtlage i der Litze j Akl mm² Querschnittsfläche des bestimmten Drahtes k in der der bestimmten Litzenlage l Eij N/mm² E-modul des Drahtes i in der Drahtlage i der Litzen- lage j Ekl N/mm² E-Modul des bestimmten Drahtes k in der bestimm- ten Litzenlage l Fkl N Zugkraft des bestimmten Drahtes k in der der be- stimmten Litzenlage l zj - Anzahl der Litzen in der Litzenlage j zij - Anzahl der Drähte i in der Litzenlage j Biegespannung nach Reuleaux δ mm Drahtdurchmesser σb N/mm² Biegespannung D mm Mittlerer Krümmungsdurchmesser E N/mm² E-modul Pressungsberechnung δ1 mm Durchmesser des Drahtes 1 δ2 mm Durchmesser des Drahtes 2 κ mm Hauptkrümmung Positiv für konvexe Krümmung Negativ für konkave Krümmung κij mm Hauptkrümmung des Drahtes an der Berührstelle - Hilfswert abhängig vom Hilfswinkel τ ν - Querkontraktionszahl des Drahtes - Hilfswert abhängig vom Hilfswinkel τ τ rad Hilfswinkel a mm Abstand der Scheitelpunkte der Litzen D mm Durchmesser der Seilscheibe im Rillengrund E N/mm² E-modul des Drahtes Formelzeichenverzeichnis 21 N - Anzahl der Berührpunkte quer zum Seil zwischen Litze und Seilscheibe P0 N Querkraft pro Drahtkuppe pmax N/mm² Hertz’sche Pressung rij mm Krümmungsradius des Drahtes an der Berührstelle Kräfte zwischen Seil und Seilscheibe c0…c3 - Konstanten für die Berechnung der Überhöhung der längenbezogenen Anpresskraft qauf N/mm Längenbezogene Anpresskraft am Auflaufpunkt qab N/mm Längenbezogene Anpresskraft am Ablaufpunkt q0 N/mm Mittlere längenbezogene Anpresskraft Se N Einheitskraft 1 N Kerbtheorie αk - Kerbformzahl βk - Kerbwirkungszahl γ - Entlastungszahl nχ - (spannungsmechanische) Stützziffer ρ mm Krümmungsradius σAD N/mm² Dauerfest ertragbare Spannungsamplitude der un- gekerbten Probe (= glatte Probe) σn,AD N/mm² Dauerfest ertragbare Nenn-Spannungsamplitude der gekerbten Probe σk,max N/mm² Maximalspannung im Kerbgrund σn N/mm² Nennspannung im Restquerschnitt ohne Kerbe χ - Bezogener Spannungsgradient t mm Tiefe der Kerbe teff mm Wirksame Tiefe der Kerbe t/ρ mm Kerbschärfe Regressionsrechnung a0…ai - Allgemeine Konstanten der Regressionsrechnung s - Streuung x0…xi - Unabhängige Variablen y - Zielgröße Versuche mit Querkraft c1…c3 - Konstanten der Regression d mm Drahtdurchmesser FB N Bruchkraft des Drahtes FB,Q N Bruchkraft mit Querkraft FQ N Querkraft auf den Draht FZ,0 N Zerreiskraft ohne Querpresskraft RIst N/mm² Ermittelte Festigkeit des Drahtes RNenn N/mm² Nennfestigkeit des Drahtes Rp,02 N/mm² Ersatzstreckgrenze 22 Abkürzungsverzeichnis bzw. beziehungsweise d. h. das heißt EMPA Eidg. Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Forschungsinstitution im ETH-Bereich Gl. Gleichung IFT Institut für Fördertechnik und Logistik sog. sogenannt u. a. unter anderem z. B. zum Beispiel 23 Kurzzusammenfassung Im Rahmen des AiF-Forschungsprojekts „Bestimmung des Sprungpunktes von dy- namisch beanspruchten Spiralrundlitzenseilen beim Übergang vom Ermüdungsbruch zum Gewaltbruch“ wurden Dauerbiegeversuche an 7 verschiedenen drehungsarmen Seilkonstruktionen in jeweils 2 Durchmessern durchgeführt. Die Prüfung erfolgte in der vom Hersteller bei der Verseilung eingebrachten Grundschmierung ohne eine spezielle zusätzliche Versuchsschmierung. Diese herstellerspezifische Grundschmie- rung ist auch in der Praxis entscheidend für die Lebensdauer der Seile, da in der Anwendung auf hochbeanspruchten Krananlagen Seile nur selten nachgeschmiert werden. Anhand der durchgeführten Versuche wurden die Konstanten zur Berech- nung der Lebensdauer drehungsarmer Seile in Grundschmierung (= Anlieferungszustand) ermittelt. Aus den Lebensdauerkurven wurden abschließend die jeweilige Donandtkraft berechnet und die Konstanten für deren Berechnung er- mittelt. Die Ergebnisse der Lebensdauerberechnung zeigen für die Versuche mit D/d = 10 im Vergleich zu Feyrer (aufgefettete Spiralrundlitzenseile) eine mittlere Lebensdauer von 58 % und für D/d = 25 eine gemittelte Lebensdauer von 73 %. Diese verringerte Lebensdauer ist zum Einen auf die Schmierung zurückzuführen und zum Anderen abhängig von den untersuchten Seilkonstruktionen. Für die Berechnung der Donandtkraft ergeben sich die besten Ergebnisse anhand einer Berechnung auf Basis der vom Hersteller angegebenen Mindestbruchkraft. Für die bisher bekannte Berechnung nach Feyrer wird die Mindestbruchkraft gemäß Normangaben verwendet. Die Mindestbruchkraft nach Herstellerangaben liegt meist deutlich höher und damit auch näher an der realen Bruchkraft des Seiles. Dieser ein- deutige Zusammenhang von Mindestbruchkraft nach Herstellerangaben und Seil- konstruktion führt zur ersten Verbesserung der Berechnungsergebnisse. Eine Weiterentwickelung Feyrers Formel zur Berechnung der Donandtkraft enthält ein zusätzliches durchmesserabhängiges Glied. Mit dieser Formel werden noch rea- listischere Berechnungsergebnisse erzielt. Zur Erkennung und Zuordnung der Schädigung am Seil und im Seilinneren wurden magnetinduktive Prüfungen durchgeführt. Die Auswertung der Messschriebe zeigt, dass bei hohen Lasten mit einem Beginn der Schädigung im Seilinneren zu rechnen ist. Zur Verifikation wurde ein Seil magnetinduktiv geprüft und anschließend geöffnet. 24 Kurzzusammenfassung Die gefundenen Drahtbrüche liegen auf der zur Seileinlage gewandten Seite der Außenlitze und sind somit visuell auf der Seiloberfläche nicht erkennbar. Treten unter hoher Belastung sichtbare Drahtbrüche auf der Seiloberfläche auf, ist also auch mit unsichtbaren Drahtbrüchen im Seilinneren zu rechnen. Mikroskopische Untersuchungen an Druckstellen zwischen den Litzenlagen und an den Drahtbrüchen lassen erkennen, dass der Bereich der Kontaktstellen zwischen Litzenlagen besonders gefährdet ist. Hier zeigt sich der Verschleiß in Form tiefer werdender und stärker ausgeprägter Druckstellen und ist ein messbares Anzeichen für das Fortschreiten der Seilschädigung. Bei niedriger Belastung ist noch mit Ermü- dungsbrüchen zu rechnen, mit zunehmender Belastung steigt die Anzahl der Ge- waltbrüche und Scherbrüche. Bei hohen Lasten ist die Schädigung hauptsächlich von der Querpressung zwischen den Litzenlagen abhängig. Unter dem Hintergrund der Schädigung durch Querbeanspruchung der Drähte wurde eine Vorrichtung entwickelt, die es ermöglicht 2 vorgespannte Drähte unter definier- tem Winkel gegeneinander zu pressen. Unter bestehender Querkraft kann der Ver- suchsdraht zerrissen werden. Aus Versuchsreihen mit Drähten von Durchmesser 0,8 mm bis 2,4 mm unterschiedlicher Festigkeiten wird eine unterschiedliche Emp- findlichkeit dieser Drähte gegen Querpressung erkennbar. Der Draht mit geringerer Festigkeit kann verhältnismäßig mehr Querpressung ertragen um eine vergleichbare Bruchkraft zu erreichen wie ein Draht höherer Festigkeit. Diese Ergebnisse zeigen, dass bei einem Seil mit Drähten sehr hoher Festigkeit die Gefahr von Drahtbrüchen im Seilinneren steigt. Eine weitere Festigkeitssteigerung der Drähte verlangt nach gezielter Untersuchung der Empfindlichkeit gegen Querbeanspruchung dieser Dräh- te. 25 Abstract The influence of transverse load on the endurance of rotation re- sistant wire ropes The present thesis is divided into three consecutive parts and describes for the first time in this way the endurance and the characteristics of damage of rotation resistant wire ropes. Based on fatigue bending tests and the identification of damage inside the rope, the danger of an unnoticed rope damage in everyday crane operation is recognized. The findings of fatigue bending tests gave reason for a specific study of the contact areas between the layers of strands of rotation resistant wire ropes. These contact areas are analysed separately using a specially designed device to apply a lateral force on two single wires crossing at a certain angle. Known results of various studies and theses on the subject of endurance and contact pressure be- tween wires are summarized and in conclusion lead to this very practical thesis. Within the scope of the AiF-funded research project "Determination of the Donandt- force of rotation resistant wire ropes under dynamic working conditions“ fatigue bend- ing tests (bending over sheave tests) were carried out on 7 different rotation resistant rope designs, each of them in 2 different diameters. The examination was executed on ropes in the basic lubrication of the manufacturer that was used during the strand- ing and spinning process. For the tests these ropes did not get a special pre- treatment with an additional test lubrication. In practice the manufacturer-specific basic lubrication is crucial to the endurance of the ropes because in the application in heavy duty hoisting ropes are rarely re-lubricated. Based on these experiments the constants for the calculation of the endurance of rotation resistant ropes in basic lu- brication (= delivery condition) were determined using Feyrer’s endurance formula [Feyrer 2011], formula (I). ld2 0 2310 flgflg d D lga 1770 R lg4,0 d S lg d D lgaaaNlg              (I) From the respective endurance graphs the Donandtforce was determined to gain the constants for its calculation. The constants for the calculation of the endurance are shown in table 1. 26 Abstract Rotation re- sistant rope a0 for N a0 for N10 a1 a2 a3 -1,686 -2,079 1,408 8,111 -2,576 Table 1: Constants for the calculation of the endurance of rotation resistant wire ropes Compared to Feyrer’s results (well lubricated ropes with special test lubrication) the actual results of the fatigue life calculation show an average endurance of 58 % for the experiments with D/d = 10 and an average endurance of 73 % for D/d = 25. This reduced endurance on the one hand is due to the lubrication and on the other hand depends on the specific investigated rope designs. For the calculation of the Donandtforce the best results are obtained by using a cal- culation based on the minimum breaking force specified by the manufacturer. The so far known calculation according to Feyrer [Feyrer 2007] used the minimum breaking force of the rope according to specifications taken from standards. The minimum breaking force declared by the manufacturer is usually much higher and therefore closer to the real breaking force of the rope. The original formula is shown below. d/D F qFqS min1min0D  (II) For this first calculation the coefficient of determination is 0,6346 and the scatter is 0,0511. Table 2 shows the constants for the calculation of the Donandtforce based on Feyrer´s formula (II) and the minimum breaking force specified by the manufac- turer. Rotation resistant rope q0 for DS q0 for 1DS q1 Fmin, Manufacturer 0,62164 0,50277 -2,157 Table 2: Constants for the calculation of the Donandtforce of rotation resistant wire ropes based on formula (II) In a second step this formula was enhanced by adding an element including the squared diameter of the rope. This leads to the following formula (III). min 2 2 min 1min0D Fdq d/D F qFqS  (III) Table 3 shows the constants for the calculation of the Donandtforce based on this enhanced formula. Abstract 27 Rotation resistant rope q0 for DS q0 for 1DS q1 q2 Fmin, Manufacturer 0,71298 0,62633 -2,15711 -0,000479 Table 3: Constants for the calculation of the Donandtforce of rotation resistant wire ropes based on formula (III) This new formula (III) improves the coefficient of determination to a value of 0,8140 and reduces the scatter to 0,0373. For the detection and classification of damage on the rope and especially the identifi- cation whether a wire break is on the outside or inside of the rope, magneto-inductive measurements were performed. The evaluation of the measurement records shows that at high loads the beginning of the damage can be expected inside the rope. To verify this finding a rope was inspected with magneto-inductive measurement devices and was opened afterwards. The detected wire breaks were found on the outer strands situated in the contact area from outer strands to inner strands and are there- fore invisible on the rope’s surface. Due to the location of these wire breaks it is pos- sible that there is no air gap between the broken wire ends and thus the detection by magnetic-rope testing devices is not guaranteed. Thus, if visible broken wires occur on the surface of a rope under high loads, it has to be expected that there are also invisible wire breaks inside the rope. Microscopic examinations of contact points between the layers of strands and the wire breaks in this area show that this contact area in particular is endangered to be the starting point of damage due to combined loads of tension, bending and lateral pressure. The wear can be realised in the form of deepened and more pronounced pressure marks and is a measurable sign for the progression of damage. At low loads fatigue failure of wires can be expected. With increasing loads the num- ber of forced fractures and shear fractures is also increasing. At high loads the dam- age mainly depends on the transverse pressure between the layers of strands. The following figures show wire breaks that were found in bending over sheave tests with D/d = 25. Figure 1 shows a typical fatigue fracture taken from a rope tested at lower loads (S = 60 kN, safety factor 3,5). A typical wire break taken from a rope tested at loads near to the Donandtforce (S = 110 kN, safety factor 1,9) is shown in figure 2. 28 Abstract Figure 1: Fatigue fracture Figure 2: Shear fracture Due to the discovered deterioration caused by transverse pressure on the wires a device was developed that allows to press two pre-stressed wires to each other at a defined angle. With existing lateral force, the test wire can be ruptured. A detail of this pressing device showing the point of contact of the wires is given in figure 3. Figure 3: Detail of device to press two wires against each other For each wire the real breaking force is first determined in the standard tensile test. The tensile strength of the wire without transverse stress is used as reference force for the experiments with the previously mentioned device. The test wire is pre- stressed with 50 % of its tensile strength. Then another also tensioned wire of the Abstract 29 same diameter and the same material is pressed against the test wire with a contact angle of 90°. Finally the test wire is ruptured with existing lateral force. The applied lateral force as well is given as a percentage of the respective reference breaking force. Since all forces are referred to the real breaking force the results of different wires can be compared. Finally the breaking forces obtained from tests with certain transverse forces are evaluated. A tensile strength of 100 % corresponds to the breaking strength of the conventional tensile test without transverse load, the other values show the reduction of tensile strength of a wire loaded with a certain trans- verse force. Test series with wires of diameter 0,8 mm to 2,4 mm of different tensile strengths show a different sensitivity of these wires against transverse pressure. The wire of a lower strength can endure relatively more transverse force than the wire of higher strength. Figure 4: Results for Wire of diameter 1,2 mm, Project B Exemplarily the results of the evaluation of one of two projects, here project B, is shown in figure 4. In project B only wires of one manufacturer were tested. The dif- ferent sensitivity against transverse loads can be seen by comparing the regression Referenced Lateral Force FQ/FZ,0 0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 R e fe re n ce d B re a ki n g F o rc e F B /F Z ,0 0,75 0,80 0,85 0,90 0,95 1,00 1,05 Regression for R=1770N/mm² Regression for R=1960N/mm² Regression for R=2160N/mm² Regression for R=2260N/mm² Matching B2 / B2; RReal=1856N/mm² Matching B5 / B5; RReal=2196N/mm² Matching B8 / B8; RReal=2123N/mm² 30 Abstract lines of the different nominal strengths. To reach 80 % of the tensile strength from the conventional tensile test the wire of a nominal strength R = 1960 N/mm² can be load- ed 6 % less with the lateral force than the wire of a nominal strength R=1770 N/mm². In comparison the wire of R = 2160 N/mm² can be loaded about 11 % less than the wire of R = 1770 N/mm². The results from microscopic examinations, tensile tests with lateral force and the comparison with the damage patterns on ropes from fatigue bending tests show that for a rope with wires of very high strength the risk of broken wires inside the rope is increased. A further increase in the strength of the wires therefore requires a sys- tematic investigation of the sensitivity of wires against transverse loads. In summary it follows from the analysis of these three studies that already the wire should be optimized for the respective rope design. If the rope design leads to a point contact of wires a wire should be used that is as less sensitive as possible against transverse load. For other rope designs with wires in line contact, meaning strands in parallel design (e. g. Seale, Warrington-Seale, Fillerwire) and / or ropes with fibre inlay, plastic inlay or plastic-coated inlay the transverse pressure has a minor role. Here it could be possible to optimize the wire towards a higher breaking force. 31 1 Einleitung In vielen Bereichen des täglichen Lebens werden Drahtseile eingesetzt, um Perso- nen und Güter zu befördern oder schwere Lasten zu tragen. Sie werden eingeteilt in die Gruppen laufende Seile, stehende Seile, Tragseile und Anschlagseile. Die lau- fenden oder auch bewegten Seile werden über Seilscheiben oder Trommeln geführt und nehmen dabei deren Krümmung an. Man findet sie als Hubseile im Aufzugsbau und Kranbau wie auch als Zug- und Förderseile im Seilbahnbau. Stehende Seile werden fest installiert eingesetzt und meist nicht umgelenkt. Sie dienen unter ande- rem dazu Brücken, Fassaden oder Dächer abzuspannen und können auch als Halte- oder Führungsseil verwendet werden. Die Tragseile übernehmen für die Rollen von Fördermitteln eine Funktion als Laufschiene wie z. B. bei Kabelkranen und Seil- bahnen. Anschlagseile werden verwendet, um Lasten zu heben und sind häufig als Schlingen oder Gehänge ausgeführt. All diese Seile unterliegen im Betrieb vielfältigen Belastungen und äußeren Einwir- kungen, welche die Seile sichtbar wie auch unsichtbar schädigen. Bewegte Seile werden durch den Antrieb und den Lauf über Seilscheiben auf Zug, Biegung und Torsion beansprucht. Zu diesen Belastungen treten durch den helixförmigen Seilauf- bau sekundäre Zug- und Biegespannungen auf Grund der Reibung im Seilverbund auf. Insbesondere bei stehenden Seilen kommen zur statischen Belastung noch zu- sätzliche dynamische Spannungen, welche z. B. durch Verkehrs- oder Windlasten verursacht werden. Die genannten Belastungen führen dazu, dass das Seil nur eine begrenzte Lebensdauer hat [Feyrer 2000]. Daher ist es wichtig, rechtzeitig zu erken- nen, wann das Seil ausgetauscht werden muss. Dieser Zeitpunkt einer definierten, maximal zulässigen Schädigung wird als Ablegereife bezeichnet. Durch regelmäßige Inspektionen visueller und taktiler Art können die äußeren Schäden erkannt und be- wertet werden. Drahtseile, welche höheren Sicherheitsanforderungen unterliegen, insbesondere Seile in der Personenfördertechnik, müssen zusätzlich magnetinduktiv geprüft werden, um auch die inneren Schäden zu erfassen. 32 Einleitung 1.1 Drehungsarme Seile Einfach verseilte Seile sowie Litzenseile mit nur einer Litzenlage entwickeln unter Belastung ein Drehmoment welches das Seil aufdreht und sind somit nicht drehungs- frei. Ein solches Seil wird sich unter Last und mit frei drehbaren Seilenden solange um die Seilachse drehen, bis die bei der Verseilung erzeugte Wendelung der Litzen eines Litzenseils um eine Seileinlage bzw. der Drähte eines einfach verseilten Spiral- seils um einen Kerndraht zu großen Teilen aufgehoben ist. Es kommt zu Korbbildung und damit zu einer Überlastung von Seileinlage oder Kerndraht und schließlich zur Zerstörung des Seilverbunds. Diese Seile können nur für Anwendungen eingesetzt werden, bei denen die Seildrehung an beiden Seilenden verhindert wird. In Förderanlagen, die eine Fixierung der Seilenden nicht ermöglichen, finden dre- hungsarme Seile ihre Anwendung. Insbesondere bei Kranen oder Winden mit ein- strängigem Hub, bei denen ein Drehen des Seiles nicht durch konstruktive Maßnah- men verhindert werden kann, ist die Verwendung drehungsarmer Seile zwingend erforderlich. Sie werden aber auch in vielen anderen Kranen mit ungeführten Lasten eingesetzt, um ein Verdrehen und Umschlagen der Hakenflasche zu vermeiden. Ein- gesetzt als Hub- oder Verstellseile zählen sie zur Gruppe der laufenden Seile. Sie müssen nicht nur hohe Bruchkräfte aufweisen sondern auch ausreichend biegeflexi- bel sein um möglichst verlustarm über Scheiben umgelenkt zu werden. Zudem ist häufig eine gute Eignung für mehrlagige Trommelwicklung gefordert. Durch ihren Aufbau aus mindestens 2 in unterschiedlicher Richtung zueinander geschlagenen Litzenlagen unterschiedlicher Litzendurchmesser oder –anzahl wird das seiltypische Drehmoment über weite Lastbereiche reduziert, da sich die Drehmomente der ein- zelnen Litzenlagen teilweise gegenseitig eliminieren. Der im Vergleich zu nicht dre- hungsfreien Seilen sehr filigrane Aufbau aus einer großen Anzahl von Litzen verleiht dem Seil die geforderte Biegsamkeit und eine gleichmäßig runde Oberfläche für den Einsatz in Mehrlagenwicklung. Zudem können das Seil oder die Litzen des Seils ver- dichtet sein, um die Seiloberfläche für Mehrlagenwicklung und den Lauf über Schei- ben weiter zu optimieren. Der Aufbau eines drehungsarmen Seiles, wie es auch für diese Arbeit vorlag, wird beispielhaft in Abbildung 1 gezeigt. Einleitung 33 Abbildung 1: Beispielhafter Aufbau eines 2-lagigen drehungsarmen Seils Hier hat die innere Litzenlage und deren Tangentialkraft zwar den kürzeren Hebel- arm, besteht jedoch aus Litzen eines größeren Durchmessers als der Durchmesser der Litzen der folgenden äußeren Litzenlage. Aufgrund des größeren metallischen Querschnitts der inneren Litzen übertragen sie die größere Tangentialkraft und glei- chen dadurch den Nachteil des kürzeren Hebelarms gegenüber den Litzen der äuße- ren Litzenlage nahezu aus. Abbildung 2 zeigt die Verhältnisse beispielhaft anhand des drehungsarmen Seils aus Abbildung 1. Da die Kernlitze in die gleiche Richtung geschlagen ist wie die innere Litzenlage, wirkt auch das Drehmoment der Kernlitze in die gleiche Richtung und unterstützt somit die innere Litzenlage. Abbildung 2: Kräfte und Hebelarme im drehungsarmen Seil Ab einer bestimmten Verdrehung stehen die Drehmomente der beiden Litzenlagen im Gleichgewicht und das Seil dreht sich unter konstanter Belastung nicht mehr wei- ter. Somit entsteht ein Seil mit einer geringen Neigung zum Drehen und einem gerin- gen Seildrehmoment, welches gemäß EN 12385 als drehungsarmes Seil bezeichnet wird. In der aktuellen Norm EN 12385-2:2002 und EN 12385-4:2002 werden typische drehungsarme Seile in den Seilklassen 18x7, 34(M)x7 und 35(W)x7 zusammenge- 34 Einleitung fasst [DIN EN 12385-2] [DIN EN 12385-4]. Es gibt jedoch auch abweichende, nicht genormte Seilkonstruktionen, die ähnliche drehungsarme Eigenschaften aufweisen können. Typische Einsatzbereiche drehungsarmer Seile sind Krane mit einsträngigem Hub, also Krane bei denen das Seil nicht nach dem Prinzip des Flaschenzugs eingeschert ist. Ohne den Einsatz von Hakenflaschen, in die das Hubseil mehrfach eingeschert wird, sind höhere Hubgeschwindigkeiten möglich, da für die gleiche Hubhöhe weni- ger Seillänge bewegt werden muss. Krane, die z. B. zum Be- und Entladen von Schiffen eingesetzt werden, müssen häufig sehr schnelle Hübe durchführen können, um zu verhindern, dass die angehängte Last durch die Lageänderung des Schiffs bei Wellengang mit dem Schiff kollidiert. Ein Beispiel für einen Entladevorgang auf eine Offshore-Plattform bei Wellengang zeigt Abbildung 3. Abbildung 3: Entladevorgang eines Schiffs auf eine Offshore-Plattform Im Bereich größerer Förderhöhen in Kombination mit großen Lasten, wie z. B. im Offshore-Bereich, werden Seile fast nur in einsträngiger Ausführung verwendet. Um Lasten am Meeresboden zu verlegen oder von dort zu heben, müssen daher häufig sehr hohe Seildurchmesser eingesetzt werden. Die Dimensionen werden am Beispiel Einleitung 35 eines Windenseils mit Seildurchmesser 120 mm in Abbildung 4 gezeigt. Bei dieser Anwendung werden die Steigleitungen zur Ölförderung mit Hilfe der Seilwinde an die Plattform gehoben und schließlich an diese angeschlossen. Abbildung 4: Hubseil einer Winde auf einer Offshore-Plattform, Durchmesser 120 mm 36 Einleitung 1.2 Sprungpunkt / Donandtkraft Die Lebensdauer laufender Seile nimmt mit zunehmender Seilzugkraft zunächst mä- ßig ab und bricht mit Überschreiten des Sprungpunktes schlagartig stark ein. Die zu- gehörige Belastung wird als Donandtkraft bezeichnet und sollte im realen Einsatz sicher gemieden werden. Abbildung 5: Lebensdauerdiagramm eines 16 mm Seiles Für das in Abbildung 5 gezeigte Lebensdauerdiagramm ist eine Darstellung gewählt, die direkt mit einem typischen Wöhlerdiagramm vergleichbar ist. Ausgehend vom Zeitfestigkeitsbereich bricht die Lebensdauer am Sprungpunkt, der sog. Donandtkraft plötzlich stark ein und geht über in den Kurzzeitfestigkeitsbereich. Ein Bereich der Dauerfestigkeit tritt bei Seilen nicht ein. Im Zeitfestigkeitsbereich kann die Lebensdauer von Seilen berechnet werden, ober- halb des Sprungpunktes ist eine Berechnung nicht möglich. Aufgrund des unbere- chenbaren Versagens im Kurzzeitfestigkeitsbereich dürfen Seile oberhalb des Sprungpunktes nicht betrieben werden, da bei solch hohen Lasten ein extrem schnelles Seilversagen zu erwarten ist. Biegewechselzahl N 101 102 103 104 105 D u rc h m e s s e rb e z o g e n e S e ilz u g kr a ft S /d ² [N /m m ²] 50 100 200 300 400 500 600 700 D/d=10, Anlieferungszustand D/d=25, Anlieferungszustand Sprungpunkte Einleitung 37 1.3 Problemstellung Die Lebensdauer und die Donandtkraft sind für viele Seilkonstruktionen inklusive ei- niger drehungsarmer Seile anhand von Dauerbiegeversuchen und deren statistischer Auswertung bestimmt. Die Berechnungsformeln und entsprechenden Faktoren sind z. B. in [Feyrer 2007] aufgeführt. Trotzdem kommt es im Bereich der Hebetechnik noch zu Unfällen durch Seilriss. Fal- lende Lasten oder Anlagenteile stellen dabei eine tödliche Gefahr für den Anlagen- bediener und die Menschen in der Umgebung dar. Der finanzielle Schaden durch Zerstörung einer teuren Last oder Beschädigung von Gebäuden, Anlagen, Gütern oder Infrastruktur in der Umgebung kann durch den Ausfall der Hebeanlage und den damit verbundenen Stillstandszeiten sogar noch überschritten werden. Als Extremfall sei der Bereich der Offshoretechnik aufgeführt. Hier werden häufig drehungsarme Seile für das Heben von Lasten auch in tiefe Gewässer (z. B. ulta deep water über 5000 ft ~ 1500 m Tiefe [Ernst 2006]) eingesetzt. Die Seile erreichen dabei bei ein- strängigem Hub sehr große Durchmesser von bis zu 175 mm [Redaelli Tecna S.P.A. 2015]. Ein Seilschaden könnte hier eine Umweltkatastrophe auslösen, legt die Anla- ge aber zumindest bis zur Wiederbeschaffung des Seiles lahm. Allein die Fertigung eines solchen Seils in entsprechender Länge nimmt Monate in Anspruch. Zusätzlich kann die Lieferung eines Seiles einer solch hohen Tonnage bis an den Einsatzort eine enorme Herausforderung darstellen. Zwei ausgewählte reale Beispiele zeigen unterschiedliche Ursachen für den Riss der Seile. 1. Seilriss auf einem Turmdrehkran in Kanada 2002 Beim Bau von Betonkonstruktionen werden in Kanada im Vergleich zu Europa eher selten Betonpumpen eingesetzt um den Beton an seinen Einsatzort zu befördern. Stattdessen werden große Betonkübel per Kran bis zur Abladestelle gehoben. Um eine möglichst konstante Versorgung mit Beton zu gewährleisten sind hier täglich enorm hohe Hubspielzahlen zu bewältigen. Während dieser üblichen Arbeiten trat, für den Anwender völlig unerwartet, ein Seilriss auf und der Betonkübel stürzte ab. Das als Hubseil eingesetzte drehungsarme Seil mit 14 mm Durchmesser und der Konstruktion 19x7 zeigte bei der folgenden Unfalluntersuchung in der Nähe der Schadstelle viele Ermüdungsbrüche auf der Seiloberfläche und im Seilinneren. Die verbleibenden intakten Drähte waren offensichtlich nicht mehr in der Lage, die ange- 38 Einleitung gebene Arbeitslast zu ertragen und versagten schließlich schlagartig. Die weitere Untersuchung des Seiles in einiger Entfernung von der Bruchstelle zeigte zunächst nur einzelne Außendrahtbrüche, die aus den Litzengassen austraten. Beim Biegen des Seiles waren Bruchgeräusche weiterer Drähte zu hören, die offensichtlich im Seilinneren lagen. Das Anheben der Außenlitzen mit einem Spleißdorn zeigte, dass es sich hierbei um Drahtbrüche auf der Innenseite der Außenlitzen handelte, die auf Grund von Kontakt zum Seilkern versagten. Der Seilriss trat in der hochbelasteten Seilzone auf, also in dem Seilabschnitt, der die meisten Biegewechsel zu ertragen hatte. Die Begutachtung des Seilkerns in dieser Zone zeigte extreme Druckstellen versursacht durch den Kontakt mit den Außenlitzen. Seilbereiche, die weniger Biegewechseln ausgesetzt waren, zeigten einen Seilkern mit geringen Druckstellen und ohne Drahtbrüche. Zusätzlich wurden die Durchmesser des Seiles in der hoch- belasteten Zone mit denen in weniger belasteten Bereichen verglichen. Im Bereich der hochbelasteten Zone wurde eine Durchmesserreduktion um 0,5 mm festgestellt. Mit diesen Erkenntnissen wurde die Ursache für den Seilriss der Materialermüdung zugeordnet. Das Seil hatte schlicht das Ende seiner Lebensdauer erreicht und hätte bereits abgelegt werden müssen. Hätte der Anwender die Durchmesserabweichun- gen in den einzelnen Seilbereichen festgestellt und dabei bemerkt, dass die sichtba- ren Drahtbrüche an den Auflagepunkten auf dem Seilkern entstanden, hätte er mit weiteren Seilschäden im Seilinneren rechnen müssen und hätte rechtzeitig Maß- nahmen ergreifen können [Buschmann 2003]. 2. Seilriss beim Aufrichten eines Schnelleinsatzkranes in Deutschland 2002 Schnelleinsatzkrane sind Turmdrehkrane, die über eine Aufstellkinematik verfügen, die es erlaubt den Kran schnell und ohne Einsatz weiterer Krane aufzustellen. Ein solcher Kran kann beispielsweise aus einem teleskopierbaren oder klappbaren Turm und klappbaren Auslegerarmen bestehen und ist daher mit geringem Aufwand zu montieren bzw. für den Transport zu demontieren. Beides kann in vielen Fällen von einer einzelnen Person bewältigt werden, da diese Krane über hydraulische oder auf Seilzug basierenden Selbstmontagetechniken verfügen. Durch Anklappen bzw. Te- leskopieren von Turm und Auslegerarmen werden die äußeren Abmessungen soweit minimiert, dass der Transport problemlos auf üblichen Straßen möglich ist. Der hier behandelte Unfall ereignete sich beim Aufrichten des Gegenauslegers eines Schnelleinsatzkranes auf einer Baustelle als das mit einem Flaschenzug verbundene Einleitung 39 Gegenauslegerabspannseil riss. Mit dem Riss einhergehend klappten beide Ausle- gerarme schlagartig ein und beschädigten den Kran. Zur Untersuchung der Unfallur- sache wurden Seil und Seiltrieb vermessen und eine Lebensdauerberechnung durchgeführt. Während dem Aufstellvorgang läuft das mehrlagige Spiralrundlitzenseil mit 26 mm Durchmesser über eine kleine Seilscheibe mit einem Verhältnis von Scheibendurchmesser zu Seildurchmesser von ungefähr D/d = 9. Die Seilzugkraft im Gegenauslegerabspannseil nimmt während dem Heben des Hauptauslegers stetig zu und erreicht ihr Maximum in der oberen Position beim Verbolzen der Ausleger. Mit dieser maximalen Kraft und für den Einsatzfall geeigneten lebensdauermindernden Faktoren wurde zunächst eine geringe zu erwartende Lebensdauer berechnet. Schließlich wurde jedoch festgestellt, dass in der gegebenen Konfiguration die Do- nandtkraft überschritten wurde und somit eine korrekte Lebensdauerberechnung nicht möglich ist. Der Seildurchmesser und der Scheibendurchmesser hätten deutlich erhöht werden müssen, um die Sicherheit des Seiltriebs zu gewährleisten. Die theo- retischen Ergebnisse werden gestützt durch das am Seil aufgefundene Schadens- bild. Auf den Außenlitzen wurden keine durch Ermüdung gekennzeichneten Draht- brüche festgestellt und auch auf den Innenlitzen wurden nur vereinzelte Ermüdungsbrüche identifiziert. Der Seilriss trat demnach durch Überlastung im Bie- gebereich der zu klein dimensionierten Umlenkrolle ein [unveröffentlichte Unfallun- tersuchung, IFT, 2002]. Abbildung 6: Schematische Darstellung des Aufstellvorgangs 40 Einleitung Beim Vergleich der beiden beispielhaft aufgeführten Schadensfälle werden 2 ver- schiedene Schadensmechanismen erkennbar. In Beispiel 1 kommt es auf Grund ei- ner regelmäßig wiederkehrenden Seilbelastung zu einer absehbaren Materialermü- dung die schließlich zum Versagen des gesamten Seils führt, während im zweiten Beispiel die Überlastung aus Zug und zu kleiner Seilumlenkung ein plötzliches Ver- sagen verursacht. Beide Beispiele zeigen, dass weitere Untersuchungen zur Lebensdauer und Schädi- gung von drehungsarmen Seilen nötig sind um die Datenbasis zu erweitern und das Verständnis für die Verschleißvorgänge im Seilinneren auszubauen. In diesem Zusammenhang stellen sich 2 grundsätzliche Fragen: 1. Welche Eigenschaften sollte ein ideales drehungsarmes Seil aufweisen? Eini- ge grundlegende Eigenschaften seien nachfolgend aufgezählt: - Hohe Bruchkraft. Das Seil muss nicht nur die geforderte Seilsicherheit ein- halten, es kann bei ausreichender Bruchkraft auch ein kleinerer Seildurch- messer gewählt werden. Ein geringerer Seildurchmesser erlaubt es, den gesamten Seiltrieb im Hinblick auf Scheiben- und Trommeldurchmesser kleiner zu dimensionieren, so dass Einsparpotential an Bauraum, Gewicht und Leistungsbedarf besteht. - Geringes Drehmoment. Ein drehungsarmes Seil darf für eine bestimmte Anwendung mit einer bestimmten Belastung nur ein definiertes maximales Drehmoment erreichen, da es sonst zum Drehen der Last oder einem Um- schlagen der Hakenflasche kommt. In beiden Fällen entsteht eine Gefahr für Last, Seil und Seiltrieb durch unkontrollierbare Bewegung oder frühzei- tige Zerstörung des Seils. - Hohe Lebensdauer. Das Seil soll im jeweiligen Seiltrieb möglichst viele Biegewechsel ertragen können, so dass eine planbar lange Betriebsdauer ermöglicht wird. - Hohe Donandtkraft. Die Donandtkraft des Seiles muss genügend hoch sein, damit sichergestellt ist, dass das Seil nie im Bereich der Kurzzeitfes- tigkeit betrieben wird. Ein zufälliges Überlasten des Seiles durch Über- schreiten der Donandtkraft muss vermieden werden. - Gute Erkennbarkeit / Vorhersagbarkeit der Ablegereife, kein plötzliches Versagen. Das Seil soll unter realen Betriebsbedingungen, im Idealfall vi- Einleitung 41 suell erkennbar, die Ablegereife anzeigen. Die Erkennung erfolgt dann an- hand von sichtbaren Drahtbrüchen, Durchmesserreduktion und Verände- rungen der Seilstruktur. - Gute Eignung für den jeweiligen Seiltrieb (z. B. Mehrlagenwicklung). Die Anforderungen an ein Seil können sehr unterschiedlich ausfallen. Ein Seil, das mehrlagig aufgetrommelt wird, wird ausschlaggebend durch die Mehr- lagenwicklung geschädigt wodurch die Lebensdauer um bis zu Faktor 10 verringert wird. Seile im Forstbetrieb oder beispielsweise auf einem Seil- bagger kommen in Kontakt mit der Umgebung, werden z. B. über Erdbo- den oder Kies gezogen und können dadurch Partikel aufnehmen, die das Seil beim Lauf über Scheiben oder auf eine Winde beschädigen. Entspre- chend den Einsatzbedingungen muss das Seil eine geeignete Oberfläche aufweisen. 