Flexible Führung hochbrillanter Laserstrahlen mit optischen Fasern Von der Graduate School of Excellence advanced Manufacturing Engineering der Universität Stuttgart zur Erlangung der Würde eines Doktor-Ingenieurs (Dr.-Ing.) genehmigte Abhandlung Vorgelegt von Christian Röhrer aus Spaichingen Hauptberichter: Prof. Dr. phil. nat. Thomas Graf Mitberichter: Prof. Dr.-Ing. Manfred Berroth Tag der mündlichen Prüfung: 07. Oktober 2020 Institut für Strahlwerkzeuge der Universität Stuttgart 2020 Laser in der Materialbearbeitung Forschungsberichte des IFSW Christian Röhrer Flexible Führung hochbrillanter Laser- strahlen mit optischen Fasern Laser in der Materialbearbeitung Forschungsberichte des IFSW Herausgegeben von Prof. Dr. phil. nat. Thomas Graf, Universität Stuttgart Institut für Strahlwerkzeuge (IFSW) Das Strahlwerkzeug Laser gewinnt zunehmende Bedeutung für die indust- rielle Fertigung. Einhergehend mit seiner Akzeptanz und Verbreitung wachsen die Anforderungen bezüglich Effizienz und Qualität an die Geräte selbst wie auch an die Bearbeitungsprozesse. Gleichzeitig werden immer neue Anwendungsfelder erschlossen. In diesem Zusammenhang auftreten- de wissenschaftliche und technische Problemstellungen können nur in partnerschaftlicher Zusammenarbeit zwischen Industrie und Forschungs- instituten bewältigt werden. Das 1986 gegründete Institut für Strahlwerkzeuge der Universität Stuttgart (IFSW) beschäftigt sich unter verschiedenen Aspekten und in vielfältiger Form mit dem Laser als einem Werkzeug. Wesentliche Schwerpunkte bil- den die Weiterentwicklung von Strahlquellen, optischen Elementen zur Strahlführung und Strahlformung, Komponenten zur Prozessdurchführung und die Optimierung der Bearbeitungsverfahren. Die Arbeiten umfassen den Bereich von physikalischen Grundlagen über anwendungsorientierte Aufgabenstellungen bis hin zu praxisnaher Auftragsforschung. Die Buchreihe „Laser in der Materialbearbeitung – Forschungsberichte des IFSW“ soll einen in der Industrie wie in Forschungsinstituten tätigen In- teressentenkreis über abgeschlossene Forschungsarbeiten, Themenschwer- punkte und Dissertationen informieren. Studenten soll die Möglichkeit der Wissensvertiefung gegeben werden. Flexible Führung hochbrillanter Laserstrahlen mit optischen Fasern von Dr.-Ing. Christian Röhrer Universität Stuttgart utzverlag München Als Dissertation genehmigt von der Graduate School of Excellence advanced Manufacturing Engineering der Universität Stuttgart Hauptberichter: Prof. Dr. phil. nat. Thomas Graf Mitberichter: Prof. Dr.-Ing. Manfred Berroth Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Zugleich: Dissertation, Stuttgart, Univ., 2020 D 93 Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Sämtliche, auch auszugsweise Verwertungen bleiben vorbehalten. Copyright © utzverlag GmbH 2020 ISBN 978-3-8316-4888-7 Printed in Germany utzverlag GmbH, München Tel.: 089-277791-00 · www.utzverlag.de Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 5 Liste der verwendeten Symbole 7 Kurzfassung 11 Extended Abstract 15 1 Einleitung 17 1.1 Motivation und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 1.2 Strahlführung von cw-Grundmodestrahlung . . . . . . . . . . . . . 18 1.2.1 Alternative Faserkonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 1.2.1.1 Low-NA Fasern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 1.2.1.2 Multikernfasern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 1.2.1.3 Leakage-Channel Fasern . . . . . . . . . . . . . . . 21 1.2.1.4 Multi-Trench Fasern . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 1.2.1.5 Bragg-Fasern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 1.2.2 Forschungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 1.3 Strahlführung von UKP-Strahlung in Hohlkernfasern . . . . . . . . 26 1.3.1 Photonische Kristallfasern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 1.3.1.1 Photonische Bandlücke . . . . . . . . . . . . . . . . 27 1.3.1.2 Inhibited-Coupling . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 1.3.2 Forschungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2 Untersuchungen zum Grundmodestrahltransport in hochgradig multimodigen Stufenindexfasern 32 2.1 Stand der Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2.2 Einfluss des Faserkerndurchmessers auf die Modenmischung . . . . . 35 2.2.1 Überblick und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2.2.1.1 Forschungsfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2.2.2 Numerische Simulationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2.2.3 Experimentelle Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . 42 2.2.3.1 Einfluss des Modenüberlapps . . . . . . . . . . . . 43 6 Inhaltsverzeichnis 2.2.3.2 Einfluss der Faserbiegung . . . . . . . . . . . . . . 47 2.2.3.3 Limitierungen aufgrund stimulierter Raman-Streuung 49 2.2.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 2.3 Limitierung der Faserlänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 2.3.1 Überblick und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 2.3.1.1 Coupled-Mode-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . 55 2.3.1.2 Forschungsfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 2.3.2 Faserauslegung und Faserproduktion . . . . . . . . . . . . . 58 2.3.2.1 Numerische Simulationen . . . . . . . . . . . . . . 58 2.3.2.2 Faserzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 2.3.2.3 Modenfeldadapter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 2.3.2.4 Spleißverbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 2.3.3 Experimentelle Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . 67 2.3.3.1 Einfluss der Faserlänge . . . . . . . . . . . . . . . . 67 2.3.3.2 Limitierungen aufgrund stimulierter Raman-Streuung 75 2.3.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 3 Untersuchungen zur Polarisationserhaltung in Hohlkernfasern 82 3.1 Stand der Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 3.2 Überblick und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 3.2.1 Forschungsfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 3.3 Theoretische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 3.4 Numerische Simulationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 3.5 Experimentelle Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 3.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 4 Zusammenfassung und Ausblick 100 4.1 Grundmodestrahltransport in hochgradig multimodigen Stufenin- dexfasern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 4.2 Polarisationserhaltung in Hohlkernfasern . . . . . . . . . . . . . . . 102 Literaturverzeichnis 104 Danksagung 118 Liste der verwendeten Symbole Symbol Bedeutung Einheit A Fit-Parameter aus Gl. 2.8 Aeff effektive Modenfläche μm2 B Fit-Parameter aus Gl. 2.8 CCDR Verhältnis von Kern- zu Manteldurchmesser d12 Kopplungskoeffizient zwischen den Moden LP01 und LP11 dclad Manteldurchmesser μm dcore Kerndurchmesser μm dμν Kopplungskoeffizient zwischen den Moden μ und ν D globaler Kopplungskoeffizient DOLP Polarisationsgrad der linearen Polarisation % f Brennweite mm gk Modenüberlapp der radialsymmetrischen LP0k-Mode mit % dem einfallenden Gaußstrahl gr Ramanverstärkungskoeffizient m/W IN resultierende Intensitätsverteilung im Nahfeld W/m2 IF resultierende Intensitätsverteilung im Fernfeld W/m2 Ik,N Intensitätsverteilung der radialsymmetrischen LP0k-Mode W/m2 im Nahfeld Ik,F Intensitätsverteilung der radialsymmetrischen LP0k-Mode W/m2 im Fernfeld Iμ,N Intensitätsverteilung der Mode μ im Nahfeld W/m2 Iμ,F Intensitätsverteilung der Mode μ im Fernfeld W/m2 k Ordnung radialsymmetrischer LP0k-Moden L Faserlänge m Lb Schwebungslänge m Leff effektive Faserlänge m mall Anzahl aller Moden mrad Anzahl der radialsymmetrischen LP0k-Moden M Müller-Matrix 8 Liste der verwendeten Symbole Symbol Bedeutung Einheit M2 Beugungsmaßzahl M2 nom Nominelle Beugungsmaßzahl n Brechungsindex ncore Brechungsindex des Faserkerns neff Propagationskonstante neff,μ Propagationskonstante der Mode μ N Anzahl Spleißparameter NA Numerische Apertur p Erweiterung Gl. 1.1 unter Berücksichtigung des Polarisationszustands Pμ Leistung der Mode μ W Pν Leistung der Mode ν W PSRS Schwellleistung von stimulierter Raman-Streuung W PER Polarisations-Extinktionsverhältnis dB rbend Biegeradius cm S0 Stokes-Parameter: Intensität S1 Stokes-Parameter: linear polarisiert (horizontal/vertikal) S2 Stokes-Parameter: linear polarisiert (±45◦) S3 Stokes-Parameter: zirkular polarisiert (links-/rechtsdrehend) �S originärer Stokes-Vektor �S′ resultierender Stokes-Vektor V V -Zahl w0 Strahlradius auf der Faserendfläche μm z Propagationslänge m zb Kopplungslänge mm α Dämpfung dB/km αk Propagationsverluste der radialsymmetrischen LP0k-Mode dB/km αμ Propagationsverluste der Mode μ m−1 δ Phasenverschiebung ◦ δneff Effektiver Brechzahlunterschied zwischen beiden orthogonal zueinander polarisierten LP01-Moden Δneff Effektiver Brechzahlunterschied zwischen den Moden LP01 und LP11 Liste der verwendeten Symbole 9 Symbol Bedeutung Einheit Δneff,μν Effektiver Brechzahlunterschied zwischen den Moden μ und ν θ Winkel der schnellen Achse ◦ λ Vakuum-Wellenlänge nm χ Azimuth-Winkel ◦ ψ Winkel der Elliptizität ◦ ω Raumfrequenz mm−1 10 Liste der verwendeten Symbole Abkürzung Bedeutung ASE engl.: Amplified Spontaneous Emission (verstärkte spontane Emission) CCDR engl.: Core to Cladding Diameter Ratio (Verhältnis von Kern- zu Manteldurchmesser) CW engl.: Continuous Wave (Dauerstrich) DOLP engl.: Degree of Linear Polarization (Polarisationsgrad der linearen Polarisation) FEM Finite-Elemente-Methode FFT engl.: Fast Fourier Transform (schnelle Fourier-Transformation) FWHM engl.: Full Width at Half Maximum (Halbwertsbreite) HC engl.: Hollow-Core (Hohlkern) HOM engl.: Higher-Order Mode (Mode höherer Ordnung) IC engl.: Inhibited-Coupling (unterdrückte Kopplung) IFSW Institut für Strahlwerkzeuge LCF engl.: Leakage Channel Fiber (Faser mit Verlustkanal) MCVD engl.: Modified Chemical Vapor Deposition (modifizierte chemische Gasphasenabscheidung) NA Numerische Apertur PBG engl.: Photonic Bandgap (photonische Bandlücke) PBS engl.: Polarizing Beamsplitter (polarisierender Strahlteiler) PCF engl.: Photonic Crystal Fiber (photonische Kristallfaser) PER engl.: Polarization Extinction Ratio (Polarisations-Extinktionsverhältnis) PML engl.: Perfectly Matched Layer (perfekt absorbierende Schicht) SRS Stimulierte Raman-Streuung UKP Ultrakurzpuls Kurzfassung Festkörperlaser mit beugungsbegrenzter Strahlqualität eröffnen durch ihre stetig steigende Ausgangsleistung kontinuierlich neue Anwendungsfelder in der Lasermate- rialbearbeitung. In Hinblick auf den wachsenden Bedarf einer flexiblen Strahlführung von Festkörperlaserstrahlung gewinnen optische Glasfasern hierbei, bedingt durch ihre vergleichsweise niedrigen Kosten, hohe Zuverlässigkeit und Vielseitigkeit, in industriellen Systemen immer mehr an Bedeutung. Im Rahmen dieser Arbeit wurden daher verschiedene optische Glasfasern für Anwendungen im Dauerstrichbetrieb (CW), wie auch für ultrakurz gepulste (UKP) Strahlung, untersucht. Für Anwendungen von cw-Lasern bis in den kW-Bereich wurde der Grundmode- strahltransport in hochgradig multimodigen Stufenindexfasern untersucht. Hierfür wurde die gesamte Entwicklungskette von der Faserauslegung über die Faserpro- duktion bis hin zur Fasercharakterisierung durchgeführt. Im Bereich der Hohlkernfasern, wie sie typischerweise für die Übertragung von UKP- Strahlung verwendet werden, wurden Fasern bezüglich ihres polarisationserhaltenden Verhaltens analysiert, da die Polarisation einen entscheidenden Parameter für eine Vielzahl der Prozesse in der Mikromaterialbearbeitung darstellt. Zum Grundmodestrahltransport in hochgradig multimodigen Stufenindexfasern wurde zu Beginn der Einfluss des Faserkerndurchmessers untersucht, um den minimal benötigten effektiven Brechzahlunterschied Δneff zwischen den Moden LP01 und LP11, der zur Unterdrückung von Modenmischung notwendig ist, zu finden. Hierbei wurde gezeigt, dass es möglich ist, in Fasern mit Kerndurchmessern von bis zu 80μm bei einer numerischen Apertur (NA) von 0,111 über