Entwicklung eines 3D thermo-hygro-mechanischen Modells für Beton unter Brandbeanspruchung und Anwendung auf Befestigungen unter Zuglasten Von der Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften der Universität Stuttgart genehmigte Abhandlung zur Erlangung der Würde eines Doktor-Ingenieurs (Dr.-Ing.) vorgelegt von Goran Periskic aus Zagreb, Kroatien Hauptberichter: Prof.Dr.-Ing. J. Ozbolt Mitberichter: Prof.Dr.-Ing. R. Eligehausen Prof.Dr.-Ing M. Fontana Tag der mündlichen Prüfung: 16.11.2009 Institut für Werkstoffe im Bauwesen der Universität Stuttgart 2009 3 Meinen zwei Prinzessinnen Elma und Hanna, die ich über alles liebe Mojim princezama Elmi i Hanni, koje volim najviše 4 5 Danksagung Die vorliegende Dissertation entstand in der Zeit meiner Anstellung als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Werkstoffe im Bauwesen der Universität Stuttgart. Mein herzlicher Dank gilt all jenen, die mich bei meiner Arbeit am Institut unterstützten und damit zum Gelingen der Dissertation beitrugen. Beim Herrn Professor Joško Ožbolt möchte ich mich für die Betreuung während der Arbeit, die Durchsicht der Dissertation und die Übernahme des Hauptberichts bedanken. Joško, danke für all Deine Zeit, für die bedingungslose Unterstützung und für alles, was Du mich gelehrt hast. Du bist über die Jahre für mich viel mehr als nur ein Mentor geworden und dafür bin ich Dir für immer dankbar. Beim Herrn Professor Rolf Eligehausen bedanke ich mich für die Betreuung des Teils der Arbeit über die Befestigungen unter Brandbeanspruchung sowie für die Übernahme des Mitberichts, wofür ich mich auch beim Herrn Professor Mario Fontana herzlich bedanke. Für die ständige Unterstützung während meiner Arbeit sowie für liebevolle Begleitung durch gute und schlechte Tage möchte ich meiner Frau einen besonderen Dank aussprechen. An dieser Stelle bedanke ich mich bei meinen Eltern Ivanka und Nikola Periskic, die immer zu mir halten. Ebenso gilt mein freundschaftlichster Dank Herrn Utz Mayer, für das hingebungsvolle Kor- rekturlesen der Arbeit sowie für seine wertvollen Ratschläge und Zusammenarbeit in den letzten Jahren. Schließlich trugen zum Gelingen meiner Arbeit auch zahlreiche Gespräche mit meinen Ar- beitskollegen am IWB, von denen viele zu guten Freunden geworden sind. An dieser Stelle möchte ich mich besonders bei Giovacchino Genesio, Monika Werner, Philipp Grosser, Klaus Schmid, Georg Welz, Steffen Lettow, Jörg Appl und Silvia Choynacki bedanken. Stuttgart, im November 2009 6 7 Inhaltsverzeichnis 1  EINFÜHRUNG ...................................................................................................................................... 17  2  STAND DER WISSENSCHAFT ................................................................................................................. 20  2.1  BETON UNTER BRANDBEANSPRUCHUNG ........................................................................................................ 20  2.1.1  Verhalten von Beton unter Brandbeanspruchung ........................................................................... 20  2.1.2  Modellierung des Betons unter Brandbeanspruchung .................................................................... 27  2.1.3  Zusammenfassung ........................................................................................................................... 31  2.2  TRAGVERHALTEN VON BEFESTIGUNGEN ......................................................................................................... 32  2.2.1  Einführung in die moderne Befestigungstechnik ............................................................................. 32  2.2.2  Tragverhalten von Befestigungen unter normalen Temperaturbedingungen ................................. 36  2.2.3  Tragverhalten von Befestigungen unter hohen Temperaturen ....................................................... 39  2.2.4  Bemessungsverfahren für Befestigungen unter Brandbeanspruchung ........................................... 41  2.2.5  Zusammenfassung ........................................................................................................................... 46  3  KONTINUUMSMECHANIK UND FINITE‐ELEMENTE‐METHODE ............................................................... 47  3.1  ALLGEMEINES ........................................................................................................................................... 47  3.2  GRUNDLAGEN DER KONTINUUMSMECHANIK .................................................................................................. 47  3.2.1  Verzerrungs‐ und Spannungstensor ................................................................................................. 47  3.2.2  Mechanische Bilanzgleichungen ...................................................................................................... 48  3.2.3  Bilanzgesetze der Thermodynamik .................................................................................................. 49  3.3  FINITE‐ELEMENTE‐METHODE ...................................................................................................................... 52  3.3.1  Schwache Formulierung des Randwertproblems ............................................................................. 52  3.3.2  Diskretisierung ................................................................................................................................. 54  4  THERMO‐HYGRO‐MECHANISCHES MODELL FÜR BETON ....................................................................... 56  4.1  ALLGEMEINES ........................................................................................................................................... 56  4.2  NICHTLINEARER, NICHTSTATIONÄRER, GEKOPPELTER WÄRME‐ UND FEUCHTETRANSPORT ........................................ 56  4.3  ZUSTAND DES PORENWASSERS UND PERMEABILITÄT BEI HOHEN TEMPERATUREN .................................................. 60  4.3.1  Ungesättigter Beton ........................................................................................................................ 60  4.3.2  Gesättigter Beton ............................................................................................................................ 61  4.3.3  Übergangsregion zwischen gesättigten und ungesättigten Beton .................................................. 62  4.3.4  Permeabilität ................................................................................................................................... 62  4.4  THERMO‐HYGRO‐MECHANISCHE KOPPLUNG ................................................................................................... 65  4.4.1  Mechanische Dehnungskomponente ............................................................................................... 65  4.4.2  Freie thermische Dehnung ............................................................................................................... 74  4.4.3  Last induzierte thermische Dehnung (LITS) ...................................................................................... 75  4.4.4  Porendruck ....................................................................................................................................... 77  8 4.5  EINFLUSS DER SCHÄDIGUNG IM BETON AUF WÄRME‐ UND FEUCHTE‐TRANSPORT .................................................. 79  4.5.1  Steuerungsparameter für den Wärmetransport in beschädigtem Beton ........................................ 80  4.5.2  Steuerungsparameter für den Feuchtetransport und den Porendruck in beschädigtem Beton ...... 81  4.6  NUMERISCHE IMPLEMENTIERUNG................................................................................................................. 82  4.6.1  Schwache Form der Differentialgleichungen für Feuchte‐ und Wärmetransport ............................ 82  4.6.2  Zeitintegration ................................................................................................................................. 84  4.6.3  Numerischer Algorithmus ................................................................................................................ 85  4.7  VERIFIZIERUNG DES MODELLS ...................................................................................................................... 86  4.7.1  Verifizierung der Feuchte‐ und Temperaturtransportvorgänge ....................................................... 86  4.7.2  Verifizierung des mechanischen Modellteils .................................................................................... 89  4.8  ZUSAMMENFASSUNG ................................................................................................................................. 91  5  GRUNDLEGENDE ERLÄUTERUNGEN UND PARAMETERSTUDIEN ZU EXPLOSIONSARTIGEN  BETONABPLATZUNGEN ........................................................................................................................ 93  5.1  DAS ABPLATZUNGSPHÄNOMEN VON BETONTEILEN UNTER HOHEN TEMPERATUREN ................................................ 93  5.1.1  Allgemeines ...................................................................................................................................... 93  5.1.2  Mechanismen der explosionsartigen Abplatzung ............................................................................ 94  5.2  BESCHREIBUNG DER UNTERSUCHTEN GEOMETRIE UND DER MODELLIERUNG ......................................................... 98  5.3  UNTERSUCHUNG DES EINFLUSSES DER ELEMENTGRÖßE ................................................................................... 100  5.4  BESCHREIBUNG DER VERWENDETEN BETONE ................................................................................................ 101  5.5  ERGEBNISSE DER FE‐BERECHNUNGEN ......................................................................................................... 102  5.5.1  Entwicklung der Temperatur‐ und Porendruckverteilungen sowie der Rissbildung ....................... 102  5.5.2  Einfluss der geometrischen Nichtlinearität auf die explosionsartige Abplatzung .......................... 111  5.5.3  Einfluss der thermischen Dehnungen, des Porendruckes und der Abnahme der  Materialeigenschaften ................................................................................................................................ 112  5.5.4  Einfluss der Permeabilität .............................................................................................................. 115  5.5.5  Einfluss der relativen Porenfeuchtigkeit ........................................................................................ 120  5.5.6  Einfluss der Erhitzungsgeschwindigkeit ......................................................................................... 124  5.6  ZUSAMMENFASSUNG ............................................................................................................................... 126  6  NUMERISCHE UNTERSUCHUNGEN AN BEFESTIGUNGEN UNTER ZUG‐ UND BRANDBEANSPRUCHUNG . 128  6.1  ALLGEMEINES ......................................................................................................................................... 128  6.2  VEREINFACHTES THERMO‐MECHANISCHES MODELL FÜR BETON ....................................................................... 128  6.2.1  Instationäre thermische Analyse.................................................................................................... 128  6.2.2  Thermo‐mechaniches Modell ......................................................................................................... 129  6.3  BESCHREIBUNG DER GEOMETRIE, MODELLAUFBAU UND VERWENDETE MATERIALEIGENSCHAFTEN .......................... 131  6.4  ERGEBNISSE DER FE‐ANALYSE .................................................................................................................... 135  6.4.1  Einzelbefestigung ohne Randeinfluss ............................................................................................. 135  6.4.2  Einzelbefestigung mit Randeinfluss ............................................................................................... 143  6.4.3  Gruppenbefestigung ohne Randeinfluss ........................................................................................ 158  9 6.5  ZUSAMMENFASSUNG ............................................................................................................................... 168  7  BEMESSUNG VON BEFESTIGUNGEN UNTER ZUGBEANSPRUCHUNG UND BRANDEINWIRKUNG ........... 170  7.1  ALLGEMEINES ......................................................................................................................................... 170  7.2  STAHLVERSAGEN ..................................................................................................................................... 172  7.3  HERAUSZIEHEN ....................................................................................................................................... 173  7.4  BETONAUSBRUCH ................................................................................................................................... 173  7.5  SPALTEN................................................................................................................................................ 176  8  SCHLUSSBETRACHTUNG .................................................................................................................... 177  8.1  ZUSAMMENFASSUNG UND FOLGERUNGEN ................................................................................................... 177  8.2  AUSBLICK UND OFFENE FRAGEN ................................................................................................................. 181  9  SUMMARY AND CONCLUSIONS ......................................................................................................... 184  LITERATUR ................................................................................................................................................ 184  LEBENSLAUF .............................................................................................................................................. 195  10 11 Abkürzungsverzeichnis Spannungen und Verzerrungen σ Spannung [N/mm2] ε Dehnung [-] σV volumetrische Spannung N/mm2] εV volumetrische Dehnung [-] K Kompressionsmodul [N/mm2] ijε Gesamtdehnungstensor für Beton [-] εijm mechanischer Dehnungstensor [-] εijft freier thermischer Dehnungstensor [-] εijlits last-induzierter thermischer Dehnungstensor [-] Kontinuumsmechanik ε Verzerrungstensor [-] u Verschiebungsvektor [m] t Kraftflussvektor [N/m2] n Einheitsnormalenvektor des Flächenelementes [-] v Geschwindigkeitsvektor [m/s] b massenbezogene Belastung [N/kg] t flächenbezogene Belastung [N/m2] ijke Koordinaten des kartesischen Permutationstensors dritter Stufe [-] K kinetische Energie [Nm] U innere Energie [Nm] A Arbeit [Nm] Q Wärmeenergie [Nm] e massenbezogene innere Energie [Nm/kg] q Wärmestromvektor [W/m2] r massenbezogene Wärmequelle [W/kg] s massenbezogene Entropie [Nm/kgK] ϑ absolute Temperatur [K] Ψ freie Energie nach Helmholtz [Nm/kg] δu virtuelle Verschiebung [m] δε virtuelle Dehnung [-] N Ansatzfunktion [-] B räumlicher Gradient der Ansatzfunktion [-] 12 d diskrete Knotenverschiebungen [m] ζi dimensionslosen, materiellen Elementkoordinaten [-] Ωtot Gesamtvolumen eines Körpers Ω Volumen eines Elementes nele Gesamtzahl der Finiten Elemente [-] feint Summe der inneren Knotenkräfte eines Elementes [N] feext Summe der äußeren Knotenkräfte eines Elementes [N] eK Steifigkeitsmatrix (elementweise) [N/m] R(d) das Residuum [N] Ki Tangentensteifigkeitsmatrix [N/m] Wärme- und Feuchte Transport λ Wärmeleitfähigkeit des Betons [W/mK] C isobarische, spezifische Wärmekapazität des Betons [J/kgK] ρ Rohdichte des Betons [kg/m3] J Feuchtigkeitsflussdichte [kg/m2·s] q Wärmeflussdichte [J/m2·s] w Wassergehalt [kg/m3] T Temperatur [K] p Porendruck [N/mm2] g Gravitationskonstante (9.806) [m/s2] a relative Permeabilität [m/s] t Zeit [s] wd Masse des freien Wassers [kg/m3] Ca Sorptionswärme des freien Wassers [J/kg] Cw Isobarische Wärmekapazität des freien Wassers [J/kgK] pO Porendruck auf der Elementoberfläche [N/mm2] pen Porendruck in der Umgebung [N/mm2] TO Temperatur auf der Elementoberfläche [K] Ten Temperatur in der Umgebung [K] αp Feuchteübergangsfaktor [kg/Ns] αT Wärmeübergangsfaktor [W/m2K] ps Saturationsdruck [N/mm2] c Masse des Zements [kg/m3] w1 Wassergehalt bei Saturation bei 20°C [kg/m3] h relative Porenfeuchtigkeit (p/ps) [-] ρ0 Anfangsrohdichte das Wassers [kg/m3] 13 wd0 Anfangswassergehalt im Beton [kg/m3] wd(T) Wassergehalt im Beton bei Temperatur T [kg/m3] n Porosität [-] v spezifischer Volumen [m3/kg] αc Temperaturausdehnungskoeffizient des Betons [1/K] a0 Referenzpermeabilität bei 20°C und 100% relativer Luftfeuchtigkeit [m/s] α Modellkonstante (0.05) [-] hc Übergangsfeuchtigkeit, Modellkonstante (0.75) [-] Q Aktivierungsenergie für die Migration der Wassermoleküle durch die Schicht des adsorbierten Wassers [J] R universale Gaskonstante [J/K] T0‘ absolute Referenztemperatur [K] Microplane-Modell εN Normalkomponente der Microplane-Dehnung [-] εD Schubkomponente der Microplane-Dehnung [-] εV volumetrische Komponente der Microplane-Dehnung [-] εTr Schubkomponente der Microplane-Dehnung [-] σN Normalkomponente der Microplane-Spannung [N/mm2] σD deviatorische Komponente der Microplane-Spannung [N/mm2] σV volumetrische Komponente der Microplane-Spannung [N/mm2] σTr Schubkomponente der Microplane-Spannung [N/mm2] S Kugeloberfläche [mm2] ψ Diskontinuitätsfunktion im Microplane-Modell [-] Tr ,effε effektive Dehnung der Microplane-Schubkomponente [-] D,effε effektive Dehnung der deviatorischen Microplane-Komponente [-] CV Sekantenmodul der volumetrischen Microplane- Spannungskomponente [N/mm 2] CD Sekantenmodul der deviatorischen Microplane- Spannungskomponente [N/mm 2] CT Sekantenmodul der Microplane-Schubspannungskomponente [N/mm2] CV,0 Anfangssteifigkeit der volumetrischen Microplane- Spannungskomponente [N/mm 2] CD,0 Anfangssteifigkeit der deviatorischen Microplane- Spannungskomponente [N/mm 2] CT,0 Anfangssteifigkeit der Microplane-Schubspannungskomponente [N/mm2] ωV skalarer Schädigungsparameter – volumetrisch [-] 14 ωD skalarer Schädigungsparameter – deviatorisch [-] ωT skalarer Schädigungsparameter – Schub [-] E makroskopischer E-Modul [N/mm2] ν Querdehnzahl [-] ft makroskopische Zugfestigkeit [N/mm2] fc makroskopische zylindrische Druckfestigkeit [N/mm2] GF makroskopische Zugbruchenergie [N/mm] GC makroskopische Druckbruchenergie [N/mm] η Parameter des Mikroplane-Modells [-] a Parameter des Mikroplane-Modells [-] b Parameter des Mikroplane-Modells [-] p Parameter des Mikroplane-Modells [-] q Parameter des Mikroplane-Modells [-] e4 Parameter des Mikroplane-Modells [-] n Parameter des Mikroplane-Modells [-] m Parameter des Mikroplane-Modells [-] k Parameter des Mikroplane-Modells [-] e1 Parameter des Mikroplane-Modells [-] e2 Parameter des Mikroplane-Modells [-] e3 Parameter des Mikroplane-Modells [-] V Volumen des 8-knotigen finiten Elementes [mm3] h mittlere Elementgröße [mm] ∆t Zeitschritt bei der instationären Analyse [s] E0 Elastizitätsmodul bei T0 = 20°C [N/mm2] β Faktor bei direkter Zeitintegration mit Wert zwischen 0 – 1 [-] Thermo-mechanische Kopplung θ relative Temperatur (modellspezifisch) [-] t ,Eω temperaturabhängiger Schädigungsparameter – E-Modul (Beton) [-] fc,0 einachsige Zylinderdruckfestigkeit bei T0 = 20°C [N/mm2] ct ,f ω temperaturabhängiger Schädigungsparameter – Druckfestigkeit [-] ft,0 einachsige Zugfestigkeit bei T0 = 20°C [N/mm2] tt ,f ω temperaturabhängiger Schädigungsparameter – Zugfestigkeit [-] GF,0 Bruchenergie bei T0 = 20°C [N/mm] Ft ,G ω temperaturabhängiger Schädigungsparameter – Bruchenergie [-] ys,0f Fließgrenze des Stahls bei T0 = 20°C [N/mm 2] 15 ysf ω temperaturabhängiger Schädigungsparameter – Fleißgrenze [-] s,0E E-Modul des Stahls bei T0 = 20°C [N/mm 2] sE ω temperaturabhängiger Schädigungsparameter – E-Modul (Stahl) [-] δij Kronecker Delta (Operator) [-] A Modellkonstanten zur Abbildung der LITS-Dehnung [-] B Modellkonstanten zur Abbildung der LITS-Dehnung [-] C Modellkonstanten zur Abbildung der LITS-Dehnung [-] Tmax maximal erreichte Temperatur [°C] D tangentialer Materialsteifigkeitstensor aus dem Microplane Model [N/mm2] mε Inkrement der mechanischen Dehnung [s-1] pσ Inkrement der Spannungen infolge Porendruck [N/mm2s] B Biot’scher Koeffizient [-] K Kompressionsmodul des Gesamtkörpers samt Betonporen [N/mm2] KS Kompressionsmodul der Betonmatrix (Festphase) [N/mm2] p Inkrement des Porendrucks [N/mm2s] ε11 Hauptzugdehnung [-] w Rissbreite [mm] wc kritische Rissbreite [mm] εc kritische Zugdehnung, entspricht einer kritischen Rissbreite wc [-] wa schädigungsabhängige relative Permeabilität [m/s] w 0=a relative Permeabilität bei Rissbreite w = 0 [m/s] Befestigungen σRk,s,fi Stahlfestigkeit der Befestigung unter Brandbeanspruchung [N/mm2] elW Widerstandsmoment der Befestigung [mm3] 0 Rk ,s ,fiM charakteristischer Widerstand eines Befestigung bei Biegung [Nmm] 0 Rk ,cN charakteristischer Widerstand bei Betonausbruch [N] 0 Rk ,c ,fiN charakteristischer Widerstand bei Betonausbruch unter Brandbean- spruchung [N] Rk ,pN charakteristischer Widerstand bei Herausziehen [N] Rk ,p ,fiN charakteristischer Widerstand bei Herausziehen unter Brandbean- spruchung [N] 0 Rk ,cV charakteristischer Widerstand bei Betonkantenbruch [N] 0 Rk ,c ,fiV charakteristischer Widerstand bei Betonkantenbruch unter Brandbe- anspruchung [N] 16 Rk ,cp,fiV charakteristischer Widerstand bei Betonausbruch auf der lastabge- wandten Seite unter Brandbeanspruchung [N] u,pN mittlerer Widerstand bei Herausziehen [N] u,p,fiN mittlerer Widerstand bei Herausziehen unter Brandbeanspruchung [N] ccr,N charakteristischer Randabstand [mm] scr,N charakteristischer Achsabstand [mm] c, c1 Randabstand einer Befestigung [mm] s, s1 Achsabstand der Befestigung [mm] u ,cN mittlere Tragfähigkeit einer Befestigung bei Betonausbruch [N] 0 u ,cN mittlere Tragfähigkeit einer Einzelbefestigung ohne Rand- und Brand- einfluss bei Betonausbruch [-] c,NA projizierte Ausbruchfläche einer Einzelbefestigung mit Randabstand c1 <1.5hef [mm2] 0 c,NA projizierte Ausbruchfläche einer Einzelbefestigung ohne Randeinfluss [mm 2] s ,Nψ Faktor zur Berücksichtigung der Störung von rotationssymmetrischen Spannungszustand im Bauteil [-] ec,Nψ Faktor zur Berücksichtigung der exzentrischen Belastung der Befesti-gung [-] re,Nψ Faktor zur Berücksichtigung der Oberflächenbewehrung [-] fi ,Nψ Faktor zur Berücksichtigung der Brandeinwirkung [-] Zul .F zulässige Gebrauchslast bei Betonausbruch unter Zugbeanspruchung [N] Fu Höchstlast bei Betonausbruch unter Zugbeanspruchung [N] Fu,rel relative Resttragfähigkeit unter Brandbeanspruchung bei Betonaus- bruch bezogen auf die Tragfähigkeit ohne Brandeinfluss [-] Einführung 17 1 EINFÜHRUNG Die Untersuchung des Verhaltens von Beton unter hohen Temperaturen, wie dies z.B. bei einem Brand auftritt, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Grundsätzlich ist im Fall einer Stahlbetonkonstruktion zwischen zwei prinzipiellen Dingen zu unterscheiden: i) unter hohen Temperaturen werden die mechanischen Eigenschaften von Beton stark reduziert, an der Oberfläche der Stahlbetonbauteile treten zunehmend Risse auf und durch die Behinderung der thermischen Dehnungen kommt es zu Zwangsspannungen in der Konstruktion; Die Trag- fähigkeit der Konstruktion ist somit reduziert; ii) Neben der Abnahme der mechanischen Be- toneigenschaften können explosionsartige Abplatzungen auftreten, bei denen die oberflä- chennahe Betonschicht schlagartig ausbricht. Die Tiefe dieser Betonabplatzung beträgt zwi- schen 10 und 40 mm, was zu einer erheblichen Reduzierung der Querschnittsfläche und somit ebenfalls zur deutlichen Abnahme der Tragfähigkeit führen kann. Weiterhin steht nach dem Abplatzen die Bewehrung meistens in direktem Feuerkontakt. Durch das ungünstige Stahlverhalten unter hohen Temperaturen wird die Bauteiltragfähigkeit zusätzlich reduziert. Die Beschädigung der Betonkonstruktion infolge der Abplatzungen kann die Bemessung des Feuerwiderstands eines Bauteils in Frage stellen und zu einer deutlichen Abnahme der Si- cherheit der Konstruktion im Fall eines Feuers führen. Um diese Schädigungen an Stahlbetonkonstruktionen zu verhindern, bzw. den dabei entste- henden Schaden auf einen Minimum zu reduzieren, ist es notwendig, das Verhalten von Be- ton unter Brandeinwirkung und die damit verbundenen mechanischen, physikalischen und chemischen Prozesse zu verstehen. Experimentelle Untersuchungen von Beton unter hohen Temperaturen sind oft sehr aufwendig und kostenintensiv. Als Alternative bieten sich daher numerische Untersuchungen an, wodurch Versuche teilweise ersetzt werden können. Die größte Herausforderung ist dabei die realistische Formulierung der physikalischen Prozesse, die bei hohen Temperaturen stattfinden, da diese Prozesse sehr komplex und teilweise nicht ausreichend untersucht sind. In der vorliegenden Arbeit wird ein thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton dargestellt. Es wird im Rahmen der Kontinuumsmechanik formuliert und mit Hilfe der Finite-Elemente- Methode umgesetzt. In jedem Lastschritt werden die Temperatur, die relative Porenfeuchtig- keit, der Porendruck sowie die Spannungen und die Dehnungen berechnet. Die verschiede- nen Differentialgleichungen werden gekoppelt, wodurch u.a. erreicht wird, dass Risse bzw. Schädigungen im Beton einen direkten Einfluss auf die Verteilungen der Temperatur und der Porenfeuchtigkeit haben. Die gegenseitige Kopplung der Differentialgleichungen und die 18 Einführung Berechnungen des Porendruckes ermöglichen weiterhin die Simulation von explosionsarti- gen Betonabplatzungen. Die Aufgabe des Modells besteht darin, die o.g. prinzipiellen Verhaltensweisen des Betons unter Brandeinwirkung zu simulieren. Daher kann die vorliegende Arbeit in zwei wesentliche Teile getrennt werden. Im ersten Teil wird auf die numerische Untersuchung von explosiven Betonabplatzungen eingegangen. Der zweite Teil widmet sich dem Verhalten von Befesti- gungen in Stahlbetonkonstruktionen unter Brandeinfluss. Dabei wird insbesondere der Ein- fluss von sehr hohen Temperaturen auf die Versagensart Betonausbruch untersucht. Bei der Untersuchung der explosionsartigen Betonabplatzungen wird eine Parameterstudie mit dem thermo-hygro-mechanischen Modell durchgeführt. Dabei werden die Permeabilität, die relative Porenfeuchtigkeit und die Erhitzungsgeschwindigkeit variiert. Die FE- Berechnungen werden für zwei Betone durchgeführt – normalfesten und hochfesten Beton. Ferner wird auf den Einfluss verschiedener Prozesse eingegangen, die im Beton unter ho- hen Temperaturen stattfinden: thermische Dehnungen, Abnahme der mechanischen Eigen- schaften und Entwicklung des Porendrucks. Zur Klärung des Abplatzungsphänomens wird zusätzlich der Einfluss der geometrischen Nichtlinearität der Betondeckung untersucht. Die Untersuchung von zugbeanspruchten Befestigungen unter Brandeinwirkung erfolgt ebenfalls durch Anwendung des thermo-hygro-mechanischen Modells. Allerdings mussten für die Anwendbarkeit des Modells in aufwendigen 3-dimensionalen praktischen Beispielen einige Vereinfachungen gemacht werden. Im Rahmen dieser Untersuchungen wird auf Ein- zelbefestigungen ohne und mit Randeinfluss sowie auf Gruppenbefestigungen ohne Rand- einfluss näher eingegangen. In der Studie werden die Verankerungstiefe, die Erhitzungsdau- er, Rand- und Achsabstände sowie bei randnahen Befestigungen einseitige und mehrseitige Erhitzung variiert. Analog zu der gängigen Unterteilung der Stahlbetonkonstruktionen in die Feuerwiderstandsklassen werden die Resttragfähigkeiten der Befestigungen für unterschied- liche Branddauer untersucht. Die Ergebnisse der FE-Berechnungen werden mit anderen Untersuchungen von Befestigungen unter Brandbeanspruchung verglichen. Schließlich wird auf die aktuelle Bemessung von Befestigungen unter Brandeinwirkung eingegangen. Die Ziele der vorliegenden Arbeit können folgendermaßen zusammengefasst werden: • Entwicklung eines thermo-hygro-mechanischen Modells, das das Verhalten von Be- ton unter hohen Temperaturen realitätsnah wiedergeben kann. Einführung 19 • Anwendung des Modells auf die Untersuchung von explosionsartigen Betonabplat- zungen. Klärung der Hauptursachen und der wichtigsten Einflussgrößen auf das Ab- platzungsverhalten. • Anwendung des Modells auf die Untersuchung von Befestigungen unter Brand- und zentrischer Zugbeanspruchung. Überprüfung des bestehenden Bemessungskonzepts mit eventuellen Erweiterungen und Korrekturen 20 Stand der Wissenschaft 2 STAND DER WISSENSCHAFT 2.1 Beton unter Brandbeanspruchung 2.1.1 Verhalten von Beton unter Brandbeanspruchung 2.1.1.1 Allgemeines Das Verhalten von Beton unter Brandbeanspruchung ist ein komplexes Phänomen, vor allem weil Beton Wasser enthält, das bei Erhitzung sein Aggregatzustand ändert. Das freie Wasser verhält sich dabei anders als physikalisch oder chemisch gebundenes Wasser. Weiterhin können Zuschläge ihre Kristallstruktur ändern (Quarz) oder an Masse verlieren (Kalkstein). Oft treten im Brandfall starke Temperaturgradienten auf, die zu Eigenspannungen im Quer- schnitt führen, oder infolge der Randbedingungen wird die Wärmedehnung verhindert, wo- durch es zu Zwangskräften kommt. Das Kriechen und die Relaxation, die unter Umständen bei hohen Temperaturen noch vergrößert werden, spielen hierbei auch eine wesentliche Rol- le. Die wesentlichsten Komponenten des Betons sind Wasser, Zuschlag und Zementleim. Der Verlust des Wassers unter Temperaturbeanspruchung lässt sich mit einer thermogravimetri- schen Untersuchung beobachten. Die Ergebnisse von Schneider (1982) und Harmathy & Allen (1973), dargestellt in Abbildung 2.1a, zeigen, dass schon bei Temperaturen unterhalb von 100°C ein Gewichtsverlust im Beton auftritt, der der Verdunstung des Wassers aus den Grobporen zuzuordnen ist. Oberhalb von 220°C nimmt der Verlust etwas ab, da bei diesen Temperaturen vor allem das Wasser aus den feineren Poren freigesetzt wird. Zusätzlich ver- dunstet in dieser Phase auch schon das chemisch gebundene Wasser durch den Gelabbau. Zwischen 500°C und 700°C nimmt der Gewichtverlust wieder deutlich zu, da neben der Portlanditzersetzung die Zersetzung der CSH-Phasen stattfindet, beide sind mit einer Was- serabgabe verbunden. Oberhalb von 700 bis 800°C wird kein wesentlicher Gewichtsverlust mehr gemessen. Zementstein und Zuschlag dehnen sich bei hohen Temperaturen unterschiedlich stark aus, was zu Kompatibilitätsproblemen führt (Abbildung 2.1b). Bei Zementstein wird bis etwa 150°C eine positive Dehnung beobachtet, danach tritt eine Verkürzung auf. Die Verkürzungs- rate bleibt bis 600°C nahezu konstant, nimmt zwischen 600 und 800°C etwas ab und ver- stärkt sich dann wieder bei höheren Temperaturen. Demgegenüber sind bei Betonzuschlag nahezu ausschließlich positive Dehnungen zu verzeichnen, allerdings treten zwischen unter- schiedlichen Zuschlagsstoffen deutliche Unterschiede auf. Stand der Wissenschaft 21 Die inhomogene Zusammensetzung des Betons und das unterschiedliche Verhalten der ein- zelnen Komponenten bei hohen Temperaturen sind die wesentlichen Ursachen für die Ab- nahme der physikalischen und mechanischen Eigenschaften des Betons unter Brandbean- spruchung. 0 200 400 600 800 1000 1200 Temperatur [°C] 0 5 10 15 20 25 30 35 G ew ic ht sv er lu st Δm (T )/m (2 0° C ) [ % ] Kalkstein (Harmathy & Allen 1973) Silikate (Harmathy & Allen 1973) Quarzit (Harmathy & Allen 1973) Basalt (Harmathy & Allen 1973) (a) 0 100 200 300 400 500 600 700 Temperatur [°C] -40 -30 -20 -10 0 10 D eh nu ng [‰ ] Basalt (Khoury 2006) Kalkstein (Khoury 2006) Sandstein (Khoury 2006) Zementleim 1 (Khoury 2006) Zementleim 2 (Khoury 2006) (b) Abbildung 2.1 Gewichtsverlust des Betons mit unterschiedlichen Zuschlägen (Schneider 1982, Harmathy & Allen 1973) (a) und Wärmedehnung von Zementstein und Betonzuschlag (Khoury 2006) (b) in Abhängigkeit von der Temperatur 2.1.1.2 Physikalische Eigenschaften von Beton bei hohen Temperaturen Dichte Die Dichte des Betons ändert sich im Temperaturbereich von 0°C bis 150°C in Abhängigkeit der Zuschlagart (kalkstein- oder silikathaltige Zuschläge) unterschiedlich stark (Schneider 1982). Bei kalksteinhaltigen Betonen nimmt die Dichte bis 600°C nur sehr gering ab (Abbildung 2.2a). Bei etwa 600°C tritt die Kalksteinentsäuerung auf, was schnell zu einem hochporösen Beton führt und die Dichte erreicht etwa 60% des Anfangswertes. Im Fall eines silikathaltigen Betons wird hingegen ein weniger steiler Abfall der Dichte bis 700°C aufge- zeichnet. Da in diesem Fall aber keine Entsäuerung stattfindet, nimmt die Dichte insgesamt deutlich weniger ab und erreicht bei 1200°C etwa 85% des Anfangswertes. Spezifische Wärmekapazität Die spezifische Wärmekapazität ist die Wärmemenge, die für die Erwärmung eines Stoffes um eine Temperatureinheit benötigt wird. Mit zunehmender Temperatur steigt die spezifische Wärmekapazität nichtlinear an (Abbildung 2.2b). Die Art des Betonzuschlags zeigt keinen signifikanten Einfluss auf die Zunahme der spezifischen Wärmekapazität. Obwohl die Ver- suchsergebnisse stark streuen, kann bei 1000°C die spezifische Wärmekapizität etwa auf das Doppelte des Anfangswertes ansteigen. 22 Stand der Wissenschaft Wärmeleitfähigkeit Die Wärmeleitfähigkeit eines Materials definiert die Wärmemenge, die im stationären Zu- stand während einer Sekunde durch 1 m2 einer 1 m dicken Stoffschicht bei einer Tempera- turdifferenz von 1 K zwischen den Schichtoberflächen hindurchtritt. Bei hohen Temperaturen nimmt die Wärmeleitfähigkeit des Betons stark ab (Abbildung 2.2c). Die Größe der Abnahme wird am stärksten durch den Feuchtegehalt und die Zuschlagsart beeinflusst. Die Messwerte der Wärmeleitfähigkeiten von Beton streuen im gesamten Temperaturbereich stark (Schneider 1982). Eine der Ursachen dafür ist die Tatsache, dass bei der Messung unter stationären Temperaturbedingungen gleichzeitig Feuchtetransport im Beton stattfindet, was die Ermittlung der Wärmeleitfähigkeit des Betons stark beeinflusst. Die Tendenz der gemes- senen Versuchswerte zeigt jedoch, dass die Wärmeleitfähigkeit mit steigender Temperatur ständig abnimmt und bei 1000°C etwa 40% des Anfangswertes erreicht. 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 Temperatur [°C] 0.6 0.9 1.2 1.5 1.8 2.1 2.4 2.7 D ic ht e [k g/ m 3 ] Kalksteinbetone Harmathy (1970) Schneider (1982) Hildebrand (1978) Silikatbetone Harmathy (1970) Schneider (1982) Schneider (1982) (a) 0 200 400 600 800 1000 1200 Temperatur [°C] 0.0 0.4 0.8 1.2 1.6 2.0 Sp ez ifi sc he W är m ek ap az itä t [ kJ /k g⋅K ] Kalksteinbetone Hildebrand (1978) Harmathy (1970) Collet (1976) Silikatbetone Hildebrand (1978) Hildebrand (1978) Harmathy (1970) (b) 0 200 400 600 800 1000 1200 Temperatur [°C] 0.4 0.8 1.2 1.6 2.0 2.4 W är m el ei tfä hi gk ei t [ W /m ⋅K] Hildebrand (1978) Schneider (1982) Harmathy (1970) (c) Abbildung 2.2 Physikalische Eigenschaften vom normalfesten Beton als Funktion der Temperatur – (a) Dichte, (b) Spezifische Wärmekapazität und (c) Wärmeleitfähigkeit Stand der Wissenschaft 23 2.1.1.3 Mechanische Eigenschaften von Beton bei hohen Temperaturen Elastizitätsmodul Die Versuchsergebnisse zeigen eine allgemeine Abnahme des Elastizitätsmoduls mit stei- gender Temperatur (Schneider 1982). Den größten Einfluss auf die Änderung des Elastizi- tätsmoduls bei hoher Temperatur hat der Zuschlag, wie aus der Abbildung 2.3 zu erkennen ist. Es wird angenommen, dass die Abnahme des Elastizitätsmoduls bei niedrigen Tempera- turen bis ca. 300°C hauptsächlich durch das Volumen des verdampften Kapillarwassers und bei hohen Temperaturen durch den Abbau der elastischen Eigenschaften der einzelnen Komponenten beeinflusst wird (Zhang & Bicanic 2002). Zugfestigkeit Die Zugfestigkeit des Betons wird durch eine Temperaturerhöhung stärker beeinflusst als der Elastizitätsmodul. In Versuchen wird am häufigsten die Spaltzugfestigkeit untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass im ungünstigen Fall der Beton bei 200°C schon etwa 50% seiner Zugfestigkeit verlieren kann. Die Art des Betonzuschlags spielt auch bei der Abnahme der Zugfestigkeit eine wesentliche Rolle – bei 500°C ist der Festigkeitsverlust von Kalksteinbeto- nen fast doppelt so groß wie bei Sandsteinbetonen (Schneider 1982). Bei ca. 600°C ist prak- tisch keine Zugfestigkeit mehr messbar. 0 200 400 600 800 Temperatur [°C] 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 R el at iv er E la st ic itä ts m od ul E (T )/E (T =2 0° C ) Blähton (Schneider 1982) Sandstein (Schneider 1982) Kalkstein (Schneider 1982) Basalt (Schneider 1982) Quarz (Schneider 1982) (a) 0 200 400 600 800 Temperatur [°C] 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 R el at iv e Zu gf es tig ke it f t( T) /f t (T =2 0° C ) Test 1 (Bazant & Kaplan 1996) Test 2 (Bazant & Kaplan 1996) Test 3 (Bazant & Kaplan 1996) Test 4 (Bazant & Kaplan 1996) (b) Abbildung 2.3 Mechanische Eigenschaften von Beton als Funktion der Temperatur – Elastizitätsmodul (a) und Zug- festigkeit (b) Druckfestigkeit Die Druckfestigkeit von Normalbeton weist bis etwa 300°C nur eine sehr kleine, praktisch vernachlässigbare Änderung auf (Abbildung 2.4a). In diesem Bereich relativ niedriger Tem- peratur entwickelt sich die Hydratation des Zementleims weiter. Dieser positive Effekt kann den Festigkeitsverlust infolge der Entwicklung von thermisch induzierten Mikrorissen neutra- 24 Stand der Wissenschaft lisieren. Erst ab etwa 300°C tritt mit zunehmender Temperatur eine fast lineare Abnahme der Druckfestigkeit auf, da sich die schädigenden Mikrorisse zunehmend ausbilden. Zwischen 900 und 1000°C verliert der Normalbeton fast vollständig die Druckfestigkeit. Die Druckfestigkeit von hochfesten Betonen verhält sich unter zunehmender Temperatur etwas anders als bei Normalbeton. Die Ergebnisse von Phan & Carino (2003) in Abbildung 2.4b zeigen, dass sogar im Bereich bis 300°C eine Abnahme der Druckfestigkeit von bis zu 30% auftreten kann. Nach 300°C nimmt die Druckfestigkeit des hochfesten Betons weiterhin ab, die Abnahme ist jedoch etwas kleiner als bei Normalbetonen. Ein vollständiger Verlust der Druckfestigkeit eines hochfesten Betons kann bei ca. 1000°C beobachtet werden. 0 200 400 600 800 1000 Temperatur [°C] 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 R el at iv e D ru ck fe st ig ke it f c( T) /f c (T =2 0° C ) Blächschiefer (Schneider 1982) Kalkstein (Schneider 1982) Quarz (Schneider 1982) Test (Abrams 1971) (a) 0 200 400 600 800 Temperatur [°C] 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 R el at iv e D ru ck fe st ig ke it f c( T) /f c (T =2 0° C ) Hochfeste Betone Test 1 (Phan & Carino 2003) Test 2 (Phan & Carino 2003) Test 3 (Phan & Carino 2003) Test 4 (Phan & Carino 2003) (b) Abbildung 2.4 Druckfestigkeit von normalfestem (a) und hochfestem (b) Beton als Funktion der Temperatur Bruchenergie Als Bruchenergie wird das Integral unter der Spannungs-Dehnungskurve bezeichnet. Schneider (1982) stellt die Zugspannungs-Dehnungsbeziehungen für verschiedene Tempe- raturen dar (Abbildung 2.5a). Die schon angesprochene Abnahme des Elastizitätsmoduls und der Festigkeit ist deutlich zu erkennen. Weiterhin ist festzustellen, dass der Beton mit zunehmender Temperatur duktiler wird. Dadurch nimmt die Fläche unter der Last- Verschienungs-Kurve zu und die Bruchenergie steigt an. Die Messungen von Zhang & Bicanic (2002) zeigen, dass die Bruchenergie mit ansteigender Temperatur zunächst zu- nimmt und bei ca. 300°C den Maximalwert erreicht (Abbildung 2.5b). Diese Zunahme wird erstens durch die fortschreitende Hydratation und zweitens durch die erhöhte Reibung zwi- schen den einzelnen Zuschlagkörnern wegen der thermischen Ausdehnung erklärt. Bei wei- terer Zunahme der Temperatur über 300°C treten verstärkt Mikrorisse auf, außerdem finden eine Dehydratation und der Abbau des Zementleims statt. Dies führt zu einer zunehmenden Abnahme der Bruchenergie. Bei etwa 600°C wird der bei 20°C gemessene Wert wieder er- reicht. Stand der Wissenschaft 25 0 2 4 6 8 10 Dehnung ε [‰] 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 R ea lti ve S pa nn un g σ(T )/σ m ax .