2. Wie können möglichst viele dieser Eigenschaften auf ein Seil übertragen wer- den? Es ist anzunehmen, dass sich einige der gewünschten Eigenschaften gleichzeitig vereinen lassen, manche Eigenschaften sich aber gegenseitig be- einflussen. Es ist also nicht auszuschließen, dass mancher Kompromiss aus der Kombination verschiedener Anforderungen größere Nachteile als Vorteile mit sich bringt. Die Herausforderung besteht demnach darin, für eine bestimm- te Anwendung ein möglichst ideal geeignetes Seil auszuwählen und eventuell auftretende negative Effekte sich beeinflussender Charakteristika zu minimie- ren. 1.4 Zielsetzung Im Rahmen des AiF-Forschungsprojekts „Bestimmung des Sprungpunktes von dy- namisch beanspruchten Spiralrundlitzenseilen beim Übergang vom Ermüdungsbruch zum Gewaltbruch“ sollen zunächst die benötigten Dauerbiegeversuche durchgeführt und aus deren Ergebnissen die Sprungpunkte drehungsarmer Seile in herstellerei- gener Schmierung bestimmt werden. In einem folgenden Schritt soll die Schädigung im Seilinneren untersucht werden. Der Kontaktbereich zwischen den Litzenlagen ist beim Lauf über Scheiben hohen Pressungen ausgesetzt und wird als Ausgangspunkt der Seilschädigung betrachtet. An diesen Stellen soll die Seilschädigung beobachtet werden um eine quantitative Bewertung der Schädigung im Seilinneren zu erhalten. 42 Einleitung Die Ergebnisse aus der Auswertung der Biegeversuche und der Beobachtung des Fortschreitens der Seilschädigung sollen dazu genutzt werden, eine Vorrichtung zu entwickeln, mit der realitätsnahe Pressungen zwischen Drähten der unterschiedli- chen Litzenlagen nachgestellt werden können. Anhand dieser nachgestellten Draht- beanspruchung sollen Parameter gefunden werden, die dazu dienen, eine verbes- serte Grundlage für die sicherere Anwendung drehungsarmer Seile zu schaffen und die dazu beitragen können, die Lebensdauer bzw. die Donandtkraft der Seile zu ver- bessern. 1.5 Vorgehensweise Mit Hilfe von Dauerbiegeversuchen auf den institutseigenen Biegemaschinen wird für verschiedene drehungsarme Seilkonstruktionen das Lebensdauerdiagramm erstellt. Es wird davon ausgegangen, dass pro Seilkonstruktion mindestens 5 Dauerbiege- versuche benötigt werden, um eine ausreichende Anzahl von Versuchsergebnissen zu erzielen, die eine möglichst präzise Bestimmung der Geraden im Zeitfestigkeits- bereich und Kurzzeitfestigkeitsbereich ermöglichen. Die Versuchskräfte werden gegebenenfalls sehr eng gestaffelt um den Sprungpunkt zu bestimmen. Die Versuchsergebnisse werden statistisch ausgewertet, um unter Verwendung der Lebensdauerformel von Feyrer die Konstanten für Seile in herstellereigener Schmie- rung, dem sog. Anlieferungszustand zu ermitteln. Das Fortschreiten der Seilschädigung wird gezielt im Bereich hoher Lasten nahe dem Sprungpunkt untersucht. Hierfür wird die magnetinduktive Seilprüfung einge- setzt. Diese Prüfung erlaubt die Erkennung von Seilschäden im Seilinneren und soll Aufschluss geben über Ausgangsort und Verlauf der Schädigung. An einem ausgewählten Seil werden Schäden mikroskopisch untersucht. Die Analyse von Drahtbrüchen und die Vermessung von Kontaktstellen wird dazu genutzt, den aufgetretenen Schaden zu klassifizieren und quantitativ zu bewerten. Mit der neu entwickelten Pressvorrichtung werden 2 Drähte unter definiertem Winkel und definierter Vorspannung gegeneinander gepresst. Es werden Versuchsreihen von Zerreißversuchen mit variablen Presskräften und Drähten unterschiedlicher Fes- tigkeit durchgeführt um den Verlust der ertragbaren Bruchkraft zu ermitteln. 43 2 Stand der Forschung Speziell für drehungsarme Seile existiert nur ein Forschungsprojekt von Feyrer das sich mit der Bestimmung von Lebensdauer und Donandtkraft drehungsarmer Seile befasst [Feyrer 1996] / [Feyrer 1997a]. Feyrer setzt für die Versuche Seile in zwei- und dreilagiger Konstruktion ein, die teilweise verdichtet sind oder über kunst- stoffumspritzte Einlagen verfügen. Diese Versuchsergebnisse bilden die Basis für die in [Feyrer 2000] veröffentlichten Konstanten zur Berechnung von Lebensdauer und Donandtkraft. 2.1 Berechnung von Lebensdauer und Donandtkraft Stand der Technik für die Berechnung der Lebensdauer laufender Stahlseile ist die Lebensdauergleichung von Feyrer. Für genormte und häufig verwendete Seilkon- struktionen wurde aus den Ergebnissen von vielen tausend Seildauerbiegeversuchen die Seillebensdauergleichung (2.1) abgeleitet [Feyrer 2000]. d l lgb 1 d d lg32,0 d D lgb 1770 R lg4,0 Sd Sd lg d D lgbbbNlg 5 0 2 0 0 2 2 0 410               (2.1) Die Biegewechselzahlen N aus den Dauerbiegeversuchen können mit sehr guter Näherung durch Gl. (2.1) beschrieben werden. Darin sind die Einflussparameter Seilzugkraft S und Durchmesserverhältnis D/d, Seildurchmesser d, Drahtnennfestig- keit R0 und Biegelänge l berücksichtigt. Diese Lebensdauergleichung bildet die Basis für Lebensdauerprognosen für Seile in nahezu beliebigen Seiltrieben. Die zugehörigen Konstanten für die Lebensdauerberechnung von drehungsarmen Seilen (Spiralrundlitzenseilen) stammen aus [Feyrer 2007] und sind in Tabelle 2.1 aufgeführt. Spiralrund- litzenseil b0 für N b0 für N10 b1 b2 b4 b5 für N b5 für N10 18x7 -2,492 -2,724 1,566 9,084 -2,811 1,2 1,9 34x7 -1,014 -1,461 1,351 7,652 -2,485 1,2 1,9 Tabelle 2.1: Konstanten für die Lebensdauerberechnung von Spiralrundlitzenseilen [Feyrer 2007] 44 Stand der Forschung Abweichend von der Norm EN 12385-2 betrachtet Feyrer drehungsarme Seile diffe- renzierter und unterscheidet sie nach dem möglichen Drehmomentausgleich. Die in Tabelle 2.1 aufgeführten Seilkonstruktionen 18 x 7 bzw. 34 x 7 aus [Feyrer 2007], stehen stellvertretend für 2 Seilklassen innerhalb der drehungsarmen Seile mit unter- schiedlicher Drehmomentcharakteristik. Die Seile der Konstruktion 18 x 7 bestehen aus 2 Litzenlagen, während die Seile der Konstruktion 34 x 7 aus 3 Litzenlagen be- stehen. Feyrer geht davon aus, dass ein Seilaufbau aus mehreren Litzenlagen einen besseren Drehmomentausgleich ermöglicht und somit das Drehmoment der zwei- lagigen Seile weniger gut ausgeglichen werden kann als das Drehmoment der drei- lagigen Seile. In [Feyrer 2000] unterscheidet Feyrer daher die Spiralrundlitzenseile noch in drehungsarme und drehungsfreie Seile, nicht jedoch nach ihrem Aufbau. Die aktuelle Norm EN 12385-2:2002 trifft innerhalb dieser Seilklasse keine Unterschei- dung mehr hinsichtlich des möglichen Drehmomentausgleichs. Sie fasst Seile, wel- che so ausgelegt sind, dass sie unter Belastung ein vermindertes Drehmoment und eine verminderte Drehung erzeugen, unter dem Begriff „drehungsarme Seile“ zu- sammen [DIN EN 12385-2]. Auch die vorliegende Arbeit hält sich an die Definition nach EN 12385-2:2002. Seit 2011 existiert eine leicht geänderte Version der bestehenden Lebensdauerfor- mel, hier Gl. (2.2). Feyrer berücksichtigt darin den Einfluss des Seildurchmessers und der Biegelänge mit den Faktoren fd und fl und verleiht diesen Einflüssen dadurch eine geänderte Gewichtung [Feyrer 2011]. ld2 0 2310 flgflg d D lga 1770 R lg4,0 d S lg d D lgaaaNlg              (2.2) Biegewechselfaktor fd des Seildurchmessers d:     3,0aE d 16/d48,0 52,0 d/db 1b f      (2.3) Näherung des Biegewechselfaktors fl der Seilbiegelänge l: 14,0al 5,57 5,2d/l 54,2 54,1 zb 1b f              (2.4) Die für die neue Lebensdauergleichung benötigten Konstanten für drehungsarme Seile (Spiralrundlitzenseile) finden sich in Tabelle 2.2. Stand der Forschung 45 Spiralrund- litzenseil a0 für N a0 für N10 a1 a2 a3 18x7 -2,541 -2,837 1,566 9,084 -2,811 34x7 -1,063 -1,574 1,351 7,652 -2,485 Tabelle 2.2: Konstanten für die Lebensdauerberechnung von Spiralrundlitzenseilen [Feyrer 2011] Auch für die Berechnung der Donandtkraft existieren Formeln von Feyrer. Die aktu- ellste Version nach [Feyrer 2007] verwendet Fmin zur Berechnung der Donandtkraft und wird in Formel (2.5) vorgestellt. D/d F qFqS min1min0D  (2.5) Die Bezeichnung Donandtkraft wirkt häufig irreführend da sie zunächst scheinbar nicht mit Feyrer in Zusammenhang steht. Tatsächlich basiert die Formel jedoch ge- nau wie die Lebensdauerformel auf vielen Versuchen und einer anschließenden Re- gressionsrechnung unter Feyrers Leitung. Die Namensgebung ist eine späte Ehrung an Professor Hermann Donandt unter dessen Führung Feyrer an der TH Karlsruhe promovierte. Die benötigten Konstanten zur Berechnung finden sich in Tabelle 2.3. Spiralrundlitzenseil q0 für DS q0 für 1DS q1 18x7 0,693 0,492 -3,02 34x7 0,715 0,537 -3,34 Tabelle 2.3: Konstanten für die Berechnung der Donandtkraft [Feyrer 2007] DS stellt die mittlere Donandtkraft dar während 1DS diejenige Donandtkraft ist, die mit 95 % Sicherheit von weniger als 1 % der Seile unterschritten wird. Die von Feyrer ermittelten Konstanten für die Lebensdauerberechnung und die Be- rechnung der Donandtkraft basieren auf Versuchen mit Seilen, die alle einer zusätzli- chen Versuchsschmierung unterzogen wurden. Hierfür wurden die Seile vor dem Versuch in Heißdampfzylinderöl (schweres Mineralöl ohne Zusätze; Viskosität 1370 bis 1520 mm²/s) eingelegt, darin auf ca. 100°C erhitzt und dann langsam auf ca. 20°C abgekühlt. Auf diese Weise wurde eine für alle Seile einheitlich starke Ver- 46 Stand der Forschung suchsschmierung eingebracht, die die Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Seil- konstruktion ermöglichen soll. 2.1.1 Exemplarische Lebensdauerberechnung Die mittlere Biegewechselzahl eines Beispielseils (d = 16 mm, 34x7 WSC, Spiralrund- litzenseil) der Festigkeit R0 = 1770 N/mm² und Fmin = 144,09 kN wird mit einer Belas- tung S = 30 kN bei D/d = 25 mit Hilfe der Lebensdauerformel von Feyrer berechnet. In dieser Konstellation liegt eine Sicherheit von 4,803 vor und das Seil erreicht rund 174600 Biegewechsel. Nun wird die Festigkeit des gleichen Seils erhöht auf R0 = 1960 N/mm² (Fmin = 159,56 kN) und die gleiche Berechnung erneut durchgeführt. Bei gleicher Belastung liegt nun in dieser Konstellation eine erhöhte Sicherheit von 5,319 vor und das Seil erreicht erwartungsgemäß eine höhere Biegewechselzahl von rund 190400. Würde man das Seil mit erhöhter Festigkeit gleich auslasten wie das Seil mit niedrigerer Festigkeit, müsste man die Belastung auf S = 33,22 kN erhöhen um dadurch wieder auf die ursprüngliche Sicherheit von 4,803 zu kommen. In die- sem Fall erreicht das Seil aber nur noch 153300 Biegewechsel, also weniger als das Seil mit geringerer Festigkeit. Um die Biegewechselzahl wieder zu erhöhen auf die Biegewechselzahl 174600 des Seils der Festigkeit R0 = 1770 N/mm² muss man also die Belastung verringern. Nach einer Reduzierung der Last um rund 5,9 % auf einen Wert von S = 31,25 kN wird schließlich wieder die ursprüngliche Biegewechselzahl erreicht. Die Sicherheit wird dadurch erhöht auf 5,106. Diese Beispielrechnung zeigt, anhand des Vergleichs zweier baugleicher Seile un- terschiedlicher Festigkeit, dass ein Seil einer höheren Festigkeit nicht in gleichem Maße ausgelastet werden kann wie ein Seil einer geringeren Festigkeit, wenn es die gleiche rechnerische Lebensdauer erreichen soll. Für den Anwender bedeutet das, dass die Steigerung der Mindestbruchkraft des Seils mit Hilfe höherer Drahtfestigkei- ten bei gleichermaßen steigender Seilzugkraft (= konstantem Sicherheitsfaktor) zu Lasten der Seillebensdauer geht. Insbesondere bei drehungsarmen Seilen, die durch ihren komplexen Aufbau aus mehreren Litzenlagen und den resultierenden punktuel- len Kontaktstellen zwischen den Litzenlagen durch eine Schädigung im Seilinneren gefährdet sind, ist mit einer solchen beschleunigten Ermüdung zu rechnen. Die Aus- wirkungen von Festigkeitssteigerungen auf diese Kontaktstellen sollen in den noch folgenden Versuchen an Einzeldrähten ermittelt werden. Stand der Forschung 47 2.2 Seildraht Der erste und damit wichtigste Einflussfaktor auf die Qualität eines Seiles ist die Qualität des verwendeten Drahtes, die sich aus der Herstellung des Drahtwerkstoffs und seiner Weiterverarbeitung zum Draht ergibt. Lutz fasst die Hauptparameter bei der Seildrahtherstellung wie folgt in Abbildung 7 zusammen [Lutz 1972]: Abbildung 7: Hauptparameter der Seildrahtherstellung [Lutz 1972] Lutz erklärt die Qualität des Drahtwerkstoffs anhand metallurgischer und technologi- scher Faktoren. Die metallurgischen Faktoren beschreiben dabei diejenigen Arbeits- gänge, die zur Herstellung des Drahtausgangsmaterials nötig sind. Seitens der tech- nologischen Faktoren werden die nachfolgenden Verarbeitungsschritte zusammengefasst, die von einem Rohmaterial zu einem maßhaltigen hochfesten Draht führen, der für die weitere Verarbeitung zum Seil geeignet ist. Einige ausgewählte Details aus der Herstellung von Seildraht, die für diese Arbeit von bedeutender Relevanz sind, sollen im Folgenden einen Eindruck gewähren, wie sich die verschiedenen Parameter gegenseitig beeinflussen und welche Auswirkun- gen auf die Drahteigenschaften zu erwarten sind. Drahtwerkstoff Technologische Faktoren Metallurgische Faktoren 1) Art der Stahlerzeugung 2) Art des Ofeneinsatzes 3) Art der Desoxydation 4) Analyse des Stahls 5) Zone des Stahlblockes Wärmebehandlung 1) Endwalztemperatur 2) Gesteuerte Walz- drahtabkühlung 3) Art der Erwärmung auf Austenitisie- rungstemperatur 4) Austenitisierungs- dauer 5) Art der Patentieran- lage 6) Temperatur des Pa- tentierbades Kaltformgebung 1) Einzelstichabnahme 2) Gesamtquerschnitts- abnahme 3) Größe der Eigen- spannungen 4) Oberflächenbeschaf- fenheit Oberflächenschutz 1) Art des Oberflächen- schutzes 2) Parameter bei der Aufbringung 48 Stand der Forschung Der Ausgangswerkstoff von Seildrähten ist üblicherweise ein unlegierter Kohlenstoff- stahl, der beruhigt vergossen wurde. Als kohlenstoffreicher Stahl enthält er zwischen 0,4 % und 0,9 % Kohlenstoff, kann aber in Ausnahmefällen bis zu 1 % Kohlenstoff enthalten [Feyrer 2000]. Der Kohlenstoffgehalt ist zunächst verantwortlich für die mögliche Verfestigung des später gezogenen Drahtes [ed. Verein Deutscher Eisen- hüttenleute 1969], da mit steigendem Kohlenstoffgehalt auch die Festigkeitssteige- rung bei der Verformung des Drahtes steigt. Aus diesem Material wird in einem ersten Schritt ein Walzdraht hergestellt. Dessen Eigenschaften können mit einer Wärmebehandlung, dem sog. Patentieren speziell für die Kaltumformung beim Ziehen gezielt verbessert werden. Bevor der Walzdraht jedoch gezogen werden kann, muss seine Oberfläche entzun- dert werden, was auf mechanischem Wege oder auf chemischem Wege mit Hilfe einer Beize erfolgt. Bereits der Vorgang des Entzunderns hat Einfluss auf die späte- ren Drahteigenschaften. Bei den mechanischen Verfahren werden Eigenspannungen im Draht erzeugt, die die Restverformbarkeit des Drahtes senken und / oder die Oberfläche des Drahtes verändern. Insbesondere bei den chemischen Verfahren können sog. Beizschäden wie Lochfraß und Wasserstoffdiffusion eintreten und dadurch die Qualität des Drahtes verschlechtern. Nach dem Entfernen der Zunder- schicht kann der Draht gezogen werden und damit auf den gewünschten Durchmes- ser gebracht werden. Das Ziehen bewirkt eine plastische Verformung des Drahtes, die seine Eigenschaf- ten grundlegend verändert. Die Zugfestigkeit steigt einhergehend mit einem Verlust an Zähigkeit. Die übrigen mechanischen Eigenschaften wie Elastizitätsgrenze, Streckgrenze, Zugfestigkeit, Bruchdehnung, Brucheinschnürung, sowie die Zahl der Hin- und Herbiegungen und der Verwindungen werden gleichfalls verändert und sind dabei mehr oder weniger stark betroffen, je nachdem wie der Ziehvorgang durchge- führt wird. Diese veränderten Eigenschaften können durch Nachbehandlungen wie Richten oder Anlassen weiter verändert und gesteuert werden. Durch das Ziehen erhält das Gefüge im Draht eine gerichtete Struktur da es in Zieh- richtung gestreckt wird. Die vorher regellos orientierten Körner des Walzdrahtes nehmen mit zunehmender Querschnittsabnahme des gezogenen Drahtes eine im- mer einheitlichere kristallographische Ausrichtung ein, die schließlich als Faserstruk- tur in Längsrichtung in Erscheinung tritt. Bereits bei einer Gesamtquerschnittsab- Stand der Forschung 49 nahme von über 50 % wird der Werkstoff anisotrop, d.h. er zeigt eine ausgeprägte Ziehtextur [ed. Verein Deutscher Eisenhüttenleute 1969]. Die Verformung des Metalls durch die beim Ziehen aufgebrachte äußere Spannung regt Versetzungen zum Wandern an und erzeugt neue Versetzungen. Einzelne Kris- tallteile gleiten auf bestimmten Gleitebenen aufeinander ab und richten sich dabei in Zugrichtung aus. Somit steigen die Versetzungsdichte und die Dichte der Korngren- zen. Schließlich wird die Versetzungsbewegung durch die Zunahme der Hindernisse mehr und mehr erschwert wodurch die benötigte Spannung zur weiteren Verformung steigt und die Verfestigung des Werkstoffs eintritt. Von besonderem wirtschaftlichem Interesse beim Drahtziehen ist die höchstmögliche Querschnittsabnahme je Zug. Sie ist theoretisch gegeben durch diejenige Quer- schnittsabnahme bei der der Draht gerade noch kaltverformt werden kann ohne zu reißen. Das bedeutet, dass die Längsspannung am Austrittsquerschnitt des Ziehhols kleiner sein muss als die Zugfestigkeit des Werkstoffs. Beim realen Drahtzug wird die theoretisch mögliche Querschnittsabnahme begrenzt durch einen Sicherheitsfaktor, der Unregelmäßigkeiten, Schwachstellen und schwankende Zugfestigkeiten berück- sichtigt. Um die Gefahr des Überziehens zu verringern, wird somit die Querschnitts- abnahme auf höchstens 40 % je Zug begrenzt [ed. Verein Deutscher Eisenhüttenleu- te 1969]. Größere Querschnittsabnahmen können durch Kombination mehrerer Ziehvorgänge und einer geeigneten Wärmebehandlung erfolgen. Diese Wärmebehandlung vor bzw. zwischen den Ziehvorgängen wird als Patentieren bezeichnet. Der Draht wird hierbei zunächst bis ins Austenitgebiet erhitzt und dann je nach Material abgeschreckt auf Temperaturen von 400°C bis 600°C. Nach einer ge- wissen Haltezeit auf diesen Temperaturen wird der Draht meist an Luft abgekühlt. Ziel dieser Wärmebehandlung ist die Bildung eines feinlamellaren Perlit, dem sog. Sorbit [Feyrer 2000]. Dieses Gefüge ist nicht nur besonders gut verformbar sondern ist gleichzeitig ausschlaggebend für die mögliche Verfestigung beim Ziehen. Je nach Kohlenstoffgehalt kann der Drahtquerschnitt in mehreren Ziehvorgängen um 75 % bis 95 % verringert werden, wenn zwischen einzelnen Zügen mit geringerer Querschnittsabnahme ein Zwischenpatentiervorgang erfolgt. Ohne diese zusätzliche Wärmebehandlung und der damit einhergehenden Gefügeumwandlung wäre das Verformungsvermögen des Drahtes bereits viel früher aufgebraucht. Der Draht wür- de sich zu sehr verfestigen und während des Ziehens Schaden nehmen. 50 Stand der Forschung Beim Ziehen der Drähte kann die Zielfestigkeit überschritten oder das Verformungs- vermögen des Drahtes erschöpft werden. Daher sind insbesondere für dünne Drähte mehrere Folgen von Ziehen und Patentieren nötig. Für die Herstellung von Seildraht bedeutet das, dass für jedes spezielle Drahterzeugnis mit seinen ganz speziellen geforderten Eigenschaften, die „Stahlgüte, Wärmebehandlung und Ziehfolge […] sorgfältig aufeinander abgestimmt sein“ müssen [ed. Verein Deutscher Eisenhütten- leute 1969]. Die Abhängigkeit der Festigkeit vom Kohlenstoffgehalt und vom Grad der Verfor- mung ermöglicht es, einen Draht einer bestimmten Zugfestigkeit und eines bestimm- ten Durchmessers auf verschiedene Arten herzustellen. Verwendet man einen dicke- ren Walzdraht mit geringerem Kohlenstoffgehalt und zieht mit großer Gesamtquerschnittsabnahme, so erhält man bezüglich Festigkeit und Durchmesser einen ähnlichen Draht wie bei Verwendung eines dünneren Walzdrahtes mit höhe- rem Kohlenstoffgehalt und geringerer Gesamtquerschnittsabnahme. Eigenschaften wie Streckgrenze und Elastizitätsgrenze, aber auch die erreichbaren Biege- und Verwindezahlen werden jedoch unterschiedlich ausfallen. Die Drahtherstellung ist somit mit 2 grundsätzlichen Problemen konfrontiert: 1. „Es ist relativ einfach, die gewünschten Zugfestigkeitswerte durch reine Kalt- verformung zu erhalten, jedoch schwierig, bei hohen Festigkeitswerten auch relativ hohe Biege- und Verwindezahlen zu gewährleisten“ [ed. Verein Deut- scher Eisenhüttenleute 1969]. 2. „Je größer der Verformungsgrad ist, desto ausgeprägter wird auch der Unter- schied zwischen den Eigenschaften in Längs- und in Querrichtung“ [ed. Verein Deutscher Eisenhüttenleute 1969]. Die persönlich mit einem Drahthersteller geführten Gespräche1 bestätigen diese Probleme. Aus wirtschaftlichen Gründen werden Drähte, sofern technisch möglich, direkt gezogen - man verzichtet auf Zwischen-Wärmebehandlungen. Im Durchmes- serbereich unter 2 mm ist damit zu rechnen, dass der Draht zwischenpatentiert ist, da er ohne Wärmebehandlung die Ziehvorgänge nicht überstehen würde. Bei den größeren Durchmessern kann der Draht auch ohne Zwischen-Patentieren gezogen 1 Im Herstellprozess liegen Know-how und Erfahrungswerte, die aus Konkurrenzgründen vertraulich behandelt werden. Stand der Forschung 51 werden. Die Wärmebehandlung stellt somit eine Möglichkeit dar, im Produktionspro- zess zu sparen. Es ist also eine Kostenfrage, welche Qualität ein Draht erreicht. 2.3 Genormte Versuche zur Bestimmung der Drahtqualität Zur Bestimmung der Qualität von Drähten sind gemäß DIN EN 10218-1 verschiede- ne Verfahren beschrieben [DIN EN 10218-1]. In der Praxis sind insbesondere der Zugversuch, Verwindeversuch und der Hin- und Herbiegeversuch relevant und die- nen den Herstellern von Drähten und Seilen zur Qualitätssicherung. Die einzelnen Normen für diese Versuche beschreiben, wie die Versuche durchzuführen sind. Wei- tere Normen beinhalten die jeweiligen Versuchswerte, die ein Draht einer bestimm- ten Festigkeit erreichen muss, um als Draht für Seile eingesetzt zu werden. 2.3.1 Zugversuch Beim Zugversuch wird eine Drahtprobe in eine Zugprüfmaschine eingespannt und mit zunehmender Zugkraft bis zum Bruch der Probe belastet. Dabei wird die Kraft über der Dehnung der Probe aufgezeichnet. Mit Hilfe des Zugversuchs nach DIN EN ISO 6892-1 werden die für die Seilherstellung relevanten Werkstoffkennwer- te wie Zugfestigkeit Rm, und (Ersatz-) Dehngrenze Rp0,2 ermittelt [DIN EN ISO 6892- 1]. Drähte, die in Seilen eingesetzt werden sollen, müssen dabei den Anforderungen nach DIN EN 10264-1 genügen [DIN EN 10264-1]. Es werden Toleranzen für be- stimmte Drahtdurchmesserbereiche vorgegeben, die eine bestimmte Überschreitung der Nennfestigkeit des Drahtes erlauben. Die Werte sind in Tabelle 2.4 wiedergege- ben. Nennmaß für den Drahtdurchmesser: d [mm] Zulässige positive Überschreitung des Zahlenwerts der Nennzugfestigkeit [N/mm²] 0,2 ≤ d < 0,5 390 0,5 ≤ d < 1,0 350 1,0 ≤ d < 1,5 320 1,5 ≤ d < 2,0 290 2,0 ≤ d < 3,5 260 3,5 ≤ d < 8,0 250 Tabelle 2.4: Zulässige Abweichungen für die Zugfestigkeit in Anlehnung an DIN EN 10264-1 52 Stand der Forschung 2.3.2 Verwindeversuch Beim Verwindeversuch nach DIN ISO 7800 wird eine Drahtprobe einer definierten freien Länge in eine Verdrehvorrichtung eingespannt. Dabei ist das eine Drahtende in einer feststehenden Einspannung fixiert und das andere in einer drehbar gelager- ten, zur festen Einspannung koaxialen Einspannung eingelegt [DIN ISO 7800]. Mit- tels der drehbaren Einspannung wird die Drahtprobe in gleichbleibender Richtung um die Drahtlängsachse verdreht und somit eine Torsionsbelastung aufgebracht, die schließlich zum Bruch der Probe führt. Die Anzahl der Umdrehungen Nt bis zum Bruch wird mit den vorgegebenen Werten gemäß DIN EN 10264-2 verglichen [DIN EN 10264-2]. Ein Auszug der erwarteten Verwindezahlen findet sich in Tabelle 2.5. Draht-Nenn- Durchmesser d [mm] Mindestverwindezahlen Blank + Verzinkt, Klasse B Nennzugfestigkeit [N/mm²] 1180 + 1370 1570 1770 1960 2160 … 0,80 ≤ d < 0,85 34 30 28 25 22 0,85 ≤ d < 0,90 34 30 28 25 22 … 1,00 ≤ d < 1,10 33 29 26 23 21 1,10 ≤ d < 1,20 33 29 26 23 21 1,20 ≤ d < 1,30 33 28 25 22 20 … 2,40 ≤ d < 2,50 29 26 23 20 18 Tabelle 2.5: Auszug der Mindestverwindezahlen gemäß DIN EN 10264-2 Mit zunehmendem Durchmesser sowie steigender Festigkeit nimmt die Zahl der Verwindungen ab [DIN EN 10264-2]. Stand der Forschung 53 2.3.3 Hin- und Herbiegeversuch Beim Hin- und Herbiegeversuch gemäß DIN ISO 7801 wird eine an einem Ende fest eingespannte Drahtprobe über 2 gleiche Zylinder eines definierten Radius um jeweils 90° aus der Ausgangsposition hin- und hergebogen [DIN ISO 7801]. Der durch die beiden Zylinder vorgegebene Biegeradius ist abhängig vom Durchmesser der Draht- probe. Als vollständige Biegung gemäß Abbildung 8 wird eine Biegung aus der Aus- gangslage über einen Biegezylinder und wieder zurück in die Ausgangslage gewer- tet. Abbildung 8: Zählverfahren beim Hin- und Herbiegeversuch [DIN ISO 7801] Die Anzahl der Biegungen Nb bis zum Bruch wird mit den vorgegebenen Werten ge- mäß DIN EN 10264-2 verglichen [DIN EN 10264-2]. Ein Auszug der erwarteten Bie- gezahlen findet sich in Tabelle 2.6. Draht-Nenn- Durchmesser d [mm] Mindestbiegezahlen Blank + Verzinkt, Klasse B Nennzugfestigkeit [N/mm²] 1180 + 1370 1570 1770 1960 2160 … 0,80 ≤ d < 0,85 16 14 13 12 11 0,85 ≤ d < 0,90 15 13 12 11 10 … 1,00 ≤ d < 1,10 20 18 17 16 14 1,10 ≤ d < 1,20 19 17 16 15 13 1,20 ≤ d < 1,30 18 16 15 14 12 54 Stand der Forschung … 2,40 ≤ d < 2,50 15 13 12 11 9 Tabelle 2.6: Auszug der Mindestbiegezahlen gemäß DIN EN 10264-2 2.3.4 Bewertung der Normversuche Mit den genormten Versuchen werden nicht nur Werkstoffkennwerte ermittelt son- dern zusätzliche Informationen gewonnen, die Auskunft geben über die Eignung des Werkstoffs für dessen Verwendung als Seildraht. Ein hochwertiger Draht erreicht auch bei einer hohen Festigkeit noch hohe Biege- und Verwindezahlen, verfügt also über eine hohe Zähigkeit. Diese Zähigkeit ist es, die einen hochfesten Draht erst als Seildraht qualifiziert. Die Versuchsergebnisse am Einzeldraht aus Verwindeversuch und Hin- und Herbiegeversuch lassen jedoch keine Vorhersage der Lebensdauer des aus diesen Drähten hergestellten Seiles zu [Lutz 1972]. Hin- und Herbiegeversuch sowie Verwindeversuch erfassen einachsige bzw. ebene Spannungszustände aus Biegung bzw. Torsion. Eine gezielte Überlagerung von Spannungen zur Erzeugung eines 3-achsigen Spannungszustands, wie er für einen Draht im Seilverbund realistisch wäre, ist mit diesen Versuchen nicht möglich. Hierin liegt einer der Gründe, warum die Versuchsergebnisse nicht zur Vorhersage der Seil- lebensdauer genutzt werden können. Da es in Seilkonstruktionen mit mehreren Litzenlagen zu punktförmigen Kontakten zwischen Drähten einzelner Litzenlagen kommt, tritt bei diesen Seilen im Gegensatz zu Seilen mit Faser- und Kunststoffeinlagen oder kunststoffumspritzten Einlagen eine extreme örtlich begrenzte Belastung auf. Diese extreme Belastung wird durch die Normversuche nicht abgeprüft. Inwiefern die Ergebnisse aus Hin- und Herbiegever- such bzw. Verwindeversuch geeignet sind, eine Aussage über die Querbelastbarkeit des Drahtes zu treffen, ist bisher noch nicht geklärt. Aktuell gibt es keinen genormten Versuch, der die Punktberührungen, wie sie in mehrlagigen Seilkonstruktionen vor- liegen, gezielt modelliert. Stand der Forschung 55 2.4 Untersuchungen zur Pressung Der Einfluss der Pressung zwischen den Drähten eines Seiles und einer Seilscheibe sowie zwischen Drähten innerhalb eines Seiles auf dessen Lebensdauer wurde schon früh erkannt und auf verschiedene Weisen analytisch und experimentell unter- sucht. Leissa [Leissa 1959], sowie Starkey und Cress [Starkey & Cress 1959] bei- spielsweise, weisen 1959 analytisch nach, dass die Hertz‘schen Pressungen im Draht-Draht-Kontakt weitaus höher sind als die Spannungen aus Zug und Biegung. Nach ihren Berechnungen sind die Kontaktspannungen auf Grund ihrer Größe von entscheidender Bedeutung für die Lebensdauer des Seils. Diverse experimentelle Untersuchungen am Einzeldraht beschäftigen sich gezielt mit der Ermittlung des Einflusses von Querpressungen auf die Lebensdauer von Seilen und werden nachfolgend vorgestellt. Die Ergebnisse der Untersuchungen an Einzel- drähten sind jedoch schwer direkt auf das Seil zu übertragen und fallen sehr unein- heitlich aus. Die Gründe dafür sind in den idealisierten Versuchsaufbauten zu sehen, die entweder die auftretenden Belastungen am und im Seil nur teilweise erfassen oder auf wenig zutreffenden Annahmen basieren. Außerdem kommt erschwerend hinzu, dass die unterschiedlichen Verfahren der Drahtherstellung, wie beispielsweise Ziehfolge und Wärmebehandlung (Kapitel 2.2), einen enormen Einfluss auf die Drahteigenschaften haben und die daraus resultierende Vielzahl der einzelnen Pa- rameter zu einer ebenso hohen Zahl an möglichen Versuchen führt. In jüngster Zeit werden auch Simulationen durchgeführt um die Belastungen der Drähte im Seil rechnerisch zu erfassen. Hierbei können konstruktive Parameter der Seilkonstruktion variiert werden um deren Einfluss auf die Drahtspannungen zu be- rechnen. Je besser die Kontaktbedingungen innerhalb des Seils in die entsprechen- de Software übertragen werden können, desto realistischer können die Ergebnisse der Simulation ausfallen. Auch hier gilt jedoch, dass die Drahteigenschaften begin- nend von der Drahtherstellung bis zum endgültigen verseilten Zustand nur idealisiert betrachtet werden können. Nachfolgend werden bekannte experimentelle Arbeiten, die sich insbesondere mit der Querpressung von Seildrähten beschäftigen, zusammengefasst und bewertet. 56 Stand der Forschung 2.4.1 Umlaufbiegung und Querpressung Pfister führt auf der „Dauerprüfmaschine Stuttgart“ Versuche durch, bei denen ein definiert vorgespannter Draht unter Umlaufbiegung über einen tonnenförmigen Prüf- körper gebogen wird [Pfister 1964]. Die Lage des Drahtes auf der Biegetonne wird mit Hilfe von zwei Führungsbacken bestimmt. Außerdem kann über eine ballig aus- geführte Rolle ein Querdruck auf den sich um seine Längsachse drehenden Draht ausgeübt werden. Es entsteht somit zusätzlich zur umlaufenden Biegung eine um- laufende Pressung. Die Beanspruchungen des Drahtes aus Zug, Biegung und Quer- pressung können mit dieser Prüfvorrichtung unabhängig voneinander eingestellt werden. Eine hohe Lastwechselzahl von 1500 pro Minute erlaubt eine zügige Durch- führung auch größerer Versuchsserien. Die Prüfmaschine ist für Versuche an Drähten mit Durchmessern von 1 mm bis 3,5 mm ausgelegt und erlaubt die Einstellung von Zugkräften von 10 kp (~ 98 N) bis 510 kp (~ 5003 N). Die möglichen Querkräfte liegen zwischen 5 kp (~ 49 N) und 200 kp (~ 1962 N). Je nach verwendeter Biegetonne wird ein Krümmungsradius zwi- schen 80 mm und 800 mm eingestellt. Die Krümmungsradien der Druckrollen liegen zwischen 10 mm und 63 mm [Pfister 1964]. Pfister stellt bei seinen Versuchen fest, dass im Vergleich zu statischer Zugspannung und wechselnder Biegespannung die Querpressung den größten Einfluss auf die Le- bensdauer hat. Mit steigender Zugfestigkeit der Drähte nimmt auch die Lebensdauer zu. Es wird keine „ausgeprägte Querdruckempfindlichkeit“ hochfester Drähte festge- stellt [Pfister 1964]. Obwohl die Drahtbelastung auf der „Dauerprüfmaschine Stutt- gart“ als umlaufende Biege- und Querdruckbeanspruchung aufgebracht wird, erkennt Pfister im Vergleich mit dem Dauerbiegeversuch am Seil übereinstimmende Lebens- dauerwerte. Zum Vergleich wird ein Seil 6x25F + IWRC sZ mit Durchmesser 16 mm herangezogen, dessen Außendrähte den Versuchsdrähten der Einzeldrahtprüfung entsprechen. Sowohl Seil als auch Draht werden zum Vergleich mit einer Biege- spannung von 160 kp/mm² (~ 1570 N/mm²) belastet. Durch Vergleich der Lebens- dauerdiagramme von Draht und Seil findet er einen Krümmungsradius der Quer- druckrolle von 10 mm, bei dem eine Regelmäßigkeit der Lebensdauern von Draht und Seil erkennbar wird. Eine Verdopplung der Zugspannung am Seil bewirkt eine Verdopplung der Pressung auf den Draht im Seil und somit einen Abfall der Seille- bensdauer. Wird auch im Einzeldrahtversuch die Querbelastung verdoppelt, wird der gleiche Abfall der Lebensdauer sichtbar. Pfister folgert, dass „Dauerprüfmaschine Stand der Forschung 57 Stuttgart“ geeignet ist, den Draht in einer Weise zu beanspruchen, die der Beanspru- chung im Seil entspricht. Der Versuchsaufbau wird schematisch in Abbildung 9 vor- gestellt. Abbildung 9: Schematische Versuchsanordnung „Dauerprüfmaschine Stuttgart“ [Pfister 1964] Bewertung: Aus Sicht des Autors erscheint die Belastung des Drahtes in Pfisters Versuchsauf- bau unrealistisch. Im realen Seil herrscht eine Punktbelastung oder eine Linienbelas- tung entlang der Drahtlängsachse, die vom Kontakt zwischen Seil und Scheibe oder dem Kontakt zwischen Drähten rührt. Auf der „Dauerprüfmaschine Stuttgart“ wird der Draht umlaufend gewalzt, also sozusagen verdichtet. Dies kann je nach Höhe der Belastung zeitweise zu einer Verbesserung der Drahtoberfläche führen und die Le- bensdauer sogar positiv beeinflussen. Die umlaufende Querbelastung könnte aber auch als umlaufende Kerbe betrachtet werden und entspricht somit auch nicht der Punktbelastung im Seil. Im realen Seil gibt es keine umlaufende Kerbe. Die Rolle zum Aufbringen der Querbelastung ist mit ihrem kleinsten Radius von 10 mm zu groß, um einen Draht-Draht-Kontakt zu simulieren. In Kombination mit der maximalen Querkraft kann keine Pressung eingestellt werden, die einer Belastung nahe der Donandtkraft entspräche. Somit ist diese Dauerprüfmaschine nur geeignet um Lebensdauerversuche im Bereich der Zeitfestigkeit durchzuführen, nicht aber um Extremsituationen im Bereich der Kurzzeitfestigkeit nachzustellen. Zum Vergleich mit extremen Seilbelastungen ist diese Dauerprüfmaschine daher wenig geeignet. 58 Stand der Forschung Dauerbiegeversuche am realen Seil zeigen, dass sich eine Zunahme der Drahtfes- tigkeit bei konstanter Seilsicherheit negativ auf die Seillebensdauer auswirkt. Dieser Einfluss ist auch in Feyrers Lebensdauerformel Gl. (2.1) verarbeitet und steht somit im Widerspruch zu den Ergebnissen der Versuche auf „Dauerprüfmaschine Stutt- gart“. Feyrers Lebensdauerformel existiert allerdings 1964 noch nicht, so dass Pfister diese Erkenntnis für seine Untersuchung nicht zur Verfügung stand. Der erste Ansatz von Feyrer, der die grundlegenden Parameter eines Seiltriebs berücksichtigt, wurde 1981 veröffentlicht [Feyrer 1981] und erst später um den Einfluss der Festigkeit er- weitert. In Pfisters Arbeit werden zudem keine vergleichenden Versuche mit Seilen unterschiedlicher Festigkeit vorgestellt, so dass der bisherige Stand der Erkenntnisse aus dieser Prüfmaschine als unvollständig zu betrachten ist. Leider existiert diese Prüfmaschine nicht mehr, so dass kein weiterer Vergleich mit Seilen unterschiedli- cher Festigkeit durchgeführt werden konnte. 