eine Faserlänge zwischen 5 und 10m eine nahezu beugungsbegrenzte Strahlqualität (Beugungsmaßzahl M2 ≈ 1,3) beizubehalten. Dies entspricht beim größten Faserkerndurchmesser von 80μm einer effektiven Modenfläche von 2800μm2 bei einem Δneff von 0,5·10−4. Der Einfluss der Einkopplung wurde zuerst theoretisch mit Hilfe numerischer Simulationen untersucht, bevor die Ergebnisse experimentell bestätigt wurden, indem die Strahlgröße des fokussierten Gaußstrahls auf der Faserfacette variiert wurde. Bei optimaler Einkopplung in die Faser, das heißt, der Überlapp zwischen einfallendem Strahl und LP01-Grundmode der Faser ist maximal, konnte nach der 12 Kurzfassung Faser die niedrigste Beugungsmaßzahl gemessen werden. Außerdem wurde gezeigt, dass die Strahlqualität nach der Faser selbst für Biegeradien der Faser bis hinab zu 2 cm kaum degradiert und so für alle untersuchten Fasern mit Kerndurchmessern zwischen 50 und 80μm stets ein M2 kleiner 1,5 gemessen werden konnte. Die Schwellleistung von stimulierter Raman-Streuung konnte experimentell für eine Faser mit einem Kerndurchmesser von 80μm bei einer Länge von 10m, welche lose auf dem Tisch platziert wurde (Biegeradius rbend ≥ 25 cm), zu mehr als 60 kW ermittelt werden. Um Limitierungen aufgrund thermisch induzierter Aberrationen zu umgehen, wie sie typischerweise bei transmissiven Optiken zur Freistrahleinkopplung auftreten, wurde zur weiteren Untersuchung des Grundmodestrahltransports in hochgradig multi- modigen Stufenindexfasern ein monolithischer Ansatz verwendet. Zur experimen- tellen Realisierung wurde ein cw-Grundmode-Faserlaser an die zu untersuchenden Transportfasern gespleißt, welche auf Basis der Coupled-Mode-Theorie hinsichtlich Faserdesign wie auch Faserproduktion optimiert wurden. Die hierfür notwendigen Taper wurden direkt während des Faserzugs in die Fasern implementiert und alle benötigten Spleißverbindungen wurden vorab entwickelt. Über eine Faserlänge von 100m konnte auf diese Weise für Fasern mit Kerndurchmessern zwischen 30 und 60μm bei einer NA von 0,22 die Erhaltung nahezu beugungsbegrenzter Strahl- qualität (M2 ≈ 1,3) demonstriert werden. Mit steigender Faserlänge wurde eine graduelle Degradierung der Strahlqualität unabhängig vom Faserkerndurchmesser beobachtet. Für eine Faser mit einem Kerndurchmesser von 60μm bei einer Länge von 380m konnte trotzdem noch ein M2 von 2,1 gezeigt werden. Die Hochleistungs- tauglichkeit des verwendeten monolithischen Ansatzes konnte demonstriert werden, indem ein Strahl mit einer Leistung von 1 kW über eine 100m lange Faser mit einem Kerndurchmesser von 60μm übertragen werden konnte, bei einem M2 des transmittierten Strahls von 1,3 und ohne dass stimulierte Raman-Streuung die Übertragung limitierte. Zur Übertragung von UKP-Strahlung wurden zwei verschiedene Typen von Hohl- kernfasern bezüglich ihres polarisationserhaltenden Verhaltens untersucht. Die verwendeten photonischen Kristallfasern nutzen ” Inhibited-Coupling“ als Strahlfüh- rungsmechanismus, wobei die K-7C Faser ein Kagome-Gitter im Fasermantel besitzt, bei der sieben Fehlstellen den Faserkern mit hypozykloider Kernkontur bilden, und die T-8 Faser über einen tubularen Aufbau verfügt, bestehend aus acht Kapillaren im Fasermantel. Es konnte gezeigt werden, dass ein Unterschied der Propagati- onskonstanten beider orthogonal zueinander polarisierten LP01-Fasermoden (δneff �= 0) über die Propagation zu einer Phasenverschiebung führt. Dies kann umgangen Kurzfassung 13 werden, wenn lediglich eine der beiden LP01-Moden der Faser angeregt wird, indem die Orientierung der linearen Polarisation der in die Faser eingekoppelten Strahlung entweder parallel oder orthogonal zur Biegeebene ausgerichtet ist. Wird hingegen ei- ne Mischung beider Polarisationszustände angeregt, führt dies über die Propagation zu einer Degradierung des linearen Polarisationszustands. Für beide Fasern steigt mit abnehmendem Biegeradius die Differenz beider Propagationskonstanten δneff an, wodurch die Phasenverschiebung zunimmt. Dieses Verhalten wurde theoretisch anhand numerischer Simulationen beschrieben und konnte abschließend mittels experimenteller Ergebnisse bestätigt werden. Es hat sich hierbei gezeigt, dass die Phasenverschiebung in der K-7C Faser etwa einen Faktor 5 höher ist als in der T-8 Faser, was in guter Übereinstimmung mit den numerischen Simulationen steht. Extended Abstract The steady increase of the output power of solid-state lasers which emit a diffraction- limited beam offers a variety of new application areas for laser materials processing. In view of the growing demand for flexible beam delivery systems optical fibers became increasingly important for industrial systems because of their comparative- ly low costs, high reliability, and versatility. Therefore, several optical fibers for applications with cw (continuous wave) as well as ultrafast lasers were investigated. Fundamental-mode beam transport in highly multimode fibers was analyzed for applications of cw-lasers with kW-class output power. The whole chain of the development including design, production as well as characterization of the fibers was considered for this purpose. Furthermore, hollow-core fibers as typically used for the delivery of beams from ultrafast lasers were investigated regarding their polarization-maintaining behavior, since it is known that the polarization can be a crucial parameter for micro materials processing. The influence of the core diameter of highly multimode step-index fibers was investigated to determine the limit of the effective refractive index difference Δneff between the modes LP01 and LP11 which is required to suppress mode mixing. It could be shown that it is possible to maintain a nearly diffraction-limited beam quality (beam quality factor M2 ≈ 1.3) in 5 to 10m long fibers with core diameters of up to 80μm (numerical aperture NA = 0.111). At the maximum core diameter of 80μm this corresponds to a Δneff of 0.5·10−4 and an effective mode field area of 2800μm2. The influence of the launching conditions of the beam into the fibers was theoretically evaluated using numerical simulations and verified experimentally by varying the size of the input beam on the fiber facet. Optimum launching is achieved when the overlap between the incident beam and the fundamental LP01-mode of the fiber is maximum. In this case, the lowest beam quality factor after the propagation through the fiber could be measured. Additionally, it could be shown that fiber bends down to radii as small as 2 cm barely degrade the beam quality of the transmitted beam (M2 < 1.5) for all investigated fibers with core diameters in the range between 50 and 80μm. The threshold power of stimulated Raman 16 Extended Abstract scattering could be measured to be more than 60 kW for a fiber with a core diameter of 80μm and a length of 10m which had been loosely placed on the table (bending radius rbend ≥ 25 cm). To avoid the limitations of thermally induced aberrations, which are typically observed in transmissive free-space launching optics, a monolithic setup was used for further analysis of the fundamental-mode beam transport in highly multimode fibers. To this end, a cw fundamental-mode fiber laser was spliced onto the investigated delivery fibers which were optimized using the coupled-mode theory in terms of fiber design and fiber production. The needed fiber tapers were directly implemented during fiber drawing and all required splices were developed beforehand. For fibers with a length of 100m and with core diameters ranging between 30 and 60μm (NA = 0.22) a nearly diffraction-limited beam quality (M2 ≈ 1.3) could be maintained. With increasing fiber length, a gradual degradation of the beam quality independent of the core diameter was observed, but still an M2 of 2.1 could be measured for a fiber with a core diameter of 60μm and a length of 380m. The high-power suitability of the monolithic approach was demonstrated by transmitting 1 kW of power through a 100m long fiber with a core diameter of 60μm without the onset of stimulated Raman scattering while still maintaining a nearly diffraction-limited beam quality (M2 ≈ 1.3). Furthermore, with regard to the delivery of ultrafast laser beams, two different kinds of inhibited-coupling guiding hollow-core photonic crystal fibers were analyzed regarding their polarization maintaining behavior – a hypocycloid-shaped 7-cell fiber with a Kagome lattice (K-7C) and a fiber with a single-ring tubular lattice consisting of eight capillaries (T-8). It was shown that a mismatch of the propagation constants of both orthogonally polarized LP01-modes (δneff �= 0) leads to a phase shift. To circumvent this, it was found that only one of the LP01-modes should be excited by orienting the linear polarization of the injected beam either parallel or perpendicular to the plane of bending. If a mixture of both modes is excited, this will lead to a degradation of the polarization state during propagation. For both kinds of fiber the difference between the propagation constants δneff of the orthogonally polarized LP01-modes, and hence the induced phase shift, increases with diminishing bending radius. This effect was predicted theoretically and was corroborated using numerical simulations and experimental results. It was shown that the induced phase shift in the K-7C fiber is about 5 times higher as compared to the T-8 fiber which is in good agreement with the numerical simulations. 1 Einleitung Ein großer Vorteil von Festkörperlasern für die industrielle Fertigung ist die Mög- lichkeit der flexiblen faserbasierten Strahlführung [1], da für Laserwellenlängen um 1μm das Material der Wahl – Quarzglas – niedrige Verluste aufweist [2]. Daher bietet die faserbasierte Strahlführung im Gegensatz zur Freistrahlpropagation eine Vielzahl fertigungstechnischer und wirtschaftlicher Vorteile [1]. Hierzu gehören bei- spielsweise das Entfallen zusätzlicher Umlenkelemente, die einfache Integrierbarkeit in Roboteranlagen und damit einhergehend vielseitigere Bearbeitungsmöglichkeiten, eine erhöhte Sicherheit durch Vermeidung der Freistrahlpropagation beim Strahl- transport sowie eine flexible Ansteuerung und Auslastung der Prozesse und Anlagen. Deshalb ist die faserbasierte Strahlführung von Multimodestrahlung heutzutage vor allem in der Makromaterialbearbeitung weit verbreitet [1] und soll in Zukunft auch für Laser mit beugungsbegrenzter Strahlqualität – sowohl für cw-Strahlung (engl.: Continuous Wave) als auch für gepulste und ultrakurz gepulste (UKP) Laserstrahlung – ermöglicht werden. 1.1 Motivation und Zielsetzung Der Grundstein der modernen Fasertechnologie wurde 1966 durch Kao et al. [3] gelegt, auch wenn bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts bekannt war, dass Licht über Totalreflexion innerhalb eines Wasserstrahls [4] oder innerhalb dünner Glaszy- linder [5] geführt werden kann. Die Gruppe um Kao [3] identifizierte Absorption und Streuung an Verunreinigungen des Glases als Hauptverlustquelle, welche bis dato die Strahlführung erheblich beschränkt haben und zu Verlusten von einigen hundert Dezibel pro Kilometer führten. Die Reinheit des Glases konnte in den folgenden Jahren durch Entwicklung neuer Herstellungsmethoden – vor allem über die ” Modi- fied Chemical Vapor Deposition“ (MCVD) – deutlich erhöht werden [6, 7], wodurch bereits 1970 Verluste unter 20 dB/km demonstriert werden konnten [8]. Hierdurch begann der Siegeszug der optischen Glasfaser, welche aus vielen Bereichen, wie der optischen Nachrichtentechnik, Medizintechnik, Sensorik, Beleuchtungstechnik sowie der industriellen Lasertechnik, nicht mehr wegzudenken ist [9]. 