(T =2 0° C ) Schneider 1982 20 °C 150 °C 350 °C 450 °C 550 °C 750 °C (a) 0 100 200 300 400 500 600 Temperatur [°C] 0 0.4 0.8 1.2 1.6 2 R el at iv e Br uc he ne rg ie G F( T) /G F( T= 20 °C ) Normalfesterbeton (Zhang & Bicanic 2002) Hochfesterbeton (Zhang & Bicanic 2002) (b) Abbildung 2.5 Bruchenergie von Beton als Funktion der Temperatur – typische relative Zugspannungs-Dehnungs- Beziehungen von Normalbeton (a) und Messergebnisse der Bruchenergie bei hoher Temperatur (b) 2.1.1.4 Dehnungsverhalten von Beton bei hohen Temperaturen Das Verhalten von Beton unter hoher Temperaturbeanspruchung wird durch die einzelnen Komponenten – Zuschlag und Zementleim – bestimmt. Desweiteren hängt das Verhalten sehr stark davon ab, ob die Erhitzung in unbelastetem oder belastetem Zustand erfolgt. Dies trifft vor allem für auf Druck belastete Bauteile zu. 0 100 200 300 400 500 600 700 800 Temperaur [°C] -12 -8 -4 0 4 8 12 G es am tv er fo rm un g [‰ ] Anderberg & Thelandersson 1976 σ=0 σ=−0.225⋅fc σ=−0.45⋅fc σ=−0.675⋅fc LITS (a) 0 200 400 600 800 1000 Temperatur [°C] 0 4 8 12 16 20 24 W är m ed eh nu ng [‰ ] Quarz (Schneider 1982) Sandstein (Schneider 1982) Kalkstein (Schneider 1982) Basalt (Schneider 1982) Blähton (Schneider 1982) (b) Abbildung 2.6 Gesamtdehnung des Betons bei Erhitzung in unbelastetem und belastetem Zustand (einachsige Stauchung) (a) und Wärmedehnung von Beton mit unterschiedlichen Zuschlägen (b) Die Abbildung 2.6a stellt die Verformung eines erhitzten Betonzylinders unter unterschiedli- cher einachsiger Druckbelastung dar (Anderberg & Thelandersson 1976). Im unbelasteten Zustand ist ausschließlich eine positive Dehnung zu erkennen. Diese Ausdehnung wird hauptsächlich durch die thermische Instabilität und das Spalten der Zuschläge verursacht. Wird der Beton zuerst belastet und anschließend erhitzt, werden bei kleinem Belastungsgrad 26 Stand der Wissenschaft (σ/fc < 20%) bis ca. 500°C ebenfalls positive Dehnungen gemessen, allerdings deutlich klei- nere Werte als im unbelasteten Fall. Mit zunehmender Temperatur geht die Dehnung in eine Stauchung über. Bei größerer Belastung vor der Erhitzung (σ/fc < 45%) tritt keine Ausdeh- nung mehr auf, d.h. die Dehnungen bleiben im negativen Bereich. Aus Abbildung 2.6a ist zu erkennen, dass bei einer Belastung, die etwa 45% der Kaltdruckfestigkeit beträgt, ein früh- zeitiges Versagen zwischen 500 und 600°C auftreten kann, das sich als plötzliche, starke Zunahme der negativen Verformung auswirkt. Wärmedehnung Die Ausdehnung von Beton im unbelasteten Zustand wird in der Literatur als Wärmedeh- nung, neuerdings auch als ‚freie thermische Dehnung‘ bezeichnet (Khoury 2006). Den ent- scheidenden Einfluss auf die Wärmedehnung des Betons hat der Zuschlag. Wie in Abbildung 2.6b (Schneider 1982) dargestellt, ist die Wärmedehnung schon bei niedrigen Temperaturen eine stark nichtlineare Funktion der Temperatur. Ab etwa 600°C dehnt sich der Beton nicht mehr aus. Nach den Untersuchungen von Schneider (1982) erfährt Quarzbeton die größte Wärmedehnung, Blähtonbeton die geringste. Dazwischen liegen Sandstein-, Kalkstein- und Basaltbeton. Ferner ist eine sehr starke Streuung der gemessenen Dehnungen von Betonen mit unterschiedlichen Zuschlagarten zu beobachten. Der Unterschied zwischen der größten und der kleinsten Dehnung bei 800°C beträgt ca. 300%. Bei anschließender Abkühlung nimmt die Wärmedehnung wieder ab, dies hängt jedoch von der Maximaltemperatur bei der Erhitzung ab. Die Versuche von Khoury (2006) zeigen, dass bei den Proben, die bis 400°C erhitzt wurden, nach der Abkühlung eine Schrumpfung zu beobachten war. Bei Proben, die auf höhere Temperaturen erhitzt wurden, war nach der Abkühlung eine bleibende Expansion festzustellen. Last-induzierte thermische Dehnung Als ‚last-induzierte thermische Dehnung‘ (LITS, engl. load-induced thermal strain, Khoury 2006) wird der Unterschied zwischen Dehnungen im unbelasteten und belasteten Zustand nach Abzug der elastischen Dehnung bezeichnet (siehe Abbildung 2.6a). Sowohl Zuschlag- art als auch Zementstein haben keinen großen Einfluss auf die LITS, da sie hauptsächlich aus der C-S-H Struktur des Betons stammt (Khoury 2006). Die LITS steht in einer nichtlinea- ren Abhängigkeit zur Temperatur und ist bis zu etwa 30% der Kaltfestigkeit eine nahezu line- are Funktion der Spannung. Trägt man die gemessene last-induzierte thermische Dehnung über der Temperatur auf, bekommt man eine sog. ‚Master LITS‘ Kurve, die für Betone mit unterschiedlichen Zuschlägen gültig ist (Abbildung 2.7a). Stand der Wissenschaft 27 0 100 200 300 400 500 600 Temperatur [°C] -12 -10 -8 -6 -4 -2 0 D eh nu ng [‰ ] σ=−0.1⋅fc (Khoury 2006) σ=−0.2⋅fc (Khoury 2006) σ=−0.3⋅fc (Khoury 2006) (a) 0 100 200 300 400 500 600 Temperatur [°C] 0 10 20 30 40 D re hu ng sw in ke l [ R ad ./m x 1 0- 3 ] Thelanderson 1974 Total LITS Temperaturabhängige Dehnung Kriechen Elastische Dehnung (b) Abbildung 2.7 Master LITS Kurve nach Khoury (2006) (a) und verschiedene Komponenten der LITS in einem Torsi- onstest (Thelanderson 1974) (b) Die mit Abstand größte Komponente von LITS ist temperaturabhängiges Kriechen (engl. transient strain/creep), siehe dazu Abbildung 2.7b. Es findet ausschließlich bei erster Erhit- zung unter Last statt und nicht bei anschließender Abkühlung/Entlastung. Weiterhin hängt es ausschließlich von der Temperatur ab und nimmt nach 100°C rapide zu. Weitere Komponen- ten von LITS sind nach Khoury (2006) zeitabhängiges Kriechen (engl. time-dependent creep) und Trocknungskriechen (engl. drying creep). Auch diese Komponenten nehmen bei der Abkühlung/Entlastung nicht ab und stellen somit eine dauerhafte Schädigung des Betons dar. 2.1.2 Modellierung des Betons unter Brandbeanspruchung Die Modellierung des Betons unter hohen Temperaturen ist ein sehr komplexes Thema, da nicht nur das quasi-spröde Verhalten von Beton richtig abgebildet werden muss, sondern auch die unter hohen Temperaturen auftretenden Effekte, wie verschiedene thermische Dehnungen oder temperaturbedingter Feuchtigkeitstransport, der unter Umständen zum Aufbau eines hohen Porendrucks im Beton führen kann. Zurzeit existieren 2 grundsätzliche Gruppen von Modellen, die versuchen, das Verhalten von Beton bei hohen Temperaturen zu beschreiben: i) thermo-mechanische Modelle und ii) thermo-hygro-mechanische Modelle. Bei den thermo-mechanischen Modellen handelt es sich um einen rein phänomenologischen Ansatz. Eine Finite-Elemente-Berechnung nach diesem Ansatz setzt sich meistens aus zwei Schritten zusammen. Im ersten Schritt wird für die gesamte Dauer der Erhitzung bzw. Branddauer die Verteilung der Temperatur in einem Betonbauteil berechnet. Hierzu wird die sog. instationäre quasi-harmonische Gleichung verwendet (Zienkiewicz 1977), nach welcher 28 Stand der Wissenschaft die Temperatur T lediglich von der Temperaturleitfähigkeit (λ), der spezifischen Wärmekapa- zität (C) und der Rohdichte (ρ) eines Baustoffs beeinflusst wird. Als Ergebnis dieses Berech- nungsschrittes ist die Temperatur T in jedem finiten Element zu jedem Zeitpunkt t bekannt. Im zweiten Berechnungsschritt führt man anschließend eine gewöhnliche Gleichgewichts- analyse durch, nur mit der Ausnahme, dass neben der Belastung in Form von Lasten bzw. Verschiebungen auch die Belastung infolge Temperatur in jedem finiten Element berücksich- tigt wird. Diese Temperaturbelastung entspricht, je nach Modell, der Entwicklung zusätzlicher Dehnungen und/oder der Abnahme der mechanischen Betoneigenschaften. Das Ergebnis dieses Berechnungsschrittes sind Spannungen und Dehnungen in jedem Element und somit eine gegebenenfalls aufgetretene Schädigung im Beton. Der Vorteil der thermo-mechanischen Modelle ist ihre relativ einfache Umsetzung und der deutlich geringere Rechenaufwand gegenüber den thermo-hygro-mechanischen Modellen. Der Nachteil wiederum entsteht gerade infolge unterschiedlicher Vereinfachungen. So wer- den in diesen Modellen die durch hohe Temperaturen bedingten Phänomene Feuchtetrans- port und Phasenumwandlung des freien, chemisch und physikalisch gebundenen Wassers vollkommen vernachlässigt. Daher ist die berechnete Verteilung der Temperatur im Bauteil nur bedingt realistisch, da ein Teil der in den Beton durch die Erhitzung eingeleiteten thermi- schen Energie für die Verdampfung des im Beton vorhandenen Wassers verwendet wird. Ohne Berücksichtigung des Porendruckes kann das Phänomen der explosionsartigen Be- tonabplatzungen nicht simuliert werden, und Porendruck entsteht durch den vernachlässig- ten Feuchtetransport. Desweiteren hat eine während der Erhitzung im Beton hervorgerufene Schädigung bzw. das Auftreten von Rissen keinen Einfluss auf die Verteilung der Tempera- tur, da diese Temperaturverteilung in einem abgetrennten Berechnungsschritt ermittelt wird. Dies kann auch zu einer teilweise unrealistischen Temperaturverteilung führen. Die Modelle der zweiten Gruppe, sog. thermo-hygro-mechanische Modelle stellen eine Wei- terentwicklung der thermo-mechanischen Modelle dar. Hier werden die physikalischen Pro- zesse, die auf der Mikroebene stattfinden, miteinander gekoppelt. Somit besteht eine Interak- tion zwischen den mechanischen Eigenschaften, der Temperatur, der Feuchtigkeit, des Po- rendruckes, der Hydratation, usw. Der Vorteil dieser Modelle ist die Tatsache, dass sie eine realitätsnahe Simulation des Betonverhaltens unter hohen Temperaturen ermöglichen, da alle auftretenden Prozesse berücksichtigt werden. Der Nachteil ist nicht nur der sehr große Rechenaufwand, der eine detaillierte FE-Berechnung mit den derzeit zur Verfügung stehen- den Rechenkapazitäten fast unmöglich macht, sondern auch die Tatsache, dass viele physi- kalische Prozesse, die unter hohen Temperaturen stattfinden, nicht ausreichend untersucht Stand der Wissenschaft 29 sind. Die Komplexität dieser Prozesse erfordert daher viele Annahmen, die u.U. nicht ent- sprechend abgesichert sind und daher zu falschen Ergebnissen führen können (z.B. Trans- port von Wasser und Wasserdampf in beschädigtem Beton bei hohen Temperaturen). Trotz- dem ist sich die internationale Forschungsgemeinschaft einig, dass nur eine derartige Stra- tegie zu einer realistischen Modellierung von Beton unter hohen Temperaturen führen kann. Mit realistischen Modellen von Beton unter Brandbeanspruchung befasst man sich einge- hend erst in den letzten 30 Jahren. Anderberg & Thelandersson (1976) schlugen einen ein- dimensionalen Ansatz zur Abbildung des instationären Kriechens vor. In diesem Modell ist die thermische Dehnungsgeschwindigkeit (ε ) abhängig vom Verhältnis der vorhandenen Druckspannung zur Betondruckfestigkeit ( cc/ fσ ). Auf diese Weise wird die sog. Last indu- zierte thermische Dehnung (LITS) berücksichtigt. Unter Zugbelastung wird ein sprödes Ver- sagen des Betons nach Erreichen der Zugfestigkeit angenommen. Das Modell wird im Rah- men der Plastizitätstheorie formuliert. In einer anschließenden Publikation wird von Thelandersson (1987) das 1D-Modell auf ein 3D-Modell erweitert. Hierzu wird die Geschwin- digkeit des thermischen Kriechens (thermal strain rate) mit jeweils einer volumetrischen und einer deviatorischen Spannungskomponente berechnet. Auch Schneider (1988) befasst sich mit der Modellierung des instationären Kriechens des Betons unter hohen Temperaturen. Den Vorschlägen von Khoury (1985) folgend, teilt er die Last induzierte thermische Dehnung in eine elastische und eine plastische Komponente auf. Alle übrigen unter hohen Temperaturen entstandenen Dehnungen werden als instationäres Kriechen bezeichnet. De Borst & Peters (1989) bauen ihr Modell auf das Modell von Thelandersson (1987) auf. Der wesentliche Unterschied besteht in der Formulierung der Materialgesetze für Beton unter hohen Temperaturen im Rahmen der Theorie der verschmierten Risse (smeared crack mo- del). Ferner testen sie verschiedene Strategien für die Zeitintegration und schlagen die Ver- wendung einer impliziten Integrationsmethode vor. Khenanne & Baker (1993) stellen ein weiteres nichtlineares Modell für Beton unter hohen Temperaturen vor, allerdings leiten sie nur Ausdrücke für eine einachsige Stauchung ab. Der Hauptvorteil dieses Modells ist die einfache Implementierung im Rahmen der Plastizitätsthe- orie. Bazant & Kaplan (1996) stellen auf den Grundlagen der Arbeit von Bazant & Thonguthai (1978) das erste thermo-hygro-mechanische Modell auf. Hierin werden die thermo- 30 Stand der Wissenschaft mechanischen Formulierungen mit einem Massentransport gekoppelt. Der Zustand und der Transport der Feuchtigkeit werden durch ein vereinfachtes, „1-Phasen-Modell“ beschrieben, das anhand von Versuchsergebnisse verifiziert und kalibriert wird. Weiterhin wird eine Funk- tion vorgeschlagen, die die Abnahme der Permeabilität mit zunehmender Temperatur und für unterschiedliche Feuchtegehalte beschreibt. Auf weitere Einzelheiten dieses Modells wird später in dieser Arbeit noch eingegangen. 0 50 100 150 200 250 Temperatur [°C] 0.01 0.1 1 10 100 1000 P er m ea bi lit ät x 10 -1 2 [ m /s ] h=0.4 h=0.8 h=1.0 h=0.6 0 0.5 1 1.5 2 Relative Porenfeuchtigkeit p/ps 0 0.1 0.2 0.3 0.4 Fr ei es W as se r/Z em en t ( G eh al t) 20°C 100°C 200°C 300°C 400°C 60°C 150°C 20°C 60°C 100°C 150°C 200°C Rohdichte Beton: 2300 kg/m3 Zement Gehalt: 300 kg/m3 Freies Wasser Gehalt: 300 kg/m3 (a) (b) Abbildung 2.8 Modellannahmen nach Bazant & Thonguthai (1978) – Permeabilität als Funktion der Temperatur (a) und Wassergehalt als Funktion der relativen Porenfeuchtigkeit (Saturationszustand) für unterschiedli- che Temperaturen (b) Tenchev et al. (2001) erweitern das Modell von Bazant & Kaplan (1996) um einen gekoppel- ten Wärme- und Feuchtetransport im Beton, indem sie den Zustand des Porenwassers in Beton durch 2 Phasen simulieren. Dadurch werden in jedem Zeitschritt die Gleichungen für die Flüssigwassererhaltung und die Wasserdampferhaltung gleichzeitig gelöst. In einem nu- merischen Beispiel traten Porendruckspannungen von bis zu 8 N/mm2 auf. Ein Modell zur Durchführung der Gleichgewichtsanalyse des Betons unter hohen Temperaturen liegt nicht vor und es ist damit unklar, wie der berechnete Porendruck zur Berechnung von Spannun- gen und Dehnungen verwendet werden soll. Eine weitere Verfeinerung des Modells für Wärme- und Feuchtetransport von Bazant & Kap- lan (1996) sowie dessen Anwendung auf Beton unter hohen Temperaturen wird in den Ver- öffentlichungen von Gawin et al. (1999, 2002, 2005, 2006) vorgestellt. Es wird ein sehr de- tailliertes Modell zur Berechnung des Feuchtetransports unter Berücksichtigung beider Was- serphasen (flüssig und gasförmig), der Verdampfung bzw. der Kondensation, der Adsorption bzw. der Desorption, der Änderung der Porosität infolge Dehydration und Deformation, der thermo-chemischen Schädigung und der mechanischen Schädigung beschrieben. Daraus ergibt sich ein System von sieben Gleichungen, die in jedem Zeitschritt gleichzeitig gelöst Stand der Wissenschaft 31 werden müssen. Die detaillierte Modellierung führt zu teilweise schwer nachvollziehbaren Gleichungen mit vielen Koeffizienten, die angenommen werden müssen ohne durch Versu- che bestätigt zu sein. Das Modell liefert für Normalbeton und für sehr dichte, hochfeste Beto- ne Porendruckspannungen, die im Bereich von 0.5 bis 1.5 N/mm2 liegen. Daher wird von den Autoren der Porendruck nicht als Hauptursache der explosiven Betonabplatzungen angese- hen. 2.1.3 Zusammenfassung Anhand der kurzen Literaturauswertung in diesem Abschnitt ist ersichtlich, dass hohe Tem- peraturen einen starken Einfluss auf das Verhalten von Beton aufweisen. Die einzelnen Be- tonkomponenten reagieren unterschiedlich auf den Temperaturanstieg: Wasser verdunstet, Zuschlag und Zementstein dehnen sich unterschiedlich stark aus. Dies führt zu Kompatibili- tätsproblemen, Gewichtsverlust und Mikrorissbildung, was sich negativ auf die Betoneigen- schaften auswirkt. Vor allem die mechanischen Eigenschaften wie Elastizitätsmodul, Zug- und Druckfestigkeit nehmen mit zunehmender Temperatur stark ab. Das Dehnungsverhalten des Betons unter hohen Temperaturen wird ebenfalls stark beein- flusst. Im unbelasteten Zustand dehnt sich der Beton frei aus. Die Wärmedehnung ergibt sich als Summe der Ausdehnung der einzelnen Komponenten. Sie ist stark vom Betonzuschlag abhängig und nimmt bei anschließender Abkühlung ab. Wird der Betonkörper jedoch vor der Brandbeanspruchung auf Druck belastet, wird die Ausdehnung des Betons reduziert und kann u.U. in eine Stauchung übergehen. Die Hauptursache für dieses Verhalten ist das tem- peraturabhängige Kriechen, das aus der C-S-H Struktur des Betons resultiert. Diese Deh- nungskomponente wird in der englischen Literatur als „load induced thermal strain“ bezeich- net. Sie findet nur bei der ersten Erhitzung des Betons statt und ist irreversibel. Bei der Modellierung von Beton unter Brandbeanspruchung wird zwischen Modellen, bei denen der Focus auf den Temperatur- und Wassertransport im Beton gesetzt wird, und den thermo-mechanischen Modellen, die unter Berücksichtigung vereinfachter Temperaturbe- rechnungen das mechanische Verhalten des Betons unter hohen Temperaturen zum Schwerpunkt haben, unterschieden. Bei der Beschreibung der Transportprozesse werden 1- und neuerdings 2-phasige Modelle verwendet. Sie liefern Aussage über den möglicherweise auftretenden Porendruck, allerdings wird die anschließende Gleichgewichtsanalyse mit stark vereinfachten mechanischen Modellen für Beton durchgeführt. Die Frage, inwieweit der be- rechnete Porendruck die Tragfähigkeit des Betons beeinflusst, bleibt daher offen. 32 Stand der Wissenschaft Die vorhandenen Modelle ermöglichen daher keine vollständige Simulierung des Betonver- haltens unter hoher Temperatur, vor allem komplizierte gekoppelte Prozesse wie z.B. die explosionsartige Betonabplatzung können nicht befriedigend berechnet werden. Modelle, die sowohl Transportphänomena als auch die mechanische Antwort des Betons berücksichtigen, fehlen derzeit. 2.2 Tragverhalten von Befestigungen 2.2.1 Einführung in die moderne Befestigungstechnik Im Bereich der Bautechnik ist es oft erforderlich, Lasten in Bauteile aus Stahlbeton einzulei- ten oder Bauteile miteinander zu verbinden. Diese Aufgaben werden heutzutage mit Hilfe von sogenannten Befestigungselementen gelöst, die im Rahmen der Befestigungstechnik entwickelt und untersucht werden. Nach Eligehausen et al. (2006) unterscheidet man Befestigungen unter anderem nach der Art, wie die angreifende Last in das Bauteil eingeleitet wird. Typische Wirkungsprinzipien sind Formschluss, Reibschluss und Stoffschluss (siehe Abbildung 2.9). Beim Formschluss werden die Lasten über mechanische Verzahnung zwischen Befestigungselement und An- kergrund übertragen. Der Reibschluss ist das Wirkungsprinzip der Spreizdübel - beim Setzen wird eine Spreizkraft erzeugt, die eine Reibkraft zwischen Dübel und Bohrlochwand hervor- ruft. Diese Reibkraft widersteht der äußeren Zugkraft. Im Fall des Stoffschlusses wird die Last in den Ankergrund durch Verbund eingeleitet, bzw. durch eine Kombination zwischen Adhäsion und Mikroverzahnung. Formschluss Reibschluss Stoffschluss Abbildung 2.9 Wirkungsprinzipien von Befestigungen Stand der Wissenschaft 33 Eine weitere Unterteilung der Befestigungselemente erfolgt nach der Art der Montage (Elige- hausen et al. 2006). Man unterscheidet zwischen der Einlegemontage und der nachträgli- chen Montage. Bei der Einlegemontage werden Befestigungen vor dem Betonieren eines Bauteils installiert, demgegenüber erfolgt bei der nachträglichen Montage das Setzen des Befestigungselementes (z.B. Dübels) in das bereits fertiggestellte, ausgehärtete Betonbau- teil. Typische Befestigungen für die Montageart Einlegemontage sind Kopfbolzen, Ankerschie- nen, Transportanker und gebogene Bewehrungsstäbe mit aufgepresster Gewindehülse (sie- he Abbildung 2.10). Diese Befestigungen übertragen die Last durch Formschluss. Der Vorteil von Einlegeteilen ist gutes Tragverhalten sowohl in ungerissenem als auch gerissenem Be- ton und niedrige Kosten. Weiterhin kann zusätzliche Bewehrung um das Befestigungsele- ment eingebaut werden, da diese Befestigungen vor dem Gießen des Betons installiert wer- den. Dadurch kann die Tragfähigkeit des Ankers deutlich erhöht werden. Der Nachteil von Einlegeteilen ist die Tatsache, dass der genaue Ort des Befestigungselements schon in der Planungsphase bekannt sein muss. Kopfbolzen Ankerschiene Transportanker gebogene Bewehrungsstähle Abbildung 2.10 Typische Befestigungen für die Einlegemontage Nachträglich montierte Befestigungen werden in den ausgehärteten Ankergrund entweder durch Direktmontage oder in vorgebohrte Löcher gesetzt. Bei der Direktmontage werden Bolzen oder Nägel durch Kartuschenenergie oder pneumatisches Einwirken in den Anker- grund eingetrieben. Beim Eindringen der Bolzen wird Material verdrängt, wodurch in unmit- telbarer Umgebung des Bolzens hohe Druckspannungen entstehen und außerdem eine Ver- dichtung des Betons stattfindet. Im Fall von sehr weichem Ankergrund (z.B. Porenbeton) werden speziell konstruierte Befestigungen eingesetzt, die auf eine Bohrung verzichten kön- 34 Stand der Wissenschaft nen. In den meisten Fällen ist es jedoch notwendig, vor dem Setzen der Dübel Löcher in den Ankergrund zu bohren. Die zunehmende Verwendung von nachträglichen Befestigungsmit- teln ist insbesondere dem Fortschritt in der Bohrtechnologie in den letzten Jahrzehnten zu- zuschreiben. Der Hauptvorteil nachträglich montierter Befestigungen ist die Flexibilität, die sie in der Pla- nungs- sowie in der Ausführungsphase ermöglichen. Grundsätzlich unterscheidet man drei Montagearten (Abbildung 2.11): Vorsteck-, Durchsteck- und Abstandsmontage. Bei der Vor- steckmontage wird der Dübel in den Ankergrund gesetzt bevor das Anbauteil angeschraubt wird. Bei der Durchsteckmontage wird der Dübel durch das Anbauteil montiert, d.h. das An- bauteil wird als Bohrschablone verwendet. Wird das Anbauteil in einem bestimmten Abstand zur Bauteiloberfläche druck- und zugfest fixiert, spricht man von einer Abstandsmontage. Vorsteckmontage Durchsteckmontage Abstandsmontage Abbildung 2.11 Montagearten von nachträglich montierten Befestigungen Nachträglich montierte Befestigungen, die in gebohrte Löcher gesetzt werden, können in folgende Befestigungssysteme gegliedert werden: Metallspreizdübel, Hinterschnittdübel, Betonschrauben, Verbunddübel, Deckenabhänger und Kunststoffdübel (Abbildung 2.12). Metallspreizdübel, Deckenabhänger und Kunststoffdübel tragen überwiegend durch Reib- schluss, Hinterschnittdübel und Betonschrauben durch Formschluss und Verbunddübel lei- ten die Last durch Stoffschluss ein. Metallspreizdübel werden in zwei Gruppen eingeteilt: drehmomentkontrolliert und wegkon- trolliert spreizende Dübel. Bei der ersten Gruppe wird beim Aufbringen des erforderlichen Drehmoments der Spreizkonus in die Spreizhülse eingezogen, wodurch die Spreizhülse auf die Bohrlochwand drückt. Dadurch entstehen sog. Spreizkräfte – parallel zur Bauteiloberflä- che einwirkende Radialkräfte, die eine hohe Reibung zwischen dem Dübel und dem Beton- bauteil gewährleisten. Bei den wegkontrolliert spreizenden Dübeln wird mit einem entspre- chendem Setzwerkzeug der Spreizkonus in die Spreizhülse eingeschlagen, bzw. bei man- chen Systemen wird die Spreizhülse über dem Konus aufgetrieben. Stand der Wissenschaft 35 Metalldübel Drehmomentkontrolliert spreizende Dübel Wegkontrolliert spreizende Dübel Hinterschnittdübel Betonschrauben Verbunddübel Kunststoffdübel Deckenabhänger Abbildung 2.12 Befestigungssysteme für die nachträgliche Montage 36 Stand der Wissenschaft Neuerdings gibt es auch kombinierte Befestigungssysteme, wie z.B. Verbundspreizdübel oder Verbundhinterschnittdübel, die die unterschiedlichen Wirkungsprinzipien kombinieren. Detaillierte Beschreibungen verschiedener Befestigungselemente sowie deren Kraftübertra- gungsmechanismen können Eligehausen et al. (2006) entnommen werden. 2.2.2 Tragverhalten von Befestigungen unter normalen Temperaturbedingungen Das Tragverhalten von Befestigungen wird durch das Lastverschiebungsverhalten und die Versagensart bestimmt. Unterschiedliche Befestigungssysteme weisen unterschiedliches Tragverhalten auf, das außerdem eine Funktion unterschiedlicher geometrischer Eigenschaf- ten, Material- und Umgebungsparameter ist. Das Tragverhalten von Befestigungen wird in Eligehausen et al. (2006) ausführlich beschrieben, nachfolgend wird eine kurze Übersicht gegeben. Die Beanspruchung von Befestigungen kann in Zuglasten, Querlasten und Querlasten mit Biegung eingeteilt werden (siehe Abbildung 2.13). Ferner sind auch Kombinationen dieser Lasteinwirkungen möglich. Zuglast Querlast Querlast mit Biegung Abbildung 2.13 Lasteinwirkungen auf Befestigungen Bei den durch eine Zugkraft belasteten Befestigungen unterscheidet man folgende Versagensarten: Herausziehen, Durchziehen, Betonausbruch, Spalten und Stahlversagen. Beim Herausziehen wird der ganze Anker aus dem Bohrloch herausgezogen, dabei wird der Beton in der Umgebung des Ankers nur wenig oder gar nicht beschädigt (siehe Abbildung 2.14a). Die Ursache für diese Versagensart ist die nicht ausreichende Reibung zwischen Anker und Bohrlochwand bei Metalldübeln, Kunststoffdübeln und Deckenabhängern bzw. Versagen des Mörtels bei Verbundankern. Das Durchziehen ist beschränkt sich auf Metall- dübel. Bei diesem Versagen wird der Spreizkonus durch die Spreizhülse hindurchgezogen, dabei verbleibt die Spreizhülse im Bauteil (Abbildung 2.14b). Stand der Wissenschaft 37 Der Betonausbruch tritt infolge Überschreitung der Zugtragfähigkeit des Betons auf und ist durch einen kegelförmigen Ausbruchkörper charakterisiert. Bei randnahen Befestigungen wird der Betonkegel durch den Rand begrenzt, was zu einer Verminderung der Tragfähigkeit führt (Abbildung 2.14c). Ist die Befestigung sehr nah am Rand gesetzt, kann ein lokaler Be- tonausbruch erfolgen (sog. Blow-out – siehe Abbildung 2.14c, rechts). Bei Gruppenbefesti- gungen können sich die einzelnen Betonausbruchkegel überschneiden. Dies hat einen nega- tiven Einfluss auf die Gruppentragfähigkeit. Die mittlere Tragfähigkeit der Befestigungen für Betonausbruch lässt sich mit Gleichung (2.1) berechnen: c ,N0 u,c u,c s ,N ec ,N re,.N ucr ,N0 c ,N A N N A Ψ Ψ Ψ Ψ= ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ (2.1) mit = ⋅ ⋅0 1.5u ,c cc efN 15.5 f h - mittlere Tragfähigkeit einer Einzelbefestigung ohne Rand- und Brandeinfluss; gilt für Kopfbolzen – bei Dübeln wird mit dem Vorfaktor 13.5 gerechnet hef – Verankerungstiefe der Befestigung in [mm]; fcc – mittlere Würfeldruckfestigkeit von Beton in [N/mm2]. = ⋅0 2c ,N efA 9 h - projizierte Fläche des Ausbruchkörpers einer Einzelbefestigung ohne Randein- fluss auf der Betonoberfläche; Dabei wird der Ausbruchkörper als eine Pyramide mit Höhe hef und Seitenlänge der vierkantigen Basis 3 · hef; c,NA - tatsächlich vorhandene projizierte Fläche des Ausbruchkörpers der Befestigung; = + ≤⋅ 1 s ,N ef c0.7 0.3 1.0 1.5 h Ψ - Faktor zur Berücksichtigung der Störung des rotationssym- metrischen Spannungszustands bei einer Befestigung mit Randabstand c1; ec ,N N ef 1 1.0 1 2 e / (3 h ) Ψ = ≤+ ⋅ ⋅ - Faktor zur Berücksichtigung des Einflusses der unter- schiedlichen Zugkräften, die auf die jeweiligen Dübeln einer Gruppe wirken; ef re ,N h0.5 1.0 200 Ψ = + ≤ - Faktor zur Berücksichtigung des Einflusses dichter Oberflächen- bewehrung bei Befestigungen mit kleinen Verankerungstiefen; ucr ,NΨ - Faktor zur Berücksichtigung des Betonzustands (1.0 = ungerissen; 0.7 = gerissen). Spalten des Betons (Abbildung 2.14d) ist eine unerwünschte Versagensart, die hauptsäch- lich bei unterdimensionierten Bauteilen, bei zu nah am Rand gesetzten Befestigungen, die große Spaltkräfte erzeugen, oder Gruppenbefestigungen mit zu kleinem Achsabstand auftritt. 38 Stand der Wissenschaft Stahlversagen (Abbildung 2.14e) stellt die höchste erreichbare Tragfähigkeit eines Befesti- gungselementes dar. (a) Herausziehen (b) Durchziehen (c) Betonausbruch bzw. lokaler Betonausbruch (letzte Abb. rechts) (d) Spalten (e) Stahlbruch Abbildung 2.14 Versagensarten von Befestigungen unter Zugbeanspruchung Die Versagensarten von Befestigungen unter Querbeanspruchung sind Stahlbruch, Beton- kantenbruch, Betonausbruch auf der lastabgewandten Seite und Herausziehen. Befestigun- gen mit großem Randabstand versagen in der Regel durch Stahlbruch (Abbildung 2.15a), wobei es kurz vor dem Erreichen der Höchstlast zum Abplatzen des oberflächennahen Be- tons im Bereich des Befestigungelementes kommen kann. Werden Befestigungen nah am Rand oder in der Ecke angeordnet und in Richtung des Randes belastet, kann ein Betonkan- tenbruch (Abbildung 2.15b) auftreten, eine dem Betonausbruch bei Zugbeanspruchung ähn- liche Bruchart. Auch hier kann der ausbrechende Betonkegel durch weitere Ränder abge- schnitten werden bzw. bei Gruppenbefestigungen können sich einzelne Ausbruchkegel über- lappen. Sehr steife Befestigungen mit kleiner Verankerungstiefe können durch Betonaus- bruch auf der lastabgewandten Seite versagen (Abbildung 2.15c). Herausziehen kann bei Stand der Wissenschaft 39 Metalldübeln auftreten, wenn die Spreizkraft nicht der unter Querbeanspruchung auftreten- den Zugkomponente widerstehen kann (Abbildung 2.15d). (a) Stahlbruch (b) Betonkantenbruch (c) Betonversagen auf der lastabgewandten Seite (d) Herausziehen Abbildung 2.15 Versagensarten von Befestigungen unter Querbeanspruchung 2.2.3 Tragverhalten von Befestigungen unter hohen Temperaturen Das Verhalten von Befestigungen unter Brandbeanspruchung wird hauptsächlich von den Herstellern verschiedener Befestigungsmittel untersucht. Diese Untersuchungen beschrän- ken sich auf einzelne Produkte, da selbstverständlich jeder Hersteller nur eigene Produkte erforscht. Hauptsächlich handelt es sich dabei um Versuche an Befestigungsmitteln, die von verschiedenen Materialprüfungsanstalten in Deutschland durchgeführt werden. Als Versa- gensart wurde bei diesen Versuchen fast ausschließlich Stahlversagen beobachtet, nur bei Verbunddübeln stellte man manchmal Herausziehen fest. Leider sind detaillierte Ergebnisse sowie ein genauer Versuchsaufbau meist nicht veröffentlicht, so fehlen z.B. fast immer die Angaben über die vorhandene Betonfestigkeit. Lediglich die wichtigsten Ergebnisse werden von den Herstellern zugänglich gemacht. Daher ist eine detaillierte Versuchsanalyse er- schwert. Es muss weiterhin angemerkt werden, dass bei diesen Versuchen oft infolge des Versuchsaufbaus Stahlbruch als Versagen „aufgezwungen“ wurde bzw. andere Versagensarten wurden durch den gewählten Versuchsaufbau nahezu ausgeschlossen (z.B. durch eine enge Abstützung). Aus diesen Gründen ist eine genaue Aussage bezüglich der zu erwartenden Versagensart anhand dieser Versuchen nicht mit befriedigender Sicherheit abzuleiten. Versuche, die nicht von den Herstellern der Befestigungselemente durchgeführt wurden gibt es sehr wenig. Paterson (1978) hat Einlegeteile, Spreiz-, Verbund- und Kunststoffdübel an insgesamt 19 Stahlbetonplatten untersucht. Beansprucht wurden die Befestigungen durch 40 Stand der Wissenschaft zentrische Zugbelastung. Alle Befestigungen versagten innerhalb der ersten 60 Minuten, hauptsächlich durch Stahlbruch. Bei Verbundankern trat Verbundversagen auf, Kunststoff- dübel mit kleinen Verankerungstiefen versagten durch Herausziehen. Zitzelsberger (1983) untersuchte 28 Stahlsicherheitsdübel im gerissenen Stahlbetonbalken. Die Dübel wurden in Risse gesetzt und mit einer Zuglast beansprucht, die deutlich niedriger war als die maximal zugelassene Last aus der Zulassung. Als die überwiegende Versagen- sart wurde Herausziehen beobachtet. In Eligehausen et al. (1995) wird über 3 Brandversuche an insgesamt 27 Befestigungen in statisch bestimmt gelagerten Stahlbetonplatten berichtet. Die Platten wurden auf Biegung belastet bis sich Risse auf der Plattenunterseite bildeten. Anschließend wurden die Dübel in die Risse gesetzt, mir der zulässigen Last belastet und dem Brand ausgesetzt. Untersucht wurden Deckenabhänger, Verbunddübel, Hinterschnittdübel und drehmomentkontrolliert spreizende Dübel. Von den 27 Befestigungen versagten 20 durch Stahlbruch, einmal wurde Verbundversagen beobachtet und bei den übrigen 6 Befestigungen trat bis zum Ende des Brandversuchs (130 Min.) kein Versagen auf. Die Zylinderdruckfestigkeit des Betons betrug in diesen Versuchen etwa 60 N/mm2. Die hohe Betonfestigkeit kann als Ursache dafür her- angezogen werden, dass in den Versuche ausschließlich Stahlversagen auftrat. In nachfolgenden Experimenten untersuchten Eligehausen & Reick (1996) 21 Befestigungen, darunter Deckenabhänger, wegkontrolliert spreizende Dübel, Hinterschnittdübel und Kopf- bolzen. Der Versuchsaufbau sowie die Belastung der Stahlbetonplattenplatten bzw. Dübel entsprachen denjenigen aus dem Jahr 1995. Es wurde jedoch eine niedrigere Zylinderdruck- festigkeit des Betons gewählt, sie betrug ca. 25 N/mm2. Sowohl Deckenabhänger, Spreizdü- bel als auch Hinterschnittdübel versagten durch Stahlbruch. Demgegenüber wurde bei Kopf- bolzen Versagen durch Betonausbruch beobachtet. Der Betonausbruch trat jedoch nicht während der Erhitzungsphase auf, sondern während der anschließenden Laststeigerung. Die Tragfähigkeit der Kopfbolzen, die durch Betonausbruch versagten, betrug nach 90 Min. Er- hitzung ca. 50% der Tragfähigkeit im gerissenen Beton unter normaler Temperatur. Stand der Wissenschaft 41 (a) (b) Abbildung 2.16 Versuchsaufbau in den Experimenten von Eligehausen & Reick (1996): Längsschnitt (a) und Quer- schnitt (b) des Ofens Reick (1998) führte weitere 6 Versuche an belasteten Stahlbetonplatten durch. Zum Teil wurden in den Versuchen lediglich Temperaturmessungen vorgenommen, bei 4 Versuchen wurden jedoch auch belastete Befestigungen untersucht. Das Ziel dieser Versuche war, das Verhalten von Befestigungsmitteln speziell hinsichtlich der Versagensart Herausziehen und Betonausbruch zu untersuchen. Daher wurden nur Befestigungsmittel aus nicht-rostendem Stahl (A4-Stahl) und Kohlenstoffstahl (C-Stahl) geprüft, da diese Stähle einen gegenüber Normalstahl erhöhten Feuerwiderstand garantieren. Es wurden drehmomentkontrolliert und wegkontrolliert spreizende Dübel als Einzelbefestigungen sowie eine 4-fach Befestigung mit Hinterschnittdübeln verwendet. Einzelbefestigungen wurden unter der zulässigen Last nach 90 Min. Brandbeanspruchung etwa 3-5 mm aus dem Bohrloch herausgezogen und versag- ten bei anschließender Laststeigerung entweder durch Herausziehen oder durch Betonaus- bruch mit reduzierter Verankerungstiefe. Die Gruppenbefestigung versagte nach 75 Min. Erhitzung durch Betonausbruch. Da die Gruppenbefestigung beim Versagen mit der zulässi- gen Last belastet war, beträgt die Abnahme verglichen mit der Tragfähigkeit im kalten Zu- stand im gerissenen Beton nach 75 Min. Erhitzung mehr als 70 %. 2.2.4 Bemessungsverfahren für Befestigungen unter Brandbeanspruchung 2.2.4.1 Allgemeines Anhand von den beschriebenen Versuchen sowie relativ einfachen numerischen Untersu- chungen erarbeitete Reick (2001) einen Vorschlag für die Bemessung von Befestigungen unter Brandbeanspruchung. Dieser Vorschlag diente als Vorlage für die Erstellung eines Bemessungsverfahrens, das im technischen Report der EOTA (EOTA Technical Report 020, 2004) und der Bemessungsrichtlinie der CEN (Technical Specification 1992-4-1, 2009) über- nommen wurde. Das Bemessungsverfahren gilt nur für Kopfbolzen und Metalldübel, deren 42 Stand der Wissenschaft Eignung für gerissenen Beton nachgewiesen wurde. Es gilt nicht für Verbunddübel. Nachfol- gend wird dieses Bemessungsverfahren beschrieben. Um die bauaufsichtlichen Forderungen für den Brandfall zu erfüllen, werden im Bauingeni- eurwesen üblicherweise bestimmte Anforderungen hinsichtlich der Tragfähigkeit an Bauteile gestellt. Auf der Basis von Prüfungen und ggf. Beurteilungen werden Bauteile in sog. Feuer- widerstandsklassen eingeteilt. Entscheidend hierfür ist die jeweilige Mindestdauer, während- dessen das Bauteil die gestellten Anforderungen erfüllen kann. Um einheitliche und reprodu- zierbare Prüf- und Beurteilungsgrundlagen zu garantieren, wurde die sog. Einheitstempera- tur-Zeitkurve (ETK) definiert, (Abbildung 2.17). Für Normalbrandversuche ist damit der Tem- peraturanstieg im Brandraum als Funktion der Versuchszeit festgelegt. Die Abkühlphase ist nicht definiert, da hierzu baurechtlich zu diesem Zeitpunkt noch keine Anforderungen gestellt wurden. 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Zeit [min] 0 200 400 600 800 1000 1200 Te m pe ra tu r [ °C ] Einheitstemeperaturkurve (ETK) Abbildung 2.17 Normierter Temperaturanstieg im Brandraum für Brandversuche - Einheitstemperaturkurve Die Bemessungsmethode für Befestigungen unter Feuerbeanspruchung lehnt sich an die oben beschriebene Methode mit Feuerwiderstandsklassen unter Berücksichtigung des Tem- peraturanstiegs gemäß der Einheitstemperatur-Zeitkurve an. Weiterhin gilt die Bemessung nur für die Betonkörper, die von einer Seite dem Brand ausgesetzt sind. Wird mehr als eine Seite brandbeansprucht, darf die Bemessung nur durchgeführt werden, wenn der Abstand des Befestigungsmittels zum erhitzten Rand mindestens c ≥ 300 mm und c ≥ 2·hef (hef - ef- fektive Verankerungstiefe) beträgt. Stand der Wissenschaft 43 2.2.4.2 Zugbelastung Stahlversagen Der charakteristische Widerstand für Stahlversagen unter Brandbedingungen ist für Befesti- gungselemente aus C-Stahl bzw. aus nicht-rostendem Stahl (A4) in Tabelle 2.1 bzw. in Tabelle 2.2 angegeben. Anker bzw. Gewinde Durchmesser Verankerungs- tiefe Charakteristische Zugfestigkeit eines ungeschützten Ankers aus C- Stahl für eine Branddauer bis (Feuerwiderstandsklasse R): σRk,s,fi [N/mm²] [mm] [mm] 30 min (R15 to R30) 60 min (R45 and R60) 90 min (R90) 120 min (≤ R120) 6 ≥ 30 10 9 7 5 8 ≥ 30 10 9 7 5 10 ≥ 40 15 13 10 8 ≥ 12 ≥ 50 20 15 13 10 Tabelle 2.1 Charakteristische Widerstände für Stahlversagen bei hohen Temperaturen von Ankern aus C-Stahl (CEN TS 1992-4-1, 2009) Anker bzw. Gewinde Durchmesser Verankerungs- tiefe Charakteristische Zugfestigkeit eines ungeschützten Ankers aus A4- Stahl für den Branddauer bis (Feuerwiderstandsklasse R): σRk,s,fi [N/mm²] [mm] [mm] 30 min (R15 to R30) 60 min (R45 and R60) 90 min (R90) 120 min (≤ R120) 6 ≥ 30 10 9 7 5 8 ≥ 30 20 16 12 10 10 ≥ 40 25 20 16 14 ≥ 12 ≥ 50 30 25 20 16 Tabelle 2.2 Charakteristische Widerstände für Stahlversagen bei hohen Temperaturen von Ankern aus A4-Stahl (CEN TS 1992-4-1, 2009) 44 Stand der Wissenschaft Herausziehen Der charakteristische Widerstand von Befestigungen für Herausziehen unter 90 Min. Brand- einfluss in Beton der Klassen C20/25 bis C50/60 ist mit Gleichung (2.2) zu ermitteln. Für eine Branddauer zwischen 90 Min. und 120 Min. wird der charakteristische Widerstand mit Glei- chung (2.3) errechnet. Rk,p,fi (90 ) Rk,pN 0.25 N= ⋅ (2.2) Rk,p,fi(120) Rk,pN 0.20 N= ⋅ (2.3) Rk,pN - charakteristischer Widerstand für Herausziehen bei Normaltemperatur; Werte aus der produktspezifischen Zulassung (z.B. ETA). Betonausbruch Der charakteristische Widerstand einer Einzelbefestigung 0Rk,c,fiN ohne Rand- oder Gruppen- einfluss in Beton der Klassen C20/25 bis C50/60 kann je nach Branddauer mit Gleichung (2.4) bzw. (2.5) ermittelt werden. Der Einfluss von Rändern oder von mehreren Ankern wird nach dem CC-Verfahren berechnet, wobei charakteristischer Rand- ccr,N und charakteristi- scher Achsabstand scr,N gegenüber dem „kalten“ Zustand (scr,N = 2·ccr,N = 3·hef) im Brandfall auf scr,N = 2·ccr,N = 4·hef erhöht werden. 0 0 0ef Rk ,c ,fi ( 90 ) Rk ,c Rk ,c hN N N 200 = ⋅ ≤ bis 90 Min. Branddauer (2.4) 0 0 0ef Rk ,c,fi (120 ) Rk ,c Rk ,c hN 0.8 N N 200 = ⋅ ⋅ ≤ Branddauer zwischen 90 und 120 Min. (2.5) efh - Verankerungstiefe in mm 0 Rk ,cN - charakteristischer Widerstand einer Einzelbefestigung bei Normaltemperatur (nach produktspezifischer Zulassung, z.B. ETA); für Kopfbolzen gilt: 0 1.5Rk ,c cc efN 8 f h= ⋅ ⋅ Spalten Die Versagensart Spalten muss nach dieser Bemessungsmethode nicht nachgewiesen wer- den, da angenommen wird, dass die vorhandene Bewehrung die ggf. durch die Erhitzung entstehenden Spaltkräfte aufnehmen kann. Stand der Wissenschaft 45 2.2.4.3 Querbelastung Stahlversagen Für die Versagensart Stahlversagen unterscheidet man zwischen Querbelastung mit und ohne Hebelarm. Wird ein Dübel mit einer Querlast ohne Hebelarm belastet, so kann der cha- rakteristische Widerstand σRks,fi je nach Stahlgüte aus Tabelle 2.1 oder Tabelle 2.2 entnom- men werden. Für den Fall Querlast mit Hebelarm kann die Bemessung entsprechend der produktspezifischen Zulassung durchgeführt werden. Der charakteristische Biegewiderstand soll dabei nach Gleichung (2.6) ermittelt werden. 0 Rk ,s,fi el Rk ,s,fiM 1.2 W σ= ⋅ ⋅ (2.6) Rk ,s,fiσ - aus Tabelle 2.1 und Tabelle 2.2. Betonausbruch auf der lastabgewandten Seite Der charakteristische Widerstand für die Versagensart Betonausbruch auf der lastabgewand- ten Seite unter Brandbeanspruchung kann mit den Gleichungen (2.7) und (2.8) berechnet werden. Rk ,cp ,fi ( 90 ) Rk ,c ,fi ( 90 )V k N= ⋅ bis 90 Min. Branddauer (2.7) Rk ,cp ,fi (120 ) Rk ,c ,fi (120 )V k N= ⋅ Branddauer zwischen 90 und 120 Min. (2.8) k – Faktor aus der produktspezifischen Zulassung (z.B. ETA) für die Bemessung von Beton- ausbruch auf der lastabgewandten Seite bei Normaltemperatur, im allgemeinem k = 2 Rk,c,fi (90 )N , Rk,c,fi (120 )N - charakteristische Widerstände nach den Gleichungen (2.4) und (2.5) Betonkantenbruch Der charakteristische Widerstand für Betonkantenbruch einer Einzelbefestigung bei hoher Temperatur wird nach den Gleichungen (2.9) und (2.10) ermittelt. Die Einflüsse von weiteren Rändern, Ankern oder der Bauteildicke auf den charakteristischen Widerstand werden mit dem CC-Verfahren berechnet. 0 0 Rk ,c,fi ( 90 ) Rk ,cV 0.25 V= ⋅ bis 90 Min. Branddauer (2.9) 46 Stand der Wissenschaft 0 0 Rk,c,fi (120 ) Rk,cV 0.20 V= ⋅ Branddauer zwischen 90 und 120 Min. (2.10) 0 Rk ,cV - charakteristischer Widerstand von Einzelbefestigungen für Betonkantenbruch bei Normaltemperatur (nach produktspezifischer Zulassung, z.B. ETA) 2.2.4.4 Kombinierte Zug- und Querbelastung Im Fall einer kombinierten Zug- und Querbelastung wird die Bemessung unter Brandbean- spruchung entsprechend den Angaben in der produktspezifischen Zulassung wie für den Fall ohne Temperatureinfluss durchgeführt. 2.2.5 Zusammenfassung Moderne Befestigungstechnik bietet zuverlässige Möglichkeiten, Lasten in Stahlbetonbautei- le einzuleiten oder sie miteinander zu verbinden. Unter normaler Temperatur ist das Trag- verhalten von Befestigungsmitteln weitgehend untersucht. Das Versagen der Befestigungs- mittel erfolgt in der Regel durch Ausnutzung der Zugtragfähigkeit des Betons. Die Bemes- sung basiert auf charakteristischen Kennwerten in Europäischen Technischen Zulassungen, die nach Regeln der EOTA, der Europäischen Organisation für Technische Zulassungen, erstellt werden. Das Tragverhalten von Befestigungen unter Brandbeanspruchung ist anderseits nur teilweise untersucht. Die Durchführung der Versuche unter hohen Temperaturen ist aufwendig und teuer, sie werden hauptsächlich von den Herstellern der Befestigungsmittel durchgeführt. Die Anzahl der systematischen Forschungsversuche ist sehr gering und beschränkt sich auf Be- lastung unter zentrischem Zug. Die Bemessung im Rahmen von CEN (TS 1992-4-1, 2009) basiert auf wenigen Forschungs- versuchen und einer geringen Anzahl von numerischen Berechnungen mit stark vereinfach- ten Modellen. Um die nicht untersuchten Anwendungsbereiche mit der Bemessung abzude- cken, wurden zahlreiche konservative Annahmen getroffen. Es besteht Bedarf, das derzeiti- ge Bemessungsverfahren gründlich zu überprüfen und ggf. zu korrigieren und zu ergänzen. Kontinuumsmechanik und Finite-Elemente-Methode 47 3 KONTINUUMSMECHANIK UND FINITE-ELEMENTE-METHODE 3.1 Allgemeines Im nachstehenden Kapitel wird auf die Grundlagen der Kontinuumsmechanik eingegangen. Es werden die mechanischen Bilanzgleichungen, die Bilanzsätze der Thermodynamik und die Kinematik lokaler Deformationen vorgestellt und kurz diskutiert. Anschließend wird die Finite Elemente Methode mit den wichtigsten Gleichungen erläutert. Die folgenden Abschnit- te wurden auf der Grundlage von Parisch (2003) zusammengefasst. Hierauf wird auch zur detaillierten Erklärung der Kontinuumsmechanik, die über diese Arbeit hinausgeht, verwie- sen. Desweiteren wurde teilweise auf Leukart (2005) zurückgegriffen. 3.2 Grundlagen der Kontinuumsmechanik 3.2.1 Verzerrungs- und Spannungstensor Um eine Randwertaufgabe der Elastostatik zu formulieren und anschließend mit der Metho- de der Finiten Elemente zu lösen, muss als erstes die Bewegung bzw. die Kinematik eines Körpers im Raum erfasst werden. Die Gesamtbewegung ist der Theorie nach stets eine Summe der Starrkörperbewegung und der Gestaltänderung. Dabei führt die Starrkörperbe- wegung zu einer Lageänderung des Körpers, während die Gestaltänderung Verzerrungen hervorruft, die Spannungen im Körper zur Folge haben. In der linearen Theorie setzt man kleine Starrkörperbewegungen und kleine Verzerrungen voraus und formuliert sowohl die Deformationen als auch die Bilanzgleichungen am undeformierten Körper. Beschreibt man die Bewegung eines Körpers in einem klassischen Boltzmann-Kontinuum durch das Verschiebungsfeld u unter diesen Voraussetzungen, so kann der klassische Verzerrungstensor ε wie folgt ausgedrückt werden: = ∇ε u (3.1) mit ∇ als Nabla-Operator, der den Differentialoperation-Gradienten beschreibt. Die Verzerrung des Körpers wird maßgeblich durch die Einwirkung äußerer Kräfte verur- sacht. Das Cauchy Theorem liefert eine funktionelle Abhängigkeit des auf dem Flächenele- ment mit der Normalen n wirkenden Kraftflussverkors t von den Spannungen im Körper: = ⋅t σ n (3.2) 48 Kontinuumsmechanik und Finite-Elemente-Methode Gleichung (3.2) liefert die Definition des Cauchyschen-Spannungstensors. Der Cauchysche- Spannungstensor ist symmetrisch und gibt die wahren Spannungen im Kontinuum an, d.h. er misst mit dem deformierten Flächenelement und wirkt am deformierten Volumenelement. Anders als die Piola-Kirchhoff-Spannungstensoren, die den Spannungszustand bezüglich einer Referenzkonfiguration (nicht notwendigerweise der Ausgangszustand) beschreiben, beschreibt der ortsabhängige Cauchysche-Spannungstensor die Spannungen in der momen- tanen Konfiguration. 