2.4.2 Biegung und Querpressung Oplatka führt Versuche an Drähten durch, die konstant vorgespannt sind und auf schwellende Biegung und Pressung beansprucht werden. Ein am einen Ende fest am Maschinenbett eingespannter Versuchsdraht ist am anderen Ende an einer be- weglichen Walze eingespannt. Diese Walze wird mit Hilfe eines Kurbeltriebs hin- und herbewegt und rollt dabei über den Versuchsdraht ab. Mittels zweier ebenfalls an der Walze befestigter Spanndrähte wird eine Zugspannung auf den Prüfdraht aufge- bracht. In diesem Versuchsaufbau kann die Höhe der einzelnen Beanspruchungen Zugkraft und Presskraft unabhängig voneinander eingestellt werden [Oplatka 1965]. Die Beanspruchung soll der eines Drahtes in einem laufenden Seil beim Lauf über Scheiben entsprechen. Oplatkas Versuchsaufbau wird in Abbildung 10 vorgestellt. Abbildung 10: Schema des Versuchsaufbaus für Zug, Biegung und Pressung [Oplatka 1965] Stand der Forschung 59 Oplatka führt erste Versuche durch mit einem Walzendurchmesser von 500 mm ent- sprechend einer schwellenden Biegespannung von 0 bis 706 N/mm² und konstanten Zugspannungen von 392 N/mm² bis 1275 N/mm². Die Querlast (Presskraft / Draht- durchmesser²) wird variiert zwischen 91 N/mm² und 515 N/mm² [Oplatka 1965]. Bei Versuchen am Draht mit Durchmesser 1,8 mm und Festigkeit 1619 N/mm² stellt Oplatka fest, dass bei großer Flächenpressung der Einfluss der Zugspannung auf die Lebensdauer gering ist. Bei kleiner Flächenpressung überwiegt die Zugspannung. Bei hoher Zugspannung fällt die Flächenpressung eher gering ins Gewicht, dagegen nimmt ihr Einfluss mit kleineren Zugspannungen zu. Bewertung: Der Draht wird mit dieser Vorrichtung mit einer entlang der Drahtachse wandernden Belastung aus Biegung und Pressung beansprucht. Diese Belastung entspricht nur teilweise den Gegebenheiten am verseilten Draht. Läuft ein Seil auf eine Seilscheibe auf, nehmen Pressung und Biegung an einem bestimmten Punkt des Drahtes gleich- zeitig zu bzw. beim Ablaufen von der Seilscheibe wieder ab. Oplatkas Vorrichtung bewegt den Punkt der höchsten Pressung walzend über den Draht. 2.4.3 Dauerbiegeversuch unter Querbeanspruchung Lutz führt auf der „Dauerprüfmaschine Aachen“ Dauerbiegeversuche an Seildraht unter Querbeanspruchung durch [Lutz 1972]. Der Prüfdraht wird in diesem Ver- suchsaufbau über austauschbare Prüfscheiben von 150 mm bis 500 mm Durch- messer hin- und hergebogen und durch eine Hebelmechanik vorgespannt. Die Quer- beanspruchung wird mit Hilfe einer auf dem Draht abrollenden gewichtsbelasteten Rolle aufgebracht. Diese hat einen Durchmesser von 100 mm und kann mittels Hebelmechanik mit bis zu 500 kg Querkraft auf den Prüfdraht einwirken. Der Ver- suchsaufbau ermöglicht es, die Hauptbelastungsarten Zug, Biegung und Querpres- sung unabhängig voneinander einzustellen. Die Versuche werden an Drähten unter- schiedlicher Güteklassen mit Durchmessern von 1,0 mm, 1,8 mm, 2,0 mm und 2,4 mm durchgeführt [Lutz 1972]. Der schematische Aufbau von „Dauerprüfmaschine Aachen“ wird in Abbildung 11 gezeigt. 60 Stand der Forschung Abbildung 11: Schematische Versuchsanordnung der „Dauerprüfmaschine Aachen“ [Lutz 1972] Das von Lutz entwickelte Prüfverfahren soll der komplexen Belastung des Seildrahts aus Zug, Biegung und örtlicher Querbelastung Rechnung tragen. Die Querbelastung hat dabei gegenüber Zugbelastung und schwellender Biegung den größten Einfluss auf die Lebensdauer. Nur bei einer kombinierten Belastung aus allen drei Grundbe- lastungen wird ein Qualitätsunterschied der Drähte erkennbar. Bei Wahl einer Belastung im Bereich „im Übergangsgebiet zwischen Zeit- und Dauer- festigkeit“ [Lutz 1972] können mit dem Verfahren von Lutz unterschiedliche Draht- qualitäten anhand unterschiedlicher Lebensdauern klar differenziert werden. Unter extrem hohen bzw. niedrigen Lasten, also im Bereich einer niedrigen Zeitfestigkeit bzw. im Bereich der Dauerfestigkeit, ist die Unterscheidung unmöglich. Anhand die- ser Beobachtung definiert Lutz für die von ihm untersuchten Drähte ideale Lastberei- che, die es ermöglichen sollen, mit Hilfe seines Versuchsaufbaus Drahtqualitäten zu erkennen und deren Eignung als Seildraht zu prüfen. Für die untersuchten Drähte ergibt sich aus den Versuchen, dass eine durch Erhö- hung der Gesamtquerschnittsabnahme gesteigerte Nennzugfestigkeit zu einer Ab- nahme der Lebensdauer führt. Bei einer vergleichbaren Belastung von Drähten unterschiedlicher Festigkeit, also einer Belastung bei gleichem Sicherheitsfaktor Stand der Forschung 61 (= Ist-Zugfestigkeit / Zugbeanspruchung), erreicht der Draht mit der größeren Ge- samtquerschnittsabnahme eine verminderte Dauerhaltbarkeit [Lutz 1972]. Der Vergleich von Drähten unterschiedlichen Durchmessers aber gleicher Gesamt- querschnittsabnahme und gleicher Zugfestigkeit zeigt, dass eine Durchmesserzu- nahme zu einer geringeren Lebensdauer führt. Dementsprechend können nur die Versuche an Drähten gleichen Durchmessers miteinander verglichen werden, wenn Aussagen bezüglich der Drahtqualität getroffen werden sollen [Lutz 1972]. Der Einfluss der Gesamtquerschnittsabnahme überlagert auch die Versuche an ver- zinkten und blanken Drähten. Eine Vergleichbarkeit ist nur gegeben, wenn die Ge- samtquerschnittsabnahme berücksichtigt wird. Unter den dünnen Drähten, hier Dräh- ten einer höheren Gesamtquerschnittsabnahme (89,3 %), erweist sich die Verzinkung als nachteilig. Bei den Drähten größeren Durchmessers, hier einer gerin- geren Gesamtquerschnittsabnahme (81,0 %), ist die Verzinkung vorteilhaft für eine gesteigerte Lebensdauer [Lutz 1972]. Lutz findet „im Wesentlichen Übereinstimmung“ [Lutz 1972] zwischen den Ergebnis- sen seiner Einzeldrahtprüfungen und den Ergebnissen aus Dauerversuchen an Sei- len, die aus diesen Drähten geschlagen wurden. Bewertung: Die Drahtbelastung auf „Dauerprüfmaschine Aachen“ wird vom Autor hinsichtlich der Eignung für Untersuchungen nahe dem Sprungpunkt bewertet. Die Versuchsanord- nung von Lutz ermöglicht eine Belastung durch Überrollen bzw. Walzen des geboge- nen Drahtes in Drahtlängsrichtung. Diese Querbelastung durch die gewichtsbelastete Rolle führt zu einer Linienlast, die z. B. zwischen Drähten eines parallelverseilten Seiles beim Lauf über Seilscheiben vorliegt. Eine Punktlast zwischen sich kreuzen- den Drähten innerhalb von Litzen oder zwischen sich kreuzenden Litzenlagen ist mit diesem Versuchsaufbau nicht realisierbar. 2.4.4 Zugschwellversuch unter Querbeanspruchung Pantucek führt Untersuchungen zur Pressung von Seildraht unter Zugschwellbean- spruchung durch [Pantucek 1977b]. Hierfür verwendet er Seildraht mit 1,1 mm und 0,85 mm Durchmesser einer Nennfestigkeit von 1765 N/mm². Für die Zugschwellver- suche unter Querpressung wird der Draht zwischen 2 Scheiben mit einem Pressradi- us von 70 mm mit Presskräften von 960 N bis 2560 N beaufschlagt. In dieser Konfi- guration werden auch Versuche durchgeführt, bei denen die Querpressung 62 Stand der Forschung mehrstufig über eine bestimmte Anzahl an Schwingspielen aufgebracht wird. Der zugehörige Versuchsaufbau ist schematisch in Abbildung 12 dargestellt. Die Untersuchungen werden gestützt durch Versuche zur Ermittlung der Verformun- gen an statisch gepresstem 8 mm Stabmaterial und theoretischen Spannungsermitt- lungen. Außerdem werden REM-Aufnahmen der Bruchflächen angefertigt und die Bruchmechanik untersucht [Pantucek 1977b]. Abbildung 12: Schema des Versuchsaufbaus für Zugschwellbeanspruchung und Pressung [Pantucek 1977b] Pantucek stellt fest, dass bis zu einem gewissen unteren Wert der Presskraft diese keinen Einfluss auf die ertragbare Schwingspielzahl hat. Dieser Wert ist abhängig von der schwellenden Zug- oder Biegespannung. Außerdem reicht bereits eine im Verhältnis zur Gesamtlebensdauer geringe Anzahl von Lastspielen mit stark erhöhter Querbelastung aus, die Lebensdauer des Drahtes negativ zu beeinflussen. Bei konstanter Presskraft und Spannungsamplitude kommt es innerhalb der ersten Lastwechsel zu einer zügigen Abplattung des Drahtes, die mit zunehmender Last- spielzahl nur noch wenig zunimmt und sich schließlich stabilisiert. Ab ca. 10³ Last- wechseln finden kaum noch Formänderungen in der Pressspur statt. Es ist demnach nicht möglich, rein aus der gemessenen Verformung auf die Höhe der Belastung zu schließen [Pantucek 1977b]. Je nach Presskraft und Höhe der Zugschwellbeanspruchung verlagert sich der Ort des Anrisses. Bei hohen Presskräften liegt der Anriss eher in der Mitte zwischen den beiden Pressspuren und wird entlang der Drahtachse Richtung Ende der Pressspur Stand der Forschung 63 verschoben. In der Kombination von hohen Presskräften und niedriger Zugschwell- beanspruchung treten verstärkt Längsrisse im Drahtinneren auf, die schließlich zu Dauerbrüchen führen [Pantucek 1977b]. Drähte unterschiedlichen Durchmessers benötigen die gleiche zum Versagen füh- rende Gestaltänderungsarbeit. Das bedeutet, dass bei einem dünneren Draht eine geringere Querpressung zum Versagen führt als bei einem dickeren Draht. Treten im Seil gleichgroße Pressungen auf, so versagen demnach die dünneren Drähte zuerst. Bei schlechter Schmierung und entsprechend erhöhter Reibung tritt das Versagen innerhalb des Seils durch Reibdauerbruch in der Pressspur ein [Pantucek 1977b]. Es wird eine lineare Abhängigkeit der ertragbaren Spannungsamplitude von der Hö- he der Querkraft nachgewiesen. Hieraus wird ein Term entwickelt, der den Pres- sungseinfluss auf die Lebensdauer von Drahtseilen berücksichtigen kann. Der An- satz zur Lebensdauerberechnung von Rossetti [Rossetti 1975], der bereits Biegespannung und Zugspannung berücksichtigt, wird um diesen Pressungsterm erweitert: Rossetti:   R m bz CN  (2.6) Pantucek:   P n pbz CN  (2.7) Anhand der bisher vorliegenden Versuchsergebnisse und der je nach Anwendung veränderlichen Kontaktbedingungen kann für die Pressung jedoch noch kein allge- mein gültiger Faktor angegeben werden. Pantucek verweist außerdem auf eine weiterentwickelte Prüfmaschine, die sog. „Dauerprüfmaschine Karlsruhe“, die unter fixer Vorspannung des Prüfdrahts eine Biegeschwellbeanspruchung mit schwellender Querpressbeanspruchung vereint. Der Aufbau dieser Prüfmaschine ist schematisch in Abbildung 13 gezeigt. Er schlägt zu- dem eine Variante dieser Pressapparatur vor, in der die Presssegmente durch vari- able Aufnahmen ersetzt werden, in die sich auch Drähte oder Litzen einlegen lassen. Die entsprechende Erweiterung der Vorrichtung ist in Abbildung 14 dargestellt. 64 Stand der Forschung Abbildung 13: Schema des Versuchsaufbaus für Biegung und Pressung [Pantucek 1977a] Abbildung 14: Erweiterung des Versuchsaufbaus für Pressversuche Draht / Draht [Pantucek 1977a] Bewertung: Der von Pantucek untersuchte Durchmesserbereich von 0,85 mm bis 1,1 mm er- scheint je nach Seilkonstruktion für dünne Seile oder drehungsarme Seile bis ca. 16 mm Durchmesser realistisch. Untersuchungen an höheren Drahtdurchmessern fehlen bisher. Es ist daher noch offen, inwieweit sich die Ergebnisse auf größere Stand der Forschung 65 Seildurchmesser übertragen lassen. Pantuceks Vergleiche der Modellversuche am einzelnen Draht mit gebrochenen Drähten aus Seilen erfolgen auf Seilkonstruktionen 6x7+FE und 6x19 Warrington. In diesen Seilkonstruktionen treten, sofern es nicht zu Litzenberührung kommt, keine Punktberührungen zwischen Drähten auf, wie es an mehrlagigen drehungsarmen Seilen der Fall ist. Die Bestimmung von Pressradius und Presskraft für die Versuche an einzelnen Drähten erfolgt auf Basis der Pressel- lipsen, die auf der Oberfläche von Warringtonlitzen gefunden wurden und passen somit zum Kontakt zwischen Seil und Scheibe. Der Kontakt zwischen 2 sich kreu- zenden Drähten wird in Pantuceks Dissertation nicht behandelt. Der erweiterte Ver- suchsaufbau für Biegung und Pressung wird von Pantucek nur erwähnt, ohne Ver- suchsergebnisse zu zeigen. Dieser Versuchsaufbau birgt zudem den Nachteil, dass die Presssegmente oder die darin eingebauten Drähte eine Rollbewegung auf dem Prüfdraht ausführen. Diese Art der Belastung ist im Seil nur schwer nachvollziehbar. 2.4.5 Schwellende Biegung und Querpressung Haid führt Versuche an Seilen und Drähten zur Ermittlung des Einflusses der Pres- sung auf die Lebensdauer unter Berücksichtigung der jeweils wirkenden Schädi- gungsmechanismen Ermüdung und Verschleiß durch [Haid 1984]. Er beginnt seine Untersuchungen mit Dauerbiegeversuchen an Seilen mit Durchmesser 10 mm der Konstruktion 8x19W FC sZ in den Nennfestigkeiten R = 1570 N/mm² und R = 1770 N/mm². Die eingesetzten Seilscheiben verfügen über Rundrillen mit und ohne Unterschnitt und sind ausgeführt in den Durchmesserverhältnissen D/d = 42 und D/d = 32. Durch Wiegen der Seile vor und nach dem Versuch ermittelt Haid den Massenverlust durch Verschleiß. Der Verschleiß tritt durch Gleitbewegungen im Lit- ze-Litze-Kontakt sowie im Kontakt Litze-Rille auf. Haid schließt aus den plastischen Verformungen der Drähte an Seilen aus seinen Dauerbiegeversuchen, dass die Pressungen so hoch sind, dass sie nicht mehr mit den Hertz‘schen Gleichungen zu berechnen sind. Er führt daher weitere Untersu- chungen der Pressung an einzelnen Drähten unter statischer und dynamischer Beanspruchung durch. Für die statischen Versuche kommt zunächst die Vorrichtung von Pantucek unter Verwendung verhältnismäßig großer Presssegmente mit Radius 70 mm zum Einsatz. Die Drähte in den Durchmessern 0,6 mm und 0,85 mm liegen in Festigkeit R = 1770 N/mm² vor, ein weiterer dick verzinkter Draht in Durchmesser 1,4 mm und Festigkeit R = 1570 N/mm². Unter Vorspannung werden die Drähte mit 66 Stand der Forschung Querkräften von 400 N bis 3000 N beaufschlagt. Aus der Vermessung der entste- henden Pressellipsen ermittelt Haid die mittlere Pressung pm. Diese nimmt tendenzi- ell mit steigender Zugspannung ab [Haid 1984]. In weiteren Versuchen wird die Draht-Draht-Pressung, wie sie bei Litzenberührung (Außenlitzen) vorliegt, untersucht. Hierfür wird anstatt der Presssegmente ein weiterer Draht unter einem Winkel von 37° auf den Prüfdraht gepresst und die mittlere Pressung ermittelt. Es zeigt sich die gleiche Tendenz einer abfallenden mittleren Pressung bei zunehmender Zugspan- nung. Bei den ersten dynamischen Versuchen wird der Draht zunächst wieder mit dem Presssegment belastet. Eine schwellende Biegung des vorgespannten Drahtes wird durch die Biegung über ein Biegesegment mit Radius 155 mm erzeugt. Versuche mit Draht-Draht-Pressung zeigen in dieser Vorrichtung eine unerwünschte Abrollbewe- gung zwischen den Drähten, da die Pressvorrichtung ortsfest installiert ist. Für die weiteren Versuche wird daher Pantuceks Prüfvorrichtung erweitert und verbessert. Zur Vermeidung der Abrollbewegung wird die Presseinheit nun starr mit der Trag- konstruktion des Biegesegments verbunden, so dass das pressende Element mit dem gebogenen Draht mitbewegt wird. Die Presskraft wird mittels einer gesteuerten Pneumatikeinheit in Abhängigkeit vom Biegewinkel aufgebracht. Dieser erweiterte Versuchsaufbau ist in Abbildung 15 dargestellt. Auch in dieser Vorrichtung kann der Winkel des Pressdrahts variiert werden [Haid 1984]. Stand der Forschung 67 Abbildung 15: Erweiterter Versuchsaufbau für Biegung und Pressung [Haid 1984] In diesem Versuchsaufbau versetzt die Antriebseinheit das Biegesegment in eine oszillatorische Drehbewegung, wodurch der zwischen (4) und (5) eingespannte Prüf- draht auf das Biegesegment (6) auf- und abläuft und gleichzeitig durch die Presskraft belastet wird. Es entsteht eine schwingende Belastung aus Biegung und Pressung. Die Presskraft kann stufenlos zwischen 40 N und 1500 N eingestellt werden. Die Kontaktwinkel zwischen den Drähten werden auf 37° und 25° eingestellt [Haid 1984]. Haid stellt bei seinen dynamischen Versuchen an Drähten mit Durchmesser 0,6 mm und Festigkeit R = 1770 N/mm² fest, dass hohe Press- und Zugkräfte die Lebens- dauer stark vermindern. Eine Verringerung des Kreuzungswinkels der Versuchs- drähte führt zu einer Erhöhung der Lastwechselzahlen. Da die mittlere Pressung bei hohen Lasten und hohen plastischen Verformungen mit weiter steigender Presskraft und steigender Zugkraft abnimmt, ist die Abnahme der Lastwechselzahlen auf die entstehende Kerbe und die Verringerung des tragenden Drahtquerschnitts zurückzu- führen. Die Auswertung der Lage der Drahtbrüche in den Versuchseilen zeigt, dass Ermüdungsbrüche im rillenseitigen Litzenquerschnitt auftreten, Gewaltbrüche im Kontaktbereich zwischen den Litzen [Haid 1984]. 68 Stand der Forschung Bewertung: Der von Haid aufgebaute Prüfstand ist bisher der erste Prüfstand, der die Belastun- gen bei der Biegung eines Seils über eine Scheibe realistisch simuliert. Sobald ein Seil auf eine Scheibe aufläuft, werden die Drähte gebogen und es tritt eine zusätzli- che Querkraft auf. Da Haids Prüfstand die Pressvorrichtung mit dem Draht mitbe- wegt, kann ein solcher Querkraftverlauf an einem bestimmten Punkt auf dem Draht nachgestellt werden. Alle anderen bisher gezeigten Versuchsstände bringen Belas- tungen nacheinander auf oder führen zu Belastungen, die in dieser Form nicht im Seil auftreten. Leider hat Haid dynamische Versuche nur an einem Drahtdurchmes- ser durchgeführt, so dass er seine Ergebnisse selbst als eher „exemplarisch“ be- zeichnet [Haid 1984]. 2.4.6 Zerreißversuche unter Querpressung zur Untersuchung der Drahtalterung Stephenson et al. führen Zerreißversuche unter Querpressung an hochfesten Dräh- ten für die Drahtseilherstellung durch [Stephenson 1983]. Die verwendeten Drähte werden in 2 verschiedenen Ziehverfahren hergestellt und hinsichtlich ihrer Materi- aleigenschaften nach unterschiedlichem Grad der Kaltverformung untersucht. Das erste Ziehverfahren („Taper Draft Schedule“) arbeitet mit geringer werdender Quer- schnittsabnahme je Zug während das zweite Verfahren mit gleichmäßiger Quer- schnittsabnahme („Level Draft Schedule“) arbeitet. Das erste Verfahren benötigt so- mit mehr Einzelzüge um zum geforderten Enddurchmesser zu kommen, da die Einzelstichabnahme mit kleiner werdendem Durchmesser abnimmt. Um verschiede- ne Grade der Kaltverformung zu untersuchen werden von den Drähten auch zwi- schen den Einzelzügen Proben genommen. Außerdem werden aus diesen Drähten auch Proben hergestellt, die durch Wärmebehandlung künstlich gealtert wurden und somit unterschiedlich starke Versprödung aufweisen. Stephenson führt zu den gän- gigen Versuchen Torsionsversuch und Zugversuch auch einen eigens entwickelten Zugversuch mit gleichzeitiger Querbeanspruchung des Testdrahts durch, den er als „Shear Test“ bezeichnet [Stephenson 1983]. Mit diesem Versuch sollen die Kontakt- bedingungen an Drahtkreuzungspunkten im Seil nachgestellt werden. Eine schema- tische Ansicht der Pressvorrichtung wird in Abbildung 16 gezeigt. Stand der Forschung 69 Abbildung 16: Schema der Pressvorrichtung [Stephenson 1983] Im genormten Zugversuch erreichen ein ungealterter und ein gealterter Draht ähnli- che Werte der Bruchkraft wie auch der Bruchdehnung. Im Zugversuch mit Querbe- anspruchung sind dagegen deutliche Unterschiede zu erkennen. Der gealterte Draht versagt durch Scherbruch bzw. Sprödbruch bei deutlich niedrigerer Bruchdehnung. Mit zunehmender Temperatur der künstlichen Alterung tritt dieser Effekt der abneh- menden Duktilität verstärkt auf. Während bei geringem Umformgrad nahezu keine Temperaturabhängigkeit festgestellt wird, ist ein abrupter Abfall der Bruchdehnungen mit steigendem Umformgrad bei immer geringer werdenden Alterungstemperaturen zu verzeichnen. Bei hohem Umformgrad tritt die Versprödung bereits bei Umge- bungstemperatur auf. Insbesondere Drähte, die mit gleichmäßiger Querschnittsab- nahme gezogen wurden reagieren anfälliger auf die Alterung, das heißt, die Abnah- me der Dehnung tritt bereits bei geringeren Alterungstemperaturen ein. Auch im Torsionsversuch wird eine Abnahme der Verwindezahlen bei hohen Alterungstempe- raturen festgestellt. Im Vergleich zum Zugsversuch mit Querbeanspruchung zeigt sich jedoch eine erkennbare Anfälligkeit auf Alterung in Form von fallenden Ver- windezahlen auch bei hohem Umformgrad erst bei hohen Alterungstemperaturen. Der Umformgrad hat somit nur einen geringen Einfluss auf die Höhe der erreichbaren Verwindezahlen nach Alterung. Eine Alterung ist anhand von Torsionsversuchen also nur bei hohen Alterungstemperaturen erkennbar. Somit gibt der Torsionsversuch nur wenig Aufschluss über den Verlust an Duktilität durch vorangegangene thermische Alterung. Stephensons Untersuchung zeigt, dass eine effiziente Kühlung des Drahts während dem Ziehprozess extrem wichtig ist, um die Alterung und damit den Verlust 70 Stand der Forschung an Duktilität bei der Drahtherstellung zu begrenzen. Innerhalb eines Seils ist es be- sonders wichtig, dass jeder einzelne Draht ein ausreichend hohes Verformungsver- mögen besitzt um fertigungsbedingte Längenunterschiede durch Dehnung auszu- gleichen und somit eine optimale Lastverteilung auf alle Drähte zu ermöglichen. Ein einzelner Draht sollte nicht abrupt durch Sprödbruch versagen. Die Versuchsergeb- nisse lassen erkennen, dass hochfeste Drähte bei Alterungstemperaturen um 150°C im Zugversuch mit Querbeanspruchung mit sehr geringer Dehnung versagen, wäh- rend andere Kennwerte, wie Verwindezahlen noch keine erkennbare Verschlechte- rung aufweisen. Da die Anfälligkeit durch Kaltumformung hergestellter, hochfester Kohlenstoffstahldrähte auf Alterung stark erhöht ist und je nach Umformgrad sogar bis in den Bereich der Raumtemperatur abfällt, stellt der Mechanismus der Alterung eine Grenze für die Einsetzbarkeit solcher Drähte dar [Stephenson 1983]. Stephenson beschreibt bereits, dass die Ergebnisse aus Torsionsversuch und Zug- versuch einzelner Drähte nur wenig Aussagekraft bezüglich des Verhaltens dieses Drahtes innerhalb eines Seils haben. Den Versuchen fehle der direkte Bezug zur realen Belastung des Drahtes. Insbesondere die Querbeanspruchung des Drahtes werde durch diese Versuche nicht abgebildet. Bewertung: Da die Drahteigenschaften außer vom Ausgangsmaterial stark vom Ziehprozess ab- hängen, erscheint es sinnvoll, Stephensons Versuch weiter zu entwickeln, und somit auch das spezielle Verhalten des Drahtes unter definierter Querbeanspruchung als zusätzliches Qualitätsmerkmal des Drahtes zu erfassen. Für Seilkonstruktionen mit mehreren Litzenlagen, bei denen es zwangsweise zu Punktberührungen zwischen den Drähten unterschiedlicher Litzenlagen kommt, könnte die Querbelastbarkeit des Drahtes unter gleichzeitiger Zugbeanspruchung ein wichtiges Qualitätskriterium sein. Unter dem Hintergrund der von Stephenson beschriebenen Alterung (strain ageing) des Drahtes und der Entwicklung hin zu höher festen Drähten sollte das Verhalten von Drähten unter Querbeanspruchung weiter untersucht werden. Stephensons Un- tersuchungsergebnisse geben somit den Anstoß für die Neu-Entwicklung einer Pressvorrichtung, die in Kapitel 4.5 vorgestellt wird. Stand der Forschung 71 2.4.7 Zerreißversuche mit Querpressung zwischen Drähten Malinovsky und Vankov führen Zerreißversuche durch, bei denen ein Draht auf Zug belastet und gleichzeitig eine definierte Querpressung aufgebracht wird. Die erreichte Bruchkraft des Drahtes ohne Querpressung wird mit der Bruchkraft verglichen, die der Draht bei anliegender Querpressung erreicht. Für die Versuche wird der als „Draht 1“ bezeichnete Draht in eine Zugprüfmaschine eingespannt und ein „Draht 2“ unter einem bestimmten Winkel gegen „Draht 1“ gepresst. Auf diese Weise wird der Einfluss unterschiedlicher Drahtdurchmesser und Berührwinkel sowie Drahtfestigkei- ten auf die Bruchkraft untersucht [Malinovsky & Vankov 1997]. Ein Schema des Ver- suchsaufbaus wird in Abbildung 17 gezeigt. Es werden blanke, verzinkte und hochfeste verzinkte Drähte von 0,85 mm bis 1,8 mm Durchmesser untersucht mit Zugfestigkeiten von 1431 N/mm² bis 2646 N/mm². Im untersuchten Durchmesserbereich wurde kein Einfluss des Draht- durchmessers auf die Zugfestigkeit festgestellt. Unter dieser Voraussetzung ergibt sich schließlich ein Parameter  , der den Zusammenhang tr / beschreibt [Malinovsky & Vankov 1997]:     25,04,1 P 27,0 3 (2.8) r : reduzierte Bruchkraft t : Zugfestigkeit  : Drahtdurchmesser  : Kontaktwinkel P: Presskraft Schließlich wird mit Hilfe von  eine maximal zulässige Querbelastung P festgelegt. Abbildung 17: Schema des Versuchsaufbaus für Pressung Draht / Draht [Malinovsky & Vankov 1997] 72 Stand der Forschung Bewertung: Die untersuchten Drahtdurchmesser  sind relativ klein und passen nur zu bestimm- ten kleinen Seildurchmessern, z. B. drehungsarme Seile mit d = 16 mm. Ob sich die Ergebnisse auf größere Drahtdurchmesser extrapolieren lassen, ist noch nicht ge- klärt. In der Vorrichtung bleibt „Draht 2“ ungespannt, wird sich also unter Querbelas- tung undefiniert verformen bzw. an „Draht 1“ anlegen. Da auch im realen Seil die je- weiligen in Kontakt stehenden Drähte gespannt sind, erscheint es sinnvoll, eine Vorrichtung zu entwickeln, die diese Situation berücksichtigt. Der neue Versuchsauf- bau zur Untersuchung der Querbelastbarkeit zweier gespannter Drähte wird in Kapi- tel 4.5 gezeigt. 2.4.8 Zerreißversuche mit Querpressung im Bereich Seilbahnseile Unter dem Hintergrund der Entwicklungen an verschlossenen Tragseilen im Seil- bahnbereich führt auch Longatti Versuche unter Querpressung durch [Longatti 2012]. Die permanente Erhöhung der Förderkapazitäten, zum einen durch größere Fahr- zeuge und Steigerung der Fahrtenzahlen zum anderen aber auch durch Erhöhung der Betriebszeiten und der Anteile mit hohen Fahrgeschwindigkeiten sorgen für eine steigende Querbelastung und insbesondere für eine steigende Zahl von Überrollun- gen von Tragseilen. Um der Forderung nach höheren Bruchkräften der Seile gerecht zu werden, müssen die Seile aus Drähten hoher Nennfestigkeiten hergestellt wer- den. So zeigen Longattis Beobachtungen der Drahtentwicklung der letzten 50 Jahre eine deutliche Zunahme der verwendeten Drahtfestigkeiten mit weiter steigender Tendenz. Zur Simulation der Kontaktbedingungen im Tragseil presst auch Longatti Drähte einer typischen Durchmesserpaarung gegeneinander und zerreißt einen der beiden, ähnlich wie von Malinovsky und Vankov durchgeführt. Als Faustformel ergibt sich aus den Versuchsergebnissen, dass sich die im einfachen Zerreißversuch ohne Querkraft erreichbare Bruchkraft eines Drahtes in etwa um den Wert der eingestell- ten Querkraft im Zerreißversuch mit Querpressung reduziert. Diese Anfälligkeit von Drähten erhöhter Festigkeit auf Querbeanspruchung erfordert eine genaue Kenntnis der mechanischen Eigenschaften des Drahtes. Eine weitere Erhöhung der Festigkei- ten darf diese nicht negativ beeinflussen [Longatti 2012]. Stand der Forschung 73 2.4.9 Untersuchung der Verformung von Drähten unter Querpres- sung Dillmann und Gabriel untersuchen die Druckstellen zwischen hochfesten Drähten für Seile und Bündel in der Bautechnik [Dillmann & Gabriel 1981]. Auf derartigen Dräh- ten aus gebrauchten und teilweise auch neuen Seilen stellen sie Druckstellen an den Kreuzungspunkten zwischen den Drahtlagen fest und beginnen daraufhin diese Druckflächen systematisch zu analysieren. Hierfür werden verschiedene Vorrichtun- gen eingesetzt um Drähte unter variierenden Winkeln gegeneinander zu pressen. Abbildung 18: Schema der Pressvorrichtung für 7 mm Drähte [Dillmann & Gabriel 1981] Die Vorrichtung aus Abbildung 18 lässt auch die Spannung des Probendrahtes in einer Zugprüfmaschine zu und ermöglicht dadurch das Zerreißen des Drahtes unter Querbeanspruchung. Für die Versuche mit dieser Vorrichtung unter Längsspannung kommen Drähte mit Durchmesser 7 mm mit Festigkeiten von 1315 N/mm² bis 1736 N/mm² zum Einsatz. Versuche unter reiner Querbeanspruchung werden auch mit Drähten anderer Durchmesser durchgeführt. Aus der Vermessung der Flächen der Druckstellen und der Einpresstiefe ermitteln Dillmann und Gabriel die im Draht auftretenden Spannungen. Außerdem werden Längsdehnung und Verformung am Umfang des Drahtes ausgewertet. Zu Beginn der Beanspruchung liegt ein dreidimensionaler Einsenkvorgang vor. In diesem Zustand steigen die Vergleichsspannungen über den Querschnitt annähernd gleichmäßig, so dass es insbesondere bei kombinierter Belastung aus Längszug und Querpressung frühzeitig zu einem örtlich begrenzten Fließen kommt und eine erste bleibende Formänderung eintritt. Während dieser anfänglichen Beanspruchung des 74 Stand der Forschung Drahtes kann die Druckspannung (Querkraft pro reale Pressfläche) die ermittelte Zugfestigkeit um den Faktor 3 übersteigen [Dillmann & Gabriel 1981]. Mit steigender Querbeanspruchung geht der dreidimensionale Einsenkvorgang in eine zweidimensionale Flachstauchung über. Hierbei umgreifen sich die Drähte ge- genseitig wodurch die Ausbreitung des Drahtes in radialer Richtung behindert wird und somit eine Verlängerung in axialer Richtung begünstigt wird. Die erforderlichen Kräfte, um die Drähte weiter ineinander zu drücken, nehmen wieder ab. Für den Fall der Flachstauchung, also bei hohen Kräften bis zum Versagen des Drahtes, kann die Fließhypothese von Tresca zur Bestimmung der Versagenslast angewendet werden. Für die Fließbedingung gilt mv R . Mit kleiner werdendem Kreuzungswinkel  oder zunehmendem Radienverhältnis des drückenden zum gedrückten Zylinder (Draht) 1 2 R R tritt von Beginn der Eindrückung ein nur zweidimensionaler Umformvorgang ein, der Drahtquerschnitt wird breitgequetscht [Dillmann & Gabriel 1981]. Die Versuche unter Zug- und Querbeanspruchung zeigen, dass die Bruchdehnung mit steigendem Anteil der Querkraft abnimmt. Obwohl das Formänderungsvermögen im quergepressten Bereich zunimmt, kann nicht die Höhe der Gleichmaßdehnung aus dem reinen Zugversuch erreicht werden, da der Draht durch den entstehenden Scherbruch schon vorher getrennt wird [Dillmann & Gabriel 1981]. Bewertung: Die von Dillmann und Gabriel durchgeführten Untersuchungen beziehen sich gezielt auf Drähte von stehenden Seilen. Diese offenen oder verschlossenen Spiralseile ver- fügen in den untersuchten Dimensionen über relativ dicke Drähte, wie z. B. die be- reits erwähnten 7 mm Drähte. In diesem Durchmesserbereich ist bedingt durch die Herstellung der Drähte mit geringeren Festigkeiten zu rechnen als im Bereich dünne- rer Drähte. Im Durchmesserbereich von ca. 3 mm und kleiner sind Festigkeiten auch über 2160 N/mm² im Einsatz. Für derart hohe Festigkeiten wurden von Dillmann und Gabriel keine Untersuchungen durchgeführt. Stand der Forschung 75 2.4.10 Versuche an Seilen unter Querbeanspruchung Mupende führt Untersuchungen der Verformungen an mehrlagig bewickelten Seil- trommeln durch, um eine Grundlage für den Entwurf von Leichtbau-Seiltrommeln zu schaffen [Mupende 2001]. Für seine Versuche setzt er 11 verschiedene Seile auf zwei unterschiedlichen Seiltrommeln ein und misst die Spannungen an Bordscheibe und Trommelmantel bei verschiedenen Seilzugkräften. Er stellt dabei fest, dass die Belastungen auf Trommel und Bordscheibe je nach verwendeter Seilkonstruktion variieren und schließt daraus, dass für die Auslegung der Trommel eine geeignete Seilkonstruktion berücksichtigt werden sollte. Aus diesem Grund führt er Versuche zur Erfassung der für das Betriebsverhalten maßgeblichen Seilcharakteristika Längs- und Quer-Elastizitätsmodul durch. Zur Ermittlung des Quer-Elastizitätsmodul setzt er einen Versuchsaufbau ein, der es ermöglicht, ein einzelnes Seil oder bis zu sechs linear oder pyramidenförmig angeordnete Seile unter Vorspannung quer zur Seilach- se zu pressen. Eine schematische Anordnung der Seile wird in Abbildung 19 gezeigt. Der zugehörige Versuchsaufbau ist in Abbildung 20 dargestellt. Abbildung 19: Schematische Anordnung der Seile in Mupendes Messaufbau [Mupende 2001] 76 Stand der Forschung Abbildung 20: Pressvorrichtung von Mupende [Mupende 2001] Mupende stellt fest, dass Längsspannung und Querspannung des Seils nicht in line- arem Zusammenhang stehen. Da sich Seilbelastungs- und Seilentlastungsvorgang unterschiedlich verhalten, ist nach jedem Belastungszyklus eine typische Hysterese auf Grund der Reibung im Seil zu beobachten, die charakteristisch für das Betriebs- verhalten des Seils ist. Der Vergleich der Seilcharakteristika und der gemessenen Trommelbelastung liefert keinen eindeutigen Zusammenhang. Mupende stellt den- noch fest, dass Seile mit niedrigem Querelastizitätsmodul zu niedrigeren Belastun- gen am Trommelmantel aber zu höheren Belastungen an der Bordscheibe führen. Ein höheres Querelastizitätsmodul führt zu höherer Belastung am Trommelmantel und zu niedrigerer Belastung an der Bordscheibe [Mupende 2001]. Weiskopf befasst sich in seiner Arbeit mit der Lebensdauer von Kranhubseilen in der Mehrlagenwicklung [Weiskopf 2008]. Erste Versuchsergebnisse von Briem [Briem 2002] zeigen bereits, dass Seile in Mehrlagenwicklung nur einen Bruchteil der zu er- wartenden Lebensdauer beim Lauf über Seilscheiben erreichen. Versuche mit 5- facher Seilsicherheit führen zu einer Lebensdauer von nur noch 16 %. Aus diesen Versuchsergebnissen entwickelt Briem einen Ansatz mit Abminderungsfaktoren, in dem als einziger Einflussparameter die durchmesserbezogene Seilzugkraft S/d² be- rücksichtigt wird. Weiskopf führt daher weitere umfassende Versuchsreihen unter Variation verschiedener Schädigungsparameter auf dem institutseigenen Prüfstand Stand der Forschung 77 zur Mehrlagenwicklung durch und entwickelt schließlich eine eigene Lebensdauer- gleichung für Seile in Mehrlagenwicklung. Weiskopf bestätigt auch, dass „das Verhal- ten der Seile bei Querbeanspruchung wesentlich ist für die Entstehung von Schäden“ [Weiskopf 2008] bei Mehrlagenwicklung und führt daher eigene Versuche zur Ermitt- lung der Querelastizität durch. Hierfür werden Seile durch Druckkörper mit prismati- scher Aussparung durch eine Querkraft beansprucht und dabei die Seilverformung mit Hilfe von Messuhren erfasst. Der Versuchsaufbau ist schematisch in Abbildung 21 gezeigt. Abbildung 21: Schematische Darstellung des Messaufbaus von Weiskopf [Weiskopf 2008] Anhand der Versuchsergebnisse aus der Messung der Querelastizität findet Weis- kopf keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Lebensdauer von Seilen in Mehrlagenwicklung und deren Verformung unter Querpressung. Er führt daher weite- re Versuche mit Querpressung an vorgespannten Seilen durch, ähnlich den Versu- chen von Mupende. Die zugehörige Vorrichtung ist in Abbildung 22 dargestellt. In Abhängigkeit von der Seilzugbelastung ermittelt Weiskopf einen veränderlichen Querelastizitätsmodul, der schließlich auch in seine Lebensdauergleichung einfließt. Im Vergleich zur Rundrille findet Weiskopf bei seinen Untersuchungen eine Lebens- dauerabnahme auf ca. 3 % bis 10 % [Weiskopf 2008]. 