18 1 Einleitung Durch kontinuierliche Weiterentwicklung innerhalb der nächsten zehn Jahre konnten die Verluste bei einer Wellenlänge von 1550 nm, welche typischerweise für die Nach- richtentechnik verwendet wird [2], um zwei weitere Größenordnungen auf lediglich 0,2 dB/km reduziert werden [10]. Die niedrigsten heute demonstrierten Verluste liegen bei 0,14 dB/km [11] und sind damit nur unwesentlich niedriger als noch vor vierzig Jahren, was für die Nachrichtentechnik noch Vorteile bringt, nicht aber für die Strahlführung in der industriellen Lasermaterialbearbeitung, wo die erforderli- chen Übertragungsstrecken deutlich kürzer sind. Die Verluste konvergieren hierbei gegen die physikalischen Grenzen, welche auf Rayleigh-Streuung im Bereich kürze- rer Wellenlängen [12] und Absorptionsbanden im infraroten Spektralbereich [13] zurückzuführen sind. In Hinblick auf den wachsenden Bedarf für die flexible faserbasierte Führung hoch- brillanter Laserstrahlung in der industriellen Fertigung wurden verschiedene optische Glaserfasern untersucht. Während im cw-Bereich heutzutage meist klassische Stu- fenindexfasern Anwendung finden, können diese nicht für die Übertragung von UKP-Strahlung verwendet werden, da die hierbei vorherrschenden Pulsspitzenleis- tungen weit über der Schadensschwelle von Quarzglas liegen [14]. Folglich darf die Strahlführung nicht in einem festen Faserkern stattfinden, sondern der Laserstrahl muss in einem Kern aus Luft oder Vakuum geführt werden. Daher wird generell, wie auch im Rahmen dieser Arbeit, zwischen der Strahlführung von cw-Strahlung und UKP-Strahlung differenziert, da unterschiedliche Strahlführungskonzepte verwendet werden und hierbei sowohl die Anforderungen als auch Herausforderungen gänzlich verschieden sind. 1.2 Strahlführung von cw-Grundmodestrahlung Die faserbasierte Strahlführung von cw-Multimodestrahlung im Multi-kW-Bereich über Strecken bis zu 100m ist heute in der Makrobearbeitung bereits Stand der Technik. Typische Anwendungen sind hierbei das Schneiden und Schweißen von Metallen [1]. Diese Prozesse werden auch in der Mikromaterialbearbeitung verwendet, da bedingt durch die hohe Brillanz des Lasers die benötigten hohen Intensitäten auf dem Werkstück erzielt werden können [15]. Hierdurch wird das Präzisionsschneiden und -schweißen von Metallen wie Aluminium, Kupfer oder Edelstahl realisiert [16]. Des Weiteren ermöglicht cw-Grundmodestrahlung auch Prozesse in der additiven Fertigung, wie das selektive Laserschmelzen (engl.: Selective Laser Melting) [17]. 1.2 Strahlführung von cw-Grundmodestrahlung 19 Um Grundmodestrahlung auch nach Propagation durch eine Transportfaser erhalten zu können, werden Singlemodefasern verwendet, welche nur diese eine Mode führen können und in der Regel Kerndurchmesser im Bereich zwischen 7 und 10μm aufwei- sen [2]. Für die in typischen Materialbearbeitungsprozessen notwendige Laserleistung ist die Verwendung solcher Singlemodefasern allerdings auf Längen von wenigen Metern beschränkt [1], da bedingt durch die hier vorhandenen hohen Feldstärken gepaart mit großen Wechselwirkungslängen innerhalb der Faser nichtlineare Effekte die Strahlführung limitieren [18]. Gegeben durch die große spektrale Bandbreite typischer Hochleistungs-Faser- [19] oder Scheibenlaserstrahlung [20] ist stimulierte Raman-Streuung (SRS) der dominierende nichtlineare Effekt [21]. Hierbei sorgt inelastische Streuung an optischen Phononen für eine Stokes-Verschiebung und damit zu einem Energietransfer hin zu größeren Wellenlängen [18]. Zur Unterdrückung von SRS kann der spektrale Anteil, welcher anfangs durch spontane Raman-Streuung verursacht wird, gezielt gefiltert werden, bevor es zu stimulierter Raman-Streuung kommt. Dies geschieht beispielsweise über resonante Kopplung der Stokes-Welle in einen den Faserkern umgebenden hochbrechenden Ring [22] beziehungsweise in einen zweiten Faserkern, welcher helixförmig um den ersten angeordnet ist [23], oder durch ein in die Fasern eingeschriebenes lang- periodisches Gitter [24]. Da all diese Ansätze jedoch auch zu Verlusten für die Signalwellenlänge führen [25] und die Faser nur für genau eine Wellenlänge ausge- legt werden kann, ist es zu bevorzugen SRS komplett zu umgehen. Hierzu kann die Schwellleistung PSRS von stimulierter Raman-Streuung über PSRS = 16 ·Aeff · p gr ·Leff (1.1) berechnet werden [26], wo Aeff die effektive Modenfläche bezeichnet, welche als Flächenintegral des elektrischen Feldes über den gesamten Faserquerschnitt definiert ist [2], p erweitert die Gleichung unter Berücksichtigung des Polarisationszustands und ist 1 für polarisierte und 2 für unpolarisierte Strahlung [27], gr ist der Ra- manverstärkungskoeffizient, welcher für Quarzglas typischerweise im Bereich um 1·10−13 m/W liegt [28] und die effektive Faserlänge Leff = 1− e(−αL) α (1.2) berücksichtigt den Abfall der Leistung bei Propagation durch eine Faser der Länge L aufgrund der Dämpfung α [18], wodurch die effektive Wechselwirkungslänge sinkt [2]. 20 1 Einleitung Zur Reduktion von SRS konnte von Ballato et al. [29] gezeigt werden, dass der Ramanverstärkungskoeffizient gr durch gezielte Beimischung anderer Gläser auf die Hälfte gesenkt werden kann. Allerdings wird vermutet, dass es hierdurch trotzdem nicht möglich ist, SRS komplett zu umgehen [25]. Außerdem kann die Beimengung anderer Gläser zu höheren Verlusten oder ungleichmäßigeren Brechzahlprofilen führen. Die Schwellleistung PSRS hängt also maßgeblich vom Verhältnis aus effektiver Modenfläche Aeff und Faserlänge L ab. Wodurch sich anhand von Gl. 1.1 die Schwell- leistung PSRS für eine 100m lange konventionelle singlemodige Stufenindexfaser zu etwa 100W abschätzen lässt, ungenügend für die üblichen Fertigungsprozesse mit cw-Lasern. Folglich muss der Faserkerndurchmesser und damit die Modenfläche erhöht werden, um eine faserbasierte Strahlführung von Grundmodestrahlung über 100m im Multi-kW-Bereich zu ermöglichen. 1.2.1 Alternative Faserkonzepte Um dennoch eine hochleistungstaugliche und flexible Singlemode-Strahlführung über große Strecken realisieren zu können, werden alternative Faserkonzepte benötigt, welche eine Vergrößerung der Modenfläche und dadurch eine höhere SRS-Schwelle bei gleichzeitigem Singlemode-Betrieb ermöglichen. Diese Konzepte werden im Folgenden vorgestellt, wobei sich dieser Abschnitt auf die wichtigsten und viel- versprechendsten Vertreter beschränkt. Ein zusammenfassender Vergleich aller alternativen Faserkonzepte, inklusive der konventionellen singlemodigen Stufenin- dexfaser und dem Lösungsansatz dieser Arbeit, ist in Tab. 1.1 in Abschnitt 1.2.2 zu finden. 1.2.1.1 Low-NA Fasern Um eine Stufenindexfaser mit großer Modenfläche zu realisieren, welche lediglich eine Mode führt – also eine V -Zahl kleiner 2,405 [30] aufweist – muss die numerische Apertur (NA) der Faser reduziert werden, da die V -Zahl durch V = π λ ·dcore ·NA (1.3) definiert ist, wobei λ der verwendeten Wellenlänge in Vakuum und dcore dem Faserkerndurchmesser entspricht [31]. Die Reduzierung der NA ist jedoch nicht 1.2 Strahlführung von cw-Grundmodestrahlung 21 beliebig möglich, denn zum einen ist dies mit dem MCVD-Verfahren, welches den Stand der Technik für Stufenindexfasern darstellt, heutzutage fertigungstechnisch auf eine minimale NA von etwa 0,03 beschränkt [32]. Zum anderen steigt mit sinkender NA die Biegeempfindlichkeit der Faser, weshalb sich eine minimale numerische Apertur von ca. 0,06 empfiehlt, um die Faser noch flexibel verlegen zu können [33]. Laut Gl. 1.3 entspricht dies einem maximalen Kerndurchmesser von etwa 14μm. Im Vergleich zu den eingangs erwähnten Singlemodefasern mit Kerndurchmessern zwischen 7 und 10μm [2], kann hiermit die SRS-Schwelle nur um einen Faktor von bis zu 3,5 erhöht werden. 1.2.1.2 Multikernfasern Da also der Durchmesser des Kerns begrenzt ist, besteht ein weiterer Ansatz darin, die Anzahl der Kerne zu erhöhen, um hierdurch die Feldstärke in jedem einzel- nen Kern zu reduzieren. Indem durch geeignetes Design die Felder der einzelnen Kerne evaneszent gekoppelt werden (vgl. Abb. 1.1), kann eine einzelne transver- sale Supermode geführt werden [34]. Solche Multikernfasern lassen sich über eine Kombination aus klassischem MCVD-Verfahren und der Stack-and-Draw -Methode herstellen [34]. Die so produzierten Multikernfasern sind jedoch komplexer in der Herstellung als vergleichbare konventionelle Stufenindexfasern [35] und bieten laut Vogel [36] gegenüber diesen keinen wesentlichen Vorteil für den Grundmodestrahl- transport. Im Gegensatz zu Stufenindexfasern wird allerdings in Multikernfasern die Modenfläche durch Faserbiegungen kaum reduziert [34], was ansonsten zu einer niedrigeren SRS-Schwelle führen würde (vgl. Gl. 1.1). 1.2.1.3 Leakage-Channel Fasern Neben der bereits beschriebenen Filterung von SRS, können Fasern auch so aus- gelegt werden, dass unerwünschte Moden über die Propagation gefiltert werden, indem die Verluste aller Moden höherer Ordnung (HOMs) im Vergleich zur Grund- mode deutlich erhöht sind [37]. Solche Fasern werden als asymptotisch singlemodig bezeichnet und als bekanntester Vertreter sind Leakage-Channel Fasern (LCFs) zu nennen [36]. Hierbei führen Löcher im Fasermantel (vgl. Abb. 1.2) dazu, dass der mittlere Brechungsindex im Mantel niedriger ist als der Brechungsindex im Faserkern, wodurch als Strahlführungsmechanismus eine modifizierte Form der Totalreflexion (engl.: Modified Total Internal Reflection) vorliegt [38]. Gleichzeitig sorgen Lücken zwischen den Löchern dafür, dass HOMs aus dem Kern gefiltert 22 1 Einleitung Abbildung 1.1: Schematische Darstellung des Aufbaus einer Multikernfaser, bestehend aus 19 Kernen (basierend auf [34]). werden [39]. Diese Filterung über das ” Modensieb“ [38] kann zudem noch durch resonante Kopplung mit Moden im Mantel verstärkt werden [40]. Abbildung 1.2: Schematische Darstellung des Aufbaus einer Leakage-Channel Faser, bestehend aus 18 Löchern im Fasermantel (basierend auf [36]). Wong et al. [41] konnten zu diesem Faserkonzept erstmalig eine mikrostrukturierte Faser mit Luftlöchern im Fasermantel demonstrieren, welche biegeresistent ist und nur die Grundmode effektiv führt. Das Einbringen der Löcher kann hierbei direkt über Ultraschallbohren [42] realisiert werden oder über die Stack-and-Draw- Methode [40], indem Glaskapillaren und Glasstäbe zusammengestapelt werden. 1.2 Strahlführung von cw-Grundmodestrahlung 23 Auch die Herstellung von Fasern ohne Löcher ist möglich, indem die Löcher durch niedrigbrechendes Material ersetzt werden, wodurch die Reproduzierbarkeit in der Herstellung steigt und die Fasern einfacher gecleavt, gespleißt oder getapert werden können [43]. 1.2.1.4 Multi-Trench Fasern Für die Filterung höherer Moden wird nicht zwangsweise das in LCFs verwendete Modensieb benötigt, denn in Multi-Trench Fasern reicht zur Unterdrückung von HOMs bereits eine resonante Kopplung von unerwünschten Moden im Faserkern mit Moden im Mantel aus [44]. In diesen Fasern besteht der Fasermantel aus alternierend niedrig- und hochbrechenden Schichten, wobei die hochbrechenden Bereiche die gleiche Brechzahl wie der Faserkern aufweisen (vgl. Abb. 1.3). Dieses radialsymmetrische Brechzahlprofil lässt sich mittels MCVD herstellen und bietet im Vergleich zu LCFs den Vorteil, dass die Propagationseigenschaften der Fasermoden keine Richtungsabhängigkeit der Faserbiegung aufweisen. Durch Optimierung des Faserdesigns können niedrige Verluste und ein Singlemode-Betrieb auch für gebogene Fasern realisiert werden [45]. Abbildung 1.3: Schematische Darstellung des Aufbaus einer Multi-Trench Faser, be- stehend aus drei niedrigbrechenden Ringen im Fasermantel (basierend auf [45]). 24 1 Einleitung 1.2.1.5 Bragg-Fasern Werden anstatt niedrigbrechender Ringe wie in Multi-Trench Fasern hochbrechende Ringe in den Fasermantel eingebracht (vgl. Abb. 1.4 (a)), eröffnet sich im Gegensatz zur Totalreflexion ein gänzlich neuer Strahlführungsmechanismus [46]. Ähnlich eines Halbleiters lassen sich auch in optischen Fasern verbotene Zustände generieren, so dass Licht einer bestimmten Wellenlänge lediglich im Faserkern, nicht aber im Fasermantel, geführt werden kann – die photonische Bandlücke (PBG) [47]. (a) (b) Abbildung 1.4: (a) Schematische Darstellung des Aufbaus einer Bragg-Faser, bestehend aus drei hochbrechenden Ringen im Fasermantel (basierend auf [48]). (b) Schematische Darstellung des Aufbaus einer Pixelated Bragg-Faser, bestehend aus drei ringförmig angeordneten hochbrechenden Bereichen im Fasermantel (basierend auf [49]). Die erste experimentelle Demonstration solch einer Bragg-Faser mit Singlemode- Propagation gelang Brechet et al. im Jahre 2000 [50]. Bragg-Fasern lassen sich im Gegensatz zu LCFs oder Multikernfasern standardmäßig durch das MCVD- Verfahren herstellen [48], wobei auch die Herstellung mittels alternativer Produkti- onsmethoden wie der Powder-in-Tube-Methode [51] demonstriert werden konnte. Im Laufe der Jahre wurden die Designs optimiert und die Modenfläche weiter vergrößert [52]. Die Verluste konnten auf wenige Dezibel pro Kilometer gesenkt wer- den [48], bei gleichzeitig niedriger Biegeempfindlichkeit in Bezug auf die Reduktion der Modenfläche im Vergleich zu Stufenindexfasern [53]. Auch eine Kombination aus Bragg-Faser und Filterung höherer Moden über ein Modensieb ist denkbar, wie in sogenannten ” Pixelated“ Bragg-Fasern (vgl. Abb. 1.4 (b)) [49]. 