3.2.2 Mechanische Bilanzgleichungen Die Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik setzen sich aus den Erhaltungssätzen für die Masse, für den Impuls und für den Drehimpuls zusammen. Diese Bilanzbeziehungen sind unabhängig von den Materialeigenschaften, die in zusätzlichen konstitutiven Gesetzen bereitzustellen sind. Der Massenerhaltungssatz besagt, dass die Masse unabhängig von der Konfiguration und vom Beobachter konstant bleiben muss. Die materielle bzw. Lagrangesche Formulierung der lokalen Massenbilanz besagt (Gleichung 3.3): ( )div 0ρ ρ+ =v (3.3) mit ρ = Skalarfeld der Dichte und v = Geschwindigkeitsvektor. Für das Volumenelement ist demnach die zeitliche Änderung der Masse entgegengesetzt gleich der Divergenz des Mas- seflusses. Die Grundlage für die Impulsbilanz bildet das Newtonsche Axiom, nach dem die Summe aller am Kontinuum angreifenden Kräfte gleich der Änderung des Impulses sein muss. In lokaler Form kann der Impulssatz, der oft auch als erstes Bewegungsgesetz von Cauchy bezeichnet wird, wie folgt geschrieben werden: div ρ ρ+ =σ b v (3.4) mit b = Massenkräfte. Der Impulssatz beschreibt das dynamische Gleichgewicht für das Vo- lumenelement in der Momentankonfiguration. Für die quasi-statischen Problemstellungen, die in dieser Arbeit untersucht werden, kann der Trägheitsterm auf der rechten Seite der Gleichung (3.4) vernachlässigt werden. Kontinuumsmechanik und Finite-Elemente-Methode 49 Der Impulssatz in lokaler Form kann noch durch folgende zwei Randbedingungen ergänzt werden: i) Spannungs-Randbedingung (sog. natürliche Randbedingung, Gleichung 3.5) und ii) Verschiebungs-Randbedingung (sog. wesentliche Randbedingung, Gleichung 3.6). auf R⋅ = ∂σ n t (3.5) auf R= ∂u u (3.6) Hierbei steht t für den auf die Teiloberfläche R∂ wirkenden Kraftfluss und u für die auf die Teiloberfläche R∂ wirkende Verschiebung. Unter Verwendung der drei Gleichungen (3.4), (3.5) und (3.6) wird das Gleichgewicht des Kontinuums als Randwertaufgabe formuliert. Sind diese lokalen Gleichgewichtsbedingungen überall im Kontinuum erfüllt, so ist auch das glo- bale Gleichgewicht erfüllt. Die Drehimpulsbilanz stellt keine neue Bestimmungsgleichung für die Randwertaufgabe dar, sondern ist lediglich eine vektorielle Multiplikation der Impulsbilanz mit dem Ortsvektor. Dies gilt in voller Analogie zur elementaren Statik, wo neben dem Kräftegleichgewicht auch das Momentengleichgewicht bezüglich eines beliebigen Drehpunktes gefordert wird. Mathema- tisch ausgedrückt beträgt die Drehimpulsbilanz: ( )jk kjijke dv 0σ σ− =∫ (3.7) mit ijke = Koordinaten des kartesischen Permutationstensors der dritten Stufe. Die Strenge Erfüllung der Drehimpulsbilanz verlangt die Symmetrie des Cauchy-Spannungstensors. 3.2.3 Bilanzgesetze der Thermodynamik Der erste Hauptsatz der Thermodynamik trifft eine Aussage über die Energiebilanz und ist ein fundamentales Gesetz der Physik. Er postuliert die Erhaltung der Energie für einen ther- modynamischen Prozess, dabei werden neben den mechanischen Arbeitsanteilen auch die dem System zugeführte Wärme und andere Energieformen berücksichtigt. Der erste Haupt- satz besagt, dass die kinetische und die innere Energie mit der Summe der am System ge- leisteten Arbeit sowie anderen zu- und abgeführten Energieanteilen im energetischen Gleichgewicht stehen müssen. 50 Kontinuumsmechanik und Finite-Elemente-Methode Bezeichnet man mit K die kinetische Energie, mit U die innere Energie, mit A die am System geleistete Arbeit und mit Q die dem System zugeführte Wärmemenge, so kann die oben be- schrieben Beziehung wie folgt ausgedrückt werden: d d d d dt dt dt dt + = +K U A Q (3.8) Nach Einführung der Ausdrücke für die Rate der inneren Energie e , für den Wärmestrom- vektor q und für die auf die Masseneinheit bezogene Wärmequelle r, kann der erste Haupt- satz der Thermodynamik in lokaler Form folgendermaßen geschrieben werden: e div rρ ρ= − +σ :ε q  (3.9) Die Gleichung (3.9) ist ein Ausdruck für die Rate der spezifischen inneren Energie. Für die Ableitung der Matrizen der Finite-Elemente ist ein rein mechanischer adiabatischer Prozess mit q = 0 und r = 0 von besonderem Interesse. Nach dem ersten Hauptsatz kann eine Umwandlung von mechanischer Energie in thermi- sche Energie und umgekehrt erfolgen. Die Frage, inwieweit eine solche Energieumwandlung reversibel oder irreversibel ist, wird allerdings nicht beantwortet. So kann z.B. bei einem Bremsvorgang entstandene Reibungswärme nach dem ersten Hauptsatz wieder in kineti- sche Energie zurück umgewandelt werden. Da jedoch bekannt ist, dass dieser Prozess ein- deutig irreversibel ist, musste für den ersten Hauptsatz eine Einschränkung eingeführt wer- den. Diese wird durch den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik definiert. Bezogen auf das obere Beispiel besagt der zweite Hauptsatz, dass Wärme nur vom wärmeren zum kälteren System fließt. Eine umgekehrte Fließrichtung ist lediglich durch eine zusätzliche Energiezu- fuhr möglich. Zur Formulierung der Beschränkung des thermodynamischen Prozesses werden im zweiten Hauptsatz zwei neue Zustandsfunktionen eingeführt. Diese sind die absolute Temperatur, die immer positiv ist, und die Entropie des Systems. Die Entropie eines Systems kann sich entweder aufgrund äußerer Einwirkungen oder innerer Zustandsänderungen verändern. Nach dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik ist für einen irreversiblen adiabatischen Prozess die Zunahme der inneren Entropie stets kleiner oder gleich Null und für einen rever- siblen Prozess gleich Null. Diese Aussage lässt sich mathematisch durch die sog. Clausius- Duhem-Ungleichung ausdrücken, die in lokaler Form wie folgt lautet: Kontinuumsmechanik und Finite-Elemente-Methode 51 r 1s divϑ ρ ϑ≥ − q (3.10) mit s = Entropie, r = die auf die Masseneinheit bezogene Wärmequelle und ϑ= absolute Temperatur. Mit Hilfe des ersten Hauptsatzes und nach Ableitung des Ausdrucks div / ϑq können die ersten beiden Wärmeanteile durch die mechanische Leistung und die innere Energie ausgedrückt werden: 1: (e s ) grad 0ρ ϑ ϑϑ− − − ⋅ ≥σ ε q   (3.11) Diese Gleichung stellt einen Ausdruck für die pro Zeit- und Volumeneinheit dv erzeugte Entropiezunahme im System dar. Die ersten zwei Ausdrücke links verkörpern dabei die im Inneren des Kontinuums erzeugte Entropierate Dint und der letzte Ausdruck auf der linken Seite steht für die Entropiezunahme Dle infolge von Wärmeleitung bzw. Temperaturausgleich im Inneren des Kontinuums. Die kalorische Zustandsgleichung (Energiegleichung) liefert eine Funktion für die innere Energie. Für die Formulierung der numerischen Lösungsverfahren ist es notwendig, den An- teil der inneren Energie, der den reversiblen Deformationen zugeordnet ist, abzuspalten. Zu diesem Zweck wird von der inneren Energie der Entropieterm abgezogen, und es verbleibt der Anteil der inneren Energie. Dieser stellt für die elastischen Deformationen ein Potential dar, das nach Helmholtz „freie Energie“ heißt: e sΨ ϑ= − (3.12) Der erste Teil der Gleichung (3.11), der sich auf die im Inneren des Kontinuums erzeugte Entropierate Dint bezieht, kann schließlich unter Berücksichtigung der Gleichung (3.12) wie folgt umformuliert werden: int : 0ρΨ= − ≥σ e D (3.13) Gleichung (3.13) besagt, dass für isotherme Prozesse die Entwicklung der freien Energie immer größer oder gleich der Spannungsleistung sein muss und somit die mechanische Dis- sipation nie negativ sein darf. Sie liefert außerdem eine Restriktion für die Wahl der konstitu- Dint Dle 52 Kontinuumsmechanik und Finite-Elemente-Methode tiven Gleichungen, da sie die thermodynamische Zulässigkeit der jeweiligen Prozesse kon- trolliert 3.3 Finite-Elemente-Methode Die Lösung des im vorherigen Abschnitt vorgestellten quasi-statischen Randwertproblems erfordert den Einsatz numerischer Verfahren. Die vorgestellte Randwertaufgabe setzt sich nämlich aus gekoppelten partiellen Differentialgleichungen zusammen, die nur in sehr weni- gen Ausnahmefällen geschlossen lösbar sind. Die Schwierigkeit resultiert zunächst aus der Nichtlinearität des Problems, die aus der Tatsache folgt, dass der Geltungsbereich der Diffe- rentialgleichungen auf dem zu bestimmenden Gleichgewichtszustand liegt. Unter der An- nahme sehr kleiner Verschiebungen - im Vergleich zu den vorhandenen Abmessungen - wird diese Schwierigkeit dadurch beseitigt, dass man den unbekannten Gleichgewichtszustand näherungsweise durch den Ausgangszustand ersetzt und für diesen die Berechnung durch- führt. Gleichzeitig wird wegen der Annahme kleiner Verschiebungen linearisiert, d.h. Terme höherer Ordnung werden vernachlässigt. Das am häufigsten eingesetzte numerische Verfahren basiert auf der Diskretisierung und heißt Finite-Elemente-Methode. Die Grundidee der FE-Diskretisierung beruht auf der Zerle- gung des Körpers Ωtot in endliche Teilgebiete Ω ⊂ Ωtot und der Diskretisierung der räumli- chen Funktionen, wie beispielweise das Verschiebungsfeld u, in diesen Teilgebieten Ω. Die rasanten Entwicklungen in der Computertechnologie haben im Wesentlichen zur Verbreitung der Finite-Elemente-Methode in der Forschung, aber auch in der Industrie, wie z.B. im Ma- schinenbau, in der Luft- und Raumfahrt sowie im Bauwesen, beigetragen. Im Folgenden wird kurz auf die wesentlichen Punkte der Finite-Elemente-Methode eingegangen. 3.3.1 Schwache Formulierung des Randwertproblems Die Randwertaufgabe in strenger Form wurde im vorherigen Abschnitt mittels der Gleichun- gen (3.4), (3.5) und (3.6) vorgestellt. In der strengen Form wird das Gleichgewicht für jedes differentielle Teilvolumen und Oberflächenelement verlangt, d.h. an jedem Materialpunkt in- nerhalb des Gebiets. Im Gegensatz dazu wird von der sog. schwachen Form die Erfüllung des Gleichgewichts nur in integraler Form für ein bestimmtes endliches Teilgebiet verlangt. Da die numerischen Lösungsverfahren und somit auch die FE-Methode auf der Erfüllung des Gleichgewichts in schwacher Form basieren, muss die Randwertaufgabe in die schwache Form umgeschrieben werden. Kontinuumsmechanik und Finite-Elemente-Methode 53 Um das System der Differentialgleichungen in ein System algebraischer Gleichungen zu überführen, bedient sich die analytische Kontinuumsmechanik der sog. „Funktionalen“. Der Begriff „Funktional“ stammt aus der Variationsrechnung und ist dadurch gekennzeichnet, dass es jeder Funktion, aus einer bestimmten Funktionsklasse, durch ein bestimmtes Integ- ral eine reelle Zahl zuordnet. Beschränkt man sich auf konservative mechanische Systeme, dann existiert ein „Funktional“, welches die potentielle Energie des Systems beschreibt. Der gesuchte Gleichgewichtszustand ist der Zustand, bei dem die potentielle Energie zu einem Minimum wird. Die Lösung der Randwertaufgabe stellt sich daher als eine Aufgabe der Va- riationsrechnung dar, man spricht von einer Lösung als Variationsproblem und bezeichnet die hierfür benutzten Prinzipien als Variationsprinzipien. Das Variationsverfahren wird oft auch als Verfahren nach „Rayleigh-Ritz“ bezeichnet. Das Variationsverfahren ist allerdings nicht allgemein anwendbar und bietet keine Lösung für das vorliegende konservative System. Als Alternative kann noch das Verfahren nach Galerkin verwendet werden, das keinerlei Beschränkungen hinsichtlich des zu lösenden Problems obliegt. Im Unterschied zum Variationsverfahren wird nicht nach dem Minimum des „Funktionals“ gesucht, sondern nach der Stelle, an der das Funktional einen stationären Wert annimmt. Das „Funktional“ wird aus der zu lösenden Differentialgleichung und einer Testfunktion auf- gebaut. Aus der Skalarmultiplikation beider Funktionen mit anschließender Integration über das betrachtete Gebiet entsteht das „Funktional“. Dazu ist es erforderlich, für die Lösung der Differentialgleichung eine geeignete Näherungsfunktion (engl. trial function) zu wählen. Aus der Verwendung einer Näherungsfunktion in der Differentialgleichung folgt ein Residuum, welches mit der Testfunktion multipliziert und über das betrachtete Gebiet integriert wird. Mit Hilfe von Galerkin-Methode lautet die schwache Form der Randwertaufgabe: Ω Ω Γ dΩ dΩ dΓG( , ) : 0δ δ ρ δ δ= − ⋅ − ⋅ =∫ ∫ ∫u u σ ε b u t u (3.14) Wird die Testfunktion physikalisch als virtuelle Verschiebung δu interpretiert, wird Gleichung (3.14) als „Prinzip der virtuellen Verschiebungen“ bezeichnet. Dabei gibt der erste Term links die innere virtuelle Arbeit wieder, während die beiden restlichen Ausdrücke die virtuelle äu- ßere Arbeit darstellen. 54 Kontinuumsmechanik und Finite-Elemente-Methode 3.3.2 Diskretisierung Bei der Diskretisierung wird, wie schon erwähnt, der Körper Ωtot in nele Finite Elemente zer- legt, so dass totΩ U Ωelen1= gilt. Der Verschiebungsverlauf u wird über diskrete Knotenver- schiebungen d der Finiten Elemente annähernd bestimmt. Der Verlauf innerhalb des Ele- ments wird über die Ansatzfunktion N angenähert. Mit Hilfe der Gleichung (3.1) lassen sich auch die Verzerrungen approximativ über die Knotenverschiebungen bestimmen: e e e eu N B u N Bε δ δ δε δ= ⋅ = ⋅ = ⋅ = ⋅d d d d (3.15) In Gleichung (3.15) stellt N die Ansatzfunktion (engl. shape function) dar und B ist ein Opera- tor, der die räumlichen Gradienten der Ansatzfunktion N definiert. Die Ansatzfunktion N wird als Funktion von dimensionslosen Elementkoordinaten ζi definiert und besitzt am zugeordne- ten Knoten den Funktionswert Eins und an den anderen Knoten den Funktionswert Null. Zu- sätzlich wird gefordert, dass die Summe der Ansatzfunktionen aller Knoten an jeder Stelle im Element gleich Eins ist, dadurch wird die Starrkörperverschiebung des Elementes exakt dar- gestellt. Die Knotenverschiebungen d sind die zu berechnenden Unbekannten des Systems und werden deshalb auch als Freiheitsgrade des Elements bezeichnet. Durch Einsetzen der diskretisierten Verschiebungs- und Verzerrungsverläufe (Gleichung 3.15) in die schwache Form des Gleichgewichts ergibt sich die diskretisierte Form des Gleichgewichts: Ω Ω Γ dΩ dΩ dΓT T T TG( , ) d B N N 0δ δ ρ⎡ ⎤= − − =∫ ∫ ∫⎢ ⎥⎣ ⎦u u σ b t (3.16) Die Begriffe feint und feext bezeichnen die inneren bzw. die äußeren Knotenkräfte am Element. Setzt man durch die Anwendung des sog. „Bubnov-Galerkin-Verfahrens“ die Verschiebun- gen mit den virtuellen Verschiebungen gleich und drückt in Gleichung (3.16) die Spannungen durch die Dehnungen aus, lässt sich die Gleichgewichtsgleichung in der bekannten Form schreiben: Ω Ω Γ dΩ dΩ dΓT T TB DB N Nρ⎛ ⎞ ⋅ = −∫ ∫ ∫⎜ ⎟⎝ ⎠ d b t (3.17) bzw. Ω Ω Γ mit = dΩ = dΩ dΓe e e T e T Text extB DB N Nρ⋅ = −∫ ∫ ∫K d f K f b t (3.18) feint -feext Kontinuumsmechanik und Finite-Elemente-Methode 55 eK bezeichnet in Gleichung (3.18) die Element-Steifigkeitsmatrix. Durch die Assemblierung, die für den Zusammenbau aller Finiten Elemente darstellt, werden die globale Steifigkeits- matrix sowie der globale Vektor der äußeren Kräfte zusammengebaut: elen e e ext 1 ⋅ =∑ K d f (3.19) Gleichung (3.19) stellt ein Gleichungssystem dar. Da die Steifigkeitsmatrix K meistens eine Funktion von den Verschiebungen d ist, handelt es sich um gekoppelte nichtlineare Glei- chungen, deren Lösung den Einsatz eines Iterationsverfahrens erfordert. Das am häufigsten angewendete Iterationsverfahren ist die Newton-Raphson-Methode. Die Grundidee dieser Iterationsmethode basiert auf einer Linearisierung der diskretisierten Gleichgewichtsbeziehung. Zur inkrementell iterativen Lösung des nichtlinearen Gleichungs- systems wird die Gleichgewichtsbeziehung wie folgt ausgedrückt: ( ) ext= ⋅ −R d K d f (3.20) wobei R(d) - das Residuum - als Differenz zwischen den inneren und äußeren Kräften defi- niert wird. Das Residuum stellt die Ungleichgewichtskräfte für Zustände dar, die noch nicht im Gleichgewicht sind. Sobald die Ungleichgewichtskräfte während der Iteration gleich Null sind, ist das Gleichgewicht erreicht. Ferner wird davon ausgegangen, dass die äußeren Kräf- te nicht von der Verformung abhängen. Das linearisierte Gleichungssystem kann schließlich wie folgt geschrieben werden: ( ) ( ) mit i i i 1 i i d Δ + ∂⋅ = − = ∂ R d K d R d K d (3.21) Hierbei wird die Matrix Ki als Tangentensteifigkeitsmatrix bezeichnet. 56 Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton 4 THERMO-HYGRO-MECHANISCHES MODELL FÜR BETON 4.1 Allgemeines Das dargestellte hygro-thermo-mechanische Modell für Beton ist phänomenologisch. Es wird im Rahmen der Kontinuumsmechanik unter der Annahme der Gültigkeit der irreversiblen Thermodynamik formuliert. Die Modellantwort wird durch folgende Variablen gesteuert: Temperatur, Porendruck (Feuchtigkeit), Spannungen und Dehnungen, wobei die Verteilung der Temperatur und des Porendrucks von der Schädigung im Beton abhängig ist. Weiterhin sind die relevanten mechanischen Eigenschaften des Betons – Elastizitätsmodul, Zug- und Druckfestigkeit sowie Bruchenergie temperaturabhängig. 4.2 Nichtlinearer, nichtstationärer, gekoppelter Wärme- und Feuchtetransport Der allgemeine Ansatz zur Lösung des gekoppelten Wärme- und Feuchtetransports im Rahmen der irreversiblen Thermodynamik ist bekannt. Da dieses jedoch sehr komplex ist, müssen für die praktischen Anwendungen einige Vereinfachungen vorgenommen werden (vgl. Bazant & Kaplan 1996). Die wesentliche Eigenschaft des Wärme und Feuchtetransports in einem porösen Körper, wie z.B. Beton, ist ihre gegenseitige Abhängigkeit, die sog. Kopplung. Um diese Abhängig- keit mathematisch auszudrücken, soll die Feuchtigkeitsflussdichte im Beton J (in kg/m2·s) aus zwei Teilen bestehen: i) aus der Flussdichte infolge des Wassergehalts w (Fick‘sches Diffusionsgesetz) sowie ii) aus der Flussdichte infolge des Temperaturgradienten T. Dem- entsprechend soll die Wärmeflussdichte q (in W/m2·s) aus der Flussdichte infolge des Tem- peraturgradienten T sowie der Flussdichte infolge des Wassergehalts w zusammengesetzt werden. Nimmt man zunächst an, dass die Feuchtigkeitsflussdichte J und die Wärmefluss- dichte q unabhängig von den Spannungen und Dehnungen im Bauteil sind, ergibt sich (Ba- zant & Thonguthai 1978): ww wTgrad gradw T− −J a a= (4.1) Tw TTgrad gradw T= − −q a a (4.2) mit w – Masse des gesamten freien, nicht chemisch gebundenen Wassers in einem m3 Be- ton. Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton 57 Diese Masse repräsentiert das gesamte verdampfbare Wasser bei einer bestimmten Tempe- ratur. Die Koeffizienten aww, awT, aTw und aTT sind als Funktionen der Temperatur T und des Wassergehalts w definiert. Da der Wassergehalt w grundsätzlich eine Funktion des Porendrucks p und der Temperatur T ist, lässt sich Gleichung (4.1) wie folgt umformulieren: grad gradp 1p Tg − −J a a= (4.3) mit g = 9.806 m/s2 (Gravitationskonstante), ap/g = aww·(∂w/∂p)T, a1 = awT+aww (∂w/∂T)p. Nach Bazant & Thonguthai (1978) ist der Beitrag des thermischen Gradienten a1·grad T in Glei- chung (4.3) vernachlässigbar, daher lässt sich der Feuchtetransport vereinfacht als Funktion eines Potenzials ausdrücken: grad p−J a= (4.4) mit a = Permeabilität (in m/s). Es handelt sich dabei nicht um die intrinsische Permeabilität, die lediglich von der Porosität abhängt, sondern um eine relative Permeabilität, die eine Funktion von Temperatur T, Porendruck p und Sättigungszustand des Betons (saturiert oder nicht saturiert) ist. Die Grundlage für die Ermittlung der relativen Permeabilität sind aus Ver- suchen abgeleitete Sorptionsisothermen, wie nachfolgend gezeigt wird. Obwohl in Gleichung (4.4) der Einfluss des Temperaturgradienten grad T vernachlässigt wird, ist der Einfluss der Temperatur auf die Feuchtigkeitsflussdichte J indirekt trotzdem vorhanden, da grad p = (∂p/∂w)·grad w + (∂p/∂T)·grad T. Die Gleichung (4.4) beschreibt eigentlich das Darcy-Gesetz, das seine Anwendung vor allem im Bereich des saturierten Betons findet. Hierbei ist der Kapillardruck des Wassers das lei- tende Potenzial. Damit dieses Gesetz auch im Bereich des ungesättigten Betons angewen- det werden darf, wurde von Bazant & Thonguthai (1978) vorgeschlagen, dass im ungesättig- ten Bereich für den Druck in den Betonporen p der Wasserdampfdruck anstatt des Kapillar- drucks verwendet wird. Sicherlich beschreibt diese Annahme nicht zu 100 % den tatsächli- chen Zustand, sondern stellt eine starke Vereinfachung der realistischen Vorgänge in porö- sen Körpern dar. Trotzdem konnte von Bazant & Thonguthai (1978) gezeigt werden, dass dieses phänomenologische Modell, unterstützt durch experimentelle Untersuchungen, wirk- lichkeitsnahe Ergebnisse liefert. Wie bereits erwähnt könnten alternativ zu diesem Modell 2- 58 Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton Phasen Modelle verwendet werden. Da diese allerdings eine große Anzahl von Parametern benötigen, für die entsprechende Werte anzunehmen sind, führen derartig komplexe theore- tische Modelle nicht zwangsläufig zu genaueren Ergebnissen. Daher werden in der vorlie- genden Arbeit die Annahmen von Bazant & Thonguthai (1978) übernommen. Bei der Berechnung der Wärmeflussdichte q nach Gleichung (4.2) kann eine weitere Verein- fachung durchgeführt werden, in dem der Einfluss von grad w vernachlässigt wird. Daraus folgt: gradTλ= − ⋅q (4.5) mit λ = Wärmeleitfähigkeit. Wendet man auf die Gleichung der Feuchtigkeitsflussdichte (Gleichung 4.4) den Massener- haltungssatz an, ergibt sich: div dww t t ∂∂ = − +∂ ∂J (4.6) mit t = Zeit und wd = Masse des freien Wassers, das aufgrund der Hydratation den Betonpo- ren entzogen wird bzw. wegen der Dehydratation in die Poren freigesetzt wird. Der Energieerhaltungssatz liefert in Kombination mit Gleichung (4.5): grad div a w T wC C C T t t ρ ∂ ∂− − ⋅ = −∂ ∂ J q (4.7) mit ρ = Rohdichte des Betons, C = isobarische Wärmekapazität des Betons, Ca = Sorptionswärme des freien Wassers, Cw = isobarische Wärmekapazität des freien Was- sers. Der erste Anteil auf der linken Seite der Gleichung (4.7) stellt den Beitrag der unter- schiedlichen Temperaturverteilung auf die Wärme dar, der zweite Anteil steht für die Wärme, die durch die Verdampfung des Wassers verbraucht wird und der letzte Anteil stellt die Wär- me dar, die von dem durch die Betonporen transportierenden Wasser „mitgetragen“ wird. Die isobarische Wärmekapazität des Betons (C) und die isobarische Wärmekapazität des freien Wassers (Cw) werden als konstant angenommen. Die Sorptionswärme des freien Wassers (Ca) repräsentiert die Summe der gesamten latenten Wärme des Wassers, die zum Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton 59 größten Teil aus der latenten Verdampfungswärme des flüssigen Wassers besteht. Sie kann nach folgender Gleichung ermittelt werden: 1 / 3 a 374.15 TC 350000 T −⎛ ⎞= ⋅ ⎜ ⎟⎝ ⎠ (4.8) Die Randbedingungen für die Gleichungen (4.6) und (4.7) beschreiben die Beziehung zwi- schen Temperatur und Porendruck an der Betonoberfläche sowie zwischen Temperatur und Wasserdampfdruck in der Umgebung. Im Modell wurde angenommen, dass die Feuchtig- keitsflussdichte J senkrecht zur Betonoberfläche linear vom Unterschied zwischen dem Po- rendruck unmittelbar unter der Betonoberfläche pO und dem Wasserdampfdruck in der Um- gebung pen abhängt: p O en( p p )α⋅ = −n J (4.9) mit n = Normale auf die Betonoberfläche und αp = Feuchteübergangsfaktor. Ebenso wurde für die Gleichung der Energieerhaltung eine lineare Abhängigkeit zwischen der Wärmeflussdichte und dem Temperaturunterschied zwischen Betonoberfläche und Um- gebung angenommen. Fügt man noch den Wärmeverlust aufgrund der latenten Wärme der Wasserverdampfung hinzu, ergibt sich: T O en w(T T ) Cα⋅ = − + ⋅ ⋅n q n J (4.10) mit αT = Wärmeübergangsfaktor. Um eine „perfekte Isolierung“ der Betonoberfläche zu erreichen, werden in den Gleichungen (4.9) und (4.10) die Übergangsfaktoren αp und αT zu Null gesetzt. Den „perfekten Wärme und Feuchteübergang“ aus der Umgebung erzielt man, in dem die Übergangsfaktoren gleich ∞ gesetzt werden. 60 Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton 4.3 Zustand des Porenwassers und Permeabilität bei hohen Temperaturen Die größte Schwierigkeit in den oben beschriebenen Gleichungen besteht in der Bestim- mung der Materialeigenschaften. Vor Erreichen der kritischen Temperatur des Wassers un- terscheidet man zwei physikalische Zustände: gesättigt und ungesättigt. Mit zunehmender Temperatur nähern sich die Eigenschaften von flüssigem und gasförmigem Wasser immer mehr aneinander an. Bei 374,12°C, die man als kritische Temperatur des Wassers bezeich- net, sind die Eigenschaften vollkommen gleich, so dass es keinerlei Unterschied mehr zwi- schen flüssigem und gasförmigem Wasser gibt. Unter der Annahme, dass keine Spannungs- und Dehnungsabhängigkeit vorliegt, folgt das Materialgesetz für die Abhängigkeiten zwischen p, w und T dem vereinfachten Vorschlag von Bazant & Thonguthai (1978). Nach diesem Vorschlag sollen, um das Verhalten des Poren- wassers im Beton realistisch zu beschreiben, vor Erreichen des kritischen Temperatur des Wassers (374.12°C) drei Zustände unterschieden werden,: (i) ungesättigter Beton, p/ps ≤ 0.96, (ii) gesättigter Beton, p/ps ≥ 1.04 und (iii) der Übergang vom nichtgesättigten zum gesättigten Zustand, 0.96 < p/ps <1.04, mit ps = Saturationsdruck nach Gleichung (4.11). exps Tp 610.78 17.2694 T 238.3 ⎛ ⎞= ⋅ ⋅⎜ ⎟+⎝ ⎠ (4.11) Die Problematik besteht darin, dass sich mit zunehmender Temperatur die Eigenschaften des Betons stark verändern. Die Gleichungen für die verschiedenen Saturationszustände folgen zwar dem theoretischen Hintergrund, jedoch ist es wegen der Komplexität der Beton- struktur nahezu unmöglich, die Änderung der thermo-hygro-mechanischen Eigenschaften auf makroskopischer Ebene mit expliziten Gesetzen zu beschreiben. Daher müssen die Pa- rameter in den Gleichungen mit Hilfe von Versuchsergebnissen kalibriert werden. 4.3.1 Ungesättigter Beton Für den nichtgesättigten Zustand wird, unter der Annahme der Unveränderlichkeit der Po- rengeometrie und der Vernachlässigbarkeit der Menge des adsorbierten Wassers, eine ein- fache temperaturabhänge p-w Beziehung abgeleitet. Nach der erforderlichen empirischen Anpassung ergibt sich (Bazant & Thonguthai 1978): ( ) ( ) mit 1 / m T 1 s ww ph h 0.96 c c p T ⎛ ⎞= = ≤⎜ ⎟⎝ ⎠ (4.12) Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton 61 ( ) 2 0 T ' T 10m T 1.04 ; T ' 22.34 T ' T 10 ⎛ ⎞+= − = ⎜ ⎟+ +⎝ ⎠ (4.13) Hierin sind T = Temperatur in °C, T0 = Anfangstemperatur (20°C), c = Masse des Zements pro m3 Beton und w1 = Wassergehalt bei Sättigung unter 20°C. Aus Gleichung (4.12) folgt, dass der Wassergehalt bei Sättigung bei beliebiger Temperatur ws = c·(w1/c)1/m(T) beträgt, d.h. physikalisch korrekt wird bei einer höheren Temperatur die Sättigung bei einem geringe- ren Wassergehalt erreicht 4.3.2 Gesättigter Beton Im gesättigten Betonzustand könnte man Porendruck p für bekannten Wassergehalt w und Temperatur T mit Hilfe von Dampftabellen bestimmen. Die dafür notwendige Annahme ist, dass die Porosität n ein Volumen darstellt, das dem Porenwasser zur Verfügung steht. Eine solche Berechnung liefert jedoch schon für relativ niedrige Temperaturen unrealistisch hohe Werte für den Porendruck. Die Porosität des Betons n nimmt bei hohen Temperaturen wegen der Dehydratation und verschiedener chemischer Veränderungen stark zu (Bazant & Cusatis 2005). Das bei norma- ler Temperatur chemisch gebundene Wasser wird abgegeben und das Porenvolumen nimmt zu (Bazant & Thonguthai 1978). Es liegt auf der Hand, dass diese Veränderung des Poren- volumens bei der Berechnung des Porendruckes eine wichtige Rolle spielt und daher be- rücksichtigt werden muss. Aus diesem Grund wird die Anfangsporosität des Betons bei 20°C für eine ansteigende Temperatur mit Hilfe einer empirisch ermittelten Korrekturfunktion ver- ändert (Bazant & Thonguthai 1978): ( ) d d0 0 0 s w (T ) wn n P(h) pP(h) 1 0.12 h 1.04 , h 1.04 p (T ) ρ ⎛ ⎞−= +⎜ ⎟⎝ ⎠ = + − = ≥ (4.14) mit ρ0 = Anfangsrohdichte des Wassers, wd0 = Anfangswassergehalt im Beton, wd(T) = Wassergehalt im Beton bei der Temperatur T. Die Werte für wd(T) stammen aus Ver- suchen von Harmathy & Allen (1973), die den Gewichtsverlust von Betonkörpern bei hohen Temperaturen im thermodynamischen Gleichgewicht gemessen haben. Die Funktion P(h) stellt eine Anpassung des Modells an die Versuchsergebnisse dar. Es wird angenommen, dass der Gewichtsverlust des Betons bei einer bestimmten Temperatur genau der Masse 62 Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton des verdampften Wassers entspricht. Unter der Voraussetzung, dass die Rohdichte des Wassers konstant ist, kann die Veränderung des verfügbaren Porenvolumens einfach be- rechnet werden. Wird neben der Veränderung der Porosität n nach Gleichung (4.14) auch noch die Verände- rung der thermodynamischen Eigenschaften des Wassers in Form des spezifischen Volu- mens v des Wassers als Funktion der Temperatur und des Porendruckes v = v(p,T) (Wagner & Kruse 1998) berücksichtigt, ergibt sich der Zustand des Porenwassers im gesättigten Be- reich (p/ps ≥ 1.04) als : ( ) mit VV V Vcn dw 1 3 d dT , npv 3Kσε ε α σ= + = + ⋅ = (4.15) In Gleichung (4.15) ist εV – die volumetrische Dehnung infolge der volumetrischen Spannung; σV – die volumetrische Spannung verursacht durch den Porendruck p; K – der Kompressi- onsmodul und αc - Temperaturdehnungskoeffizient des Betons. 4.3.3 Übergangsregion zwischen gesättigten und ungesättigten Beton Da die Porengröße im Beton relativ stark streut und der Wasseraustausch zwischen den einzelnen Poren sehr langsam stattfindet, wird der gesättigte Zustand unter normalen Bedin- gungen zunächst in den kleinsten Poren erreicht. Anschließend werden auch die größeren Poren vollständig gesättigt. Das geschieht allerdings mit einer gewissen Verzögerung. Dieser „sanfte Übergang“ vom ungesättigten in den gesättigten Beton wird im vorgeschlagenen Mo- dell durch einen dritten Zustand des Porenwassers abgebildet, der „Übergangsregion“ ge- nannt wird und im Bereich für 0.96 < p/ps <1.04 stattfindet. In diesem Bereich wird ein linea- rer Übergang von einem Wassergehalt w(0.96), nach Gleichung (4.12), zu einem Wasserge- halt w(1.04), nach Gleichung (4.15), angenommen (Bazant & Thonguthai 1978). Ein weiterer wichtiger Grund für die Einführung eines dritten Zustandes des Porenwassers ist die Tatsa- che, dass ein schlagartiger Übergang vom ungesättigten in den gesättigten Zustand numeri- sche Schwierigkeiten verursachen könnte, da es sich bei den Gleichungen (4.12) und (4.15) um diskontinuierliche Funktionen handelt. 4.3.4 Permeabilität Die relative Permeabilität des Betons, die im vorgeschlagenen Modell als Steuerungspara- meter für den Wassertransport verwendet wird, folgt ebenfalls dem Vorschlag von Bazant & Thonguthai (1978). Dabei setzt sich die Berechnung der Permeabilität des Betons aus zwei Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton 63 Teilen zusammen: einem Teil bis zu einer Temperatur von 95°C und einem Teil für höhere Temperaturen (über 95°C). Bei Temperaturen unter 100°C wird angenommen, dass sich die Betonporen nicht aneinan- der anschließen, sondern dass der Wassertransport hauptsächlich durch die Verengungen zwischen einzelnen Poren bestimmt wird. Diese Verengungen bilden die kritische Stelle im Feuchtigkeitstransport durch den Zementstein (den sog. Flaschenhals). Die Querschnittsgröße der kleinsten Verengungen beträgt bei dichtem Zementstein etwa 50 Å. Daher kann hier lediglich adsorbiertes Wasser enthalten sein und kein Wasser im flüssigen oder gasförmigen Zustand (Bazant & Thonguthai 1978). Selbst wenn die Verengung nicht vollständig mit Wasser ausgefüllt ist, können Wasserdampfmoleküle nicht durchdringen, da ihre mittlere freie Weglänge1 von 800 Å (bei 20°C) deutlich über der Größe des Verengungs- querschnitts liegt. Auf dieser Basis stellten Powers & Brownyard (1946) fest, dass der Me- chanismus des Feuchtigkeitstransports bei niedrigeren Temperaturen (bis 100°C) durch die Migration der Wassermoleküle entlang der Schichten des adsorbierten Wassers gesteuert wird. Weiterhin könnte von Bazant & Najjar (1972) gezeigt werden, dass bei Raumtemperatur die Permeabilität um etwa das 20-fache abnimmt, wenn die relative Luftfeuchtigkeit von 90 % auf 60 % sinkt. Dies kann durch die Tatsache erklärt werden, dass die Schichten des adsor- bierten Wassers bei niedriger relativer Luftfeuchtigkeit dünner werden, wodurch die Migration der Wassermoleküle negativ beeinflusst wird. Daher wurde vorgeschlagen, dass die Abhän- gigkeit der Permeabilität von der Temperatur nicht nur durch die Viskosität des flüssigen oder gasförmigen Wassers, sondern auch durch die Aktivierungsenergie Q, die die Migration der Wassermoleküle durch die adsorbierte Wasserschicht steuert, kontrolliert wird. Mithilfe dieser Erklärungen kann die Berechnung der Permeabilität bei Temperaturen bis 95°C erfolgen: für 0 1 2f ( h ) f (T ) T 95 C= ⋅ ⋅ ≤ °a a (4.16) für für 1 14 c 1f (h ) h 1; f (h ) 1 h 1 1 h1 1 h αα −= + < = ≥⎛ ⎞−+ ⎜ ⎟−⎝ ⎠ (4.17) 1 Als mittlere freie Weglänge wird die Strecke bezeichnet, die ein Teilchen in einem Gas durchschnitt- lich zurücklegt, bevor es mit einem anderen Teilchen zusammenstößt. 64 Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton für 95°C2 ' ' 0 Q 1 1f (T ) exp T R T T ⎡ ⎤⎛ ⎞= − ≤⎢ ⎥⎜ ⎟⎢ ⎥⎝ ⎠⎣ ⎦ (4.18) mit a0 = Referenzpermeabilität bei 20°C und 100% relativer Luftfeuchtigkeit, hc = 0.75 = Übergangsfeuchtigkeit, α = 0.05, Q = Aktivierungsenergie für die Migration der Wassermoleküle durch die Schicht des adsorbierten Wassers, R = universale Gaskonstante, Q/R = 2700 K, T‘ = absolute Temperatur in [K], T0‘ = absolute Referenztemperatur in [K]. Die Funktion f1(h) in Gleichung (4.17) spiegelt den Einfluss der relativen Luftfeuchtigkeit wieder, während die Funktion f2(T) in Gleichung (4.18) für den Einfluss der Temperatur auf die Poro- sität steht. Bei Temperaturen größer als 100°C nimmt die Permeabilität des Betons etwa in der Grö- ßenordnung von 2 zu (vgl. Versuchsergebnisse von Bazant & Najjar (1972)). Dieses Phäno- men ist immer noch nicht ausreichend geklärt und es liegen mehrere Hypothesen (Bazant & Cusatis 2005) vor. Nach einer Hypothese resultiert die Zunahme der Permeabilität aus der zunehmenden Mobilität der Moleküle des adsorbierten Wassers. Nach einer anderen Hypo- these wird dies darauf zurückgeführt, dass die mittlere freie Weglänge der Wassermoleküle abnimmt bzw. die Schichtdichte des adsorbierten Wassers sich verringert. Bazant & Thongu- thai (1978) bieten eine weitere Erklärung für die Zunahme der Permeabilität: durch die Glät- tung der Porenoberflächen nimmt die Oberflächenenergie ab und die Verengungen zwischen den Poren, die den Feuchtigkeitstransport entscheidend beeinflussen, vergrößern sich bei den Temperaturen über 100°C um ein Mehrfaches. Daher kann die Feuchtigkeit im flüssigen oder gasförmigen Zustand die Porenverengungen besser durchdringen, was zu einer Zu- nahme der Permeabilität ohne signifikante Zunahme des Porenvolumens führt. In den zuge- hörigen Versuchen wurde keine wesentliche Zunahme des Porenvolumens gemessen. Die neuesten Untersuchungen von Ulm (Ulm et al. 1999) deuten darauf hin, dass die große Zu- nahme der Permeabilität auf die Umwandlung von C-S-H Kristallen zurückzuführen ist. Es zeigte sich, dass sich bei Temperaturen um 100°C die Dichte des C-S-H stark vergrößert. Da C-S-H mit großer Dichte stark schwindet, wird „freier Raum“ wird geschaffen. Dadurch kön- nen kontinuierliche Kapillarkanale entstehen. Der Einfluss der Temperatur auf die Permeabilität wird durch die Funktion f3(T) in Gleichung (4.20) abgebildet. Die numerischen Konstanten wurden mittels Versuchsergebnissen kalib- riert. Die Funktion spiegelt die Änderung im Transportmechanismus der Feuchtigkeit, der bei Temperaturen bis ca. 100°C hauptsächlich von der Aktivierungsenergie der Adsorption und bei höheren Temperaturen von der Viskosität des Wassers im flüssigen und gasförmigen Zustand abhängt, wieder. Aus diesem Grund nimmt die Funktion f3(T) zwischen 95°C und Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton 65 105°C etwa um das Zweifache zu. Danach bleibt sie nahezu konstant, da sich die Viskosität des Wassers bei Temperaturen über 105°C nur noch sehr wenig verändert. Die Gleichung zur Bestimmung der Permeabilität für Temperaturen über 95°C lautet daher: für 3 2f (T ) T 95 C; f (95 C )= ⋅ > ° = ⋅ °' '0 0 0a a a a (4.19) ( ) für 95°C3 T 95f (T ) exp T 0.881 0.214 T 95 ⎡ ⎤−= >⎢ ⎥+ ⋅ −⎢ ⎥⎣ ⎦ (4.20) mit T = Temperatur in [°C], a0 = Referenzpermeabilität bei 20°C und 100% relativer Luft- feuchtigkeit und f2(95°C) = Funktion f2(T) nach Gleichung (4.18) für T = 95°C. 4.4 Thermo-hygro-mechanische Kopplung Im mechanischen Teil des Modells wird angenommen, dass sich der Gesamtdehnungsten- sor für Beton unter Temperaturbeanspruchung aus folgenden Komponenten zusammen- setzt: m ft lits ij ij ij ij(T , ) (T ) (T , )ε ε σ ε ε σ= + + (4.21) mit εijm = mechanischer Dehnungstensor, εijft = freier thermischer Dehnungstensor, εlits = last- induzierter thermischer Dehnungstensor. Die einzelnen Dehnungskomponenten werden in den folgenden Abschnitten näher dargestellt und ausführlich diskutiert. 4.4.1 Mechanische Dehnungskomponente Im Allgemeinen besteht die mechanische Dehnungskomponente aus einem elastischen und einem nichtelastischen Teil (plastische Dehnungen bzw. Dehnungen als Folge der Schädi- gung). Im dargestellten thermo-hygro-mechanischen Modell wird das Microplane-Modell als konstitutives Gesetz verwendet. Der Einfluss der Temperatur wird dadurch berücksichtigt, dass die makroskopischen Betoneigenschaften (Elastizitätsmodul, Bruchenergie, Druck- und Zugfestigkeit) in Abhängigkeit von der Temperatur formuliert werden. Hierfür wurde das exis- tierende, isothermische Microplane-Modell für Beton weiterentwickelt. 66 Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton 4.4.1.1 Isothermisches konstitutives Gesetz für Beton – das Microplane-Modell Im Microplane-Modell wird das Material durch die Beziehung zwischen den Spannungs- und Dehnungskomponenten auf Ebenen unterschiedlicher Ausrichtung beschrieben. Diese Ebe- nen können als Mikrorißebenen oder als „schwache Flächen“ interpretiert werden, wie z.B. Kontaktflächen zwischen dem Zuschlag und der Zementmatrix. Auf den Mikroebenen liegen nur wenige einachsige Spannungs- und Dehnungskomponenten vor und es müssen keine Anforderungen im Hinblick auf die Tensorvarianz beachtet werden. Den Beschränkungen der Tensorvarianz wird automatisch entsprochen, da die Mikroebenen bis zu einem gewissen Grad direkt das Verhalten auf verschiedenen schwachen Ebenen im Material wiedergeben. Das Grundkonzept des Microplane-Modells wurde von Taylor (1938) definiert und von Batdorf & Budianski (1949) unter dem Namen „slip theory of plasticity“ weiterentwickelt. Das Modell wurde anschließend von Bazant und seinen Mitarbeitern für die Modellierung von quasi-spröden Materialien optimiert (Bazant & Gambarova 1984, Bazant & Prat 1988, Bazant & Ozbolt 1990, Carol et al. 1992, Bazant et al. 2000). T T,M T,K V D x y z microplane (a) (b) Abbildung 4.1 Das Konzept des Microplane-Modells: Diskretisierung der Einheitsvolumenkugel für jeden FE Integra- tionspunkt, 21 Microplane-Richtungen (a) und die Microplane-Dehnungskomponenten (b) Das in der vorliegenden Arbeit verwendete Microplane-Modell wurde von Ožbolt et al. (2001) vorgeschlagen. Es basiert auf dem sog. “relaxed kinematic constraint concept“ und ist eine Modifikation des M2-Modells von Bazant & Prat (1988). Jede Mikroebene im Modell wird mit einem entsprechenden Normalvektor ni definiert (siehe Abbildung 4.1). Im Fall eines isothermischen, temperaturunabhängigen Modells entspricht der Gesamtdehnungstensor dem mechanischen Dehnungstensor, d.h., εij = εijm. Mit der Methode der kinematischen Bin- dung wird der Gesamtdehnungstensor auf einzelne Mikroebenen projiziert. Auf diese Weise yx z ni microplane integration point Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton 67 ergeben sind je Mikroebene eine Normal- und eine Schubkomponente der Spannungen und Dehnungen (σN, σTr, εN, εTr). Unter Verwendung der Methode der virtuellen Arbeit (schwache Form des Gleichgewichts), werden aus einfachen Spannungs-Dehnungs-Gesetzen der Mik- roebenen die makroskopische Steifigkeit und der makroskopische Spannungstensor berech- net. Dies erfolgt durch die Integration der Spannungen der Mikroebenen über die Kugelober- fläche S (der Radius der Kugel wird gleich eins gesetzt): Tr ij N i j i rj j ri S S 3 3n n dS (n n )dS 2 2 2 σσ σ δ δπ π= + +∫ ∫ (4.22) Um den Beton realistisch modellieren zu können, muss die normale Komponente der Span- nung und Dehnung in der Mikroebene in einen volumetrischen und einen deviatorischen Teil zerlegt werden (σN = σV + σD, εN = εV + εD; siehe Abbildung 4.1). Daraus folgt, dass sich der makroskopische Spannungstensor unter Verwendung von Gleichung (4.22) wie folgt berech- nen lässt: Tr ij V ij D i j i rj j ri S S 3 3n n dS (n n ) dS 2 2 2 σσ σ δ σ δ δπ π= + + +∫ ∫ (4.23) Für jede Komponente der Mikroebene werden die einachsigen Spannungs- Dehnungsbeziehungen wie folgt definiert: V V V D D D,eff Tr Tr Tr ,eff VF ( ) F ( ) F ( , )σ ε σ ε σ ε ε= = = (4.24) mit FV, FD und FTr als einachsige Spannungs-Dehnungsbeziehungen für die volumetrische, deviatorische und die Schubkomponente. Anschließend wird mit Gleichung (4.23) der makroskopische Spannungstensor aus den einzelnen Komponenten berechnet. Die Integra- tion über alle vordefinierten Richtungen der Mikroebenen (21 Richtungen) erfolgt numerisch. Um die Rissentwicklung des Betons für alle Belastungsgeschichten realistisch zu modellie- ren, wurde in Gleichung (4.24) die effektive Dehnung eingesetzt. Sie wird wie folgt berech- net: m,eff m m m I( , )ε ε ψ ε σ= (4.25) worin m für die entsprechenden Komponenten der Mikroebene (V, D, Tr) steht, εm ist die Dehnung, die durch die Projektion des gesamten Dehnungstensors (kinematische Bindung) 68 Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton berechnet wird und ψ ist die s.g. Diskontinuitätsfunktion, die von der Dehnungskomponente und der maximalen Hauptspannung σI abhängt. Die Diskontinuitätsfunktion berücksichtigt die Diskontinuität des makroskopischen Dehnungsfeldes (Rissbildung) auf den einzelnen Ebe- nen. Sie wird berechnet, in dem für überwiegende Zugbelastung das Verhältnis zwischen den positiven volumetrischen und deviatorischen Dehnungskomponenten über die ganze Belastungsgeschichte konstant gehalten wird. Diese Funktion "entspannt" die kinematische Bindung, die sonst bei einer starken Lokalisierung der Dehnungen zu unrealistischen Ergeb- nissen führen würde. Weiterhin ermöglicht die Diskontinuitätsfunktion ψ in der verschmierten Rissmethode die Lokalisierung der Dehnungen sowohl bei Zug- als auch bei Druckversagen. Von Carol et al. (1992) wurde darauf hingewiesen, dass der Ausdruck (ninj), der in Gleichung (4.23) in Verbindung mit σD steht, eigentlich mit (ninj–δij/3) ersetzt werden müsste. Dies resul- tiert aus der Formulierung, in der die virtuelle Arbeit über alle Mikroebene in volumetrische und deviatorische Komponenten aufgeteilt wird und ist thermodynamisch richtig. Der Aus- druck (ninj–δij/3) hat keinen Einfluss auf die elastische Antwort, er kann jedoch das nichtelas- tische Verhalten beeinflussen. Das Fehlen von „–δij/3“ in Gleichung (4.23) kann zum Verstoß gegen thermodynamische Regeln führen, z.B. zur negativen Dissipation innerhalb eines ge- schlossenen Belastungszyklus. Im dargestellten Modell wurde der fehlende Ausdruck „–δij/3“ durch die Verwendung von effektiven Dehnungen (siehe Gleichung 4.25) ausgeglichen. Die effektive Dehnung verbindet die volumetrische mit der deviatorischen und der Schubkompo- nente der Dehnung, damit der Steifigkeitstensor für dominante Zugbelastung symmetrisch wird. Für eine dominierende Zugbeanspruchung verhindert das den Verstoß gegen die o.g. thermodynamischen Regeln. Für eine dominante Druckbelastung überwiegt das Phänomen der Reibung und das Fehlen von „–δij/3“ verliert dadurch an Bedeutung. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Verwendung von effektiven Dehnun- gen im Modell: (i) die unrealistische Antwort des M2 Modells von Bazant und Prat (1988) korrigiert und (ii) die thermodynamische Konsistenz sichert. Die einachsigen Spannungs-Dehnungsbeziehungen auf der Mikroebene im verwendeten Modell lauten: V V V V D D,eff D D,eff Tr Tr ,eff V Tr Tr ,eff( ) C ; ( ) C ; ( , ) Cσ ε ε σ ε ε σ ε ε ε= = = (4.26) mit CV, CD, CTr, als Sekantenmoduln der „Microplane“-Spannungskomponenten. Sie werden definiert als: Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton 69 - - -; ;V V ,0 V D D,0 D Tr T ,0 TrC C 1 C C 1 C C 1ω ω ω= = =( ) ( ) ( ) (4.27) mit ωV, ωD, ωTr, als skalare Schädigungsparameter, die durch entsprechende Funktionen de- finiert werden. Um die Anfangssteifigkeiten der zugehörigen Komponenten CV,0, CD,0, CT,0 zu bestimmen, wird Gleichung (4.27) dem Hookeschen Gesetz für isotropisches und elastisches Material gleichgesetzt (Elastizitätsmodul = E und Querdehnzahl = ν). Daraus ergibt sich: ; ;V ,0 D ,0 V ,0 T ,0 V ,0 5 1 21C E / 1 2 C E C 2 C 3 1 νν η ην −⎛ ⎞= − = = −⎜ ⎟+⎝ ⎠ ( )( ) (4.28) mit η als empirisch ermittelter Parameter. Für Beton wurde die beste Übereinstimmung mit Versuchsergebnissen für η = 0.8 erhalten. Die empirisch ermittelten Parameter a, b, p, q und e4 kontrollieren das volumetrische Druckverhalten des Betons. Sie werden unabhängig von der Betonfestigkeit angenommen und werden durch Anpassung der einachsigen Stauchung mit veränderlicher Querspannung an die Versuchsdaten bestimmt. Die empirisch ermittelten Parameter n, m, k, e1, e2 und e3 werden durch die Anpassung der einachsigen Zug- und Druckbeanspruchung an die Versuchsdaten ermittelt. Durch die Annahme k = m und e2 = 0.8e3 wird der Anzahl der Modellparameter weiter reduziert. Für das Modell werden da- durch insgesamt sechs interne Parameter benötigt – zwei elastische Konstanten (E, ν) und die Parameter n, m, e1, und e3, die die schädigungsinduzierte Anisotropie berücksichtigen. Materialparameter 1 2 3 4 5 6 Elastizitätsmodul E [N/mm2] Querdehnzahl ν Einachsige Zugfestigkeit ft [N/mm2] Einachsige Druckfestigkeit fc [N/mm2] Zugbruchenergie GF [Nmm/mm2] Druckbruchenergie GC = 100GF Modellparameter 7-9 Elastische Parameter: CV,0, CD,0 und CT,0 10-16 Feste Parameter: a = 0.003, b = 0.05, p = 0.75, q = 2.0, e4 = 4.0, k = m, e2 = 0.8e3 17-21 Veränderliche Parameter (e1, e3, n, m) werden durch Anpassung der obergenannten Materialparameter unter Verwendung von einachsigen Druck- und Zugversuchen und der Rissbreite h bestimmt Tabelle 4.1 Material- und Modellparameter für Beton In Tabelle 4.1 sind die relevanten makroskopischen Parameter für Beton und die Modellpa- rameter zusammengefasst. Für die angegebenen makroskopischen Betoneigenschaften (1-6 in Tabelle 4.1) müssen die Modellparameter (Zeile 17-21 in Tabelle 4.1) so gewählt werden, dass im ansteigenden Ast die Spannungs-Dehnungsbeziehung für einachsigen Zug und 70 Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton Druck unabhängig von der „Rissbandbreite“ h ist, während im abfallenden Ast der Kurven- verlauf von h abhängt. Weiterhin ist zu bemerken, dass die Fläche unter den Druck- bzw. Zugkurven multipliziert mit h, mit der Druck- bzw. Zugbruchenergie übereinstimmen sollen. Die „Rissbandbreite“ wurde als Funktion der mittleren Elementgröße angenommen: h = V1/3 für räumliche Finite-Elemente (3D), wobei V das Volumen des 8-knotigen finiten Elementes ist. 4.4.1.2 Temperatureinfluss im Microplane-Modell Um den Einfluss der Temperatur zu berücksichtigen, müssen die makroskopischen mecha- nischen Eigenschaften des Betons (Zeile 1 bis 5 in Tabelle 4.1) temperaturabhängig formu- liert werden. Die nichtlineare FE-Analyse ist inkrementell. Das Lastinkrement wird als Zeit- schritt ∆t definiert, in dem sich die Randbedingungen stufenweise ändern, wie z.B. Umge- bungstemperatur, Umgebungsfeuchte oder Belastung. Im vorliegenden Modell wird ange- nommen, dass während eines Lastschrittes die Temperatur konstant bleibt. Infolgedessen sind auch die temperaturabhängigen Materialeigenschaften während eines Lastschrittes konstant. Elastizitätsmodul In Abschnitt 2 wurde gezeigt, dass mit zunehmender Temperatur der Elastizitätsmodul ab- nimmt. Es wird angenommen, dass bei relativ niedrigen Temperaturen die Abnahme des Elastizitätsmoduls durch den Verlust des Kapillarwassers verursacht wird (Verdampfung). Demgegenüber ist bei größeren Temperaturen die Abnahme des E-Moduls auf die Zerset- zung der einzelnen Betonkomponenten (Zementmatrix und Zuschlag) zurückzuführen. Im Modell folgt der temperaturabhängige Elastizitätsmodul dem Vorschlag von Stabler (2000), in dem E als skalare Funktion der Temperatur angenommen wird: t ,E 0 2 t ,E t ,E E(T ) (1 max( )) E für 0 10 0.2 0.01 für 10 1 ω θ ω θ θ θ ω = − ⋅ ≤ ≤ = ⋅ − ⋅ > = (4.29) mit E0 = Elastizitätsmodul bei (Raum-) Temperatur von T0 = 20°C und θ = (T-T0)/1000C relati- ve Temperatur. Der Wert max(ωt,E) entspricht der höchsten erreichten Temperatur, d.h. bei einer Abkühlung nimmt der Elastizitätsmodul E nicht ab. Die Abhängigkeit des E-Moduls von der Temperatur (Gleichung 4.29) ist in Abbildung 4.2 dargestellt. Es ist eine gute Überein- stimmung zwischen den Modellergebnissen und den Versuchsergebnissen zu erkennen. Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton 71 0 100 200 300 400 500 600 700 800 Temperatur [°C] 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1 R el at iv er E la st iz itä ts m od ul E (T )/E 0 Versuche A (Scheider 1982) Versuche B (Scheider 1982) Modell Abbildung 4.2 Abhängigkeit des relativen Elastizitätsmoduls E(T)/E0 von der Temperatur – Modell und Versuchser- gebnisse Druckfestigkeit Die Druckfestigkeit des Betons nimmt bei Temperaturen bis 300°C zuerst etwas zu, bei wei- terer Zunahme der Temperatur nimmt sie jedoch nahezu linear ab (siehe Abschnitt 2). Bei Temperaturen unter 300°C ist eine verbesserte Hydratation der Zementmatrix festzustellen. Ferner sind die Reibung und die Verzahnung des Zuschlags aufgrund der thermischen Deh- nungen ausgeprägter als bei normalen Temperaturen. Daher nimmt die Druckfestigkeit an- fänglich nicht ab, sondern leicht zu. Bei extrem hohen Temperaturen führen die temperatur- bedingten Mikrorisse, die Verdampfung und die Zersetzung der Zementmatrix und der Zu- schläge zur Abnahme der Druckfestigkeit. Im Modell wurde angenommen, dass die Zylinder- druckfestigkeit des Betons bis T = 300°C temperaturunabhängig ist und dass sie bei höheren Temperaturen linear abnimmt: c c c c t ,f c ,0 t ,f t ,f f (T ) max( )f für 0 2.80 1.0 für 2.80 1.43 1.53 ω θ ω θ ω θ = ≤ ≤ = > = − ⋅ (4.30) mit fc,0 = einachsige Zylinderdruckfestigkeit bei T = 20°C und θ = (T-T0)/1000C relative Tem- peratur. Der Einfluss der Temperatur auf die relative Zylinderdruckfestigkeit ist in Abbildung 4.3 dargestellt. Entsprechende Versuchsergebnisse sind mit eingetragen. Die Modellannah- me stimmt gut mit den gemessenen Ergebnissen überein. 72 Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton 0 100 200 300 400 500 600 700 800 Temperatur [°C] 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 R el at iv e D ru ck fe st ig ke it f c( T) /f c ,0 Versuche (Schneider 1982) Versuche (Abrahms 1971) Modell Abbildung 4.3 Einfluss der Temperatur auf die bezogene Betondruckfestigkeit nach Modell und Versuchen Zugfestigkeit Die Zugfestigkeit des Betons ist gegenüber hohen Temperaturen sehr empfindlich und nimmt mit steigender Erhitzung nahezu linear ab. Bei relativ niedrigen Temperaturen führen die thermischen Dehnungen zu Mikrorissen und zur Schädigung der Kontaktflächen zwischen Zuschlag und Zementmatrix. Dies führt schon bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen, im Gegenteil zur Druckfestigkeit, zu einer Abnahme der Zugfestigkeit. Bei weiter steigender Temperatur nimmt die Zugfestigkeit aufgrund von Mikrorissen, Verdampfung sowie der Zer- setzung der Zementmatrix und der Zuschläge weiter ab. Im dargestellten Modell wird folgen- der Zusammenhang zwischen der Zugfestigkeit und der Temperatur angenommen: t tt t ,f t ,0 t ,f f (T ) max( )f 1 0.13ω ω θ= = − ⋅ (4.31) mit ft,0 = einachsige Zugfestigkeit bei T = 20°C und θ = (T-T0)/1000C relative Temperatur. Abbildung 4.4 zeigt die bezogene Zugfestigkeit als Funktion der Temperatur. Zum Vergleich sind gemessene Ergebnisse mit dargestellt. Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton 73 0 100 200 300 400 500 600 Temperatur [°C] 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 R el at iv e Zu gf es tig ke it f t( T) /f t ,0 Versuche (Schneider 1982) Versuche (Zhang & Bicanic 2002) Modell Abbildung 4.4 Relative Zugfestigkeit als Funktion der Temperatur Bruchenergie Die Bruchenergie nimmt mit zunehmender Temperatur bis ca. 300°C um etwa 60% zu. Bei weiterer Temperaturzunahme ist jedoch eine Abnahme zu beobachten, bis bei ca. 600°C etwa 90% des ursprünglichen Wertes erreicht wird. Der physikalische Hintergrund für dieses Verhalten wurde im Abschnitt 2 erklärt. Im Modell wird die Abhängigkeit der Bruchenergie GF von der Temperatur wie folgt berücksichtigt: F F F F t ,G F ,0 2 t ,G 2 t ,G G (T ) max( )G für 0 2.80 0.917 0.467 0.0833 für 2.80 1 0.407 0.0727 ω θ ω θ θ θ ω θ θ = ≤ ≤ = + ⋅ − ⋅ > = + ⋅ − ⋅ (4.32) mit GF,0 = Bruchenergie bei T = 20°C und θ = (T-T0)/1000C relative Temperatur. Der Einfluss der Temperatur auf die Bruchenergie (nach Modell und Versuchen) ist in Abbildung 4.5 ge- zeigt. Es ist zu erkennen, dass das vorgeschlagene Modell gut mit den Versuchswerten übereinstimmt. 74 Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton 0 100 200 300 400 500 600 Temperatur [°C] 0 0.4 0.8 1.2 1.6 2 R el at iv e B ru ch en er gi e G F( T) /G F, 0 Versuche (Zhang & Bicanic 2002) Modell Abbildung 4.5 Relative Bruchenergie des Betons als Funktion der Temperatur – Modell und Versuchsergebnisse 4.4.2 Freie thermische Dehnung Die freie thermische Dehnung hängt stark von der Art des Zuschlags ab (Schneider 1982). Im vorliegenden Modell wird der Einfluss der Zuschlagsart nicht berücksichtigt, sondern das mittlere Verhalten in etwa abgebildet. Wie in Abbildung 4.6 zu erkennen ist, ist die Abhängig- keit der freien thermischen Dehnung von der Temperatur stark nichtlinear und wird vor allem durch die thermische Stabilität des Zuschlags bestimmt. Obwohl die Versuche darauf hin- deuten, dass diese Dehnung teilweise von der Erhitzungsgeschwindigkeit beeinflusst wird, wurde im Modell diese Abhängigkeit vernachlässigt. Weiterhin wurde die freie thermische Dehnung im Fall des spannungsfreien Körpers als isotrop angenommen (gleiche Dehnungen in allen Richtungen). Gleichung (4.33) beschreibt die Modellannahme: ft ij ij 5 T 6.0 10für 0 6 7.0 für 6 0 ε α δ θ α θ θ α − = ≤ ≤ = − > =  (4.33) mit δij = Kronecker Delta und θ = (T-T0)/1000C relative Temperatur. Die freie thermische Dehnung ist in Abbildung 4.6 als Funktion der Temperatur dargestellt. Ergebnisse aus Ver- suchen für Betone mit drei verschiedenen Zuschlagarten sind mit eingetragen (Schneider 1982). Es ist zu beobachten, dass die freie thermische Dehnung stark vom gewählten Zu- schlag abhängig ist. Bis etwa 600°C nimmt die freie thermische Dehnung mit zunehmender Temperatur zu. Eine weitere Erhöhung der Temperatur hat jedoch nahezu keinen Einfluss Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton 75 auf die freie thermische Dehnung. Die Ursache dafür liegt in der Umwandlung der Aggregat- kristallstrukturen, die bei Temperaturen von ca. 600°C abgeschlossen ist (Bazant & Kaplan 1996). 0 100 200 300 400 500 600 700 800 Temperatur [°C] 0 5 10 15 20 25 Fr ei e th er m is ch e D eh nu ng [‰ ] Versuche Quarz (Schneider 1982) Versuche Sandstein (Schneider 1982) Versuche Basalt (Schneider 1982) Modell Abbildung 4.6 Beziehung zwischen Temperatur und freier thermischer Dehnung – Modellannahme und Versuchser- gebnisse für Beton mit unterschiedlichen Zuschlagsarten 4.4.3 Last induzierte thermische Dehnung (LITS) Als ‚last-induzierte thermische Dehnung‘ (LITS, engl. load-induced thermal strain, Khoury 2006) wird nach Abzug der elastischen Dehnung der Unterschied zwischen Dehnungen im unbelasteten und belasteten Zustand bezeichnet. Wie bereits im Abschnitt 2 erklärt, setzt sich diese Dehnung aus mehreren Komponenten zusammen: temperaturabhängiges Krie- chen, zeitabhängiges Kriechen, Trocknungskriechen. Das temperaturabhängige Kriechen (engl. transient strain) ist mit Abstand die größte Komponente von LITS. Die wesentliche Eigenschaft des temperaturabhängigen Kriechens ist, dass es ausschließlich bei der ersten Erhitzung unter Last stattfindet – bei einer zweiten oder dritten Erhitzung nach vorheriger Abkühlung fehlt es. Im Modell werden die einzelnen Komponenten von LITS nicht getrennt modelliert, da in der vorliegenden Literatur keine eindeutige Aufspaltung in die einzelnen Komponenten vorhanden ist und in Versuchen LITS meistens nur als Summe aller Kompo- nenten gemessen wird (Khoury 2006). Im Modell wird zur LITS-Abbildung eine bi-parabolischem thermo-mechanische Dehnungs- funktion verwendet (Nielsen et al. 2002). Es wird angenommen, dass die gesamte span- 76 Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton nungsabhängige thermische Dehnung irreversibel ist. Die einachsige (skalare) Differential- gleichung dieses Modells lautet: lits c ,0 * * * * (T , ) T f 2 A B für 0 4.5 0.01 2 C ( ) 2 A B für σε σ β θ θ θβ θ θ θ θ θ = ⎧ ⎫⋅ ⋅ + ≤ ≤ =⎪ ⎪= ⋅ ⎨ ⎬⋅ ⋅ − + ⋅ ⋅ + >⎪ ⎪⎩ ⎭  (4.34) mit θ = (T-T0)/1000C relative Temperatur und θ* = dimensionslose Übergangstemperatur (470°C) zwischen zwei Bestimmungsgleichungen für den Parameter β. Diese zwei Ausdrü- cke wurden eingeführt, um die plötzliche Verhaltensänderung, die in Versuchen beobachtet wird, zu berücksichtigen. A, B und C sind aus Versuchen abgeleitete Konstanten, die im Mo- dell zu A = 0.0005, B = 0.00125 und C = 0.0085 gesetzt werden. 0 100 200 300 400 500 600 700 Temperatur [°C] -18 -16 -14 -12 -10 -8 -6 -4 -2 0 La st in du zi er te th er m is ch e D eh nu ng [‰ ] Versuchsstreuung (Zhang & Bicanic 2002) Modell σ = −0.3⋅fc,0 Abbildung 4.7 Lastinduzierte thermische Dehnung als Funktion der Temperatur unter einachsiger Druckbelastung von σ = –0.3·fc,0 Sämtliche experimentellen Untersuchungen zur Bestimmung der lastinduzierten thermischen Dehnung wurden ausschließlich unter Druckbelastung durchgeführt. Für Zugbeanspruchun- gen sind keine Versuche bekannt Weiterhin ist die Zugfestigkeit des Betons im Vergleich zu Druckfestigkeit viel zu gering, damit sich Effekte wie das temperaturabhängige Kriechen entwickeln könnten. Es wird daher angenommen, dass Gleichung (4.34) nur für Druckspan- nungen gilt und, dass die Querdehnzahl, die die axiale und laterale lastinduzierte thermische Dehnung verbindet, eine Materialkonstante ist, die den Wert der Querdehnzahl des unbe- Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton 77 schädigten Betons hat. Auf dieser Basis lautet die drei-dimensionale Gleichung zur Bestim- mung der lastinduzierten thermischen Dehnung: ( )litsij ij ij kk ij max c ,0 max max max max (T , ) (1 ) T (T ) f T (T ) T for T T ; T (T ) 0 für T T βε σ ν σ νσ δ− −= + − = ≥ = <     (4.35) mit ‘–‘ als negative Komponente des Spannungstensors (Druckspannung), d.h. die Kompo- nenten der Zugspannung werden zu Null gesetzt. Tmax ist die maximal erreichte Temperatur. Sie wird in Gleichung (4.35) eingeführt, um das irreversible Verhalten der thermo- mechanischen Dehnung zu berücksichtigen. In Abbildung 4.7 ist die lastinduzierte thermi- sche Dehnung über der Temperatur aus Modell und Versuchen (streuband) aufgetragen. Es lässt sich eine gute Übereinstimmung erkennen. 4.4.4 Porendruck Wie bereits in Abschnitt 3.4 erwähnt, setzt sich im Modell der Gesamtdehnungstensor aus der mechanischen Dehnung, der freien thermischen Dehnung und der last-induzierten ther- mischen Dehnung zusammen. Der mechanische Dehnungstensor, der im konstitutiven Ge- setz für den Beton (Microplane-Modell) verwendet wird, lässt sich daher wie folgt berechnen: ( )m ft litsε ε ε ε= − + (4.36) Aus den mechanischen Dehnungen εm werden das effektive Spannungsinkrement σ , das die Spannungen in der unbeschädigten Betonmatrix ohne Poren darstellt, und das makro- skopische Spannungsinkrement σ (siehe Abbildung 4.8a), das für die tatsächlichen Span- nungen im Beton basierend auf dem Microplane-Modell steht (Ozbolt et al. 2001, Ozbolt et al. 2008) ausgerechnet: : m pσ ε σ= +D   (4.37) mit D = tangentialer Materialsteifigkeitstensor des Microplane-Modells, mε = Inkrement der mechanischen Dehnung und pσ = Inkrement der Spannungen infolge des Porendruckes. Der Porendruck ist – laut Definition – ein in den Betonporen, d.h. im Hohlraum zwischen der Betonmatrix, vorhandener Druck. Daher ist der Porendruck eine auf der mikroskopischen 78 Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton Materialebene wirksame Spannung. Damit der Porendruck auf der makroskopischen Materi- alebene richtig verwendet werden kann, muss die Verformbarkeit der Betonmatrix (Festpha- se) berücksichtigt werden. Dies wird in der Literatur üblicherweise durch Verwendung des sog. Biot’schen Koeffizienten B erreicht (Gawin et al 2005, Lee 2008): S KB 1 K = − (4.38) mit K = Kompressionsmodul des Gesamtkörpers (Betonmatrix und Poren) und KS = Kompressionsmodul der Betonmatrix (Festphase). Die Gleichung (4.37) nimmt unter Berücksichtigung von Gleichung (4.38) folgende Form an: : m B pσ ε= + ⋅ ⋅D Ι  (4.39) mit p = Inkrement des Porendrucks (der Porendruck ist hier ein skalarer Wert und – laut Definition – negativ). Die Beziehung zwischen den Kompressionsmoduln K und KS lässt sich vereinfacht durch die Porosität des Betons beschreiben: ( ) SK 1 n K= − (4.40) Fügt man die Gleichung (4.40) in die Beziehung für den Biot’schen Koeffizient (Gleichung 3.38) erhält man: S S S K (1 n )KB 1 1 n K K −= − = − = (4.41) und schließlich: : m n pσ ε= + ⋅ ⋅D Ι  (4.42) Im dargestellten Modell wird daher das Spannungsinkrement infolge des Porendruckes als Produkt der Porosität n in jedem Lastinkrement und des Inkrements des Porendrucks p be- rechnet (siehe Abbildung 4.8b). Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton 79 ε σ σ σ εm p p p pp p p p p KS σ p σ p (a) (b) Abbildung 4.8 Bedeutung der effektiven (σ ) und makroskopischen (σ ) Spannungen (a) sowie einfache Darstellung des Konzepts der Umrechnung des Porendruckes p in die volumetrische Spannung σp (b) 4.5 Einfluss der Schädigung im Beton auf Wärme- und Feuchte-Transport Der Ansatz zur Lösung des gekoppelten Wärme- und Feuchtetransportes, (vgl. Abschnitt 4.2) basiert auf der Annahme, dass das poröse Material, z.B. Beton, unbeschädigt ist. Es ist allerdings bekannt, dass es in Beton unter Belastung oder unter Temperaturbeanspruchung infolge Eigenspannungen zur Rissbildung kann. Die Risse „trennen“ den Beton und bilden eine Diskontinuität zwischen den homogenen Betonteilen. Die Struktur des Betons wird da- durch lokal stark verändert und damit der Feuchte und Wärmetransport wesentlich beein- flusst. So wird der Transport von Wasserdampf im Riss deutlich verbessert, da der entstan- dene Hohlraum eine „Leitung“ durch das sonst dichte Material darstellt. Weiterhin wird der Porendruck im Bereich des Risses verringert, da dem verdampften Wasser infolge der Riss- bildung zusätzlicher Raum zur Verfügung steht. Hinsichtlich des Wärmetransports stellt ein Riss eine „thermische Barriere“ dar. Der Riss wird mit einer Mischung von Wasserdampf und Luft ausgefüllt, die eine deutlich niedrigere Wärmeleitfähigkeit als Beton aufweist. Diese Phänomene sind für das Verhalten von Beton unter hohen Temperaturen sehr wichtig. Insbesondere bei der Modellierung der explosionsartigen Betonabplatzungen müssten sie berücksichtigt werden. Im Modell wird der Einfluss einer Betonschädigung durch die Anpas- sung der Kontrollparameter für den Wärmetransport – Wärmeleitfähigkeit, Rohdichte, spezi- fische Wärmekapazität – und für den Feuchtetransport – relative Permeabilität, Porosität – jeweils in Abhängigkeit von der Rissbreite berücksichtigt. 80 Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton Das Finite-Elemente-Programm MASA verwendet die verschmierte Rissbandmethode, d.h. im Modell wird ein Riss über ein Element verschmiert. Die Rissbreite w wird als Produkt der Hauptzugdehnung ε11 und der mittleren Elementlänge h berechnet: ( ) für Hexaeder-Elemente für Tetraeder-Elemente 11 1 / 3 1 / 3 w h h V h 5 V ε= ⋅ = = ⋅ (4.43) mit V = Volumen des Elementes. 4.5.1 Steuerungsparameter für den Wärmetransport in beschädigtem Beton Die Parameter, die die Verteilung der Temperatur in einem Bauteil am stärksten beeinflus- sen, sind die Wärmeleitfähigkeit, die spezifische Wärmekapazität und die Rohdichte (siehe Gleichung 4.7). In experimentellen Untersuchungen ist es jedoch nahezu unmöglich Mes- sungen, wie diese Parameter durch einen Riss beeinflusst werden, durchzuführen. Es kann lediglich die Temperaturverteilung im Bereich eines Risses gemessen werden. Empirisch ermittelte Funktionen, die diese Parameter in Abhängigkeit von der Rissbreite beschreiben, sind dem Autor nicht bekannt und müssen daher über Sinnvolle Annahmen abgebildet wer- den. Bei der Bestimmung der entsprechenden Funktionen wurde angenommen, dass die o.g. Parameter eines gerissenen Betons ungefähr denen eines Porenbetons entsprechen. Dies kann dadurch begründet werden, dass Porenbeton einen deutlich höheren Anteil an Poren- hohlraum besitzt als Normalerbeton. Öffnet sich im Normalbeton ein Riss, so wächst der An- teil an Hohlräumen im Riss. Dabei wird angenommen, dass bei Erreichen der kritischen Rissbreite von 0.2 mm die Kontrollparameter für den Wärmetransport den Werten des Po- renbetons entsprechen. Zwischen den Werten bei der kritischen Rissbreite und den Normal- werten für unbeschädigten Beton (Rissbreite w = 0) wird linear interpoliert (siehe Abbildung 4.9). Ferner wird aus numerischen Gründen angenommen, da das dargestellte Modell im Rahmen der Kontinuumsmechanik formuliert ist, dass in einem „gerissenen“ Element für Rissbreiten größer als 0,2 mm kein zusätzlicher Einfluss auf den Wärme- und Feuchtetrasport besteht. Daher werden alle o.g. Parameter für wc = 0.2 mm konstant gehalten. Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton 81 Rissbreite w [mm] W är m el ei tfä hi gk ei t λ [W /m K ] λ(w=0) λ(w≥wc)=0.9 wc=0.20 0 Rissbreite w [mm] R oh di ch te ρ [k g/ m 3 ] ρ(w=0) ρ(w≥wc)=1000 0 wc=0.2 0 (a) (b) Rissbreite w [mm] Sp ez ifi sc he W är m ek ap az itä t C [J /k gK ] C(w=0) C(w≥wc)=1000 0 wc=0.2 0 (c) Abbildung 4.9 Angenommener Einfluss der Rissbreite auf die Wärmeleitfähigkeit (a), die Rohdichte (b) und die spezi- fische Wärmekapazität (c) 4.5.2 Steuerungsparameter für den Feuchtetransport und den Porendruck in beschädig- tem Beton Der Feuchtetransport durch ein poröses Medium sowie die Ausbildung des Porendruckes wird maßgeblich durch die relative Permeabilität und die Porosität gesteuert. Da der Einfluss von Rissen im Beton auf die Porosität nicht durch Versuchsergebnisse belegt ist, wurde in vorliegender Arbeit die entsprechende Annahme wie für die Steuerungsparameter des Wär- metransports getroffen. Nämlich, dass die Porosität bei Erreichen der kritischen Rissbreite (wc =0.2 mm) der Porosität des Porenbetons entspricht (siehe Abbildung 4.10a). Den Einfluss der Rissbildung in Beton auf die Permeabilität untersuchte Wang et al. (1997). Dabei wurde eine dünne Betonscheibe „kontrolliert“ in den gerissenen Zustand überfördert. Anschließend wurde die Permeabilität durch Wasserpermeabilitätsversuche gemessen und mit Versuchen an ungerissenen Proben verglichen. Die Ergebnisse zeigen, dass bis zu einer Rissöffnung von etwa 50 μm keine Zunahme der Permeabilität erfolgt. Mit zunehmender Rissöffnung nimmt jedoch die Permeabilität nahezu exponentiell zu. Bei einer Rissbreite von 82 Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton w = 0,2 mm ist die Permeabilität um etwa 1000-mal größer als der Wert im ungerissenen Beton. Für größere Rissbreiten ist im logarithmischen Maßstab die Permeabilitätszunahme linear. Weitere Untersuchungen zum Einfluss der Rissbreite auf die Permeabilität wurden von Aldea et al. (2000) durchgeführt. Im Modell wird basierend auf den Versuchsergebnissen bis zu einer Rissbreite von w = 0,05 mm keine Zunahme der Permeabilität angenommen. Zwischen w = 0,05 mm und wc = 0,2 mm wird eine exponentielle Zunahme der Permeabilität vorausgesetzt (Gleichung 4.44). Nach Überschreiten der kritischen Rissbreite von wc = 0,2 mm, bei der die Permeabili- tät ca. 1000mal größer ist als die Referenzpermeabilität, ist eine weitere Zunahme der Per- meabilität ausgeschlossen (siehe Abbildung 4.10b). ; 5 w w 0 c c w 0.051 999 w 0.2 w 0.05= ⎡ ⎤⎛ ⎞−⎢ ⎥= + ⋅ =⎜ ⎟−⎢ ⎥⎝ ⎠⎣ ⎦ a a (4.44) Rissbreite w [mm] P or os itä t n [-] n(w=0) n(w≥wc)=0.8 0 wc=0.2 0 Rissbreite w [mm] P er m ea bi lit ät a (l og . M aß st ab ) Wang et al. (1997) Aldea et al. (2000) Model a(w=0) a(w ≥ wc)=a(w = 0)×103 w=0.05 wc=0.2 0 0 (a) (b) Abbildung 4.10 Annahmen zum Einfluss der Rissbreite auf die Porosität, Modell (a) und auf die Permeabilität nach Versuchen: Wang et al (1997) und Aldea et al. (2000) und Modell (b) 4.6 Numerische Implementierung 4.6.1 Schwache Form der Differentialgleichungen für Feuchte- und Wärmetransport Um die Differentialgleichungen für den Feuchte- und Wärmetransport (Gleichungen 4.6 und 4.7) numerisch mit Hilfe der Finite-Elemente-Methode lösen zu können, müssen sie zunächst in eine schwache, integrale Form umgewandelt werden (Belytschko et al. 2001): Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton 83 ( )p O en p p p d x x y y z z w p w Td d p p d 0 p t T t ν ν ν ν ν να Ω Ω Ω Γ ⎛ ⎞∂ ∂ ∂ ∂ ∂ ∂+ + Ω −∫ ⎜ ⎟∂ ∂ ∂ ∂ ∂ ∂⎝ ⎠ ⎛ ⎞∂ ∂ ∂ ∂⎛ ⎞− Ω − Ω + − Γ =∫ ∫ ∫⎜ ⎟ ⎜ ⎟∂ ∂ ∂ ∂⎝ ⎠⎝ ⎠ a (4.45) ( )a a T O en T T T Tb d c d x x y y z z t w p w TC d C d T T d 0 p t T t ν ν ν ν ρ ν ν να Ω Ω Ω Ω Γ ⎛ ⎞∂ ∂ ∂ ∂ ∂ ∂ ∂⎛ ⎞+ + Ω − Ω +∫ ∫⎜ ⎟ ⎜ ⎟∂ ∂ ∂ ∂ ∂ ∂ ∂⎝ ⎠⎝ ⎠ ⎛ ⎞∂ ∂ ∂ ∂⎛ ⎞+ Ω + Ω + − Γ =∫ ∫ ∫⎜ ⎟ ⎜ ⎟∂ ∂ ∂ ∂⎝ ⎠⎝ ⎠ (4.46) mit ν = Testfunktion, Ω = Einheitsvolumen und Γ = Oberfläche des Einheitsvolumens. Es ist zu erkennen, dass in Gleichung (4.45) der Einfluss der Hydratation (∂wd/∂t) vernach- lässigt wurde. Dies kann darauf zurückgeführt werden, dass das Modell in erster Linie für die Brandsimulation verwendet werden soll, und dabei die Temperatur sehr schnell ansteigt. Nach der Einheitstemperaturkurve (ETK) wird schon nach 1 Minute eine Temperatur von ca. 350°C erreicht, nach 2 Minuten etwa 450°C. Bei diesen hohen Temperaturen sind die Hydra- tations- bzw. Dehydratationsprozesse im Beton schon nahezu abgeschlossen und spielen daher eine untergeordnete Rolle. Implizit werden diese Prozesse ohnehin bei der Modellie- rung des Zustands des Porenwassers (Gleichungen 4.12, 4.13. und 4.14) berücksichtigt, da diese Modellierung auf Versuchen aufbaut, in denen die Hydratation bzw. Dehydratation nicht ausgeschlossen werden kann. Durch Einführung der Bedingung, dass die Testfunktion stationär ist, erhält man folgendes System nichtlinearer Gleichungen (Voigtsche Formulierung): [ ]{ } [ ]{ } [ ]{ } { } [ ]{ } [ ]{ } [ ]{ } { } 1 2 1 1 3 4 2 2 C p C T K p R C T C p K T R + + = + + =    (4.47) mit [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] ∂ ∂= =∫ ∫∂ ∂ ∂ ∂= − = −∫ ∫∂ ∂ T T 1 2 Ω Ω T T 3 a 4 a Ω Ω w w C N N d ; C N N d ; p T w w C (C C ) N N d ; C C N N d ; T p Ω Ω ρ Ω Ω [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] { } [ ] { } [ ] = =∫ ∫ ∫ ∫ = =∫ ∫ + + T T T T 1 p 2 T Ω Ω T T 1 p en 2 T en K B B d N N d ; K b B B d N N d ; R N p d ; R N T d ; Γ Γ Γ Γ Ω α Γ Ω α Γ α Γ α Γ a 84 Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton hierin bedeuten [N] die Matrix der Ansatzfunktion, die das Feld und die Knotenwerte der Un- bekannten verbindet, und [B] die Matrix der räumlichen Ableitung der Ansatzfunktion, die die Bindung zwischen dem Gradientenfeld und den Knotenwerten der Unbekannten darstellt. 4.6.2 Zeitintegration Das System nichtlinearer Gleichungen (4.42) ist instationär, d.h. zeitabhängig. Die Lösung eines zeitabhängigen Systems kann entweder mithilfe der modalen Methode oder der direk- ten Integrationsmethode gefunden werden (Cook et al. 1989). Die modale Methode eignet sich für eine Lösung von Gleichungen, in denen die Materialeigenschaften unabhängig von der gesuchten Lösung (Temperatur oder Porendruck) sind. Bei nichtlinearen Problemen, wie im vorliegenden Fall sollte die Lösung mit der direkten Integrationsmethode gesucht werden. Bei der direkten Integrationsmethode wird zwischen zwei verschiedenen Zuständen, die sich durch den Zeitschritt ∆t unterscheiden, z.B. {T}r und {T}r+1, folgende Beziehung angenom- men: { } { } ( ){ } { } { } ( ){ } r r 1r 1 r r r 1r 1 r p p 1 p p t T T 1 T T t β β Δ β β Δ ++ ++ = + − + = + − +     (4.48) mit β = Faktor, dessen Wert zwischen 0 – 1 wählbar ist. Bei nichtlinearen Problemen führt lediglich β = 1 (Rückwärtsdifferenzenquotient) zur bedingungslosen numerischen Stabilität (Cook et al. 1989). Im vorgeschlagenen Modell wird daher in der Gleichung (4.48) β = 1 ge- setzt. Dies führt in Kombination mit Gleichung (4.47) zu folgendem Gleichungssystem: [ ] [ ] { } [ ]{ } [ ]{ } [ ]{ } { } [ ] [ ] { } [ ]{ } [ ]{ } [ ]{ } { } 1 2 1 2 1 1r 1 r 1 r r 3 4 3 4 2 2r 1 r 1 r r C C C C K p T p T R t t t t C C C C K T p T p R t t t t Δ Δ Δ Δ Δ Δ Δ Δ + + + + + + = + + + + = + + ⎛ ⎞⎜ ⎟⎝ ⎠ ⎛ ⎞⎜ ⎟⎝ ⎠ (4.49) Das Gleichungssystem (4.49) wird in jedem Zeitschritt nach den Unbekannten T und p auf- gelöst. Die Lösung muss iterativ gesucht werden, da es sich um nicht-lineare Gleichungen handelt. Hierzu wird die direkte Integrationsmethode angewendet (Owen & Hinton 1980). Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton 85 4.6.3 Numerischer Algorithmus Die numerische Analyse wird inkrementell durchgeführt. In jedem Zeitschritt ∆t werden die partiellen Differentialgleichungen (4.6) und (4.7), die die Wärme- und Feuchtetransportpro- zesse im Beton definieren, sowie die Gleichgewichtsgleichung (mechanischer Teil des Mo- dells) gleichzeitig gelöst. Daher wird angenommen, dass die Schädigung des Betons in je- dem Zeitschritt konstant ist, d.h. die Kontrollparameter für den Wärme- und Feuchtetransport werden unter Verwendung der Schädigung aus dem vorherigen Zeitschritt bestimmt. In der Abbildung 4.11 wird der Lösungsalgorithmus des Modells in Form eines Flussdiagramms gezeigt. Abbildung 4.11 Flussdiagramm des Lösungsalgorithmus des thermo-hygro-mechanischen Modells Für vorgegebene Geometrie- und Materialdaten wird ein FE-Netz erstellt und die Anfangs- und Randbedingungen für die Berechnung werden definiert. Anschließend wird für den Zeit- schritt ∆t eine nichtlineare Thermo-Hygro-Porendruck-Analyse durchgeführt, d.h. die gekop- pelten Gleichungen für den Wärme- und Feuchtetransport werden iterativ gelöst. Vor der ersten Iteration werden in jedem Zeitschritt die Steuerungsparameter in Abhängigkeit von der Rissbreite berechnet, sofern eine Schädigung (Rissbildung) im Beton vorliegt. Nach der Thermo-Hygro-Porendruck-Analyse ist die Verteilung der Temperatur, der Feuchtigkeit und des Porendruckes im gesamten Bauteil bekannt. Im zweiten Teil der Berechnung wird die nicht-lineare statische Gleichgewichtsanalyse unter Verwendung des thermo-mechanischen Microplane-Modells durchgeführt. Hier wird neben einer äußeren Belastung (Knotenverschiebungen oder Knoten- bzw. Elementlasten auch die Ite ra tio n Materialdaten, FE-Netz, Anfangs- und Randbedingungen Berechnung der Kontrollparameter für den Feuchte- und Wärmetransport als Funktion der Temperatur, des Porendruck und der Rissbreite Nichtlineare instationäre Thermo-Hygro-Porendruck-Analyse Statische Belastung: äußere Last + Porendruck + Temperatur Nichtlineare Gleichgewichtsanalyse unter Verwendung des thermo-mechanischen Microplane-Modells Ende der Berechnung Ite ra tio n Δt 86 Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton „innere Belastung“ infolge der Temperatur und des Porendruckes berücksichtigt. Die Lösung erfolgt ebenfalls iterativ mithilfe der Newton-Raphson-Methode (Owen & Hinton 1980). Nach Beendigung des zweiten Berechnungsschrittes stehen die Verteilungen der Spannungen sowie der Dehnungen im gesamten Bauteil zur Verfügung. Der oben beschriebene Ablauf wird für jeden weiteren Zeitschritt ∆t wiederholt bis die vorge- gebene Gesamtzeit t erreicht ist. 4.7 Verifizierung des Modells 4.7.1 Verifizierung der Feuchte- und Temperaturtransportvorgänge Die Implementierung der Gleichungen für den Wärme und Feuchtetransport wurde anhand von zwei Beispielen aus der Literatur verifiziert. Da es sich hierbei lediglich um die Überprü- fung der Verteilung der Temperatur und des Porendruckes in einem Bauteil handelt, wird keine Gleichgewichtsanalyse durchgeführt. Im ersten Beispiel wird eine einseitig erhitzte Betonwand simuliert. Da die Wand von der Umgebung nicht abgeschnitten ist, ist es für die Feuchte möglich, sowohl nach außen als auch nach innen auszuweichen (siehe Abbildung 4.12a). Das zweite Beispiel entspricht dem ersten, allerdings befindet sich auf der Wandoberfläche eine Metalschicht, die als Isolierung gegenüber der Umgebung wirkt. Dies ist z.B. in Kernre- aktoren üblich. In diesem Fall kann die Feuchtigkeit nur ins Innere des Bauteils ausweichen (siehe Abbildung 4.12b). (a) (b) Abbildung 4.12 Beispiele zur Validierung der FE-Implementierung des Wärme- und Feuchtetransports: ohne Isolie- rung (a) und mit Isolierung (b) Wärmeströmung Feuchteströmung Wärmeströmung Feuchteströmung Isolierung Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton 87 Die Wand wird mit einer konstanten Geschwindigkeit von 80°C/min erhitzt. Es wurden die folgenden Materialeigenschaften des Betons angenommen: Wärmeleitfähigkeit b = 1.67 J/m·s Permeabilität bei T=20°C a0 = 10-12 m/s Wassergehalt bei der Sättigung bei T=20°C w1 = 100 kg/m3 Wasserzementwert w/c = 0.5 Rohdichte des Beton ρ = 2400 kg/m3. In Abbildung 4.13 wird die berechnete Verteilung des Porendrucks über die Wandtiefe für das erste Beispiel mit den Ergebnissen der numerischen Untersuchungen von Bazant & Kaplan (1996) verglichen. Da die Wandoberfläche nicht von der Umgebung isoliert ist, ent- spricht der Porendruck an der Wandoberfläche dem Umgebungsdruck. Infolge der Erhitzung der Wandoberfläche verdampft das Wasser in den Poren und wird teilweise nach außen in die Umgebung und teilweise in das Betoninnere gedrängt. Dadurch kommt es zu einem An- stieg des Porendrucks im Bauteilinneren. Aus Abbildung 4.13 ist zu erkennen, dass mit zu- nehmender Erhitzung der Höchstwert des Porendrucks ansteigt und der Abstand des Höchstwertes des Porendrucks von der erhitzten Oberfläche zunimmt. Nach einer 6- minütiger Erhitzung erreicht der Porendruck etwa 2.2 bis 2.5 N/mm2 in einem Abstand von etwa 10 bis 12 mm von der Bauteiloberfläche Die Modellergebnisse stimmen mit den Be- rechnung von Bazant & Kaplan (1996) gut überein. 0 10 20 30 40 50 Abstand von der erhitzten Oberfläche [mm] 0 0.5 1 1.5 2 2.5 P or en dr uc k [N /m m 2 ] Erhitzungszeit 6 Min. 5 Min. 4 Min. 3 Min. 2 Min. Bazant & Kaplan 1996 0 10 20 30 40 50 Abstand von der erhitzten Oberfläche [mm] 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 P or en dr uc k [N /m m 2 ] Erhitzungszeit 6 Min. 5 Min. 4 Min. 3 Min. 2 Min. Modell (a) (b) Abbildung 4.13 Verteilung des Porendrucks als Funktion des Abstandes von der erhitzten Oberfläche für verschiede- ne Erhitzungszeiten, Beispiel 1 (ohne Isolierung): nach Bazant & Kaplan (1996) (a) und Modellergeb- nisse (b) 88 Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton Die Verteilung der Temperatur als Funktion des Abstandes von der erhitzten Oberfläche ist für das erste Beispiel in Abbildung 4.14 aufgetragen. Die Modellergebnisse stimmen mit den Ergebnissen der Untersuchung von Bazant & Kaplan (1996) sehr gut überein. 0 10 20 30 40 50 Abstand von der erhitzten Oberfläche [mm] 0 100 200 300 400 500 Te m pe ra tu r [ °C ] Erhitzungszeit 6 Min. 5 Min. 4 Min. 3 Min. 2 Min. Bazant & Kaplan 1996 0 10 20 30 40 50 Abstand von der erhitzten Oberfläche [mm] 0 100 200 300 400 500 Te m pe ra tu r [ °C ] Erhitzungszeit 6 Min. 5 Min. 4 Min. 3 Min. 2 Min. Modell (a) (b) Abbildung 4.14 Verteilung der Temperatur als Funktion des Abstandes von der erhitzten Oberfläche für verschiedene Zeitpunkte für Beispiel 1 (ohne Isolierung): nach Bazant & Kaplan (1996) (a) und Modellergebnisse (b) Die Porendruck- bzw. die Temperaturverteilungen sind für das zweite Beispiel in Abbildung 4.15 bzw. Abbildung 4.16 als Funktion des Abstandes von der erhitzten Oberfläche darge- stellt. Da die Wandoberfläche an der erhitzten Seite von der Umgebung isoliert ist, baut sich der höchste Druck direkt an der Wandoberfläche auf und nimmt mit ansteigender Tempera- tur zu. Im Bauteilinneren wird der Porendruck abgebaut, da hier eine niedrigere Temperatur vorliegt ist. Sowohl für die Porendruck- als auch für die Temperaturverteilung stimmen die Modellergebnisse mit den Ergebnissen nach Bazant & Kaplan (1996) gut überein. 0 10 20 30 40 50 Abstand von der erhitzten Oberfläche [mm] 0 0.5 1 1.5 2 2.5 P or en dr uc k [N /m m 2 ] Erhitzungszeit 3.5 Min. 3.0 Min. 2.5 Min. 2.0 Min. 1.5 Min. Bazant & Kaplan 1996 0 10 20 30 40 50 Abstand von der erhitzten Oberfläche [mm] 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 P or en dr uc k [N /m m 2 ] Erhitzungszeit 3.5 Min. 3.0 Min. 2.5 Min. 2.0 Min. 1.5 Min. Modell (a) (b) Abbildung 4.15 Verteilung des Porendrucks als Funktion des Abstandes von der erhitzten Oberfläche für verschiede- ne Zeitpunkte für Beispiel 2 (mit Isolierung): nach Bazant & Kaplan (1996) (a) und Modellergebnisse (b) Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton 89 0 10 20 30 40 50 Abstand von der erhitzten Oberfläche [mm] 0 100 200 300 Te m pe ra tu r [ °C ] Erhitzungszeit 3.5 Min. 3.0 Min. 2.5 Min. 2.0 Min. 1.5 Min. Bazant & Kaplan 1996 0 10 20 30 40 50 Abstand von der erhitzten Oberfläche [mm] 0 100 200 300 Te m pe ra tu r [ °C ] Erhitzungszeit 3.5 Min. 3.0 Min. 2.5 Min. 2.0 Min. 1.5 Min. Modell (a) (b) Abbildung 4.16 Verteilung der Temperatur als Funktion der Wandtiefe für verschiedene Zeitpunkte für Beispiel 2 (mit Isolierung): nach Bazant & Kaplan (1996) (a) und Modellergebnisse (b) 4.7.2 Verifizierung des mechanischen Modellteils Die Überprüfung des thermo-hygro-mechanischen Modells erfolgte durch Nachrechnung von zwei Versuchen unter Temperaturbeanspruchung. Im Zuge der Nachrechnung wurde im ers- ten Versuch die Gesamtverformung eines freien Bauteils und im zweiten Versuch die unter Zwang entstandenen Spannungen im Beton überprüft. Auf diese Weise konnte die Imple- mentierung des temperaturabhängigen Microplane-Modells und der thermischen Dehnungen (freie thermische Dehnung bzw. last-induzierte thermische Dehnung) verifiziert werden. Im- plizit wurde dadurch auch die Temperaturverteilung überprüft. Explosionsartige Betonabplat- zungen fanden in den Versuchen nicht statt und der Porendruck wurde nicht gemessen. Da- her können die Porendruckverteilung sowie die Implementierung des Porendrucks im me- chanischen Teil des Modells auf dieser Basis nicht überprüft werden. Zuerst wurden die Versuche von Thelandersson (1987) nachgerechnet, in denen ein Beton- zylinder einachsig belastet (siehe Abbildung 4.17a) und anschließend von allen Seiten erhitzt wurde. Es wurden verschiedene Belastungsstufen untersucht. In der FE Berechnung wird der Probekörper (Betonzylinder) mit achtknotigen dreidimensionalen Elementen diskretisiert, mit unterschiedlich großen Druckkräften vorbelastet und anschließend erhitzt. In Abbildung 4.17b ist die Dehnung in Belastungsrichtung als Funktion der Temperatur dar- gestellt. Es sind sowohl die berechneten Werte als auch die Versuchsergebnisse von Thelandersson (1987) aufgetragen. Für den Fall ohne Vorbelastung (σ = 0) entsprechen die Dehnungen den freien thermischen Dehnungen. Wird der Zylinder mit einer Druckkraft vor- belastet, wird aufgrund der Stauchung die last-induzierte thermische Dehnung aktiviert und der Zylinder schrumpft zusammen. Mit zunehmender Vorbelastung wird die Ausdehnung des 90 Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton σ Zylinders zunehmend kleiner, um schließlich bei einer Vorbelastung von σ = 0.675·fc,0 nur noch negative Dehnungen aufzuweisen. Die berechneten Ergebnisse stimmen mit den ge- messenen Werten gut überein. 0 100 200 300 400 500 600 700 800 Temperatur [°C] -12 -8 -4 0 4 8 12 16 D eh nu ng [‰ ] Versuche (Thelandersson 1982) Modell σ = 0 σ = −0.225⋅fc,0 σ = −0.45⋅fc,0 σ = −0.675⋅fc,0 (a) (b) Abbildung 4.17 Untersuchte Geometrie (a) und gemessene und berechnete Ergebnisse - Gesamtdehnung in Abhän- gigkeit von der Temperatur (Thelandersson 1987)(b) Zur weiteren Modellüberprüfung wurde ein luftgelagertes Betonprisma (20°C / 65 % r.F.) unter einachsiger und zweiachsiger Dehnungsbehinderung einer Temperaturbeanspruchung ausgesetzt (Ehm (1986), siehe Abbildung 4.18a). Die Berechnung wurde für beide Randbe- dingungen unter Verwendung von achtknotigen dreidimensionalen Finiten Elementen durch- geführt. Die Berechnungsergebnisse sind den Versuchsergebnissen in Abbildung 4.18b in Form der relativen Druckspannungen σ/fc,0 gegenübergestellt. Die bezogenen Druckspannungen steigen bis zu 120°C stark an. Anschließend folgt zwi- schen 120°C und 200°C eine Phase des Schwindens, in der die Zwangskräfte abnehmen. Nach Durchlaufen eines Minimums bei knapp über 200°C steigen die Zwangskräfte wieder an und erreichen bei 310°C bis 350°C Maximalwerte, die bei 50 bis 60% der Kurzzeitbruch- last bei Normaltemperatur liegen. Anschließend nehmen die Zwangskräfte ständig ab und erreichen bei etwas über 800°C den Wert Null. Der Spannungszustand beeinflusst die qualitative Entwicklung der Zwangskräfte nur wenig. Der zweiaxiale Spannungszustand verursacht allerdings höhere Zwangskräfte als der einaxiale Spannungszustand. Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton 91 Es ist aus der Abbildung 4.18 zu erkennen, dass sowohl das einaxiale als auch das zwei- axiale Spannungsverhalten mit dem vorhandenen Modell gut erfasst ist. Die berechneten absoluten Werte der bezogenen Druckspannungen sind etwas niedriger als die gemessen Werte, doch die gemessenen Zu- und Abnahmen der Spannungen sind gut abgebildet. In- teraktion zwischen thermischem und mechanischem Teil des Modells, die in diesem Beispiel eine wichtige Rolle spielt, ist gut erfasst. 