78 Stand der Forschung Abbildung 22: Pressvorrichtung von Weiskopf [Weiskopf 2008] 2.4.11 Untersuchung von Kontaktspannungen mittels FEM Ziegler führt Berechnungen an offenen Spiralseilen 1x19 und 1x37 mit Hilfe der Fini- te-Elemente-Methode (FEM) durch [Ziegler 2007]. Diese Berechnungen werden am geraden Seil durchgeführt, das unter reiner Zugbelastung steht. Durch die Schnür- wirkung der Drähte unter Zuglast, also der auftretenden Druckkraft in Richtung Seil- kern, kommt es zu hohen Spannungen an den Kontaktstellen zwischen den Drähten der unterschiedlichen Drahtlagen. Ziegler berechnet unter anderem, dass bereits bei einer Zugbelastung von 50 % der rechnerischen Bruchkraft hohe Vergleichsspan- nungen auftreten, die zu plastischen Dehnungen führen. Zwischen den Stützpunkten einer äußeren Drahtlage auf einer inneren Drahtlage kommt es zudem zu sekundä- ren Biegespannungen, die nicht zu vernachlässigen sind. Die hier entstehenden Längsspannungen an der Drahtoberfläche überlagern die Spannungen aus der rei- nen Zugbeanspruchung und erhöhen diese deutlich. Ziegler stellt fest, dass „nach beanspruchungsorientierten Kriterien die Wahrscheinlichkeit von Drahtbrüchen im Seilinneren größer ist als im Seilaußenbereich“ [Ziegler 2007]. Weis führt mittels FEM parametrische Untersuchungen der Spannungen im Draht- querschnitt von Seilen der Konstruktionen 1x37 und 6x36 IWRC durch [Wehking & Stand der Forschung 79 Weis 2013]. Die Spannungen im von ihm definierten kritischen Querschnitt, in dem die Drähte aller Lagen miteinander in radialem Kontakt stehen, berechnet er analy- tisch wie auch numerisch. Abbildung 23 zeigt ein Ergebnis seiner Berechnungen am Seil 1x37 bei einer Zugbelastung von 50 % der rechnerischen Bruchkraft. In grün ist die Axialspannung, in blau die Radialspannung und in rot die Vergleichsspannung nach Mises eingetragen. Im Vergleich zum ungestörten Querschnitt in Drahtmitte ist die Spannung an den Kontaktstellen der Drähte um mehr als den Faktor 10 erhöht. Die Fließspannung der Drähte wird an den Kontaktstellen deutlich überschritten. Abbildung 23: Spannungen in der Litze 1x37 [Wehking & Weis 2013] Die Berechnungen von Weis und Ziegler weisen auf extreme Druckspannungen im Kontaktbereich der Drähte hin und lassen dadurch erkennen, dass diese hochbelas- teten Bereiche besonders gefährdet sind, durch Verschleiß und Überlastung zu ver- sagen. 81 3 Theoretische Grundlagen In diesem Kapitel werden die Grundlagen aufgeführt, die für die folgenden Untersu- chungen oder Berechnungen relevant sind. 3.1 Schädigung und Verschleiß im Seil Seile weisen sehr verschiedene Versagensmechanismen auf, die je nach Einsatzbe- dingungen und Belastung in unterschiedlicher Weise lebensdauerbestimmend sind: 1. Ermüdung: Stetig wiederkehrende Biegung bzw. Zugschwellbelastung führen zur Ermüdung des Drahtes. Im Seil können diese Belastungen auch durch se- kundäre Zug- und Biegespannungen hervorgerufen werden. 2. Verschleiß auf der Seiloberfläche: Kontakt zwischen Seil und Scheiben, Rol- len, Trommeln… 3. Verschleiß innerhalb des Seils: Kontakt zwischen Drähten des Seils. Die Parameter, die zum Verschleiß führen, werden mit Hilfe eines tribologischen Sys- tems aus dem allgemeinen Maschinenbau zusammengefasst und in Abbildung 24 übersichtlich dargestellt. Abbildung 24: Tribologisches System mit den kennzeichnenden Elementen [Sommer, Heinz & Schöfer 2010] 82 Theoretische Grundlagen Die zum Verschleiß führenden Grundmechanismen sind allgemein gegeben durch Adhäsion, Abrasion, Oberflächenzerrüttung, tribochemische Reaktion und Ablation [Sommer et al. 2010], überlagern sich meist und auch ihre Anteile am Verschleißpro- zess ändern sich im Laufe der Beanspruchung. Da Ablation durch hohe Leistungs- dichten in Folge der tribologischen Prozesse eingeleitet wird (z. B. Bremsscheibe), wird dieser Vorgang für das Seil im Laborversuch ausgeschlossen. Für das Seil im Biegeversuch unter Laborbedingungen sind die Grundkörper gegeben durch den Kontakt Draht / Scheibe sowie Draht / Draht. Als Zwischenstoff gilt hier das Schmiermittel des Seilherstellers, das jedoch im Laufe des Versuchs durch Abrieb des Seils verunreinigt wird. Verschleiß auf der Seiloberfläche wird hervorgerufen durch die Pressung aufgrund der Seilzugkraft und mögliche Relativbewegung. Eine Relativbewegung ergibt sich aus Schlupf zwischen Seil und Scheibe und der Drahtverschiebungen im Seil wäh- rend der Biegung. Das Seil unterliegt einem Gleitverschleiß und weist durch den Verschleiß am Umfang keine runden Drähte mehr auf. Am Kontakt zur Seilscheibe werden die Drähte gequetscht und nach und nach abgerieben. Die Kontaktflächen werden kontinuierlich größer, der Drahtquerschnitt nimmt ab. Kontakt zwischen Drähten einer Litze besteht in Form einer Linienberührung zwi- schen Kerndraht und Lagendraht und bei Litzen in Parallelmachart auch zwischen den Lagendrähten. Die Drähte einer Drahtlage sind bei ausreichender Sperrung nicht in Kontakt. Eine Punktberührung zwischen Lagendrähten einer Litze tritt bei Seilen in Standardmachart auf. Kontakt zwischen Drähten benachbarter Litzen sollte im Idealfall durch ausreichende Sperrung vermieden werden. Durch Verschleiß der Seileinlage und der damit ver- bundenen Durchmesserreduktion kann es jedoch zu Litzenberührung kommen. In Folge der zusätzlichen Pressung zwischen Drähten benachbarter Litzen kommt es auch hier zu Verschleiß. Kontakt am Kreuzungspunkt zwischen Drähten unterschiedlicher Litzenlagen ist ge- geben bei Seilen mit Stahleinlage sowie bei Seilkonstruktionen mit mehreren Litzen- lagen wie den hier behandelten drehungsarmen Seilen. Im Laufe eines Dauerversuchs verändert sich auch der Zustand des Schmiermittels. Es wird teilweise verdrängt und tritt aus dem Seil aus, so dass die Schmierung an den Kontaktstellen nachlässt. Der Reibungszustand verschlechtert sich. Theoretische Grundlagen 83 Der Verschleiß wird im Seil zusätzlich von den hohen auftretenden Spannungen aus Zug-, Biege- und Querbeanspruchung überlagert, die schlimmstenfalls ausreichend sind, um plastische Verformungen und Gewaltbrüche hervorzurufen. Je nach Seilkonstruktion kann davon ausgegangen werden, dass bestimmte Belas- tungen überwiegen. Ein Seil mit Fasereinlage, ohne Litzenberührung, wird zunächst auf Ermüdung und Außenverschleiß beansprucht. Mehrlagige Litzenseile bieten im Seilinneren zusätzliche Kontaktbereiche, die dem Verschleiß unterliegen. Der Schmierung kommt hier eine besondere Stellung zu. Die Schädigung der Drähte innerhalb des Seils hat demnach viele verschiedene Ur- sachen die sich überlagern und gegenseitig beeinflussen können. Es ist daher kaum möglich, mit Hilfe eines einzelnen Versuchsaufbaus alle auftretenden Schädigungs- mechanismen realistisch zu erfassen. Betrachtet man die unterschiedlichen Ur- sachen, die zur Schädigung des Seils führen, so ist davon auszugehen, dass diese lastabhängig unterschiedlich hohen Anteil an der Schädigung haben. Bei niedrigen Seilzugkräften überwiegen Ermüdungserscheinungen, die mit steigender Belastung von Verschleißerscheinungen überlagert werden. Wird die Belastung weiter gestei- gert, tritt die Ermüdung in den Hintergrund und die Schädigung tritt durch Überlas- tung in Form starker plastischer Deformation ein. Da sich die vorliegende Arbeit mit dem Sprungpunkt drehungsarmer Seile befasst, also mit dem Grenzbereich, in dem Seile gerade noch betrieben werden können, werden auch die Folgeuntersuchungen gezielt für hohe Lasten ausgelegt. Im Zuge der aktuellen Entwicklungen in der Industrie in Richtung kleinerer Seildurchmesser und kleiner werdender D/d-Verhältnisse nimmt die Querbeanspruchung auf die Seile zu. Die steigende Querbeanspruchung wird dadurch für den Verschleiß und die Schädigung des Seils immer relevanter. 3.2 Seilgeometrie Die Berechnungsmethoden der Litzen- und Seilgeometrie werden von Jenner zu- sammengefasst [Jenner 1992]. Er erweitert die bereits bekannte vektorielle Darstel- lung der Drahtkurven von unter anderem Shitkow und Pospechow [Shitkow, D. G., Pospechow, I. T. 1957] und Wolf [Wolf 1983] um die Darstellung des dreifach verseil- ten Drahtes (Kabelschlagseil). 84 Theoretische Grundlagen Abbildung 25: Raumkurve eines einfach verseilten Drahtes Für den Draht in der geraden Litze bzw. in einem ungebogenen Spiralseil gilt mit den Bezeichnungen gemäß Abbildung 25:  cosRx (3.1)  sinRy (3.2)    tan R z (3.3) Für den Draht in einer verseilten Litze (= 2-fach verseilter Draht) gilt mit den Indices L für Litze und D für Draht:  LDLDLDLL cossinsincoscosRcosRx  (3.4)  LDLDLDLL cossincoscossinRsinRy  (3.5) LDDL L L sinsinR tan R z    (3.6) Theoretische Grundlagen 85 Im geraden Seil steht die Länge des Litzendrahtes in einem festen Verhältnis zur Litzenschlaglänge. Dementsprechend kann auch für den Litzendrehwinkel φL und den Drehwinkel des Drahtes in der Litze φD ein konstantes Verhältnis K angenom- men werden. 1 sinR tanR K LD DL L D        (3.7) Formel (3.7) wird umgestellt zu: LD K  (3.8) Es ergibt sich durch Einsetzen in die Formeln (3.4), (3.5) und (3.6):  LLLLLDLL cosα)sin(Ksin)cos(KcosRcosRx  (3.9)  LLLLLDLL cos)Ksin(cos)Kcos(sinRsinRy  (3.10) LLDL L L sin)Ksin(R tan R z    (3.11) Mit diesen Koordinaten lassen sich die Raumkurven jedes Drahtes der 2-fach verseil- ten Litzenseile darstellen. Zur Veranschaulichung werden 2 typische Seilkonstruktionen gezeigt. Abbildung 26 zeigt eine einfache Seilkonstruktion mit 6 Litzen zu je 7 Drähten. Die Litzen sind um eine Fasereinlage geschlagen, welche die Litzen stützt. Eine solche Konstruktion wird häufig als Förderseil auf Skiliften (= Schleppliften) eingesetzt. Abbildung 27 zeigt das drehungsarme Seil aus Abbildung 2 in dreidimensionaler Ansicht. Um eine Kern- litze sind 2 weitere Litzenlagen geschlagen. Durch deren entgegengesetzte Schlag- richtung wird das Drehmoment des Seils weitgehend ausgeglichen, wie bereits in Kapitel 1.1 beschrieben. 86 Theoretische Grundlagen Abbildung 26: Seilkonstruktion 6x7 mit Faser- einlage Abbildung 27: drehungsarmes Seil, Kernlitze + 2 Litzenlagen Die Sperrung zwischen den Drähten bezogen auf den Litzenquerschnitt berechnet sich mit den Gleichungen aus [Shitkow, D. G., Pospechow, I. T. 1957] zu: D 2 D 2 D D DDQ tancoscos r2 sinR2s    (3.12) mit D D z   (3.13) Abbildung 28: Sperrung im Litzenquerschnitt Theoretische Grundlagen 87 Tatsächlich ist sQ nicht der kleinste Abstand zwischen den Ellipsen in der Schnitt- ebene der Drähte. Wie auch in Abbildung 28 ersichtlich, wäre s’Q noch etwas kleiner. Nach Jenner [Jenner 1992] ist der Unterschied zum wirklichen Abstand bei üblichen Drahtschlagwinkeln zwischen 15° bis 20° jedoch vernachlässigbar gering. Um die wirklich messbare Sperrung s in etwa senkrecht zur Drahtachse zu erhalten, muss sQ noch umgerechnet werden: DQ cosss  (3.14) Eine positive Sperrung bedeutet, es ist ein Abstand zwischen den Drähten vorhan- den. Eine negative Sperrung würde bedeuten, dass es zu einer gegenseitigen Durchdringung der beiden Drähte kommt. Dieser Zustand ist in der Realität nicht möglich. Drähte bzw. Litzen würden sich beim Verseilvorgang gegeneinander ver- schieben oder aneinander aufstellen und ein Gewölbe bilden. Die Sperrung zwischen den Drähten einer Drahtlage einer Litze ist erwünscht, um Pressungen zwischen benachbarten Drähten zu vermeiden, darf jedoch nicht zu hoch werden. So muss bei mehrlagigen Litzen die Sperrung klein genug sein, dass Drähte einer äußeren Lage nicht zwischen die Drähte einer inneren Lage verrut- schen bzw. gepresst werden können. Haibach und Fuchs [Haibach & Fuchs 1985] stellen bei ihren Untersuchungen an Förderseilen von Koepe-Anlagen fest, dass eine derartige Verschiebung einzelner Drähte zu einer Lockerung des gesamten Litzen- aufbaus und damit zu örtlich erhöhten Beanspruchungen führt, die die Lebensdauer senken. Auch zwischen benachbarten Litzen (einer Litzenlage) muss eine Sperrung vorhan- den sein, um zusätzliche Pressungen zwischen den Drähten zweier Litzen zu ver- meiden. Für Seile mit Fasereinlage ist eine große Sperrung zwischen den Litzen wünschenswert. Dadurch soll gewährleistet werden, dass sich der Schnürdruck der Litzen des gespannten Seils nur als Radialdruck auf der Einlage abstützt. Entspre- chend den Technischen Lieferbedingungen gemäß BO-Seil [Bayerisches Staatsmi- nisterium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie 2004] wird die Masse der Einlage so bemessen, dass es bei einer Belastung von 50 % der rechnerischen Bruchkraft noch nicht zu Kontakt zwischen den Litzen, der sog. Litzenberührung kommt. Ist die Einlage zu klein bemessen, kommt es zur Berührung benachbarter Litzen und im Extremfall zu einer gewölbeartigen Abstützung der Litzen gegeneinan- der. Die so entstehenden hohen Pressungen führen zu schlecht sichtbaren Draht- 88 Theoretische Grundlagen brüchen im Bereich der Berührstellen in den Litzengassen. Untersuchungen z. B. von Wolf [Wolf 1987] zeigen, dass die bei Seilen mit Fasereinlage erwünschte hohe Sperrung zwischen den Litzen bei den von ihm untersuchten Seilen mit Stahleinlage 8 x 19 + SES zu einer Abnahme der Seillebensdauer führt, da es beim Lauf über Scheiben zu unkontrolliertem Rollen und Verschieben der Litzen auf der Einlage kommt. In seinen Untersuchungen zeigt das Seil mit Stahleinlage mit geringerer Sperrung zwischen den Litzen eine höhere Lebensdauer. Im Laufe der Nutzungsdauer eines Seiles verändert sich die Sperrung zwischen Drähten und Litzen. Wird ein Draht gequetscht, verteilt sich die plastische Verfor- mung in axialer und radialer Richtung am Draht. Der Draht wird also nicht nur platt gedrückt, sondern wird auch länger und breiter. Diese Verbreiterung kann dazu füh- ren, dass die Sperrung zwischen den Drähten der Litzen verloren geht. Durch den Verschleiß der Seileinlage, also Abnutzung und Zerstörung der Fasereinlage bzw. Verschleiß der Stahleinlage verändern sich Seildurchmesser und Schlaglänge, was schließlich, wie beschrieben, zu Litzenberührung führen kann. 3.3 Drehmoment von Seilen Geschlagene Seile generieren unter einer Zuglast ein charakteristisches Drehmo- ment, welches je nach Konstruktion des Seiles sehr unterschiedlich ausfallen kann. Während viele einlagige Litzenseile dazu neigen sich unter Last fast vollständig auf- zudrehen und dadurch den helixförmigen Seilverbund zu zerstören, sind Seile aus der Gruppe der drehungsarmen Seile so ausgelegt, dass sie sich nur geringfügig verdrehen. Die Drehmomentcharakteristik eines Seiles unter einer Zugbelastung ist somit ein entscheidender Faktor für die Einsatzmöglichkeiten des jeweiligen Seils und wird experimentell ermittelt. Eine zugehörige Messvorrichtung ist in Abbildung 29 schematisch dargestellt. Abbildung 29: Drehmomentmesseinrichtung [Feyrer & Schiffner 1986] Theoretische Grundlagen 89 Zur Erstellung der Drehmomentkennlinien wird das Seil unverdreht sowie unter meh- reren positiven und negativen Verdrehwinkeln bis zu einer definierten Zugkraft belas- tet und jeweils das auftretende Drehmoment über der Seilzugkraft gemessen und aufgetragen. Eine positive Verdrehung (ω > 0) bedeutet, das Seil wird zugedreht und führt zu einer Steigerung des resultierenden Drehmoments. Eine negative Verdre- hung (ω < 0) bedeutet, das Seil wird aufgedreht und führt zu einer Verringerung des resultierenden Drehmoments. Das Seildrehmoment wird mit Gleichung (3.15) in Abhängigkeit von Seilzugkraft S, Verdrehwinkel ω, Schubmodul G und den zu ermittelnden Konstanten ci berechnet [Feyrer 2007].  43 2 21 dGcSdcSdcM (3.15) Die zugehörigen Konstanten c1, c2 und c3 [Feyrer 2007] werden aus den experimen- tell gewonnenen Drehmomentkennlinien ermittelt, wie in Abbildung 30 dargestellt. max 0max, 1 Sd M c   (3.16) maxmax 2 ,0max, 2 2Sd MM c     (3.17) max 4 ,0 3 2dG M c    (3.18) Da die realen Drehmomentkennlinien der Seile nicht immer ideal gerade verlaufen, werden Ausgleichsgeraden eingesetzt und somit die minimalen und maximalen Drehmomente für das unverdrehte Seil und das verdrehte Seil bei minimalem und maximalem Verdrehwinkel ermittelt. Smax stellt die maximale im Versuch eingestellte Zugkraft dar. 90 Theoretische Grundlagen Abbildung 30: Messgrößen zur Bestimmung der Drehmomentkonstanten Für die in Kapitel 2.1 bereits aufgeführten drehungsarmen Seile der Seilkonstruktio- nen 18 x 7 bzw. 34 x 7 existieren teilweise Konstanten zur Berechnung des Dreh- moments, die von Feyrer mit dem dargestellten Verfahren ermittelt wurden. Spiralrundlitzenseil c1 c2 c3 18x7 0,058 0,269 0,00853 34x7 0,026 - - Tabelle 3.1: Konstanten für die Drehmomentberechnung [Feyrer 2007] Eine mögliche Definition der Drehungsfreiheit von Seilen wird von Feyrer vorge- schlagen. Er bezeichnet ein Seil als drehungsfrei, wenn es unter einer festgelegten Zugbelastung einen bestimmten Grenzwinkel der Seilverdrehung nicht überschreitet. Es wird somit als drehungsfrei angesehen, wenn zwischen der durchmesserbezoge- nen Zugkraft 0 ²d S  und 150 ²d S  N/mm² für den maximalen Verdrehwinkel d1000 360 l     gilt [Feyrer 2000]. Spiralrundlitzenseile, die die genannten Anforderungen nicht erfül- len, sind nach Feyrers Definition nicht drehungsfrei und werden als drehungsarm be- zeichnet. Theoretische Grundlagen 91 3.4 Zugspannung Die Zugkräfte und -spannungen in den einzelnen Drähten eines Seiles können theo- retisch berechnet werden. Für ein offenes Spiralseil gilt [Feyrer 2007]: S AE sin1 cosz AE sin1 cos F n 0i ii i 2 i i 3 i kk k 2 k k 2 k                 (3.19) Für die Drahtzugkraft eines Drahtes der Drahtlage k in der Litzenlage l in einem be- liebigen Litzenseil gilt [Feyrer 2007]: S AE sin1 cos z sin1 cos z AE sin1 cos sin1 cos F L Dn 0j ijij n 0i ij 2 ij ij 3 ij j 2 j j 3 j klkl kl 2 kl kl 2 l 2 l l 2 kl                            (3.20) Damit ergibt sich die Zugspannung im Draht [Feyrer 2007]: kl kl zkl A F  (3.21) Leider ist die Querkontraktionszahl der Litzen selbst im gleichen Seil unter unter- schiedlichen Belastungen nicht konstant und muss experimentell bestimmt werden. Für die Berechnung wird daher häufig eine vereinfachte Gleichung unter Vernachläs- sigung der Querkontraktion angewandt [Feyrer 2007]: S AEcoszcosz AEcoscos F L Djn 0j ijij n 0i ij 3 ijj 3 j klklkl 2 l 2 kl                 (3.22) 92 Theoretische Grundlagen 3.5 Biegespannung Die Biegespannung aus der Biegung des Seiles über eine Scheibe lässt sich mit der Formel von Reuleaux berechnen. Die Formel berechnet die Spannung anhand eines nicht verseilten Drahtes und gibt somit nur einen Anhaltswert über die Höhe der tat- sächlichen Biegespannung. Sie wird von genaueren Berechnungen teilweise über- oder unterschritten [Feyrer 2000]. E D b    (3.23)  : Drahtdurchmesser D: mittlerer Krümmungsdurchmesser (Durchmesser bezogen auf die Seilachse eines um eine Seilscheibe gelegten Seiles) E: E-modul des Seiles (~160000 N/mm², Vollverschlossenes Spiralseil) 3.6 Pressung Pressungen treten bei Seilen an verschiedenen Stellen auf und sind abhängig von der Seilkonstruktion unterschiedlich stark ausgeprägt. Es ist zwischen externen Pressungen und internen Pressungen zu unterscheiden. Pressung von außen:  Rolle / Scheibe – Draht  Klemme / Bolzenverpressung (Seilendverbindung) – Draht Pressung im Seilinneren:  Pressung zwischen Drähten in der Litze: o Linienkontakt zum Kerndraht o Linienkontakt bei mehrlagigen Litzen in Parallelmachart o Punktkontakt bei mehrlagigen Litzen in Standardmachart  Pressung zwischen Litzen: o Durch Verschleiß der Seileinlage kommt es zum Kontakt zwischen Drähten benachbarter Litzen o Kontakt zwischen Stahleinlage und äußeren Litzen o Kontakt zwischen Litzen verschiedener Litzenlagen von drehungsar- men Seilen Theoretische Grundlagen 93 In mehrlagigen drehungsarmen Seilen sind die Litzen der einzelnen Litzenlagen in entgegengesetzter Richtung zueinander geschlagen. An den Berührstellen einer Lit- ze einer Lage und einer Litze einer darunterliegenden Lage kommt es zu einer Kreu- zung der beiden Litzen unter einem bestimmten Winkel, der sich aus der Addition der Schlagwinkel der Litzen ergibt. Es bildet sich ein punktförmiger Kontakt aus, der un- ter Zugbeanspruchung durch die Schnürspannung des Seils und zusätzlich beim Lauf über Scheiben zu hohen Pressungen führt. Ausgehend von einem idealen Seil ohne Druckstellen oder ähnlichen fertigungsbe- dingten Oberflächenschäden der einzelnen Drähte führt eine Querbelastung zu- nächst zu einer Überlagerung von Spannungen in den Drähten. Es tritt ein mehrach- siger Spannungszustand ein, der mit Hilfe von Vergleichsspannungen z. B. aus der Gestaltänderungs-Energie-Hypothese zusammengefasst wird. Diese Vergleichs- spannung muss kleiner sein als die Fließgrenze des Drahtes, um bleibende Verfor- mungen zu vermeiden. Mit steigender Querbelastung und der damit einhergehenden Pressung kommt es zum Fließen der Drähte und dadurch schließlich zur Ausbildung von Pressellipsen oder tieferer Druckstellen. Für den rein elastischen Fall der Berührung zweier glatter gekrümmter Körper kön- nen die auftretenden Pressungen als Hertz‘sche Pressung berechnet werden [Hertz 1881]. 3 223 22 max )1(8 )(EF31 p       (3.24) mit )(cosf  und             ij 2 222122211211 2 1211 2cos2cos (3.25) j,i ij r 1  (3.26) dabei ist ij positiv für konvexe Krümmung bzw. negativ für konkave Krümmung. Die entsprechenden Bezeichnungen der Radien und des Kreuzungswinkels sind Abbil- dung 31 zu entnehmen. 94 Theoretische Grundlagen Abbildung 31: Bezeichnung der Radien und Winkel an zwei sich kreuzenden Drähten Die Pressung zwischen Seil und Scheibe mit enger Rille kann nach Wyss berechnet werden [Wyss 1957]. Hierbei werden mehrere Vereinfachungen angenommen: Die einzelnen Drähte werden an den Berührpunkten mit der Seilscheibe je nach Ab- stand des Berührpunktes von der Rillenmitte unterschiedlich belastet. Wyss legt ein Belastungsband von d/2 fest, für das die Anzahl der Berührungspunkte N mit annä- hernd gleicher Belastung P0 ermittelt wird. Eine Verschiebung der Litzen und Drähte bei der Biegung über die Scheibe wird nicht betrachtet. Die Drahtkrümmung wird nur für eine Drahtwendel berechnet, nicht jedoch für die zusätzlich gewendelte Litze. Die Seilzugkraft S wird auf die Anzahl der Berührpunkte N der Litzen mit der Scheibe aufgeteilt und ergibt die mittlere Kraft P0 pro Drahtkuppe: DN aS2 P0    (3.27) Abstand a der Scheitelpunkte der Litzen: z L a  (3.28) Anzahl der Berührpunkte N quer zum Seil für eine enge Rille:   2 d N (3.29) r 1,1 z1 x 2 x 1 z 2 r 2,2 r 2,1 r 1,2 Theoretische Grundlagen 95 Mit der berechneten mittleren Kraft P0 pro Drahtkuppe wird die Pressung zwischen Drahtkuppe und Scheibe in Anlehnung an die Notation von Wyss berechnet: 3 22 00 )(EP 4 3 p     (3.30) Der Wert  aus der Notation nach Wyss entspricht  und kann entsprechen- den Zahlentafeln entnommen werden, wie z. B. in [Wyss 1957]. Wird nun ein drehungsarmes Seil stark vereinfacht als offenes Spiralseil betrachtet, so lässt sich die Pressung zwischen den einzelnen Litzenlagen am geraden Seil nä- herungsweise als Hertz‘sche Pressung unter Zuhilfenahme der vereinfachten For- meln von Wyss berechnen [Wyss 1957]. 3 2 21 2 00 22 EP 4 3 p              (3.31) Die Durchmesser 1 und 2 sind die Durchmesser der Drähte des offenen Spiral- seils und könnten stark vereinfacht als Durchmesser sich berührender Litzen be- trachtet werden. P0 ergibt sich aus dem Schnürdruck, erzeugt durch die Seilzugkraft. Die Formeln zeigen eine mögliche Stellschraube, mit deren Hilfe sich die Pressung senken lässt: Sind die Krümmungen der Drähte des gedachten offenen Spiralseils möglichst groß, so nimmt die Pressung zwischen den Drähten ab. Eine solche Verbesserung der Kontaktbedingungen entsteht z. B. bei Verwendung kompaktierter Litzen. Deren glat- te Oberflächen kommen den dicken Drähten des vereinfachend angenommenen of- fenen Spiralseils am nächsten. Für eine genaue Berechnung der Druckspannungen zwischen Drähten im Seil ist die Kenntnis der Krümmung der Litzen und des Drahtes in der verseilten Litze nötig. Beim Lauf über Scheiben wird diese zusätzlich durch die Krümmung des Seils auf der Scheibe beeinflusst. Die Berechnungsgrundlagen liefern u. a. Wiek [Wiek 1975], Schiffner [Schiffner 1986] und Mankenda [Mankenda 1994]. Die bisher angesetzten Querkräfte zwischen Seil und Seilscheibe stellen gemittelte Werte (im Stillstand) dar. Gemäß Häberle ist jedoch die Querbeanspruchung auf das Seil am Auflauf- sowie am Ablaufpunkt auf die Seilscheibe deutlich erhöht [Häberle 1995]. Je nach Höhe der angelegten Seilzugkraft ermittelt Häberle mit Hilfe eines Versuchsaufbaus zur Messung der Querkraft zwischen Seil und Scheibe eine 96 Theoretische Grundlagen Erhöhung der längenbezogenen Anpresskraft auf annähernd das Doppelte. Eine Versuchsauswertung bei einer Seilzugkraft von S = 50 kN ist in Abbildung 32 darge- stellt. Abbildung 32: Die längenbezogene Anpresskraft eines Seiles [Häberle 1995] Häberle entwickelt auf Basis einer Regressionsanalyse eine Formel zur Bestimmung der Überhöhung der längenbezogenen Anpresskraft. Für die relative längenbezoge- ne Anpresskraft, das Verhältnis der maximalen zur mittleren längenbezogenen An- presskraft qauf/q0 gilt für die Größenordnung 20 < D/d < 70:                                       d D lg Sd dS lgc d D lgc Sd dS lgcc q q lg e 2 2 e 32 e 2 2 e 10 0 auf (3.32) mit c0 = 1,887, c1 = -0,607, c2 = -0,939, c3 = 0,316 und de = 1 mm (Einheitsdurch- messer) und Se = 1 N (Einheitskraft) [Häberle 1995]. Entscheidend ist die Größe des Durchmesserverhältnisses D/d. Kleine D/d haben eine hohe relative Anpresskraft zur Folge. Kuczera modelliert den Lauf des Seils über Seilscheiben mit Hilfe der Mehrkörpersi- mulation, um die Belastung der Seilscheiben zu ermitteln und erhält schließlich einen Verlauf der Querbeanspruchung, der sehr gut mit den Versuchsergebnissen von Hä- berle übereinstimmt [Kuczera 2012]. Theoretische Grundlagen 97 3.7 Kerbwirkung auf verseilten Drähten Ernst führt Zugschwellversuche unter dem Einfluss von Verdrehungen durch und stellt dabei bei einem Versuchsseil bei geringer positiver wie auch geringer negativer Verdrehung teilweise Lebensdauerzunahmen im Vergleich zum unverdrehten Zu- stand fest [Ernst 2012]. Daraufhin nimmt er mikroskopische Untersuchungen dieses Versuchsseiles vor und vergleicht den Zustand der Litzen des neuen Seils mit dem Zustand von Litzen nach dem Zugschwellversuch. Im unverdrehten Zustand entsteht durch den Kontakt der Litzen zur Stahleinlage auf den Außendrähten der Außenlitzen jeweils eine einzelne Kerbe, während unter Verdrehung in geringem Abstand zur ers- ten Kerbe eine weitere kleinere Kerbe sichtbar wird. Ernst sieht in der Kerbschärfe sowie in der Entlastungszahl einer Kerbreihe eine Möglichkeit die zunehmende Le- bensdauer seines Versuchsseils zu erklären. Wahrscheinlich wird von Ernst erstma- lig versucht, die Kerbwirkungstheorie aus dem allgemeinen Maschinenbau auf ver- seilte Drähte zu übertragen. Auch Weber beobachtet anhand von Kerben eine Ver- änderung der Belastung der Drähte seiner Versuchsseile [Weber 2013], nimmt je- doch keine eingehende Untersuchung der Kerben vor. Im allgemeinen Maschinenbau werden Kerben in die 3 Kategorien Formkerben, Werkstoffkerben und Belastungskerben unterteilt [Radaj 2007]. Alle drei führen zu einer örtlichen Beanspruchungserhöhung, die ausschlaggebend ist für die Schwing- festigkeit aber auch das Bruchverhalten unter statischer Last. Formkerben sind ge- kennzeichnet durch eine Unstetigkeit der Form, gegeben durch eine starke Oberflä- chenkrümmung und einen Versatz der Oberflächen. Es kann sich hierbei um konstruktiv bedingte Formkerben wie z. B. Nuten, Bohrungen oder Absätze handeln aber auch um Risse oder Schlitze im Material. Werkstoffkerben ergeben sich aus Unstetigkeiten im Material selbst. Abgegrenzte Bereiche im Werkstoff mit unter- schiedlichen Materialeigenschaften wie sie z. B. im Extremfall durch Einschlüsse entstehen, stellen eine innere Grenzfläche dar mit ähnlicher Wirkung wie eine äußere Formkerbe. Als Belastungskerben werden diejenigen Bereiche bezeichnet, die lokal begrenzt belastet werden. Dies können z. B. Einspannstellen aber auch sonstige Kontaktstellen unter Hertz‘scher Pressung sein. Tatsächlich können im Seil alle drei Kerbarten auftreten. Bedingt durch den Herstell- prozess der Drähte durch Ziehen ist mit einem sehr homogenen Material einer gleichmäßigen Fasertextur zu rechnen, das jedoch verhältnismäßig kleine Oberflä- chenfehler aufweisen kann, siehe Kapitel 2.2. Werden Drähte an Drahtkreuzungs- 98 Theoretische Grundlagen punkten innerhalb der Litze oder an Kreuzungspunkten von Litzenlagen im Seil ge- geneinander gequetscht, kommt es zu einer Durchdringung zweier zylindrischer Kör- per, die zu einer Materialverschiebung und somit zu einer Kerbe führt. Bei geringerer Pressung ohne Materialverschiebung liegt trotzdem eine lokale Spannungskonzent- ration vor, die als Belastungskerbe betrachtet werden kann. Zu dieser Betrachtung der auftretenden Kerben im Seil kommt jedoch noch ein überlagerter Effekt durch Relativbewegung der Drähte an den Berührstellen. Je nach Höhe der Belastung und Zustand der Schmierung ist mit einem Materialabtrag zu rechnen, wie auch anhand von Mikroskopaufnahmen in Kapitel 4.4.3 gezeigt wird. Die unter Relativbewegung beim Biegeversuch entstehenden Kerben werden im Kerbgrund also nicht den Radi- us des Kontaktpartners annehmen, sondern einen größeren. Die tatsächlichen Kerb- radien müssen also im Einzelfall vermessen werden. Der Einfluss einer Kerbe auf die auftretende Maximalspannung wird beschrieben durch die Formzahl αk, die das Verhältnis der Maximalspannung σk,max im Kerbgrund zur Nennspannung σn bezogen auf den Restquerschnitt ohne Kerbe bezeichnet: n max,k k    (3.33) Bei bekannter Formzahl αk kann somit die Maximalspannung berechnet werden mit: nkmax,k  (3.34) Für flache Kerben, also Kerben deren Kerbtiefe gering ist in Relation zum Restquer- schnitt gilt in Abhängigkeit von Kerbtiefe t und Kerbkrümmungsradius ρ bei Zugspan- nung:   t 21k (3.35) Mehrere Kerben, die in Belastungsrichtung hintereinander angeordnet sind, bewirken eine Verbesserung der Beanspruchungssituation, indem die jeweiligen Formzahlen vermindert werden [Radaj 2007]. Beim Auftreten von Kerben in regelmäßigem Ab- stand b kann mit einer verminderten Formzahl αk gerechnet werden, indem statt der Tiefe t mit der wirksamen Tiefe teff gerechnet wird. tteff  (3.36) Theoretische Grundlagen 99 Die wirksame Tiefe ist eine Funktion der Kerbnähe b/t und kann z. B. Abbildung 33 entnommen werden. Mehrere Kerben in Folge und in genügend engem Abstand wir- ken also auf das Bauteil wie eine einzelne aber weniger scharfe Kerbe2. Abbildung 33: Entlastungszahl einer Kerbreihe [Radaj 2007] Die Formzahl αk gilt für den Fall der statischen Belastung. Für eine schwellende Be- lastung wird die Kerbwirkungszahl βk verwendet:    1 1 knAD kAD k    bzw. (3.37)    n k k (3.38) Da in der vorliegenden Arbeit keine Dauerversuche am Einzeldraht durchgeführt werden, wird die Behandlung der Schwingfestigkeit nicht weiter fortgesetzt. Es soll nur die Form der auftretenden Kerbe behandelt werden. 2 Im allgemeinen Maschinenbau wird die Kerbtheorie u. a. angewandt, um hochbelastete Wellen mit konstruktionsbedingten Kerben durch das gezielte Aufbringen zusätzlicher Freistiche (= Kerbe defi- nierter Form) zu entlasten. 100 Theoretische Grundlagen 3.8 Grundlagen der Regressionsanwendung in Bezug auf Biegeversuche an Drahtseilen Der Einfluss verschiedener unabhängiger Versuchsparameter auf ein Versuchser- gebnis wie z. B. der ertragbaren Biegewechselzahl oder der erreichbaren Donandt- kraft kann mit Hilfe der Regressionsrechnung ermittelt werden. Die Versuchsparame- ter werden durch den Versuchsaufbau und die verwendeten Seile vorgegeben und werden in einer Regressionsgleichung erfasst. Der zu errechnende Wert y entspricht im Falle der vorliegenden Arbeit der Bruchbiegewechselzahl bzw. der Donandtkraft und die voneinander unabhängigen Variablen xi bilden die Versuchsparameter ab. Die Gleichung zur Bestimmung der Zielgröße y wird gemäß Stange folgendermaßen dargestellt [Stange 1971]: ii22110 xa...xaxaay  (3.39) Die statistische Auswertung von Dauerbiegeversuchen ergibt, dass eine logarithmi- sche Normalverteilung vorliegt. In diesem Fall können der geometrische Mittelwert der Bruchbiegewechselzahlen und die zugehörige Standardabweichung genutzt werden, um die Versuchsergebnisse zu beschreiben [Feyrer 1980]. Mit Hilfe der Streuung und der Student-Verteilung lassen sich aus dem Mittelwert N z. B. auch die Werte N10 berechnen, die von höchstens 10 % der Seile erreicht werden. slg282,1NlgNlg 10  (3.40) Analog dazu lässt sich aus der Streuung und der mittleren Donandtkraft DS die Do- nandtkraft 1DS bestimmen, die von höchstens 1 % der Seile erreicht wird. 101 4 Experimentelle Untersuchungen Grundlage für die Untersuchungen an drehungsarmen Seilen sind die Versuche aus dem AiF-Projekt „Bestimmung des Sprungpunkts von dynamisch beanspruchten Spi- ralrundlitzenseilen beim Übergang vom Ermüdungsbruch zum Gewaltbruch“ (AiF- Vorhaben-Nr. 15428 N/1). Im Rahmen dieses Projekts wurden Dauerbiegeversuche und Drehmomentversuche durchgeführt und schließlich die Lebensdauerkurven aus- gewählter Seilkonstruktionen ermittelt. Die benötigten Versuchsseile wurden von den Projektpartnern aus der Industrie bereitgestellt. Viele der Seile zeigten im Laufe der Biegeversuche dass die Ablegereifeerkennung basierend auf sichtbaren Drahtbrüchen nicht immer gewährleistet ist und insbeson- dere bei hohen Lasten nahe der Donandtkraft nicht mehr möglich ist. Aus dieser Be- obachtung entwickelten sich weiterführende experimentelle Untersuchungen, um den Verlauf der Schädigung zu beobachten und Einflussfaktoren auf die Lebensdauer bzw. die Donandtkraft zu identifizieren. In den folgenden Kapiteln werden die durch- geführten Versuche ausführlich beschrieben und bewertet. 