1.2 Strahlführung von cw-Grundmodestrahlung 25 1.2.2 Forschungsbedarf Es gibt also bereits eine Vielzahl an alternativen Faserkonzepten, allerdings sind diese, bedingt durch ihren meist komplexen Aufbau, teure Herstellung, verlustbe- haftete Strahlführung und schwierige Implementierbarkeit in bestehende Systeme, ungeeignet für den Strahltransport von Hochleistungslaserstrahlung in Fertigungs- anlagen. Ziel ist es daher, eine einfache, robuste und kostengünstige Lösung für die flexible Führung von hochbrillanter Hochleistungs-cw-Strahlung zu finden. Hierzu wurde im Rahmen dieser Arbeit der Grundmodestrahltransport in hochgra- dig multimodigen Stufenindexfasern untersucht und die Ergebnisse sind in Kapitel 2 dargelegt. Wenn eine Faser mehr als eine Mode unterstützt und daher definitionsge- mäß nicht mehr singlemodig ist, ist es trotzdem möglich, durch gezielte Anregung der Grundmode lediglich diese zu führen und hierdurch eine beugungsbegrenzte Strahlqualität beibehalten zu können [54], indem der Energieaustausch zwischen den Moden – die sogenannte Modenmischung – unterdrückt wird [36]. M o d en fl äc h e B ie ge em p fi n d li ch ke it H er st el lu n g H an d h ab u n g Konventionell Singlemodige Stufenindexfasern Alternative Faserkonzepte Low-NA Fasern Multikernfasern Leakage-Channel Fasern Multi-Trench Fasern Bragg-Fasern Lösungsansatz Multimodige Stufenindexfasern Tabelle 1.1: Vergleich der unterschiedlichen Faserkonzepte bezüglich Modenfläche der geraden Faser, Biegeempfindlichkeit in Hinsicht auf Verluste und Reduktion der Modenfläche, Herstellung der Preform und der Faser sowie Handha- bung der Faser (cleaven, spleißen oder tapern) ( = sehr gut, = gut, = befriedigend, = ausreichend, = mangelhaft). 26 1 Einleitung Wie Tab. 1.1 anschaulich zeigt, besitzt der Lösungsansatz dieser Arbeit gegenüber konventionellen Fasern als auch gegenüber alternativen Faserkonzepten, einige ent- scheidende Vorteile. Die Erhöhung der Modenfläche bei gleichzeitiger Erhaltung einer nahezu beugungsbegrenzten Strahlqualität, konnte bereits für hochgradig mul- timodige Stufenindexfasern mit Kerndurchmessern von mehreren zehn bis einigen hundert Mikrometern demonstriert werden (vgl. Abschnitt 2.1). Zur Vollständigkeit muss allerdings erwähnt werden, dass eine Biegung der Faser mit derart großen Kerndurchmessern in einer Reduktion der Modenfläche und damit in einer Ver- ringerung der SRS-Schwelle resultiert. Allerdings führt die Faserbiegung hier, im Gegensatz zu den vorgestellten alternativen Faserkonzepten, zu keiner merklichen Erhöhung der Propagationsverluste. Neben den allgemein niedrigen Verlusten besitzen Stufenindexfasern gegenüber anderen Faserkonzepten noch weitere Vorteile. Die niedrige Komplexität führt zu einem einfachen und gut kontrollierbaren Herstellungsprozess der Preform wie auch der Faser. Hieraus resultieren niedrige Kosten gepaart mit einer geringen Fehlerquote und einer hohen Designtreue. Ein letzter großer Vorteil ist, gerade wenn es um den Aufbau von Strahlführungssystemen geht, dass Stufenindexfasern beziehungsweise Vollmaterialfasern im Allgemeinen einfach mit Spleißverbindungen gefügt werden können. Dies ermöglicht den Aufbau vollmonolithischer Systeme, wie sie in Abschnitt 2.3 benötigt werden, und bietet eine einfache Implementierbarkeit in bereits bestehende Fertigungsanlagen. 1.3 Strahlführung von UKP-Strahlung in Hohlkern- fasern In der Lasermaterialbearbeitung eignen sich UKP-Laser bedingt durch ihre hohen Pulsspitzenleistungen und Pulsenergien für eine Vielzahl von Anwendungen und Materialien. Hierzu gehört unter anderem das Bohren von Löchern mit großem Aspektverhältnis, das Schneiden verschiedenster Materialien mit hoher Qualität und hohem Durchsatz oder die Strukturierung von Oberflächen [55–57]. Bedingt durch die hohen Pulsspitzenleistungen von UKP-Strahlung, welche einen soliden Kern aus Quarzglas unweigerlich zerstören würden [14], muss zur Strahlführung ein hohler Faserkern (HC) aus Luft oder Vakuum verwendet werden. Folglich kommt für Hohlkernfasern im Gegensatz zu Vollmaterialfasern Totalreflexion als Strahl- führungsmechanismus nicht in Betracht. Es existieren allerdings zwei alternative Führungsmechanismen in sogenannten photonischen Kristallfasern (PCFs) mit hoh- 1.3 Strahlführung von UKP-Strahlung in Hohlkernfasern 27 lem Faserkern – entweder ebenfalls unter Verwendung einer photonische Bandlücke wie in Bragg-Fasern oder über ” Inhibited-Coupling“ (IC) [58]. 1.3.1 Photonische Kristallfasern Ein photonischer Kristall besteht im Gegensatz zu einem ” klassischen“ Kristall nicht aus einer periodischen Anordnung an Atomen oder Molekülen, sondern aus periodisch angeordneten dielektrischen Schichten [47]. Photonische Kristalle gibt es in einer, zwei oder drei Dimensionen, wobei im Bereich der optischen Fasern lediglich ein- oder zweidimensionale Kristalle in Betracht kommen, da photonische Kristallfa- sern in Propagationsrichtung keine Kristallstruktur aufweisen. Der eindimensionale Fall entspricht hierbei der in Abschnitt 1.2.1.5 behandelten Bragg-Faser, lässt sich aber für Hohlkernfasern aufgrund des benötigten hohen Brechzahlunterschieds mit- tels MCVD nicht mit Quarzglas realisieren [59]. Daher wird für HC-PCFs mittels Stack-and-Draw-Methode [60] eine trianguläre Struktur bestehend aus hohlen Kanä- len erzeugt, wodurch der benötigte hohe Brechzahlunterschied bei gleichzeitig hoher mechanischer Stabilität erzielt werden kann [59]. Zur Vollständigkeit soll hier noch erwähnt werden, dass die in Abschnitt 1.2.1.3 vorgestellten Leakage-Channel Fasern ebenfalls zur Gruppe der photonischen Kristallfasern gehören, auch wenn hierbei die Strahlung im festen Faserkern über modifizierte Totalreflexion geführt wird [38]. 1.3.1.1 Photonische Bandlücke Anfang der 90er Jahre entstand die Idee, dass es möglich sein muss, Licht in einem hohlen Kern einer Faser ” gefangen“ zu halten [38]. Dieser Mechanismus in Form einer zweidimensionalen photonischen Bandlücke wurde 1995 von Birks et al. [61] theoretisch begründet. Die erste hergestellte photonische Kristallfaser [60] besaß noch einen festen Kern umgeben von 216 Löchern [39] und führte Licht über modifizierte Totalreflexion [62]. Ein Jahr nach dem experimentellen Nachweis einer ” Out-of-Plane“ photonischen Bandlücke in einer zweidimensionalen PCF [63] gelang 1999 die erste Demonstration einer Hohlkernfaser (vgl. Abb. 1.5), in der das Licht bei bestimmten Wellenlängen in sogenannten Transmissionsbändern auf den hohlen Kern beschränkt geführt wird, mit Verlusten von einigen Dezibel pro Zentimeter [64]. Die Verluste wurden im Laufe der Jahre durch Erhöhung des Luft/Quarzglas- Verhältnisses [65] und Vergrößerung des Faserkerns [66] reduziert. Die niedrigsten 28 1 Einleitung Abbildung 1.5: Schematische Darstellung des Aufbaus einer PBG HC-PCF, bestehend aus einem hexagonalen Gitter im Fasermantel, bei dem 19 Fehlstellen den Faserkern bilden (basierend auf [67]). bis heute demonstrierten Verluste einer PBG HC-PCF konnten bereits 2004 mit 1,7 dB/km bei einer Wellenlänge von 1565 nm und einer Bandbreite des Transmissi- onsbands von etwa 20 nm [67] gezeigt werden. In einer nachfolgenden Publikation [66] wurde über Verluste von 1,2 dB/km bei einer ähnlichen Struktur der Faser berichtet, allerdings ohne Angabe des spektralen Verhaltens, der Faserlänge oder der genauen Struktur. Begrenzend ist hierbei die Streuung an der rauen Glasoberfläche, hervor- gerufen durch im Quarzglas eingefrorene Schwingungen (engl.: Surface Capillary Waves), welche während des Ziehprozesses entstehen [66]. 1.3.1.2 Inhibited-Coupling Parallel zu den Entwicklungen von Hohlkernfasern mit photonischer Bandlücke wurde 2002 von Benabid et al. [68] die Entdeckung gemacht, dass auch ohne Existenz einer Bandlücke in einer Faser mit Kagome-Gitter im Fasermantel eine Strahlführung im hohlen Faserkern möglich ist. Hierbei lässt sich die Transmission mit moderaten Verlusten über ein extrem breites Spektrum von mehreren Oktaven realisieren [69]. Beim Inhibited-Coupling genannten Strahlführungsmechanismus liegt eine Fehlanpassung des elektrischen Feldes in transversaler Richtung zwischen Kern- und Mantelmoden vor, wodurch deren Interaktion reduziert wird [70]. Durch eine hypozykloide Kontur des Faserkerns (vgl. Abb. 1.6) kann diese Fehlanpassung stark erhöht werden, indem der Überlapp zwischen Kern- und Mantelmoden weiter reduziert wird [71]. Hiermit war es möglich, die Verluste drastisch auf einen Wert 1.3 Strahlführung von UKP-Strahlung in Hohlkernfasern 29 von 8,5 dB/km bei einer Wellenlänge von 1030 nm zu senken [72], was zwar noch leicht über den von Mangan et al. [67] berichteten Ergebnissen bei einer PBG HC-PCF liegt, die Breite des Transmissionsbands der IC HC-PCF ist mit 225 nm allerdings um eine Größenordnung höher [72]. Abbildung 1.6: Schematische Darstellung des Aufbaus einer IC HC-PCF, bestehend aus einem Kagome-Gitter im Fasermantel, bei dem sieben Fehlstellen den Faserkern mit hypozykloider Kernkontur bilden (basierend auf [73]). Neben einer Faser mit hypozykloider Kernkontur und Kagome-Gitter im Mantel wurde von Pryamikov et al. [74] ein weiteres Design vorgeschlagen, welches lediglich aus einem Ring aus Kapillaren im Fasermantel besteht. Entscheidenden Einfluss auf die Transmissionsverluste hat hierbei der Knotenpunkt zwischen zwei Kapillaren [75], welcher bei Fasern mit Kagome-Gitter inhärent mit dem Herstellungsprozess ver- bunden ist [73]. Für eine Faser, welche komplett frei von Knotenpunkten ist (vgl. Abb. 1.7 (a)), konnten Debord et al. [76] Verluste von lediglich 7,7 dB/km bei einer Wellenlänge von 750 nm demonstrieren. Hier wurde auch gezeigt, dass es möglich ist, Fasern mit einer Breite des Transmissionsbands von mehr als einer Oktave und Verlusten zwischen 10 und 20 dB/km über einen Wellenlängenbereich zwischen 600 und 1200 nm herstellen zu können. Mit einem verschachtelten (engl.: Nested) tubularen Aufbau (vgl. Abb. 1.7 (b)) konnten Bradley et al. [77] Transmissionsverluste von lediglich 1,3 dB/km über eine Faserlänge von 500m bei einer Wellenlänge von 1450 nm zeigen. Durch Reduktion der Stegbreite der Quarzglasstruktur, wodurch im verwendeten Wellenlängenbe- reich statt dem zweiten nun das erste Transmissionsband genutzt wird, konnte die Gruppe um Bradley [78] die Verluste nochmals um die Hälfte senken. Sie demons- 30 1 Einleitung trierten hierbei einen Rekordwert der Transmissionsverluste für Hohlkernfasern von 0,65 dB/km über einen Wellenlängenbereich von 1520 bis 1640 nm bei einer Faserlänge von 1,23 km. Des Weiteren konnten sie ihr Design auf eine Wellenlänge von 1100 nm adaptieren und hierbei minimale Verluste von 2,5 dB/km zeigen, bei Verlusten kleiner 4 dB/km über eine Bandbreite von 192 nm [79]. (a) (b) Abbildung 1.7: (a) Schematische Darstellung des Aufbaus einer IC HC-PCF mit tubula- rem Aufbau, bestehend aus acht Kapillaren im Fasermantel (basierend auf [76]). (b) Schematische Darstellung des Aufbaus einer IC HC-PCF mit verschachteltem tubularem Aufbau, bestehend aus sechs antiresonant designten Kapillaren im Fasermantel (basierend auf [79]). Wie auch für PBG HC-PCFs sind für IC HC-PCFs heutzutage Streuverluste an der Quarzglasoberfläche der limitierende Faktor in Bezug auf die minimal erzielbaren Transmissionsverluste [58]. 