0 150 300 450 600 750 900 Temperatur [°C] 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 R el at iv e S pa nn un g (σ T /f c 0 ) Versuche (Ehm 1986) Modell Einachsige Dehnungsbehinderung Zweiachsige Dehnungsbehinderung (a) (b) Abbildung 4.18 Skizze der untersuchten Geometrie (a) und thermisch induzierte Spannungen als Funktion der Tem- peratur: Modellergebnisse und Versuchsdaten von Ehm (1986) 4.8 Zusammenfassung Im vorliegenden Kapitel wurde ein thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton unter Brandbeanspruchung dargestellt. Die Berechnungen der Temperatur, der Porenfeuchte und des Porendruckes basieren auf dem Vorschlag von Bazant & Thonguthai (1978). Dabei han- delt es sich um ein 1-phasiges, phänomenologisches Modell in dem zwei Zustände des Po- renwassers unterschieden werden – gesättigt und nichtgesättigt. Die relative Permeabilität des Betons, die einen entscheidenden Einfluss auf die Verteilung der Porenfeuchte und des Porendruckes hat, wird als Funktion der Temperatur und der Porenfeuchte definiert. Auch hierbei wird dem Vorschlag von Bazant & Thonguthai (1978) gefolgt. In der Gleichgewichtsanalyse werden die mechanischen Eigenschaften des Betons in Ab- hängigkeit von der Temperatur reduziert. Weiterhin werden die thermischen Dehnungen, die von der Temperatur (‚freie thermische Dehnung‘) bzw. von der Temperatur und der Belas- 92 Thermo-hygro-mechanisches Modell für Beton tung (‚last-induzierte thermische Dehnung‘) abhängen, dem mechanischen Dehnungstensor hinzugefügt. Schließlich wird der Porendruck als „innere“ Belastung in Form von volumetri- scher Spannung, der wesentlich von der Porosität des Betons beeinflusst wird, berücksich- tigt. Ferner werden für die Porosität, die Permeabilität, die Wärmeleitfähigkeit, die spezifische Wärmekapazität und die Rohdichte, also die Parameter, die den Feuchte und Wärmetrans- port steuern, in Abhängigkeit von der Rissbreite definiert. Dadurch kann im Modell der Ein- fluss von Rissen bzw. Schädigungen im Beton auf die Verteilung von Temperatur, Poren- druck und Porenfeuchte berücksichtigt werden. Das Modell wurde anschließend anhand von Beispielen aus der Literatur verifiziert. Für die Überprüfung der Implementierung des gekoppelten Wärme- und Feuchtetransports wurden die Berechnungsergebnisse von Bazant & Kaplan (1996) herangezogen. Die Modellierung des Dehnungsverhaltens des Betons unter Brandbeanspruchung sowie deren Finite- Elemente-Implementierung wurde anhand der Versuche von Thelandersson (1987) und Ehm (1996) überprüft. In beiden Beispielen wird das Verhalten des Betons durch das thermo- hygro-mechanische Modell richtig erfasst. Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen 93 5 GRUNDLEGENDE ERLÄUTERUNGEN UND PARAMETERSTUDIEN ZU EXPLOSI- ONSARTIGEN BETONABPLATZUNGEN 5.1 Das Abplatzungsphänomen von Betonteilen unter hohen Temperaturen 5.1.1 Allgemeines Als Betonabplatzung wird eine gewaltsame oder gewaltlose Ablation der oberflächennahen Teile oder Schichten eines konstruktiven Betonbauteils beschrieben, wenn dieses hohen Temperaturen mit einem schnellen Temperaturanstieg ausgesetzt wird, wie dies beispiels- weise bei einem Brand üblich ist. Grundsätzlich wird zwischen 4 unterschiedlichen Abplatzungsarten (Khoury 2000) unter- scheiden: - Aggregatabplatzung - Oberflächenabplatzung - Eckabplatzung - Explosionsartige Abplatzung. Die verschiedenen Abplatzungsarten könnten auch anders kategorisiert werden, da keine eindeutige Trennung zwischen ihnen vorhanden ist. Während eines Brandes treten häufig mehrere Abplatzungsarten gleichzeitig, u.U. sogar alle auf. Die häufigste und gefährlichste Art ist die explosionsartige Abplatzung. Die Tiefe dieser Be- tonabplatzung beträgt zwischen 10 und 40 mm. Sie kann zu einer erheblichen Schwächung der Querschnittsfläche und somit zu einer deutlichen Tragfähigkeitsreduzierung führen. So wurde beispielweise während des sog. „Channel Tunnel Fire“ (Ulm et al. 1996) ein Abplatzen von ganzen Segmenten der Tunnelstruktur beobachtet. Nach dem Abplatzen ist die Beweh- rung freigelegt und damit direkt den hohen Temperaturen ausgesetzt. Aufgrund des starken negativen Einflusses hoher Temperaturen auf den Stahl (vgl. Abschnitt 2) wird die Tragfähig- keit des Bauteils zusätzlich verringert. Es ist daher offenkundig, dass eine unerwartete Be- schädigung der Betonkonstruktion infolge von Abplatzungen den Feuerwiderstand bzw. die zugehörige Bemessung in Frage stellen kann und zu einer signifikanten Abnahme der Standsicherheit der Konstruktion führt. Einer der Parameter, der das Auftreten von explosionsartigen Abplatzungen begünstigt, ist die Erhitzungsgeschwindigkeit (Khoury 2000). Derartige Abplatzungen wurden sowohl in Gebäuden als auch in Tunneln beobachtet – es wird davon ausgegangen, dass bei einem 94 Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen Feuer in einem Gebäude die Temperatur mit einer Geschwindigkeit von 20-30°C/Min. an- steigt. Demgegenüber sind in Tunneln bis zu 250°C/Min. möglich. Desweiteren wurde beobachtet, dass explosionsartige Abplatzungen bei hochfesten Betonen häufiger auftreten als bei normalfesten Betonen (Hertz 1984, Jumpannen 1989). Ferner hat sich gezeigt, dass Betone mit Silikastaub als Zusatzzuschlag besonders anfällig gegenüber explosionsartigen Abplatzungen sind und dies sogar bei niedrigen Erhitzungsgeschwindig- keiten, die teilweise nur 5°C/Min. betragen (Sanjayanan & Stocks 1993). Ein weiterer Faktor, der die explosionsartige Abplatzung von Beton stark beeinflusst, ist der Feuchtegehalt von Bauteilen (Khoury 2000). Bauteile mit hohem Feuchtegehalt sind gefähr- deter als Bauteile mit niedrigem Feuchtegehalt. Der Feuchtegehalt in Gebäuden beträgt übli- cherweise ca. 55% und in den Tunneln ca. 75%. Explosionsartige Abplatzungen wurden in Versuchen meist als unerwünschter Nebeneffekt beobachtet, nur selten war dies das Hauptthema einer Untersuchung. Daher gibt es derzeit keine schlüssige Erklärung, warum explosionsartige Abplatzungen nicht in allen Baubeton- bauteilen auftreten und es fehlen klare, systematische Untersuchungen. Um diese Abplatzungen erfolgreich verhindern zu können, müssen zunächst die Mechanis- men, die zur Entstehung dieses Phänomens führen, verstanden werden. Erst wenn die Ur- sache für das Abplatzen eindeutig geklärt ist, können Methoden entwickelt werden, die die Sicherheit von Bauteilen unter Feuerbeanspruchung erhöhen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Zugabe von Polypropylenfasern in hochfesten Betonen. Dabei konnte in Versuchen ge- zeigt werden, dass das Risiko von explosionsartigen Abplatzungen reduziert wird (Zieml et al. 2006, Kalifa et al. 2001). Dies kann darauf zurückgeführt werden, dass die Polypropylenfaser bei Temperaturen um 150°C bis 200°C schmelzen und dadurch die Per- meabilität des ansonsten relativ dichten hochfesten Betons erhöhen. Dies ermöglicht es dem Wasserdampf einfach zu entweichen und damit wird ein Ansteigen des Porendruckes ver- hindert. 5.1.2 Mechanismen der explosionsartigen Abplatzung Die Ursache für die explosionsartige Abplatzung von Beton unter hohen Temperaturen ist noch nicht eindeutig geklärt. Es werden zwei Parameter für die Entstehung dieser Abplat- zungen verantwortlich gemacht. Zum einem ist dies der Porendruck und zum anderen sind es die thermischen Dehnungen. Es ist jedoch unklar, in welchem Maße die einzelnen Para- Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen 95 meter zur Abplatzung beitragen. In diesem Punkt ist die internationale wissenschaftliche Gemeinschaft derzeit ziemlich gespalten. (a) (b) (c) (d) Abbildung 5.1 Mechanismus der explosionsartigen Abplatzung aufgrund hohen Porendrucks Ein Teil der Gemeinschaft ist der Meinung, dass die Abplatzung als Folge des hohen Poren- druckes entsteht. Der zugehörige Mechanismus ist in Abbildung 5.1 dargestellt. Durch die hohe Temperatur an der Bauteiloberfläche, die größer ist als der Siedepunkt des Wassers (T > TVap), verdampft das freie Wasser aus den Betonporen. Der entstandene Wasserdampf bewegt sich in zwei Richtungen: (i) in Richtung der Bauteiloberfläche, wo er in die Umge- bung gelangt und (ii) in Richtung des Bauteilinneren (Abbildung 5.1a). Da im Inneren des Bauteils eine niedrigere Temperatur herrscht und diese Temperatur kleiner ist als der Siede- punkt des Wassers (T < TVap), kondensiert das verdampfte Wasser (Abbildung 5.1b). Da- durch entsteht eine undurchlässige Schicht aus übersättigtem Beton (s.g. „Moisture clog“). In dieser Schicht sind alle Betonporen mit flüssigem Wasser gefüllt und dadurch für Gas un- durchdringlich. Die nachfolgenden Wasserdampfmoleküle, die infolge der Temperatur an der Bauteiloberfläche ins Bauteilinnere gedrückt werden, werden an dieser Barriere gestoppt (Abbildung 5.1c). Dabei entsteht ein hoher Wasserdampfdruck in den Betonporen und wenn 96 Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen die Tragfähigkeit des Materials überschritten wird, platzen der Betonteile explosionsartig ab (Abbildung 5.1d). Abbildung 5.2 Schematische Erklärung der explosionsartigen Abplatzung (Khoury 2000) In Abbildung 5.2 ist die charakteristische Verteilung von Temperatur, Feuchte und Poren- druck für eine einseitig erhitzte Wand dargestellt. Mit zunehmender Temperatur an der Bau- teiloberfläche wandert die Wasserdampfzone ins Bauteilinnere. In unmittelbarer Nähe der Oberfläche bildet sich eine trockene Zone (A) aus, die sich bei normalfestem Beton schneller als bei hochfestem Beton ausbreitet. In der Zone (B) verdunstet das Wasser und der Was- serdampf wird ins Bauteilinnere vorgetrieben, dort kondensiert er wieder zu Wasser. Die ho- he Feuchtekonzentration resultiert bei relativ niedriger Temperatur in einem hohen Wert der relativen Feuchtigkeit – es bildet sich eine übersättigte Zone (C). Für den Wasserdampf- transport ist der hohe Druck in den Poren verantwortlich, der sich durch die Ansammlung des Wasserdampfes bildet. Der höchste Porendruckwert bildet sich unmittelbar vor dem höchs- ten Feuchtegehalt. Abplatzung Feuer Beton Feuchtigkeit Porendruck Vertikale Risse Porendruck Last und thermische Spannungen Last und thermische Spannungen Druck Zug Thermische Spannung Temperatur Tr oc ke n (A ) A us tro ck nu ng (B ) Ü be rs ät tig un g (C ) Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen 97 Die zweite Erklärung für das Auftreten der explosionsartigen Abplatzungen basiert auf den thermischen Dehnungen. Der Beton dehnt sich unter hohen Temperaturen aus (freie thermi- sche Dehnung). Infolge der Erhitzung dehnt er sich allerdings im Bereich der hohen Tempe- raturen nahe an der Bauteiloberfläche mehr aus als im Bauteilinneren. Wird die Ausdehnung des Bauteils seitlich behindert, entstehen in der oberflächennahen Zone (hohe Temperatur) hohe Druckspannungen, während im Bauteilinneren (niedrige Temperatur) Zugspannungen vorhanden sind (siehe Abbildung 5.2). Senkrecht zur Richtung der Druckspannungen, d.h. senkrecht zur Bauteiloberfläche, entstehen aufgrund des Querdehnungsverhaltens des Be- tons ebenfalls Zugspannungen. Wenn diese Zugspannungen die Zugfestigkeit des Betons erreichen bzw. überschreiten, kommt es zu einem explosionsartigen „Biegeknicken“ der oberflächennahen Betonschicht. Das explosive Verhalten wird durch die angesammelte Energie im Bauteil bzw. in dieser Schicht erklärt. Beide erläuterten Mechanismen sind als Erklärung denkbar. Im ersten Fall besteht folgende Problematik. In den bisher durchgeführten Versuchen wurden relativ niedrige Porendruck- werte gemessen – höchstens bis ca. 5 N/mm2 bei hochfesten Betonen bzw. bis ca. 2 N/mm2 bei normalfesten Betonen. Die Porendruckwerte liegen häufig sogar unterhalb der Zugfestig- keit des Betons, daher wird bezweifelt, ob derart niedrige Porendruckwerte ein explosionsar- tiges Versagen hervorrufen können. Demgegenüber kann aber durch diesen Mechanismus die höhere Anfälligkeit von hochfesten Betonen auf explosionsartige Abplatzungen infolge der dichteren Struktur und daher niedrigeren Permeabilität gut erklärt werden. Zusatzstoffe wie Silikastaub tragen zu einer noch dichteren Betonstruktur bei, die Permeabilität wird noch mehr reduziert und die Gefahr von Abplatzungen steigt an. Ferner kann auch der Einfluss der Feuchtigkeit logisch erklärt werden – bei einem höheren Feuchtegehalt steht mehr Was- ser zur Verfügung, dadurch entsteht bei der Erhitzung mehr Wasserdampf und der kritische Porendruck wird früher erreicht. Ein weiteres Indiz ist der günstige Einfluss von Polypropylenfasern, durch die eine erhöhte Permeabilität nach dem Schmelzen der Fasern entsteht und die Abplatzungsgefahr reduziert wird. Bei der zweiten Erklärung besteht die Problematik darin, dass bei hohen Temperaturen nicht nur freie thermische Dehnungen, sondern auch last-induzierte thermische Dehnungen ent- stehen (Khoury 2006). Diese führen zu einer gewissen Entlastung des Betons unter Druck- beanspruchung, unter Umständen schrumpft der Beton sogar, anstatt sich auszudehnen. Theoretisch kann sich daher nicht so viel Energie ansammeln, dass ein explosionsartiges Versagen verursacht wird. Dies ist nur bei Vorliegen extrem hoher Erhitzungsgeschwindig- 98 Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen keiten denkbar. Weiterhin haben bei diesem Mechanismus der Feuchtegehalt, der Silikastaub sowie die Polypropylenfasern keinen Einfluss auf das Abplatzungsverhalten. Aufgrund dieser Zusammenhänge wird zunehmend die Annahme vertreten, dass nur eine Kombination beider Mechanismen explosionsartige Abplatzungen hervorrufen kann. Nach dieser Überlegung ist der hohe Porendruck für die Ausbildung der ersten Risse im Beton verantwortlich. Sobald sich ein Riss öffnet, nimmt der Porendruck in diesem Bereich stark ab, da plötzlich mehr Raum zur Verfügung steht. Die Energie, die für das explosionsartige Verhalten beim Versagen notwendig ist, steht in Form der angesammelten Energie infolge behinderter thermischer Dehnungen zur Verfügung. Die thermischen Spannungen parallel zur Bauteiloberfläche verursachen eine spaltartige Ausweitung des Risses, bis sich schließ- lich ein kegelartiger Ausbruchkörper bildet. Infolge des Porendrucks kommt es zu einer Imperfektion der oberflächennahen Schicht, die das „Biegeknicken“ auslöst. 5.2 Beschreibung der untersuchten Geometrie und der Modellierung Um einen tieferen Einblick in das Abplatzungsverhalten zu bekommen sowie um die Mecha- nismen zu identifizieren, die für das explosionsartige Abplatzen des Betons verantwortlich sind, wird eine numerische Parameterstudie mit dem in Abschnitt 4 vorgestellten 3D-FE- Modell durchgeführt. Hierzu wird ein Ausschnitt aus einem Betonbalken (b/h = 480/150 mm) lokal auf der freien Oberfläche erhitzt. Es werden die Betonfestigkeit, die Permeabilität, der Anfangswassergehalt des Betons und die Erhitzungsgeschwindigkeit variiert. Weiterhin wer- den der Einfluss der geometrischen Nichtlinearität sowie der Einfluss von thermischen Deh- nungen auf das Abplatzungsverhalten untersucht. Bei der Diskretisierung wird eine Scheibe (Ausschnitt) des Betonbalkens modelliert (Abbildung 5.3a). Die Abmessungen der Scheibe betragen b/h = 480/150 mm. Es wird ein ebener Verzerrungszustand angenommen (‚plane strain condition‘). Abgesehen von der frei- en Oberfläche des Balkens, werden alle angrenzenden Oberflächen der modellierten Schei- be in allen drei Achsrichtungen gehalten, um die Einspannung des Balkenausschnitts zu simulieren (Abbildung 5.3b). Der Balkenausschnitt wird einseitig über die Hälfte seiner Breite erhitzt (bh = 240 mm). In diesem Bereich wird die Temperatur über die Erhitzung der Luft eingeleitet. Daher wird ein linearer Anstieg der Lufttemperatur mit der Zeit und einem Tem- peraturgradienten von 80°C/Min angenommen. An der freien Oberfläche wird ein Porendruck von pE = 1.0 kN/m2 angenommen. Die Berechnung wird für eine Gesamtzeit von 12 Minuten durchgeführt. Mit dem angesetzten Temperaturgradienten von 80°C/Min. ergibt sich damit eine Höchsttemperatur von TE,max = 960°C. Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen 99 b=480 mm Wärmestrom h= 15 0 m m Be to nb al ke n ei ng es pa nn t ei ng es pa nn t eingespannt freie Oberfläche bh=240 mm (a) (b) Abbildung 5.3 Geometrie des untersuchten Betonbalkens Für das FE-Netz werden achtknotige Volumenelemente (Hexaeder) verwendet. Im oberflä- chennahen Bereich werden kleine Elemente generiert, da in diesem Bereich eine genaue Verteilung der Temperatur sowie des Porendruckes sehr wichtig ist. Ansonsten kann eine explosionsartige Abplatzung nicht richtig erfasst werden. Im oberflächenfernen Bereich wird die Elementgröße hinsichtlich der Elementanzahl optimiert, d.h. hier wird ein etwas gröberes Netz verwendet. Abbildung 5.4 FE-Netz Weiterhin wird die Symmetrie genutzt, d.h. es wird lediglich eine Hälfte des Balkenaus- schnitts in der XY-Ebene modelliert. Es werden alle Knoten in Z-Richtung (siehe Abbildung 5.4) gehalten. Auf diese Weise wird der Einfluss der dritten geometrischen Richtung (Balken- X YZ Symmetrie z x y 100 Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen längsrichtung), auf deren Modellierung wegen der großen Elementanzahl und der damit ver- bundenen langen Rechenzeit verzichtet wurde, auf der sicheren Seite liegend berücksichtigt. Eine äußere Belastung in Form von Lasten oder Verschiebungen wird nicht aufgebracht. Das Versagen soll ausschließlich infolge des Porendrucks bzw. der thermischen Spannungen auftreten. 5.3 Untersuchung des Einflusses der Elementgröße Das vorgeschlagene numerische Modell ist hinsichtlich der Rechnerleistung sehr anspruchs- voll, daher muss auf eine sorgfältige Elementierung (Elementgrößen) großer Wert gelegt werden. Zu kleine Elemente sind wegen der langen Rechenzeit und zu große Elemente we- gen der Ungenauigkeit der Ergebnisse ungeeignet. Da die explosionsartige Abplatzung übli- cherweise in einer Tiefe von 10-20 mm stattfindet bzw. ihren Ursprung hat, scheint eine op- timale Elementgröße zwischen 1 und 2 mm im relevanten Bereich sinnvoll. Vor der Durchführung der eigentlichen Parameterstudie werden daher drei Modelle mit un- terschiedlichen Elementgrößen im oberflächennahen Bereich untersucht (Kantenlänge 1, 2 und 5 mm). Die Ergebnisse der Untersuchungen zum Einfluss der Elementgröße sind in Abbildung 5.5 dargestellt. Bei FE-Netzen mit Elementkantenlängen von 1 und 2 mm tritt das Versagen durch die Delaminierung der oberflächennahen Schicht auf, was als Abplatzung interpretiert wird. Der Abstand des horizontal (XY-Ebene) auftretenden Risses von der Be- tonoberfläche beträgt bei beiden Modellen ca. 14 mm. Bei Verwendung von Elementen mit einer Kantenlänge von 5 mm treten numerische Probleme auf, daher wurde diese Berech- nung ohne Ergebnis abgebrochen. (a) (b) Abbildung 5.5 Ergebnis der Untersuchung der Elementgröße: Hauptzugdehnungen ε11 nach dem Versagen bei Kan- tenlänge von 2 mm (a) und bei Kantenlänge von 1 mm (b) 0.2 0.16 0.12 0.08 0.04 0. 0.3 0.24 0.18 0.12 0.06 0. Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen 101 Die Verteilung des Porendrucks unmittelbar vor dem Versagen ist für die FE-Netze mit Ele- mentkantenlängen von 1 und 2 mm in Abbildung 5.6 dargestellt. In beiden Fällen ist der Re- chenschritt 293 dargestellt, was bei einer Zeitschrittgröße von 2 Sekunden/Schritt einer Er- hitzungszeit von 9 Minuten und 52 Sekunden entspricht. Der Abstand des Höchstwertes des Porendrucks von der Betonoberfläche stimmt mit der Lage der maximalen Hauptzugdehnun- gen überein. Weiterhin zeigen beide Modelle hinsichtlich der Verteilung des Porendruckes eine gute Übereinstimmung. (a) (b) Abbildung 5.6 Ergebnis der Untersuchung der Elementgröße: Verteilung des Porendrucks bei Kantenlänge von 2 mm (a) und bei Kantenlänge von 1 mm (b) kurz vor dem Versagen Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Elemente mit einer Kantenlänge von 5 mm für Berechnung mit dem vorgeschlagenen Modell nicht geeignet sind. Da zwischen den Berechnungsergebnissen mit Elementgrößen von 1 mm und 2 mm kein wesentlicher Unter- schied besteht, d.h. sie liefern übereinstimmende Porendruckverteilungen mit gleichen Höchstwerten und in beiden Fällen erfolgt das Versagen im gleichen Abstand von der Be- tonoberfläche, die Berechnung mit einer Elementkantenlänge von 2 mm allerdings deutlich schneller (geringere Gesamtelementzahl) ist, wird für die Durchführung der Parameterstudie dieses FE-Netz verwendet. 5.4 Beschreibung der verwendeten Betone In Tabelle 5.1 sind die Materialeigenschaften der untersuchten Betone dargestellt. Die Mehr- zahl der Berechnungen wird für normalfesten und hochfesten Beton durchgeführt. Da vor allem der Einfluss der Betonfestigkeit auf das Abplatzungsverhalten untersucht werden soll, werden hauptsächlich die mechanischen Eigenschaften verändert. Die hygro-thermischen Eigenschaften werden für beide Betone nahezu gleich gewählt. Da ferner vermutet wurde, dass die Permeabilität des Betons den maßgeblichen Einfluss auf die Porendruckwerte so- 17000. 13600. 10200. 6800. 3400. 0. Output Set: MS3 Ba_2m_2sPore Pressure Criteria: Nodal Po.Pre. - step 293 17000. 13600. 10200. 6800. 3400. 0. Output Set: MS3 Ba_1m_2sPore Pressure Criteria: Nodal Po.Pre. - step 293 102 Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen wie auf die Porendruckverteilung darstellt, wird diese Eigenschaft variiert. Die Übergangsko- effizienten werden unabhängig vom verwendeten Beton als unendlich groß angenommen. Dadurch entsprechen sowohl die Temperatur als auch der Porendruck aus der Umgebung den Werten auf der Betonoberfläche. normalfester Beton hochfester Beton mechanische Eigenschaften Elastizitätsmodul E [N/mm2] 28000 42300 Querdehnzahl ν 0.18 0.18 Zugfestigkeit ft [N/mm2] 2.0 4.8 Druckfestigkeit fc [N/mm2] 30.0 88.0 Bruchenergie GF [Nmm/mm2] 0.08 0.115 hygro-thermische Eigenschaften Temperaturleitfähigkeit λ [J/(msK)] 1.67 2.0 spez. Wärmekapazität C [J/(kgK)] 850.0 850.0 relative Permeabilität a veränderlich veränderlich Rohdichte ρ [kg/m3] 2300 2400 Wasser/Zement Wert 0.5 0.5 anfängliche Porenfeuchtigkeit veränderlich veränderlich Wassergehalt bei Sättigung [kg/m3] 100 100 Wärmeübergangskoeffizient αT max. max. Feuchteübergangskoeffizient αp max. max. Tabelle 5.1 Eigenschaften der in den Berechnungen vorhandenen normal- und hochfesten Betone 5.5 Ergebnisse der FE-Berechnungen 5.5.1 Entwicklung der Temperatur- und Porendruckverteilungen sowie der Rissbildung 5.5.1.1 Normalfester Beton Nachfolgend werden an einem charakteristischen Beispiel das Versagen und die Verteilung des Porendruckes und der Spannungen ausführlich dargestellt und diskutiert. In diesem Bei- spiel wird ein normalfester Beton (siehe Tabelle 5.1) mit folgenden Anfangswerten simuliert: Permeabilität a0 = 1.0x10-13 m/s, relative Porenfeuchtigkeit h0 = 0.75, Temperatur T0 = 20°C und Porosität n0 = 0.1. In Abbildung 5.7 sind die maximalen Hauptzugdehnungen ε11 dargestellt. Ist die größte Hauptzugdehnung ε11 in einem Element größer als die kritische Hauptzugdehnung εc, die als Funktion der kritischen Rissbreite wc und der mittlere Elementgröße h im betrachteten Be- reich ermittelt wird (εc = wc / h), kann von einem Riss ausgegangen werden. Hauptzugdeh- nungen, die den kritischen Wert überschreiten, sind in Abbildung 5.7 schwarz abgebildet. Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen 103 Abbildung 5.7a zeigt die berechneten Hauptzugdehnungen ε11 bei der Initialisierung der Ab- platzung. Im oberflächennahen Bereich ist eine Schädigung des Betons, die infolge hoher Druckspannungen parallel zur Betonoberfläche auftritt, deutlich zu sehen. Diese Schädigung erreicht allerdings nicht den kritischen Wert. Der erste Riss öffnet sich in einem Abstand von ca. 10 mm von der Betonoberfläche (fünfte Elementreihe). Unmittelbar nach der Initialisierung erfolgt das Abplatzen. In Abbildung 5.7b sind die zugehö- rigen berechneten Hauptzugdehnungen dargestellt. Die Schädigung lokalisiert sich haupt- sächlich in der fünften Elementreihe, d.h. die Tiefe der Abplatzung beträgt ca. 10 mm. Wei- terhin ist keine Schädigung im oberflächennahen Bereich im Vergleich zu Abbildung 5.7a zu erkennen. Dies deutet auf Verringerung bzw. den Abbau der parallel zur Betonoberfläche orientierten Druckspannungen nach Ausknicken des oberflächennahen Bereiches hin. (a) (b) Abbildung 5.7 Lokalisierung der Schädigungen (maximale Hauptzugdehnungen ε11) bei Initialisierung der Abplatzung (a) und nach Auftreten der Abplatzung (b) Zur Erläuterung des Versagensmechanismus sind in Abbildung 5.8 die Spannungsverteilun- gen als Funktion des Abstandes von der erhitzten Oberfläche (oberflächennaher Bereich) des Betonbauteils dargestellt. Für verschiedene Zeitpunkte vor und nach dem Auftreten der explosionsartigen Abplatzung sind Spannungen senkrecht (σx) und Spannungen parallel zur Betonoberfläche (σy) abgebildet. 104 Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen 0 5 10 15 20 25 Abstand von der erhitzten Oberfläche [mm] -4 -3 -2 -1 0 1 S pa nn un g σ x se nk re ch t zu r B et on ob er flä ch e [N /m m 2 ] t=3.3 Min. t=5.0 Min. t=6.6 Min. t=9.2 Min. t=10.0 Min. (a) 0 5 10 15 20 25 Abstand von der erhitzten Oberfläche [mm] -24 -20 -16 -12 -8 -4 0 S pa nn un g σ y pa ra lle l zu r B et on ob er flä ch e [N /m m 2 ] t=3.3 Min. t=5.0 Min. t=6.6 Min. t=9.2 Min. t=10.0 Min. (b) Abbildung 5.8 Verteilung der Spannungen im Beton über den Abstand von der erhitzten Oberfläche vor (durchgezo- gene Linien) und nach (gestrichene Linien) der Abplatzung: Spannungen senkrecht zur Betonoberflä- che σx (a) und Spannungen parallel zur Betonoberfläche σy (b) Wegen der Gleichgewichtsbedingung sind die Spannungen σx senkrecht zur Betonoberflä- che zu allen Zeitpunkten sehr klein bzw. nahezu Null (Abbildung 5.8a). Bei den Spannungen σy parallel zur Betonoberfläche handelt es sich um relativ große Druckspannungen (Abbildung 5.8b). Am Anfang bis t = 6.6 Min. bilden sich aufgrund der Betonausdehnung große Druckspannungen (-12 N/mm2) nur an der Oberfläche aus, da dort die Temperatur relativ hoch ist. Im Bauteilinneren sind zum gleichen Zeitpunkt nur relativ kleine Druckspan- nungen vorhanden. Mit zunehmender Erhitzung dringen hohe Temperaturen tiefer in das Bauteil vor, daher nehmen die Druckspannungen auch im Bauteilinneren zu. Nach Auftreten der explosionsartigen Abplatzung „entlastet“ sich der Beton im abgeplatzten Bereich, d.h. die Druckspannungen bis zu einer Tiefe von ca. 10 mm sind gleich Null. Dies ist in Abbildung 5.8b für die Zeitpunkte 9.2 Min. und 10.0 Min. deutlich zu erkennen. Erst im unbeschädigten Bereich treten wieder Druckspannungen auf. In Abbildung 5.9 ist die berechnete Entwicklung des Porendrucks, der volumetrischen Span- nung, der Temperatur und der relativen Porenfeuchtigkeit für das Finite Element (FE), in dem der erste Riss auftritt, als Funktion der Zeit aufgetragen. Wie erwartet, nimmt der Porendruck mit zunehmender Zeit bzw. zunehmender Erhitzung zu. Der Höchstwert beträgt ca. 20 N/mm2. Gleichzeitig mit dem Porendruck nimmt auch die volumetrische Spannung zu. Bei einer volumetrischen Spannung von ca. 8 N/mm2 beginnt die Rissbildung, was durch einen stark abnehmenden Porendruck sowie eine plötzlich stark abnehmende volumetrische Spannung gekennzeichnet ist. Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen 105 0 2 4 6 8 10 12 Zeit [Min.] 0 5 10 15 20 D ru ck [N /m m 2 ] normalfester Beton Porendruck vol. Spannung vol. Spannunng = Porendruck x Porosität (a) 0 2 4 6 8 10 12 Zeit [Min.] 0 120 240 360 480 600 Te m pe ra tu r [ °C ] 0 0.5 1 1.5 2 2.5 R el at iv e P or en fe uc ht ig ke it [-] normalfester Beton Temperatur rel. Porenfeuchtigkeit (b) Abbildung 5.9 Entwicklung der hygro-thermischen Werte für das Finite Element (FE), in dem der erste Riss auftritt, als Funktion der Zeit: Porendruck und volumetrische Spannung (a) sowie Temperatur und relative Porenfeuchtigkeit (b) Anhand der Abbildung 5.9 ist zu erkennen, dass die Temperatur im betrachteten Element mit der Zeit zunimmt. Der Höchstwert, bei der die explosionsartige Abplatzung stattfindet, beträgt ca. 410°C. Nach dem Auftreten der Abplatzung bleibt die Temperatur praktisch konstant. Dies kann darauf zurückgeführt werden, dass der Riss als Hohlraum im Beton mit einem höheren Temperaturwiderstandskoeffizienten betrachtet wird und als eine Art Temperatur- barriere wirkt. Abbildung 5.10 zeigt die berechnete Verteilung des Porendruckes, der volumetrischer Span- nung, der Temperatur und der relativen Porenfeuchtigkeit in Abhängigkeit des Abstandes von der erhitzten Oberfläche. Parameter ist die Zeit der Erhitzung. Bei der ermittelten Vertei- lung des Porendrucks (Abbildung 5.10a) ist zu erkennen, dass mit zunehmender Erhitzungs- zeit der Porendruck ansteigt und sein Höchstwert sich tiefer ins Bauteil verlagert. Der maxi- male Porendruck beträgt ca. 20 N/mm2 bei einer Erhitzungszeit von 8.3 Minuten und der Ab- stand des Höchstwertes von der Oberfläche stimmt mit der Abplatzungstiefe gut überein. Nach Auftreten der explosionsartigen Abplatzung nimmt der Porendruck schlagartig ab und in der Folge ist keine weitere Zunahme zu erkennen. Da im Modell die volumetrische Spannung eine direkte Funktion des Porendruckes (Glei- chung 3.42) ist, verhält sie sich ähnlich wie der Porendruck. Es ist allerdings zu erkennen, dass der Höchstwert des Porendrucks nicht gleichzeitig mit dem Höchstwert der volumetri- schen Spannung auftritt (vgl. Abbildung 5.10 a und b). Dieses Verhalten ist darauf zurückzu- führen, dass die Porosität n, die ebenfalls für die Berechnung der volumetrischen Spannung verwendet wird, im Lastschritt r als Funktion der Rissbreite des vorherigen Lastschrittes r-1 berechnet wird. Während des Lastschrittes r wird die Porosität n konstant gehalten, d.h. die 106 Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen Porosität wird während eines Lastschritts nicht neu berechnet. Diese Vereinfachung im Be- rechnungsalgorithmus verursacht die kleine Verzögerung bei der volumetrischen Spannung. 0 5 10 15 20 25 Abstand von der erhitzten Oberfläche [mm] 0 4 8 12 16 20 P or en dr uc k [N /m m 2 ] t=3.3 Min. t=5.0 Min. t=6.6 Min. t=8.3 Min. t=8.5 Min. t=10.0 Min. (a) 0 5 10 15 20 25 Abstand von der erhitzten Oberfläche [mm] 0 2 4 6 8 V ol um et ris ch e S pa nn un g [N /m m 2 ] t=3.3 Min. t=5.0 Min. t=6.6 Min. t=8.3 Min. t=8.5 Min. t=10.0 Min. (b) 0 5 10 15 20 25 Abstand von der eritzten Oberfläche [mm] 0 200 400 600 800 1000 Te m pe ra tu r [ °C ] t=3.3 Min. t=5.0 Min. t=6.6 Min. t=8.5 Min. t=10.0 Min. (c) 0 5 10 15 20 25 Abstand von der erhitzten Oberfläche [mm] 0 0.4 0.8 1.2 1.6 2 R el at iv e P or en fe uc ht ig ke it [-] t=3.3 Min. t=5.0 Min. t=6.6 Min. t=8.5 Min. t=10.0 Min. (d) Abbildung 5.10 Berechnete Verteilung des Porendrucks (a), der volumetrischen Spannung (b), der Temperatur (c) und der relativen Porenfeuchtigkeit (d) über die Tiefe im oberflächennahen Bereich für verschiedene Zeitpunkte vor (durchgezogene Linie) und nach (gestrichene Linie) dem Auftreten der explosionsarti- gen Abplatzung im Fall des normalfesten Betons Der Maximalwert der volumetrischen Spannung beträgt ca. 7.8 N/mm2 und tritt in etwa in Höhe der berechneten Abplatzungstiefe auf. Nach erfolgter Abplatzung reduziert sich die volumetrische Spannung auf ca. 0.8 N/mm2. Der Temperaturverlauf ist bis zum Abplatzen über die Tiefe gleichmäßig verteilt, d.h. die Temperatur nimmt von außen nach innen konti- nuierlich ab. Nach dem Auftreten der Abplatzung bleibt die Temperatur im Bereich des Ris- ses annähernd konstant Auch im unbeschädigten Bereich im Inneren des Bauteils wird prak- tisch keine Zunahme der Temperatur mehr beobachtet. Die relative Porenfeuchtigkeit (Abbildung 5.10d) nimmt mit zunehmendem Abstand von der Bauteiloberfläche zu, bis der jeweilige Höchstwert in Abhängigkeit des Erhitzungsgrades Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen 107 erreicht wird. Mit weiter zunehmendem Abstand nimmt die relative Porenfeuchtigkeit ab. Beim Auftreten der explosionsartigen Abplatzung befindet sich der Höchstwert der relativen Porenfeuchtigkeit in ca. 18 mm Abstand von der Bauteiloberfläche. Der hohe Wert der relati- ven Porenfeuchtigkeit charakterisiert die übersättigte Zone. Es ist zu erkennen, dass diese Zone tiefer im Beton liegt als die Risslokalisierung und damit auch als die Abplatzung. Wie oben schon erwähnt, behindert diese Zone den Transport des Wasserdampfes weg von der Erhitzungsquelle - in diesem Fall der Bauteiloberfläche - woraus ein Anstieg des Poren- drucks resultiert. 5.5.1.2 Hochfester Beton Nachfolgend sind die Ergebnisse der numerischen Untersuchung für hochfesten Beton mit einer anfänglichen Porenfeuchtigkeit von h0 = 0.75 und einer Permeabilität von a = 1.0×10-13 m/s dargestellt. In Abbildung 5.11 ist die berechnete Entwicklung des Porendrucks, der vo- lumetrischen Spannung, der Temperatur und der relativen Porenfeuchtigkeit für das Finite Element, in dem der erste Riss auftritt, als Funktion der Zeit dargestellt. 0 2 4 6 8 Zeit [Min] 0 10 20 30 40 D ru ck [N /m m 2 ] hochfester Beton, h0=0.75 Porendruck vol. Spannung 0 2 4 6 8 Zeit [Min] 0 100 200 300 400 500 Te m pe ra tu r [ °C ] hochfester Beton, h0=0.75 Temperatur rel. Porenfeuchtigkeit 0 0.3 0.6 0.9 1.2 1.5 R el at iv e P or en fe uc ht ig ke it [-] (a) (b) Abbildung 5.11 Entwicklung der hygro-thermischen Werte für das Finite Element, in dem der erste Riss auftritt, als Funktion der Zeit: Porendruck und volumetrische Spannung (a) sowie Temperatur und relative Poren- feuchtigkeit (b) Anhand des Vergleiches der Abbildung 5.11a mit der Abbildung 5.9a ist zu erkennen, dass die Abplatzung in hochfestem Beton bei einem deutlich höheren Porendruck als in normal- festem Beton stattfindet. In hochfestem Beton beträgt dieser ca. 37 N/mm2 und wird nach ca. 7.3 Min. Erhitzung erreicht. Mit zunehmender Erhitzungsdauer nimmt er stark ab. Die volu- metrische Spannung, die diesem Porendruck entspricht, beträgt ca. 22 N/mm2. Ähnlich wie in normalfestem Beton wird der Höchstwert der volumetrischen Spannung ein paar Zeitschritte nach dem Maximalwert des Porendrucks erreicht. Auch bei der volumetrischen Spannung erfolgt nach der Abplatzung mit zunehmender Dauer der Erhitzung eine starke Abnahme. 108 Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen Die Temperatur, bei der die Abplatzung auftritt, ist deutlich höher als im Fall des normalfes- ten Betons (vgl. Abbildung 5.9b) und beträgt ca. 480°C. Nach erfolgter Abplatzung steigt die Temperatur nicht mehr an. Weiterhin ist zu erkennen, dass sich beim Auftreten der Abplat- zung nach ca. 7 Min. das Finite Element, in dem sich der erste Riss lokalisiert, nicht in der übersättigten Zone befindet, da die relative Porenfeuchtigkeit kleiner als 1.0 ist. Die übersät- tigte Zone wandert mit zunehmender Erhitzungsdauer tiefer ins Bauteil. Nach ca. 5 bis 6 Min. Erhitzungszeit befindet sich das Finite Element noch in dieser Zone, danach findet eine schnelle Austrocknung des Wassers statt, wodurch hohe Porendruckspannungen erzeugt werden. 0 5 10 15 20 25 Abstand von der erhitzten Oberfläche [mm] 0 10 20 30 40 P or en dr uc k [N /m m 2 ] Hochfester Beton h0=0.75 2 Min. 4 Min. 6 Min. 7 Min. 7.5 Min. 7.6 Min. 8 Min. 0 5 10 15 20 25 Abstand von der erhitzten Oberfläche [mm] 0 5 10 15 20 25 Te m pe ra tu r [ °C ] Hochfester Beton h0=0.75 2 Min. 4 Min. 6 Min. 7 Min. 7.5 Min. 7.6 Min. 8 Min. (a) (b) 0 5 10 15 20 25 Abstand von der erhitzten Oberfläche [mm] 0 200 400 600 800 Te m pe ra tu r [ °C ] Hochfester Beton h0=0.75 2 Min. 4 Min. 6 Min. 7 Min. 7.5 Min. 8 Min. 0 5 10 15 20 25 Abstand von der erhitzten Oberfläche [mm] 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 re la tiv e P or en fe uc ht ig ke it [-] Hochfester Beton h0=0.75 2 Min. 4 Min. 6 Min. 7 Min. 7.5 Min. 8 Min. (c) (d) Abbildung 5.12 Berechnete Verteilung des Porendrucks (a), der volumetrischen Spannung (b), der Temperatur (c) und der relativen Porenfeuchtigkeit (d) in hochfestem Beton für verschiedene Zeitpunkte vor (durch- gezogene Linien) und nach (gestrichelte Linien) dem Auftreten der explosionsartigen Abplatzung Der wesentliche Unterschied zu normalfestem Beton liegt in den Höchstwerten des Poren- drucks und der volumetrischen Spannung. Der deutliche Anstieg des Porendruckes ist da- rauf zurückzuführen, dass der hochfeste Beton einen höheren mechanischen Widerstand Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen 109 besitzt. Wegen der höheren Zugfestigkeit des Betons wird ein höherer Porendruck benötigt, um ein Betonversagen (Abplatzung) zu erreichen. Dieses Verhalten wurde durch Versuche bestätigt (Phan 2008). In Abbildung 5.12 ist die berechnete Verteilung des Porendruckes, der volumetrischen Spannung, der Temperatur und der relativen Porenfeuchtigkeit in hochfestem Beton über den Abstand von der erhitzten Oberfläche für verschiedene Zeitpunkte dargestellt. Grundsätzlich unterscheiden sich die dargestellten Ergebnisse von den Ergebnissen für normalfesten Beton (Abbildung 5.10) lediglich qualitativ in den Höchstwerten des Porendru- ckes und der volumetrischen Spannung. Qualitativ ist das Verhalten sehr ähnlich. Gleiches gilt auch für die Verteilung der Temperatur bzw. der relativen Porenfeuchtigkeit. 5.5.1.3 Vergleich der berechneten mit in Versuchen gemessenen Porendruckwerten In den meisten Versuchen werden deutlich niedrigere Porendruckwerte gemessen als in den FE-Berechnungen aufgetreten sind. Sie betragen höchstens bis zu 5 N/mm2. Die Poren- druckmessungen in den Versuchen erfolgen mittels poröser, zylinderförmiger Druckmesser, sog. „pore pressure gages“ (Phan 2008). Die Druckmesser bestehen aus einer porösen Me- tallscheibe mit einem Durchmesser d = 6 mm bis d = 12 mm und einer Höhe von h = 1 mm (Phan 2008). Die poröse Scheibe wird in einen Metallbecher geklemmt und über ein am Be- cher angeschweißtes Röhrchen (Innendurchmesser 1.6 mm) mit der Betonoberfläche ver- bunden. Diese Druckmesser werden vor dem Betonieren, meistens in verschiedenen Ab- ständen von der Betonoberfläche angeordnet. Dadurch kann die Verteilung des Porendrucks über die Bauteildicke bestimmt werden. Anschließend werden die Druckmesser mit hoch- temperaturbeständigem Silikon-Öl gefüllt und die Rohrenden an der Betonoberfläche mit Messfühlern verbunden. Auf diese einfache Weise soll das Silikon-Öl den Porendruck aus der einbetonierten porösen Metallscheibe durch das Rohr bis zu den Messfühlern übertra- gen. Nach Meinung des Autors ist es jedoch fraglich, ob mit dieser sehr vereinfachten und wenig hochentwickelten Methode der Porendruck im Beton tatsächlich mit einer befriedigenden Genauigkeit gemessen werden kann. Diese Meinung wird im folgenden näher begründet. Obwohl die Druckmesser relativ klein sind, sind sie immer noch deutlich größer als die Poren im Beton. Die Porenverteilung im Bereich des Druckmessers wird daher stark unterschiedlich sein als im restlichen – ungestörten - Beton. Es ist davon auszugehen, dass sich um das Druckmesser deutlich mehr Betonporen befinden, da es sich um einen starken inhomogenen 110 Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen Zustand handelt. Eine geänderte Porenverteilung beeinflusst selbstverständlich nicht nur die Porosität unmittelbar im Bereich des Druckmessers, sondern auch andere hygro-thermische Eigenschaften, wie z.B. die Permeabilität. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist der Porendruck im Bereich des Druckmessers deutlich niedriger als im übrigen Bauteil, da im Bereich des Druckmessers mehr Porenraum zur Verfügung steht. Weiterhin sollte überprüft werden, ob mit den beschriebenen Druckmessern tatsächlich der Porendruck im Beton oder nur die volumetrische Spannung gemessen werden. Der Unter- schied zwischen Porendruck und volumetrischer Spannung besteht, wie durch den Biot’schen Koeffizienten ausgedrückt, in der Kompressibilität der Betonmatrix. Bei einer un- endlich steifen Betonmatrix entspräche der Porendruck der verursachten Spannung in der Matrix. Je mehr die Kompressibilität der Matrix zunimmt, nimmt die Spannung in der Matrix ab, da ein Teil der Energie für die Verformung der Matrix aufgebraucht wird. Vergleicht man die in den Versuchen gemessenen Druckwerte mit der berechneten volumet- rischen Spannung und nimmt an, dass die gemessenen Druckwerte aufgrund der Messge- nauigkeit etwas niedriger sind als die tatsächlich vorhandenen, ergibt sich eine brauchbare Übereinstimmung. t c t n p f (1 n ) 1 np f n ⋅ = ⋅ − −= ⋅ c c c t c t n 0 p n 1 p 0 n 0.5 p 1 f n 0.1 p 9 f = → = ∞ = → = = → = ⋅ = → = ⋅ Abbildung 5.13 Ingenieurmäßiges Modell – kritischer Porendruck in Abhängigkeit von der Porosität n und der Zugfes- tigkeit ft Die hohen, mit dem Modell berechneten Porendruckspannungen im Beton lassen sich mit einem einfachen ingenieurmäßigen Modell erklären. Danach beträgt der kritische Porendruck pc, der zum Versagen der Betonmatrix mit der Zugfestigkeit ft führt, pc = ft·(1-n)/n, mit n = Porosität. Setzt man für die Porosität n des Betons den Wert von n = 0.1, so bekommt man pc = 9·ft. Bei einer Zugfestigkeit von 2 N/mm2 beträgt daher der kritische Porendruck pc = 9 · 2 = 18 N/mm2 für normalfesten, bzw. pc = 9 · 4.8 = 43.2 N/mm2 für hochfesten Beton. Diese Werte stimmen mit den berechneten Porendruckwerten überein. p ft Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen 111 Es wird daher davon ausgegangen, dass die Berechnungen realitätsnahe Ergebnisse liefern, obwohl die berechneten Porendruckwerte stark von den gemessenen abweichen. Diese An- nahme wird von den anderen berechneten Werten (Temperatur bei der Abplatzung, Abplat- zungstiefe, Erhitzungszeit bis zur Abplatzung, Entwicklung der Feuchtigkeit im Bauteil), die mit den Messwerten (Phan 2008) gut übereinstimmen, unterstützt. 5.5.2 Einfluss der geometrischen Nichtlinearität auf die explosionsartige Abplatzung Die Ergebnisse der FE-Berechnungen aus Abschnitt 5.5.1 deuten darauf hin, dass die Hauptursache für das Auftreten von explosionsartigen Abplatzungen in den hohen Poren- druckspannungen liegt. In diesem Abschnitt wurden die FE-Berechnungen mit Berücksichti- gung großer Verformungen durchgeführt. In der entsprechenden internationalen wissen- schaftlichen Gemeinschaft wird zumindest teilweise davon ausgegangen, dass auch die ge- ometrische Instabilität der oberflächennahen Schicht, die großen Druckspannungen ausge- setzt ist, eine wichtige Rolle beim Abplatzen des Betons spielt. Um diese Annahme zu überprüfen, werden die Berechnungen mit normalfestem Beton aus Abschnitt 5.5.1, die mit Berücksichtigung großer Verformungen durchgeführt wurden, wie- derholt, allerdings wird der Einfluss großer Verformungen vernachlässigt. Dadurch kann der Einfluss der geometrischen Instabilität, die bei großen Verformungen auftreten kann, auf das Abplatzungsverhalten von Beton abgeschätzt werden. Im Modell werden große Verformun- gen dadurch berücksichtigt, dass für die Dehnungen die Green-Lagrange-Formulierung des Dehnungstensors und für die Spannungen die auf die ursprünglichen Materialkoordinaten rückprojizierte Formulierung des Cauchy’schen Spannungstensors („co-rotational stress ten- sor“) verwendet wird. Nähere Einzelheiten zur Berücksichtigung großer Verformungen und Dehnungen im Microplane-Modell können Bazant et al. (2000) entnommen werden. Ein Vergleich der Ergebnisse der Berechnung mit und ohne Berücksichtigung großer Ver- formungen ist in Abbildung 5.14 dargestellt. Gezeigt sind die Verläufe des Porendrucks, der volumetrischen Spannung, der Temperatur und der relativen Porenfeuchtigkeit als Funktion der Zeit für das Finite Element, in dem der erste Riss auftritt. Zum Vergleich sind die Berech- nungsergebnisse unter Berücksichtigung großer Verformungen mit eingetragen. 112 Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen 0 2 4 6 8 10 12 Zeit [Min.] 0 5 10 15 20 25 D ru ck [N /m m 2 ] Porendruck - GN Porendruck - GL Vol. Spannung - GN Vol. Spannung - GL Vol. Spannung = Porendruck x Porosität (a) 0 2 4 6 8 10 12 Zeit [Min.] 0 120 240 360 480 600 Te m pe ra tu r [ °C ] 0 0.5 1 1.5 2 2.5 R el aa tiv e Po re nf eu ch tig ke it [-] Temperatur - GN Temperatur - GL rel. Porenfeuchtigkeit - GN rel. Porenfeuchtigkeit - GL (b) Abbildung 5.14 Vergleich der Berechnungsergebnisse mit Berücksichtigung der geometrischen Nichtlinearität (große Verformungen, GN) und ohne geometrischer Nichtlinearität (GL): Verlauf des Porendrucks, der volu- metrischen Spannung (a) bzw. der Temperatur und der relativen Porenfeuchtigkeit (b) als Funktion der Zeit für das Finite Element, in dem der erste Riss auftritt Aus Abbildung 5.14 ist zu erkennen, dass die Höchstwerte aller betrachteten Parameter je- weils relativ gut miteinander übereinstimmen, allerdings ist eine gewisse zeitliche Verzöge- rung bei der Berechnung ohne Berücksichtigung großer Verformungen vorhanden. Wird in der Berechnung die Möglichkeit des Versagens der oberflächennahen Schicht infolge Insta- bilität unterdrückt, tritt die explosionsartige Abplatzung des Betons trotzdem auf, allerdings erst zu einem späterem Zeitpunkt, d.h. es wird mehr Energie (Temperatur) benötigt, um die Abplatzung hervorzurufen. Dieses Verhalten deutet darauf hin, dass die geometrische Instabilität der oberflächennahen Schicht die explosionsartige Abplatzung zwar begünstigt, aber nicht die ausschlaggebende Ursache dafür ist. 5.5.3 Einfluss der thermischen Dehnungen, des Porendruckes und der Abnahme der Ma- terialeigenschaften In Kapitel 4 wurde ausführlich beschrieben, dass der Einfluss hoher Temperaturen auf das Verhalten des Betons im FE-Modell durch die folgenden thermischen Effekte berücksichtigt wird: - Entstehung von thermischen Dehnungen: frei-thermische Dehnung (FTS) und last- induzierte thermische Dehnung (LITS) - Abnahme der Materialeigenschaften - Entstehung von Porendruck. Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen 113 Diese Veränderungen im Beton unter hoher Temperatur wurden durch unabhängige Module in das FE-Programm MASA eingebaut. Es besteht daher die Möglichkeit, einzelne Module ein- bzw. auszuschalten, um auf diese Weise den thermischen Effekt mit dem größten Ein- fluss auf das Abplatzungsverhalten zu identifizieren. In Tabelle 5.2 ist ein Überblick über die zu diesem Zweck durchgeführten Berechnungen gegeben. Es wird normalfester Beton nach Tabelle 5.1 mit einer Permeabilität a0 = 1.0×10-13 m/s und einer anfänglichen Porenfeuchtigkeit h0 = 0.75 untersucht. Die geometrische Nichtli- nearität und die Abnahme der Materialeigenschaften werden in allen Berechnungen berück- sichtigt. In der ersten Berechnung werden alle thermischen Dehnungen berücksichtigt und der Po- rendruck wird vernachlässigt. Unter diesen Umständen tritt keine explosionsartige Abplat- zung auf, es wird lediglich eine Ausdehnung des Betons auf der Bauteiloberfläche beobach- tet. Theoretisch wäre es in diesem Fall möglich, dass die oberflächennahe Schicht aufgrund der Druckspannungen parallel zur Betonoberfläche ausknickt. Trotz des Auftretens relativ hoher Druckspannungen von ca. 13 N/mm2 war kein Versagen zu beobachten. thermische Effekte* Abplatzung Ja/Nein Abplatzungstiefe [mm] Abplatzungszeit [Min.] FTS+LITS+MAT Nein - - PP+MAT Nein - - PP+FTS+MAT Ja 11.5 8.4 PP+FTS+LITS+MAT Ja 11.5 8.3 *Abkürzungen: PP = Porendruck LITS = last-induzierte thermische Dehnung FTS = freie thermische Dehnung MAT = Abnahme der Materialeigenschaften Tabelle 5.2 Untersuchung des Einflusses von thermischen Effekten auf die explosionsartige Abplatzung – normal- fester Beton, a0 = 1.0×10-13 m/s, h0 = 0.75 Im zweiten Beispiel wird der Porendruck berücksichtigt und die thermischen Dehnungen werden ausgeschlossen. Es wird ein abplatzungsähnliches Versagen beobachtet (vgl. Abbildung 5.15). Es treten zwar hohe Hauptzugdehnungen ε11 wie im Fall einer Abplatzung parallel zur Betonoberfläche an der Stelle des höchsten Porendrucks auf, doch sie wandern mit zunehmender Erhitzungszeit tiefer ins Bauteilinnere ohne dass eine Betonabplatzung auftritt. Dies kann dadurch erklärt werden, dass ohne die parallel zur Bauteiloberfläche er- zeugten thermischen Spannungen nicht genügend Energie vorhanden ist, um die oberflä- chennahe Schicht vom Rest des Bauteils „endgültig“ zu trennen. Im Bereich des maximalen 114 Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen Porendrucks treten daher große Hauptzugdehnungen auf. Sobald sich der Höchstwert des Porendrucks tiefer ins Bauteilinnere verlagert, verlagern sich die maximalen Hauptzugdeh- nungen ebenfalls ins Bauteilinnere. (a) t = 4.7 Min. (b) t = 5.3 Min. (c) t = 6.0 Min. (d) t = 6.7 Min. (e) t = 7.3 Min. (f) t = 8.0 Min. Abbildung 5.15 Hauptzugdehnungen für verschiedene Zeitpunkte – FE-Berechnung ohne Berücksichtigung der last- induzierten thermischen Dehnungen Die Ergebnisse der dritten Berechnung, in der nur die last-induzierten thermischen Dehnun- gen fehlen, und der vierten Berechnung mit allen thermischen Effekten sind sehr ähnlich. In Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen 115 beiden Fällen tritt eine explosionsartige Abplatzung auf, die Tiefe der Abplatzung und die Erhitzungszeit bis zur Abplatzung stimmen überein. Das Versagensbild entspricht in beiden Fällen der Abbildung 5.7. Dies deutet darauf hin, dass die last-induzierten thermischen Deh- nungen, die eine Art beschleunigten Schwinden des Betons darstellen, keinen großen Ein- fluss auf das Abplatzungsverhalten haben. Zusammenfassend zeigen die Untersuchungen zum Einfluss der thermischen Effekte auf die explosionsartige Abplatzung, dass das Abplatzungsphänomen sowohl durch thermische Dehnungen als auch durch den Porendruck verursacht wird. Der Porendruck erscheint als die dominierende Ursache, allerdings reicht er alleine nicht aus, um eine Abplatzung hervor- zurufen. 5.5.4 Einfluss der Permeabilität Um den Einfluss der Permeabilität auf die explosionsartige Abplatzung des Betons zu unter- suchen, werden alle Materialeigenschaften in Tabelle 5.1 konstant gehalten und die Per- meabilität des Betons wird stufenweise verändert (vgl. Tabelle 5.3 und Tabelle 5.4). Die Be- rechnungen werden für normalfesten und hochfesten Beton durchgeführt. 5.5.4.1 Normalfester Beton Für normalfesten Betons (vgl. Tabelle 5.1) werden zwei Berechnungen mit unterschiedlicher anfänglicher relativer Porenfeuchtigkeit durchgeführt: h0 = 0.45 und h0 = 0.75. Eine Übersicht über die Ergebnisse der durchgeführten Berechnungen ist in Tabelle 5.3 und Tabelle 5.4 gegeben. Permeabilität [m/s] Abplatzung Ja/Nein Abplatzungstiefe [mm] Abplatzungszeit [Min.] Max. Porendruck [N/mm2] 1.0×10-13 Ja 4.0 5.6 22.4 6.0×10-13 Ja 8.0 7.5 21.6 8.0×10-13 Ja 11.5 8.7 19.2 1.0×10-12 Ja 13.5 10.1 18.6 3.0×10-12 Nein - - 9.5 5.0×10-12 Nein - - 8.5 Tabelle 5.3 Ergebnisse der Untersuchung des Einflusses der Permeabilität, normalfester Beton, anfängliche rela- tive Porenfeuchtigkeit h0 = 0.45 116 Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen Permeabilität [m/s] Abplatzung Ja/Nein Abplatzungstiefe [mm] Abplatzungszeit [Min.] Max. Porendruck [N/mm2] 7.0×10-13 Ja 7.5 7.1 21.1 9.0×10-13 Ja 9.5 8.0 21.6 1.0×10-12 Ja 10.0 8.4 19.9 1.2×10-12 Ja 12.5 9.2 19.3 2.0×10-12 Nein - - 15.0 Tabelle 5.4 Ergebnisse der Untersuchung des Einflusses der Permeabilität, normalfester Beton, anfängliche rela- tive Porenfeuchtigkeit h0 = 0.75 Die Ergebnisse der Tabelle 5.3 und Tabelle 5.4 deuten darauf hin, dass die Permeabilität des Betons einen starken Einfluss auf das Abplatzungsverhalten von Beton aufweist. Bei einer niedrigen Permeabilität findet die Abplatzung sehr nah an der Betonoberfläche statt. Bei einer Permeabilität von a0 = 1.0×10-13 m/s und einer relativen Porenfeuchtigkeit von h0 = 0.45 beträgt die berechnete Tiefe der Betonabplatzung lediglich ca. 4 mm. Mit zuneh- mender Permeabilität nimmt die Abplatzungstiefe zu. Dieses Verhalten kann dadurch erklärt werden, dass bei einer niedrigen Permeabilität die Migration des Wassers im Beton fast vollständig verhindert wird. Der in den Poren entste- hende Wasserdampf kann nicht in die kühleren Zonen in der Mitte des Bauteils ausweichen und daher entsteht schon unmittelbar unter der Oberfläche ein sehr hoher Porendruck, der anschließend zu einer flachen explosionsartigen Abplatzung führt. Mit zunehmender Per- meabilität kann mehr Wasser über die Oberfläche entweichen. Dadurch sammelt sich erst tiefer im Beton genügend Wasserdampf an, um den kritischen Porendruck, bei dem die Ab- platzung stattfindet, hervorzurufen. Steigt die Permeabilität weiter an, wird in den Berechnungen keine Abplatzung mehr beo- bachtet. Der Beton ist ab dieser Permeabilität nicht mehr abplatzungsgefährdet, da ein gutes Transportvermögen des Wasserdampfs in den Poren besteht. Der Höchstwert des Poren- drucks verlagert sich tiefer in den Bauteil, allerdings wird der kritische Porendruck nicht mehr erreicht (vgl. Abbildung 5.16). Die höchste untersuchte Permeabilität, bei der noch eine Ab- platzung beobachtet wird, beträgt bei einer anfänglichen Porenfeuchtigkeit von h0 = 0.45 für normalfesten Beton a0 = 1.0×10-12 m/s. Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen 117 0 5 10 15 20 25 Abstand von der erhitzten Oberfläche [mm] 0 4 8 12 16 20 P or en dr uc k [N /m m 2 ] a0=6.0x10-13 m/s t=2 Min. t=4 Min. t=6 Min. t=7.5 Min. t=9 Min. 0 5 10 15 20 25 Abstand von der erhitzten Oberfläche [mm] 0 2 4 6 8 10 P or en dr uc k [N /m m 2 ] a0=5.0x10-12 m/s t=2 Min. t=4 Min. t=6 Min. t=8 Min. t=10 Min. t=12 Min. (a) (b) Abbildung 5.16 Porendruckverteilung bei niedriger (a) und hoher Permeabilität (b), normalfester Beton, anfängliche relative Porenfeuchtigkeit h0 = 0.45 Bei einer anfänglichen relativen Porenfeuchtigkeit von h0 = 0.75 wird in den Berechnungen ein ähnliches Verhalten wie bei h0 = 0.45 beobachtet, allerdings ist die kritische Permeabili- tät, bei der die Abplatzungstiefe den Maximalwert erreicht, etwas höher (siehe Tabelle 5.4). Bei einer Permeabilität von a0 = 1.2×10-12 m/s wird eine Abplatzungstiefe von 12.5 mm be- rechnet. Weiterhin verlagert sich bei gleicher Permeabilität und zunehmender relativen Po- renfeuchtigkeit die Abplatzung in Richtung der Betonoberfläche (vgl. Abbildung 5.17). 0 3 6 9 12 Permeabilität [x10-13 m/s] 0 4 8 12 16 20 A bp la tz un gs tie fe [m m ] h0=0.45 h0=0.75 normalfester Beton 0 3 6 9 12 Permeabilität [x10-13] 0 2 4 6 8 10 12 Ze it bi s A bp la tz un g [M in .] h0=0.45 h0=0.75 normalfester Beton (a) (b) Abbildung 5.17 Berechnete Abplatzungstiefe als Funktion der Permeabilität (a) und berechnete Erhitzungszeit bis zum Auftreten der Abplatzung als Funktion der Permeabilität (b) bei unterschiedlicher anfänglicher relativer Porenfeuchtigkeit für normalfesten Beton Die Erklärung dafür ist, dass bei einer höheren anfänglichen relativen Porenfeuchtigkeit wäh- rend der Erhitzung mehr Wasserdampf entsteht. Obwohl die Permeabilität höher ist, kann nur eine bestimmte Menge des Wasserdampfes die Poren in der kritischen Zone verlassen. 118 Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen Durch viel Wasser, das für Verdampfung zur Verfügung steht, entsteht in den Poren eine größere Menge an Wasserdampf als die Menge, die die Poren verlassen kann. Die Ergebnisse des Permeabilitätseinflusses auf das Abplatzungsverhalten von normalfes- tem Beton sind in Abbildung 5.17 zusammengefasst. Das Bild zeigt die Abplatzungstiefe als Funktion der Permeabilität (Abbildung 5.17a) und die Erhitzungszeit bis zum Auftreten der Abplatzung als Funktion der Permeabilität (Abbildung 5.17b). Es ist zu erkennen, dass mit zunehmender Permeabilität sowohl die Abplatzungstiefe als auch die Zeit bis zur Abplatzung zunehmen. Weiterhin ist in beiden Fällen ein signifikanter Einfluss der anfänglichen relativen Porenfeuchtigkeit zu beobachten. Bei gleicher Permeabilität erfolgt die explosionsartige Auf- platzung bei einer höheren relativen Porenfeuchtigkeit in geringerem Abstand von der Be- tonoberfläche und nach einer kürzeren Erhitzungszeit. 5.5.4.2 Hochfester Beton Die Berechnungsergebnisse der Untersuchung zum Einfluss der Permeabilität auf die explo- sionsartige Abplatzung für hochfesten Beton sind in Tabelle 5.5 zusammengefasst. Es wird nur der Fall mit einer anfänglichen relativen Porenfeuchtigkeit von h0 = 0.75 analysiert. Die für den hochfesten Beton verwendeten Materialeigenschaften sind in Tabelle 5.1 gezeigt. Permeabilität [m/s] Abplatzung Ja/Nein Abplatzungstiefe [mm] Abplatzungszeit [Min.] Max. Porendruck [N/mm2] 1.0×10-14 Ja 4.0 6.1 41.7 5.0×10-14 Ja 6.5 6.5 39.5 1.0×10-13 Ja 7.5 7.3 37.3 2.0×10-13 Ja 13.5 7.8 37.2 3.0×10-13 Ja 14.5 10.4 36.5 5.0×10-13 Nein - - 8.5 Tabelle 5.5 Ergebnisse der Untersuchung des Einflusses der Permeabilität, hochfester Beton, anfängliche relative Porenfeuchtigkeit h0 = 0.75 Auch bei hochfestem Beton ist ein starker Einfluss der Permeabilität zu erkennen, allerdings finden die Abplatzungen bei einer niedrigeren Permeabilität als im Fall des normalfesten Be- tons statt. Während bei normalfestem Beton und einer anfänglichen Porenfeuchtigkeit von h0 = 0.75 eine Abplatzungstiefe von ca. 10 mm bei einer Permeabilität von a0 = 1.0×10-12 m/s erreicht wird, stellt sich die gleiche Abplatzungstiefe unter sonst gleichen Randbedingungen bei hochfestem Beton bei einer 10-fach niedrigeren Permeabilität von a0 = 1.0×10-13 m/s ein. Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen 119 Wie bei normalfestem Beton nimmt die Abplatzungstiefe mit zunehmender Permeabilität zu – bei einer Permeabilität von a0 = 1.0×10-14 m/s wird eine Abplatzungstiefe von lediglich 4 mm berechnet. Die tiefste Abplatzung wird bei einer Permeabilität von a0 = 3.0×10-13 m/s erreicht – sie beträgt ca. 14.5 mm. Bei einer weiteren Zunahme der Permeabilität erfolgt keine Ab- platzung mehr. Auch die Erhitzungszeit bis zur Abplatzung zeigt qualitativ das gleiche Verhalten wie bei normalfestem Beton. Sie nimmt mit zunehmender Permeabilität zu. Die oberflächennahe Abplatzung tritt schon nach 6 Min. Erhitzung auf. Die tiefste Abplatzung wird nach 10 Min. Erhitzung beobachtet. 1 10 100 1000 Permeabilität [x10-14 m/s] 0 4 8 12 16 20 A bp la tz un gs tie fe [m m ] Hochfester Beton Normalfester Beton 0 30 60 90 120 150 Permeabilität [x10-14 m/s] 0 2 4 6 8 10 12 Ze it bi s zu r A bp la tz un g [m m ] Hochfester Beton Normalfester Beton (a) (b) Abbildung 5.18 Einfluss der Permeabilität auf das Abplatzungsverhalten bei Verwendung von normal- und hochfesten Beton – Vergleich der Ergebnisse: Tiefe der Abplatzung (a) und Zeit bis zur Abplatzung (b) als Funkti- on der Permeabilität In Abbildung 5.18 sind die Ergebnisse der FE-Berechnungen für beide Betone mit einer an- fänglichen relativen Porenfeuchtigkeit von h0 = 0.75 zusammengefasst. Dargestellt sind die Abplatzungstiefe (Abbildung 5.18a) und die Erhitzungszeit bis zur Abplatzung (Abbildung 5.18b) als Funktion der Permeabilität. Für beide Betone ist der gleiche Trend deutlich zu er- kennen: Abplatzungstiefe und Erhitzungszeit bis zur Abplatzung nehmen mit ansteigender Permeabilität zu. Allerdings finden die Abplatzungen bei unterschiedlichen Permeabilitäten statt. Die Hauptunterschiede können auf die unterschiedliche Widerstandsfähigkeit (Zugfestigkeit) der Betone zurückgeführt werden. Bei hochfesten Betonen wird in der Regel ein höherer Porendruck bzw. eine größere volumetrische Spannung benötigt, um das Versagen hervor- 120 Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen zurufen. Da ein höher Porendruck nur in Betonen mit niedriger Permeabilität entsteht, sind ausschließlich Betone mit niedriger Permeabilität abplatzungsgefährdet. Vereinfacht könnte gesagt werden, dass je höher die Festigkeit eines Betons ist, desto niedriger ist die kritische Permeabilität, bei der die Gefahr einer explosionsartigen Abplatzung besteht. Umgekehrt besteht bei Betonen mit niedriger Festigkeit bereits bei einer relativen hohen Permeabilität die Gefahr, dass eine explosionsartige Abplatzung auftritt. 5.5.5 Einfluss der relativen Porenfeuchtigkeit Der Einfluss der anfänglichen relativen Porenfeuchtigkeit h0 auf explosionsartige Abplatzung wird für normalfeste und hochfeste Betone untersucht. Ähnlich wie bei der Permeabilitätsstu- die werden alle Materialeigenschaften aus Tabelle 5.1 konstant gehalten, während die relati- ve Porenfeuchtigkeit stufenweise variiert wird. 5.5.5.1 Normalfester Beton Für den normalfesten Beton werden 6 relative Porenfeuchtigkeiten zwischen h0 = 0.3 und h0 = 0.9 bei einer Permeabilität von a0 = 1.0×10-12 m/s untersucht. Die Ergebnisse sind in Tabelle 5.6 dargestellt. rel. Porenfeuchte [-] Abplatzung Ja/Nein Abplatzungstiefe [mm] Abplatzungszeit [Min.] Max. Porendruck [N/mm2] 0.3 Nein - - 16 0.45 Ja 13.5 10.26 19.0 0.6 Ja 11.5 8.8 19.5 0.73 Ja 10.5 8.67 19.5 0.77 Ja 10.5 8.33 19.8 0.9 Ja 9.5 8 20.1 Tabelle 5.6 Ergebnisse der Untersuchung vom Einfluss der anfänglichen relativen Porenfeuchtigkeit auf explosi- onsartige Abplatzung – normalfester Beton mit einer Permeabilität a0 = 1.0×10-12 m/s Die Ergebnisse zeigen einen deutlichen Einfluss der anfänglichen relativen Porenfeuchtigkeit auf das Abplatzungsverhalten von Beton aufweist. Bei einer sehr niedrigen anfänglichen re- lativen Porenfeuchtigkeit von h0 = 0.3 tritt keine Abplatzung des Betons auf. Der zugehörige Höchstwert des Porendrucks beträgt ca. 16 N/mm2. Er ist damit niedriger als der in den frü- heren Untersuchungen beobachtete kritische Porendruck von ca. 20 N/mm2. Die zur Verfü- Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen 121 gung stehende Feuchtigkeitsmenge ist in diesem Fall anscheinend zu niedrig, um den kriti- schen Porendruck für eine Abplatzung hervorzurufen. Mit zunehmender Porenfeuchtigkeit steigt der Porendruckmaximalwert an und führt damit, wie für alle anderen untersuchten Anfangswerte der relativen Porenfeuchtigkeit zu einer Ab- platzung. Der größte Porendruck entspricht in allen Fällen etwa dem kritischen Porendruck. Weiterhin ist zu erkennen, dass mit zunehmender Porenfeuchtigkeit die Tiefe der Abplatzung abnimmt. Diese Abnahme ist nicht so stark ausgeprägt wie bei abnehmender Permeabilität (siehe dazu Abbildung 5.19a). Die Abplatzung mit der größten Tiefe wird bei h0 = 0.45 be- rechnet, sie beträgt ca. 13.5 mm. Demgegenüber beträgt sie bei einer relativen Porenfeuch- tigkeit von h0 = 0.9 ist nur ca. 8.5 mm. Auch die Erhitzungsdauer bis zur Abplatzung ist im Fall des normalfesten Betons von der anfänglichen relativen Porenfeuchtigkeit abhängig (siehe Abbildung 5.19b). Mit zunehmen- der Porenfeuchtigkeit nimmt sie ab. 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 relative Porenfeuchtigkeit [-] 0 4 8 12 16 20 Ti ef e de r A bp la tz un g [m m ] Permeabilität a0=1x10-12 m/s normalfester Beton 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 relative Porenfeuchtigkeit [-] 0 3 6 9 12 E rh itz un gs ze it bi s zu r A bp la tz un g [M in .] Permeabilität a0=1x10-12 m/s normalfester Beton (a) (b) Abbildung 5.19 Einfluss der relativen Porenfeuchtigkeit auf das Abplatzungsverhalten von normalfestem Beton: Tiefe der Abplatzung (a) und Erhitzungszeit bis zur Abplatzung (b) als Funktion der relativen Porenfeuchtig- keit 5.5.5.2 Hochfester Beton Bei der Untersuchung des Einflusses der relativen Porenfeuchtigkeit auf die Abplatzung in hochfestem Beton werden die Berechnungen für zwei Permeabilitäten durchgeführt. In bei- den Fällen wird die Porenfeuchtigkeit im gesamten Spektrum zwischen sehr niedrig und sehr hoch stufenweise geändert (vgl. Tabelle 5.7 bzw. Tabelle 5.8). 122 Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen In Tabelle 5.7 und Tabelle 5.8 sind die Ergebnisse der Berechnungen zusammengestellt. Für alle berechneten Fälle sind die Abplatzungstiefe, die Abplatzungszeit und der maximale Po- rendruck gezeigt. Bei einer Permeabilität von a0 = 1.0×10-13 m/s tritt mit Ausnahme von h0 = 0.05 immer ein Versagen infolge Abplatzung auf. Die Erhitzungszeit bis zur Abplatzung ist nahezu gleich und beträgt ca. 7 Min. Bei einer sehr niedrigen Porenfeuchtigkeit von h0 = 0.15 wird etwa eine Minute mehr Erhitzung bis zum Versagen benötigt. rel. Porenfeuchte [-] Abplatzung Ja/Nein Abplatzungstiefe [mm] Abplatzungszeit [Min.] Max. Porendruck [N/mm2] 0.05 Nein - - 28,5 0.15 Ja 9.5 8.3 36,5 0.3 Ja 9.5 7.0 36 0.45 Ja 9.5 7.1 38 0.65 Ja 7.5 7.3 38.1 0.75 Ja 7.5 7.3 37.3 0.9 Ja 7.5 7.0 36 1.0 Ja 5.5 6.9 36 Tabelle 5.7 Ergebnisse der Untersuchung vom Einfluss der anfänglichen relativen Porenfeuchtigkeit auf die ex- plosionsartige Abplatzung – hochfester Beton mit einer Permeabilität a0 = 1.0×10-13 m/s rel. Porenfeuchte [-] Abplatzung Ja/Nein Abplatzungstiefe [mm] Abplatzungszeit [Min.] Max. Porendruck [N/mm2] 0.3 Nein - - 30 0.45 Nein - - 32 0.65 Nein - - 33 0.75 Ja 14.5 10.2 36.5 0.85 Ja 17.4 10.2 34.5 1.0 Ja 19.2 10.6 34.5 Tabelle 5.8 Ergebnisse der Untersuchung vom Einfluss der anfänglichen relativen Porenfeuchtigkeit auf die ex- plosionsartige Abplatzung – hochfester Beton mit einer Permeabilität a0 = 3.0×10-13 m/s Der kritische Porendruck, bei dem die explosionsartige Abplatzung auftritt, beträgt ca. 37 N/mm2 und stimmt gut mit dem in den Berechnungen zum Einfluss der Permeabilität ermittel- ten Wert gut überein. Die Abplatzungstiefe variiert zwischen 5.5 und 9.5 mm und nimmt mit zunehmender Porenfeuchtigkeit ab. Diese Abhängigkeit zwischen der relativen Porenfeuch- tigkeit und der Abplatzungstiefe wurde auch bei normalfestem Beton beobachtet. Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen 123 Die Ergebnisse der Berechnungen mit einer Permeabilität von a0 = 1.0×10-13 m/s zeigen, dass der hochfeste Beton selbst bei niedriger Porenfeuchtigkeit sehr anfällig für explosions- artige Abplatzungen ist. Bei der Permeabilität wird der Feuchtigkeits- bzw. der Wasserdampf- transport fast vollständig verhindert wird und der kritische Porendruck wird daher relativ schnell erreicht. Erst wenn nahezu keine Feuchtigkeit im Beton vorhanden ist, tritt keine Ab- platzung auf. Zur Überprüfung dieses Sachverhaltes werden die Berechnungen mit einer größeren Per- meabilität von a0 = 3.0×10-13 m/s wiederholt. Die zugehörigen Ergebnisse der FE- Untersuchungen sind in Tabelle 5.8 dargestellt. Bei dieser Permeabilität tritt bis zu einer Porenfeuchtigkeit von h0 = 0.65 keine Abplatzung auf. Der Maximalporendruck ist in diesen Fällen niedriger als der kritische Porendruck in den vorherigen Berechnungen. Erst ab einer relativen Porenfeuchtigkeit von h0 ≥ 0.75 werden explosionsartige Abplatzungen beobachtet. Dabei nimmt die Tiefe der Abplatzung mit zu- nehmender Porenfeuchtigkeit zu. Der maximale Wert wird für eine relative Porenfeuchtigkeit von h0 = 0.75 berechnet und beträgt 19.2 mm. Die Erhitzungsdauer bis zur Abplatzung zeigt keine Abhängigkeit von der Porenfeuchtigkeit. 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 relative Porenfeuchtigkeit [-] 0 4 8 12 16 20 Ti ef e de r A bp la tz un g [m m ] a0=3.0×10-13 a0=1.0×10-13 keine Abplatzung 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 relative Porenfeuchtigkeit [-] 0 3 6 9 12 E rh itz un gs ze it bi s zu r A bp la tz un g [M in .] a0=3.0×10-13 a0=1.0×10-13 keine Abplatzung (a) (b) Abbildung 5.20 Ergebnisse der Untersuchungen zum Einfluss der relativen Porenfeuchtigkeit auf das Abplatzungs- verhalten von hochfestem Beton bei unterschiedlicher Permeabilität: Abplatzungstiefe (a) und Erhit- zungszeit bis zur Abplatzung (b) als Funktion der relativen Porenfeuchtigkeit In Abbildung 5.20 sind für beide untersuchten Permeabilitätswerte die Abplatzungstiefe und die Erhitzungszeit bis zur Abplatzung als Funktion der relativen Porenfeuchtigkeit aufgetra- 124 Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen gen. Die Ergebnisse mit der höheren Permeabilität von a0 = 3.0×10-13 m/s bestätigen die An- nahme, dass die explosionsartige Abplatzung am stärksten von der Permeabilität beeinflusst wird. Die relative Porenfeuchtigkeit hat einen geringeren Einfluss. Allerdings bestimmt sie in Verbindung mit der Permeabilität, ob überhaupt eine Abplatzung auftritt. 5.5.6 Einfluss der Erhitzungsgeschwindigkeit Der Einfluss der Erhitzungsgeschwindigkeit auf die explosionsartige Abplatzung wird für ei- nen hochfesten Beton (vgl. Tabelle 5.1) untersucht. Die anfängliche relative Porenfeuchtig- keit wird mit h0 = 0.75 angesetzt. Es wird mit drei unterschiedlichen Erhitzungsgeschwindig- keiten (40, 80 und 120°C/Min.) gerechnet, dabei wird ein linearer Temperaturanstieg ange- nommen. Die Erhitzung wird so lange gesteigert, bis auf der Bauteiloberfläche eine Tempe- ratur von 960°C erreicht wird. Für jede Erhitzungsgeschwindigkeit werden Berechnungen mit drei unterschiedlichen Permeabilitätswerten durchgeführt. Erhitzungsrate [°C/Min] Permeabilität [m/s] Abplatzung Ja/Nein Abplatzungstiefe [mm] Abplatzungszeit [Min.] 120 1.0×10-13 Ja 6.5 4.6 2.0×10-13 Ja 11.5 5.3 4.0×10-13 Ja 15.4 6.7 80 1.0×10-13 Ja 7.5 7.3 2.0×10-13 Ja 13.5 7.8 4.0×10-13 Nein - - 40 1.0×10-13 Ja 9.5 14.8 2.0×10-13 Ja 14.5 17.8 4.0×10-13 Nein - - Tabelle 5.9 Ergebnisse der Untersuchung zum Einfluss der Erhitzungsgeschwindigkeit auf die explosionsartige Abplatzung - hochfester Beton, h0 = 0.75 Die Ergebnisse der Berechnungen sind in Tabelle 5.9 zusammengefasst. Bei einer Erhit- zungsrate von 120°C/Min. treten für alle untersuchten Permeabilitäten explosionsartige Auf- platzungen auf. Die Beobachtung anhand der vorherigen Berechnungen, dass die zuneh- mende Abplatzungstiefe mit zunehmender Permeabilität anwächst, wird bestätigt. Ebenso nimmt die Zeit bis zur Abplatzung mit steigender Permeabilität zu. Bei den niedrigeren Erhitzungsraten von 40 und 80°C/Min. konnten für eine Permeabilität von a0 = 4.0×10-13 m/s keine Abplatzungen festgestellt werden. Für die geringeren Permeabi- Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen 125 litätswerte platzt der Beton jedoch ab. Auch bei diesen Erhitzungsraten nehmen die Abplat- zungstiefe sowie die Zeit bis zur Abplatzung mit zunehmender Permeabilität zu. 0 1 2 3 4 5 Permeabilität [x10-13 m/s] 0 4 8 12 16 A bp la tz un gs tie fe [m m ] Hochfester Beton, h0=0.75 Erhitzungsrate 120 °C/Min. Erhitzungsrate 80 °C/Min. Erhitzungsrate 40 °C/Min. 0 1 2 3 4 5 Permeabilität [x10-13 m/s] 0 6 12 18 24 30 Ze it bi s zu r A bp la tz un g [M in .] Hochfester Beton, h0=0.75 Erhitzungsrate 120 °C/Min. Erhitzungsrate 80 °C/Min. Erhitzungsrate 40 °C/Min. (a) (b) Abbildung 5.21 Einfluss der Erhitzungsgeschwindigkeit: Abplatzungstiefe (a) und Zeit bis zur Abplatzung (b) als Funk- tion der Permeabilität Werden die Abplatzungstiefen bei unterschiedlichen Erhitzungsraten miteinander verglichen, so ist zu erkennen, dass bei gleicher Permeabilität die Abplatzungstiefe mit zunehmender Erhitzungsrate abnimmt (vgl. Abbildung 5.21a). Dies kann dadurch begründet werden, dass bei einer schnelleren Erhitzung mehr Wasser aus den Poren verdampft, allerdings kann das verdampfte Wasser die Poren in der kritischen Zone nicht in gleicher Geschwindigkeit ver- lassen und staut sich. Als Folge nimmt der Wasserdampf-Porendruck zu. Bei niedrigeren Erhitzungsraten verdampft das Wasser langsamer, dadurch wird der kritische Wert des Po- rendrucks erst tiefer im Beton erreicht. Bei der größten untersuchten Permeabilität von a0 = 4.0×10-13 m/s konnte nur in der Berech- nung mit einer Erhitzungsgeschwindigkeit von 120°C/Min. eine Abplatzung berechnet wer- den. Dies bestätigt die Annahme, dass die Gefahr von explosionsartiger Abplatzung mit zu- nehmender Erhitzungsrate zunimmt. Ähnliches wird auch von Khoury (2000) berichtet. In Abbildung 5.21b ist die berechnete Zeit bis zur Abplatzung als Funktion der Permeabilität für verschiedene Erhitzungsraten dargestellt. Für eine konstante Permeabilität ist zu erken- nen, dass mit zunehmender Erhitzungsrate die Zeit bis zur Abplatzung abnimmt. Diese Ten- denz war zu erwarten, da bei einer niedrigen Erhitzungsrate mehr Zeit notwendig ist, um die kritische Temperatur zu erreichen, und umgekehrt. 126 Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen 5.6 Zusammenfassung Bei Beton unter Brandbeanspruchung können explosionsartige Abplatzungen auftreten und die Tragfähigkeit kann dadurch erheblich reduziert werden. Die Ursache der Abplatzung ist noch nicht abschließend geklärt, daher wurden numerische Untersuchungen zum Studium des Abplatzungsverhaltens durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass die explosionsartigen Abplatzungen sowohl vom Porendruck, der als Folge einer niedrigen Durchlässigkeit (Permeabilität) des Betons für Wasserdampf in den Poren entsteht, als auch von den thermischen Spannungen aufgrund der Behinderung der thermischen Ausdehnung in der oberflächennahen Schicht parallel zur erhitzten Bauteil- oberfläche, beeinflusst werden. Der Porendruck ist dabei von größerer Bedeutung, da er für die Entstehung der ersten Risse im Beton verantwortlich ist. Sobald sich die ersten Risse ausbilden, knickt die oberflächennahe Schicht infolge des Porendruckes sowie auch durch die angesammelte Energie in Form der behinderten Druckspannungen aus. Die berechneten Porendrücke sind deutlich höher als die in Versuchen gemessenen Werte, allerdings stimmt die volumetrische Spannung, die im Modell als Funktion des Porendrucks und der Porosität bestimmt wird, mit den gemessenen Porendruckwerten brauchbar überein. Es sollte zukünftig geklärt werden, ob in den Versuchen mit den verwendeten Messgeräten - die die Größe der einzelnen Poren um mehrere Tausend Mal übersteigen - tatsächlich der Porendruck in den Poren gemessen wird oder ob der gemessene Wert der volumetrischen Spannung im Beton infolge des Porendruckes entspricht. Die FE-Studie zeigt weiterhin, dass die Permeabilität den stärksten Einfluss auf die explosi- onsartige Abplatzung hat. Bei sehr niedriger Permeabilität findet sowohl bei hochfestem als auch bei niederfestem Beton die Abplatzung nahe an der Betonoberfläche und bei geringer Erhitzungszeit statt. Mit zunehmender Permeabilität nehmen die Tiefe der Abplatzung und die Erhitzungszeit bis zur Abplatzung zu. Bei sehr hoher Permeabilität wird keine Abplatzung beobachtet. Die anfängliche relative Porenfeuchtigkeit beeinflusst die Tiefe und die benötigte Erhitzungs- zeit bis zur Abplatzung, allerdings nicht so stark wie die Permeabilität. Bei niedriger Poren- feuchtigkeit findet selbst bei niedriger Permeabilität keine Abplatzung statt. Bei hoher Poren- feuchtigkeit ist selbst bei hoher Permeabilität die Wahrscheinlichkeit einer Abplatzung deut- lich größer. Grundlegende Erläuterungen und Parameterstudien zur explosionsartigen Betonabplatzungen 127 Einen weiteren Einfluss auf die explosionsartige Abplatzung stellen unterschiedliche Erhit- zungsgeschwindigkeiten dar. Bei hoher Erhitzungsrate nimmt die Wahrscheinlichkeit einer Abplatzung zu. Weiterhin wurde festgestellt, dass bei gleicher Permeabilität und relativer Porenfeuchtigkeit mit zunehmender Erhitzungsrate die Tiefe der Abplatzung und die Erhit- zungszeit bis zur Abplatzung abnehmen. 128 Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung 6 NUMERISCHE UNTERSUCHUNGEN AN BEFESTIGUNGEN UNTER ZUG- UND BRANDBEANSPRUCHUNG 6.1 Allgemeines Im nachfolgenden Kapitel wird das Verhalten von Befestigungen unter dem Einfluss von ho- hen Temperaturen numerisch untersucht. Dazu wird das im Kapitel 4 vorgeschlagene ther- mo-hygro-mechanische Modell mit einigen Vereinfachungen (Abschnitt 6.2) angewendet. Diese Vereinfachungen sind notwendig, da das vorliegende Modell rechnerisch äußerst an- spruchsvoll ist und daher für eine detaillierte Diskretisierung der Geometrie von Befestigun- gen unter hohen Temperaturen ungeeignet ist. Die bisherigen Untersuchungen von Befestigungen unter Brandbeanspruchung (Reick 2001) beschränkten sich auf Anwendungsfälle unter zentrischer Zugbelastung ohne Rand- oder Gruppeneinfluss. In den nachfolgend dargestellten Berechnungen werden Einzel- und Grup- penbefestigungen ohne und mit Randeinfluss unter Zugbeanspruchung untersucht. 6.2 Vereinfachtes thermo-mechanisches Modell für Beton 6.2.1 Instationäre thermische Analyse Die wichtigste Änderung im Vergleich zu dem in Kapitel 4 beschriebenen Modell ist die Tat- sache, dass im vereinfachten Modell die Verteilung des Porendruckes und der Feuchtigkeit vernachlässigt wird. Damit wird aus dem thermo-hygro-mechanischen Modell ein thermo- mechanisches Modell. In einem Lastschritt wird zuerst die Verteilung der Temperatur berechnet. Die Berechnung basiert auf folgender Differentialgleichung: ∂ = −∂ div TC t ρ q (6.1) mit ρ = Rohdichte von Beton, C = isobarische Wärmekapazität von Beton, T = Temperatur und q = Wärmeflussdichte analog zu Gleichung (4.3). Die Randbedingungen für Gleichung (6.1) lauten: ( )⋅ = −T O enT Tαn q (6.2) mit n = Normale auf die Betonoberfläche und αT = Temperaturübergangsfaktor. Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung 129 Die Gleichungen (6.1) und (6.2) werden, analog zu Gleichung (4.46), in eine schwache, in- tegrale Form umgewandelt. Nach Einführung der Bedingung, dass die Testfunktion stationär ist, bekommt man folgende lineare Differentialgleichung (Voigtsche Formulierung): [ ]{ } [ ]{ } { }+ =C T K T R (6.3) mit [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] { } [ ] T T T T T T en K b B B d N N d ; C C N N d ; R N T d Ω Γ Ω Γ Ω α Γ ρ Ω α Γ = +∫ ∫ = =∫ ∫ dabei ist b = Temperaturleitfähigkeit, [N] – Matrix der Ansatzfunktion und [B] – Matrix der räumlichen Ableitung der Ansatzfunktion. Die instationäre, lineare Gleichung (6.3) wird mit der direkten Integrationsmethode gelöst (siehe Gleichung 4.48). Es wird der Rückwärtsdifferenzenquotient angewendet (β = 1), der zur bedingungslosen numerischen Stabilität führt. Da es sich hierbei um eine lineare Glei- chung handelt, muss die Lösung nicht iterativ gesucht, wie dies beim thermo-hygro- mechanischen Modell der Fall war, sondern kann direkt berechnet werden. Weiterhin ist es möglich, ein effektives Speicherschema für die symmetrischen Bandmatrizen zu verwenden, da die Matrizen [K] und [C] in Gleichung (6.3) symmetrisch sind, was den Speicherbedarf deutlich reduziert und folglich zu einer schnellen Lösung führt. Kombiniert mit der Tatsache, dass zur Lösung kein Iterationsprozess durchgeführt werden muss, wird im Vergleich zum thermo-hygro-mechanischen Modell eine enorme Zeitersparnis erreicht. 6.2.2 Thermo-mechaniches Modell Nachdem die Verteilung der Temperatur bestimmt ist, wird die thermo-mechanische Kopp- lung analog zu Kapitel 4.2 durchgeführt. Nur der Porendruck p, der mit der vereinfachten thermischen Analyse nicht berechnet wird, bleibt unberücksichtigt. Eine weitere Vereinfachung im thermo-mechanischen Modell ist die Annahme, dass Risse und Schädigungen im Beton keinen Einfluss auf die Verteilung der Temperatur im Bauteil aufweisen. Obwohl dadurch Nachteile hinsichtlich der Genauigkeit der Temperaturverteilung verbunden sind, wird trotzdem von einem ausreichend genauen Ergebnis ausgegangen. Es ist bekannt, dass bei Befestigungen im Fall eines Betonausbruchs die maximale Tragfähig- keit erreicht wird, wenn die Länge des vom Bolzenkopf ausgehenden Risses etwa 40% der 130 Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung Kegelmantelfläche entspricht (Eligehausen et al. 2006). Da es bei der Untersuchung von Befestigungen unter Brandbeanspruchung vor allem um die Bestimmung der Höchstlast geht, dürfte die oben erwähnte Vereinfachung das Ergebnis nicht wesentlich beeinflussen. Bei den Untersuchungen war es außerdem notwendig, das Bauteil mit Bewehrung zu ver- stärken, um ein vorzeitiges Versagen durch Rissbildung infolge hoher Temperaturen zu ver- meiden. Im thermo-mechanischen Modell wird die Bewehrung mit eindimensionalen Stab- elementen diskretisiert. Zwischen Bewehrung und Beton wird ein perfekter Verbund ohne Schlupf angenommen. Weiterhin wird der Einfluss der Bewehrung auf die Verteilung der Temperatur im Bauteil vernachlässigt. Bei hohen Temperaturen nehmen die Materialeigenschaften des Stahls stark ab. Diese Ab- nahme wird im Model durch eine Reduzierung der Fließgrenze (Gleichung 6.4) sowie des E- Moduls (Gleichung 6.5) berücksichtigt. In beiden Fällen wird eine bi-lineare Abnahme mit zunehmender Temperatur angenommen. In Abbildung 6.1 sind die relative Fließgrenze und der relative E-Modul als Funktion der Temperatur dargestellt (Versuche und Modellannah- men). 0 200 400 600 800 Temperatur [°C] 0 20 40 60 80 100 120 R el at iv e Fl ie ßg re nz e [% ] Versuchsergebnisse (Kordina & Meyer-Ottens, 1981) Modell 0 200 400 600 800 Temperatur [°C] 0 20 40 60 80 100 120 R el at iv er E -M od ul [% ] Versuchsergebnisse (Kordina & Meyer-Ottens, 1981) Modell (a) (b) Abbildung 6.1 Verhalten von Baustählen unter hohen Temperaturen, Versuchsergebnisse und Modellannahmen – relative Fließgrenze (a) und relativer E-Modul (b) als Funktion der Temperatur ys ys ys ys f ys,0 f f f (T ) max( )f für 0 T 100 1.0 0.5für T 100 1 (T 100 ) 0 400 ω ω ω = ≤ ≤ = > = − ⋅ − ≥ (6.4) Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung 131 s s s s E s,0 E E E (T ) max( )E für 0 T 200 1.0 0.5für T 200 1 (T 200 ) 0 300 ω ω ω = ≤ ≤ = > = − ⋅ − ≥ (6.5) 6.3 Beschreibung der Geometrie, Modellaufbau und verwendete Materialeigen- schaften Die numerischen Untersuchungen von Befestigungen unter zentrischer Zugbeanspruchung gliedern sich in folgende vier Systeme: 1. Einzelbefestigung in der Fläche (Abbildung 6.2a) – in diesem Abschnitt wird eine Ein- zelbefestigung ohne Rand- oder Gruppeneinflüsse untersucht. Da die Befestigung ausreichend vom Rand entfernt ist, ist lediglich die Erhitzung von der Anbauteilseite von Bedeutung. Bei der Modellbildung wird eine zweifache Symmetrie genutzt, d.h. ein Viertel der Geometrie wird abgebildet. 2. Einzelbefestigung am Rand mit einflächiger Erhitzung (Abbildung 6.2b) – hier wird ei- ne Einzelbefestigung untersucht, bei der der Randabstand kleiner ist als der kritische Randabstand ccr = 1.5·hef. Die Erhitzung erfolgt lediglich von der Anbauteilseite. Die Hälfte des Betonbauteils wird modelliert. 3. Einzelbefestigung am Rand mit zweiflächiger Erhitzung (Abbildung 6.2c) – die unter- suchte Geometrie entspricht der Abbildung 6.2b, allerdings wird die Erhitzung zusätz- lich von der randnahen Seite vorgenommen. 4. Vierfachbefestigung in der Fläche mit Erhitzung von der Anbauteilseite (Abbildung 6.2d) – bei der Gruppenbefestigung wird die Tragfähigkeit für Achsabstände be- stimmt, die kleiner sind als der kritische Achsabstand scr = 3·hef. Die Erhitzung wird lediglich von der Anbauteilseite aufgebracht. Zweifache Symmetrie wird genutzt. Für jedes System werden Berechnungen mit 4 Verankerungstiefen durchgeführt: 50, 100, 150 und 200 mm. Die Abmessungen der Betonkörper werden abhängig von der Veranke- rungstiefe gewählt und können der Abbildung 6.2 entnommen werden. 132 Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung (a) Einzelbefestigung in der Fläche (b) Einzelbefestigung am Rand mit einflächiger Erhitzung (c) Einzelbefestigung am Rand mit zweiflächiger Erhitzung (d) Gruppenbefestigung (4-fach) in der Fläche Abbildung 6.2 Geometrien für die FE-Berechnungen von Befestigungen unter zentrischer Zugbeanspruchung mit Brandeinfluss Unter hohen Temperaturen treten Dehnungen auf, die in großen Bauteilen zu signifikanten Eigenspannungen führen können. In ersten Vorberechnungen wurde beobachtet, dass in unbewehrten Bauteilen sehr große Risse auftreten, die die Tragfähigkeit des Körpers deut- lich reduzieren. Daher werden die Betonplatten auf der oberen und unteren Seite mit einer konstruktiven Bewehrung verstärkt, die für die jeweilige Lage 0.5 % der Querschnittsfläche des Bauteils beträgt. Die Bewehrung wird kreuzweise mit einer Betondeckung von 30 mm angeordnet (siehe Abbildung 6.3). Bei randnahen Befestigungen wird zusätzlich eine Rand- bewehrung mit gleichem Querschnitt eingesetzt. Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung 133 Abbildung 6.3 Skizze der Bewehrung In Tabelle 6.1 sind die verwendeten Materialeigenschaften zusammengefasst. Es wird ein Beton mit einer mittleren Zylinderdruckfestigkeit von fcc = 25 N/mm2 verwendet. Die übrigen mechanischen Betoneigenschaften werden nach Eurocode 2 (1992) ermittelt. Da sich die numerischen Untersuchungen hauptsächlich auf die Betonversagensart Betonausbruch kon- zentrieren, wird das Materialverhalten des Stahls der Kopfbolzen und der Ankerplatte linear- elastisch angenommen. Für die Bewehrung wird bi-lineares Materialverhalten ohne Verfesti- gung angenommen. Beton Stahl Bewehrung 3D Kontakt- schicht 1D Kontakt- elemente mechanische Eigenschaften Elastizitätsmodul E [N/mm2] 28000 200000 200000 1·10-30 5000 Querdehnzahl ν 0.18 0.33 0.33 0.33 0.33 Zugfestigkeit ft [N/mm2] 2.0 - - - - Druckfestigkeit fc [N/mm2] 21.25 - - - - Druckfestigkeit fcc [N/mm2] 25.0 - - - - Bruchenergie GF [Nmm/mm2] 0.065 - - - - Fließgrenze fy [N/mm2] - - 500 - - thermische Einenschaften Wärmeleitfähigkeit [W/mK] 1.7 83.5 - 83.5 - spez. Wärmekoeffizient [J/kgK] 1000.0 440.0 - 440.0 - Rohdichte [kg/m3] 2300 7830 - 7830 - Tabelle 6.1 Materialeigenschaften für die numerischen Untersuchungen von Befestigungen unter hohen Tempera- turen Bei der Erstellung der FE-Netze werden unterschiedliche Elemente verwendet. Der Beton wird mit isoparametrischen 4-knotigen Elementen (sog. Tetraeder) und der Stahl mit isoparametrischen 8-knotigen Elementen (sog. Hexaeder) diskretisiert. Ein typisches FE- Modell ist in Abbildung 6.4a gezeigt. Zwischen Beton und Stahl (Kopfbolzen sowie Ankerplat- 134 Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung te) wird eine speziell entwickelte Kontaktschicht (Fichtner 2005) eingesetzt, die sich aus He- xaeder-Elementen mit vernachlässigbarer Steifigkeit und 1D-Kontaktelementen mit einem Elastizitätsmodul von 5000 N/mm2 zusammensetzt (Abbildung 6.4c). Die Aufgabe dieser Kontaktschicht ist es, die Übertragung von Zug- und Schubkräften zwischen Stahl und Beton zu unterbinden. Die Lasteinleitung der Zugkraft aus dem Kopfbolzen in den Beton erfolgt lediglich durch mechanische Verzahnung bzw. durch Druckübertragung an der Aufstandsfläche des Kopfbolzens (Abbildung 6.4b). Der Betonkörper wird in Lastrichtung entlang der freien Ränder vertikal gehalten (Abbildung 6.4a). Der Abstand der Abstützung von den Achsen der Kopfbolzen beträgt mindestens 5.0·hef. Damit wird sichergestellt, dass sich der Ausbruchkegel ungehindert ausbilden kann und die Abstützung keinen Einfluss auf die Höchstlast aufweist. (a) (b) (c) Abbildung 6.4 Typisches FE-Modell – Gesamtmodell mit Randbedingungen (a), Elemente des Kopfbolzens (b) und Elemente der Kontaktschicht (c) Die Betonoberfläche wird nach der Einheitstemperaturkurve (ETK) erhitzt. Untersucht wer- den die Zustände nach 30, 90 und 120 Minuten. Vor der Erhitzung werden die Befestigungen mit der zulässigen Gebrauchslast nach CEN/TS (2008) beansprucht (Gleichung 6.6). Auf diese Weise wird ein realistischer Anwendungsfall betrachtet, in dem eine tragende Befesti- gung dem Brand ausgesetzt ist. 1.5 cc ef zul . 8.1 f h F 2.5 ⋅ ⋅= (6.6) Vertikale Abstützung Erhitzung Symmetrie Ausziehlast freier Rand Aufstandsfläche Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung 135 Falls nach dem Ende der jeweiligen Erhitzung kein Versagen der Befestigung aufgetreten ist, wird die erreichte Temperatur konstant gehalten und die Belastung verschiebungsgesteuert bis zum Bruch gesteigert. Dadurch wird die Resttragfähigkeit der Befestigung ermittelt. Diese Resttragfähigkeit stellt die Höchstlast dar, die eine Befestigung erreichen kann, nachdem sie für eine bestimmte Zeit dem Feuer ausgesetzt war. Der Quotient aus der ermittelten Rest- tragfähigkeit und der Tragfähigkeit der Befestigung unter normalen Bedingungen (d.h. ohne Brandeinwirkung, vgl. Gleichung 2.1) wird als sog. relative Resttragfähigkeit, die mit einer bestimmten Branddauer verbunden ist, bezeichnet (z.B. relative Resttragfähigkeit nach 30 Minuten Erhitzung). 