4.1 Biegeversuche Bis heute kann die Lebensdauer biegebeanspruchter Drahtseile nur experimentell mit Hilfe von Dauerbiegeversuchen bestimmt werden. Hierfür werden Dauerbiege- maschinen eingesetzt, wie beispielhaft in Abbildung 34 dargestellt. Abbildung 34: Schema einer Dauerbiegemaschine mit fliegend gelagerter Prüfscheibe [Feyrer & Hemminger 1983] 102 Experimentelle Untersuchungen Bei den für die Versuche eingesetzten Dauerbiegemaschinen wird die Seilzugkraft durch den Einsatz starrer Massen aufgebracht. Eine reibungsarm gelagerte Hebel- übersetzung vervielfacht die Gewichtskraft und ermöglicht je nach Maschine Seilzug- kräfte von bis zu 160 kN. Eine verhältnismäßig große Seilscheibe ist über eine Schubstange mit einem elektri- schen Antrieb verbunden und dient dazu, eine durch Seilhub und Frequenz definierte oszillierende Hin- und Herbewegung der Versuchsseile über die kleinere Versuchs- scheibe zu erzeugen. Die Biegefrequenz wird stufenlos über die Antriebsdrehzahl eingestellt und dabei so gewählt, dass eine starke Erwärmung des Seils und des Schmiermittels in Folge der Biegearbeit vermieden wird. Erfahrungsgemäß erfordert dies eine Biegefrequenz unter 30 1/min, sie kann jedoch auch deutlich niedriger lie- gen. Um sicher zu gehen, wird die Seiltemperatur stichprobenartig gemessen und die Biegefrequenz gegebenenfalls justiert, um die Betriebstemperaturen möglichst unter 40°C zu halten. Der Seilhub h wird durch Versetzen der Schubstange an der Antriebsscheibe einge- stellt. Für große Seilscheibendurchmesser wie D/d = 25 mit einem Umschlingungs- bogen von u > 30·d wird die Biegung auf 2 Biegezonen rechts und links der Ver- suchsscheibe verteilt deren Länge jeweils l = 30·d beträgt. Der Hub ist dabei h = 30·d. Bei kleinen Durchmesserverhältnissen wie dem gewählten D/d = 10 kann meist eine einzelne Biegezone mit einer Biegelänge von l = 30·d eingestellt werden, wobei der Hub dabei auf h = 30·d+u vergrößert werden muss [O.I.P.E.E.C. 1988]. In diesem Fall wird das Seil je Kurbelumdrehung durch 2 Biegewechsel beansprucht. Speziell bei den kleinen Versuchsscheiben mit D/d = 10 muss die Biegefrequenz häufig noch niedriger gewählt werden, da die Seiltemperatur leicht die Grenztemperatur von ca. 50°C übersteigt, ab der das Schmieröl zu dünnflüssig wird und somit die Schmierwir- kung nachlässt [Feyrer 1980]. Auch bei etwas niedrigeren Temperaturen ist bereits zu beobachten, dass die Konsistenz des Schmiermittels flüssiger wird. Daher wird die Betriebstemperatur vorsichtshalber auf die bereits erwähnten 40°C limitiert. Um vergleichbare Lastverhältnisse für die unterschiedlichen Versuchsseile zu erhal- ten, werden stets auf den Seilnenndurchmesser bezogene Versuchsparameter ver- wendet. Der Durchmesser der Versuchsscheibe ist somit auf den Nenndurchmesser des Versuchsseiles bezogen. In Anlehnung an die auftretenden Seilspannungen werden die Seilzugkräfte S auf das Quadrat des Seilnenndurchmessers bezogen. Werden die so erhaltenen Lastverhältnisse S/d² für die unterschiedlichen Seile in Experimentelle Untersuchungen 103 gleichen Dimensionen gewählt, können die Versuchsergebnisse unabhängig von Seilkonstruktion und –durchmesser miteinander verglichen werden. Typische Belas- tungen S/d² ergeben sich aus der Berechnung für 16 mm Seile und sind in Tabelle 4.1 aufgeführt: Seilzugkraft S [kN] 15 30 60 80 100 120 Durchmesserbezogene Seilzugkraft S/d² [N/mm²] 59 117 234 312 391 469 Tabelle 4.1: Typische Belastungen S/d² Zur Versuchsdurchführung wird von jedem Seiltyp mindestens ein Kuppelseil herge- stellt welches kraftschlüssig mit der großen, angetriebenen Scheibe der Biegema- schine verbunden wird. Das eigentliche Versuchsseil wird durch einen frei drehbaren Wirbel an das Kuppelseil angeschlossen, da drehungsarme Seile auch im realen Einsatz häufig mit Wirbel verwendet werden. Dieser Versuchsaufbau ermöglicht so- mit ein realistisches Auf- bzw. Zudrehen der Seile bis der Drehmomentausgleich un- ter der jeweiligen Last stattgefunden hat. Als Seilendverbindung wird für alle Versu- che ein metallischer Verguss gewählt. Für die durchgeführten Versuche standen 7 Seilkonstruktionen der am Projekt „Sprungpunkt“ beteiligten Seilhersteller in jeweils 2 Durchmessern zur Verfügung. Gemäß dem ursprünglichen Versuchsplan sollte, wie in Abbildung 35 dargestellt, je- des Seil mit 5 Lastverhältnissen S/d² und jeweils 2 Scheibendurchmessern D/d ge- prüft werden. Daraus ergäben sich 7·2·2·5 = 140 Dauerbiegeversuche zur Erstellung der Lebensdauerkurven. Versuchsparameter Versuchsmatrix Seiltyp Durchmesser Scheibendurchmesser D/d Belastung S/d² Seil 1 Seil 2 Seil 3 Seil 4 d 1 Seil 5 Seil 6 Seil 7 d 2 D/d=10 D/d=25 S/d² 1 S/d² 2 S/d² 3 S/d² 4 S/d² 5 Abbildung 35: Versuchsplan für Dauerbiegeversuche gemäß Projektplan 104 Experimentelle Untersuchungen Um den Seilzustand zu beurteilen werden die Versuche nach der Renard-Reihe R10 regelmäßig angehalten. Dabei werden die Drahtbrüche gezählt, der Seildurchmesser in der jeweiligen Biegezone gemessen und die aktuelle Drehung des Seiles anhand der Skala der Seilwirbel dokumentiert. Der Biegeversuch wird beendet, sobald min- destens eine Litze oder die Seileinlage gebrochen ist oder der Versuch auf Grund starker Seildeformation nicht mehr fortgesetzt werden kann. Die Erfahrung zeigt, dass ein vollständiger Seilbruch im Allgemeinen nur bei sehr hohen Lasten zu erwar- ten ist und dann meist schlagartig nach wenigen Biegewechseln eintritt. In diesem Fall ist es unmöglich, den Bruch einzelner Drähte oder einer einzelnen Litze zu be- obachten und als Ablegekriterium zu verwenden. Feyrer beschreibt [Feyrer 1996], dass nur in knapp zwei Drittel seiner Versuche bei Seilzugkräften unterhalb der Donandtkraft äußerlich sichtbare Drahtbrüche auftraten, anhand derer die Ablegereife drehungsarmer Seile erkannt werden könnte. Außer- dem beobachtet er eine außergewöhnlich hohe Streuung der Drahtbruchzahlen. Das Ergebnis seiner Regressionsrechnung zur Bestimmung der Ablegedrahtbruchzahlen bringt ihn zu dem Schluss, dass der Litzenbruch als unabhängiges Ablegekriterium gelten kann [Feyrer 1996]. 4.1.1 Versuchsseile Die Daten der Versuchseile sind tabellarisch zusammengefasst und finden sich in Tabelle 4.2 und Tabelle 4.3. Die Seile 1 bis 7 stammen aus dem Forschungsprojekt, Seil 8 wurde zusätzlich getestet und stammt aus dem Bestand des IFT. Seil 8 ent- spricht der Konstruktion von Seil 1 hat jedoch eine geringere Festigkeit. Bis auf Seil 8 wurde jedes Seil in zwei Durchmessern geprüft. Die Seilbezeichnung setzt sich zusammen aus der Bezeichnung des Seiltyps in Form einer fortlaufenden Nummer und des Durchmessers angegeben in Millimeter. Seildaten und Bilder zum Seilaufbau stammen aus den entsprechenden Hersteller- prospekten und sind hier zum Zweck der Anonymisierung nicht mit Literaturverweis aufgeführt. Experimentelle Untersuchungen 105 Bezeichnung Seil 1/16 Seil 1/12 Seil 2/16 Seil 2/12 Seil 3/16 Seil 3/10 Seil 4/16 Seil 4/10 Seilquerschnitt Nenndurch- messer [mm] 16 12 16 12 16 10 16 10 Drahtanzahl 328 173 226 245 Anzahl der Außenlitzen 15 x 7 15 x 7 15 x (5 + MF) 16 x 7 Tragende Außendrähte 105 105 75 112 Schlag Gleichschlag rechtsgängig Gleichschlag rechtsgängig Kreuzschlag rechtsgängig Kreuzschlag rechtsgängig Verdichtung Verdichtete Außenlitzen; Einlage sepa- rat verdichtet nein Hammerver- dichtetes Seil nein Festigkeit [N/mm] 1960 1960 1960 1960 Bruchkraft Fmin [kN] 238 132 211,0 119,0 246,4 96,2 194,2 75,86 Besonderheiten - - 1 Aluminium- draht in Außenlitzen - Tabelle 4.2: Seileigenschaften Teil 1 106 Experimentelle Untersuchungen Bezeichnung Seil 5/16 Seil 5/10 Seil 6/16 Seil 6/10 Seil 7/9 Seil 7/6 Seil 8/16 Seilquerschnitt Nenndurch- messer [mm] 16 10 16 10 9 6 16 12 Drahtanzahl 224 224 126 328 Anzahl der Außenlitzen 16 x 7 16 x 7 12 x 7 15 x 7 Tragende Außendrähte 112 112 84 105 Schlag Gleichschlag rechtsgängig Kreuzschlag rechtsgängig Kreuzschlag rechtsgängig Gleichschlag rechtsgängig Verdichtung ja nein nein Verdichtete Außenlitzen; Einlage sepa- rat verdichtet Festigkeit [N/mm] 2160 1960 1770 1770 Bruchkraft Fmin [kN] 241,6 95,0 193,5 77,0 45,7 20,3 214 Besonderheiten - - Fasereinlage *Seil aus Be- stand Tabelle 4.3: Seileigenschaften Teil 2 Experimentelle Untersuchungen 107 4.1.2 Ermittlung des Seildrehmoments Um für das Projekt „Sprungpunkt“ eine einheitliche Klassifizierung der Seile zu schaf- fen, wurde deren tatsächliches Drehverhalten im Versuch gemäß Kapitel 3.3 ermit- telt. Die Durchführung und Bewertung der benötigten Drehmomentversuche wurde durch die Studienarbeit von Walker unterstützt [Walker 2010]. Zur Bestimmung der Drehmomentkurven wurden die Seile zunächst unverdreht, da- nach mit der Verdrehung ω = ± 45°, ω = ± 90° und schließlich mit der Verdrehung ω = ± 180° auf eine durchmesserbezogene Seilzugkraft von mindestens S/d² = 400 N/mm² belastet und gleichzeitig das auftretende Drehmoment aufgezeich- net. Die beiden folgenden Diagramme (Abbildung 36, Abbildung 37) zeigen die stark unterschiedlichen Drehmomentverläufe zweier ausgewählter Seile. Abbildung 36: Charakteristisches Drehmoment von Seil 3/16, d = 16 mm   108 Experimentelle Untersuchungen Abbildung 37: Charakteristisches Drehmoment von Seil 7/9, d = 9 mm Jede Kurve zeigt den Drehmomentverlauf des Seiles über der durchmesserbezoge- nen Seilzugkraft bei einem fest eingestellten Seilverdrehwinkel. Es ist zu erkennen, dass die Kurve des unverdrehten Seiles im Ursprung beginnt, da in diesem Zustand kein Drehmoment wirkt. Wird das Seil im unbelasteten Zustand verdreht, weisen die Kurven ein typisches Ausgangsdrehmoment auf. Der Vergleich der beiden Seilkon- struktionen bei der Verdrehung ω = 0° zeigt deutliche Unterschiede im Drehverhalten. Während das hier gezeigte 3-lagige Seil 3/16 ohne Verdrehung über den gesamten Lastbereich nahezu kein Drehmoment aufbaut (Linie 0°/100d in Abbildung 36), tritt bei Seil 7/9 der Konstruktion 18x7 FC bereits bei geringen Lasten ein Drehmoment auf (Linie 0°/100d in Abbildung 37), welches kontinuierlich steigt. Diese Unterschiede sind auch sehr deutlich anhand der Drehmomentkonstanten c1 = 0,002 für Seil 3/16 und c1 = 0,050 für Seil 7/9 zu erkennen. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit Fey- rers Untersuchungen zum Drehverhalten von Spiralrundlitzenseilen [Feyrer 1997b]. Auch hier weist das Seil mit zwei Litzenlagen ein deutlich höheres Drehmoment auf als das Seil mit drei Litzenlagen. Die beiden von ihm vorgestellten Seile weisen quali- tativ ähnliche Drehmomentkurven auf, wie die von Seil 7/9 und Seil 3/16. Die Drehmomentkonstanten c1, c2 und c3 wurden aus den Drehmomentkurven von ω = ± 90° Verdrehung bestimmt. Die Ergebnisse sind in Tabelle 4.4 aufgeführt. Experimentelle Untersuchungen 109 Seilbezeichnung dnenn c1 c2 c3 Seil 1/16 16 0,021 0,171 0,013 Seil 1/12 12 0,019 0,112 0,013 Seil 2/16 16 0,019 0,126 0,015 Seil 2/12 12 0,016 0,122 0,014 Seil 3/16 16 0,002 0,120 0,009 Seil 3/10 10 -0,002 0,064 0,008 Seil 4/16 16 0,025 0,112 0,011 Seil 4/10 10 0,019 0,061 0,010 Seil 5/16 16 0,032 0,196 0,013 Seil 5/10 10 0,029 0,129 0,011 Seil 6/16 16 0,026 0,064 0,011 Seil 6/10 10 0,017 0,098 0,009 Seil 7/9 9 0,050 0,022 0,008 Seil 7/6 6 0,049 0,059 0,010 Tabelle 4.4: Konstanten für die Berechnung des Seildrehmoments [Reinelt, Winter & Wehking 2013] Vergleicht man die Werte c1 aus [Feyrer 2007] mit den Werten aus dem Forschungs- projekt „Sprungpunkt“, so fällt auf, dass die Werte gut übereinstimmen. Feyrer hat für die von ihm definierte Seilklasse 34x7 (drehungsfreie Seile) in vielen Versuchen den Wert c1 = 0,026 ermittelt, die Seile des Forschungsprojekts liegen im Mittel bei einem Wert c1 = 0,023. Es zeigt sich auch, dass die beiden Seile der Konstruktion 18x7 FC, Seil 7/9 und Seil 7/6, für sich betrachtet einen Wert von c1 = 0,050 bzw. c1 = 0,049 erreichen. Diese Seile liegen damit nahe an den Werten der Seilklasse 18x7 (dre- hungsarme Seile), für die Feyrer einen mittleren Wert c1 = 0,058 ermittelt [Feyrer 2007]. Das deutlich höhere Seildrehmoment von Seil 7/9 und Seil 7/6 ist auf die Kon- struktion mit Fasereinlage und 2 Litzenlagen zurückzuführen. Die Fasereinlage kann im Vergleich zu einer Stahleinlage nur ein geringes Drehmoment aufbauen und dadurch nur wenig gegen das höhere Drehmoment der äußeren Litzenlage ausrich- ten. Um Seil 7/9 und Seil 7/6 als drehungsfrei oder drehungsarm klassifizieren zu können, wurden die Seile einer weiteren Prüfung gemäß Kapitel 3.3 unter freier Drehung 110 Experimentelle Untersuchungen unterzogen. Hierfür wurden die Seile an einem Ende fest und am anderen Ende drehbar gelagert in die Zugprüfmaschine eingespannt und belastet. Auf einer Skala am drehbaren Ende kann der reale Verdrehwinkel abgelesen werden. In diesem Versuch konnten beide Seile, wenn auch knapp, die Anforderungen an drehungsfreie Seile erfüllen. Für Seil 7/9 bedeutet das explizit, dass auf der Versuchslänge von 2318 mm ein Verdrehwinkel von 92,7° zulässig wäre. Im Versuch bei freier Drehung und S/d² = 150 N/mm² stellte sich als Mittelwert aus 5 Messungen ein Verdrehwinkel von 85,8° ein. Dieser liegt damit rund 7° unter dem zulässigen Wert. Mit diesen Er- kenntnissen wurden alle Versuchsseile des Projekts „Sprungpunkt“ als drehungsfreie Seile gemäß Feyrers Definition klassifiziert. Die Biegeversuche mit Seil 7/9 und Seil 7/6 können demnach ebenso mit Wirbel gefahren werden. 4.1.3 Ergebnisse der Biegeversuche Zur Ermittlung der Lebensdauerdiagramme wurden insgesamt 273 Dauerbiegever- suche durchgeführt. Darunter befinden sich auch reine Wiederholversuche sowie einzelne Versuche mit in Heißdampfzylinderöl aufgefetteten Seilen. Die Lebensdau- erdiagramme der einzelnen Seile finden sich im Anhang. Eine Möglichkeit zum Ver- gleich der Biegewechselzahlen der 16 mm Seile geben die in Abbildung 38 und Ab- bildung 39 folgenden Lebensdauerdiagramme. Bei den Versuchen mit D/d = 10 fällt auf, dass ein einzelnes Seil, Seil 4/16, eine ver- gleichsweise geringe Donandtkraft erreicht. Dieses Seil scheint in Bezug auf die Do- nandtkraft für ein kleines Durchmesserverhältnis weniger geeignet zu sein, als die übrigen Seile. Das Verhalten dieses Seils lässt sich anhand der Seildaten und der durchgeführten Versuche nicht erklären, weist aber darauf hin, dass außer der Min- destbruchkraft auch die Seilkonstruktion einen bisher unbekannten Einfluss auf die Donandtkraft hat. Die Biegewechselzahlen am ermittelten Sprungpunkt liegen für die Versuche mit D/d = 10 zwischen 2336 und 5829 Biegewechseln. Für D/d = 25 liegen die Biegewechselzahlen am ermittelten Sprungpunkt zwischen 2730 und 28384 Biegewechseln. Experimentelle Untersuchungen 111 Die Auswertung der Versuche mittels Regressionsrechnung erfolgt in den Kapiteln 5.1 und 5.2. Erwartungsgemäß tritt bei den drehungsfreien Seilen eine erhöhte Streuung auf. Feyrer weist auf dieses Phänomen bereits in [Feyrer 1997a] hin. Abbildung 38: Lebensdauer der Seile d = 16 mm, D/d = 10 Abbildung 39: Lebensdauer der Seile d = 16 mm, D/d = 25 Biegewechselzahl N 100 101 102 103 104 105 D u rc h m e ss e rb e zo g e n e S e ilz u g kr a ft S /d ² 100 200 300 400 500 600 700 800 Seil 1/16 Seil 2/16 Seil 3/16 Seil 4/16 Seil 5/16 Seil 6/16 Seil 8/16 Biegewechselzahl N 101 102 103 104 105 106 D u rc h m e ss e rb e zo g e n e S e ilz u g kr a ft S /d ² 100 200 300 400 500 600 700 800 Seil 1/16 Seil 2/16 Seil 3/16 Seil 4/16 Seil 5/16 Seil 6/16 Seil 8/16 112 Experimentelle Untersuchungen Typisch für Versuche mit hohen Lasten ist die im Seilinneren beginnende Zerstörung des Seils. Äußerlich sichtbare Drahtbruchenden gehören häufig zu Drahtbrüchen auf der zur Seileinlage gewandten Seite der Außenlitzen, die am Kreuzungspunkt der Litzenlagen entstehen oder gehören sogar zur Seileinlage selbst. In vielen Versu- chen mit hohen Lasten reißt die Seileinlage, bevor auf den Außenlitzen Drahtbrüche festgestellt werden können. Auch Feyrer stellt bei seinen Untersuchungen fest, dass nur in etwa zwei Drittel der Versuche unterhalb der Donandtkraft äußerlich sichtbare Drahtbrüche auftraten, die zur Bestimmung der Ablegereife herangezogen werden können [Feyrer 1997a]. Seile mit nicht verdichteten Litzen zeigen eher Außendraht- brüche als Seile mit verdichteten Litzen. Auf Grund der eigenen Beobachtungen und Feyrers Ergebnissen werden zwei ausgewählte Seile weiteren Untersuchungen un- terzogen, die in den Kapiteln 4.2. bis 4.4 vorgestellt werden. Es handelt sich hierbei um ein Seil mit verdichteten Litzen und ein Seil mit nicht verdichteten Litzen. Die erreichten Donandtkräfte aller Seile im Anlieferungszustand sind in Abbildung 40 aufgeführt. Da der Großteil der Seile in Durchmesser 16 mm vorliegt, werden diese Versuchsergebnisse näher betrachtet. Die maximale Donandtkraft unter den 16 mm Seilen wird erreicht von Seil 5/16, dem Seil mit der höchsten Festigkeit und der zweithöchsten Mindestbruchkraft unter den Versuchsseilen. Bei D/d = 25 ist es dicht gefolgt von Seil 3/16, dem Seil mit der höchsten Mindestbruchkraft. Der Vergleich der Höhe der Donandtkräfte bei D/d = 10 und D/d = 25 offenbart, dass die Seile unterschiedliche Eignung für die beiden D/d- Verhältnisse aufweisen. Seil 3/16 zeigt für D/d = 25 eine gute Eignung, liegt jedoch für D/d = 10 nur im Mittelfeld der 16 mm Seile. Beide Seile sind dreilagig und verdich- tet. Das zweilagige Seil 1/16 mit verdichteten Litzen erreicht für D/d = 10 und D/d = 25 ähnlich hohe Donandtkräfte wie Seil 5/16 und ist demnach gleichermaßen für beide Durchmesserverhältnisse geeignet. Die beiden unverdichteten Seile 2/16 und 6/16 erreichen für beide Durchmesserver- hältnisse ähnliche Werte wobei Seil 2/16, mit der höheren Mindestbruchkraft, einen leichten Vorteil hat. Vergleichbare Ergebnisse erzielt auch Seil 8/16. Dieses Seil verfügt über verdichtete Litzen und erreicht daher trotz geringerer Festigkeit eine ähnlich hohe Mindestbruch- kraft wie die Seile 2/16 und 6/16. Experimentelle Untersuchungen 113 Abbildung 40: Übersicht aller Donandtkräfte Der Vergleich der Versuchsergebnisse der 16 mm Seile zeigt eine Abhängigkeit der Donandtkraft von der Mindestbruchkraft der Seile, siehe Abbildung 41 und Abbildung 42. Es ist jedoch festzustellen, dass es Ausnahmen gibt hinsichtlich der Tauglichkeit für kleine Durchmesserverhältnisse. Ein Seil das bei D/d = 25 besonders hohe Werte erreicht muss für D/d = 10 nicht in gleicher Weise abschneiden. Durchmesserverhältnis D/d 5 10 15 20 25 30 D o n a n d tk ra ft S D 0 20x103 40x103 60x103 80x103 100x103 120x103 140x103 Durchmesserverhältnis D/d Seil 1/12, D/d=10 Seil 1/12, D/d=25 Seil 1/16, D/d=10 Seil 1/16, D/d=25 Seil 2/12, D/d=10 Seil 2/12, D/d=25 Seil 2/16, D/d=10 Seil 2/16, D/d=25 Seil 3/10, D/d=10 Seil 3/10, D/d=25 Seil 3/16, D/d=10 Seil 3/16, D/d=25 Seil 4/10, D/d=10 Seil 4/10, D/d=25 Seil 4/16, D/d=10 Seil 4/16, D/d=25 Seil 5/10, D/d=10 Seil 5/10, D/d=25 Seil 5/16, D/d=10 Seil 5/16, D/d=25 Seil 6/10, D/d=10 Seil 6/10, D/d=25 Seil 6/16, D/d=10 Seil 6/16, D/d=25 Seil 7/6, D/d=10 Seil 7/6, D/d=25 Seil 7/9, D/d=10 Seil 7/9, D/d=25 Seil 8/16, D/d=10 Seil 8/16, D/d=25 114 Experimentelle Untersuchungen Abbildung 41: Vergleich Mindestbruchkraft und Donandtkraft, 16 mm Seile, D/d = 25 Abbildung 42: Vergleich Mindestbruchkraft und Donandtkraft, 16 mm Seile, D/d = 10 Es fällt insbesondere Seil 3/16 auf, das bei D/d = 25 im Ranking der Donandtkräfte an zweiter Stelle liegt, bei D/d = 10 jedoch nur den sechsten Platz belegt trotz seiner hohen Mindestbruchkraft. Eine allgemeingültige Erklärung für dieses Verhalten kann anhand der Versuche nicht gegeben werden. Seil 3/16 ist jedoch das einzige ham- Seiltyp Seil 5/16 Seil 3/16 Seil 1/16 Seil 2/16 Seil 6/16 Seil 8/16 Seil 4/16 M in d e st b ru ch kr a ft F m in [ kN ] 0 50 100 150 200 250 300 D o n a n d tk ra ft S D [ kN ] 0 50 100 150 200 250 300 Mindestbruchkraft Donandtkraft Seiltyp Seil 5/16 Seil 1/16 Seil 8/16 Seil 2/16 Seil 6/16 Seil 3/16 Seil 4/16 M in d e s tb ru c h kr a ft F m in [ k N ] 0 50 100 150 200 250 300 D o n a n d tk ra ft S D [ k N ] 0 50 100 150 200 250 300 Mindestbruchkraft Donandtkraft Experimentelle Untersuchungen 115 merverdichtete Seil (= nach der Verseilung verdichtet) unter den geprüften Seilen und verfügt als einziges über einen Aluminiumdraht in den Außenlitzen. Das stark unterschiedliche Verhalten des Seils bei D/d = 25 und D/d = 10 wird daher dem kon- struktiven Seilaufbau zugeordnet. Eine weitere Möglichkeit des Vergleichs der Ergebnisse am Sprungpunkt soll anhand der erreichten Biegewechselzahlen mit Gegenüberstellung der Donandtkraft erfol- gen. Auf den ersten Blick scheint die Mindestbruchkraft ein besonders wichtiges Qualitätsmerkmal von Seilen zu sein. Sie steht nicht nur für eine hohe Tragkraft des Seiles sondern auch für eine hohe erreichbare Donandtkraft und damit für einen wei- ten Einsatzbereich des Seiles. Tatsächlich sollte jedoch die mögliche Lebensdauer auch weiterhin nicht außer Acht gelassen werden. Der Vergleich von Donandtkraft und der erreichten Biegewechselzahl bei dieser Last in Abbildung 43 zeigt ein- drucksvoll die unterschiedlichen Eigenschaften der getesteten Seile mit d = 16 mm bei D/d = 25. Abbildung 43: Vergleich Biegewechselzahl und Donandtkraft, 16 mm Seil, D/d = 25 Seiltyp Seil 8/16 Seil 1/16 Seil 5/16 Seil 6/16 Seil 2/16 Seil 4/16 Seil 3/16 B ie g e w e ch se lz a h l N 0 5000 10000 15000 20000 25000 30000 S /d ² D o n a n d t [ N /m m ²] 0 100 200 300 400 500 600 NDonandt (D/d=25) S/d²Donandt (D/d=25) R=1770 N/mm² 2-lagig R=1960 N/mm² 2-lagig R=2160 N/mm² 3-lagig R=1960 N/mm² 3-lagig R=1960 N/mm² 2-lagig R=1960 N/mm² 3-lagig R=1960 N/mm² 3-lagig 116 Experimentelle Untersuchungen Seil 8/16 und Seil 1/16 sind von gleicher Konstruktion, ihre Festigkeit ist jedoch ver- schieden. Seil 8/16 liegt in R = 1770 N/mm², Seil 1/16 in R = 1960 N/mm² vor. Seil 1/16 erreicht mit 12913 Biegewechseln nur rund 45 % der Biegewechsel von Seil 8/16. Seil 5/16 und Seil 6/16 zeigen bezüglich des Seilaufbaus 32x7 ähnliche Merkmale. Seil 5/16 hat eine Festigkeit von R = 2160 N/mm², ist in Gleichschlag ausgeführt und endverdichtet. Seil 6/16 hat eine Festigkeit von R = 1960 N/mm², ist in Kreuzschlag ausgeführt und nicht verdichtet. Seil 5/16 erreicht, wie bereits gezeigt, die maximale Donandtkraft dabei aber eine geringere Biegewechselzahl. Seil 2/16, Seil 8/16 und Seil1/16 sind 2-lagige Seile mit jeweils 15 Außenlitzen. Seil 8/16 und Seil1/16 haben aber verdichtete Litzen, der Kontakt von der äußeren Lit- zenlage zur Einlage ist schonender. Die beiden Seile mit verdichteten Litzen errei- chen eine höhere Lebensdauer Seil 3/16 ist hammerverdichtet. Die Verdichtung verhilft dem Seil zu einer sehr hohen Mindestbruchkraft, deformiert die Drähte aber stark und erzeugt starke Druckstellen so dass die Lebensdauer sinkt. Die Gegenüberstellung dieser Versuchsergebnisse lässt folgende Bewertung der Konstruktionen zu:  Verdichtete Litzen haben einen positiven Effekt auf die Lebensdauer.  Mit steigender Festigkeit nimmt die Lebensdauer ab, der Einfluss auf die Do- nandtkraft variiert je nach Konstruktion.  Die Endverdichtung des Seiles ermöglicht zwar hohe Bruchkräfte und damit einhergehend hohe Donandtkräfte, wirkt sich jedoch negativ auf die Lebens- dauer aus. Der Vergleich von Biegewechselzahl und Donandtkraft zeigt deutlich, wie wichtig es ist, für eine bestimmte Anwendung ein geeignetes Seil zu wählen. Das Erreichen ei- ner hohen Donandtkraft kann je nach Konstruktion mit Einbußen bei der Seillebens- dauer verbunden sein. Ein für den Kunden ideales Seil sollte auch bei hoher Belas- tung eine hohe Lebensdauer erreichen. Davon abweichend gibt es jedoch auch Anwendungen, bei denen die Lebensdauer auf Grund von Ermüdung eine eher un- tergeordnete Rolle spielt. Beispiele hierfür sind unter anderem Forstwindenseile, de- ren Lebensdauer weniger bestimmt ist durch Ermüdung sondern vielmehr durch die rauen Arbeitsbedingungen, bei denen das Seil regelmäßigen Kontakt mit der Umge- Experimentelle Untersuchungen 117 bung hat, also auch über den Boden gezogen wird. Für eine solche Anwendung kann es durchaus vorteilhaft sein, ein endverdichtetes Seil einzusetzen, das durch seine besonders runde Oberfläche die auftretenden Kontaktkräfte viel gleichmäßiger auf eine größere Seiloberfläche verteilt als dies der Fall wäre bei einem nicht verdichte- ten Seil oder einem Seil mit verdichteten Litzen. Derartige Anwendungsbedingungen werden jedoch mit dem Biegeversuch nicht getestet. Abbildung 43 zeigt unter anderem, dass ein Seil einer mittleren Festigkeitsklasse, wie Seil 1/16 mit R = 1960 N/mm², eine hohe Donandtkraft erreichen kann und dabei gleichzeitig eine hohe Lebensdauer erzielt. Für Anwendungen, bei denen die Le- bensdauer eher durch Ermüdung als durch raue Umgebungsbedingungen bestimmt ist, ist Seil 1/16 eine gute Wahl. 4.2 Druckmessfolie Um einen Eindruck über die Kontaktsituation zwischen der äußeren und der folgen- den inneren Litzenlage beim Lauf über Seilscheiben zu bekommen, werden zuge- schnittene schmale Streifen einer Druckmessfolie vom Typ Fujifilm Prescale in Aus- führung Super High (HHS PS 270x200 5S-E) zwischen diese Litzenlagen eingebracht. Diese Druckmessfolien bestehen aus einer Trägerfolie mit einer druck- sensitiven Beschichtung, die sich je nach Druckbelastung rot verfärbt. Um die Druckmessfolie vor Schmiermittel und unbeabsichtigter, vorzeitiger Belastung zu schützen wird diese zwischen zwei Kunststoffklebefolien eingeklebt. Auf diese Weise kann verhindert werden, dass die drucksensitive Beschichtung beim Einsetzen in das Seil beschädigt wird. Zum Einbringen der Druckmessfolie in das Seil, wird das für den Biegeversuch konfektionierte Seil im unbelasteten Zustand unter Verwendung der Vorrichtung zur Drehmomentmessung (siehe Abbildung 29) so weit aufgedreht, dass es zu Korbbildung kommt. Sobald die äußere Litzenlage weit genug aufsteht, wird die präparierte Druckmessfolie unter diese Litzenlage eingeführt und das Seil in seine Ausgangsposition zurück gedreht. Wie bereits in 3.3 und 4.1.2 beschrieben, führt das Aufdrehen des Seils sofort zu einem Drehmoment welches der aufgebrach- ten Verdrehung entgegenwirkt. Würde man das Seil in diesem Zustand unkontrolliert loslassen, würde es sich schlagartig in seine Ausganslage zurückdrehen. Es ist da- her zwingend erforderlich, das Seil nach dem Einlegen der Druckmessfolie kontrol- liert und langsam in seine Ausgangslage zurück zu drehen, da das unter Drehmo- ment stehende Seil ein hohes Verletzungsrisiko birgt. 118 Experimentelle Untersuchungen Zum Vergleich werden Seil 1/16 und Seil 2/16 nach dem Einbringen der Druckmess- folie in die Dauerbiegemaschine eingebaut und bei D/d = 25 mit einer Seilzugkraft von 100 kN beaufschlagt. Die Druckmessfolien befinden sich während dem Versuch auf der der Prüfscheibe zugewandten Seite des Seils. Nach 100 Biegewechseln wird der Versuch abgebrochen und die Druckmessfolie wird durch erneutes Aufdrehen des Seils aus dem Seilinneren entfernt. Die folgenden Abbildungen Abbildung 44 bis Abbildung 47 zeigen Mikroskopaufnahmen bei 20-facher Vergrößerung mit einem zusätzlich eingeblendeten Ein-Millimeter-Raster. An den Kontaktpunkten zwischen den Litzenlagen sind die Druckmessfolien vollständig durchstoßen. Daher ist es nicht möglich anhand der Verfärbung der Druckmessfolie auf den tatsächlichen Berühr- druck zu schließen. Abbildung 44: Druckmessfolie Seil 2/16 Abbildung 45: Aufbau Seil 2/16 Abbildung 46: Druckmessfolie Seil 1/16 Abbildung 47: Aufbau Seil 1/16 Im direkten Vergleich der Kontaktstellen auf den Druckmessfolien zeigt sich, dass Seil 1/16 deutlich mehr Auflagepunkte zwischen äußerer Litzenlage und innerer Lit- Experimentelle Untersuchungen 119 zenlage aufweist. Außerdem sind mit Hilfe der gestrichelten Linien die Abstände der Auflagepunkte der Außenlage auf der Seileinlage dargestellt. Anhand des Rasters kann dieser Abstand näherungsweise ausgemessen werden. Aus Abbildung 44 folgt für Seil 2/16 ein Abstand von ca. 4,2 mm und aus Abbildung 46 ergibt sich für Seil 1/16 ein Abstand von ca. 2,8 mm. Ein geringerer Abstand der Auflagepunkte führt nicht nur zu einer gleichmäßigeren Druckverteilung sondern hilft auch, die sekundä- ren Biegespannungen im Seilverbund zu verringern. Allgemein entstehen im Seil die sogenannten sekundären Spannungen durch Reibung zwischen den Drähten und durch Kontaktbedingungen, die durch die Konstruktion des Seils vorgegeben sind. So entstehen sekundäre Biegespannungen, wenn sich Drähte innerhalb des Seils, hier also zwischen den Auflagepunkten der Litzenlagen, durchbiegen können. Den Biegespannungen aus der Biegung des gesamten Seils über die Seilscheibe werden somit die sekundären Biegespannungen aus den Drahtverschiebungen innerhalb des Seils überlagert. Die verbesserte Abstützung der äußeren Litzenlage mit Hilfe dünner Fillerlitzen verkürzt bei Seil 1/16 die freie Biegelänge zwischen den Auflagepunkten auf der dickeren inneren Litzenlage und behindert dadurch die Biegung der Außenlit- zen in Richtung Seileinlage. Eine vergrößerte Darstellung der Aufliegesituation wird in Abbildung 48 dargestellt. Auch Ziegler stellt bei seinen FEM-Berechnungen am offenen Spiralseil fest, dass hohe sekundäre Biegespannungen aus der Biegung der Drähte zwischen den Auflagepunkten mit der darunter liegenden Drahtlage zu erwar- ten sind, indem sich die Drähte Richtung Seilkern biegen [Ziegler 2007]. 120 Experimentelle Untersuchungen Abbildung 48: Verlauf der Litzenlagen auf Druckmessfolie Anhand der Abdrücke auf den Druckmessfolien lässt sich die Vielfalt einiger sich überlagernder Einflüsse auf die Seillebensdauer sehr leicht darstellen. Die Verteilung der Querbeanspruchung von der Seilscheibe auf die äußere Litzenlage und von die- ser auf die Seileinlage, sowie die auftretende sekundäre Biegespannung, stellen nur einen Teil der visuell erfassbaren, jedoch bisher unberechenbaren Belastungen dar. Hinzu kommen noch tribologische Effekte aus der Reibung zwischen den Litzenla- gen, die sich aber auch je nach Seilkonstruktion und verwendetem Schmiermittel än- dern. Um eine möglichst hohe Lebensdauer zu erhalten, müssen daher negative Effekte minimiert werden. Hierbei zeigen die Versuchsergebnisse anhand der Be- obachtungen an Seil 1/16 und Seil 2/16 sehr eindrucksvoll, dass die Kombination aus großen Krümmungsradien durch den Einsatz verdichteter Litzen sowie die verkürzte Abstützung der Litzenlagen sehr wirkungsvoll ist, um die Lebensdauer zu steigern. Bei hohen Lasten, hier am Sprungpunkt bei D/d = 25, erreicht Seil 2/16 nur rund 56 % der Biegewechsel von Seil 1/16. Experimentelle Untersuchungen 121 4.3 Magnetinduktive Seilprüfung Zur Untersuchung der Drahtbruchentwicklung wurde ein Versuch mit Seil 2/16 bei D/d = 25 mehrfach durchgeführt. In einem ersten Versuch bei einer Last von S = 100 kN (S/d² = 391 N/mm²) wurde es bis zur Ablegereife gefahren und hierbei eine Biegewechselzahl von 10100 erreicht. Die gewählte Belastung liegt etwas unter dem bereits ermittelten Sprungpunkt mit S = 104,6 kN. Zwei folgende Versuche wur- den zum Zweck der magnetinduktiven Seilprüfung und der Validierung der Mess- ergebnisse nach 5000 sowie 8000 Biegewechseln beendet. Nach der magnetindukti- ven Prüfung beider Versuchsseile wurden diese geöffnet und mikroskopisch unter- sucht. Einige dieser Aufnahmen finden sich in Kapitel 4.4. Die Überprüfung des Seils nach 5000 Biegewechseln zeigte äußerlich keine visuell erkennbaren Schäden und auch die Auswertung des magnetinduktiven Mess- schriebs zeigte keine Auffälligkeiten. Nach dem Öffnen und Zerlegen des Seils wur- den schließlich keine Drahtbrüche aufgefunden jedoch starke Druckstellen zwischen der äußeren Litzenlage und der Einlage festgestellt. Auch das Versuchsseil, das nach 8000 Biegewechseln abgelegt wurde, zeigte äußerlich keine Drahtbrüche. Dagegen zeigte der Messschrieb der magnetinduktiven Prüfung zwei auffällige Stellen, welche als Drahtbrüche gewertet wurden. Nach dem Öffnen des Seils kamen 4 Drahtbrüche auf der zur Seileinlage gewandten Seite der Außenlitzen zum Vorschein. Zwei dieser Drahtbrüche waren dem Messschrieb zuzu- ordnen. Die beiden anderen Drahtbrüche konnten erst durch eine taktile Prüfung durch Biegen und Verdrehen der Litzen erkannt werden. Zwischen den Drahtbruch- enden dieser beiden Drahtbrüche bestand demnach kein Luftspalt, so dass die Er- kennbarkeit bei der magnetinduktiven Prüfung physikalisch unmöglich war. Alle auf- gefundenen Drahtbrüche lagen im Bereich der Druckstellen aus Kontakt von Außenlitzen und Seileinlage. Der bis zur Ablegereife gefahrene Versuch zeigte ebenfalls zunächst keine Drahtbrü- che. Erst bei 10000 Biegewechseln wurde ein Drahtbruch festgestellt, kurz darauf bei 10100 Biegewechseln kam es zum Bruch der ersten Litze. Die drei Versuche bewei- sen somit, dass die unsichtbare Schädigung im Seilinneren zum Versagen des Seils geführt hat. Bei derart hohen Lasten ist die Ablegereife somit nicht allein durch visu- elle Kontrolle erkennbar. Vom ersten sichtbaren Drahtbruch bis zum Bruch der ersten Litze bleibt nicht genug Zeit um den kritischen Seilzustand zu erkennen. Es ist mit 122 Experimentelle Untersuchungen einem plötzlichen Seilversagen zu rechnen. Nur bei permanenter Überwachung des Seils könnte die rechtzeitige Schadenserkennung möglich sein. Auch die magnetinduktive Prüfung stößt bei diesem Seil an ihre physikalischen Grenzen. Durch die Querpressung zwischen den Außenlitzen und der Seileinlage werden Drahtbruchenden eher zusammengedrückt anstatt sich weiter zu öffnen. Ohne ausreichenden Luftspalt entsteht kein detektierbares magnetisches Streufeld und somit ist die Drahtbrucherkennung nicht immer gewährleistet. 4.4 Mikroskopie Für die mikroskopischen Untersuchungen steht ein Digitalmikroskop mit Objektiven für Vergrößerungen bis zu 1000-fach zur Verfügung. Die meisten der hier gezeigten Aufnahmen wurden mit einem Objektiv mit 20- bis 200-facher Vergrößerung durch- geführt. Um Reflexionen zu minimieren, wurde für die Beleuchtung mit Auflicht ein Diffusor eingesetzt, der für eine starke Streuung sorgt. Weiterhin auftretende Reflexi- onen können am Mikroskop in Echtzeit digital reduziert werden. Für Aufnahmen mit räumlicher Tiefe ist die Tiefenschärfe des Objektivs nicht immer ausreichend. In die- sem Fall kann aus mehreren Aufnahmen in unterschiedlichen Aufnahmeebenen ein Einzelbild erstellt werden, das im gesamten Betrachtungsbereich scharf ist. 4.4.1 Vergleich zweier Seile im Neuzustand Um einen Überblick über den Anlieferungszustand der Versuchsseile zu bekommen, werden im Folgenden Seil 1/16 und Seil 2/16 vorgestellt. Es handelt sich bei beiden Seilen um 2-lagige Konstruktionen. Abbildung 49 und Abbildung 50 zeigen jeweils eine Außenlitze dieser Seile im Neuzustand. Experimentelle Untersuchungen 123 Abbildung 49: Außenlitze von Seil 1/16, Neuzustand Abbildung 50: Außenlitze von Seil 2/16, Neuzustand 124 Experimentelle Untersuchungen Seil 1/16 verfügt über kompaktierte Außenlitzen. Auch die Seileinlage ist leicht kom- paktiert, so dass eine größtmögliche Auflagefläche zwischen den Litzenlagen erreicht wird. Die Berührradien der Drähte der äußeren Litzenlage zur Seileinlage entspre- chen in etwa den Radien der Litzen. Abbildung 49 zeigt außerdem, dass die Litze im Neuzustand keine Druckstellen aufweist. Seil 2/16 ist nicht kompaktiert. Die Litzenlagen liegen an einzelnen Punkten aufei- nander auf, wobei die Berührradien theoretisch den Drahtradien entsprechen. Bei der Fertigung des Seils wurde dieses Seil bereits so stark zusammengedrückt, dass es zu deutlichen Abdrücken der Seileinlage auf den Außenlitzen kommt3. Wie Abbildung 50 zeigt, sind jeweils mindestens zwei nebeneinander liegende Drähte von dieser Pressung betroffen. Der Drahtquerschnitt ist im Bereich der Druckstellen nicht nur verringert, sondern erfährt auch eine Kerbwirkung. Zur Veranschaulichung der unterschiedlichen Aufliegebedingungen zwischen den Litzenlagen wird eine Pressungsberechnung mit den Formeln von Hertz aus Kapitel 3.6 vorgenommen. Es wird vereinfacht nur die Hertz‘sche Pressung zwischen 2 ge- raden Drähten berechnet. Die zusätzliche Krümmung, die sich durch die Wendelung des Drahtes in der Litze ergibt, wird für die beispielhafte Betrachtung nicht berück- sichtigt. Für Seil 2/16 werden die Drahtdurchmesser zur Krümmungsberechnung herangezogen, für das kompaktierte Seil 1/16 die Litzendurchmesser. Es wird ein Kreuzungswinkel von 40° angesetzt. Maße der Drähte von Seil 2/16: Durchmesser Außendraht auf Außenlitze A,2 : 0,85 mm Durchmesser Außendraht auf Innenlitze A,1 : 1,14 mm Berechnung mit  1,22 Maße der Litzen von Seil 1/16: Durchmesser Außenlitze d2,A: 2,6 mm Durchmesser Innenlitze d1,A: 3,8 mm Berechnung mit  1,23 3 Bei der Seilfertigung werden nach dem Verseilpunkt Pressbacken oder Rollen eingesetzt, um den endgültigen Seildurchmesser einzustellen. Liegen die Drahtdurchmesser eher am oberen Maximum der Toleranz muss stark nachgedrückt werden, die Druckstellen werden somit tiefer. Liegen die Drahtdurchmesser im unteren Toleranzbereich muss weniger nachgedrückt werden, die Druckstellen fallen geringer aus. Experimentelle Untersuchungen 125 Abbildung 51: Vergleich der Pressung zwischen Drähten von Seil 1/16 und Seil 2/16 Abbildung 51 zeigt den Vergleich der berechneten Pressung zwischen ebenen (= nicht verseilten) Drähten. Es wird deutlich, welchen enormen Einfluss die Draht- krümmung gegeben durch Drahtdurchmesser und Kompaktierung hat. Bei Seil 2/16 wird die Pressungsberechnung mit sehr kleinen Krümmungsradien anhand der rea- len Drahtradien durchgeführt, wohingegen für die Drähte von Seil 1/16 die viel größe- ren Radien der kompaktierten Litzen eingesetzt werden. Im Beispiel sieht man, dass bei einer Presskraft von 200 N die Pressung mehr als halbiert werden kann, wenn möglichst ideale Aufliegebedingungen (durch große Krümmungsradien) vorliegen. 