1.3.2 Forschungsbedarf Limitierend für den Strahltransport von Hochleistungs-UKP-Strahlung sind auf- grund des hohlen Kerns nicht nichtlineare Effekte wie SRS, sondern der Überlapp zwischen dem im Faserkern und im umgebenden Quarzglas geführten Licht. Je niedriger dieser ist, desto höher liegt die Schadensschwelle [80]. Während in PBG HC-PCFs ein Überlapp im Bereich von 10−2 bis 10−3 vorliegt [81], kann dieser für IC HC-PCFs um mehrere Größenordnungen auf 10−4 bis 10−6 gesenkt wer- den [73,76]. Dieser niedrige Überlapp gepaart mit ihren großen Kerndurchmessern führte zum Durchbruch der faserbasierten Strahlführung mittels IC HC-PCFs im 1.3 Strahlführung von UKP-Strahlung in Hohlkernfasern 31 UKP-Bereich [58]. Hierzu konnte die Hochleistungstauglichkeit für Wellenlängen um 1μm sowohl für Pulsdauern im Piko- [82] also auch im Femtosekundenbereich [83] demonstriert werden, mit Pulsspitzenleistungen im GW-Bereich und mittleren Leistungen um 200W bei einer Transmissionseffizienz zwischen 85 und 93% [14]. Die im Rahmen dieser Arbeit verwendeten Fasern wurden vom XLIM Research Institute in Limoges, Frankreich entwickelt, hergestellt und bereits umfassend auf ihre Transmissionsverluste und Modenzusammensetzung untersucht. Daher wurde sich innerhalb einer internationalen Kooperation mit dem XLIM auf den Aspekt der Polarisation konzentriert, da abgesehen von der für den Prozess zur Verfügung stehenden Leistung, Wellenlänge oder Pulsdauer gerade im Bereich der Mikromate- rialbearbeitung die Polarisation des Laserstrahls einen entscheidenden Parameter darstellt [1]. Da UKP-Laser einen polarisierten Laserstrahl emittieren, ist es von besonderem Interesse, diesen Polarisationszustand bei der Propagation durch eine Hohlkernfaser zu erhalten. Des Weiteren eröffnet ein definierter Polarisationszustand abseits einer höheren Prozesseffizienz auch die Möglichkeit den Polarisationszustand gezielt durch optische Elemente zu manipulieren. Im Rahmen dieser Arbeit wurde daher die Polarisationserhaltung in Hohlkernfasern untersucht, deren Ergebnisse in Kapitel 3 gezeigt sind. 2 Untersuchungen zum Grundmode- strahltransport in hochgradig multi- modigen Stufenindexfasern Dieses Kapitel behandelt die Untersuchungen zur Strahlführung von Grundmode- strahlung in hochgradig multimodigen Stufenindexfasern. Nach einem Überblick über den Stand der Technik in diesem Forschungsbereich gliedert sich das Kapitel in zwei Abschnitte, in denen jeweils ein Aspekt detailliert beleuchtet wird. Zuerst wird der Einfluss des Faserkerndurchmessers auf die Modenmischung betrachtet, bevor anschließend die Limitierungen bezüglich der verwendbaren Faserlänge untersucht werden. Beide Abschnitte sind gleich aufgebaut und nach einem kurzen Überblick und Beschreibung der Zielsetzung wird die Forschungsfrage herausgearbeitet. Zur Beantwortung dieser wurden numerische Simulationen gefolgt von experimentellen Untersuchungen durchgeführt. Schließlich werden die Ergebnisse zusammengefasst und die Forschungsfrage abschließend beantwortet. 2.1 Stand der Technik In Hinblick auf den Grundmodestrahltransport in hochgradig multimodigen Fa- sern wird der Stand der Technik für Stufenindexfasern betrachtet, um daraus die Anforderungen wie auch die Rahmenbedingungen abschätzen zu können. Einige wenige Arbeiten haben sich bereits mit dem Thema des Grundmodestrahltransports in Multimodefasern für verschiedene Faserkerndurchmesser und Faserlängen be- schäftigt. Da die Untersuchungen bei verschiedenen Wellenlängen und numerischen Aperturen der Fasern durchgeführt wurden, werden im Folgenden die Ergebnisse mittels der V -Zahl (vgl. Gl. 1.3) normiert, um verglichen werden zu können. In der Literatur finden sich unterschiedliche Abgrenzungen, bis wann noch von Erhal- tung von Grundmodestrahlung gesprochen werden kann. Im Rahmen dieser Arbeit wird dies über die Beugungsmaßzahl M2 quantifiziert. Diese Bewertungsmethode haben auch Stacey et al. [84] genutzt und konnten nach Propagation durch eine 20 cm lange Faser mit einem Kerndurchmesser von 300μm ein M2 von 1,1 messen. 2.1 Stand der Technik 33 Hieraus folgt, dass beinahe ausschließlich nur die Grundmode der Faser – die LP01 – angeregt wurde und lediglich in vernachlässigbarem Maße höhere Fasermoden. Die Gruppe um Hurand [85] hat eine weit umfassendere Untersuchung für eine Vielzahl verschiedener Faserparameter durchgeführt und konnte für einen Faser- kerndurchmesser von 100μm bei einer Faserlänge von 2m noch ein M2 von 1,6 demonstrieren. Auch wenn hier nicht mehr von beugungsbegrenzt oder nahezu beu- gungsbegrenzter Strahlqualität gesprochen werden kann, ist die Beugungsmaßzahl verglichen mit dem nominellen M2-Wert, welcher bei gleichmäßiger Anregung aller Fasermoden mit M2 nom = π ·dcore ·NA 2λ (2.1) einen Wert von etwa 55 ergibt [86], um weit mehr als eine Größenordnung kleiner. Vogel [36] analysierte Fasern mit Längen zwischen 3 und 20m. Die Untersuchungen ergaben für Fasern mit einem Kerndurchmesser von 30μm bei einer NA von 0,06 und einer Faserlänge von 10m ein M2 von 1,12 und damit die Erhaltung beugungs- begrenzter Strahlung. Für eine Faser mit einer höheren NA von 0,22 wurde bei einem Kerndurchmesser von 50μm noch ein M2 im Bereich von 1,3 bis 1,5 demonstriert, was zeigt, dass bereits ein signifikanter Anteil höherer Moden angeregt wurde. Die Faserlänge für dieses Ergebnis ist jedoch nicht genauer spezifiziert, es wird lediglich von einigen Metern gesprochen. Fermann [87] nutzt zur Bewertung der Strahlqualität den Begriff Singlemode- Propagationslänge, womit die Faserlänge beschrieben wird, bei der ein Leistungs- anteil von weniger als 1/e2 in höheren Moden vorliegt [88]. Es wurden Fasern mit Längen zwischen 10 cm und 100m untersucht, wobei für einen Faserkerndurchmesser von 45μm eine Singlemode-Propagationslänge von 23,5m ermittelt werden konn- te [87], welche bei gradueller Anregung von höheren Moden über die Propagation einem M2 von 1,39 entspricht (vgl. hierzu das Modell in Abschnitt 2.3.3.1). Solch einen Ansatz zur Bewertung der experimentellen Ergebnisse verwendete auch Shaklan [89,90], welcher den Leistungsanteil jeder Mode einzeln gemessen hatte. Für eine Faser mit einem Kerndurchmesser von 8,3μm wurde nach 100m Faserlänge ein Leistungsanteil von jeweils 1% in den Moden LP11 und LP21 gemessen. Bei gleichem Kerndurchmesser mit einer Faserlänge von 500m hatte sich der Leistungsanteil in der LP11-Mode auf 5% erhöht und es konnte ein Leistungsanteil von 1% in der LP12-Mode gemessen werden. Für diese Parameter resultiert im Mittel ein M2 von 34 2 Grundmodestrahltransport in hochgradig multimodigen Stufenindexfasern 1,15 und 1,35 für die Faserlängen von 100 beziehungsweise 500m (vgl. hierzu das Modell in Abschnitt 2.3.3.1). Für eine Faser mit einer Länge von 100m bei einem Kerndurchmesser von 30μm, welche inklusive Polarisationsentartung 12 Moden unterstützt, konnten Negel et al. [91] die Erhaltung nahezu beugungsbegrenzter Strahlqualität demonstrieren. Verwendet wurde für diese Arbeit ein monolithischer Aufbau, mit dem bei einer Ausgangsleistung von 800W am Ende der Faser eine Beugungsmaßzahl von 1,35 ge- messen werden konnte. Limitierend war bei diesem Ansatz das Einsetzen stimulierter Raman-Streuung bei Ausgangsleistungen größer als 780W. Zusammenfassend sind diese Ergebnisse aus der Literatur in Tab. 2.1 mit allen wichtigen Parametern aufgeführt und in Abb. 2.1 sind diese Ergebnisse normiert über die V -Zahl grafisch dargestellt. Referenz Kerndurchmesser Faserlänge NA Wellenlänge M2 Stacey et al. [84] 300μm 0,2m 0,389 1550 nm 1,1 Hurand et al. [85] 100μm 2m 0,22 633 nm 1,6 Vogel [36] 30μm 10m 0,06 1050 nm 1,12 Fermann [87] 45μm 23,5m 0,13 1550 nm 1,39* Shaklan [89,90] 8,3μm 100m 0,11 488 nm 1,14* Shaklan [89,90] 8,3μm 500m 0,11 488 nm 1,35* Negel et al. [91] 30μm 100m 0,056 1085 nm 1,35 Tabelle 2.1: Stand der Technik zum Grundmodestrahltransport in hochgradig multimo- digen Stufenindexfasern (* über Modell aus Abschnitt 2.3.3.1 berechnet). Es wird deutlich, dass für den Grundmodestrahltransport in hochgradig multi- modigen Stufenindexfasern ein Zusammenhang zwischen der Faserlänge und der V -Zahl und damit auch dem Faserkerndurchmesser besteht. Hierzu zeigt die im doppeltlogarithmischen Diagramm eingezeichnete Trendlinie, dass die V -Zahl mit steigender Faserlänge abnimmt. Anhand dieses Diagramms werden im Folgenden die Forschungsziele zur Bestimmung des Einflusses des Faserkerndurchmessers auf die Modenmischung und zur Bestimmung der Limitierungen bezüglich der Faserlänge abgesteckt. 2.2 Einfluss des Faserkerndurchmessers auf die Modenmischung 35 0,1 1 10 100 1000 1 10 100 1000 Multimode Singlemode Faserlänge in m V -Z ah l Stacey et al. [84] Hurand et al. [85] Vogel [36] Fermann [87] Shaklan [89,90] Negel et al. [91] Abbildung 2.1: Stand der Technik zum Grundmodestrahltransport in hochgradig mul- timodigen Stufenindexfasern. Es sind die V -Zahlen der verwendeten Multimodefasern über der Faserlänge doppeltlogarithmisch aufgetra- gen, eingezeichnet sind außerdem eine Trendlinie sowie die Bereiche für Singlemode und Multimode, quantifiziert durch eine V -Zahl von 2,405. 2.2 Einfluss des Faserkerndurchmessers auf die Mo- denmischung Inhalt dieses Abschnitts ist die Untersuchung des Einflusses des Faserkerndurchmes- sers auf die Modenmischung, deren Ergebnisse zudem bereits in [92] veröffentlicht sind. Nach Definition der Forschungsfrage werden zu Beginn die Ergebnisse numeri- scher Simulationen zur Faserauslegung gezeigt, bevor anschließend die durchgeführ- ten Experimente und deren Ergebnisse beschrieben werden. Diese beinhalten die Untersuchungen zum Einfluss des Modenüberlapps und der Faserbiegung auf die Strahlqualität sowie die Limitierungen aufgrund von stimulierter Raman-Streuung. Abschließend werden die Ergebnisse gegenüber dem Stand der Technik eingeordnet. 2.2.1 Überblick und Zielsetzung Im Allgemeinen hängt die Kopplung zwischen zwei Moden vom Unterschied ihrer Propagationskonstanten – dem effektiven Brechzahlunterschied Δneff – ab [93]. Sinkt 36 2 Grundmodestrahltransport in hochgradig multimodigen Stufenindexfasern dieser Modenabstand, nimmt die Kopplung der Moden zu und es tritt eine Degradie- rung der Strahlqualität auf. Kopplung kann zwischen allen Moden auftreten, ist aber zwischen benachbarten Moden im Modenspektrum der Faser dominant und nimmt mit steigendem Modenabstand stark ab [93]. Daher wird hier zu Beginn ein verein- fachter Ansatz verwendet, der sich auf die Kopplung zwischen der Fasergrundmode und der nächsthöheren Mode – die LP11 – beschränkt, welche in Stufenindexfasern den kleinsten effektiven Brechzahlunterschied Δneff zur LP01-Mode besitzt. In polarisationserhaltenden Fasern wird zur Unterdrückung von Kopplung zwischen den zwei orthogonalen Polarisationszuständen der Grundmode typischerweise ein Modenabstand im Bereich von 1·10−4 bis 6·10−4 gewählt [94]. Im HOM-Konzept zur Vergrößerung des Modenquerschnitts wird angenommen, dass abhängig von den experimentellen Bedingungen für einen Wert von Δneff kleiner 1,5·10−4 Moden- mischung auftreten kann [95]. Hierauf stützen sich auch die Arbeiten von Vogel [36] und Negel et al. [91], welche annehmen, dass dieser Ansatz verwendet werden kann, um die Modenmischung zwischen Transversalmoden in Multimodefasern zu verhindern. In diesen Arbeiten wurde daher die Annahme getroffen, dass die Kopp- lung von der Grundmode LP01 zur nächsthöheren Mode LP11 in Stufenindexfasern unterdrückt werden kann, wenn sich ihre Propagationskonstanten um mehr als 1·10−4 unterscheiden. Eine experimentelle Validierung steht jedoch noch aus. Des Weiteren gibt es auch bei denen im Stand der Technik aufgezeigten Ergebnissen (vgl. Tab. 2.1) keine detaillierte Analyse, aus der der minimal benötigte effektive Brechzahlunterschied Δneff eindeutig hervorgeht. 2.2.1.1 Forschungsfrage Ziel dieses Abschnitts ist es daher die Forschungsfrage zu beantworten, welches der minimale effektive Brechzahlunterschied Δneff ist, um Modenmischung zwischen der Grundmode und höheren Fasermoden in Stufenindexfasern zu verhindern und damit eine gute Strahlqualität erhalten zu können. Des Weiteren sollen der Ein- fluss der Fasereinkopplung und der Biegebedingungen auf die Strahlqualität des transmittierten Strahls untersucht werden sowie die Limitierungen aufgrund von stimulierter Raman-Streuung. Wie in Abb. 2.2 eingezeichnet, war das Ziel der in diesem Abschnitt beschriebenen Untersuchung die Analyse der Limitierungen für Fasern mit einer Länge zwischen 5 und 10m, da diese Faserlängen für einige industrielle Anwendungen bereits aus- reichend sind. Da mit steigendem Faserkerndurchmesser der Modenabstand Δneff 2.2 Einfluss des Faserkerndurchmessers auf die Modenmischung 37 0,1 1 10 100 1000 1 10 100 1000 Multimode Singlemode Faserlänge in m V -Z ah l Stacey et al. [84] Hurand et al. [85] Vogel [36] Fermann [87] Shaklan [89,90] Negel et al. [91] Abbildung 2.2: Stand der Technik zum Grundmodestrahltransport in hochgradig mul- timodigen Stufenindexfasern inklusive Zielsetzung dieses Abschnitts (Fläche) für Faserlängen zwischen 5 und 10m. sinkt [91], wurde durch Variation des Faserkerndurchmessers der Einfluss des Mo- denabstands Δneff auf die Modenmischung untersucht. Ausgehend war hierbei ein minimaler Kerndurchmesser von 50μm, da Fermann [87] und Vogel [36] hierzu für ähnliche Faserlängen bereits die Erhaltung nahezu beugungsbegrenzter Strahlquali- tät demonstrieren konnten. Zur Evaluierung der Grenzen wurde der Faserkerndurch- messer schrittweise erhöht, bis die Modenmischung nicht mehr unterdrückt werden konnte. Hieraus wurde der minimal benötigte effektive Brechzahlunterschied Δneff bestimmt. 2.2.2 Numerische Simulationen In Stufenindexfasern sind der Kerndurchmesser und die numerische Apertur maß- geblich für die Propagationseigenschaften der Faser verantwortlich. Letztere wurde in diesen Untersuchungen konstant gehalten, wohingegen der Faserkerndurchmesser variiert wurde. Durch Änderung des Gesamtfaserdurchmessers konnten somit aus einer Preform Fasern mit unterschiedlichen Kerndurchmessern und folglich unter- schiedlichen effektiven Brechzahlunterschieden zwischen den Moden LP01 und LP11 hergestellt werden. Aus der Literatur ist bereits bekannt, dass für große Kerndurch- 38 2 Grundmodestrahltransport in hochgradig multimodigen Stufenindexfasern messer der Modenabstand Δneff beinahe unabhängig von der numerischen Apertur der Faser ist [91]. Daher wurde für die Preform eine Standard-NA von 0,111 gewählt, welche einen kontrollierten Herstellungsprozess mit geringen Fertigungstoleranzen garantierte. Für die Bestimmung des Einflusses des Kerndurchmessers auf den Modenabstand wie auch zur Berechnung der Modenfläche, wurden numerische Simulationen mit COMSOL Multiphysics, welches die Helmholtz-Gleichung numerisch löst [96], durch- geführt. Mittels Finiter-Elemente-Methode (FEM) und geeigneter Randbedingun- gen [36] wurde der Faserquerschnitt diskretisiert und der sich ergebende Satz aus Differentialgleichungen numerisch gelöst, um die Eigenlösungen des Systems zu finden [97]. Hierüber lässt sich unter anderem die Anzahl der geführten Fasermoden bestimmen. Bei einer Faser mit der verwendeten NA von 0,111 und dem niedrigsten Kerndurchmesser von 50μm ergeben sich bei einer Wellenlänge von 1050 nm bei- spielsweise bereits 144 Moden (inklusive Polarisationsentartung). Dies zeigt bereits repräsentativ für alle untersuchten Fasern, dass diese hochgradig multimodig sind. Der Realteil der Eigenwerte liefert die Propagationskonstante neff und der Imagi- närteil die Dämpfung α [36]. Zur korrekten Bestimmung der durch die Dämpfung hervorgerufenen Propagationsverluste wurde eine ” Perfectly Matched Layer“ (PML) verwendet. Diese löst das Problem offener Randbedingungen, indem sie eine voll- ständig absorbierende Schicht um die Fasergeometrie darstellt, an der keinerlei Reflexionen auftreten [98]. Zur Implementierung einer PML gibt es verschiedenste Ansätze, wobei in dieser Arbeit eine zirkulare PML nach Vogel et al. [99] verwendet wurde, welche die Absorption über ” Complex Coordinate Stretching“ [100] realisiert und das elektrische Feld exponentiell in der PML nach außen abfallen lässt. Neben Parametern, wie dem Kern- oder Manteldurchmesser, der numerischen Apertur oder der Wellenlänge gilt es auch die Biegebedingungen durch die Simulation abzubilden. Grundlage hierfür bietet eine Gleichung von Marcuse [101], welche vor allem für Singlemodefasern mit verhältnismäßig großen Biegeradien genaue Ergebnisse liefert. Für Multimodefasern, wie sie hier betrachtet werden, verliert sie allerdings stark an Genauigkeit [102], da durch die Biegung der Faser Spannungen induziert werden, welche den Brechungsindex ändern und der eigentlichen Biegung entgegenwirken [2]. Berücksichtigt wird dies durch eine Erweiterung der Gleichung von Marcuse [101] durch Schermer et al. [102] basierend auf ” Conformal Mapping“. Hierdurch konnte die Genauigkeit deutlich erhöht werden, wodurch eine Anwendung in der Simulation von Multimodefasern ermöglicht wird. 2.2 Einfluss des Faserkerndurchmessers auf die Modenmischung 39 20 30 40 50 60 70 80 90 100 0 1 2 3 4 5 6 7 8 ·10−4 Kerndurchmesser in μm Δn eff gerade Faser rbend = 20 cm Abbildung 2.3: Berechneter effektiver Brechzahlunterschied Δneff zwischen den Moden LP01 und LP11 in Abhängigkeit des Kerndurchmessers für Fasern mit ver- schiedenen Biegeradien rbend bei einer NA von 0,111 und einer Wellenlän- ge von 1050 nm. Einschubbilder: Intensitätsverteilungen der LP11-Moden für einen Biegeradius von 20 cm. Die in Abb. 2.3 wiedergegebenen Ergebnisse der Simulation zeigen, dass Δneff zwischen den Moden LP01 und LP11 mit steigendem Kerndurchmesser abnimmt. Die zwei gestrichelten Kurven für einen in der Anwendung typischen minimalen Biegeradius von 20 cm [33] zeigen den Wert von Δneff zwischen der Grundmode und den LP11-Moden (vgl. Einschubbilder in Abb. 2.3). Es fällt auf, dass sich für größere Kerndurchmesser der Modenabstand erhöht, wenn die Faser gebogen wird. Im weiteren Verlauf wird allerdings der minimale effektive Brechzahlunterschied betrachtet, welcher bei einer geraden Faser eintritt, da die Faser im Experiment nicht über die gesamte Länge gebogen ist, sondern es gerade und gekrümmte Bereiche gibt. Wie Abb. 2.4 zeigt, fällt bei der Betrachtung der Modenfläche auf, dass zwar mit steigendem Kerndurchmesser die Modenfläche zunimmt, gleichzeitig erhöht sich allerdings auch der Einfluss der Faserbiegung auf diese. Für einen Kerndurchmesser von 20μm beträgt die Abweichung der Modenfläche zwischen gerader und mit einem Biegeradius von 20 cm gebogener Faser lediglich 0,4%. Wird der Kerndurchmesser auf 50μm erhöht, beträgt die durch die Faserbiegung (rbend = 20 cm) hervorge- 40 2 Grundmodestrahltransport in hochgradig multimodigen Stufenindexfasern 20 30 40 50 60 70 80 90 100 0 1000 2000 3000 4000 5000 Kerndurchmesser in μm M o d en fl äc h e in μ m 2 gerade Faser rbend = 20 cm Abbildung 2.4: Berechnete Modenfläche der LP01-Mode in Abhängigkeit des Kerndurch- messers für Fasern mit verschiedenen Biegeradien rbend bei einer NA von 0,111 und einer Wellenlänge von 1050 nm. rufene Reduktion der Modenfläche bereits 19,3%. Für eine weitere Erhöhung des Kerndurchmessers auf 80μm, sinkt die Modenfläche bei einem Biegeradius der Faser von 20 cm im Vergleich zur geraden Faser um mehr als die Hälfte auf 46% ab. Da die Schwelle bis zum Einsetzen stimulierter Raman-Streuung direkt propor- tional zur Modenfläche ist (vgl. Gl. 1.1), hängt auch diese insbesondere für große Kerndurchmesser stark vom Biegeradius ab. Die vorstehend gezeigten Ergebnisse der numerischen Simulationen gelten für die Faser als eigenständiges System. Es wurde berechnet, welche Moden theoretisch in der Faser geführt werden können, nicht aber wie ein in die Faser eingekoppelter Laserstrahl diese Moden anregt. Dies ist zur Beantwortung der Forschungsfrage allerdings zwingend erforderlich, da hierfür gezielt die Grundmode bereits bei der Einkopplung in die Faser angeregt werden muss, wofür ein hoher Überlapp des elektrischen Felds des einfallenden Strahls und der LP01-Fasermode benötigt wird. Der Überlapp zwischen einfallendem Gaußstrahl und der Grundmode LP01 hängt hierbei vom Durchmesser des einfallenden Strahls auf der Faserfrontfläche sowie dem Winkel und Versatz zur Faserachse ab [31]. Im Falle eines axial eingestrahlten Gaußstrahls können nur LP0k-Fasermoden angeregt werden [103], wobei k die 2.2 Einfluss des Faserkerndurchmessers auf die Modenmischung 41 Ordnung dieser radialsymmetrischen Fasermoden bezeichnet. Die Verteilung hängt hierbei nur noch vom Durchmesser des einfallenden Strahls auf der Faserfrontfläche ab. Wird dieser entsprechend angepasst, kann der Überlapp und damit die Anregung der LP01-Grundmode maximiert werden [104,105]. Zur Bestimmung des optimalen Fokusdurchmessers auf der Eingangsfacette wurde die Software FIMMWAVE inklusive integriertem Modul FIMMPROP verwendet. Der in FIMMWAVE implementierte semi-analytische Solver kann das Eigenwert- problem in rotationssymmetrischen Wellenleitern effizient und schnell lösen, indem eine vollständig vektorielle Lösung der Maxwell-Gleichungen berechnet wird [106]. FIMMPROP nutzt einen ” Eigenmode Expansion“ Algorithmus [107], mit dem sich für arbiträre Feldverteilungen an der Eingangsfacette schnell und ohne großen Rechenaufwand die nach Propagation durch die Faser an der Ausgangsfacette resultierenden Feldverteilungen simultan berechnen lassen [108]. Zur späteren Be- rechnung der Beugungsmaßzahl in Abschnitt 2.2.3.1 über die Methode der zweiten Momente [109] wurde zudem die vollständig vektorielle Fernfeldberechnung von FIMMWAVE verwendet, welche eine ” Plane Wave Expansion“ basierend auf einer FFT (engl.: Fast Fourier Transform) durchführt [106]. 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4 1,6 0 20 40 60 80 100 Normierter Durchmesser des eingekoppelten Strahls Ü b er la p p in % LP01 LP02 LP03 LP04 LP05 Abbildung 2.5: Berechneter Überlapp der ersten fünf radialsymmetrischen LP0k-Moden mit dem fokussierten Gaußstrahl als Funktion des Verhältnisses der Durchmesser des fokussierten Gaußstrahls und der Fasergrundmode bei einer NA von 0,111 und einer Wellenlänge von 1050 nm. 42 2 Grundmodestrahltransport in hochgradig multimodigen Stufenindexfasern Abb. 2.5 stellt den mittels FIMMWAVE ermittelten Einfluss des Durchmessers des axial auf der Faserfrontfläche fokussierten Gaußstrahls auf den Modenüberlapp dar. Der Durchmesser des fokussierten Gaußstrahls ist hierbei auf den Durchmesser der LP01-Mode, welcher nach der Methode der zweiten Momente [109] berechnet wurde, normiert. Der Durchmesser des fokussierten Gaußstrahls, bei dem der höchste Überlapp erzielt werden kann, ist um etwa 2,3% kleiner als der der LP01-Mode, da die Gaußmode nicht identisch mit der Fasergrundmode ist [110]. Der maximale Modenüberlapp des Gaußstrahls zur Grundmode LP01 liegt bei 98,3% und der summierte Überlapp mit allen höheren LP0k-Moden beträgt 1,7%. Es ist also selbst unter optimalen Einkopplungsbedingungen kein Überlapp von 100% zur LP01-Mode erreichbar, wodurch es unvermeidlich zu einer prinzipbedingten Degradierung der Strahlqualität kommt. 2.2.3 Experimentelle Untersuchungen Die experimentellen Untersuchungen wurden mit Fasern durchgeführt, welche mit dem am Institut für Strahlwerkzeuge (IFSW) vorhandenen Faserziehturm (Nextrom OFC 20) aus einer kommerziell erhältlichen Preform von CeramOptec (NA = 0,111) gezogen wurden. Da jegliche Abweichungen vom idealen Brechzahlprofil in der Preform beim Ziehen in die Faser übertragen werden und damit möglicherweise zu Perturbationen und zusätzlicher Modenmischung führen [111], muss ein möglichst konstanter Brechungsindex im Kern garantiert werden. Im Gegensatz zu Preformen deren Kern beispielsweise mittels Germanium dotiert wurde, besitzt die für diese Arbeit verwendete Preform einen Kern aus reinem Quarzglas umgeben von einem fluordotierten Mantel. Diese Herstellungsweise wurde gewählt, da es bedingt durch den MCVD-Prozess bei der Dotierung des Kerns zu Brechzahlvariationen im Fa- serkern wie beispielsweise einem Brechzahleinbruch [2] oder zu einer Welligkeit im Brechzahlprofil [112] kommen kann. Abb. 2.6 (a) zeigt schematisch den Querschnitt der Preform beziehungsweise der Faser. Der zugehörige radiale Verlauf des Brechungsindex n ist in Abb. 2.6 (b) dargestellt. Die Ringgeometrie des fluordotierten Mantels wurde gewählt, da für ideale Propagationseigenschaften in der Faser kein durchgängig dotierter Mantel benötigt wird und eine Dotierung mit Fluor aufwändig und dadurch kostenintensiv ist. Simulationen mit COMSOL Multiphysics haben ergeben, dass für vernachlässig- bare Propagationsverluste der Grundmode bei den verwendeten Kerndurchmessern ≥ 50μm ein Verhältnis von Kern- zu Manteldurchmesser (CCDR) von 1 : 1,4 aus- reichend ist. Zur Erhöhung der mechanischen Stabilität der Faser befindet sich 2.2 Einfluss des Faserkerndurchmessers auf die Modenmischung 43 1,4498 1,4455 d c o re n CCDR (a) (b) 4,8 1,4 1 0 1 1,4 4,8 Abbildung 2.6: (a) Schematische Darstellung des Querschnitts der Preform und der Faser. (b) Brechzahlprofil der Preform und der Faser bei einer Wellenlänge von 1050 nm. eine zusätzliche Quarzglasschicht um den fluordotierten Mantel, welche zu einem CCDR der gesamten Preform von 1 : 1,4 : 4,8 zwischen reinem Quarzglas-Faserkern, fluordotiertem ringförmigem Mantel und reinem Quarzglas im Mantel führt. 