4.4.2 Analyse von Drahtbrüchen Anhand der makroskopischen Form von Drahtbrüchen können bereits Aussagen über deren Entstehung getroffen werden. Mit zusätzlicher mikroskopischer Betrach- tung der Oberflächen des Bruchs und der angrenzenden Flächen können Drahtbrü- che klassifiziert werden. Presskraft P0 [N] 0 100 200 300 400 500 H e rt z' sc h e P re ss u n g p 0 [ N /m m ²] 0 2000 4000 6000 8000 10000 Pressung für Drähte von Seil 2/16 Pressung für Drähte von Seil 1/16 α 126 Experimentelle Untersuchungen Duktiler Bruch (Trichterbruch): - Typische Einschnürung - Reine Zugbelastung Scherbruch (Schrägbruch): - Trennflächen unter 45° zur Drahtachse - Verformungsarmer Gewaltbruch - Kombination aus Zugbeanspru- chung und Querpressung Ermüdungsbruch (Dauerbruch): - Ausbreitung ca. 90° zur Draht- achse - Typische Rastlinien - Häufig in Kombination mit Ober- flächenschäden als Bruchaus- gangsort Experimentelle Untersuchungen 127 Ermüdungsbruch mit Bruchausgang an Oberflächenverletzung: - Ausbreitung ca. 90° zur Draht- achse - Druckstelle / Reibstelle verletzt die Drahtoberfläche Verformungsarmer Gewaltbruch - Ähnelt Ermüdungsbruch - Bruchfläche zeigt Wabenstruktur des Gewaltbruchs - Ausgelöst durch Oberflächenver- letzung Tabelle 4.5: Bewertung von Drahtbrüchen (Bilder: Lehrplakat der EMPA) Mit Hilfe der Bruchbilder und deren Bewertung in Tabelle 4.5 werden Drahtbrüche auf den Außenlitzen von Seil 2/16 nach Biegeversuchen mit mittleren und extrem hohen Belastungen nahe dem Sprungpunkt untersucht. Die gewählten Belastungen sind bei D/d = 25 die Seilzugkräfte S = 60 kN und 110 kN. Das zugehörige Lebens- dauerdiagramm findet sich in Abbildung 52. 128 Experimentelle Untersuchungen Abbildung 52: Lebensdauerdiagramm zu Seil 2/16, d = 16 mm, D/d = 25 Zur Erklärung der Schadensentstehung werden Mikroskopaufnahmen ausgewählter Drahtbrüche aus den entsprechenden Versuchsseilen vorgestellt und analysiert. Die folgenden Drahtbrüche Abbildung 53 bis Abbildung 55 stammen aus einem Versuch bei D/d = 25 und S = 60 kN (S/d² = 234 N/mm²) und sind in 200-facher Vergrößerung dargestellt. Die Belastung des Seils liegt deutlich unterhalb des Sprungpunktes von 104,6 kN bei einem Sicherheitsfaktor von rund 3,5. Das Seil erreichte im Versuch 22768 Biegewechsel, bis es auf Grund gebrochener Litzen abgelegt wurde. Abbildung 56- Abbildung 58 Abbildung 53- Abbildung 55 Experimentelle Untersuchungen 129 Abbildung 53: Drahtbruch mit Anzeichen von Ermüdung Der Drahtbruch in Abbildung 53 zeigt an den mit Pfeil gekennzeichneten Positionen Druckstellen, die wahrscheinlich Ausgangsort für den Anriss sind. Die in etwa recht- winklig zur Seilachse verlaufende Bruchfläche deutet darauf hin, dass es sich um einen Ermüdungsbruch handelt, der sich halbkreisförmig ins Drahtinnere fortsetzt. Die Überlastung des Drahtes führt schließlich zum Restbruch. 130 Experimentelle Untersuchungen Abbildung 54: Ermüdungsbruch Abbildung 54 zeigt einen Ermüdungsbruch mit großen Druckstellen, die den Riss des Drahtes einleiten. Der Ermüdungsbruch breitet sich über etwa die Hälfte des Draht- querschnittes aus, ehe es zum vollständigen Bruch kommt. Experimentelle Untersuchungen 131 Abbildung 55: Verformungsarmer Gewaltbruch, Längsriss innen Die Kombination aus Querbeanspruchung / Oberflächenverletzung und Zugkraft führt zu einem verformungsarmen Gewaltbruch. Wie in Abbildung 55 gezeigt, tritt zudem ein Riss in Längsrichtung des Drahtes im Drahtinneren ein. Bei dieser Belastung von S = 60 kN, also unterhalb des Sprungpunktes, wurden alle Formen von Drahtbrüchen festgestellt. Die Drahtbrüche sind teilweise deutlich durch Ermüdungsspuren gekennzeichnet. Die Untersuchung aller gerissenen Litzen des Versuchsseils zeigt dabei bereits, dass viele der Drahtbrüche in der Nähe einer Oberflächenverletzung im Bereich der Kontaktstellen zur Seileinlage auftreten. Die folgenden Drahtbrüche (Abbildung 56 bis Abbildung 58) stammen aus einem Versuch bei D/d = 25 und S = 110 kN (S/d² = 430 N/mm²) und sind ebenfalls in 200-facher Vergrößerung dargestellt. Die Belastung des Seils liegt mit S = 110 kN leicht oberhalb des Sprungpunktes von 104,6 kN bei einem Sicherheitsfaktor von rund 1,9. Das Seil erreichte im Versuch 5307 Biegewechsel, bis es abrupt vollständig riss. 132 Experimentelle Untersuchungen Abbildung 56: Gewaltbruch mit Druckstelle Abbildung 56 zeigt einen Gewaltbruch mit starker Einschnürung. Der Draht ist im Be- reich der Druckstelle extrem abgeflacht. Mit Pfeil gekennzeichnet ist die Stelle am Rand der Druckstelle, die wahrscheinlich zum Riss geführt hat. Experimentelle Untersuchungen 133 Abbildung 57: Scherbruch Bei hoher Querbeanspruchung kommt es zum Scherbruch des Drahtes wie in Abbil- dung 57 gezeigt. Dieser ist gekennzeichnet durch die in etwa 45° zur Drahtachse stehende, glatte Bruchfläche. Ein solcher Bruch tritt, ähnlich wie ein reiner Spröd- bruch, mit einer sehr geringen Bruchdehnung des Drahtes ein. Eine geringe Bruch- dehnung der Drähte im Seil führt dazu, dass Längenunterschiede infolge Verschie- bungen im Seil bei der Biegung über die Seilscheibe nur schlecht ausgeglichen werden können. Der Draht versagt plötzlich. 134 Experimentelle Untersuchungen Abbildung 58: Gewaltbruch Abbildung 58 zeigt einen reinen Gewaltbruch mit typischer Einschnürung. Der Draht ist auf Grund zu hoher Zugbelastung gerissen. Bei dieser Belastung oberhalb bzw. Nahe des Sprungpunkts wurden nur Drahtbrüche festgestellt, die durch Überlastung gekennzeichnet sind. Die Drahtbrüche zeigen keine Ermüdungsspuren. Die Untersuchung aller gerissenen Litzen des Versuchs- seils zeigt, dass viele der Drahtbrüche in der Nähe extremer Druckstellen im Bereich der Kontaktstellen zur Seileinlage auftreten. Die magnetinduktive Seilprüfung an Seil 2/16 (siehe 4.3) zeigt bereits, dass bei hohen Lasten die Seilschädigung im Seilinneren beginnt. Mit Hilfe der Mikroskopauf- nahmen von Drähten von Seil 2/16 aus Versuchen mit Lasten unterhalb und ober- halb des Sprungpunkts wird nachgewiesen, dass sich das Schädigungsverhalten mit steigender Last verschiebt von Drahtbrüchen auf Grund von Materialermüdung hin zu Drahtbrüchen auf Grund von Überlastung durch Zug- bzw. der Kombination aus Zug- und Querbeanspruchung. Es wird deutlich, dass Oberflächenschäden des Drahtes zum Anriss führen. Der für diese Schäden besonders anfällige Bereich liegt, wie anhand Abbildung 56 und Abbildung 57 gezeigt, im Seilinneren im Kontaktbe- Experimentelle Untersuchungen 135 reich zwischen äußerer Litzenlage und Seileinlage. Die Ergebnisse der magnetinduk- tiven Seilprüfung lassen sich somit mit Hilfe der mikroskopischen Untersuchung er- klären. Unterstützt werden die Ergebnisse durch die theoretische Pressungsberech- nung (siehe 3.6 und 4.4.1) und die Ergebnisse der FEM-Berechnung von Ziegler und Weis (siehe 2.4.11). Auf Grund der sehr kleinen Krümmungsradien an den Kontakt- stellen der Drähte zwischen äußerer Litzenlage und Seileinlage, treten hier extreme Pressungen mit plastischen Verformungen auf. 4.4.3 Vermessung von Druckstellen Die Drähte von Seil 2/16 der Versuchsreihen aus Kapitel 4.3 und insbesondere die Druckstellen auf den zuerst gebrochenen Drähten der Außenlitzen wurden mikrosko- pisch vermessen. Vom Seil aus dem Biegeversuch bis 8000 Biegewechsel wurden die äußeren Litzen abgelöst und anschließend der am stärksten belastete Bereich gesucht. Hierbei handelt es sich um die Biegezone, welche eindeutig mit dem bloßen Auge an den deutlich sichtbaren Druckstellen der Außenlage auf der Einlage er- kennbar ist. Aus diesem Seilabschnitt wurde eine Litze exemplarisch ausgewählt um die auftretenden Druckstellen entlang der Litze zu untersuchen. Dabei wurde zu- nächst die Form und Ausprägung der Druckstellen von Drähten der Außenlitzen untersucht. Die folgenden Abbildungen (Abbildung 59 bis Abbildung 62) ermöglichen einen direkten Vergleich des Zustands der Drähte eines neuen Seils mit denen des Seiles nach 8000 Biegewechseln [Reinelt et al. 2013]. Die hier vorgestellte Vorgehensweise macht es erforderlich, gleiche Dauerbiegever- suche mehrfach durchzuführen. In einem ersten Versuch muss mittels magnetinduk- tiver Prüfung festgestellt werden, nach welcher Biegewechselzahl eine Anfangs- Schädigung auftritt. Weitere Dauerbiegeversuche müssen dann bei gleicher Belas- tung wiederholt und bei der ermittelten Biegewechselzahl, bei der diese anfängliche Schädigung messbar wurde, beendet werden, um das Seil vor seiner vollständigen Zerstörung öffnen zu können. Da diese Vorgehensweise sehr zeitaufwändig ist (Dauer für Probenvorbereitung, Versuchsdurchführung, magnetinduktive Prüfungen und mikroskopische Schadensanalyse) und zusätzliche Maschinenkapazität bean- sprucht, wurde diese Untersuchung nur an einem Seil exemplarisch durchgeführt. Die folgende Vermessung von Druckstellen erfolgt an Drähten jeweils einer Litze. Da das Seil bei der Fertigung rundum gleich belastet wird, treten auf allen Litzen ver- gleichbare Druckstellen auf. Für die mikroskopische Untersuchung von Drähten, 136 Experimentelle Untersuchungen nach einer bestimmten Anzahl Biegewechsel, wird jeweils eine Litze geöffnet. Da jede Litze im Bereich der Biegezone mindestens einmal in Kontakt mit der Seilschei- be kommt, treten auch entlang jeder Litze vergleichbare Schäden auf. Somit ist die Untersuchung von jeweils einer Litze ausreichend, um eine Aussage über das Fort- schreiten der Schädigung zu treffen. Abbildung 59: Druckstellen Neuzustand Abbildung 60: Druckstellen nach 8000 Biege- wechseln Abbildung 61: Seitenansicht zu Abb. 59 Abbildung 62: Seitenansicht zu Abb. 60 Die mikroskopische Vermessung der Tiefe der Druckstellen, ausgehend von der Drahtoberfläche, lässt den Verschleißzustand des Seiles erkennen. Während bei diesem Seil im Neuzustand bereits Druckstellen mit einer Tiefe von 70 μm bis 100 μm vorliegen, ist die Tiefe nach 8000 Biegewechseln auf 120 μm bis 190 μm angestiegen. Dies entspricht einer Zunahme von ca. 70 % bis 90 %. Experimentelle Untersuchungen 137 Abbildung 63: Riefen in Druckstelle nach 8000 Biegewechseln (150x) Abbildung 63 zeigt eine Druckstelle auf einem Außendraht einer Außenlitze von Seil 2/16 nach 8000 Biegewechseln bei einer Belastung von S = 100 kN und D/d = 25. Diese Druckstelle tritt am Berührpunkt der Außenlitzen zur darunter liegenden Litzen- lage auf. Die mikroskopischen Aufnahmen bei 150-facher Vergrößerung zeigen im Kerbgrund deutliche Reibspuren. Diese zeigen nicht nur die Richtung der Relativ- bewegung der Litzen bei der Biegung über Scheiben an, sondern sind auch ein Zeichen dafür, dass bei hohen Lasten die Schmierung an ihre Grenzen stößt. Das zugehörige tribologische System, bekannt aus dem allgemeinen Maschinenbau, wird in 3.1 auf das Drahtseil übertragen und für die mikroskopischen Betrachtungen vorausgesetzt. Im System Draht-Schmierstoff-Draht kommt es mehr und mehr zu einer Mischung aus Gleiten und Reiben, wodurch die Materialabtragung beschleunigt wird. Gleichzeitig kommt es zu Schubspannungen, die die Entstehung von Reib- dauerbrüchen begünstigen. Die Vermessung der Druckstellen am Mikroskop wird in Abbildung 64 und Abbildung 65 gezeigt. 138 Experimentelle Untersuchungen Abbildung 64: Druckstelle nach 8000 Biege- wechseln Abbildung 65: Breite der Druckstelle Mit den Abmessungen von Seil 2/16 wurde die Sperrung in den Außenlitzen entspre- chend den Formeln (3.12) bis (3.14) aus Kapitel 3.2 berechnet. Die Durchmesser der Drähte im Neuzustand sowie im gebrauchten Zustand wurden für diese Berechnung der mikroskopischen Vermessung entnommen. Durchmesser Außendraht zweite Litzenlage: d2,A = 0,85 mm Durchmesser Kerndraht zweite Litzenlage: d2,K = 0,94 mm Anzahl der Drähte in der Drahtlage: 6 Schlagwinkel der Drähte in der Litze αD: 18° Mit diesen gemessenen Drahtdurchmessern ergibt sich eine Sperrung sQ = 0,0128 mm bzw. s = 0,0122 mm. Addiert man die Sperrungen s in einer Litze, erhält man den maximalen seitlichen Spielraum der Drähte mit 0,073 mm. Wird ein einzelner Draht also um diesen Wert seitlich verschoben, werden alle Drähte am Litzenumfang verschoben, bis nur noch ein einzelner Luftspalt von 0,073 mm vor- handen ist. Die mikroskopische Vermessung eines Außendrahts nach 8000 Biege- wechseln (D/d = 25 und S = 100 kN) zeigt, dass dieser Draht an der breitesten Stelle rund 1,01 mm misst, also durch die Quetschung um 0,16 mm breiter gedrückt wurde. Die starke Querbeanspruchung der Drähte am Kreuzungspunkt der Litzenlagen zer- stört somit die ursprüngliche Sperrung zwischen den Drähten, wodurch die Beweg- lichkeit innerhalb der Litzen behindert wird. Es entsteht eine zusätzliche Beanspru- chung auf die Drähte, die sich negativ auf die Seillebensdauer auswirkt. Mit Hinblick auf die Kerbtheorie (siehe Kapitel 3.7) wird auch der Abstand der beiden Druckstellen gemessen und aus der Seitenansicht der Radius der „Kerbe“ vermes- sen. Der Abstand b der Druckstellen beträgt rund 2 mm. Im gebrauchten Zustand Experimentelle Untersuchungen 139 des Seils werden Tiefen t zwischen 0,12 mm und 0,19 mm gemessen mit Radien von ca. 0,95 mm bis 1,6 mm. Setzt man die Formeln (3.33) bis (3.36) aus 3.7 für die Be- rechnung der Formzahl αk für flache Kerben ein, so ergeben sich Werte zwischen 1,55 und 1,89. Die Betrachtung der Kerbnähe b/t ergibt für die Kerbe mit t = 0,120 mm einen Wert von 16,66 und hätte somit gemäß Abbildung 33 keine ent- lastende Wirkung. Für eine Tiefe von t = 0,19 mm ist die Kerbnähe b/t = 10,53. Unter der Annahme, dass die Formeln für umlaufende Kerben auch für Druckstellen auf Drähten von Seilen anwendbar sind und beide Kerben gleicher Gestalt sind, ist eine geringfügige entlastende Wirkung möglich. Aus Abbildung 33 kann für diesen Fall eine Entlastungszahl γ von ca. 0,98 abgelesen werden. Dadurch wird entsprechend Formel (3.36) die Kerbtiefe t auf die wirksame Kerbtiefe teff verringert, somit auch die Formzahl αk verkleinert, wodurch die Maximalspannung σk,max in der Kerbe sinkt. Anders als im allgemeinen Maschinenbau, wo Kerben z. B. bewusst in Form eines Freistichs [DIN 509] eingesetzt werden, um die Spannungen im Bauteil positiv zu beeinflussen, können im Seil nur schwer definierte Kerben zur Entlastung einge- bracht werden. Die Anordnung der Kerben in Form von Kontaktbereichen, den hier vorgestellten Druckstellen, ergibt sich durch die Geometrie des Seils, aus Draht- durchmessern, Schlagwinkeln und Schlaglängen. Inwieweit es möglich ist, diese Druckstellen durch Anpassung der Seilgeometrie gezielt so zu verlagern bzw. anzu- ordnen, dass deren Kerbwirkung analog zur Kerbreihe abgeschwächt werden kann, ist durch eine separate Untersuchung zu ermitteln. 4.5 Querpressversuche Zwei Drähte werden unter einer realistischen Vorspannung und einem definierten Winkel mit Hilfe eines Hydraulikzylinders gegeneinander gepresst. Dabei dient der eine Draht als Versuchsdraht, der schließlich unter bestehender Querpressung zer- rissen wird und der andere Draht als reiner Gegenspieler, der die Kontaktbedingun- gen Winkel und Krümmungsradius vorgibt. Durch die realistische Vorspannung des Gegnerdrahtes soll gewährleistet werden, dass auch dieser sich unter Querpressung realistisch verformt. Je nach Höhe der Vorspannung ist der Draht mehr oder weniger stark elastisch verformt und kann entsprechend mehr oder weniger Querbelastung aufnehmen, ehe er sich plastisch verformt. Die Vorspannung sorgt dafür, dass die Drähte nicht nur platt gequetscht werden, sondern auch in Längsrichtung Verformung aufnehmen. 140 Experimentelle Untersuchungen Die Vorrichtung ermöglicht es, den Berührwinkel der beiden Drähte und die Vor- spannung des Gegnerdrahtes stufenlos einzustellen. Die Vorspannung des Ver- suchsdrahts erfolgt durch die Zugprüfmaschine des Instituts. Sind beide Drähte vor- gespannt, wird mit einem manuell betätigten Hydraulikzylinder eine Presskraft auf die Drähte aufgebracht. Die Drähte liegen hierbei an flachen, gehärteten Scheiben an. Im Gegensatz zu den bereits in 2.4 vorgestellten Versuchen, wird die Querverfor- mung des Drahtes nicht durch Führungsrillen oder Nuten behindert. Die Wahl der Drahtdurchmesser und damit die Wahl der aufeinander treffenden Krümmungsradien legt die mögliche Hertz’sche Pressung fest. Ein Schema des Ver- suchsaufbaus in Anlehnung an [Mangelsdorf 2013] findet sich in Abbildung 66. Die Zugkraft am Versuchsdraht wird als FZ,1 bezeichnet, die Zugkraft am Gegnerdraht als FZ,2. Abbildung 66: Schema des Versuchsaufbaus Mit dieser Vorrichtung werden Versuchsreihen durchgeführt, bei denen Drähte unter verschiedenen Querkräften zerrissen werden. Mit steigender Querkraft FQ sinkt die Bruchkraft FB. Anhand des Verlaufs der ermittelten Bruchkräfte unter Querbeanspru- chung soll festgestellt werden, ob verschiedene Drähte unterschiedlich empfindlich auf Querbeanspruchung reagieren. FZ,1 FZ,1 FZ,2 FZ,2 FQ FQ αvar hvar αvar Versuchsdraht Gegnerdraht Experimentelle Untersuchungen 141 Wie bereits in Kapitel 2.2 vorgestellt, werden grundlegende Drahteigenschaften wie Elastizitätsgrenze, Streckgrenze, Zugfestigkeit, Bruchdehnung, Brucheinschnürung und die Zahl der Hin- und Herbiegungen und Verwindungen vom Herstellverfahren beeinflusst. Ausgangsmaterial, Ziehverfahren und Wärmebehandlung müssen genau aufeinander abgestimmt sein, um eine bestimmte Drahtfestigkeit zu erreichen. Es ist jedoch nicht einfach die Parameter so zu wählen, dass der Draht gleichzeitig noch die für den Seildraht wichtige Duktilität erreicht. Die Drahteigenschaften sind in Längs- und Querrichtung verschieden [ed. Verein Deutscher Eisenhüttenleute 1969]. Insbesondere Stephenson [Stephenson 1983] geht auf unterschiedliche Ziehverfah- ren ein (siehe Kapitel 2.4.6), die in seinen Zerreißversuchen unter Querpressung zu merklich unterschiedlichen Versuchsergebnissen führen. In seinen Versuchen an thermisch gealterten Drähten sind die veränderten Drahteigenschaften jedoch nicht anhand der Biege- und Verwindezahlen erkennbar. Auch in den von Lutz [Lutz 1972] durchgeführten Biegeversuchen unter Querbeanspruchung (siehe Kapitel 2.4.3) zei- gen unterschiedlich gezogene Drähte unterschiedliche Versuchsergebnisse. Es wird deutlich, dass ein Draht durch sein Herstellverfahren typische Eigenschaften in Längs- und Querrichtung erhält. Die Untersuchung der Querdruckempfindlichkeit mittels eines erweiterten Zerreißversuchs soll somit ein zusätzliches Qualitätsmerk- mal des Drahtes liefern. Im Rahmen der folgenden Untersuchung werden die Herstellverfahren und chemi- schen Eigenschaften der Drähte nicht gezielt betrachtet, sondern ausschließlich ge- prüft, ob eine Querdruckempfindlichkeit von Drähten unterschiedlicher Festigkeit er- kennbar ist. Die große Anzahl möglicher Parameterkombinationen würde zu einer zu großen Anzahl an Versuchen führen, die aus zeitlichen Gründen im Rahmen dieser Arbeit eingeschränkt werden muss. Außerdem bereitet die Beschaffung stark unter- schiedlich hergestellter Drähte Probleme, da für den jeweiligen Versuchsdraht mit dem jeweiligen Herstellprozess eine relativ geringe Menge des gewünschten Aus- gangsmaterials benötigt wird, die aus wirtschaftlichen Gründen nicht beliebig verfüg- bar ist. Die folgenden Versuche werden daher auf zwei Untersuchungen aufgeteilt. Für die erste kommen Drähte aus der tatsächlichen Seilproduktion zum Einsatz, für die zweite werden gängige Drähte eines einzelnen Drahtherstellers verwendet. 142 Experimentelle Untersuchungen 4.5.1 Querpressvorrichtung Im Rahmen der Studienarbeit von Mangelsdorf entstand die benötigte Vorrichtung zum Aufbringen einer definierten Querbeanspruchung zwischen gespannten Seil- drähten [Mangelsdorf 2013]. Das Schema des Versuchsaufbaus ist bereits in Abbil- dung 66 vorgestellt. Abbildung 67: Versuchsaufbau zur Querpressung Abbildung 67 zeigt den Versuchsaufbau zur Querpressung eingebaut in den Rahmen (8) der Zugprüfmaschine. Der Versuchsdraht (1) ist senkrecht zwischen den Spann- backen (6) der Zugprüfmaschine eingespannt und wird durch den Hydraulikzylinder Experimentelle Untersuchungen 143 (7) der Zugprüfmaschine zunächst vorgespannt und im Laufe des Versuchs zerris- sen. Der Gegnerdraht (2) wird als Drahtring um die beiden Umlenkscheiben (5) ge- legt. Die nach hinten gerichtete Umlenkscheibe ist auf einer Linearführung beweglich gelagert und wird zur Vorspannung des Drahtes von einem manuell betätigten Hydraulikzylinder (4) bewegt. Die Spannung des Gegnerdrahtes über Umlenk- scheiben ermöglicht es, mehrere Versuche am gleichen Draht durchzuführen. Ist ein Zerreißversuch beendet, wird der Gegnerdraht verschoben, so dass für den folgen- den Zerreißversuch wieder ein unverformtes Drahtstück zur Verfügung steht. Die ge- samte Vorrichtung zur Spannung des Gegnerdrahts, bestehend aus den Umlenk- scheiben und dem Hydraulikzylinder, ist auf einem Träger montiert, der stufenlos gekippt werden kann, so dass eine freie Winkeleinstellung zum senkrechten Ver- suchsdraht möglich wird. Ein weiterer manuell betätigter Hydraulikzylinder (3) presst die beiden Drähte mit Hilfe ebener, gehärteter Pressbacken gegeneinander. Abbildung 68: Presszylinder und Versuchsdrähte im Detail Die Pressvorrichtung ist so ausgelegt, dass zwischen den Pressbacken Raum für zwei Drähte mit bis zu 5 mm Durchmesser ist. Mit einem maximalen Kolbenhub von 11 mm ist sichergestellt, dass auch alle dünneren Drähte gegeneinander gepresst und im extremsten Fall sogar vollständig zerquetscht werden können. Abbildung 68 zeigt den senkrecht stehenden Versuchsdraht und den leicht gekippten Gegnerdraht 144 Experimentelle Untersuchungen zwischen den beiden Pressbacken. Von links kommend wird über den Presszylinder die Presskraft auf den Versuchsdraht aufgebracht, der dadurch gegen den Gegner- draht gedrückt wird. Presszylinder und Spannzylinder sind theoretisch bis 700 Bar belastbar. Der Hydrau- likdruck wird jedoch auf Grund des eingesetzten Drucksensors auf 400 Bar begrenzt. Für den Presszylinder ergibt sich somit eine maximale Presskraft von 58 kN und für den Spannzylinder eine maximale Spannkraft von 26 kN. Die Messung der Kräfte erfolgt über elektronische Drucksensoren im Hydrauliksystem. Der Rahmen von Pressvorrichtung und Spannvorrichtung ist über leichtgängige Linearführungen (9) vertikal verschiebbar gelagert. Er kann entweder über die in Ab- bildung 67 sichtbaren Federn (10) in einer Ausgangsposition gehalten werden oder ohne diese Federn, an Seilen hängend, mittels Umlenkung und Gegengewicht in ei- ner Gleichgewichtslage positioniert werden. Die vertikale Verschiebbarkeit ermöglicht es der Vorrichtung, der Dehnung des Drahtes in Richtung der Zugkraft zu folgen. 4.5.2 Berechnete Spannungen anhand eines Versuchsseils Mit den Formeln aus Kapitel 3 lassen sich die Spannungen in Drahtlängsrichtung berechnen, die in einem ausgewählten Versuchsseil am Sprungpunkt auftreten. Im Biegeversuch mit D/d = 25 erreicht dieses Seil eine Donandtkraft von 104650 N. Die zuerst beschädigten Drähte dieses Seiles sind die Außendrähte der äußeren (zwei- ten) Litzenlage und die Außendrähte der inneren (ersten) Litzenlage. Das Vermessen der Drähte ergab folgende Durchmesser: Außendraht erste Litzenlage: d1,A = 1,14 mm Außendraht zweite Litzenlage: d2,A = 0,85 mm Mit der aufgebrachten Donandtkraft ergeben sich folgende Drahtspannungen: Zug-Spannung im Außendraht der ersten Litzenlage: σZ,1,A = 965 N/mm² Zug-Spannung im Außendraht der zweiten Litzenlage: σZ,2,A = 855 N/mm² Die Biegespannungen in den Drähten ergeben sich für D/d = 25 und der Näherungs- formel von Reuleaux zu: Biege-Spannung im Außendraht der ersten Litzenlage: σB,1,A = 560 N/mm² Biege-Spannung im Außendraht der zweiten Litzenlage: σB,2,A = 415 N/mm² Insgesamt ergeben sich aus der Addition die maximalen Drahtlängsspannungen σL,1,A = 1525 N/mm² und σL,2,A = 1270 N/mm². Es fällt auf, dass die Drähte, bezogen Experimentelle Untersuchungen 145 auf die Drahtnennfestigkeit von 1960 N/mm², bereits sehr hoch belastet sind. Für das gespannte und ungebogene Seil ergibt das bereits eine Belastung von 49 % bzw. 44 %. 4.5.3 Gewählte Belastungen Die Versuche unter Querpressung des Drahtes sollen unter vergleichbaren Lastver- hältnissen durchgeführt werden. Es wird also ähnlich wie bei den Biegeversuchen ein Bezugswert gesucht, der es ermöglicht, die Versuchsergebnisse verschiedener Drahtdurchmesser miteinander zu vergleichen. Die Belastungen der Drähte werden daher auf die gemessene Bruchkraft FZ,0 ohne Querpressung oder auf die Mindest- bruchkräfte Fmin, berechnet aus Nennfestigkeit und Nenndurchmesser bezogen, und können somit in Prozent dieser Kräfte angegeben werden. Mit der im Versuch ermittelten Donandtkraft und den analytisch berechneten Drahtspannungen am Sprungpunkt wird zunächst eine realitätsnahe Vorspannung der Drähte gewählt. An den vorgespannten Drähten werden mindestens 5 Zerreiß- versuche mit jeweils unterschiedlichen Querkräften durchgeführt, um den Abfall der Bruchkräfte unter Querbeanspruchung zu ermitteln. Da die Dehngrenze Rp,02 bei Seildrähten bei etwa 75 % bis 95 % der Bruchfestigkeit liegt, wird die Vorspannung für die ersten Versuchsreihen auf maximal 50 % der Bruchfestigkeit begrenzt. Diese Belastung soll zum Einen sicherstellen, dass der Versuchsdraht nicht bereits vor der Belastung durch die Querkraft zu fließen beginnt, zum anderen aber auch noch bei der kombinierten Belastung aus Zug- und Querkraft Versuche ohne plötzliches Versagen möglich sind. Basierend auf den Berechnungen aus 4.5.2 erscheint eine Vorspannung auf 50 % der Bruchfestigkeit sinnvoll, da diese Belastung nahe dem Sprungpunkt tatsächlich auftritt. 4.5.4 Versuchsdrähte Als Versuchsdrähte für die Zerreißversuche unter Querpressung werden in einem ersten Projekt A zunächst Drähte verwendet, deren Dimensionen zum Versuchsseil Seil 2/16 passen. Es werden die beiden Drahtdurchmesser untersucht, die im Ver- such als erstes versagten, und für die bereits Spannungsberechnungen durchgeführt wurden. Hierbei handelt es sich um den Außendraht der äußeren Litzenlage und den Außendraht der inneren Litzenlage mit den Durchmessern d1,A = 1,14 mm und d2,A = 0,85 mm. Die Drähte wurden beim Seilhersteller in jeweils 3 Nennfestigkeiten 146 Experimentelle Untersuchungen geordert. Die tatsächlich zur Verfügung stehenden Drähte sind in Tabelle 4.6 aufge- führt. Bezeichnung d [mm] Rnenn [N/mm²] Drahthersteller Draht A1 0,86 1770 1 Draht A2 1,15 1770 2 Draht A3 0,85 1960 2 Draht A4 1,05 1960 2 Draht A5 0,86 2260 2 Draht A6 1,15 2260 1 Tabelle 4.6: Drähte zu Versuchsseil Seil 2/16 vom Seilhersteller geliefert Mit diesen Drähten wurden Zerreißversuch, Hin- und Herbiegeversuch sowie Ver- windeversuch gemäß 2.3 durchgeführt. Die erreichten Werte sind in Tabelle 4.7 auf- geführt. Alle Versuchsdrähte erreichen die Normvorgaben problemlos. Bezeichnung Bruchkraft [N] RIst [N/mm²] Biegungen Verwindungen Draht A1 1075,5 1851,6 31 81 Draht A2 2051,0 1974,6 34 47 Draht A3 1229,5 2166,8 21 88 Draht A4 1863,9 2152,6 37 46 Draht A5 1333,5 2295,6 20 86 Draht A6 2375,3 2286,8 38 37 Tabelle 4.7: Ergebnisse der Normversuche an Drähten zu Versuchsseil 2/16 In einem weiteren Schritt wird für Projekt B der Durchmesserbereich vergrößert und die Drähte werden nur bei einem einzigen Drahthersteller geordert. Für diese Unter- suchung wurde Wert darauf gelegt, nur Drähte einzusetzen, die vergleichbar und mit einem für die Anwendung realistischen Verfahren hergestellt wurden. Die chemische Zusammensetzung der Drähte entspricht üblichen Werten und wurde nicht speziell für die Versuche angepasst. Auf diese Weise soll gewährleistet werden, dass die Versuchsergebnisse einen realistischen Eindruck über die Qualität gängiger Draht- produkte liefern. Anfängliche Überlegungen, alle Drähte z. B. mit gleichem Kohlen- stoffgehalt zu bestellen, wurden verworfen, da dies nicht mit der Praxis der Drahther- stellung einhergeht. Nach Rücksprache mit dem Hersteller zeigte sich, dass Drähte Experimentelle Untersuchungen 147 je nach Durchmesser in unterschiedlichen Qualitäten geliefert werden können, die insbesondere vom Patentierverfahren abhängen. Die bleibadpatentierten Drähte sind dabei qualitativ hochwertiger als luftpatentierte Drähte und entsprechend teurer. Un- ter diesen Voraussetzungen wurden die Drähte bleibadpatentiert (= Patentieren mit Abkühlen im Bleibad) und sofern lieferbar, zusätzlich in einfacherer Qualität, also luftpatentiert (= Patentieren mit Abkühlen an Luft im Stelmor-Verfahren), bestellt. Die verwendeten Drähte sind in Tabelle 4.8 aufgeführt. Tabelle 4.9 zeigt die Ergebnisse der Normversuche. Auch die Versuchsdrähte aus Projekt B erreichen die geforderten Biege- und Verwindezahlen ohne Probleme. Bezeichnung d [mm] Rnenn [N/mm²] Patentierung Draht B1 0,8 1770 Bleibad Draht B2 1,2 1770 Bleibad Draht B3 2,4 1770 Bleibad Draht B4 0,8 1960 Bleibad Draht B5 1,2 1960 Bleibad Draht B6 2,4 1960 Bleibad Draht B7 0,8 2160 Bleibad Draht B8 1,2 2160 Bleibad Draht B9 2,4 2160 Bleibad Draht B10 2 1770 Bleibad Draht B11 2 1770 Luft (= Stelmor) Tabelle 4.8: Drähte von Hersteller 1 Bezeichnung Bruchkraft [N] RIst [N/mm²] Biegungen Verwindungen Draht B1 926,3 1842,8 35 90 Draht B2 2099,1 1856,0 37 79 Draht B3 7637,3 1688,2 36 86 Draht B4 1081,3 2151,1 37 43 Draht B5 2483,8 2196,2 39 36 Draht B6 8676,8 1917,9 36 39 Draht B7 1065,9 2120,7 21 44 148 Experimentelle Untersuchungen Draht B8 2400,5 2122,5 20 33 Draht B9 9473,1 2094,0 19 32 Draht B10 5665,3 1803,3 24 37 Draht B11 5569,8 1772,9 27 42 Tabelle 4.9: Ergebnisse der Normversuche an Drähten von Hersteller 1 Für Projekt B kann bereits festgestellt werden, dass insbesondere die Drähte mit d = 2,4 mm (B3, B6, B9), sowie die hochfesten Drähte d = 0,8 mm und d = 1,2 mm (B7, B8), nicht die geforderte Nennfestigkeit einhalten. 4.5.5 Versuchsergebnisse aus der Querpressvorrichtung Da die Querpressvorrichtung eine neuartige Versuchseinrichtung darstellt, wurde während des Forschungsprojektes auch der menschliche Einfluss auf die Versuchs- ergebnisse untersucht. Die Versuche wurden auf 2 Studenten aufgeteilt, die im Rahmen von jeweils einer Bachelorarbeit das Projekt A „Untersuchung des Einflus- ses der Querpressung auf die Bruchkraft hochfester Seildrähte“ [Hirner 2014] und das Projekt B „Untersuchung der Quer-Belastbarkeit hochfester Seildrähte“ [Maile 2014] durchführten. Um den menschlichen Einfluss bei der Anwendung der neuarti- gen Querpresseinrichtung zu untersuchen, werden im Folgenden die Versuchser- gebnisse separat dargestellt und bewertet. In der folgenden Abbildung 69 sind die Versuchsergebnisse der Drähte A1 bis A6 aus Projekt A in der jeweiligen Presspaarung gegen einen Draht des gleichen Durchmessers unter einem Berührwinkel von 90° dargestellt. Die aufgebrachte Querkraft FQ sowie die erreichte Bruchkraft werden auf die Bruchkraft FZ,0 des Drah- tes aus dem Zerreißversuch ohne Querpressung bezogen und somit als Prozentwert dieser Bruchkraft angegeben. Der Bezug auf die Bruchkraft FZ,0 des Drahtes ermög- licht den Vergleich von Versuchsergebnissen an Drähten unterschiedlicher Festig- keiten. Bei 0 % Querkraft FQ erreicht jeder Draht die Zerreißkraft FZ = 100 %, also genau die Bruchkraft FZ,0. Wird die Querkraft gesteigert, nimmt die erreichte Zerreiß- kraft um einen bestimmten Prozentwert ab, der je nach Drahtfestigkeit variiert. In Ab- bildung 69 sind Drähte der gleichen Nennfestigkeit und somit ähnlicher Ist-Festigkeit in den gleichen Farben dargestellt. In schwarz sind es die Drähte A1 und A2 der Nennfestigkeit R = 1770 N/mm², in grün die Drähte A3 und A4 der Nennfestigkeit R = 1960 N/mm² und in blau die Drähte A5 und A6 der Nennfestigkeit Experimentelle Untersuchungen 149 R = 2260 N/mm². Bei diesen Versuchen ist die Vorspannung des Drahtes auf dessen Nennbruchkraft bezogen und daher je nach Draht zwischen 1 % und 9 % niedriger als der Wert der gemessenen Bruchkraft. Oberhalb einer Querkraft von etwa 50 % von FZ,0 kommt es im Versuch zu einem deutlichen Eindringen der Drähte ineinander. Im Zuge des Eindringens sinkt die initial aufgebrachte Presskraft, der Draht fließt in Drahtlängsrichtung. In diesem Zustand starker plastischer Verformung ist zu beobachten, dass die erreichbaren Bruchkraft- werte von der Geschwindigkeit der Zunahme der Presskraft während dem Aufbrin- gen und dem Zeitpunkt der Zugkraftsteigerung für den Zerreißversuch abhängig werden. Für den Versuch (hier: konstante Vorspannung auf 50 % von FZ,0 durch Zugprüfmaschine) bedeutet das, dass ab Querkräften oberhalb von 50 % von FZ,0 ein sehr langsames Aufbringen der Querkraft dazu führen kann, dass der Versuchsdraht langsam aber stetig fließt. Die messbare Bruchkraft fällt bei einem solchen Versuch geringer aus, da der Drahtquerschnitt durch das stetige Fließen bereits stark verrin- gert ist. Wird die Querkraft dagegen sehr schnell aufgebracht, ist der Fließvorgang langsam genug, dass der Querschnitt des Drahtes beim Start des Zerreißversuchs noch weniger stark verringert ist und somit eine höhere Bruchkraft messbar ist. Da mit der manuell bedienten Pressvorrichtung die Presskraft nur als Anfangslast aufgebracht werden kann und nicht nachgeregelt wird, werden für die später folgen- de Versuchsauswertung durch Regressionsrechnung sicherheitshalber nur die Ver- suche bis zu einer Querkraft von 50 % von FZ,0 herangezogen, um so auszuschlie- ßen, dass die Ergebnisse durch den möglichen Zeiteinfluss verfälscht werden. Eine geregelte Einstellung der Querkraft z. B. durch zeitlich definierte Kraftzunahme konnte für diese exemplarische Versuchsreihe aus Zeit- und Kostengründen noch nicht realisiert werden. Dennoch werden mit der hier vorgestellten, relativ einfachen Vorrichtung Ergebnisse erzielt, die auch im Zusammenhang mit den Versuchsergeb- nissen aus dem AiF-Forschungsprojekt „Sprungpunkt“ bewertet werden können und zudem die Grundlage schaffen, den Versuchsaufbau weiter zu entwickeln. Entspre- chende Ansätze für die Weiterentwicklung finden sich im Ausblick dieser Arbeit. Die drei Nennfestigkeiten unterscheiden sich merklich in den erreichten bezogenen Bruchkräften je Querkraft sowie in der maximal einstellbaren Querkraft. Der Draht mit Nennfestigkeit 2260 N/mm² kann bei einer Vorspannung von 50 % nur mit einer Querkraft bis etwa 70 % seiner Bruchkraft belastet werden, ohne dass es zu einem nicht reproduzierbaren Abfall der Bruchkraft oder sogar zum plötzlichen Bruch des 150 Experimentelle Untersuchungen Drahtes kommt. Bei diesem Draht kommt es bei einer Querkraft von 70 % zu dem oben beschriebenen, zeitabhängigen, also nicht reproduzierbaren Bruch. Die Drähte mit geringerer Festigkeit können bei ca. 80 % Querkraft immer noch zerrissen wer- den. Erst bei einem Versuch mit ca. 90 % Querkraft kommt es zum nicht reprodu- zierbaren Abfall der Bruchkraft und zum plötzlichen Bruch. Bezogen auf die Bruch- kraft FZ,0 sind Drähte mit niedrigerer Festigkeit stärker durch eine Querkraft belastbar. Abbildung 69: Bezogene Bruchkräfte unter Kontaktwinkel 90°, Projekt A Die Versuchsergebnisse von Projekt A in Abbildung 69 lassen z. B. erkennen, dass die Drähte A1 und A2 mit geringerer Festigkeit als Drähte A5 und A6 bei einer Quer- belastung von 40 % ca. 86 % ihrer Bruchkraft ohne Querbeanspruchung erreichen. Die Drähte A5 und A6 erreichen ca. 80 % ihrer Bruchkraft ohne Querbeanspruchung. Möchte man eine Bruchkraft unter Querbeanspruchung von z. B. 80 % erreichen, so könnte man für die weniger festen Drähte eine Querkraft FQ von etwa 53 % aufbrin- Querkraft in % von FZ,0 0 20 40 60 80 100 B ru c h kr a ft i n % v o n F Z ,0 50 60 70 80 90 100 110 Paarung A1 / A1; RIst=1852 N/mm² Paarung A2 / A2; RIst=1975 N/mm² Paarung A3 / A3; RIst=2167 N/mm² Paarung A4 / A4; RIst=2153 N/mm² Paarung A5 / A5; RIst=2296 N/mm² Paarung A6 / A6; RIst=2287 N/mm² Experimentelle Untersuchungen 151 gen während die hochfesten Drähte nur mit 40 % Querkraft beansprucht werden können. Die abschließende Auswertung mittels Regressionsanalyse für Querbean- spruchung bis 50 % folgt in Kapitel 5.3. Zur Untersuchung des Bruchverhaltens der Vergleichs-Drähte zu Seil 2/16 wurden die Drahtbruchenden nach dem Zerreißversuch mit Querpressung mikroskopisch betrachtet. Abbildung 70 bis Abbildung 79 zeigen Aufnahmen mit 200-facher Vergrö- ßerung an den Drähten mit Durchmesser 0,86 mm die gegen einen Draht des glei- chen Durchmessers und der gleichen Festigkeit gepresst und zerrissen wurden. Es handelt sich hierbei um die Drähte A1 und A5 in den Nennfestigkeiten 1770 N/mm² und 2260 N/mm². Die Querkraft FQ variiert von 20 % der Nennbruchkraft bis zu 70 % der Nennbruchkraft. In diesen Abbildungen werden jeweils vergleichbar belastete Drähte gegenübergestellt, um die unterschiedlichen Drahtbruchformen sehr deutlich darstellen zu können. Bei Querbelastung von 20 % und 50 % der Nennbruchkraft zeigen beide Drähte noch die typische Einschnürung im Bereich der Bruchzone, was charakteristisch für einen Verformungsbruch (duktilen Bruch) ist. Der Bruch tritt erst nach größerer plastischer Verformung ein. Ab einer Querbelastung von 60 % der Nennbruchkraft ändert sich das Verhalten der beiden untersuchten Drähte. Die Bruchfläche des Drahtes mit Nennfestigkeit 2260 N/mm² weist teilweise eine glatte Fläche in etwa 45° zur Drahtachse auf, die ein Anzeichen für einen Scherbruch ist. Ein Scherbruch entsteht unter dem Einfluss einer Querbeanspruchung und weist eine geringere Verformung auf. Bei einer Querbelastung von 70 % der Nennbruch- kraft weist dieser Draht über den Großteil der Bruchfläche Merkmale eines verfor- mungsarmen Scherbruchs auf, während der Draht mit Nennfestigkeit 1770 N/mm² immer noch mit großer Verformung bricht. Die hier dargestellte mikroskopische Untersuchung basiert auf der exemplarischen Auswertung von zwei der sechs bewerteten Versuchsreihen aus Projekt A. Von den insgesamt 48 in Abbildung 69 dargestellten Versuchen mit Querkraft wurden an diesen 2 Drähten 14 Versuche mikroskopisch ausgewertet. Um sicher zu stellen, dass keine Details am Drahtbruch übersehen werden, müssen jeweils beide Drahtbruchenden in verschiedenen An- sichten untersucht werden, was zu einer großen Zahl an Mikroskopaufnahmen führt. Im Folgenden werden nur die aussagekräftigen Aufnahmen dargestellt. 152 Experimentelle Untersuchungen Abbildung 70: Draht A1, R = 1770 N/mm², 20 % Querdruck Abbildung 71: Draht A5, R = 2260 N/mm², 20 % Querdruck Abbildung 72: Draht A1, R = 1770 N/mm², 50 % Querdruck Abbildung 73: Draht A5, R = 2260 N/mm², 50 % Querdruck Abbildung 74: Draht A1, R = 1770 N/mm², 60 % Querdruck Abbildung 75: Draht A5, R = 2260 N/mm², 60 % Querdruck Experimentelle Untersuchungen 153 Abbildung 76: Draht A1, R = 1770 N/mm², 70 % Querdruck, Bruchende 1 Abbildung 77: Draht A5, R = 2260 N/mm², 70 % Querdruck, Bruchende 1 Abbildung 78: Draht A1, R = 1770 N/mm², 70 % Querdruck, Bruchende 2 Abbildung 79: Draht A5, R = 2260 N/mm², 70 % Querdruck, Bruchende 2 Anhand der Bilder wird deutlich, dass die hohe Bruchkraft des hochfesten Seils nicht vollständig ausgenutzt werden kann, da die Drähte verhältnismäßig früher spröd brechen, also weniger verformbar sind. Das Seil mit der geringeren Festigkeit rea- giert daher weniger empfindlich auf Querpressung, da die Drähte bei Überlastung durch Pressung mehr Verformung aufnehmen können bevor es zum Bruch kommt. 154 Experimentelle Untersuchungen In Projekt B werden die Drähte B1 bis B11 mit Hilfe der gleichen Querpressvorrich- tung getestet. Die Vorspannung beider Drähte beträgt hier grundsätzlich 50 % von FZ,0. Die Versuchsergebnisse der Zerreißversuche unter Querpressung, bei einem Kontaktwinkel von 90°, sind in Abbildung 80 bis Abbildung 83 dargestellt. Zum Zweck der besseren Übersicht wird jeweils nur ein Drahtdurchmesser gezeigt. Die jeweils niedrigste ermittelte Festigkeit RIst ist mit rotem Dreieck gekennzeichnet, danach fol- gen die höheren Festigkeiten mit grünem Kreis und schwarzem Kreuz. Es wird die gleiche Tendenz erkennbar wie in Projekt A. Drähte einer geringeren Festigkeit kön- nen im Verhältnis zu ihrer Bruchkraft ohne Querbeanspruchung stärker durch Quer- kraft belastet werden als Drähte einer höheren Festigkeit. Auch über dieses Projekt erfolgt eine Auswertung mittels Regressionsanalyse für Versuche bis 50 % Querbe- anspruchung in Kapitel 5.3. Abbildung 80: Bezogene Bruchkräfte unter Kontaktwinkel 90°, Drähte d = 0,8 mm, Projekt B Querkraft in % von FZ,0 0 20 40 60 80 100 B ru ch kr a ft i n % v o n F Z ,0 50 60 70 80 90 100 110 Paarung B1 / B1; RIst=1843 N/mm² Paarung B4 / B4; RIst=2151 N/mm² Paarung B7 / B7; RIst=2121 N/mm² Experimentelle Untersuchungen 155 Abbildung 81: Bezogene Bruchkräfte unter Kontaktwinkel 90°, Drähte d = 1,2 mm, Projekt B Abbildung 82: Bezogene Bruchkräfte unter Kontaktwinkel 90°, Drähte d = 2,4 mm, Projekt B Querkraft in % von F Z,0 0 20 40 60 80 100 B ru ch kr a ft i n % v o n F Z ,0 50 60 70 80 90 100 110 Paarung B2 / B2; RIst=1856 N/mm² Paarung B5 / B5; RIst=2196 N/mm² Paarung B8 / B8; RIst=2123 N/mm² Querkraft in % von F Z,0 0 20 40 60 80 100 B ru ch kr a ft i n % v o n F Z ,0 50 60 70 80 90 100 110 Paarung B3 / B3; RIst=1688 N/mm² Paarung B6 / B6; RIst=1918 N/mm² Paarung B9 / B9: RIst=2094 N/mm² 156 Experimentelle Untersuchungen Abbildung 83: Bezogene Bruchkräfte unter Kontaktwinkel 90°, Drähte d = 2,0 mm, Projekt B Abbildung 83 zeigt die Versuche am Draht mit Durchmesser 2 mm. Es handelt sich hierbei um den bleibadpatentierten Draht B10 und den Stelmordraht B11. Der gering- fügig höher feste Draht B10 ist etwas höher durch Querkraft belastbar als der weni- ger feste Draht B11. Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zu den bisherigen Ver- suchsergebnissen an den bleibadpatentierten Drähten aus Projekt B, bei denen eine geringere Festigkeit zu einer höheren Querbelastbarkeit führt. Das abweichende Verhalten kann jedoch im Rahmen dieses Projekts nicht eindeutig einer einzelnen Ursache zugeordnet werden, sondern wird der Kombination der Parameter Werkstoff und Herstellverfahren zugeordnet. Inwiefern insbesondere der Parameter „Wärme- behandlung“ (hier: Bleibadpatentieren oder Luftpatentieren = Stelmor-Verfahren) die Eigenschaften des Drahts unter Querbeanspruchung beeinflusst, ist somit eine Fra- gestellung für weiterführende Untersuchungen. Wie in Projekt A werden zur Untersuchung des Bruchverhaltens der Vergleichs- drähte verschiedene Drahtbruchenden nach dem Zerreißversuch mit Querpressung mikroskopisch betrachtet. Abbildung 84 bis Abbildung 93 zeigen Aufnahmen mit 50-facher Vergrößerung an den Drähten mit Durchmesser 2,4 mm die gegen einen Draht des gleichen Durchmessers und der gleichen Festigkeit gepresst und zerrissen Querkraft in % von FZ,0 0 20 40 60 80 100 B ru ch kr a ft i n % v o n F Z ,0 50 60 70 80 90 100 110 Paarung B10 / B10; RIst=1803 N/mm² Paarung B11 / B11; RIst=1773 N/mm² Experimentelle Untersuchungen 157 wurden. Es handelt sich hier um die Drähte B3 und B9 in den Nennfestigkeiten 1770 N/mm² und 2160 N/mm². Die Presskraft variiert von 30 % der Nennbruchkraft bis zu 80 % der Nennbruchkraft. Abbildung 84: Draht B3, R = 1770 N/mm², 30 % Querdruck Abbildung 85: Draht B9, R = 2160 N/mm², 30 % Querdruck Abbildung 86: Draht B3, R = 1770 N/mm², 70 % Querdruck, Bruchende 1 Abbildung 87: Draht B9, R = 2160 N/mm², 70 % Querdruck, Bruchende 1 158 Experimentelle Untersuchungen Abbildung 88: Draht B3, R = 1770 N/mm², 70 % Querdruck, Bruchende 2 Abbildung 89: Draht B9, R = 2160 N/mm², 70 % Querdruck, Bruchende 2 Abbildung 90: Draht B3, R = 1770 N/mm², 80 % Querdruck, Bruchende 1 Abbildung 91: Draht B9, R = 2160 N/mm², 80 % Querdruck, Bruchende 1 Abbildung 92: Draht B3, R = 1770 N/mm², 80 % Querdruck, Bruchende 2 Abbildung 93: Draht B9, R = 2160 N/mm², 80 % Querdruck, Bruchende 2 Experimentelle Untersuchungen 159 Die hier dargestellte mikroskopische Untersuchung basiert auf der exemplarischen Auswertung von zwei der zehn bewerteten Versuchsreihen aus Projekt B. Von den insgesamt 70 in Abbildung 80 bis Abbildung 82 dargestellten Versuchen mit Quer- kraft wurden an diesen 2 Drähten 16 Versuche mikroskopisch ausgewertet. Wie in Projekt A, müssen jeweils beide Drahtbruchenden in verschiedenen Ansichten unter- sucht werden, um eine sichere Aussage über die Bruchform treffen zu können. Die dargestellten Drahtbruchenden der Versuche bei 30 %, 70 % und 80 % Querkraft zeigen eine Auswahl aussagekräftiger Aufnahmen. Auch bei den Drähten mit d = 2,4 mm wird festgestellt, dass der hochfeste Draht, im Vergleich zum weniger festen Draht, bei geringerer Last Anzeichen eines Scher- bruchs zeigt. Der hochfeste Draht B9 zeigt bei 70 % Querdruck einen beginnenden Längsriss, die Bruchflächen werden schräg. Die Versuche mit 80 % sind sehr nah am Versagen des Drahtes und nicht immer reproduzierbar. Der Draht reißt teilweise bevor der Zerreißversuch ausgelöst wird allein durch die Vorspannung. 161 5 Auswertung Die durchgeführten Biege- und Querpressversuche werden mit Hilfe der in Kapitel 3.8 vorgestellten Regressionsanalyse ausgewertet. Dabei wird für die Biegeversuche auf bestehende Ansätze und Ergebnisse von Feyrer zurückgegriffen. Für die Versu- che an Drähten unter Querpressung wird ein eigener Ansatz gewählt, der mit den Ergebnissen in Kapitel 5.3 vorgestellt wird. 5.1 Lebensdauer Der Regressionsansatz ergibt sich aus der Lebensdauerformel von Feyrer [Feyrer 2011]. Da der Einfluss von Biegelänge und Seildurchmesser nicht untersucht wurde, wird auf die bekannten Größen von Feyrer zurückgegriffen und eine um die jeweili- gen Faktoren korrigierte Bruchbiegewechselzahl Nkorr errechnet. Für die Regressi- onsrechnung erhält man auf diese Weise Biegewechselzahlen, die auf eine einheit- liche Biegelänge von 60·d und einen Durchmesser von 16 mm normiert sind. d D lga 1770 R lg4,0 d S lg d D lgaaaflgflgNlg 2 0 2310ld              (5.1) d D lga 1770 R lg4,0 d S lg d D lgaaaNlg 2 0 2310korr              (5.2) Die Biegewechselzahl, bei der mit 95 % Sicherheit höchstens 10 % der Seile gebro- chen sind, wird nach Feyrer mit N10 bezeichnet, während N90 die Biegewechselzahl bezeichnet, die von höchstens 10 % der Seile überschritten wird [Feyrer 1980]. slg282,1NlgNlg 10  (5.3) slg282,1NlgNlg 90  (5.4) Das Ergebnis der Regressionsrechnung basiert auf den Versuchsergebnissen ohne Seil 7/9 und Seil 7/6. Sie sind die dünnsten Seile im Versuchsprogramm und auch die einzigen, die über eine Fasereinlage verfügen. Im Drehmomentversuch zeigen sie eine vergleichsweise hohe Neigung zu Drehen, wie bereits in Kapitel 4.1.2 ermit- telt. Da sie sich mit diesen beiden Eigenschaften von den anderen Seilen abheben, erfolgt die weitere Auswertung im Sinne konservativer Absicherung ohne deren Er- gebnisse. Somit beruht die hier durchgeführte Analyse auf 161 Beobachtungen (= bewerteten Versuchen) im Bereich der Zeitfestigkeit. Insgesamt wurden im Be- 162 Auswertung reich der Zeitfestigkeit inkl. der Versuche an Seil 7/9 und Seil 7/6 178 Versuche durchgeführt. Die Faktoren zur Berechnung der Lebensdauer von drehungsarmen Seilen in her- stellereigener Schmierung ergeben sich wie folgt aus Tabelle 5.1: Drehungsarmes Seil a0 für N a0 für N10 a1 a2 a3 -1,686 -2,079 1,408 8,111 -2,576 Tabelle 5.1: Konstanten für die Lebensdauerberechnung von drehungsarmen Seilen in herstel- lereigener Schmierung Die Standardabweichung für die untersuchten drehungsarmen Seile ist lgs = 0,31. Für Seile der gleichen Konstruktion und deren Bruchbiegewechselzahlen liegen die üblichen Werte der Standardabweichung bei lgs = 0,19 bis 0,28 [Feyrer 2000]. Für drehungsarme Seile ermittelt Feyrer eine Standardabweichung lgs = 0,332 [Feyrer 1997a]. Diese ebenfalls erhöhte Streuung der Biegewechselzahl der Seile innerhalb der Regression ist vor Allem auf die großen Unterschiede der Seilkonstruktionen zu- rückzuführen. Da Feyrer für seine Versuche auch Seile mit kunststoffumspritzten Stahleinlagen verwendet, somit also im Vergleich zu den hier durchgeführten Versu- chen eine weitere Seilkonstruktion untersucht, fällt die Standardabweichung erwar- tungsgemäß höher aus. Die zugehörigen Diagramme Abbildung 94 und Abbildung 95 zeigen die auf Nenn- durchmesser 16 mm und eine Biegelänge von 60xd korrigierten Versuchsergebnisse. Hierbei sind die berechneten Regressionsgeraden für die beiden Durchmesserver- hältnisse D/d = 10 und D/d = 25 sowie die jeweils mit der Feyrerformel berechneten Lebensdauerlinien eingezeichnet. Die starke Streuung der Versuchsergebnisse wird hier ebenso deutlich wie die Abweichung im Vergleich zu der nach Feyrer berechne- ten Lebensdauer. Für D/d = 10 ergibt sich im Vergleich zu Feyrer (aufgefettete Spiralrundlitzenseile) eine mittlere Lebensdauer von 58 % und für D/d = 25 eine gemittelte Lebensdauer von 73 %. Die Abweichung zur berechneten Lebensdauer nach Feyrer ist teilweise auf die Schmierung zurückzuführen, hängt aber auch mit der Anzahl der Versuchs- seile und dem Anteil einzelner Konstruktionen am gesamten Versuchsprogramm zu- sammen. Unter den von Feyrer untersuchten 30 drehungsfreien Seilen finden sich 13 verdichtete Konstruktionen, eine davon mit kunststoffumspritzter Stahleinlage. Zwei Auswertung 163 weitere Seile haben ebenfalls eine kunststoffumspritzte Stahleinlage, sind jedoch nicht verdichtet. Feyrer beobachtet innerhalb dieser Untersuchung keinen Lebens- dauervorteil verdichteter Seile, wohl aber der Seile mit kunststoffumspritzter Stahlein- lage [Feyrer 1997a]. Das Ergebnis seiner Regression und die daraus berechnete Lebensdauer werden also auf Grund dieser 3 Seile höher ausfallen. Im Gegensatz dazu werden im Projekt „Sprungpunkt“ sechs Seilkonstruktionen für die Regression ausgewertet. Darunter befindet sich nur eine Konstruktion mit verdichteten Litzen sowie ein endverdichtetes Seil. Das Seil mit verdichteten Litzen weist gegenüber den anderen Seilen einen Lebensdauervorteil auf, während das endverdichtete Seil in Bezug auf die Lebensdauer schlechter abschneidet. Im Vergleich zu Feyrer fallen das Ergebnis der Regression und die daraus berechnete Lebensdauer erwartungs- gemäß niedriger aus. Abbildung 94: Regression für die Bruchbiegewechselzahl bei D/d = 10 Bruchbiegewechselzahl N 103 104 105 106 D u rc h m e ss e rb e zo g e n e S e ilz u g kr a ft S /d ² 30 50 100 200 300 400 500 600 700 D/d=10, Anlieferungszustand Regression für D/d=10, R=1960, l=60d NFeyrer für D/d=10, R=1960, l=60d N10 für D/d=10, R=1960, l=60d 164 Auswertung Abbildung 95: Regression für die Bruchbiegewechselzahl bei D/d = 25 Wie bereits erwähnt, basieren die bisherigen Werte für die Konstanten zur Lebens- dauerberechnung auf Versuchsergebnissen von aufgefetteten Seilen. Die Referenz- versuche an aufgefetteten Seilen zeigten im Vergleich zum Anlieferungszustand un- terschiedlich starke Abweichungen. Bei D/d = 10 lagen die Versuchsergebnisse im Anlieferungszustand eher unter den Ergebnissen der aufgefetteten Seile, bei D/d = 25 ergaben sich geringe Abweichungen nach oben wie auch nach unten. Spe- ziell bei den verdichteten Seilen waren nahezu keine Abweichungen ersichtlich. Hier kann davon ausgegangen werden, dass nur wenig neuer Schmierstoff in die verdich- teten Litzen eindringen konnte. Insgesamt kommt der Schmierung aber eine hohe Bedeutung zu [Feyrer 2000]. Ver- suche von Müller an entfetteten und gefetteten Seilen zeigen, dass die gefetteten Seile um Faktor 3 bis 8 höhere Biegewechselzahlen erreichen [Müller 1965]. Weitere Dauerbiegeversuche von Feyrer mit automatischer Nachschmierung der Seile zei- gen, dass die Seillebensdauer durch Nachschmierung im Allgemeinen wesentlich vergrößert werden kann [Feyrer 1998]. Da die Versuchsschmierung durch das Ein- legen der Seile in Heißdampfzylinderöl sehr „üppig“ ausfällt, ist davon auszugehen, Bruchbiegewechselzahl N 103 104 105 106 D u rc h m e ss e rb e zo g e n e S e ilz u g kr a ft S /d ² 30 50 100 200 300 400 500 600 700 D/d=25, Anlieferungszustand Regression für D/d=25, R=1960, l=60d NFeyrer für D/d=25, R=1960, l=60d N10 für D/d=25, R=1960, l=60d Auswertung 165 dass die von Feyrer untersuchten drehungsfreien Seile bezüglich der Lebensdauer von dieser Versuchsschmierung profitierten und somit im Vergleich zu Projekt „Sprungpunkt“ höhere Lebensdauerwerte erzielten. Die vorliegende Arbeit befasst sich jedoch bewusst mit Seilen in einer realistischen Schmierung. Eine starke Schmierung, wie durch Einlegen in Heißdampfzylinderöl, ist nicht vergleichbar mit dem Zustand der realen Herstellerschmierung. Das zum auf- fetten eingesetzte Heißdampfzylinderöl kann aufgrund seiner Fließeigenschaften nur schwer in bestehenden Krananlagen eingesetzt werden, da es leicht vom Seil abge- schleudert wird. Diese Art der Schmierung ist also nur auf Versuchsanlagen ver- wendbar. Im realen Einsatz der Seile werden andere Anforderungen an den Schmierstoff gestellt. Es werden die speziell für den Einsatzzweck der Seile konzi- pierten Schmierstoffe eingesetzt, welche Zusatzeigenschaften wie z. B. eine Impräg- nierung zur Verfügung stellen. Ein solcher Schmierstoff darf nicht abtropfen und muss z. B. auch in Salzwasserumgebung lange haltbar sein. 5.2 Sprungpunkt Die Auswertung der erreichten Donandtkräfte erfolgt zunächst mit der Formel (2.5) aus Kapitel 2.1. Sie wird zu folgendem Regressionsansatz 1 in Formel (5.5) umge- stellt: d/D 1 qq F S 10 min D  (5.5) Die Donandtkraft, die mit 95 % Sicherheit von höchstens 1 % der Seile unterschritten wird, wird mit SD,1 bezeichnet und berechnet sich mit Formel (5.6) [Feyrer 1980]: s326,2 F S F S min D 1min D             (5.6) Die Abhängigkeit von Fmin ermöglicht Missverständnisse und dadurch verschiedene Versionen der Berechnung, welche deutlich voneinander abweichen können. Von Feyrer wurde für Fmin der nach DIN EN 12385-4 genormte Wert eingesetzt. Dieser kann über vorgegebene Faktoren berechnet werden oder den Tabellen für die Min- destbruchkraft genormter Seilkonstruktionen entnommen werden. Die Mindestbruch- kraft nach Herstellerangaben liegt dagegen meist höher als der Normwert. Aufgrund der großen Unterschiede der einsetzbaren Fmin wurde die Regression mit beiden Werten durchgeführt. 166 Auswertung Zusätzlich wurde eine Regression durchgeführt, die berücksichtigt, dass die verwen- deten Drähte in einem positiven Toleranzbereich von der Drahtnennfestigkeit abwei- chen dürfen. Gemäß DIN EN 10264-1 dürfen Drähte bei einem Nenndurchmesser von 1,0 ≤ d ≤ 1,5 mm ihre Nennzugfestigkeit um R = 320 N/mm² überschreiten. Wie bereits in Kapitel 2.3.1 gezeigt, sind für dünnere Drähte sogar Überschreitungen um bis zu R = 390 N/mm² zulässig. Da der Großteil der untersuchten Seile bei d = 16 mm liegt, wird mit einer mittleren Toleranz von R = 320 N/mm² gerechnet. Diese Steigerung der Zugfestigkeit wurde für eine Regressionsrechnung pauschal für alle Seile auf die Seilnennfestigkeit aufgeschlagen. Die hier durchgeführte Analyse beruht auf 26 Beobachtungen (= bewerteten Versuchen). Es handelt sich hierbei um die ermittelten Sprungpunkte ohne die Versuchsergebnisse der Seile 7/9 und 7/6. Aus dem Regressionsansatz 1 ergeben sich die in Abbildung 96 dargestellten Gera- den. Abbildung 96: Vergleich der Regressionsergebnisse für Ansatz 1 Die verschiedenen Geraden des Projekts zeigen im Vergleich zu der nach Feyrer berechneten Geraden eine geringere Steigung. Dies ist wahrscheinlich auf fehlende Punkte mit hohem D/d-Verhältnis im linken Bereich des Diagramms zurückzuführen. Die bisherigen Untersuchungen von Feyrer stützen sich hier zusätzlich auf Ver- suchsergebnisse mit D/d = 63. Die Auswertung der Regressionsrechnungen mit ver- schiedenen Fmin ergibt die geringste Streuung und das höchste Bestimmtheitsmaß für die Berechnung mit Fmin nach Herstellerangaben. Für die Berechnung mit Fmin d/D 0,00 0,02 0,04 0,06 0,08 0,10 0,12 S D /F m in 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Regression für Fmin, Hersteller Regression für Fmin, EN 12385-4 Regression für Fmin, EN 12385-4, +R320 Berechnete Donandtkraft, Feyrer 34x7 Auswertung 167 nach Herstellerangaben beträgt das Bestimmtheitsmaß 0,6346, die Streuung 0,0511. Dieses Bestimmtheitsmaß liegt im Vergleich zu anderen Untersuchungen an Draht- seilen mit Bestimmtheitsmaßen > 0,8 (vgl. [Weber 2013] und [Ernst 2012]) eher nied- rig und weist darauf hin, dass der Regressionsansatz die Versuchsergebnisse nur mäßig gut abbildet. Die Faktoren zur Berechnung des Sprungpunkts von drehungsarmen Seilen in her- stellereigener Schmierung, basierend auf Ansatz 1, ergeben sich wie folgt: Drehungsarmes Seil q0 für DS q0 für 1DS q1 Fmin, Hersteller 0,62164 0,50277 -2,157 Fmin, EN 12385-4 0,78406 0,57534 -2,713 Fmin, EN 12385-4, R+320 0,67465 0,49495 -2,335 Tabelle 5.2: Konstanten für die Berechnung der Donandtkraft von drehungsarmen Seilen nach Ansatz 1 Die im Dauerbiegeversuch ermittelten Sprungpunkte werden in Tabelle 5.3 und Ta- belle 5.4 den mit Ansatz 1 berechneten Sprungpunkten gegenübergestellt. Bezeichnung d [mm] D/d SD Versuch [N] SD berechnet (Ansatz 1) SD Versuch / SD berechnet Seil 5/10 10 10 42597 38564 1,1046 Seil 6/10 10 10 38574 31257 1,2341 Seil 4/10 10 10 30870 30810 1,0019 Seil 3/10 10 10 39045 39051 0,9999 Seil 1/12 12 10 62554 53583 1,1674 Seil 2/12 12 10 49765 48306 1,0302 Seil 8/16 16 10 84276 86869 0,9701 Seil 1/16 16 10 94272 96612 0,9758 Seil 5/16 16 10 98405 98073 1,0034 Seil 6/16 16 10 79674 78548 1,0143 Seil 2/16 16 10 82037 85652 0,9578 Seil 4/16 16 10 59818 78832 0,7588 Seil 3/16 16 10 78177 100022 0,7816 Tabelle 5.3: Ermittelte und mit Ansatz 1 berechnete Donandtkräfte bei D/d = 10 168 Auswertung Bezeichnung d [mm] D/d SD Versuch [N] SD berechnet (Ansatz 1) SD Versuch / SD berechnet Seil 5/10 10 25 52237 50859 1,0271 Seil 6/10 10 25 48582 41223 1,1785 Seil 4/10 10 25 39835 40634 0,9803 Seil 3/10 10 25 55960 51501 1,0866 Seil 1/12 12 25 80311 70667 1,1365 Seil 2/12 12 25 66660 63708 1,0463 Seil 8/16 16 25 98345 114567 0,8584 Seil 1/16 16 25 118908 127415 0,9332 Seil 5/16 16 25 129049 129343 0,9977 Seil 6/16 16 25 99515 103592 0,9606 Seil 2/16 16 25 104648 112961 0,9264 Seil 4/16 16 25 97281 103967 0,9357 Seil 3/16 16 25 123015 131912 0,9326 Tabelle 5.4: Ermittelte und mit Ansatz 1 berechnete Donandtkräfte bei D/d = 25 Aus der Gegenüberstellung der Versuchsergebnisse und der mit Ansatz 1 berechne- ten Donandtkräfte wird ersichtlich, dass für den Großteil der Versuche mit 16 mm Seilen zu hohe Donandtkräfte berechnet werden, während für die dünneren Seile fast ausschließlich zu geringe Donandtkräfte berechnet werden. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass die Donandtkraft nicht allein von der Mindestbruchkraft und dem D/d-Verhältnis abhängig ist, sondern zusätzlich ein durchmesserabhängiger An- teil vorliegt. Der bisherige Regressionsansatz, basierend auf Feyrers Formel (2.5), wird daher weiterentwickelt und um den noch fehlenden Durchmesseranteil erweitert. Der neue Regressionsansatz 2 wird mit Formel (5.7) vorgestellt. 2 210 min D dq d/D 1 qq F S  (5.7) Für diesen weiterentwickelten Regressionsansatz Formel (5.7) wird ein Be- stimmtheitsmaß von 0,8140 ermittelt. Die Streuung beträgt 0,0373. Die zugehörigen Konstanten finden sich in Tabelle 5.5. Auswertung 169 Drehungsarmes Seil q0 für DS q0 für 1DS q1 q2 Fmin, Hersteller 0,71298 0,62633 -2,15711 -0,000479 Tabelle 5.5: Konstanten für die Berechnung der Donandtkraft von drehungsarmen Seilen Durch Umstellen von Formel (5.7) erhält man die neue Formel zur Berechnung der Donandtkraft. Sie wird mit Formel (5.8) vorgestellt. min 2 2 min 1min0D Fdq d/D F qFqS  (5.8) Wie bereits für Ansatz 1 durchgeführt, erfolgt auch für den neuen Ansatz 2 eine Ge- genüberstellung der Versuchsergebnisse und der berechneten Werte. Die Ergebnis- se werden in Tabelle 5.6 und Tabelle 5.7 gezeigt. Bezeichnung d [mm] D/d SD Versuch [N] SD berechnet (Ansatz 2) SD Versuch / SD berechnet Seil 5/10 10 10 42597 42692 0,9978 Seil 6/10 10 10 38574 34603 1,1148 Seil 4/10 10 10 30870 34109 0,9050 Seil 3/10 10 10 39045 43231 0,9032 Seil 1/12 12 10 62554 56539 1,1064 Seil 2/12 12 10 49765 50971 0,9763 Seil 8/16 16 10 84276 80186 1,0510 Seil 1/16 16 10 94272 89179 1,0571 Seil 5/16 16 10 98405 90528 1,0870 Seil 6/16 16 10 79674 72505 1,0989 Seil 2/16 16 10 82037 79062 1,0376 Seil 4/16 16 10 59818 72767 0,8221 Seil 3/16 16 10 78177 92326 0,8468 Tabelle 5.6: Ermittelte und mit Ansatz 2 berechnete Donandtkräfte bei D/d = 10 170 Auswertung Bezeichnung d [mm] D/d SD Versuch [N] SD berechnet (Ansatz 2) SD Versuch / SD berechnet Seil 5/10 10 25 52237 54988 0,9500 Seil 6/10 10 25 48582 44569 1,0900 Seil 4/10 10 25 39835 43932 0,9067 Seil 3/10 10 25 55960 55682 1,0050 Seil 1/12 12 25 80311 73623 1,0908 Seil 2/12 12 25 66660 66372 1,0043 Seil 8/16 16 25 98345 107883 0,9116 Seil 1/16 16 25 118908 119982 0,9910 Seil 5/16 16 25 129049 121797 1,0595 Seil 6/16 16 25 99515 97549 1,0202 Seil 2/16 16 25 104648 106371 0,9838 Seil 4/16 16 25 97281 97901 0,9937 Seil 3/16 16 25 123015 124217 0,9903 Tabelle 5.7: Ermittelte und mit Ansatz 2 berechnete Donandtkräfte bei D/d = 25 Aus der Gegenüberstellung der Versuchsergebnisse und der mit dem erweiterten Ansatz 2 berechneten Donandtkräfte wird ersichtlich, dass der neu bewertete Durchmessereinfluss dazu führt, dass die berechneten Donandtkräfte für die 16 mm Seile verkleinert werden und die der dünneren Seile vergrößert werden. Speziell für D/d = 25 liegen die neu berechneten Werte näher an der tatsächlich im Versuch er- mittelten Donandtkraft. Für beide Regressionsansätze weisen die Seile 3/16 und 4/16 bei D/d = 10 die größte Abweichung zwischen ermittelter und berechneter Donandtkraft auf. Dies ist damit zu erklären, dass beide Seile im Versuch eine unerwartet niedrige Donandtkraft erreich- ten. Diese beiden Seile sind somit für kleine D/d-Verhältnisse weniger geeignet. Mit dieser Eigenschaft heben sich Seil 3/16 und Seil 4/16 von der Mehrheit der geprüften Seile ab. Derartige Sonderfälle sind mittels Regressionsrechnung nur schlecht als Parameter erfassbar und führen somit zu den festgestellten Abweichungen bei der Berechnung. Bei D/d = 25 sind die Versuchsergebnisse der 16 mm Seile merklich homogener. Unter ihnen erreicht einzig Seil 8/16 eine im Verhältnis zu seiner Mindestbruchkraft Auswertung 171 eher niedrige Donandtkraft, womit die größere Abweichung zu den mit Ansatz 1 und Ansatz 2 berechneten Werten zu erklären ist. Zum Vergleich der Mindestbruchkraft und der Donandtkraft der 16 mm Seile bei D/d = 25 kann zusätzlich Abbildung 41 herangezogen werden. Zusammengefasst ergibt sich aus dem Vergleich der Versuchsergebnisse und der berechneten Donandtkräfte, dass der neue Ansatz 2 insbesondere für D/d = 25 zu einer deutlichen Verbesserung führt. Er wird von der höheren Streuung der Ver- suchsergebnisse bei D/d = 10 weniger beeinflusst und verhilft somit zu einer realisti- scheren Berechnung der Donandtkraft. Wie bereits für Ansatz 1 durchgeführt, erfolgt auch für Ansatz 2 ein Vergleich mit den bekannten Ergebnissen von Feyrer. Abbildung 97: Vergleich der Regressionsergebnisse für Ansatz 2 Abbildung 97 zeigt die mit Ansatz 2 berechneten Werte für SD/Fmin für die Durchmes- serverhältnisse D/d = 10 (entspricht d/D = 0,1) bis D/d = 25 (entspricht d/D = 0,04) und stellt sie den mit Feyrers Formel (2.5) berechneten Werten gegenüber. Die mit An- satz 2 berechneten Werte für 16 mm Seile und 10 mm Seile umschließen in diesem Bereich der D/d-Verhältnisse genau die Werte von Feyrer. Für die 10 mm Seile wird für D/d = 25 nahezu der identische Wert berechnet, für die 16 mm Seile wird für D/d = 10 nahezu der gleiche Wert berechnet. Wird in die neue Formel (5.7) anstatt der Mindestbruchkraft nach Herstellerangaben die berechnete Mindestbruchkraft d/D 0,00 0,02 0,04 0,06 0,08 0,10 0,12 S D /F m in 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Regr. Ansatz 1 für Fmin, Hersteller Berechnete Donandtkraft, Feyrer 34x7 Regr. Ansatz 2 für Fmin, Hersteller , d=16mm Regr. Ansatz 2 für Fmin, Hersteller , d=10mm 172 Auswertung gemäß Norm [DIN EN 12385-4] eingesetzt, so erhält man mit wenigen Ausnahmen geringere Donandtkräfte als im Versuch ermittelt. Bei den Ausnahmen handelt es sich um Seil 4/16 und Seil 4/10 bei D/d = 10 und Seil 4/10 bei D/d = 25. Die Abwei- chungen liegen für Seil 4/16 bei rund 12 % und für Seil 4/10 bei rund 2,5 %. Wird vereinfachend für alle Seile der gleiche Faktor für die Mindestbruchkraft K = 0,318 der Seilklasse 34(M)x7 angesetzt, geht die Berechnung ausnahmslos auf die sichere Seite. Die Donandtkraft ist jedoch nur ein Merkmal, das entscheidend dafür ist, ob ein Seil in einer kritischen Anwendung eingesetzt werden kann. Als weiteres Merkmal ist die Lebensdauer des Seils bei hoher Belastung zu berücksichtigen. Wie in Kapitel 4.1.3 gezeigt, erreichen Seile am Sprungpunkt stark unterschiedliche Biegewechselzahlen. Es ist daher wichtig, die Donandtkraft als Grenzkraft zu berücksichtigen, dabei sollte aber die Lebensdauer nicht unbeachtet bleiben. Die Donandtkraft ist also nicht nur eindimensional als Begrenzung des nutzbaren Lastbereichs eines Seils zu betrach- ten sondern vielmehr zweidimensional inklusive der erreichbaren Lebensdauer bei dieser Belastung. Die Bezeichnung Sprungpunkt erfasst die Belastung und die Lebensdauer und ist daher ideal, um diesen Grenzzustand vollständig abzubilden. Soll demnach ein Seil bei sehr hoher Belastung betrieben werden, ist es sinnvoll die Lebensdauer im Versuch zu ermitteln. Es wurde außerdem gezeigt, dass verschiedene Seilkonstruktionen bezüglich der Donandtkraft eine unterschiedliche Eignung für die untersuchten D/d-Verhältnisse aufweisen. Ein Seil, das auf größerem D/d-Verhältnis eine vergleichsweise hohe Donandtkraft erreicht, kann auf kleinerem D/d-Verhältnis unter Umständen deutlich schlechtere Ergebnisse als andere Konstruktionen liefern. Besteht die Gefahr, dass eine Seilkonstruktion in einem grenzwertigen Lastbereich eingesetzt wird, ist es da- her empfehlenswert, die Eignung im Versuch nachzuweisen. 5.3 Querpressung Die Auswertung der beiden Projekte mit Zerreißversuchen unter Querbeanspruchung erfolgt mit folgendem eigens entwickelten Regressionsansatz: 2 0,Z Q 3 0,Z Q 21 0,Z Q,B mm/N1000 R F F c F F cc F F   (5.9) Auswertung 173 Für Projekt A ergeben sich aus 36 Beobachtungen (= bewerteten Versuchen) die Werte: c1 = 1,0023; c2 = 0,1915; c3 = -0,2978. Das Bestimmtheitsmaß beträgt 0,986, die Streuung 0,00897. Das Ergebnis der Regression wird beispielhaft für einen Draht mit Durchmesser d = 1,15 mm durch Abbildung 98 dargestellt. Es wird eine deutliche Abhängigkeit der ertragbaren Querkraft sichtbar, wie bereits näherungsweise aus den Versuchsergeb- nissen abzulesen war. Abbildung 98: Ergebnisse der Regression für Projekt A und Drahtdurchmesser d = 1,15 mm Für Projekt B ergeben sich aus 66 Beobachtungen (= bewerteten Versuchen) die Werte: c1 = 1,0040; c2 = 0,0431; c3 = -0,2272. Das Bestimmtheitsmaß beträgt 0,975, die Streuung 0,01150. Hier wird das Ergebnis der Regression beispielhaft für einen Draht mit Durchmesser d = 1,2 mm durch Abbildung 99 dargestellt. Es wird ebenso eine deutliche Abhängig- keit der ertragbaren Querkraft sichtbar. Bezogene Querkraft FQ/FZ,0 0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 B e zo g e n e B ru c h k ra ft F B /F Z ,0 0,75 0,80 0,85 0,90 0,95 1,00 1,05 Regression für d=1,15mm, R=1770N/mm² Regression für d=1,15mm; R=1960N/mm² Regression für d=1,15mm; R=2160N/mm² Regression für d=1,15mm; R=2260N/mm² Paarung A2 / A2; RIst=1975N/mm² Paarung A6 / A6; RIst=2287N/mm² 174 Auswertung Abbildung 99: Ergebnisse der Regression für Projekt B und Drahtdurchmesser d = 1,2 mm Aus Projekt A wie auch aus Projekt B liefert die Regressionsanalyse sehr gute Werte für Bestimmtheitsmaß und Streuung. Trotz des menschlichen Einflusses beim Ein- stellen der Querkraft und dem Zeitpunkt bis zum Auslösen des Zerreißversuchs wei- sen die Versuchsergebnisse ein sehr gleichmäßiges Verhalten auf, das gut mit dem gewählten Regressionsansatz Formel (5.9) beschrieben werden kann. Es ist somit erwiesen, dass bei einer systematisch gleichbleibenden Bedienung des Versuchs- aufbaus die Versuchsergebnisse qualitativ nicht beeinflusst werden. Die in Kapitel 4.5.5 beschriebene Aufteilung der Versuche auf 2 Projekte zeigt anhand der beiden guten Regressionsergebnisse, dass die Versuchseinrichtung qualitativ korrekte Er- gebnisse liefert. Mit Hilfe der Regressionsergebnisse werden die Versuche aus Kapitel 4.5.5 im Fol- genden erneut quantitativ bewertet. Die Auswertung beider Projekte zeigt zwischen den Nennfestigkeiten annähernd gleiche Unterschiede bezüglich der ertragbaren Querbelastung. Als Beispiel zum Bezogene Querkraft FQ/FZ,0 0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 B e zo g e n e B ru ch kr a ft F B /F Z ,0 0,75 0,80 0,85 0,90 0,95 1,00 1,05 Regression für R=1770N/mm² Regression für R=1960N/mm² Regression für R=2160N/mm² Regression für R=2260N/mm² Paarung B2 / B2; RIst=1856N/mm² Paarung B5 / B5; RIst=2196N/mm² Paarung B8 / B8; RIst=2123N/mm² Auswertung 175 Vergleich der beiden Projekte wird eine bezogene Bruchkraft FB/FZ,0 von 0,80 (= 80 %) herangezogen. Aus Projekt A ergibt sich: Soll ein Draht noch 80 % seiner Bruchkraft erreichen, so kann er für R = 1960 N/mm² um etwa 8 % weniger belastet werden als der Draht mit Festigkeit R = 1770 N/mm². Der Draht mit Festigkeit R = 2160 N/mm² liegt bereits rund 15 % unter Festigkeit R = 1770 N/mm². Aus Projekt B ergibt sich: Um noch 80 % seiner Bruchkraft zu erreichen, kann ein Draht mit R = 1960 N/mm² um etwa 6 % weniger belastet werden als der Draht mit Festigkeit R = 1770 N/mm². Der Draht mit Festigkeit R = 2160 N/mm² liegt rund 11 % unter Festigkeit R = 1770 N/mm². Als Fazit aus den beiden Projekten zeigt sich, dass ein Draht einer geringeren Fes- tigkeit im Verhältnis zu seiner Bruchkraft aus reiner Zugbeanspruchung mehr Quer- beanspruchung ertragen kann als ein Draht einer höheren Festigkeit. Die Entwicklung hin zu immer höher festen Drähten macht es daher erforderlich, die Eigenschaften dieser Drähte möglichst genau zu kennen. Zu diesen Eigenschaften gehört auch die Querdruckempfindlichkeit. Bisher wird die Empfindlichkeit gegen Querdruck nicht untersucht und auch durch die Normversuche nicht erfasst. Es ist also noch nicht absehbar, ob sich diese Empfindlichkeit durch weitere Steigerung der Festigkeit gleichmäßig weiter steigert oder sogar übermäßig zunimmt. Die Auswir- kungen spezieller Legierungselemente wie z. B. Bor auf die Querdruckempfindlich- keit sollte daher bei der Entwicklung gezielt untersucht werden. 