2.2.3.1 Einfluss des Modenüberlapps Der experimentelle Aufbau zur Untersuchung des Einflusses des Modenüberlapps auf die Strahlqualität ist in Abb. 2.7 dargestellt. Als Strahlquelle wurde eine fasergekop- pelte Breitband-ASE-Quelle (engl.: Amplified Spontaneous Emission) von Multiwave verwendet, welche in einem Wellenlängenbereich zwischen 1025 und 1075 nm emit- tiert. Der unpolarisierte und beugungsbegrenzte Strahl wurde mittels der Linse L1 auf die Faserfrontfläche der zu testenden Faser fokussiert. Unter Verwendung von Linsen mit unterschiedlichen Brennweiten f konnten experimentell verschiedene Fokusdurchmesser realisiert werden. Die untersuchten Fasern besaßen eine Länge von 5m und waren mit einem Biegeradius ≥ 25 cm locker auf dem Tisch aufgewi- ckelt, um Spannungen zu reduzieren. Der durch die Faser propagierte Strahl wurde nach der Faser mit Linse L2 kollimiert und mittels eines Strahlvermessungssystems (WinCamD) analysiert. 44 2 Grundmodestrahltransport in hochgradig multimodigen Stufenindexfasern rbend ≥ 25 cm ASE-Quelle M2-Messung L1 L2 Abbildung 2.7: Experimenteller Aufbau für die Untersuchungen zum Einfluss des Mo- denüberlapps auf die Strahlqualität. Die Fasern wurden für alle Experimente mit einem Vytran LDC-200 senkrecht zur Faserachse gecleavt, wobei die optimalen Cleave-Parameter empirisch ermittelt wurden. Zur Reduzierung von sogenannten Mikrobiegungen, hervorgerufen durch externe Spannungen [113], welche zu Modenmischung zwischen benachbarten Moden im Modenspektrum, wie der LP01 und der LP11, führen können [114], wurden die ge- cleavten Faserenden mit Klebestreifen in V-Groove Faserhaltern fixiert. Zur genauen Positionierung der Faserenden wurden Mehrachsen-Positioniertische verwendet. Um eine optimale Einkopplung in die Faser zu ermöglichen, wurde für die Einkopplung, im Gegensatz zum 3-Achsen-Positioniertisch an der Auskopplung, ein 6-Achsen- Positioniertisch verwendet, welcher zusätzlich zur translatorischen Verschiebung in allen Raumrichtungen auch eine Rotation in allen Ebenen ermöglichte und damit alle sechs Freiheitgrade erfüllt. Die Einkopplung in die Faser wurde zuerst manuell auf maximale Transmission justiert, bevor sie iterativ optimiert wurde, bis ein globales Minimum der Beugungsmaßzahl nach der Faser erzielt werden konnte. Annahme zur Berechnung der resultierenden Strahlqualität nach der Faser ist, dass es in der Faser zu keiner Modenmischung kommt und damit die am Faseranfang erzeugte Modenzusammensetzung über die Propagation konstant bleibt. Da die verwendete ASE-Quelle, wie auch typische cw-Hochleistungs-Faserlaser, ein breites Emissionsspektrum besitzen [19] und damit die Modendispersion in der Faser bei den genutzten Faserlängen zu einem inkohärenten Ausgangsstrahl führt [115], kann für die Berechnung der Beugungsmaßzahl eine inkohärente Superposition aller angeregten Fasermoden verwendet werden. Abhängig vom Fokusdurchmesser des eingestrahlten Gaußstrahls auf der Faserfrontfläche lassen sich über diese inkohärente Superposition die resultierenden Intensitätsverteilungen des transmittierten Strahls in Nah- und Fernfeld über 2.2 Einfluss des Faserkerndurchmessers auf die Modenmischung 45 IN(x,y) = mrad ∑ k=1 10 −αk·L 10 ·gk · Ik,N(x,y)� Ik,N(x,y)dxdy (2.2) beziehungsweise IF(x,y) = mrad ∑ k=1 10 −αk·L 10 ·gk · Ik,F(x,y)� Ik,F(x,y)dxdy (2.3) berechnen. Hierbei bezeichnet mrad die Anzahl aller radialsymmetrischen Fasermo- den LP0k und die Werte ihres Modenüberlapps gk mit dem einfallendem Gaußstrahl stammen aus Abb. 2.5. Die Intensitätsverteilung jeder radialsymmetrischen Fasermo- de k quer zur Ausbreitungsrichtung (xy-Ebene) im Nahfeld Ik,N und im Fernfeld Ik,F wurde aus FIMMWAVE extrahiert. Über die resultierenden Intensitätsverteilungen im Nahfeld IN und Fernfeld IF lässt sich die Beugungsmaßzahl M2 nach der Me- thode der zweiten Momente [109] berechnen. Die Verluste αk jeder Fasermode k wurden durch Simulationen mit COMSOL Multiphysics bestimmt, da bedingt durch den endlichen fluordotierten Mantel die höheren LP0k-Moden im Vergleich zur Grundmode nicht zu vernachlässigende Verluste aufweisen. Die in Abb. 2.8 gezeigten experimentellen Ergebnisse für Fasern mit Kerndurch- messern von 50, 60, 70 und 80μm stimmen gut mit den berechneten Kurven überein. Für kleinere Foki steigt die Beugungsmaßzahl stark an, da der Überlapp zur LP01-Mode abnimmt und gleichzeitig der Überlapp zu höheren radialsymme- trischen Moden zunimmt (vgl. Abb. 2.5). Die Degradierung der Strahlqualität hin zu größeren Fokusdurchmessern verläuft flacher, allerdings sinkt hierbei auch die transmittierte Leistung, da vermehrt Strahlung in den Fasermantel eingekoppelt wird. Für die Kerndurchmesser von 50, 60, 70 beziehungsweise 80μm liegt das berechnete Optimum der Einkopplung, bei welchem die niedrigste Beugungsmaßzahl erzielt wird, bei einem Fokusdurchmesser des Gaußstrahls von 34,2μm, 40,7μm, 47,1μm und 53,5μm. Dieses Optimum fällt zusammen mit dem Maximum des Modenüberlapps des einfallenden Gaußstrahls und der Grundmode der Faser, wobei die berechneten M2-Werte, welche zwischen 1,1 und 1,2 liegen, stets niedriger sind als die experimentellen Ergebnisse (M2 ≈ 1,3). Hieraus kann geschlossen werden, dass es im Gegensatz zur eingangs gestellten Annahme bereits zu einer leichten Modenmischung aufgrund der Anregung höherer Moden kommt. Diese minimale Erhöhung der Beugungsmaßzahl stammt aus einer Kombination aus Kopplung über die Propagation in höhere Moden sowie eines experimentell nicht exakt reali- sierbaren optimalen Modenüberlapps bei der Einkopplung in die Faser. Mit den 46 2 Grundmodestrahltransport in hochgradig multimodigen Stufenindexfasern 0 20 40 60 80 1 2 3 4 Fokusdurchmesser in μm M 2 (a) 0 20 40 60 80 Fokusdurchmesser in μm (b) 0 20 40 60 80 1 2 3 4 5 6 7 Fokusdurchmesser in μm M 2 (c) 0 20 40 60 80 Fokusdurchmesser in μm (d) Abbildung 2.8: Experimentell gemessene (Punkte) und berechnete (Linie) Beugungs- maßzahl M2 nach der Faser als Funktion des Fokusdurchmessers des einfallenden Gaußstrahls auf der Faserfrontfläche für Fasern mit ei- ner Länge von 5m und Kerndurchmessern von (a) 50μm, (b) 60μm, (c) 70μm und (d) 80μm. verfügbaren Linsen konnte bei der Einkopplung der Fokusdurchmesser experimentell nur in diskreten Schritten angepasst werden. Eine kontinuierliche Variation des Modenüberlapps könnte mit entsprechend ausgelegten optischen Systemen erreicht werden, war aber nicht Bestandteil dieser Untersuchung. Abb. 2.9 zeigt zusammenfassend die Ergebnisse der experimentell gemessenen M2- Werte aus Abb. 2.8 bei optimalem Fokusdurchmesser des einfallenden Gaußstrahls auf der Fasereintrittsfläche, gemeinsam mit den berechneten minimalen effektiven Brechzahlunterschieden Δneff zwischen den Moden LP01 und LP11. Zusätzlich ist 2.2 Einfluss des Faserkerndurchmessers auf die Modenmischung 47 1 1,2 1,4 1,6 1,8 2 M 2 M2 Δneff 50 60 70 80 90 0 0,4 0,8 1,2 1,6 2 ·10−4 Kerndurchmesser in μm Δn eff Abbildung 2.9: Experimentell gemessene Beugungsmaßzahl M2 nach der Faser für Fa- sern mit einer Länge von 5m und berechneter effektiver Brechzahlun- terschied Δneff zwischen den Moden LP01 und LP11 als Funktion des Kerndurchmessers. das Ergebnis bei einem Faserkerndurchmesser von 90μm (wieder bei optimalem Fokusdurchmesser des einstrahlenden Gaußstrahls) eingezeichnet, bei dem im Ge- gensatz zu den Kerndurchmessern zwischen 50 und 80μm die Strahlqualität des transmittierten Strahls deutlich stärker degradiert. Hieraus lässt sich ableiten, dass sich für die verwendeten Fasern mit einer Länge von 5m bei einer NA von 0,111 bis hin zu einem Faserkerndurchmesser von 80μm, was einem effektiven Brechzahlun- terschied Δneff zwischen den Moden LP01 und LP11 von etwa 0,5·10−4 entspricht, noch eine nahezu beugungsbegrenzte Strahlqualität erhalten lässt. 2.2.3.2 Einfluss der Faserbiegung Für die Untersuchung des Einflusses von Faserbiegungen auf die Strahlqualität wurde wiederum der in Abb. 2.7 dargestellte experimentelle Aufbau genutzt. Zur Erzeugung definierter Biegeradien wurden verschiedene Scheiben mit unterschiedlichen Radien zwischen 2 und 10 cm verwendet. Eine Wicklung der untersuchten Fasern befand sich auf der Scheibe und die übrige Faser mit einer Gesamtlänge von 10m wurde erneut locker auf dem Tisch mit einem Biegeradius ≥ 25 cm platziert, groß genug, um den 48 2 Grundmodestrahltransport in hochgradig multimodigen Stufenindexfasern Einfluss dieser zusätzlichen Biegung vernachlässigen zu können. Nach der Faser wurde zu Beginn untersucht, ob die Leistung der transmittierten Strahlung vom Biegeradius der Faser abhängt, wobei für alle Faserkerndurchmesser und Biegeradien kein Leistungsverlust gemessen werden konnte. Die Ergebnisse der anschließenden Messungen der Strahlqualität am Ausgang der Faser sind in Abb. 2.10 für die relevanten Kerndurchmesser von 50, 60, 70 und 80μm, bei denen die Erhaltung nahezu beugungsbegrenzter Strahlqualität im letzten Abschnitt demonstriert werden konnte, gezeigt. 2 4 6 8 10 1 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 Biegeradius in cm M 2 (a) 2 4 6 8 10 Biegeradius in cm (b) 2 4 6 8 10 1 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 Biegeradius in cm M 2 (c) 2 4 6 8 10 Biegeradius in cm (d) Abbildung 2.10: Experimentell gemessene Beugungsmaßzahl M2 nach Fasern mit einer Länge von 10m bei Biegeradien zwischen 2 und 10 cm für Faserkern- durchmesser von (a) 50μm, (b) 60μm, (c) 70μm und (d) 80μm. Die Ergebnisse zeigen, dass die Biegung der Faser nahezu keinen Einfluss auf die nach der Faser gemessene Strahlqualität hat. Das M2 der transmittierten Strahlung 2.2 Einfluss des Faserkerndurchmessers auf die Modenmischung 49 war für alle Faserkerndurchmesser und alle Biegeradien hinab bis zu 2 cm immer kleiner als 1,5. Die leichte Degradierung der Strahlqualität hin zu kleinen Biegeradien lässt sich auf eine Kombination aus Mikro- und Makrobiegungen zurückführen. Die Mikrobiegungen wurden durch die experimentell für kleine Biegeradien benötigte Fixierung der Fasern verursacht und die Makrobiegung wird durch den definierten Biegeradius, festgelegt durch die Scheibe, beschrieben. Diese Biegeradien sind jedoch deutlich kleiner als die in industriellen Anwendungen üblichen minimalen Biegeradien von etwa 20 cm [33]. Außerdem sind die hierbei verwendeten Fasern bereits konfektioniert und damit stärker vor externen Störeinflüssen, wie durch die experimentell notwendige Fixierung hervorgerufen, geschützt. Abschließend kann gesagt werden, dass Biegungen der Faser mit industriell relevanten Biegeradien kaum Einfluss auf die Strahlqualität des Strahls nach der Faser haben. Jedoch führt eine Biegung der Faser zur Reduktion der Modenfläche (vgl. Abb. 2.4), was direkten Einfluss auf die SRS-Schwellleistung hat. 2.2.3.3 Limitierungen aufgrund stimulierter Raman-Streuung Zur Untersuchung von Nichtlinearitäten im Allgemeinen werden sehr hohe Feldstär- ken benötigt [18]. Eine Abschätzung anhand Gl. 1.1 liefert für die hier relevante Faserlänge von 10m bei Faserkerndurchmessern zwischen 50 und 80μm eine Schwell- leistung für stimulierte Raman-Streuung von einigen zehn Kilowatt. Deshalb wurde für die experimentellen Untersuchungen