177 6 Fazit Nach verschiedenen Unfällen mit drehungsarmen Seilen, stellte sich die Frage, ob bzw. wie gut die Ablegereife dieser Seile erkennbar ist. Anhand der beiden in Kapitel 1.3 vorgestellten Unfälle auf einem Turmdrehkran und einem Schnelleinsatzkran bei Belastungen im Bereich der Zeit- und Kurzzeitfestigkeit, war zunächst zu erkennen, dass die Gefahr eines unerkannten Schadens an drehungsarmen Seilen real be- steht. In beiden Fällen hatte dieser Schaden fatale Folgen und es ist nur glücklichen Umständen zu verdanken, dass es nicht zu Personenschäden kam. Um die Frage der Erkennbarkeit eines Seilschadens zu beantworten, war es daher nötig, den Ver- lauf der Schädigung zu beobachten und die am stärksten beanspruchte Stelle im Seil zu finden. Die durchgeführten Biegeversuche an drehungsarmen Seilen im Anlieferungszu- stand, dem Zustand der originalen, herstellereigenen Schmierung, liefern im ersten Teil der Untersuchung die Faktoren für die Berechnung der Lebensdauer und der Donandtkraft dieser Seile. Auch für drehungsarme Seile gilt die allgemeine Empfeh- lung, den Zustand der Schmierung regelmäßig zu kontrollieren und gegebenenfalls nachzuschmieren. Da sie trotz Empfehlung in der Praxis eher selten bis gar nicht nachgeschmiert werden, ist der Zustand eben dieser Grundschmierung absolut ent- scheidend für die Lebensdauer des Seils und somit der Biegeversuch in realistischer Schmierung notwendig. Die Weiterentwicklung der Formel zur Berechnung der Donandtkraft und der Bezug auf die Mindestbruchkraft gemäß Herstellerangaben ermöglicht eine genauere Berechnung der Donandtkraft für ein spezifisches Seil. Der bisherige Bezug auf die genormte Mindestbruchkraft berücksichtigt nicht, dass spe- zielle Seilkonstruktionen z. B. durch Kompaktieren der Litzen deutlich höhere Bruch- kräfte erreichen. Diese Seile werden durch die bisherige Berechnung tendenziell be- nachteiligt indem zu niedrige Donandtkräfte berechnet werden. Die Kombination aus Biegeversuchen und der Überwachung mit Hilfe der magnetin- duktiven Seilprüfung liefert als weiteres Ergebnis, dass tatsächlich viele zunächst äußerlich unsichtbare Drahtbrüche im Seilinneren entstehen. Zusätzliche Biegeversuche zur Verifizierung dieses Schädigungsverhaltens an einem ausgewählten Seil zeigen außerdem, dass Drahtbrüche zuerst zwischen der äußeren und der darauf folgenden, innen liegenden Litzenlage auftreten. Mikroskopische Be- trachtungen und die Analyse der Berührpunkte zwischen diesen Litzenlagen lassen 178 Fazit das Fortschreiten der Schädigung in Form tiefer und breiter werdender Druckstellen erkennen. Im speziellen Fall des untersuchten Seiles, treten die ersten Drahtbrüche an den dünnen Außendrähten der Außenlitzen auf. Diese Beobachtungen bestätigen die Ergebnisse der magnetinduktiven Seilprüfung und beweisen, dass die Druckstel- len zwischen den sich kreuzenden Litzenlagen Ausgangspunkt der Schädigung sind. Dieses weitere Ergebnis führt schließlich zur Untersuchung des Verhaltens der Drähte unter Zug- und gleichzeitiger Querbeanspruchung. Eine eigens in dieser Arbeit entwickelte Vorrichtung, die es ermöglicht 2 Drähte unter definiertem Winkel und definierter Vorspannung gegeneinander zu pressen wird ge- nutzt, um die Empfindlichkeit von Seildrähten gegenüber Querbeanspruchung zu erfassen. Für die untersuchten Drahtfestigkeiten und Durchmesser wird festgestellt, dass die Empfindlichkeit gegen Querbeanspruchung mit steigender Festigkeit zu- nimmt. Versuche mit Drähten des realen Seils zeigen außerdem, dass unter Quer- pressung und Zugspannung tatsächlich zuerst die dünnen Drähte der Außenlitzen versagen, was auch bereits anhand von Biegeversuchen und mikroskopischen Un- tersuchungen festgestellt werden konnte. Die Empfindlichkeit der Drähte gegenüber Querpressung ist ein entscheidendes Kri- terium dafür, wie stark ein Seil belastet werden kann. Eine hohe Empfindlichkeit auf Querpressung erhöht auch die Gefahr einer schnellen Seilschädigung im Seilinneren und damit einer visuell nicht erkennbaren Schädigung. Eine rechtzeitige Erkennbar- keit der Ablegereife ist bei empfindlichen Drähten nahezu unmöglich. Dies führt dazu, dass ein sicherer Betrieb eines solchen Seiles ohne zusätzliche Überwachungsmaß- nahmen, wie beispielsweise einer regelmäßigen magnetinduktiven Seilprüfung oder einem permanenten Monitoring4, nicht möglich ist. Die Ergebnisse der verschiedenen hier durchgeführten Untersuchungen sind auch mit Bezug zu bereits bekannten Forschungsergebnissen zu beurteilen. So zeigt die Lebensdauerformel von Feyrer, dass mit steigender Festigkeit die Lebensdauer der Seile abnimmt. Der Vergleich zweier Versuchsseile bestätigt dies eindrücklich. Diese Seilkonstruktion lag in zwei Festigkeitsklassen als Versuchsseil vor, Seil 1/16 in R = 1960 N/mm² und Seil 8/16 in R = 1770 N/mm². Unter extremer Belastung, näm- 4 Ein permanentes Monitoring im Kranbetrieb beinhaltet z. B. die Erfassung der Hubspiele, Hubhöhen und Lasten um so die höchstbelastete Seilzone zu ermitteln und eine gezielte Überwachung dieser zu ermöglichen. Zusätzlich werden magnetische und visuelle Seilprüfungen durchgeführt. Entsprechende Prüfgeräte können auch permanent installiert sein. Fazit 179 lich der Donandtkraft, erreichte das weniger feste Seil über doppelt so viele Biege- wechsel. Bei diesem Seil weisen die Versuchsergebnisse darauf hin, dass der Ein- fluss der Drahtempfindlichkeit gegen Querbeanspruchung bei einer solch hohen Belastung ganz enorme Auswirkungen auf die Seillebensdauer hat. Es besteht somit zumindest unter hoher Belastung ein Zusammenhang zwischen der Empfindlichkeit eines Drahts gegenüber Querbeanspruchung und der Lebensdauer des aus diesen Drähten hergestellten Seils. Die Zusammenführung der Versuchsergebnisse aus diesen Dauerbiegeversuchen und den Zerreißversuchen mit gleichzeitiger Querbeanspruchung führt zu folgender Bewertung: Mit steigender Seilzugkraft nimmt auch die Querkraft zwischen den Drähten zu. Bei gleicher Auslastung, sprich gleicher Seilsicherheit des Seiles hoher Festigkeit und des Seiles niedrigerer Festigkeit, sind die höher festen Drähte auf Grund ihrer höhe- ren Empfindlichkeit gegen Querbeanspruchung ungünstiger belastet als die weniger festen Drähte. Das höher feste Seil kann also auf Grund der höheren Empfindlichkeit der hochfesten Drähte gegen Querbeanspruchung nicht in gleichem Maße ausgelas- tet werden wie das Seil der geringeren Festigkeit. Um kein Versagen des hochfesten Seils im Seilinneren zu provozieren, muss dieses Seil mit vergleichsweise erhöhtem Sicherheitsfaktor betrieben werden. In Anbetracht des Trends zu hochfesten Seilen werden stetig Drähte mit höherer Festigkeit entwickelt. In diesem Zusammenhang werden auch neue Legierungen eingesetzt, die den Draht für die Kaltumformung optimieren und dadurch hohe Fes- tigkeiten ermöglichen. Die genormten Versuche zur Bestimmung der Drahtqualität, Biegeversuch und Verwindeversuch (Kapitel 2.3), beziehen sich nur auf Drahtdurch- messer und Nennfestigkeit und geben die jeweiligen Mindest-Biege- und Verwinde- zahlen an, die ein bestimmter Draht erreichen muss. Ob diese beiden Versuche und die jeweiligen Normwerte ausreichen, eine Empfindlichkeit gegen Querbeanspru- chung zu erfassen, ist bisher ungeklärt. Sollten also neue Drahtlegierungen oder eine erhöhte Zugabe bestimmter Legierungselemente wie z. B. Aluminium oder Bor die Empfindlichkeit gegen Querbeanspruchung des Drahts negativ beeinflussen, so ist nicht gesichert, dass diese Eigenschaft mit diesen Versuchen erkennbar ist. Insbe- sondere im Bereich der Drahtentwicklung sollte daher ein ergänzender Versuch zur Beurteilung des Verhaltens unter Querkraftbeanspruchung durchgeführt werden. Die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Versuche und die in Kapitel 2.4 vorgestell- 180 Fazit ten Versuche insbesondere von Stephenson [Stephenson 1983] sowie Malinovsky und Vankov [Malinovsky & Vankov 1997] weisen darauf hin, dass der Zugversuch mit gleichzeitiger Einleitung einer Querkraft hierfür geeignet ist. 181 7 Ausblick Anhand der bisher mit der neu entwickelten Pressvorrichtung durchgeführten Versu- che und der daraus abgeleiteten Erkenntnisse werden im Folgenden Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der Vorrichtung und des Versuchsprogramms aufgezeigt. Wei- tere Seilanwendungen, in denen die Querbeanspruchung des Seils immer stärker in Erscheinung tritt, geben einen Ausblick auf zukünftig mögliche Anwendungsbereiche für einen solchen Versuch. Für eine weiterführende Untersuchung von Drähten unter Querbeanspruchung emp- fiehlt es sich, die Pressvorrichtung weiter zu entwickeln. Aus der Anwendung der aktuellen Pressvorrichtung ergeben sich 2 mögliche Varianten. Die erste Variante ist eine stark vereinfachte Pressvorrichtung. Diese sollte kleiner und leichter bauen und dadurch eine vereinfachte Führung entlang der Achse des Versuchsdrahts ermöglichen. Das reduzierte Gewicht reduziert auch mögliche Mess- fehler, gegeben durch die Massenträgheit der Pressvorrichtung, die der Dehnung des Drahtes folgen muss. Sofern die Vorrichtung nur eingesetzt werden soll, die Empfindlichkeit gegen Querbeanspruchung zu erfassen, kann auf eine Winkeleinstel- lung zwischen den Drähten verzichtet werden um einzig mit einem fixen Kontaktwin- kel von 90° den ungünstigsten Belastungsfall zu prüfen. Auf diese Weise kann Bau- raum und Gewicht gespart werden. Eine kleinere Vorrichtung bietet zudem den Vorteil, dass sie sich auch in kleinere Zugprüfmaschinen integrieren lässt und somit eine einfachere und universelle Anwendung ermöglicht wird. Außerdem könnte um eine kleinere Vorrichtung herum ein Feindehnungsmessgerät angebracht werden, um so zusätzlich die Bruchdehnung unter Querbeanspruchung als weiteres Quali- tätsmerkmal zu erfassen. Die bereits von Stephenson ausgewertete Bruchdehnung beruht auf der weniger genauen Messung der Querhauptverschiebung der Zugprüf- maschine [Stephenson 1983]. Die zweite Variante ist eine um Regelungstechnik erweiterte Pressvorrichtung. Bei den bisherigen Versuchen wurde festgestellt, dass das Aufbringen der Querkraft bei hohen Kräften ab ca. 50 % der Bruchkraft des Drahtes (bei Vorspannung mit 50 %) die Versuchsergebnisse verfälschen kann. Aus diesem Grund wurden die hochbelas- teten Versuche nicht in die Auswertung einbezogen. Eine Regelung der Querkraft ermöglicht dagegen einen für alle Drähte reproduzierbaren Vorgang des Aufbringens der Querkraft und eliminiert den Bedienereinfluss. Wenn diese Regelung auch mit 182 Ausblick der Regelung der Zugprüfmaschine kommuniziert, kann der Zerreißversuch bei Er- reichen der geforderten Querkraft automatisch ausgelöst werden. Auf diese Weise kann ein Programm zur automatisierten Prüfung erstellt werden, das jederzeit repro- duzierbar ist. Mit einer weiterentwickelten Variante des Versuchsaufbaus sollten in einem zukünfti- gen Schritt Reihenversuche zur statistischen Absicherung über einen erweiterten Durchmesserbereich durchgeführt werden. Bei diesen Versuchen kann gezielt der Einfluss von Materialparametern und Herstellverfahren untersucht werden. In den bisherigen Versuchen wurde nur die Drahtfestigkeit als Parameter berücksichtigt. Aus den beiden Versuchen am bleibadpatentierten und luftpatentierten Draht (= Stelmordraht) konnten im Rahmen dieser Arbeit noch keine Aussagen zum Ein- fluss des Herstellverfahrens getroffen werden. Mit den Erfahrungen aus der vorliegenden Arbeit ergeben sich weitere Anforderun- gen und Ziele für eine Folgeuntersuchung. Anhand zweier Versuchsseile unter- schiedlicher Festigkeit konnte zwar gezeigt werden, dass sich die Empfindlichkeit des höherfesten Drahtes gegen Querkraft bei hohen Lasten extrem negativ auf die erreichbare Biegewechselzahl auswirkt, ein quantifizierbarer Zusammenhang zwi- schen Lebensdauer bzw. Höhe des Sprungpunktes und der Empfindlichkeit gegen Querbeanspruchung konnte jedoch noch nicht ermittelt werden. Die untersuchten Drahtdurchmesser passen zwar in der Größenordnung zu den Drähten der unter- suchten Seilkonstruktionen oder entsprechen diesen sogar, es handelt sich jedoch nicht um die tatsächlich verseilten Drähte. Um eine quantifizierbare Aussage zu tref- fen, müssten die Seile aus den tatsächlich untersuchten Drähten hergestellt werden. Im Idealfall müssten dann auch die im Dauerbiegeversuch zu prüfenden Seile unter genau den gleichen Bedingungen gefertigt werden, um prozessbedingte Einflussfak- toren möglichst auszuschließen. Für ein solches Projekt müssten von Beginn an Drahthersteller und Seilhersteller einbezogen werden, um alle für die Seilherstellung relevanten Daten zu erfassen und so eine gezielte Untersuchung einzelner Parame- ter wie z. B. chemische Zusammensetzung des Ausgangsmaterials, Ziehvorgang und Wärmebehandlung zu ermöglichen. Erst aus der Kombination von Einzeldraht- prüfung und Lebensdauerversuch eines aus diesen Drähten hergestellten Seils wird die Empfindlichkeit gegen Querkraft umfassend bewertbar. Im Rahmen dieser Arbeit wurden gezielt drehungsarme Seilkonstruktionen mit meh- reren Litzenlagen untersucht, die typischerweise in der Hebetechnik eingesetzt wer- Ausblick 183 den. Diese Seile gehören zur Gruppe der laufenden Seile, werden über Scheiben umgelenkt und nehmen dabei deren Krümmung an. Sie erfahren somit eine kombi- nierte Beanspruchung aus Zugkraft, der Biegung über Seilscheiben und der Quer- kraft aus dem Kontakt mit diesen. Dieses Lastkollektiv kann im ungünstigsten Fall, z. B. durch Anhängen einer zu großen Last, dazu führen, dass der Sprungpunkt (Donandtkraft) überschritten wird und es zu einer sofortigen Schädigung des Seils kommt. Diese Art der Überlastung ist ein spezifisches Problem der Hebetechnik, da beispielsweise im Kranbau oder im Seilwindenbau aus Platz- und Gewichtsgründen möglichst kleine Seilscheiben eingesetzt werden und somit in der Kombination mit zu hohen Zugkräften der Sprungpunkt überschritten werden kann. In Anwendungen der Personenfördertechnik sind die Sicherheitsfaktoren und die vorgeschriebenen D/d- Verhältnisse so groß, dass der Sprungpunkt, sprich die Überlastung durch Kombina- tion kleiner Seilscheiben und hoher Zugkräfte, unter korrekten Betriebsbedingungen nicht überschritten werden kann. Die Thematik der Querbeanspruchung ist jedoch nicht beschränkt auf laufende Seile und Belastungskollektive nahe dem Sprungpunkt. Querbeanspruchungen, die von außen auf Seile einwirken, treten nicht nur im Bereich der Hebetechnik und auf lau- fenden Seilen auf. Auch in vielen anderen Anwendungen unterliegen Seile z. B. durch Umlenken, Klemmen, Verpressen oder durch Überrollen einer Querbeanspru- chung. In diesen Fällen erfahren punktförmige Kontaktbereiche innerhalb der Seil- konstruktion ebenso eine erhöhte Beanspruchung durch Pressung. Die an drehungsarmen Seilen durchgeführten Untersuchungen des Kontaktbereichs zwischen den Litzenlagen und insbesondere die Ergebnisse aus der Untersuchung von einzelnen Drähten legen nahe, dass auch in anderen Seilanwendungen mit ihren spezifischen Seilkonstruktionen mit einem ähnlichen Versagensmuster durch Quer- beanspruchung zu rechnen ist. Kreuzungspunkte von Draht- oder Litzenlagen auch von Seilen unterschiedlicher Konstruktion und unterschiedlichsten Einsatzbedingun- gen und Anwendungen stellen bei Querbelastung des Seiles immer einen möglichen Ausgangspunkt für eine lokale Überlastung dar. Sucht man nun nach Seilkonstrukti- onen, in denen derartige Kreuzungspunkte vorkommen, so stößt man unweigerlich auf die Gruppe der Spiralseile. Diese bestehen aus mehreren Drahtlagen, die in un- terschiedlicher Schlagrichtung zueinander verseilt sind und somit ebenfalls punktför- mige Kontaktstellen zwischen den Drahtlagen aufweisen. Unter ihnen geraten insbe- sondere verschlossene Spiralseile in den Fokus, die unter anderem als Tragseile für 184 Ausblick Seilbahnen eingesetzt werden. In dieser speziellen Anwendung unterliegen sie einer schwellenden Querbeanspruchung da sie regelmäßig von den Fahrwerksrollen der Fahrbetriebsmittel überrollt werden. Bei diesen Seilen ist bereits bekannt, dass Drahtbrüche auf Profildrähten bevorzugt in einer inneren Drahtlage auftreten [Wang 1990]. Die Anforderungen an Seilbahnseile und insbesondere an Tragseile sind in den letz- ten Jahren stark gestiegen und stellen die Hersteller vor immer neue Herausforde- rungen. Mit zunehmend höheren geforderten Mindestbruchkräften der Seile steigen auch die notwendigen Drahtfestigkeiten [Longatti 2012]. Gleichzeitig führt die Zu- nahme der Zugkräfte zu höheren Querkräften im Seil wodurch sich die Beanspru- chung der Drähte weiter erhöht. Ein treibender Faktor dieser Veränderung ist das stetig zunehmende Verkehrsaufkommen in Ballungszentren. Hier erfüllen Seilbahnen bereits Aufgaben des öffentlichen Personennahverkehrs und sind in die urbanen Verkehrsnetze integriert. Umlaufende Bahnen mit 1 oder 2 Tragseilen verfügen über Kabinen von 16 bis 40 Personen Fassungsvermögen und erreichen dadurch Förder- leistungen von 3000 bis 5000 Personen pro Stunde je Seite und Richtung [Seeber 2010]. Die aktuellen Entwicklungen im Seilbahnbereich gehen hin zu immer leis- tungsfähigeren Anlagen und immer höherer täglicher Betriebsdauer [Kopanakis 2012] wodurch die Anzahl der Überrollungen der Tragseile weiter steigt. Von diesen Seilbahnen sind die genannten urbanen Anlagen, die nicht nur als Ausflugsbahn die- nen sondern ins öffentliche Verkehrsnetz eingebunden sind, ganz besonders hervor- zuheben. Bei den Umlaufbahnen sind hier aus dem europäischen Raum die 3-Seil- Umlaufbahnen in Bozen und Koblenz als Beispiele zu nennen. Sie verfügen auf jeder Fahrbahnseite über 2 Tragseile auf denen die Fahrzeuge wie auf Schienen fahren. Die kuppelbaren Fahrzeuge werden von einem Zugseil in endlos gespleißter Ausfüh- rung vorwärts bewegt. Durch die extrem hohe Anzahl von Überrollungen wird die Lebensdauer der Tragsei- le und insbesondere der Tragseile urbaner Seilbahnen in großem Maße bestimmt durch diese Querbeanspruchung [Longatti 2012]. In Anbetracht der steigenden Be- deutung von Seilbahnen im urbanen Umfeld sind daher weitere Untersuchungen der Kontaktstellen zwischen Drahtlagen und der hier auftretenden Pressung anzustre- ben. Versuche mit Drähten größeren Durchmessers aber auch Versuche an Pro- fildrähten, die typisch für Tragseile von Seilbahnen sind, sollen dazu beitragen, die Sicherheit dieser Seile weiter zu erhöhen. 185 8 Zusammenfassung Die vorliegende Arbeit gliedert sich in drei aufeinander aufbauende Teile und be- schreibt in dieser Art erstmalig die Lebensdauer, die Donandtkraft und das Schädi- gungsverhalten drehungsarmer Seile. Ausgehend von Dauerbiegeversuchen und der Feststellung von Schäden im Seilinneren wird die reale Gefahr eines unbemerkten Seilschadens im alltäglichen Kranbetrieb aufgegriffen und zum Anlass genommen, eine gezielte Untersuchung der Kontaktbereiche zwischen den Litzenlagen dre- hungsarmer Seile durchzuführen. Diese Kontaktbereiche werden schließlich mit Hilfe einer eigens in dieser Arbeit konstruierten Pressvorrichtung für Einzeldrähte separat untersucht. Bekannte Ergebnisse diverser Untersuchungen und Dissertationen zum Thema Lebensdauer und Pressung zwischen Drähten (Kapitel 2.4) werden zusam- mengefasst und führen schlussendlich zu dieser sehr praxisorientierten Arbeit. Im ersten Teil dieser Arbeit wurden Dauerbiegeversuche mit drehungsarmen Seilen durchgeführt. Diese Versuche sind Teil des AiF-Forschungsprojekts „Bestimmung des Sprungpunkts von dynamisch beanspruchten Spiralrundlitzenseilen beim Über- gang vom Ermüdungsbruch zum Gewaltbruch“. Im Rahmen dieses Projekts wurden insgesamt 273 Dauerbiegeversuche an 7 verschiedenen drehungsarmen Seilkon- struktionen in jeweils 2 Durchmessern durchgeführt. Abweichend von der bisher gängigen Versuchspraxis, Seile in vereinheitlichter Versuchsschmierung zu prüfen, erfolgte die Durchführung in der jeweiligen vom Seilhersteller bei der Verseilung ein- gebrachten Grundschmierung, die hier auch als Anlieferungszustand bezeichnet wird. Diese herstellerspezifische Grundschmierung, also Art und Menge des Schmiermittels, ist in der Praxis absolut entscheidend für die Lebensdauer des Seils, da selbst auf hochbeanspruchten Anlagen nur selten nachgeschmiert wird. Die Durchführung der Versuche in Grundschmierung trägt somit dazu bei, realitätsnahe Ergebnisse zu erhalten. Als Durchmesserverhältnis (Scheibendurchmesser in Seilachse zu Seildurchmesser) wurde D/d = 10 und D/d = 25 gewählt. Bei Belastun- gen im Bereich der Zeitfestigkeit und der Kurzzeitfestigkeit wurden die Versuche bis zum Bruch des Seils gefahren. Aus den Ergebnissen der Versuchsreihen wurden schließlich die Lebensdauerkurven erstellt, aus denen die Donandtkraft zu ermitteln ist. Durch Regressionsrechnung wurden abschließend die Konstanten für die Be- rechnung von Lebensdauer und Donandtkraft drehungsarmer Seile in Grundschmie- rung ermittelt. 186 Zusammenfassung Im Vergleich zu den bekannten Ergebnissen von Feyrer an Seilen in einheitlicher Versuchsschmierung (= stark in Heißdampfzylinderöl aufgefettete Seile) ergibt sich für D/d = 10 eine mittlere Lebensdauer von 58 % und für D/d = 25 von 73 %. Diese verringerte Lebensdauer ist auf die Schmierung und die untersuchten Seilkon- struktionen zurückzuführen. Für die Berechnung der Donandtkraft wurde die Regressionsrechnung zunächst mit verschiedenen Annahmen für die Mindestbruchkraft auf Basis der Formel von Feyrer durchgeführt. Die erste Berechnung erfolgte mit der Mindestbruchkraft nach Norm- angaben, wie bisher in der Formel von Feyrer vorgesehen. Außerdem wurde eine pauschal um die Drahttoleranz erhöhte Mindestbruchkraft sowie die Mindestbruch- kraft nach Herstellerangaben eingesetzt. Das beste Ergebnis liefert die Berechnung auf Basis der vom Hersteller angegeben Bruchkraft. Diese liegt häufig deutlich höher als der Normwert und damit auch näher an der realen Bruchkraft des Seils. Das bes- sere Regressionsergebnis wird somit durch den realen Zusammenhang von Seilkon- struktion und Mindestbruchkraft erklärt. In einem weiteren Schritt wurde dieser erste Regressionsansatz um einen durchmesserabhängigen Anteil erweitert. Auf diese Weise wurde das Bestimmtheitsmaß deutlich verbessert und die Streuung verklei- nert. Insbesondere für D/d = 25 liegen die berechneten Donandtkräfte näher an den im Versuch ermittelten. Durch regelmäßiges Anhalten der Biegeversuche wurde der Zustand des Seils zur jeweiligen Biegewechselzahl dokumentiert. Dabei wurde festgestellt, dass viele Seile insbesondere bei hohen Lasten trotz weniger sichtbarer Drahtbrüche rissen. Die magnetinduktive Seilprüfung während einer Versuchsreihe sowie das Öffnen von Seilen nach beendetem Versuch konnten zeigen, dass die Schädigung des Seils bei hohen Lasten im Seilinneren beginnt. Diese Schädigung beginnt häufig am Kreu- zungspunkt der äußeren mit der darunter liegenden Litzenlage durch das Entstehen tiefer Druckstellen und der damit verbundenen Schwächung des Drahtes. Somit hängt die Lebensdauer dieser Seile bei hohen Lasten entscheidend von der Ausbil- dung dieser Kontaktstellen ab. Zur Verifikation wurden Versuche an einem Seil wie- derholt, dabei magnetinduktiv geprüft und nach Detektion erster Drahtbrüche geöff- net. Die vorgefundenen Drahtbrüche lagen auf der Innenseite der Außenlitzen in Richtung der Seileinlage und sind somit visuell nicht auf der Seiloberfläche erkenn- bar. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass bei hohen Lasten und dem Auftreten sichtbarer Drahtbrüche auf der Seiloberfläche auch mit unsichtbaren Drahtbrüchen Zusammenfassung 187 im Seilinneren zu rechnen ist. Die Auswertung der Messschriebe der magnetindukti- ven Seilprüfung und das anschließende Öffnen des Seils zeigten allerdings auch, dass nicht jeder dieser Drahtbrüche im Seilinneren detektierbar ist. Auf Grund der Lage der Drahtbrüche im Seilinneren ist es möglich, dass sich zwischen den Draht- bruchenden kein Luftspalt bildet und somit eine Detektion durch magnetinduktive Seilprüfung aus physikalischen Gründen nicht immer gewährleistet ist. Im zweiten Teil der Arbeit wurden auf Grund der bisherigen Beobachtung der Schä- digung mikroskopische Untersuchungen von Drahtbruchenden und Druckstellen durchgeführt. Die mikroskopische Vermessung von Druckstellen zeigt, dass der Be- reich der Kontaktstellen zwischen den Litzenlagen besonders hoch belastet ist. Breit gedrückte Drähte führen zu negativer Sperrung innerhalb der Litze und behindern dadurch die freie Verschiebbarkeit der Drähte bei der Biegung über Scheiben. Dies führt zu einer erhöhten Belastung innerhalb der Litze. Außerdem zeigt sich der Ver- schleiß der Drähte in Form messbar tiefer werdender und stärker ausgeprägter Druckstellen, was zu einer Schwächung des Drahtquerschnitts führt. Im Kerbgrund werden bei Drähten aus hochbelasteten Seilen Riefen sichtbar, die ein deutlicher Hinweis darauf sind, dass die Schmierung nicht mehr ausreichend gegeben ist. Bei zu hoher Belastung kommt es zwischen den betroffenen Drähten zu einer Mischung aus Gleiten und Reiben, wodurch Material am Draht abgetragen wird. Außerdem führt die Reibung zu Schubspannungen, die Reibdauerbrüche begünstigen. Die mikroskopische Untersuchung der Drahtbrüche zeigt, dass bei niedriger Belas- tung noch mit Ermüdungsbrüchen zu rechnen ist und mit zunehmender Belastung die Zahl der Gewaltbrüche und Scherbrüche steigt. Es wird eine Veränderung des Schädigungsmechanismus im Seil mit steigender Belastung festgestellt. Ausgehend von der Ermüdung der Drähte bei geringen Lasten wird die Lebensdauer mit stei- gender Belastung zunehmend von Verschleiß bestimmt und geht über zu einem Ver- sagen durch Überlast aus Längsspannungen und Querpressung. Die mikroskopische Untersuchung von Drahtbruchenden und Druckstellen beweist, dass die Querpres- sung für die Art der Schädigung des Drahtes entscheidend ist. Bei geringen Seilzug- kräften mit der entsprechend geringen Querpressung erfolgt die Schädigung lang- sam durch Ermüdung, bei hohen Seilzugkräften und entsprechend hoher Querpressung kommt es zur Überlastung des Drahts aus Längs- und Querbeanspru- chung. Hohe Lasten begünstigen somit die Schädigung im Seilinneren an den Kon- taktstellen zwischen den Litzenlagen. 188 Zusammenfassung Im letzten Teil der Arbeit wurden zur Simulation der Druckstellen im Seil Zerreißver- suche an Drähten unter bestehender Querbeanspruchung durchgeführt. Hierfür wur- de eine Vorrichtung entwickelt, mit deren Hilfe zwei Drähte unabhängig voneinander vorgespannt und unter einem definierten Winkel gegeneinander gepresst werden können. Für beide Drähte wird eine der Spannung im Seil ähnliche Beanspruchung aufgebracht, die somit zu realistischen Verformungen auf den Drähten führt. Nach Aufbringen der Querbeanspruchung wird der Versuchsdraht bei bestehender Quer- beanspruchung zerrissen. Für diese Versuche standen Drähte mit Durchmessern zwischen 0,8 mm bis 2,4 mm zur Verfügung. Die Durchführung der Versuche wurde in 2 separate Projekte aufgeteilt. In Projekt A wurden gezielt Drähte untersucht, die zur Konstruktion des Seils 2/16 aus dem For- schungsprojekt „Sprungpunkt“ passen. Bei diesem Seil wurde nach magnetinduktiver Seilprüfung und den mikroskopischen Untersuchungen festgestellt, dass die sich be- rührenden Außendrähte der äußeren Litzenlage und die Außendrähte der folgenden inneren Litzenlage bei hohen Lasten zuerst brechen. Aus diesem Grund wurden die entsprechenden Drähte mit Durchmesser 0,85 mm und Durchmesser 1,14 mm beim Seilhersteller in den 3 Nennfestigkeiten R = 1770 N/mm², R = 1960 N/mm² und R = 2260 N/mm² nachbestellt. Tatsächlich standen Drähte in den Durchmessern 0,85 mm, 0,86 mm, 1,05 mm und 1,15 mm von 2 Drahtherstellern zur Verfügung. Für Projekt B wurde ausgehend von den Erfahrungen aus Projekt A der Durchmes- serbereich der Drähte erweitert. Diese Drähte wurden separat bei einem einzelnen Drahthersteller geordert um verfahrenstechnische Unterschiede der Drahtherstellung und deren mögliche Auswirkungen auf die Drahteigenschaften weitgehend auszu- schließen. Für die Versuche standen bleibadpatentierte Drähte mit Durchmesser 0,8 mm, 1,2 mm, und 2,4 mm in den Nennfestigkeiten R = 1770 N/mm², R = 1960 N/mm² und R = 2160 N/mm² zur Verfügung. Außerdem wurden an bleibad- patentierten und luftpatentierten Drähten von Durchmesser 2,0 mm und R = 1770 N/mm² erste Versuche durchgeführt um mögliche Unterschiede der Drahteigenschaften auf Grund unterschiedlicher Herstellverfahren festzustellen. Um die verschiedenen Drähte vergleichen zu können, werden auf die Bruchkraft des Drahtes aus dem Standard-Zerreißversuch bezogene Kräfte eingeführt. Die aufge- brachte Querkraft sowie die im Zerreißversuch unter Querbeanspruchung ermittelte Bruchkraft werden somit als prozentualer Anteil der Drahtbruchkraft aus dem Stan- dard-Zerreißversuch angegeben. Auf diese Weise wird ersichtlich, wie stark die Zusammenfassung 189 Drahtbruchkraft bei zunehmender Querkraft abnimmt. Beide Projekte liefern schließ- lich vergleichbare Ergebnisse für die erreichbare Bruchkraft unter Querbeanspru- chung. Um eine Größenordnung anzugeben wird jeweils ein Beispiel aus den beiden Projekten vorgestellt. Die Auswertung von Projekt A ergibt, dass ein Draht, der noch 80 % seiner Bruchkraft aus dem Standard-Zerreißversuch erreichen soll, in der Nennfestigkeit R = 1960 N/mm² um ca. 8 % weniger durch Querkraft belastet werden kann als der Draht der Nennfestigkeit R = 1770 N/mm². Der Draht der Nennfestigkeit R = 2160 N/mm² ist im Vergleich zum Draht der Nennfestigkeit R = 1770 N/mm² um ca. 15 % weniger belastbar. Die Auswertung von Projekt B ergibt für 80 % Bruch- kraft aus dem Standard-Zerreißversuch, dass der Draht der Nennfestigkeit R = 1960 N/mm² um ca. 6 % und der Draht der Nennfestigkeit R = 2160 N/mm² um ca. 11 % weniger durch Querkraft belastet werden kann als der Draht der Nennfes- tigkeit R = 1770 N/mm². Die Zerreißversuche unter Querpressung zeigen somit, dass hochfeste Drähte empfindlicher auf Querbeanspruchung reagieren als niedriger feste Drähte. Im Verhältnis zu seiner Bruchkraft aus reiner Zugbeanspruchung kann ein Draht einer niedrigeren Festigkeit mehr Querbeanspruchung ertragen als der Draht der höheren Festigkeit. Ausgehend von den bisherigen Ergebnissen und den Erfahrungen aus der Anwen- dung der Pressvorrichtung wurden zwei Vorschläge zur Optimierung und Weiterent- wicklung der Vorrichtung aufgezeigt. Zum einen könnte die Vorrichtung weiter aus- gebaut werden, indem sie mit geregelten Aktuatoren versehen wird, um dadurch Messfehler zu minimieren. Zum anderen wäre eine reduzierte Variante denkbar, die mit minimalstem technischen Aufwand, nur für den Extremfall der Drahtberührung unter 90°, eine Querkraft auf die beiden Drähte aufbringen kann. Eine solche kosten- günstige Variante wäre interessant als zusätzliche Methode der Qualitätskontrolle für Seildrähte. Zusammenfassend ergibt sich aus der Auswertung dieser drei Untersuchungen, dass bereits der Draht für die jeweilige Seilkonstruktion optimiert hergestellt werden sollte. Es ist daher wichtig auch die Eigenschaften des Drahtes in Querrichtung zu kennen, die bisher nicht gezielt durch genormte Versuche erfasst werden. Sind innerhalb der Seilkonstruktion Kreuzungspunkte von Drähten gegeben, so ist ein Draht zu verwen- den, der möglichst wenig empfindlich auf Querbelastung reagiert, da sonst die Ge- fahr einer Schädigung im Seilinneren steigt. In anderen Seilkonstruktionen, den Kon- struktionen mit Litzen in Parallelmachart (Seale, Warrington-Seale, Fillerwire) und 190 Zusammenfassung Fasereinlagen, Kunststoffeinlagen oder kunststoffumspritzten Einlagen, die im Neu- zustand keine Kontaktstellen zwischen den Litzen aufweisen, spielt die Querpres- sung eine untergeordnete Rolle, so dass hier Drähte stärker in Richtung Bruchkraft optimiert werden können. 191 9 Literaturverzeichnis Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, 2004 Technische Lieferbedingungen für Drahtseile von Seilschwebe- und Standseil- bahnen gemäß BOSeil (TL), Author. Briem, U., 2002. Seillebensdauer bei Mehrlagenspulung. Hebezeuge und Fördermittel 42(11), S.566–567. Buschmann, K., 2003. Rope failures on tower cranes. In: Experiences with ropes, September 2003, Lenzburg, Schweiz, S. 61–76. Dillmann, U. & Gabriel, K., 1981. Umformungen an quergepressten Drähten. Archiv für das Eisenhüttenwesen 52(12), S.469–478. DIN 509, 2006-12 Technische Zeichnungen - Freistiche - Formen, Maße. DIN EN 12385-2, 2002 Stahldrahtseile; Sicherheit; Teil 2: Begriffe, Bezeichnung und Klassifizierung. DIN EN 12385-4, 2002 Stahldrahtseile; Sicherheit; Teil 4: Litzenseile für allgemeine Hebezwecke. DIN EN 10218-1, 2012-03 Stahldraht und Drahterzeugnisse; Allgemeines; Teil 1: Prüfverfahren. DIN EN 10264-1, 2012-03 Stahldraht und Drahterzeugnisse; Stahldraht für Seile; Teil 1: Allgemeine Anforde- rungen. DIN EN 10264-2, 2012-03 Stahldraht und Drahterzeugnisse; Stahldraht für Seile; Teil 2: Kaltgezogener Draht aus unlegiertem Stahl für Seile für allgemeine Verwendungszwecke. 192 Literaturverzeichnis DIN EN ISO 6892-1, 2009-12 Metallische Werkstoffe; Zugversuch; Teil 1: Prüfverfahren bei Raumtemperatur. DIN ISO 7800, 2008-10 Metallische Werkstoffe; Draht; Einfacher Verwindeversuch. DIN ISO 7801, 2008-10 Metallische Werkstoffe; Draht; Hin- und Herbiegeversuch. 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