eine gütegeschaltete (engl.: Q-switched) Strahlquelle, welche die benötigten Spitzenleistungen erzeugen kann, genutzt. Der hierbei verwendete PowerChip NanoLaser von JDS Uniphase emittiert Pulse bei einer Wellenlänge von 1064 nm mit einer Pulsdauer von 500 ps, welche somit lange genug sind, um eine quasi-cw Messung der SRS-Schwelle zu ermöglichen [18]. Bei einer maximalen mittleren Leistung von 50mW und einer Pulsrepetitionsrate von 1 kHz beträgt die Pulsspitzenleistung 100 kW. Der experimentelle Aufbau ist in Abb. 2.11 dargestellt. Direkt nach dem Laser wurde zur Bereinigung des Strahls von nicht absorbierter Pumpstrahlung der Hochpass F1 verwendet, wodurch eine beugungsbegrenzte Strahlqualität erzielt werden konnte. Zum Schutz der Strahlquelle vor Rückreflexen wurde ein Faraday-Isolator genutzt. Mittels Kombination aus λ/2-Platte und polarisierendem Strahlteiler (PBS) konnte die Leistung des Strahls eingestellt werden, bevor dieser in die zu untersuchende Faser eingekoppelt wurde. Die Brennweite f der Fokussierlinse L1 wurde zur Erzielung des größtmöglichen Überlapps zwischen fokussiertem Gaußstrahl und Fasergrundmode für jede Faser einzeln optimiert. Die Präparation der Faserenden 50 2 Grundmodestrahltransport in hochgradig multimodigen Stufenindexfasern Isolator M2-Messung L ei st u n gs - m es su n g Strahl-sumpf Q-switched Strahlquelle L1 L2 PBS λ/2 F1 M1 M2 F2 rbend ≥ 25 cm Abbildung 2.11: Experimenteller Aufbau für die Bestimmung der Schwelle für stimulierte Raman-Streuung. erfolgte wiederum mit dem Vytran-Fasercleaver unter einem Cleave-Winkel von 0◦. Nach der Propagation durch jeweils 10m lange Fasern mit einem Biegeradius≥ 25 cm wurde der ausgekoppelte Strahl kollimiert (L2) und mittels Strahlvermessungssystem (WinCamD) oder Leistungsmesskopf analysiert. Der experimentelle Ablauf sah vor, zuerst die Einkopplung in die Faser zu optimieren und in einem zweiten Schritt die SRS-Schwelle zu bestimmen. Zur Optimierung der Einkopplung wurde wiederum ein 6-Achsen-Positioniertisch verwendet. Iterativ wurde die Einkopplung verbessert, bis die gemessene Beugungsmaßzahl des durch die Faser transmittierten Strahls ein globales Minimum erreicht hatte und eine nahezu beugungsbegrenzte Strahlqualität erzielt werden konnte. Zur Bestimmung der SRS- Schwelle wurde die Leistung der in die Faser eingekoppelten Strahlung schrittweise erhöht. Für jeden Leistungspunkt wurde mittels der Spiegel M1 und M2 die Leistung vor beziehungsweise nach der Faser gemessen. Bei Quarzglas sorgt SRS für eine 2.2 Einfluss des Faserkerndurchmessers auf die Modenmischung 51 Stokes-Verschiebung um 13,2 THz [116]. Die Leistung des hierdurch auf 1116 nm spektral verschobenen Strahls konnte mittels Kantenfilter (F2) durch Filterung der Signalwellenlänge von 1064 nm bestimmt werden. Die so aufgenommenen Kennlinien für die Fasern mit Kerndurchmessern von 50, 60, 70 und 80μm sind in Abb. 2.12 gezeigt. 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 0 5 10 15 20 25 Gesamtleistung in kW R am an -L ei st u n g in k W 50μm 60μm 70μm 80μm Abbildung 2.12: Experimentell gemessene Raman-Leistung (Punkte) in Abhängigkeit der durch die Faser transmittierten Leistung, aufgenommen nach Fasern mit einer Länge von 10m und Kerndurchmessern von 50, 60, 70 und 80μm. Die eingezeichneten linearen Trendlinien wurden für die Bestimmung der SRS-Schwelle verwendet. Für die Fasern mit Kerndurchmessern von 50, 60, 70 und 80μm betrug die Leistung beim Einsetzen von SRS 38,1 kW, 44,9 kW, 52,4 kW beziehungsweise 63,6 kW. Zur Verifizierung der experimentellen Ergebnisse wurden diese mit der Berechnung anhand Gl. 1.1 verglichen, wobei die Werte der effektiven Modenflächen aus Abb. 2.4 verwendet wurden. Dieser Vergleich zwischen Experiment und Berechnung ist in Abb. 2.13 zu sehen. Im Rahmen der Messunsicherheiten liegen alle Messwerte in der gepunkteten Fläche, welche den Bereich der berechneten Schwellleistungen für Biegeradien zwischen 20 cm und unendlich (gerade Faser) markiert. Das experimentell ermittelte Maximum der SRS-Schwelle liegt bei einem Faserkerndurchmesser von 80μm im Bereich von 60 kW. Es wird deutlich, dass mit steigendem Kerndurchmesser zum einen die 52 2 Grundmodestrahltransport in hochgradig multimodigen Stufenindexfasern 50 60 70 80 0 20 40 60 80 100 Kerndurchmesser in μm S R S -S ch w el le in k W Gemessene SRS-Schwelle Berechnete SRS-Schwelle Abbildung 2.13: Experimentell gemessene (Punkte) und berechnete (Fläche) Schwellleis- tung von stimulierter Raman-Streuung für Fasern mit einer Länge von 10m und Kerndurchmessern von 50, 60, 70 und 80μm. Die berechneten Werte (Fläche) sind für Biegeradien zwischen 20 cm (untere Begrenzung der Fläche) und unendlich (obere Begrenzung der Fläche) dargestellt. Schwellleistung steigt, zum anderen steigt allerdings auch der Einfluss der Biegung auf die SRS-Schwelle. Mit sinkendem Biegeradius, was besonders für Fasern mit großem Kernquerschnitt gilt, werden die Fasermoden mehr und mehr deformiert und ihre effektive Modenfläche nimmt stark ab (vgl. Abb. 2.4), was zur Abnahme der Schwellleistung von stimulierter Raman-Streuung führt. Im Gegensatz zu den hier präsentierten Laborergebnissen wird die Faser in einer industriellen Anwendung zum Großteil nahezu gerade verlegt und nur an wenigen Stellen gebogen sein. Folglich wird auch die Schwellleistung von SRS höher liegen als hier experimentell für Biegeradien ≥ 25 cm gezeigt. 2.2.4 Zusammenfassung Zur Beantwortung der Forschungsfrage konnte gezeigt werden, dass es möglich ist bei der Propagation durch 5 bis 10m lange Fasern mit einer numerischen Apertur von 0,111 bei Kerndurchmessern von bis zu 80μm eine nahezu beugungsbegrenzte Strahlqualität (M2 ≈ 1,3) erhalten zu können. Der größte Faserkerndurchmesser 2.2 Einfluss des Faserkerndurchmessers auf die Modenmischung 53 von 80μm entspricht bei der NA von 0,111 einem minimalen effektiven Brechzahl- unterschied Δneff von 0,5·10−4. Dieser experimentell bestimmte Wert ist kleiner als die in der Literatur für die Unterdrückung von Modenmischung angegeben Wer- te [36,91,94,95], wobei Ramachandran et al. [95] bereits festgehalten haben, dass der minimal benötigte Modenabstand von den experimentellen Bedingungen abhängt. Dies wurde auch hier deutlich, da die Strahlqualität nach der Faser entscheidend vom Modenüberlapp bei der Einkopplung abhängt. Im Gegensatz hierzu ist der Einfluss der Biegung auf die Strahlqualität allerdings vernachlässigbar klein, da selbst Biegeradien bis hinab zu 2 cm nur zu einer geringfügigen Vergrößerung der Beugungsmaßzahl geführt haben. Ebenso war eine Reduzierung der transmittierten Leistung für diese kleinen Biegeradien nicht messbar. Da die Faserbiegung allerdings einen starken Einfluss auf die Modenfläche und damit auf die Schwelle nichtlinearer Effekte hat, dürfen die Biegeradien nicht kleiner sein als der industrielle Standard von 20 cm. In diesem Rahmen konnte für die verwendeten Stufenindexfasern mit einem Faserkerndurchmesser von 80μm und einer Länge von 10m die SRS-Schwelle experimentell zu über 60 kW bestimmt werden. 0,1 1 10 100 1000 1 10 100 1000 Multimode Singlemode Faserlänge in m V -Z ah l Stacey et al. [84] Hurand et al. [85] Vogel [36] Fermann [87] Shaklan [89,90] Negel et al. [91] Abschnitt 2.2 Abbildung 2.14: Vergleich der eigenen Ergebnisse ( ) mit dem Stand der Technik zum Grundmodestrahltransport in hochgradig multimodigen Stufenindexfa- sern und der Zielsetzung (Fläche) für Faserlängen zwischen 5 und 10m. Die Einordnung der Ergebnisse gegenüber dem Stand der Technik und der eingangs gesetzten Ziele zeigt Abb. 2.14. Der eingezeichnete Datenpunkt bei einer V - 54 2 Grundmodestrahltransport in hochgradig multimodigen Stufenindexfasern Zahl von 26,6 entspricht der Messung mit dem maximalen Kerndurchmesser von 80μm, bei dem noch die Erhaltung nahezu beugungsbegrenzter Strahlqualität über eine Faserlänge von 10m demonstriert werden konnte. Dieses Ergebnis folgt dem Trend der in der Literatur angegebenen Erkenntnisse. Gleichzeitig ist es jedoch für Faserlängen von 10m, welche für einige industriellen Anwendungen bereits ausreichend sind, eine deutliche Steigerung im Vergleich zu den Ergebnissen von Vogel [36]. 2.3 Limitierung der Faserlänge Nachdem im vorherigen Abschnitt die Ergebnisse des Einflusses des Faserkerndurch- messers auf die Modenmischung gezeigt wurden, werden hier die Ergebnisse der Untersuchungen für Faserlängen von mehreren hundert Metern vorgestellt, welche außerdem in [117] publiziert sind. Mit der Coupled-Mode-Theorie als Grundlage wird die Forschungsfrage formuliert und basierend hierauf wurden die Fasern ausgelegt und hergestellt. Im Rahmen der experimentellen Untersuchungen wurde ein monoli- thischer Aufbau verwendet, mit dem experimentell der Einfluss der Faserlänge auf die Strahlqualität und die Limitierungen aufgrund stimulierter Raman-Streuung untersucht wurden. In einer Zusammenfassung erfolgt abschließend die Einordnung der Ergebnisse gegenüber dem Stand der Technik. 2.3.1 Überblick und Zielsetzung Bereits im vorherigen Abschnitt wurde deutlich, dass die Einkopplung in die Faser ausschlaggebend ist, um nach Propagation durch eine hochgradig multimodige Faser noch beugungsbegrenzte Strahlqualität erhalten zu können. Die verwendete Freistrahleinkopplung ist zum einen zwar eine sehr flexible Möglichkeit, Strahlung von Strahlquellen, wie beispielsweise Dioden- oder Scheibenlasern, in eine Faser einzukoppeln, weist aber auch einige mit der Flexibilität einhergehende Nachteile auf. Eine Freistrahleinkopplung benötigt eine hohe mechanische Stabilität aller Komponenten, denn jegliche Verformung und damit Dejustage der Einkopplung führt zu einer Verminderung der Strahlqualität und zu erhöhten Verlusten [118]. Im Gegensatz hierzu ist ein monolithischer Aufbau, bei dem komplett auf die Freistrahlpropagation zwischen einem Faserlaser als Strahlquelle und der Transport- faser verzichtet wird, ohne Weiteres leistungsskalierbar und nicht limitiert durch thermisch induzierte Aberrationen. Außerdem profitiert dieser Ansatz von einer der 2.3 Limitierung der Faserlänge 55 Freistrahleinkopplung überlegenen Anregung der Fasergrundmode, da der Überlapp der LP01-Mode des Faserlasers und der LP01-Mode der Transportfaser theoretisch bis zu 100% betragen kann. Da es nicht nur bei der Einkopplung in die Transportfaser zur Anregung höherer Moden kommen kann, ist für die Propagation über Faserlängen von mehreren hundert Metern die Modenmischung besonders kritisch, denn wie von Gloge [93] beschrieben, kommt es während der Propagation unausweichlich zu einer graduellen Kopplung in höhere Moden. Unter diesem Gesichtspunkt wird auf die Coupled-Mode- Theorie zur Beschreibung von Kopplung in Wellenleitern genauer eingegangen, da diese als Grundlage für die Auslegung der Fasern für die nachfolgenden Experimente diente. 2.3.1.1 Coupled-Mode-Theorie Eine Degradierung der Strahlqualität während der Propagation des Laserstrahls durch eine Multimodefaser wird durch Energietransfer von der Grundmode in höhere Moden verursacht. In einem perfekten Wellenleiter, wenn nichtlineare Ef- fekte vernachlässigt werden können, gibt es keine intrinsische Kopplung zwischen unterschiedlichen Moden und alle Moden propagieren ohne jegliche Interaktion untereinander. Im Gegensatz hierzu führen Abweichungen von der idealen Fa- sergeometrie, wie beispielsweise Variationen im Faserquerschnitt, Schwankungen im Brechzahlprofil oder Biegungen der Faser zu einer Perturbation, welche zu Modenmischung führen kann [113]. Modenmischung im Allgemeinen kann über die Kopplung der elektromagnetischen Felder beschrieben werden [119]. Dieser Ansatz kann hin zu einem Energiekopp- lungsmodell vereinfacht werden [93,120,121], denn für die meisten Anwendungen, wie auch im Rahmen dieser Arbeit, ist es ausreichend, die Änderung der Energie jeder Fasermode zu betrachten und die Phaseninformation des elektromagnetischen Feldes zu vernachlässigen [111]. Marcuse [122] hat hierzu gezeigt, dass Kopplung zwischen zwei Moden mit einem effektiven Brechzahlunterschied Δneff nur dann auftreten kann, wenn die eingebrachte Perturbation eine Raumfrequenzkomponente