6.4 Ergebnisse der FE-Analyse 6.4.1 Einzelbefestigung ohne Randeinfluss Die Ergebnisse der FE-Berechnungen von Einzelbefestigungen unter Zugbeanspruchung ohne Randeinfluss sind in Tabelle 6.2 dargestellt. Es wurden Verankerungstiefen von 50, 100, 150 und 200 mm untersucht, jeweils ohne Brandeinfluss, sowie nach 30, 90 und 120 Min. Erhitzung der Betonoberfläche nach der Einheitstemperaturkurve. In der Tabelle ist au- ßerdem die zulässige Gebrauchslast nach CEN/TS (2008) mit dargestellt. hef [mm] Höchstlast Fu [kN] ohne Brandeinfl. Zulässige Last Fzul. [kN] Höchstlast Fu [kN] für Erhitzungszeit t [Min.] t = 30 t = 90 t = 120 50 26.2 5.7 17.7 6.4 - 100 77.1 16.2 65.5 38.0 28.8 150 146.0 29.8 126.1 104.8 91.6 200 246.0 45.8 224.0 220.1 215.2 Tabelle 6.2 Einzelfestigung unter Zugbeanspruchung ohne Randeinfluss – Ergebnisse der FE-Berechnungen Die untersuchten Befestigungen versagten durch Betonausbruch. Die Abbildung 6.5 zeigt die Temperaturverteilungen (a, c) und das Versagen (b, d) der Befestigung mit einer Veranke- rungstiefe von 50 mm nach jeweils 30 und 90 Min. Erhitzung. Der Ausbruchkegel ist in der Abbildung 6.5b deutlich zu erkennen. Außerdem kann die Beschädigung des Betons an der erhitzten Oberfläche beobachtet werden. Aus Abbildung 6.5a ist ersichtlich, dass sich der Bolzenkopf nach einer Erhitzung von 30 Min. in einem Temperaturbereich von etwa 300°C 136 Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung befindet. Aufgrund der unterschiedlichen Temperaturleitfähigkeit weist der umliegende Beton eine etwas niedrigere Temperatur auf. Nach 90 Min. Erhitzung ist der Beton deutlich stärker beschädigt und der Kopfbolzen befin- det sich fast über die gesamte Länge im stark beschädigten Bereich. Der Ausbruchkegel ist nicht mehr so deutlich wie im Fall nach 30 Min. Erhitzung zu erkennen, trotzdem kann als Versagensart Betonausbruch angegeben werden. Der Winkel zwischen Ausbruchkegel und der Horizontalen nach 90 Min. Erhitzung unterscheidet sich nicht wesentlich von dem Winkel, der nach 30 Min. Erhitzung auftritt. Die Temperatur im Bereich um den Bolzenkopf beträgt zwischen 500 und 600°C. (a) (b) (c) (d) Abbildung 6.5 Ergebnisse der FE-Berechnung für eine Einzelbefestigung mit einer Verankerungstiefe hef = 50 mm ohne Randeinfluss – Temperaturverteilung (a) und Hauptzugdehnungen ε11 im Nachbruch (b) nach 30 Min. Erhitzung bzw. Temperaturverteilung (c) und Hauptzugdehnungen ε11 im Nachbruch (d) nach 90 Min. Erhitzung Weiterhin ist zu erkennen, dass an der erhitzten Oberfläche die Temperatur des Betons et- was höher ist als die Temperatur des Kopfbolzens (Abbildung 6.5a und 6.5c). Dieses auf den ersten Blick ungewöhnliche Verhalten ist auf die angenommenen Randbedingungen zurück- 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung 137 zuführen. Es ist bekannt, dass der Wärmeübergangskoeffizient im Gegensatz zur Wärmeleit- fähigkeit keine Materialkonstante ist, sondern von der Art der Strömung des umgebenden Fluids - in diesem Fall Luft - abhängt. In der FE-Berechnung wurde vereinfacht, so wie es im Bauwesen üblich ist, ein materialunabhängiger, konstanter Wärmeübergangskoeffizient an- genommen. Daher wird auf die oberflächennahen Elemente des Betons und des Stahls in einem Lastschritt die gleiche Menge an Wärme übertragen. Da der Stahl die Wärme besser als der Beton weiterleiten kann, verbleibt an der Stahloberfläche eine etwas niedrigere Tem- peratur. Durch diese Vereinfachung ist zwar die berechnete Temperatur im oberflächenna- hen Bereich des Kopfbolzens etwas niedriger als in der Realität, dies hat jedoch auf die Tragfähigkeit bei Betonausbruch, bei dem sich der Riss ausgehend vom Bolzenkopf ausbil- det, keinen Einfluss. (a) (b) (c) (d) Abbildung 6.6 Ergebnisse der FE-Berechnung für eine Einzelbefestigung mit einer Verankerungstiefe hef = 200 mm ohne Randeinfluss – Temperaturverteilung (a) und Hauptzugdehnungen ε11 im Nachbruch (b) nach 30 Min. Erhitzung bzw. Temperaturverteilung (c) und Hauptzugdehnungen ε11 im Nachbruch (d) nach 90 Min. Erhitzung Die Temperaturverteilung und das Versagen der Einzelbefestigung mit einer Verankerungs- tiefe von 200 mm sind nach jeweils 30 und 90 Min. Erhitzung in Abbildung 6.6 dargestellt. 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. 138 Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung Zunächst ist festzustellen, dass bei dieser relativ großen Verankerungstiefe der beschädigte oberflächennahe Bereich des Betons im Vergleich zur Verankerungstiefe vernachlässigbar klein ist. Der für den Betonausbruch charakteristische Ausbruchkegel ist sehr deutlich zu erkennen. Die Verteilung der Temperatur nach 30 Min. Erhitzung (Abbildung 6.6a) zeigt, dass sich der Bolzenkopf im Bereich niedriger Temperaturen (ca. Anfangstemperatur von 20°C) befindet. In diesem Temperaturbereich sind noch keine negativen Einflüsse, wie z.B. ein Festigkeitsabfall, vorhanden. Ein etwas anderes Verhalten kann in Abbildung 6.6d, in der die Hauptzugdehnungen ε11 im abfallenden Ast der Lastverschiebungskurve nach 90 Min. Erhitzung gezeigt sind, beobach- tet werden. Hier verläuft der Ausbruchkegel deutlich flacher als im Fall nach 30 Min. Erhit- zung (Abbildung 6.6b). Desweiteren bilden sich zwei Risse im Bauteilinneren aus, die paral- lel zur Kopfbolzenachse verlaufen. Diese Risse sind für den flacheren Verlauf des Ausbruch- kegels verantwortlich (vgl. auch Abbildung 6.7). (a) (b) (c) Bauteiloberfläche εft+εlits ebener Querschnitt (d) Abbildung 6.7 Rissbildung im Bauteilinneren infolge thermischer Zwangsspannungen: berechnete Zugspannungen σx senkrecht zur Kopfbolzenachse (a), Hauptdruckspannungen σ33 (b) und Hauptzugdehnungen ε11 nach 90 Min. Erhitzung (c), sowie Überlagerung der Temperaturdehnung des Betons mit dem eben bleibenden Querschnitt nach Reick (2001) (d) 2. 1.8 1.6 1.4 1.2 1. 0.8 0.6 0.4 0.2 0.Output Set: MS3 RC_Fl_200E_loa0100 Contour: Avrg.Sy strs. E 0. -1.5 -3. -4.5 -6. -7.5 -9. -10.5 -12. -13.5 -15.Output Set: MS3 RC_Fl_200E_loa0100 Contour: Avrg.S33 strs. E Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung 139 Die Entstehung der oben erwähnten Vertikalrisse geht auf die thermischen Eigenspannun- gen zurück. Wie in Reick (2001) ausführlich beschrieben, ergeben sich aus der Überlage- rung der freien thermischen Dehnungen mit dem eben bleibenden Querschnitt (Bernoulli- Hypothese) positive Zwangsdehnungen im Bauteilinneren (siehe Abbildung 6.7d). Bei größe- ren Bauteilen können diese Zwangsdehnungen Spannungen hervorrufen, die die Zugfestig- keit des Betons überschreiten. Diese Behauptung wird durch die Ergebnisse der FE-Berechnungen bestätigt. Abbildung 6.7a stellt die Spannungen senkrecht zur Kopfbolzenachse nach 90 Min. Erhitzung dar. Es ist zu erkennen, dass im Inneren des Bauteils relativ hohe Zugspannungen vorhanden sind. Diese Zugspannungen sind die Bauteilantwort auf die Druckbeanspruchung im oberflächen- nahen Bereich, siehe dazu die Hauptdruckspannungen σ33 in Abbildung 6.7b. Im Bereich des Kopfbolzens sind Betonelemente, die keine Zugspannung aufweisen. Diese Elemente stellen den Riss dar, da bereits eine Entfestigung eingetreten ist. Die vertikalen Risse sind in Abbildung 6.7c (Hauptzugdehnungen ε11 nach 90 Min. Erhitzung, bevor mit der Restbelas- tung angefangen wurde) deutlich sichtbar. In Abbildung 6.8 sind typische Last-Verschiebungs Diagramme der berechneten Einzelbefes- tigungen in der Fläche dargestellt. Die Verschiebung wird an der Bolzenspitze in Belastungs- richtung gemessen. Die mittleren Tragfähigkeiten nach dem CC-Verfahren (Eligehausen et al. 2006) ohne Brandeinfluss Fcc sowie die zulässigen Gebrauchslasten Fzul. (CEN/TS 2008) sind mit eingetragen. Es ist zu erkennen, dass die berechneten Höchstlasten ohne Brandein- fluss mit den mittleren Tragfähigkeiten nach dem CC-Verfahren gut übereinstimmen – die Abweichung beträgt ca. 5 %. 0 0.4 0.8 1.2 1.6 2 Verschiebung [mm] 0 5 10 15 20 25 30 La st [k N ] hef=50 mm t=0 Min. (ohne Brand) t=30 Min. t=90 Min. FCC FZul. (a) 0 2 4 6 8 10 Verschiebung [mm] 0 40 80 120 160 La st [k N ] hef=150 mm t=0 Min. (ohne Brand) t=30 Min. t=90 Min. t=120 Min. FZul. FCC (b) Abbildung 6.8 Lastverschiebungskurven von der Berechnung für zwei verschiedene Verankerungstiefen – Verankerungstiefe hef = 50 mm (a) und Verankerungstiefe hef = 150 mm (b) 140 Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung In den Berechnungen, bei denen eine Brandbelastung simuliert und der Bolzen vorab mit der zulässigen Gebrauchslast belastet wurde, tritt während der Erhitzung eine Verschiebung in Belastungsrichtung auf. Diese Verschiebung kann einerseits auf die thermische Ausdehnung des Betonkörpers, der während des Ausdehnungsprozesses den Kopfbolzen mit sich be- wegt, und anderseits auf das Nachgeben des Betons, der unter Belastung und gleichzeitiger thermischer Einwirkung aufgrund den last-induzierten thermischen Dehnungen stark kriecht, zurückgeführt werden. Ein weiterer Grund für die beobachtete Verschiebung des Kopfbol- zens ist die Abnahme des E-Moduls des Betons. In Kapitel 4 wurden Versuchsergebnisse gezeigt (Abbildung 4.2), in denen der E-Modul bei 300°C auf etwa 50% seines ursprüngli- chen Wertes abfällt. Da sich der Bolzenkopf unter konstanter Belastung befindet, nimmt die Verschiebung bei abnehmendem E-Modul zu. Bei einer Verankerungstiefe von hef = 50 mm nimmt die berechnete Tragfähigkeit der Befes- tigung mit zunehmender Temperatur stark ab – etwa um 30 % nach einer 30 Min. Erhitzung. Nach 90 Min. Erhitzung entspricht die Tragfähigkeit nahezu der zulässigen Gebrauchslast, was einer Abnahme von ca. 75 % entspricht. Die Befestigung versagt zwar nicht während der Erhitzung, allerdings ist danach keine wesentliche Laststeigerung zu beobachten. Wei- terhin ist die Verschiebung bei der Höchstlast sehr groß und beträgt etwa das Dreifache der Verschiebung aus der Berechnung ohne Temperatureinfluss. Dieses Verhalten lässt sich durch die verstärkte Rissbildung im oberflächennahen Bereich des Betonkörpers erklären (Abbildung 6.5d). In den Berechnungen mit der Verankerungstiefe hef = 150 mm wird ein deutlich geringerer Einfluss der Temperatur auf die Höchstlast festgestellt – die Abnahme der Tragfähigkeit nach 120 Min. Erhitzung beträgt ca. 37 %. Bei relativ großen Verankerungstiefen (hef = 150 mm und hef = 200 mm) befindet sich der Bolzenkopf tiefer im Bauteil. Der Lasteinleitungsbereich ist daher gut vor der Hitze abgeschirmt, was den negativen Temperatureinfluss reduziert. Die berechnete Temperaturverteilung im Bauteil nach 90 Min. Erhitzung (Abbildung 6.6c, hef = 200 mm) zeigt sehr deutlich, dass im Bereich des Kopfes eine Temperatur von ca. 100°C herrscht. Bei dieser Temperatur ist auch in Versuchen keine wesentliche Abnahme der Betoneigenschaften zu erwarten. Weiterhin ist anhand der Lastverschiebungskurve zu erkennen, dass die Steifigkeit der Kopf- bolzen bei der Wiederbelastung nach der Erhitzungsphase von der Dauer der Erhitzung ab- hängt. Mit zunehmender Erhitzungsdauer nimmt die Steifigkeit ab. Diese Beobachtung lässt sich mit den folgenden Prozessen im Beton unter hoher Temperatur erklären. Einerseits ver- schlechtern sich die Materialeigenschaften des Betons mit zunehmender Temperatur. Für Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung 141 längere Erhitzungszeiten werden im Beton höhere Temperaturen erreicht, daher ist die Ab- nahme der Betoneigenschaften, insbesondere des E-Moduls, stärker ausgeprägt. Ein weite- rer Grund für die Steifigkeitsabnahme ist die innere Rissbildung infolge der Zwangsspannun- gen (vgl. Abbildung 6.7). Mit ansteigender Erhitzungszeit bilden sich im Bauteilinneren zu- nehmend Risse aus, wodurch der Betonkörper geschwächt wird und sein Widerstand ab- nimmt. 0 30 60 90 120 Dauer der Feuerbeanspruchung [Min.] 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 R el . R es ttr ag fä hi gk ei t F u( t)/ F u (t= 0) Zugbelastung in der Fläche hef=50 mm hef=100 mm hef=150 mm hef=200 mm Versuche, hef=50 mm (Reick 2001) (a) 0 50 100 150 200 250 Verankerungstiefe [mm] 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 R el . R es ttr ag fä hi gk ei t F u( t)/ F u (t= 0) Zugbelastung in der Fläche FE, t=30 Min. ETK FE, t=90 Min. ETK FE, t=120 Min. ETK Versuche, t=90 Min. (Reick 2001) Bemes. für t ≤ 90 Min. Bemes. für t > 90 Min. (b) Abbildung 6.9 Berechnete und gemessene relative Resttragfähigkeit von Einzelbefestigungen in der Fläche unter Feuerbeanspruchung als Funktion der Dauer der Brandbeanspruchung (a) und als Funktion der Ver- ankerungstiefe (b); Versuchsergebnisse nach Reick (2001) In Abbildung 6.9 sind die relativen Resttragfähigkeiten, ermittelt als Quotient der berechneten Tragfähigkeit bei einer bestimmten Temperatur T und der berechneten Tragfähigkeit ohne Temperatureinfluss, d.h. Fu,rel = Fu(T)/Fu, als Funktion der Dauer der Feuerbeanspruchung (Abbildung 6.9a) und als Funktion der Verankerungstiefe (Abbildung 6.9b) dargestellt. Die Versuchsergebnisse von Reick aus dem Jahr 1995 (Reick 2001) sind mit eingetragen. Die relative Resttragfähigkeit der Versuche wurde als Quotient der im Brandversuch gemesse- nen Höchstlast und der mittleren Bruchlast für ungerissenen Beton nach dem CC-Verfahren (Eligehausen et al. 2006) ermittelt. Weiterhin sind in der Abbildung 6.9b die Bemessungser- gebnisse für die Versagensart Betonausbruch für ein Branddauer von t ≤ 90 Min. bzw. t > 90 Min. nach dem Vorschlag von Reick (2001) eingetragen. Es ist festzustellen, dass die Versuchsergebnisse von Reick (2001) mit den eigenen Berech- nungsergebnissen nur bedingt übereinstimmen. Die berechnete relative Resttragfähigket für t = 90 Min. und hef = 50 mm beträgt ca. 25 % und die gemessene ca. 37 %. Dieser Unter- schied ist auf die Verteilung der Temperatur im Bauteil zurückzuführen. In der FE- Berechnung folgt die Temperatur im Brandraum exakt der ISO-Temperaturkurve. Diese steigt in den ersten Minuten sehr stark an, teilweise mit einem Gradienten von bis zu 142 Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung 330°C/Min. Dieser starke Temperaturanstieg zu Beginn ist in einem Versuch schwer zu er- reichen. Mit zunehmender Versuchsdauer gleicht sich jedoch die tatsächliche Temperatur im Brandraum der „idealen“ ISO-Temperaturkurve an, in der numerischen Untersuchung dringt dadurch die Temperatur allerdings tiefer in das Bauteil ein. Ferner ist gerade in der Anfangs- phase im Brandraum eine starke Luftströmung infolge großer Temperaturunterschiede vor- handen, wodurch der Übergangskoeffizient, durch den der Temperaturübergang aus der Luft in den Beton berücksichtigt wird, stark schwankt. In den Berechnungen wurde ein konstan- ter, auf der sicheren Seite liegender Übergangskoeffizient angenommen. Hierdurch wird wiederum ein größeres Vordringen der Temperatur in das Bauteil bedingt. Der Einfluss der oben beschriebenen Effekte auf die Betonausbruchlast von Kopfbolzen lässt sich nur schwer nachweisen, da in den Versuchen die Verteilung der Temperatur über die Tiefe des Bauteils nicht gemessen wurde. Daher wurde eine erneute Berechnung mit der Verankerungstiefe hef = 50 mm und einem 50% niedrigeren Übergangskoeffizienten durchge- führt. Dadurch wird erreicht, dass die Temperatur etwas langsamer ins Bauteil eindringt. In dieser Berechnung versagte die Befestigung nach 90 Min. Erhitzung bei einer Last von Fu = 10.5 kN. Dies entspricht einer Resttragfähigkeit von etwa 40% und stimmt mit den Versuchsergebnisen von Reick (2001) sehr gut überein, wodurch die oben beschriebenen Annahmen für die Unterschiede zwischen gemessenen und numerischen ermittelten Höchst- lasten im wesentlichen bestätigt werden. Es ist außerdem festzustellen, dass die Versuchsergebnisse von Reick (2001) stark streuen. Es ist z.B. zu erkennen, dass bei einer Verankerungstiefe von hef = 60 mm eine niedrigere Resttragfähigkeit als bei hef = 50 mm gemessen wurde. Dieses Ergebnis ist nicht logisch und folgt nicht dem Trend der FE-Untersuchungen. Die starke Streuung der Versuchsergebnisse erschwert die Kalibrierung des numerischen Modells hinsichtlich des Übergangskoeffizienten. Daher wird für die Parameterstudien der ursprünglich verwendete, auf der sicheren Seite liegende Übergangskoeffizient verwendet. Die Berechnungsergebnisse in den Abbildung 6.9a und 6.9b zeigen generell zwei Trends: i) die Abnahme der Resttragfähigkeit mit zunehmender Erhitzungszeit und ii) die Zunahme der Resttragfähigkeit mit zunehmender Verankerungstiefe. Bei kleineren Verankerungstiefen nimmt die Tragfähigkeit mit zunehmender Temperatur bzw. Erhitzungszeit stark ab. Anhand der Verteilung der Temperatur über die Bauteildicke ist deutlich zu erkennen, dass sich bei kleinen Verankerungstiefen (z.B. hef = 50 mm) der Bolzenkopf im stark erhitzten Beton befin- Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung 143 det. Durch die Abnahme der Betoneigenschaften sowie der Mikrorissbildung an der Beton- oberfläche nimmt der Betonwiderstand stark ab. Mit zunehmender Verankerungstiefe befindet sich der Bolzenkopf in Bereichen mit niedrige- rer Temperatur. In diesen Bereichen ist die Abnahme der Materialeigenschaften kleiner bzw. bei Verankerungen mit hef > 200 mm ist praktisch keine Abnahme vorhanden. Obwohl die Beschädigung der oberflächennahen Bereiche infolge Temperatur auch bei großen Veranke- rungstiefen vorhanden ist, hat sie auf die Höchstlast der Befestigung nur einen geringen Ein- fluss. Auch die in den Berechnungen beobachtete Rissbildung im Bauteilinneren beeinträch- tigt die Höchstlast nicht wesentlich. Lediglich die Steifigkeit des Bolzens wird reduziert. Vergleicht man die Ergebnisse der FE-Untersuchung mit dem Bemessungsvorschlag von Reick (2001) so ist für eine Branddauer von 90 Min. eine gute Übereinstimmung festzustel- len. Für kleinere Erhitzungszeiten ist die Bemessung nach Reick (2001) vor allem bei kleinen Verankerungstiefen konservativ. Bei größeren Erhitzungszeiten (t > 90 und t ≤120 Minuten) stimmen die Ergebnisse wiederum gut überein. Allerdings ist für kleine Verankerungstiefen die Bemessung nach Reick (2001) nicht konservativ. Für eine Verankerungstiefe von hef = 50 mm trat in der Berechnung das Versagen der Befestigung während der Erhitzung auf, während nach Bemessung (Reick 2001) eine Resttragfähigkeit von ca. 20% vorbleibt. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass im Modell bzw. der FE-Berechnung konservative Annahmen hinsichtlich des Übergangskoeffizienten getroffen wurden. 6.4.2 Einzelbefestigung mit Randeinfluss 6.4.2.1 Einflächige Erhitzung von der Anbauteilseite Nachfolgend werden die Ergebnisse der FE-Untersuchungen mit Einzelbefestigungen am Bauteilrand unter Zugbeanspruchung und Brandeinfluss dargestellt. Untersucht werden Ver- ankerungstiefen von 50, 100, 150 und 200 mm nach jeweils 0, 30 und 90 Minuten Erhitzung. Die Erhitzung wird auf der Anbauteilseite des Betonbauteils simuliert. Zur Ermittlung des Randeinflusses auf die Ausbruchlast werden Randabstände von c1 = 2·hef (kein Randeinfluss bei Normaltemperatur), c1 = 1·hef und c1 = 0.5·hef angesetzt. Ein Überblick über die Berech- nungen gibt Tabelle 6.3. 144 Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung Verankerungstiefe hef [mm] Randabstand c1 [mm] Erhitzungszeit t [Min.] 50 100 0 30 90 50 0 30 90 25 0 30 90 100 200 0 30 90 100 0 30 90 50 0 30 90 150 300 0 30 90 150 0 30 90 75 0 30 90 200 400 0 30 90 200 0 30 90 100 0 30 90 Tabelle 6.3 Durchgeführte Berechnungen an Einzelbefestigungen am Rand mit einseitiger Erhitzung In sämtlichen Berechnungen versagte die Befestigung durch Betonausbruch. In Abbildung 6.10 sind die relativen Resttragfähigkeiten, bezogen auf die berechnete Höchstlast bei c1 = 2·hef ohne Brandeinfluss, d.h. Fu(t,c1)/Fu(t=0, c1=2hef), als Funktion des Verhältnisses c1/hef für die untersuchten Verankerungstiefen dargestellt. Die Befestigungen, die während der Erhitzungsphase versagten, sind mit schwarz ausgefüllten Symbolen dargestellt und ih- nen wird eine Resttragfähigkeit zugewiesen, die der zulässigen Gebrauchslast entspricht. Die tatsächliche Resttragfähigkeit dieser Befestigungen ist niedriger, da sie nach der Belas- tung mit der zulässigen Gebrauchslast einer Erhitzung von t Minuten nicht standgehalten haben. Aus diesem Grund wird neben dem Symbol ein zusätzlicher, nach unten zeigender Pfeil dargestellt. Die mittleren Tragfähigkeiten der Befestigungen nach dem CC-Verfahren ohne Brandeinfluss (vgl. Gleichung 2.1) sind unter Berücksichtigung des Randabstandes c1 in Abbildung 6.10 ebenfalls gezeigt. Außerdem sind neben der mittleren Tragfähigkeit der Befestigung bei Normaltemperatur auch die reduzierten Tragfähigkeiten für Erhitzungszeiten von t = 30 Min. und t = 90 Min. eingetragen. Die Reduktion der Tragfähigkeit entspricht dabei der in Kapitel 6.4.1 numerisch ermittelten relativen Resttragfähigkeit der Befestigungen in der Fläche, d.h., die relative Resttragfähigkeit nach 30 Min. Erhitzung (gestrichelte Linie) wurde dadurch er- mittelt, dass die Tragfähigkeit nach dem CC-Verfahren ohne Brandeinfluss (durchgezogene Linie) mit der relativen Tragfähigkeit der entsprechenden Befestigung in der Fläche multipli- ziert wurde (z.B. mit 0.85 bei hef = 100 mm und t = 30 Min.). Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung 145 0 0.5 1 1.5 2 c1/hef 0 0.5 1 1.5 2 N u/N u( t= 0, c 1= 2h ef ) hef=50 mm CC-Verfahren (CCV) CCV reduziert1), t=30 Min. CCV reduziert1), t=90 Min. FE ohne Brandeinfluss FE, t=30 min. ETK FE, t=90 min. ETK (a) 0 0.5 1 1.5 2 c1/hef 0 0.5 1 1.5 2 N u/N u( t= 0, c 1= 2h ef ) hef=100 mm CC-Verfahren (CCV) CCVreduziert1), t=30 Min. CCV reduziert1), t=90 Min. FE ohne Brandeinfluss FE, t=30 min. ETK FE, t=90 min. ETK (b) 0 0.4 0.8 1.2 1.6 2 c1/hef 0 0.5 1 1.5 2 N u/N u( t= 0, c =2 h e f) hef=150 mm CC-Verfahren (CCV) CCV reduziert1), t=30 Min. CCV reduziert1), t=90 Min. FE ohne Brandeinfluss FE, t=30 min. ETK FE, t=90 min. ETK (c) 0 0.4 0.8 1.2 1.6 2 c1/hef 0 0.5 1 1.5 2 N u/N u( t= 0, c 1= 2h ef ) hef=200 mm CC-Verfahren (CCV) CCV reduziert1), t=30 Min. CCV reduziert1), t=90 Min. FE ohne Brandeinfluss FE, t=30 min. ETK FE, t=90 min. ETK (d) 1) Reduktion der Tragfähigkeit nach CC-Verfahren bei Normaltemperatur erfolgte auf der Basis der Ergebnisse der FE-Berechnungen für Befestigungen in der Fläche (Kapitel 6.4.1) Abbildung 6.10 Ergebnisse der numerischen Untersuchungen von Einzelbefestigungen am Bauteilrand mit Erhitzung von der Anbauteilseite – relative Resttragfähigkeit bezogen auf die Höchstlast bei c1 = 2·hef ohne Brandeinfluss als Funktion des Verhältnisses c1/hef für Verankerungstiefen hef = 50 mm (a), hef = 100 mm (b), hef = 150 mm (c) und hef = 200 mm (d) Die Ergebnisse der FE-Berechnungen ohne Brandeinfluss stimmen mit den Werten ermittelt nach CC-Verfahren (Gleichung 6.7) für alle untersuchten Verankerungstiefen gut überein. Nach 30 Min. Erhitzung wird eine ähnliche Abnahme der Resttragfähigkeit wie ohne Brand- beanspruchung mit abnehmendem Verhältniss c1/hef beobachtet. Nur ist die Resttragfähig- keit ist geringer. Nach 90-minutiger Erhitzung ist die Abnahme der Tragfähigkeit bei kleinen Verankerungstiefen sehr stark ausgeprägt, insbesondere bei kleinen Randabständen. Bei hef = 50 mm und einem Randabstand c1 ≤ 1·hef versagte die Befestigung bevor die Brand- dauer von 90 Min. erreicht wurde. Mit zunehmender Verankerungstiefe nimmt der Tempera- tureinfluss ab. Vergleicht man die Ergebnisse der numerischen Untersuchung von Befestigungen mit ver- schiedenen Randabständen unter Brandeinfluss mit der reduzierten Tragfähigkeit unter der 146 Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung Annahme, dass die numerisch ermittelte Reduktion in der Fläche auch für Befestigungen am Rand gilt, so ist eine brauchbare Übereinstimmung zu erkennen. Die Unterschiede zwischen den Ergebnissen der FE-Berechnungen und der angenommenen, reduzierten Bemessungs- tragfähigkeit sind vor allem bei sehr kleinen Randabständen vorhanden (c1 = 0.5·hef). In die- sen Fällen ist die relative Resttragfähigkeit in der FE-Berechnung niedriger als die reduzierte Tragfähigkeit. Allerdings sind solche geringe Randabstände nach den geltenden Zulassun- gen nicht erlaubt. In Abbildung 6.11 sind die relativen Resttragfähigkeiten (Fu(t)/Fu(t=0)) als Funktion der Erhit- zungszeit t dargestellt. Hier ist deutlich zu erkennen, dass mit zunehmender Temperatur bzw. Erhitzungsdauer die Tragfähigkeit abnimmt. Bei kleineren Verankerungstiefen ist diese Abnahme sehr groß, während mit zunehmender Verankerungstiefe die relative Tragfähigkeit weniger steil abfällt. Weiterhin ist zu beobachten, dass die Abnahme der relativen Tragfähig- keit durch den Randabstand sehr wenig beeinflusst wird. Lediglich bei einem Randabstand c1 = 0.5hef nimmt bei allen Verankerungstiefen die Tragfähigkeit der Befestigung stärker ab. 0 30 60 90 120 Erhitzungszeit t [Min.] 0 0.25 0.5 0.75 1 1.25 N u/N u( t= 0) hef=50 mm c1=2hef c1=1hef c1=0.5hef (a) 0 30 60 90 120 Erhitzungszeit t [Min.] 0 0.25 0.5 0.75 1 1.25 N u/N u( t= 0) hef=100 mm c1=2hef c1=1hef c1=0.5hef (b) 0 30 60 90 120 Erhitzungszeit t [Min.] 0 0.25 0.5 0.75 1 1.25 N u/N u( t= 0) hef=150 mm c=2hef c=1hef c=0.5hef (c) 0 30 60 90 120 Erhitzungszeit t [Min.] 0 0.25 0.5 0.75 1 1.25 N u/N u( t= 0) hef=200 mm c1=2hef c1=1hef c1=0.5hef (d) Abbildung 6.11 Ergebnisse der Berechnungen von Einzelbefestigungen am Rand mit Erhitzung von der Anbauteilseite – relative Resttragfähigkeit bezogen auf die Höchstlast ohne Brandeinfluss als Funktion der Erhit- zungszeit t für Verankerungstiefen hef = 50 mm (a), hef = 100 mm (b), hef = 150 mm (c) und hef = 200 mm (d) Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung 147 Am Beispiel der Verankerungstiefe von hef = 150 mm zeigt Abbildung 6.12 die Hauptzugdeh- nungen ε11 nach dem Ende der Erhitzungsphase und vor der Wiederbelastung der Befesti- gung. Die Dehnungen sind so skaliert, dass dunkle Bereiche Risse im Beton kennzeichnen. Es ist zu erkennen, dass schon nach der Erhitzung, wenn der Kopfbolzen lediglich mit der zulässigen Gebrauchslast belastet ist, eine starke Rissbildung im Bauteil stattfindet. Durch die Nähe des freien Randes überlagern sich im Bauteil die Zugspannungen infolge der Bolzenbelastung und die Zugspannungen infolge der Überlagerung der freien thermischen Dehnungen und dem eben bleibendem Querschnitt (Reick 2001). Diese Beschädigung des Betons ist dafür verantwortlich, dass bei einer Verankerungstiefe von hef = 50 mm und kleinen Randabständen die Befestigung, die zuvor durch die zulässige Last belastet wird, eine Branddauer von 90 Min. nicht standhält. Das Versagen tritt in der FE Berechnung zwischen der 60. und der 70. Min. auf. Die Resttragfähigkeit nach 90 Min. Feuer ist daher niedriger als die zulässige Last. In Abbildung 6.13 sind die Hauptzugdehnungen ε11 beim Versagen der Befestigung mit hef = 150 mm nach der Wiederbelastung (Resttragfähigkeit) dargestellt. Die Reihenfolge der Bruchbilder entspricht der Abbildung 6.12. Beim Vergleich von Abbildung 6.12 mit Abbildung 6.13 wird ersichtlich, dass bei einem Randabstand von c1 = 0.5hef der Versagensriss dem bereits vorhandenem Riss vor der Wiederbelastung folgt. Demgegenüber bildet sich bei grö- ßeren Randabständen (c1 = 1.0hef und c1 = 1.5hef) ein neuer, zusätzlicher Riss, der für das Versagen verantwortlich ist. Diese prinzipiell unterschiedliche Rissbildung erklärt die etwas stärkere Abnahme der Resttragfähigkeit bei Befestigungen mit einem Randabstand c1 = 0.5hef. 148 Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung (a) c1 = 0.5hef, t = 30 Min. (b) c1 = 0.5hef, t = 90 Min. (c) c1 = 1.0hef, t = 30 Min. (d) c1 = 1.0hef, t = 90 Min. (e) c1 = 2.0hef, t = 30 Min. (f) c1 = 2.0hef, t = 90 Min. Abbildung 6.12 Berechnete Hauptzugdehnungen ε11 nach dem Ende der Erhitzungsphase und vor der Wiederbelas- tung der Befestigung für eine Verankerungstiefe hef = 150 mm Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung 149 (a) c1 = 0.5hef, t = 30 Min. (b) c1 = 0.5hef, t = 90 Min. (c) c1 = 1.0hef, t = 30 Min. (d) c1 = 1.0hef, t = 90 Min. (e) c1 = 2.0hef, t = 30 Min. (f) c1 = 2.0hef, t = 90 Min. Abbildung 6.13 Berechnete Hauptzugdehnungen ε11 beim Versagen der Befestigung für eine Verankerungstiefe von hef = 150 mm 150 Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung Um den Einfluss der Vorbelastung auf die Resttragfähigkeit der Befestigung bei einem Randabstand von c1 = 0.5hef (Verankerungstiefe hef = 100 mm) näher zu untersuchen, wur- den weitere Berechnungen, in denen unbelastete Kopfbolzen einer Erhitzung ausgesetzt und anschließend bis zum Versagen belastet wurden, durchgeführt. In Abbildung 6.14 sind die Hauptzugdehnungen ε11 nach dem Ende der Erhitzungsphase dargestellt. Die zugehörigen Hauptzugdehnungen ε11 beim Versagen nach Wiederbelastung sind in Abbildung 6.15 gezeigt. Es ist zu erkennen, dass sowohl im Fall mit als auch im Fall ohne Vorbelastung Risse im Bauteil vorhanden sind. Die Beschädigung im Bereich des Bolzenkopfes, wo die Zuglast aus der Befestigung in den Beton eingeleitet wird, ist erwar- tungsgemäß bei den vorbelasteten Bolzen zu beobachten. Beim Versagen nach Wiederbe- lastung ist kein wesentlicher Unterschied im Rissbild zu erkennen. (a) t = 30 Min., mit Vorbelastung (b) t = 90 Min., mit Vorbelastung (c) t = 30 Min., ohne Vorbelastung (d) t = 80 Min., ohne Vorbelastung Abbildung 6.14 Berechnete Hauptzugdehnungen ε11 nach dem Ende der Erhitzungsphase und vor der Wiederbelas- tung der Befestigung, mit (a,b) und ohne (c,d) Vorbelastung für eine Verankerungstiefe von hef = 100 mm und einen Randabstand von c1 = 0.5 hef XY Z XY Z XY Z XY Z Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung 151 (a) (b) (c) (d) Abbildung 6.15 Berechnete Hauptzugdehnungen ε11 beim Versagen nach Wiederbelastung, mit (a,b) und ohne (c,d) Vorbelastung für eine Verankerungstiefe von hef = 100 mm und einen Randabstand von c1 = 0.5 hef Wie erwartet nimmt die Resttragfähigkeit der Befestigung im Fall einer fehlenden Vorbelas- tung weniger stark ab (Abbildung 6.16). Nach 30 Min. Erhitzung ist kein Einfluss der Vorbe- lastung zu erkennen, allerdings beträgt der Unterschied nach 80 Min. Erhitzung ca. 20%. 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Erhitzung [Min.] 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 N u/N u( t= 0) 1-flächige Erhitzung hef=100 mm, c1=0,5hef Ohne Vorbelastung Mit Vorbelastung Abbildung 6.16 Vergleich der berechneten relativen Resttragfähigkeiten der Befestigung mit und ohne Vorbelastung aufgetragen über die Erhitzungszeit t – Verankerungstiefe hef = 100 mm, Randabstand c1 = 50 mm XY Z XY Z XY Z XY Z 152 Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung 6.4.2.2 Zweiflächige Erhitzung von der Anbauteilseite und von der randnahen Seite Im vorherigen Kapitel wurden Befestigungen am Rand unter Brandeinfluss behandelt, wenn die Erhitzung einflächig von der Anbauteilseite aufgebracht wird. Dieser Fall entspricht der Anordnung, in der das Betonbauteil von einer Seite isoliert ist und dadurch der seitliche Wärmefluss unterbunden wird. In der Praxis kommt es aber oft vor, dass die Betonbauteile keine seitliche Isolierung haben und daher zusätzlich von der Seite erhitzt werden. Wenn sich die Befestigung fern eines solchen erhitzten Randes befindet, beeinträchtigt die seitliche Erwärmung die Tragfähigkeit nicht. Bei randnahen Befestigungen ist jedoch eine zusätzliche Abnahme der Tragfähigkeit zu erwarten, da die Betoneigenschaften in diesem Bereich redu- ziert werden und die thermischen Dehnungen gegebenenfalls Risse im Bauteil erzeugen können. Dieses Kapitel beschreibt näher das Verhalten solcher Befestigungen. Die Bauteilgeometrie entspricht dem Fall, bei dem die Erwärmung lediglich von der Anbau- teilseite aufgebracht wird. Es werden ebenfalls Verankerungstiefen von 50, 100, 150 und 200 mm nach jeweils 0, 30 und 90 Minuten Erhitzung untersucht. Die Erhitzung wird zweiflächig von der Anbauteilseite und von der randnahen Seite des Betonbauteils aufgebracht. Die Be- rechnungen werden für die Randabstände von c1 = 2·hef (kein Randeinfluss bei Normaltem- peratur), c1 = 1·hef und c1 = 0.5·hef durchgeführt. Vor der Erhitzung werden die Befestigungen mit der zulässigen Gebrauchslast nach Gleichung (6.7) belastet. Sämtliche Berechnungen des Kapitels 6.4.2.1 (Einflächige Erhitzung von der Anbauteilseite) werden in diesem Kapitel mit zusätzlicher seitlicher Erwärmung wiederholt (Tabelle 6.3). Die Ergebnisse der Berechnungen mit zweiflächiger Erhitzung sind in Abbildung 6.17 ge- zeigt. Die Darstellung der Ergebnisse erfolgt analog zur Abbildung 6.10. Zum Vergleich sind auch die Ergebnisse der FE-Berechnungen mit einseitiger Erhitzung für Branddauer von 30 und 90 Min. eingetragen. Wie erwartet beeinflusst die zusätzliche seitliche Erwärmung die relative Resttragfähigkeit der Befestigungen negativ. Die Höchstlast hängt nicht mehr aus- schließlich von der Verankerungstiefe ab, wie das in den vorherigen Berechnungen mit Temperatureinfluss der Fall war, sondern wird auch vom Randabstand beeinflusst. Bei den Befestigungen mit kleinem Randabstand wird eine starke Abnahme beobachtet. So versagen z.B. Kopfbolzen mit hef = 50 mm bzw. hef = 100 mm und c1 = 0.5·hef bevor eine Branddauer von 30 Minuten erreicht wird. Bei einer Verankerungstiefe von hef = 150 mm weisen die Kopfbolzen nach 30 Min. Erhitzungsdauer eine Resttragfähigkeit von 50 % gegenüber der Tragfähigkeit im kalten Zustand auf. Allerdings hält die Befestigung eine Branddauer von 90 Min. Erhitzung nicht aus. Erst bei einer Verankerungstiefe von hef = 200 mm versagt die Be- Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung 153 festigung nicht während der Erhitzung sondern bei der anschließender Belastung und weist damit auch nach 90 Min. Branddauer noch eine Resttragfähigkeit auf. 0 0.5 1 1.5 2 c1/hef 0 0.25 0.5 0.75 1 1.25 N u/N u(t =0 , c 1= 2h ef ) hef=50 mm Erhitzung "oben+seitlich" CC-Verfahren FE, t=0 min. FE, t=30 min. FE, t=90 min. FE, t=30 min. (1-s.) FE, t=90 min. (1-s.) (a) 0 0.5 1 1.5 2 c1/hef 0 0.25 0.5 0.75 1 1.25 N u/N u( t= 0, c 1= 2h ef ) hef=100 mm Erhitzung "oben+seitlich" CC-Verfahren FE, t=0 Min. FE, t=30 Min. FE, t=90 Min. FE, t=30 Min. (1-s.) FE, t=90 Min. (1-s.) (b) 0 0.5 1 1.5 2 c1/hef 0 0.25 0.5 0.75 1 1.25 N u/N u( t= 0, c 1= 2h ef ) hef=150 mm Erhitzung "oben+seitlich" CC-Verfahren FE, t=0 min. FE, t=30 min. FE, t=90 min. FE, t=30 min. (1-s.) FE, t=90 min. (1-s.) (c) 0 0.5 1 1.5 2 c1/hef 0 0.25 0.5 0.75 1 1.25 N u/N u( t= 0, c 1= 2h ef ) hef=200 mm Erhitzung "oben+seitlich" CC-Verfahren FE, t=0 Min. FE, t=30 Min. FE, t=90 Min. FE, t=30 Min. (1-s.) FE, t=90 Min. (1-s.) (d) Abbildung 6.17 Ergebnisse der numerischen Untersuchungen von Einzelbefestigungen am Bauteilrand mit zweiflächi- ger Erhitzung – relative Resttragfähigkeit bezogen auf die Höchstlast bei c1 = 2·hef ohne Brandeinfluss als Funktion des Verhältnisses c1/hef für Verankerungstiefen hef = 50 mm (a), hef = 100 mm (b), hef = 150 mm (c) und hef = 200 mm (d) Mit zunehmendem Randabstand nimmt die Resttragfähigkeit der Befestigungen zu. Bei ei- nem Randabstand von c1 = 1.0·hef versagen Befestigungen mit hef = 50 mm bevor 30- minutige Branddauer erreicht ist. Bei den anderen Verankerungstiefen konnte eine Resttrag- fähigkeit ermittelt werden, die mit zunehmender Verankerungstiefe ansteigt. Beim größten untersuchten Randabstand von c1 = 2.0·hef versagt keine der Befestigungen während der Erhitzung, sondern erst nach Aufbringen der Wiederbelastung. Die Versagensart der Befestigungen mit zweiflächiger Erhitzung ist in den FE-Berechnungen nicht in allen Fällen eindeutig zu bestimmen. Anhand der Abbildung 6.18, in der die Haupt- zugdehnungen ε11 nach dem Versagen für Verankerungstiefen hef = 100 mm und hef = 200 mm und einen Randabstand c1 = 0.5·hef bzw. für hef = 150 mm und c1 = 1.0·hef (nach 30 Mi- nuten Erhitzung und Versagen) dargestellt sind, wird versucht die Versagensarten genauer 154 Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung zu beleuchten. Bei Randabständen von c1 = 2.0·hef und c1 = 1.0·hef versagen die Befestigun- gen durch Betonausbruch. Dabei bildet sich schon während der Erhitzung ein Riss, der die Befestigung kreuzt. Dieser Riss ist auf die Ausdehnung des oberflächennahen Bereiches, wodurch Zwangsspannungen im Bauteil entstehen, zurückzuführen. Dieser Riss führt jedoch nicht zum Versagen der Befestigung führt, daher ist eine weitere Laststeigerung nach der Erhitzung möglich. Nach Überschreiten der Höchstlast versagt die Befestigung durch Beton- ausbruch. (a) hef = 100 mm, c1 = 0.5·hef, Versagen (b) hef = 200 mm, c1 = 0.5·hef, Versagen (c) hef = 150 mm, c1 = 1.0·hef, nach 30 Min. Erhitzung (d) hef = 150 mm, c1 = 1.0·hef, Versagen Abbildung 6.18 Versagensarten von randnaher Befestigung unter zweiflächiger Erhitzung: (a), (b) Mischversagen zwischen Betonausbruch und lokaler Betonausbruch bzw. (c), (d) Betonausbruch Beim kleinsten untersuchten Randabstand von c1 = 0.5·hef wird ein „Mischversagen“ zwi- schen Betonausbruch und lokalem Betonausbruch (s.g. Blow-out) beobachtet. Ausgehend vom Bolzenkopf bilden sich in Richtung zum freien Rand mehrere Risse aus. In der anderen Richtung, d.h. entgegen dem freien Rand bildet sich ein Riss aus, der auf ein Versagen durch Betonausbruch hindeutet. Es ist allerdings schwierig, das beobachtete Versagen als Betonausbruch bzw. lokaler Betonausbruch zu qualifizieren, da der Beton im Bereich zwi- schen Anker und Bauteilrand durch die Erhitzung stark beschädigt ist. Durch die Beschädi- gung weisen nahezu alle Elemente eine Dehnung auf, die größer ist als die kritische Deh- XY Z 0.01 0.009 0.008 0.007 0.006 0.005 0.004 0.003 0.002 0.001 0. XY Z 0.007 0.0063 0.0056 0.0049 0.0042 0.0035 0.0028 0.0021 0.0014 0.0007 0. X Y Z 0.01 0.009 0.008 0.007 0.006 0.005 0.004 0.003 0.002 0.001 0. X Y Z 0.01 0.009 0.008 0.007 0.006 0.005 0.004 0.003 0.002 0.001 0. Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung 155 nung εc = wc / h (mit wc – kritische Rissbreite und h = mittlere Elementgröße), sie werden daher „dunkel“ angezeigt. Um die Ergebnisse der Berechnungen mit zweiseitiger Erhitzung besser nachzuvollziehen, sind in Abbildung 6.19 bisAbbildung 6.22 die Temperaturverteilungen im Bauteil für ver- schiedene Verankerungstiefen und Randabstände dargestellt. Die Abbildungen zeigen Tem- peratur-verteilungen nach der Erhitzung über einen bestimmten Zeitraum t. Es ist zu erken- nen, dass etwa bis zu einem Randabstand von 100 mm die Temperatur seitlich so tief in den Betonkörper eindringt, dass sich nach 90 Minuten Erhitzungsdauer der Bolzenkopf in einem Temperaturbereich von mindestens 500°C befindet. Vom Bolzenkopf in Richtung zum freien Rand steigt die Temperatur weiter an. Bei diesen Temperaturen ist die Zugfestigkeit des Be- tons um etwa 75 % reduziert. Mit zunehmendem Randabstand nimmt der Einfluss der seitlichen Erhitzung ab. Der Beton im Bereich des Bolzenkopfes erhitzt sich weniger. Allerdings wird dadurch, dass der Wider- stand des Betons im randnahen Bereich reduziert wird, die Tragfähigkeit der Befestigung in Richtung zum freien Rand beeinflusst. Die relative Resttragfähigkeit ist daher niedriger als bei einseitiger Erhitzung. Die Abnahme ist jedoch nicht so stark ausgeprägt wie bei sehr klei- nen Randabständen. Bei Randabständen c1 ≥ 300 mm ist die Befestigung weit genug vom Rand entfernt, so dass die relative Resttragfähigkeit nach einer Erhitzung von bis zu 90 Mi- nuten nicht wesentlich beeinflusst wird. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass bei einer zweiseitigen Erhitzung eines Bauteils mit randnahen Befestigungen die Tragfähigkeit der Anker nicht nur von der Verankerungstie- fe, wie bei einseitiger Erhitzung, sondern auch vom Randabstand c1 beeinflusst wird. Dabei kann der Einfluss des erhitzten Randes nicht ausschließlich über das Verhältnis c1/hef be- schrieben werden, wie das bei Befestigungen ohne Brandeinfluss üblich ist, sondern auch der absolute Randabstand c1 in Betracht gezogen werden. 156 Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung (a) hef = 50 mm, c1 = 50 mm, t = 30 Min. (b) hef = 50 mm, c1 = 100 mm, t = 30 Min. (c) hef = 50 mm, c1 = 100 mm, t = 90 Min. Abbildung 6.19 Temperaturverteilungen für unterschiedliche Branddauern t und Randabstände c1 bei einer Veranke- rungstiefe von hef = 50 mm (a) hef = 100 mm, c1 = 100 mm, t = 30 Min. (b) hef = 100 mm, c1 = 100 mm, t = 90 Min. (c) hef = 100 mm, c1 = 200 mm, t = 30 Min. (d) hef = 100 mm, c1 = 200 mm, t = 90 Min. Abbildung 6.20 Temperaturverteilungen für unterschiedliche Branddauern t und Randabstände c1 bei einer Veranke- rungstiefe von hef = 100 mm XY Z 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. XY Z 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. XY Z 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. XY Z 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. XY Z 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. XY Z 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. XY Z 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung 157 (a) hef = 150 mm, c1 = 150 mm, t = 30 Min. (b) hef = 150 mm, c1 = 150 mm, t = 90 Min. (c) hef = 150 mm, c1 = 300 mm, t = 30 Min. (d) hef = 150 mm, c1 = 300 mm, t = 90 Min. Abbildung 6.21 Temperaturverteilungen für unterschiedliche Branddauern t und Randabstände c1 bei einer Veranke- rungstiefe von hef = 150 mm (a) hef = 200 mm, c1 = 200 mm, t = 30 Min. (b) hef = 200 mm, c1 = 200 mm, t = 90 Min. (c) hef = 200 mm, c1 = 400 mm, t = 30 Min. (d) hef = 200 mm, c1 = 400 mm, t = 90 Min. Abbildung 6.22 Temperaturverteilungen der für unterschiedliche Branddauern t und Randabstände c1 bei einer Veran- kerungstiefe von hef = 200 mm X Y Z 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. X Y Z 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. XY Z 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. XY Z 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. XY Z 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. XY Z 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. 158 Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung 6.4.3 Gruppenbefestigung ohne Randeinfluss Im folgenden Abschnitt werden die Ergebnisse der numerischen Untersuchungen von Grup- penbefestigungen ohne Randeinfluss unter Brandbeanspruchung dargestellt. Dabei handelt es sich um eine 4-fach Befestigung mit gleichem Achsabstand der Bolzen in beiden Richtun- gen, d.h. s1 = s2 = s. Um zu untersuchen, ob sich der charakteristische Achsabstand scr unter Brandbedingungen von dem bei normaler Temperatur von ca. 20°C (scr = 3hef) unterscheidet, werden die folgenden Achsabstände angesetzt: s = 4hef (kein gegenseitiger Einfluss der Be- festigungsmittel einer Gruppe bei Normaltemperatur), s = 2hef und s = 1hef. Es werden Ver- ankerungstiefen von hef = 50 mm, 100 mm und 150 mm untersucht. Die Verankerungstiefe von hef = 200 mm wird nicht weiter berücksichtigt, da im vergleichbaren Fall einer Einzelbe- festigung bei dieser Verankerungstiefe keine wesentliche Abnahme der Tragfähigkeit beo- bachtet wurde. Verankerungstiefe hef [mm] Achsabstand s = s1 = s2 [mm] Erhitzungszeit t [Min.] 50 200 0 30 90 - 100 0 30 90 - 50 0 30 90 - 100 400 0 30 90 120 200 0 30 90 120 100 0 30 90 120 150 450 0 30 90 120 300 0 30 90 120 150 0 30 90 120 Tabelle 6.4 Überblick über die durchgeführten FE Berechnungen an Gruppenbefestigungen ohne Randeinfluss unter einseitiger Erhitzung von der Anbauteilseite Die Simulation der Belastung sowie der Erhitzung erfolgt analog zu den vorherigen Untersu- chungen (Vorbelastung mit der zulässigen Gebrauchslast, danach einflächige Erhitzung für 30, 90 bzw. 120 Min.). Nach der Brandbeanspruchung wird die Belastung bis zum Versagen gesteigert, um eine Resttragfähigkeit zu ermitteln. Da nur Gruppenbefestigungen ohne Randeinfluss untersucht werden (c1 ≥ 10hef), wird eine einseitige Erhitzung von der Anbau- teilseite aus betrachtet. Die Doppelsymmetrie wird in sämtlichen Berechnungen genutzt. Tabelle 6.4 gibt einen Überblick über die durchgeführten numerischen Untersuchungen. Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung 159 Alle untersuchten Befestigungen versagten durch Betonausbruch. In Abbildung 6.23 sind beispielhaft für alle Befestigungen einige Versagensbilder dargestellt. Es ist zu erkennen, dass nach dem Ende der Erhitzungsphase (90 Min.) eine nicht vernachlässigbare Schädi- gung der oberflächennahen Betonschicht an der Erhitzungsseite infolge hoher Temperaturen vorhanden ist. Weiterhin treten im Bauteilinneren Risse auf (Abbildung 6.23a). Diese Risse wurden auch in den Berechnungen mit Einzelbefestigungen beobachtet und sind, wie schon erläutert, auf die durch die Temperatur verursachten Zwangsspannungen zurückzuführen. (a) hef = 100 mm, s = 4hef, t = 90 Min. (b) hef = 100 mm, s = 4hef, t = 90 Min., Versagen (c) hef = 100 mm, s = 2hef, t = 90 Min. (d) hef = 100 mm, s = 2hef, t = 90 Min., Versagen Abbildung 6.23 Versagensbilder aus den FE-Untersuchungen an Gruppenbefestigungen, Verankerungstiefe hef = 100 mm, Achsabstände s = 4hef und s = 2hef - Hauptzugdehnungen ε11 nach dem Ende der Erhit- zungsphase (a,c) und beim Versagen (b,d) Die Schädigungen außerhalb des erhitzten Bereichs (obere linke Ecke) sind durch die Lage- rung bedingt. Sie sind für die Tragfähigkeit nicht von Bedeutung, da sie außerhalb des Ein- flussbereichs der Befestigung liegen. Die Ausbruchkegel, die sich beim Versagen der Befestigung nach Aufbringen der Belastung zur Ermittlung der Resttragfähigkeit ausbilden, sind deutlich zu erkennen (Abbildung 6.23b und d). Bei einem Achsabstand von s = 4hef ist zu sehen, dass sich der Ausbruchkegel der X Y Z 0.01 0.009 0.008 0.007 0.006 0.005 0.004 0.003 0.002 0.001 0. X Y Z 0.01 0.009 0.008 0.007 0.006 0.005 0.004 0.003 0.002 0.001 0. X Y Z 0.01 0.009 0.008 0.007 0.006 0.005 0.004 0.003 0.002 0.001 0. X Y Z 0.01 0.009 0.008 0.007 0.006 0.005 0.004 0.003 0.002 0.001 0. Symmetrieebene Schnittebene 160 Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung einzelnen Anker vollständig ausbilden kann, d.h. die Ausbruchkegel der einzelnen Kopfbol- zen beeinflussen sich nicht gegenseitig und der charakteristische Achsabstand scr ist kleiner als der untersichte Achsabstand. Bei s = 2hef ist der Ausbruchkegel ebenfalls eindeutig zu erkennen, allerdings bildet er sich auf der Symmetrieebene nicht vollständig aus, d.h. der charakteristische Achsabstand scr ist größer als s = 2hef. Beim kleinsten untersuchten Achsabstand von s = 1·hef versagten alle Befestigungen unab- hängig von der Verankerungstiefe bevor eine Branddauer von 30 Minuten erreicht wurde. Schon nach ca. 10 bis 15 Min. Erhitzung bilden sich die Ausbruchkegel aus. Die zugehörigen Versagensbilder, exemplarisch für die Verankerungstiefen hef = 100 bzw. 150 mm mit jewei- liger Erhitzungsdauer, sind in Abbildung 6.24 dargestellt. (a) hef = 100 mm, s = 1hef, t = 12 Min. (b) hef = 100 mm, s = 1hef, t = 12 Min., Schnitt (c) hef = 150 mm, s = 1hef, t = 15 Min. (d) hef = 150 mm, s = 1hef, t = 15 Min., Schnitt Abbildung 6.24 Versagen der Gruppenbefestigung unter Brandbeanspruchung bei s = 1 hef für Verankerungstiefen hef = 100 und hef = 150 mm: Hauptzugdehnungen ε11 am gesamten Modell (a,c) bzw. in der Schnitt- ebene durch den Kopfbolzen (b,d) XY Z 0.01 0.009 0.008 0.007 0.006 0.005 0.004 0.003 0.002 0.001 0. XY Z 0.01 0.009 0.008 0.007 0.006 0.005 0.004 0.003 0.002 0.001 0. X Y Z 0.01 0.009 0.008 0.007 0.006 0.005 0.004 0.003 0.002 0.001 0. X Y Z 0.01 0.009 0.008 0.007 0.006 0.005 0.004 0.003 0.002 0.001 0. Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung 161 Die FE-Berechnungsergebnisse an Gruppenbefestigungen unter Brandeinfluss sind in Abbildung 6.25 als relative Resttragfähigkeit bezogen auf die berechnete Höchstlast (s = 4·hef, ohne Brandeinfluss), d.h. Fu(t,s)/Fu(t=0, s=4hef) über das Verhältnis s/hef aufgetra- gen. Die Tragfähigkeit ohne Brandeinfluss für Gruppenbefestigungen nach CC-Verfahren - Gleichung (2.1) - ist mit eingetragen. 0 1 2 3 4 5 s/hef 0 0.4 0.8 1.2 1.6 N u/N u( t= 0, s =3 h e f) 4-fach Befestigung, hef=50 mm FE, ohne Brandeinfluss FE, t=30 Min. FE, t=90 Min. Versuche Reick, hef=50mm, t=90 Min. CC-Verfahren (CCV) CCV reduziert1), t=30 Min. CCV reduziert1), t=90 Min. (a) 0 1 2 3 4 5 s/hef 0 0.25 0.5 0.75 1 1.25 1.5 1.75 N u/N u (t= 0, s= 4h ef ) 4-fach Befestigung,hef=100 mm FE ohne Brandeinfluss FE, t=30 min. FE, t=90 min. FE, t=120 min. CC-Verfahren (CCV) CCV reduziert1), t=30 Min. CCV reduziert1), t=90 Min. CCV reduziert1), t=120 Min. (b) 0 1 2 3 4 5 s/hef 0 0.25 0.5 0.75 1 1.25 1.5 1.75 N u/N u (t= 0, s= 4h ef ) 4-fach Befestigung, hef=150 mm FE ohne Brandeinfluss FE, t=30 Min. FE, t=90 Min. FE, t=120 Min. CC-Verfahren (CCV) CCV reduziert1), t=30 Min. CCV reduziert1), t=90 Min. CCV reduziert1), t=120 Min. (c) 1) Reduktion der Tragfähigkeit nach CC-Verfahren bei Normaltemperatur erfolgte auf der Basis der Ergebnisse der FE-Berechnungen für Befestigungen in der Fläche (Kapitel 6.4.1) Abbildung 6.25 Ergebnisse der Berechnungen von Gruppenbefestigungen mit einseitiger Erhitzung – relative Rest- tragfähigkeit bezogen auf die Höchstlast bei s = 4·hef ohne Brandeinfluss als Funktion des Verhältnis- ses s/hef für Verankerungstiefen hef = 50 mm (a), hef = 100 mm (b) und hef = 150 mm (c) Desweiteren sind in Abbildung 6.25 die entsprechenden reduzierten Tragfähigkeiten für Er- hitzungszeiten von t = 30 Min. und t = 90 Min. eingetragen. Die Abnahme der Tragfähigkeit bezieht sich auf die in Kapitel 6.4.1 berechnete relative Resttragfähigkeit der Einzelbefesti- gungen in der Fläche, d.h. die relative Resttragfähigkeit nach 30 Min. Erhitzung wird ermit- telt, in dem die Tragfähigkeit nach CC-Verfahren ohne Brandeinfluss (t = 0 Min.) mit der be- rechneten relativen Resttragfähigkeit der entsprechenden Befestigung in der Fläche multipli- 162 Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung ziert wird. Auf diese Weise ist es möglich, die Abnahme der relativen Tragfähigkeit der Grup- penbefestigungen mit der relativen Resttragfähigkeitsabnahme der Einzelbefestigungen zu vergleichen. Schließlich sind in Abbildung 6.25 die Ergebnisse der Forschungsversuche aus 1998 (Reick 2001) mit einer 4-fach Befestigung aus Hinterschnittdübeln mit einer Veranke- rungstiefe von hef = 50 mm und Achsabstand von s = 50 mm = 1·hef dargestellt. Die Befesti- gung, belastet sie mit der zulässigen Gebrauchslast (FZul. = 10.6 kN bei fcc = 34 N/mm2), ver- sagte durch Betonausbruch während der Erhitzung (ca. 75 Minute). Die Resttragfähigkeit beträgt somit 21%. Die Ergebnisse der FE-Berechnungen ohne Brandeinfluss stimmen mit denen aus der Glei- chung( 6.8), die den Einfluss des Achsabstandes auf die Gruppentragfähigkeit bei normaler Temperatur beschreibt, gut überein. Die Reduzierung der Gruppentragfähigkeit mit abneh- mendem Achsabstand wird durch die FE-Berechnung bestätigt. Mit zunehmender Branddauer nimmt die Resttragfähigkeit erwartungsgemäß ab. Bei einem großen Achsabstand (s = 4hef > scr) entspricht die Abnahme der Resttragfähigkeit mit zu- nehmender Erhitzungszeit in etwa der Abnahme der Resttragfähigkeit einer Einzelbefesti- gung in der Fläche (Kapitel 6.4). Bei kleiner Verankerungstiefe von hef = 50 mm wird eine sehr starke und bei relativ großer Verankerungstiefe von hef = 150 mm eine mäßige Abnah- me (bis zu ca. 30 % bei 120 Min. Erhitzung) beobachtet. Ähnliche Verläufe der Abnahme der Gruppentragfähigkeit können auch bei einem Achsab- stand von s = 2hef verzeichnet werden. Auch hier ist die Abnahme bei kleinen Verankerungs- tiefen stark, während bei großer Verankerungstiefe nahezu keine Abnahme erfolgt. Bei ei- nem Achsabstand von s = 2hef versagt die Gruppenbefestigung mit hef = 50 mm bevor 90 Minuten Branddauer erreicht werden. Wird der Randabstand auf s = 1hef reduziert, ist die Abnahme der Gruppentragfähigkeit im Vergleich zur Tragfähigkeit bei normaler Temperatur sehr stark. Die Befestigung versagt be- reits nach wenigen Minuten Erhitzung (ca. 15 Min.) und zwar unabhängig von der Veranke- rungstiefe. Dieses Ergebnis widerspricht den in Abschnitten 6.4.1 und 6.4.2 präsentierten Ergebnissen von Einzelbefestigungen ohne und mit Randeinfluss. Diese haben nämlich ge- zeigt, dass bei großen Verankerungstiefen (hef = 100 mm bzw. hef = 150 mm) die Tragfähig- keit der Befestigung nur geringfügig bis mäßig von der Erhitzung beeinflusst wird. Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung 163 (a) hef = 100, s = 4·hef, t = 30 Min. (b) hef = 100, s = 4·hef, t = 90 Min. (c) hef = 100, s = 2·hef, t = 30 Min. (d) hef = 100, s = 2·hef, t = 90 Min. (e) hef=100, s=1·hef, t=30 Min. (f) hef=100, s=1·hef, t=90 Min. Abbildung 6.26 Berechnete Temperaturverteilung im Bauteil für eine Verankerungstiefe von hef = 100 mm und ver- schiedene Erhitzungszeiten Dieses nicht erwartete Verhalten von Gruppenbefestigungen mit kleinem Achsabstand (s = 1 hef) ist nicht zu erklären. Bei einem Achsabstand von s = 2·hef sind die Ergebnisse durchaus plausibel. Die Abnahme der Tragfähigkeit infolge der Temperatur ist niedrig, da nur ein relativ kleiner, oberflächennaher Teil des Bauteils hohe Temperaturen aufweist und da- her geschwächt wird. Die Abbildung 6.26 und Abbildung 6.27 zeigen deutlich, dass nur im oberflächennahen Bereich des Bauteils hohe Temperaturen vorhanden sind, während die Temperatur im Bereich des Bolzenkopfes höchstens 100°C beträgt. 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. Output Set: MS3 RC_s40E_100_loaTemp [ Contour: Nodal Temp. - step 30 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. Output Set: MS3 RC_s40E_100_loaTemp [ Contour: Nodal Temp. - step 90 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. 164 Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung Eine weitere Reduzierung des Achsabstandes hat praktisch keinen Einfluss auf die Tempe- raturverteilung, wie Abbildung 6.27 zeigt. Daher dürfte sich die Tragfähigkeit der Gruppenbe- festigung in Abhängigkeit der Temperatur nicht wesentlich verändern. Durch die engere An- ordnung der Bolzen ändern sich zwar die Spannungsverhältnisse im Bauteil und die Aus- bruchfläche der Gruppe nimmt ab, allerdings ist dieser Einfluss nicht temperaturabhängig und tritt auch unter normaler Temperatur auf. Eine mögliche Erklärung für das nicht erwartete Ergebnis könnte die Tatsache sein, dass im FE-Netz der Gruppenbefestigung durch die Nutzung der Doppelsymmetrie der Abstand des Bolzens von beiden Symmetrieebenen sehr klein ist und sich dadurch negativ auswirkt. Ob- wohl ein kleiner Abstand des Kopfes von den Symmetrieebenen bei den Berechnungen ohne Brandbeanspruchung keinen Einfluss auf das Tragverhalten aufweist, ist es durchaus mög- lich, dass durch die thermischen Dehnungen in der Nähe der Symmetrieebenen ein negati- ver Einfluss auf die Tragfähigkeit der Bolzens ausgeübt wird. (a) hef = 100, s = 1·hef, t = 30 Min. (b) hef = 100, s = 1·hef, t = 90 Min. Abbildung 6.27 Berechnete Temperaturverteilung im Bereich des Kopfbolzens einer Gruppenbefestigung für ver- schiedene Erhitzungszeiten – Verankerungstiefe hef = 100 mm Um zu überprüfen, ob die beobachtete Abnahme der Tragfähigkeit unter Temperatureinfluss bei einem Achsabstand von s = 1·hef auch im Fall einer Zweifachbefestigung stattfindet, wer- den Berechnungen mit 2-er Gruppen durchgeführt. Dabei wird ein Achsabstand von s = 1·hef für hef = 100 mm und hef = 150 mm bzw. s = 1.4·hef für hef = 100 mm untersucht. Die Doppel- symmetrie wird auch in diesen Modellen ausgenutzt, allerdings stimmt die Lage einer Sym- metrieebene mit der Bolzenachse überein. Wie in den bisherigen Untersuchungen gezeigt wurde, stellt eine solche Symmetrieebene keine Störung für den Bolzen dar. Ferner werden die Untersuchungen an den 4-fach Befestigungen (Verankerungstiefen hef = 100 mm und hef = 150 mm) wiederholt. Dabei wird allerdings die Hälfte der Gesamtgeometrie modelliert, 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. 900. 800. 700. 600. 500. 400. 300. 200. 100. 0. Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung 165 d.h. es wird nur eine Symmetrieebene verwendet. Beispielhaft für die weiteren Berechnun- gen sind in Abbildung 6.28 die FE-Netze der Zweifach- und der Vierfachbefestigung für hef = 150 mm dargestellt. (a) (b) (c) (d) Abbildung 6.28 FE Netze der 2-fach- und 4-fach-Befestigungen, hef = 150 mm, s = 1·hef: Gesamtmodell der 2-fach Befestigung (a), Bereich um den Bolzen bei der 2-fach Befestigung (b), Gesamtmodell der 4-fach Be- festigung (c) und Schnitt durch die Bolzenachsen (keine Symmetrieebene), Bereich um die Bolzen, 4- fach Befestigung (d) Die Ergebnisse der zusätzlichen Untersuchungen sind in Abbildung 6.29 als relative Rest- tragfähigkeit über das Verhältnis s/hef aufgetragen. Weiterhin enthält Abbildung 6.29 die Wer- te nach Gleichung (2.1) (Einfluss des Achsabstandes ohne Brandeinwirkung) sowie die Ab- schätzungen der Abnahme der relativen Resttragfähigkeit analog zu Abbildung 6.25. Es ist deutlich zu erkennen, dass die relativen Resttragfähigkeiten bei kleinen Achsabständen nicht den „unerwartet“ niedrigen Wert haben, wie in Abbildung 6.25, sondern relativ gut mit der Resttragfähigkeit der Einzelbefestigungen in der Fläche übereinstimmen. Dies gilt auch für die 2-fache Befestigung. X Y Z X Y Z X Y Z X Y Z Symmetrieebene Symmetrieebene Symmetrieebene Erhitzter Bereich Erhitzter Bereich 166 Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung 0 1 2 3 4 5 s/hef 0 0.25 0.5 0.75 1 1.25 1.5 N u/N u (t= 0, s= 3h ef ) 2-fach Befestigung, hef=100 mm FE, ohne Brandeinfluss FE, t=30 Min. FE, t=90 Min. CC-Verfahren (CCV) CCV reduziert1), t=30 Min. CCV reduziert1), t=90 Min. 0 1 2 3 4 5 s/hef 0 0.25 0.5 0.75 1 1.25 1.5 N u/N u (t= 0, s= 3h ef ) 2-fach Befestigung, hef=150 mm FE, ohne Brandeinfluss FE, t=30 Min. FE, t=90 Min. CC-Verfahren (CCV) CCV reduziert1), t=30 Min. CCV reduziert1), t=90 Min. (a) (b) 0 1 2 3 4 5 s/hef 0 0.25 0.5 0.75 1 1.25 1.5 1.75 N u/N u (t= 0, s= 4h ef ) 4-fach Befestigung,hef=100 mm FE ohne Brandeinfluss FE, t=30 min. FE, t=90 min. FE, t=120 min. CC-Verfahren (CCV) CCV reduziert1), t=30 Min. CCV reduziert1), t=90 Min. CCV reduziert1), t=120 Min. neue Ergebnisse 0 1 2 3 4 5 s/hef 0 0.25 0.5 0.75 1 1.25 1.5 1.75 N u/N u (t= 0, s= 4h ef ) 4-fach Befestigung, hef=150 mm FE ohne Brandeinfluss FE, t=30 Min. FE, t=90 Min. FE, t=120 Min. CC-Verfahren (CCV) CCV reduziert1), t=30 Min. CCV reduziert1), t=90 Min. CCV reduziert1), t=120 Min. neue Ergebnisse (c) (d) 1) Reduktion der Tragfähigkeit nach CC-Verfahren bei Normaltemperatur erfolgte auf der Basis der Ergebnisse der FE-Berechnungen für Befestigungen in der Fläche (Kapitel 6.4.1) Abbildung 6.29 Ergebnisse der nachträglichen FE Berechnungen von Gruppenbefestigungen mit kleinem Achsab- stand: 2-fach Befestigung mit hef = 100 mm (a), 2-fach Befestigung mit hef = 150 mm (b), 4-fach Befes- tigung mit hef = 100 mm (c) und 4-fach Befestigung mit hef = 150 mm (d) In Abbildung 6.30 sind die Hauptzugdehnungen ε11 im abfallenden Ast der Lastverschie- bungskurve der neuen Berechnungen mit kleinem Achsabstand dargestellt. Es sind die 2-er bzw. die 4-er Gruppen nach 90 Min. Erhitzungsdauer für die Verankerungstiefe hef = 100 mm und nach 30 Min. Erhitzungsdauer für die Verankerungstiefe hef = 150 mm gezeigt. Es ist zu erkennen, dass die Gruppenbefestigungen unter Brandeinwirkung mit einem gemeinsamen Ausbruchkegel, wie bei Befestigungen unter Normaltemperaturen üblich, versagen. Der er- hitzte Bereich an der Bauteiloberfläche weist Beschädigungen infolge Mikrorissbildung auf. Außerdem treten Risse im Bauteilinneren auf, die auch in den vorherigen FE Berechnungen beobachtet wurden. Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung 167 (a) 2-fach Befest., hef =100 mm, t = 90 Min. (b) 4-fach Befest., hef =100 mm, t = 90 Min. (c) 2-fach Befest., hef =150 mm, t = 30 Min. (d) 4-fach Befest., hef =150 mm, t = 30 Min. Abbildung 6.30 Versagen von Gruppenbefestigungen mit kleinem Achsabstand: Hauptzugdehnungen ε11 im abfallen- den Ast der Lastverschiebungskurve nach 90 bzw. 30 Min. Erhitzung Die Berechnungsergebnisse der Befestigungen mit kleinem Achsabstand und Ausnutzung einer Symmetrieebene (bei 2-fach) bzw. 2 Symmetrieebenen (bei 4-fach) haben gezeigt, dass man bei FE-Netzen, die für Brandbeanspruchung verwendet werden, mit einer Redu- zierung der Gesamtelementzahl durch Modellierung von einem symmetrischen Teil des Mo- dells vorsichtig umgehen muss. Wenn die Symmetrieebene mit der Bolzenachse überein- stimmt, scheint die FE-Berechnung nicht ungünstig beeinflusst zu werden. Allerdings ist bei einer Symmetrieebene in unmittelbarer Nähe des Bolzens, wie z.B. bei einer Gruppenbefes- tigung mit einem Achsabstand von s = 1·hef, mit „unerwünschten“ Nebeneffekten zu rechen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass bei Gruppenbefestigungen unter Brand- einwirkung ohne Randeinfluss und mit großem Achsabstand, d.h. s ≥ scr, ein ähnliches Ver- halten hinsichtlich der Abnahme der Resttragfähigkeit wie bei Einzelbefestigungen ohne Randeinfluss zu erwarten ist. Die Tragfähigkeit der Befestigung wird hauptsächlich von der Verankerungstiefe und der Branddauer bestimmt. Bei kleinen Verankerungstiefen ist dabei mit einer signifikanten Reduktion der Resttragfähigkeit zu rechnen wenn die Befestigung von XY Z 0.01 0.009 0.008 0.007 0.006 0.005 0.004 0.003 0.002 0.001 0. XY Z 0.01 0.009 0.008 0.007 0.006 0.005 0.004 0.003 0.002 0.001 0. X Y Z 0.01 0.009 0.008 0.007 0.006 0.005 0.004 0.003 0.002 0.001 0. X Y Z 0.01 0.009 0.008 0.007 0.006 0.005 0.004 0.003 0.002 0.001 0. 168 Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung der Anbauteilseite erhitzt wird. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sich nahezu der gesam- te Ausbruchkegel im Bereich sehr hohen Temperaturen und demzufolge niedrigen mechani- schen Materialeigenschaften des Betons befindet. Mit zunehmender Verankerungstiefe nimmt der Einfluss der Branddauer ab. Bei Gruppenbefestigungen mit einem Achsabstand, der kleiner ist als der kritische Achsab- stand scr, versagt die Befestigung sowohl bei der Normaltemperatur als auch bei Brandein- wirkung durch einen gemeinsamen Ausbruchkegel. Durch die Überlappung der einzelnen Bruchkegel nimmt die Gesamtausbruchfläche ab, was zu einer Abnahme der Gruppentrag- fähigkeit führt. Der Einfluss des Achsabstandes ist bei hohen Temperaturen annähernd gleich wie bei normalen Temperaturen. Allerdings wird bei hohen Temperaturen zusätzlich die Höchstlast reduziert. Ähnlich wie bei einer Einzelbefestigung in der Bauteilfläche ist die Abnahme der Resttragfähigkeit infolge der Temperatur bei kleinen Verankerungstiefen stark und nimmt mit zunehmender Verankerungstiefe ab. 6.5 Zusammenfassung In Kapitel 6 wurden Befestigungen unter zentrischer Zugbeanspruchung und Brandeinwir- kung hinsichtlich der Versagensart Betonausbruch untersucht. Es wird davon ausgegangen, dass das Bauteil, in dem die Befestigung verankert wird, keine Beschädigung durch explosi- ve Abplatzungen aufweist. Daher konnten die Berechnungen mit einem vereinfachten ther- mo-mechanischen Modell, in dem die Verteilung des Porendruckes unberücksichtigt bleibt, durchgeführt werden. Bei Einzelbefestigungen ohne Randeinfluss hängt die relative Resttragfähigkeit der Befesti- gung hauptsächlich von der Verankerungstiefe und der Erhitzungszeit ab. Bei kleinen Veran- kerungstiefen wird eine starke Abnahme beobachtet, da sich der ausbildende Bruchkegel im Bereich hoher Temperaturen befindet. Mit zunehmender Verankerungstiefe nimmt der Ein- fluss der hohen Temperaturen ab. Desweiteren nimmt mit zunehmender Erhitzungszeit die Tragfähigkeit der Befestigungen stark ab. Die Berechnungsergebnisse zeigen, dass bei Kopfbolzen mit einer Verankerungstiefe von hef = 50 mm nach 90 Min. Branddauer das Ver- sagen bereits unter der zulässigen Gebrauchslast auftritt. Bei Verankerungen mit hef = 200 mm wird nach 90 Min. Erhitzungsdauer nahezu die Tragfähigkeit der Befestigung bei normaler Temperatur erreicht. Bei Vorliegen eines Randes und einer Erhitzung von der Anbauteilseite (kein räumlicher Wärmefluss) nimmt bei Einzelbefestigungen die relative Resttragfähigkeit, bezogen auf die Tragfähigkeit bei Normaltemperatur, mit zunehmender Temperatur ab. Dabei ist der Betrag Numerische Untersuchungen an Befestigungen unter Zug- und Brandbeanspruchung 169 der Abnahme vergleichbar mit Einzelbefestigungen ohne Randeinfluss. Der Randabstand hat bei dieser Anwendung keinen Einfluss auf die Resttragfähigkeit der Befestigung. Bei Ein- zelbefestigungen mit einem Rand und einer zweiseitigen Erhitzung (Anbauteilseite und rand- nahe Seite) wird der Randabstand zu einem wichtigen Einflussparameter. Die Berechnungen zeigen, dass bis zu einem Randabstand von 100 mm die Befestigungen unabhängig von der Verankerungstiefe keinen ausreichenden Widerstand besitzen und unter kurzzeitiger Erhit- zung bereits unter der Gebrauchslast versagen können. Mit zunehmendem Randabstand nimmt der Einfluss der seitlichen Erhitzung ab und die Resttragfähigkeit der Befestigung nä- hert sich dem randfernen Fall. Gruppenbefestigungen ohne Randeinfluss weisen in der Regel das gleiche Verhalten auf, wie Einzelbefestigungen ohne Randeinfluss. Die Haupteinflussparameter sind die Veranke- rungstiefe und die Erhitzungsdauer. 170 Bemessung von Befestigungen unter Zugbeanspruchung und Brandeinwirkung 7 BEMESSUNG VON BEFESTIGUNGEN UNTER ZUGBEANSPRUCHUNG UND BRANDEINWIRKUNG 7.1 Allgemeines Im nachfolgenden Kapitel wird auf das derzeitige Bemessungskonzept für Befestigungen unter zentrischer Zugbeanspruchung näher eingegangen. Die Bemessung wurde von Reick (2001) aufgrund von Versuchen und Berechnungen, die er im Rahmen seiner Tätigkeit am Institut für Werkstoffe im Bauwesen durchführte, vorgeschlagen. Wie bereits in Kapitel 2 erwähnt, lehnt sich die derzeitige Bemessungsmethode für Befesti- gungen unter Brandbedingungen an das Konzept mit Feuerwiderstandsklassen an. Aufgrund von Prüfungen und ggf. Beurteilungen werden Bauteile sowie Befestigungen in Feuerwider- standsklassen eingeteilt. Entscheidend ist hierfür die jeweilige Mindestbranddauer mit dem vorgeschriebenen Temperaturanstieg gemäß der Einheitstemperatur-Zeitkurve, während der das Bauteil bzw. die Befestigung die gestellten Anforderungen erfüllen kann,. Grundsätzlich wird im Baurecht zwischen der Forderung feuerbeständig (F90), die meistens für tragende Konstruktionen gestellt wird, und feuerhemmend (F30), die in der Regel für Einbauten gilt, unterschieden. Eine wichtige Voraussetzung für die Einstufung eines Befestigungsmittels in eine bestimmte Feuerwiderstandsklasse ist, dass das Stahlbetonbauteil, in dem das Befestigungsmittel ver- ankert ist, mindestens dieselbe Feuerwiderstandsklasse aufweist (Reick 2001). Hier ist aller- dings zu beachten, dass ein Bauteil, das in die Feuerwiderstandsklasse F30 eingestuft ist, nach 30 Minuten Feuerbeanspruchung kurz vor dem Versagen steht und sich daher im stark gerissenen Zustand befindet. Demgegenüber besitzt ein F90 Bauteil nach 30 Min. Erhitzung noch große Tragreserven. Dieser Unterschied wirkt sich vor allem auf die Tragfähigkeit der Befestigung hinsichtlich der Versagensart Herausziehen aus, da unmittelbar vor dem Versa- gen im Bauteil sehr breite Risse auftreten können. Die Breite dieser Risse kann teilweise über die nach ETAG-Richtlinie (EOTA 1997) für die Befestigungen zulässige Rissbreite von w = 0.3 mm hinausgehen. Um diesen Zustand zu vermeiden, wird in der derzeitigen Bemes- sungsmethode für Befestigungen unter Brandeinwirkung vorausgesetzt, dass Befestigungs- mittel ausschließlich in Bauteilen der Feuerwiderstandsklasse F90 eingesetzt werden dürfen. Der erforderliche Mindestrandabstand von 300 mm bzw. 2·hef stellt eine weitere Einschrän- kung in der derzeitigen Bemessungsmethode für Befestigungen unter Brandeinwirkung dar. Bei einem geringeren Randabstand kann bei mehrseitiger Erhitzung ein dreidimensionaler Bemessung von Befestigungen unter Zugbeanspruchung und Brandeinwirkung 171 Wärmefluss auftreten, der zu höheren Temperaturen im Randbereich führt (Reick 2001). Da zum Zeitpunkt der Erarbeitung des Prüfkonzepts nicht ausreichend entsprechende Brand- versuche vorlagen, wurde die o.g., auf der sicheren Seite liegende Annahme getroffen. Die in der vorliegenden Arbeit durchgeführten FE-Berechnungen mit Befestigungen am Rand (Kapitel 6.4.2) haben gezeigt, dass diese Annahme sehr konservativ ist. Unter einer einseiti- gen Erhitzung verhält sich eine Befestigung am Rand annähernd wie eine Befestigung in der Fläche. Wirkt die Erhitzung von mehreren Seiten, so treten tatsächlich erhöhte Temperaturen im Randbereich des Bauteils auf, allerdings ergibt sich ein signifikanter Einfluss für deutlich kleinere Randabstände als 300 mm (vgl. Abbildung 7.1). 0 50 100 150 200 250 300 350 400 Randabstand [mm] 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 R el . R es ttr ag fä hi gk ei t F u( t)/ F u (t= 0) hef=50 mm, t=30 Min. hef=50 mm, t=90 Min. hef=100 mm, t=30 Min. hef=100 mm, t=90 Min. hef=150 mm, t=30 Min. hef=150 mm, t=90 Min. hef=200 mm, t=30 Min. hef=200 mm, t=90 Min. Abbildung 7.1 Ergebnisse der FE-Berechnungen an Einzelbefestigungen mit Randeinfluss bei mehrseitiger Erhit- zung – relative Resttragfähigkeit als Funktion des Randabstands In den Berechnungen versagten die Befestigungen bis zu einem Randabstand von c1 = 100 mm meistens während der Erhitzung, d.h. bevor eine 30-minutige Brandbeanspruchung ab- gelaufen war. Befestigungen mit größerem Randabstand hielten einer Erhitzungsdauer t ≤ 90 Min. stand und wiesen danach eine Resttragfähigkeit auf, die vergleichbar mit der Resttragfähigkeit von Befestigungen ohne Randeinfluss ist. Die Auswertungen der Tempera- turverteilungen haben gezeigt, dass die Bauteiltemperatur bei einer zusätzlichen, seitlichen Erhitzung nicht von der Verankerungstiefe der Befestigung abhängt, sondern eine Funktion des Randabstands ist. 172 Bemessung von Befestigungen unter Zugbeanspruchung und Brandeinwirkung Auf der Grundlage der oben beschriebenen Ergebnisse und Beobachtungen wird vorge- schlagen, den Mindestrandabstand bei Befestigungen unter Brandbeanspruchung auf 100 mm zu reduzieren. 7.2 Stahlversagen Die in den Versuchen am meisten beobachtete Versagensart bei Befestigungen unter Brandeinwirkung ist Stahlversagen. Aufgrund einer detaillierten Auswertung der Datenbank der Versuchsergebnisse hat Reick (2001) Tabellen mit den reduzierten Zugfestigkeiten der Stähle für verschiedene Feuerwiderstandsklassen erzeugt. Dabei wird zwischen A4-Stahl und C-Stahl unterschieden, da unter gleichen Bedingungen die Versuchsergebnisse von Ankern aus A4-Stahl bei hohen Temperaturen eine höhere Tragfähigkeit als die Anker aus C-Stahl aufweisen. Eine Mindestverankerungstiefe soll gewährleisten, dass ein ausreichen- der Wärmeabfluss in den Beton vorhanden ist. Dadurch soll eine Verzögerung des Errei- chens der kritischen Temperaturen im Anbauteil und im Dübel an der Bauteiloberfläche ver- ursachet werden. Der Einfluss des Ankerdurchmessers basiert auf empirischen Beobachtun- gen. Dabei hat sich gezeigt, dass Befestigungsmittel mit größerem Durchmesser einen höhe- ren Widerstand gegen Stahlbruch haben als Befestigungen mit kleinem Durchmesser. Die charakteristischen Stahlfestigkeiten unter Brandbedingungen sind für Befestigungen aus C-Stahl in Tabelle 7.1 und für Anker aus nicht-rostendem Stahl (A4) in Tabelle 7.2 zusam- mengestellt. Die Werte wurden der Bemessungsrichtlinie der CEN (Technical Specification 1992-4-1, 2009) entnommen. Anker bzw. Gewinde- durchmesser Verankerungs- tiefe Charakteristische Zugfestigkeit eines ungeschützten Ankers aus C-Stahl für eine Branddauer bis (Feuerwiderstandsklasse R): σRk,s,fi [N/mm²] [mm] [mm] 30 min (R15 und R30) 60 min (R45 und R60) 90 min (R90) 120 min (≤ R120) 6 ≥ 30 10 9 7 5 8 ≥ 30 10 9 7 5 10 ≥ 40 15 13 10 8 ≥ 12 ≥ 50 20 15 13 10 Tabelle 7.1 Charakteristische Stahlfestigkeiten von Ankern aus C-Stahl (CEN TS 1992-4-1, 2009) Bemessung von Befestigungen unter Zugbeanspruchung und Brandeinwirkung 173 Anker bzw. Gewinde- durchmesser Verankerungs- tiefe Charakteristische Zugfestigkeit eines ungeschützten Ankers aus A4-Stahl für eine Branddauer bis (Feuerwiderstandsklasse R): σRk,s,fi [N/mm²] [mm] [mm] 30 min (R15 und R30) 60 min (R45 und R60) 90 min (R90) 120 min (≤ R120) 6 ≥ 30 10 9 7 5 8 ≥ 30 20 16 12 10 10 ≥ 40 25 20 16 14 ≥ 12 ≥ 50 30 25 20 16 Tabelle 7.2 Charakteristische Stahlfestigkeiten von Ankern aus A4-Stahl (CEN TS 1992-4-1, 2009) 7.3 Herausziehen Der Widerstand der Befestigungen bei der Versagensart Herausziehen ist vor allem von der Rissbildung im Bauteil abhängig. Die auftretenden Rissbreiten hängen stark von der Feuer- widerstandsklasse des Bauteils, der statischen Belastung der Konstruktion sowie von der Branddauer ab. Daher kann ein Widerstand gegen Herausziehen bei hohen Temperaturen nur bei Befestigungen vorhanden sein, die für eine Verwendung im gerissenen Beton zuge- lassen sind. Auf dieses Verhalten wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht näher ein- gegangen. Der Widerstand von Befestigungen in Beton der Klassen C20/25 bis C50/60 wird konservativ abgeschätzt und kann in Abhängigkeit des Herausziehwiderstands unter Normaltemperatur berechnet werden. Bis 90 Min. Branddauer ist der Herausziehwiderstand mit Gleichung (7.1) zu ermitteln. Für eine Branddauer t > 90 Min. und t ≤ 120 Min. wird der mittlere Widerstand mit Gleichung (7.2) berechnet. = ⋅Rk ,p,fi ( 90 ) Rk ,pN 0.25 N (7.1) = ⋅Rk ,p,fi (120 ) Rk ,pN 0.20 N (7.2) Rk,pN - mittlere Herausziehwiderstand bei Normaltemperatur. 7.4 Betonausbruch Die derzeitige Bemessungsmethode für Betonausbruch unterscheidet lediglich zwischen der Tragfähigkeit nach 90 Min. und nach 120 Min. Feuerbeanspruchung. Für Erhitzungszeiten, die weniger als 90 Minuten betragen, wird eine ggf. höhere Tragfähigkeit der Befestigung 174 Bemessung von Befestigungen unter Zugbeanspruchung und Brandeinwirkung nicht berücksichtigt. Dies zu berücksichtigen, sowie um die Tragfähigkeit bei einer Erhit- zungsdauer von 120 Minuten besser zu erfassen, wird folgende Korrektur der Bemessungs- methode vorgeschlagen. Der charakteristische Betonausbruchwiderstand einer Befestigung Rk cN , der Klassen Beton C20/25 bis C50/60 kann mit folgender Gleichung bestimmt werden: ψ ψ ψ ψ ψ= ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ ⋅c ,N0Rk ,c Rk ,c s ,N ec ,N ucr ,N re,N fi ,N0 c ,N A N N A (7.3) mit 0 Rk ,cN mittlere Tragfähigkeit einer Einzelbefestigung ohne Randeinfluss bei normaler Temperatur nach dem CC-Verfahren c,N 0 c,N A A Verhältnis der vorhandenen projizierten Fläche der Befestigung und der projizierten Fläche einer Einzelbefestigung s ,Nψ Faktor zur Berücksichtigung der Störung des rotationssymmetrischen Spannungs-zustandes im Bauteil ec ,Nψ Faktor zur Berücksichtigung der exzentrischen Belastung der Befestigung re ,Nψ Faktor zur Berücksichtigung der Oberflächenbewehrung fi ,Nψ Faktor zur Berücksichtigung der Brandeinwirkug. Die Gleichung (7.3) unterscheidet sich von der Bemessungsgleichung für die Ermittlung der Tragfähigkeit des Betonausbruchs bei Normaltemperatur lediglich um den Faktor fi ,Nψ . Die- ser Faktor dient zur Berücksichtigung der Abnahme der Tragfähigkeit der Befestigung infolge Brandeinfluss und ist folgendermaßen zu ermitteln: ψ = + ≤effi ,N( 30 ) h0.2 1.0200 für t ≤ 30 Min. (7.4) ψ = ≤effi ,N( 90 ) h 1.0200 für 30 Min.< t ≤ 90 Min. (7.5) = −effi ,N(120 ) h 0.1200ψ mit ≤ ≤fi ,N (120 )0.0 1.0ψ für 90 Min.< t ≤ 120 Min. (7.6) In Abbildung 7.2 sind die Ergebnisse der in dieser Arbeit durchgeführten FE-Berechnungen mit denen der Gleichungen (7.4) bis (7.6) verglichen. Dargestellt sind die relativen Resttrag- Bemessung von Befestigungen unter Zugbeanspruchung und Brandeinwirkung 175 fähigkeiten und der Faktor fi ,Nψ . Die vorgeschlagene Einführung des Faktors fi ,N ( 30 )ψ für Er- hitzungszeiten bis 30 Min. ermöglicht eine gegenüber der bisherigen Bemessungsgleichung wirtschaftlichere Ausnutzung kurzzeitig beflammter Befestigungen. Die Abnahmen der Trag- fähigkeit bei 90 Min. und 120 Min. wurden von Reick (2001) übernommen. Dabei wurde Gleichung (7.6) geringfügig verändert. 0 50 100 150 200 250 Verankerungstiefe [mm] 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 R el . R es ttr ag fä hi gk ei t F u( t)/ F u (t= 0) b zw . ψ fi, N FE, t=30 Min. FE, t=90 Min. FE, t=120 Min. Versuche, t=90 Min. Reick (2001) ψfi,N(30) ψ fi,N(90) ψ fi,N(120) Abbildung 7.2 Relative Resttragfähigkeit von Einzelbefestigungen ohne Randeinfluss unter Zugbeanspruchung und Brandeinwirkung als Funktion der Verankerungstiefe; FE-Berechnungen und Bemessung; dargestellt sind auch Befestigungen mit einem Randabstand c = 2 hef (einseitige Erhitzung) sowie Gruppenbefes- tigungen mit einem Achsabstand s = 4 hef Bei Einzelbefestigungen mit kleinem Randabstand sowie bei Gruppenbefestigungen ist ebenfalls analog zum CC-Verfahren ohne Brandeinwirkung die Gleichung (7.3) anzuwen- den,. Im bisherigen Bemessungsansatz wurde von einem kritischen Randabstand von ccr = 2 hef bzw. einem kritischen Achsabstand von scr = 4 hef ausgegangen. Die kritischen Achs- und Randabstände wurden von Reick (2001) theoretisch abgeschätzt, in dem der Durchmesser der Ausbruchkegel von Einzelbefestigungen ohne Randeinfluss ausgewertet wurde. Die Ergebnisse der numerischen Untersuchungen in der vorliegenden Arbeit konnten die Annahmen über erhöhte Rand- und Achsabstände bei Brandeinwirkung nicht bestätigen. Es ist zwar anzumerken, dass hier keine umfangreichen Studien zum Einfluss der Rand- und Achsabstände durchgeführt wurden, doch die Ergebnisse zeigten den Tend, dass sich die kritischen Rand- und Achsabstände bei Brandeinwirkung nicht signifikant von den entspre- chenden Abständen bei Normaltemperatur unterscheiden. 176 Bemessung von Befestigungen unter Zugbeanspruchung und Brandeinwirkung Es wird daher vorgeschlagen, bei der Bemessung von Befestigungen unter Brandeinwirkung bei der Versagensart Betonausbruch von kritischen Rand- bzw. Achsabständen ccr = 1.5 hef bzw. scr =3.0 hef auszugehen. Allerdings sollten diese kritischen Abstände durch Versuche überprüft werden. 7.5 Spalten Die Versagensart Spalten unter Brandeinwirkung muss nicht explizit nachgewiesen werden, davon ausgegangen wird, dass die Bewehrung, die die Spaltkräfte unter Normaltemperatur aufnehmen kann, auch ausreichend ist, um das Spalten bei hohen Temperaturen zu verhin- dern. Schlussbetrachtung 177 8 SCHLUSSBETRACHTUNG 8.1 Zusammenfassung und Folgerungen Das Verhalten von Beton unter hohen Temperaturen, die zum Beispiel unter Brandeinwir- kung auftreten, gewinnt immer mehr an Bedeutung, auch wegen der ansteigenden Anzahl von Terroranschlägen. Grundsätzlich ist im Fall einer Stahlbetonkonstruktion zwischen zwei Szenarien zu unterscheiden. Die mechanischen Eigenschaften von Beton werden stark re- duziert, an der Oberfläche der Stahlbetonbauteile treten zunehmend Risse auf, durch die Behinderung der thermischen Dehnungen kommt es zu Zwangsspannungen in der Konstruk- tion. Die Tragfähigkeit der Konstruktion ist somit vermindert. Weiterhin ist es möglich, dass explosionsartige Abplatzungen auftreten, bei denen die oberflächennahe Betonschicht lokal und gewaltvoll ausbricht. Die Tiefe der explosiven Betonabplatzung beträgt zwischen 10 und 40 mm, was zu einer erheblichen Reduzierung der Querschnittsfläche und somit zur deutli- chen Abnahme der Tragfähigkeit führen kann. Weiterhin wird die Betondeckung der Beweh- rung reduziert. Durch die schnellere Erwärmung des Stahls wird die Tragfähigkeit des Bau- teils zusätzlich reduziert. Die Beschädigung der Betonkonstruktion durch Abplatzungen kann die Bemessung des Feuerwiderstands eines Bauteils in Frage stellen und zu einer eindeuti- gen Abnahme der Sicherheit der Konstruktion im Fall eines Feuers führen. Um den bei Brandeinwirkung auftretenden Schaden auf ein Minimum zu reduzieren, ist es notwendig, das Verhalten von Beton unter Brandeiwirkung und die dabei entstehenden me- chanischen, physikalischen und chemischen Prozesse zu Verstehen. Die experimentelle Untersuchung von Beton unter hohen Temperaturen ist oft sehr aufwendig und vor allem teuer. Als Alternative bieten sich numerische Untersuchungen an, die die Versuche teilweise ersetzen können. Die größte Herausforderung hierbei ist die realistische Formulierung der physikalischen Prozesse, die bei hohen Temperaturen stattfinden, da diese Prozesse sehr komplex und teilweise nicht ausreichend untersucht sind. Bei der derzeitigen Modellierung von Beton unter Brandbeanspruchung wird zwischen Mo- dellen, die sich auf den Temperatur- und Wassertransport im Beton fokussieren, und den thermo-mechanischen Modellen, die unter Berücksichtigung vereinfachter Temperaturbe- rechnungen das mechanische Verhalten des Betons unter hohen Temperaturen zum Schwerpunkt haben, unterschieden. Bei der Beschreibung der Transportprozesse werden 1- und neuerdings 2-phasige Modelle verwendet. Sie liefern Aussage über den auftretenden Porendruck, führen aber die Gleichgewichtsanalyse mit vereinfachten mechanischen Model- len durch. Die Frage, inwieweit der berechnete Porendruck die Tragfähigkeit des Betons be- einflusst, bleibt offen. 178 Schlussbetrachtung Die vorhandenen Modelle ermöglichen daher keine vollständige Simulierung des Betonver- haltens unter hoher Temperatur, vor allem komplizierte gekoppelte Prozesse wie z.B. die explosionsartige Betonabplatzung können nicht befriedigend berechnet werden. Modelle, die sowohl Transportphänomena als auch die mechanische Antwort des Betons berücksichtigen, fehlen derzeit. In der vorliegenden Arbeit wird ein thermo-hygro-mechanisches Modell für die Simulation des Betonverhaltens unter Temperaturbeanspruchung vorgestellt. Das Modell wird im Rah- men der Kontinuumsmechanik, unter der Annahme der Gültigkeit der irreversiblen Thermo- dynamik formuliert. Die Anwendung des Modells wird unter Verwendung der Finite- Elemente-Methode umgesetzt. Die FE-Analyse ist inkrementell, d.h. in jedem Lastschritt werden Temperatur, Porendruck, Feuchte, Spannungen und Dehnungen berechnet. Weiter- hin ist eine vollständige Kopplung der einzelnen Variablen vorhanden. Die Berechnungen der Temperatur, der Porenfeuchte und des Porendruckes basieren auf dem Vorschlag von Bazant & Thonguthai (1978). Dabei handelt es sich um ein 1-phasiges, phänomenologisches Modell in dem zwei Zustände des Porenwassers unterschieden wer- den – gesättigt und nichtgesättigt. Die relative Permeabilität des Betons, die einen entschei- denden Einfluss auf die Verteilung der Porenfeuchte und des Porendruckes hat, wird als Funktion der Temperatur und der Porenfeuchte definiert. Auch hierbei wird dem Vorschlag von Bazant & Thonguthai (1978) gefolgt. In der Gleichgewichtsanalyse werden die mechanischen Eigenschaften des Betons in Ab- hängigkeit von der Temperatur reduziert. Weiterhin werden die thermischen Dehnungen, die von der Temperatur (‚freie thermische Dehnung‘) bzw. von der Temperatur und der Belas- tung (‚last-induzierte thermische Dehnung‘) abhängen, dem mechanischen Dehnungstensor hinzugefügt. Schließlich wird der Porendruck als „innere“ Belastung in Form von volumetri- scher Spannung, der wesentlich von der Porosität des Betons beeinflusst wird, berücksich- tigt. Ferner werden für die Porosität, die Permeabilität, die Wärmeleitfähigkeit, die spezifische Wärmekapazität und die Rohdichte, also die Parameter, die den Feuchte und Wärmetrans- port steuern, in Abhängigkeit von der Rissbreite definiert. Dadurch kann im Modell der Ein- fluss von Rissen bzw. Schädigungen im Beton auf die Verteilung von Temperatur, Poren- druck und Porenfeuchte berücksichtigt werden. Als zentrale Anwendung des Modells wurde eine Parameterstudie zur Untersuchung von explosiven Abplatzungen durchgeführt. Das Ziel der Studie war, die Ursache für das Abplat- zungsphänomen zu identifizieren, sowie den Einfluss von wesentlichen Parametern auf das Schlussbetrachtung 179 Abplatzungsverhalten zu klären. Die Berechnungsergebnisse zeigen, dass explosionsartige Abplatzungen sowohl vom Porendruck, der als Folge niedriger Durchlässigkeit des Betons (Permeabilität) für Wasserdampf in den Poren entsteht, als auch von den thermischen Span- nungen, die aufgrund der behinderten thermischen Ausdehnung in der oberflächennahen Schicht parallel zur erhitzten Bauteiloberfläche entstehen, abhängen. Der Porendruck ist dabei von entscheidender Bedeutung, da er für die Entstehung der ersten Risse im Beton verantwortlich ist. Sobald sich die ersten Risse ausbilden, knickt die oberflächennahe Schicht infolge des Porendruckes aber auch durch die aufgestaute Energie in Form behinderter Druckspannungen aus. Der berechnete Porendruck ist deutlich höher als die in Versuchen gemessenen Werte, al- lerdings stimmt die volumetrische Spannung, die im Modell als Funktion des Porendrucks und der Porosität bestimmt wird, mit den gemessenen Porendruckwerten brauchbar überein. Es sollte zukünftig geklärt werden, ob in den Versuchen mit den verwendeten Messgeräten - die die Größe der einzelnen Poren um mehrere Tausend Mal übersteigen - tatsächlich der Porendruck in den Poren gemessen werden kann, oder ob der Messwert nicht der volumetri- schen Spannung im Beton infolge des Porendruckes entspricht. Die FE-Studie zeigt weiterhin, dass die Permeabilität den stärksten Einfluss auf die explosi- onsartige Abplatzung hat. Bei sehr niedriger Permeabilität findet sowohl bei hochfestem als auch bei niederfestem Beton die Abplatzung nahe an der Betonoberfläche und nach geringer Erhitzungszeit statt. Mit zunehmender Permeabilität nehmen die Tiefe der Abplatzung und die Erhitzungszeit bis zur Abplatzung zu. Bei sehr hoher Permeabilität wird keine Abplatzung beobachtet. Die anfängliche relative Porenfeuchtigkeit beeinflusst die Tiefe und die benötigte Erhitzungs- zeit bis zur Abplatzung, allerdings nicht so stark wie die Permeabilität. Bei niedriger Poren- feuchtigkeit findet selbst bei niedriger Permeabilität keine Abplatzung statt. Bei hoher Poren- feuchtigkeit ist selbst bei hoher Permeabilität die Wahrscheinlichkeit einer Abplatzung deut- lich größer. Einen weiteren Einfluss auf die explosionsartige Abplatzung stellen unterschiedliche Erhit- zungsgeschwindigkeiten dar. Bei hoher Erhitzungsrate nimmt die Wahrscheinlichkeit einer Abplatzung zu. Weiterhin wurde festgestellt, dass bei gleicher Permeabilität und relativer Porenfeuchtigkeit mit zunehmender Erhitzungsrate die Tiefe der Abplatzung und die Erhit- zungszeit bis zur Abplatzung abnehmen. 180 Schlussbetrachtung Zusammenfassend für den ersten Teil der Arbeit kann festgestellt werden, dass das vorge- stellte thermo-hygro-mechanische Modell das Verhalten des Betons unter hohen Temperatu- ren realitätsnah wiedergeben kann. Es sollen jedoch weitere numerische sowie experimen- telle Untersuchung zur Überprüfung und ggf. Verbesserung des vorgeschlagenen Modells durchgeführt werden. Im Rahmen dieser Arbeit wurden unter Verwendung des entwickelten Modells Befestigungen unter zentrischer Zugbeanspruchung und Brandeinwirkung hinsichtlich der Versagensart Betonausbruch untersucht. Aufgrund der aufwendigen räumlichen Diskretisierung der zu untersuchenden Geometrie musste das Modell vereinfacht werden. Dabei wurde davon aus- gegangen, dass das Bauteil, in dem die Befestigung verankert wird, keine Beschädigung durch explosionsartige Abplatzungen aufweist. Aus diesem Grund konnte die Berechnung der Feuchteverteilung und des Porendrucks vernachlässigt werden. Mit dem so vereinfach- ten Modell wurden Einzelbefestigungen mit und ohne Randeinfluss sowie Gruppenbefesti- gungen ohne Randeinfluss numerisch untersucht. Bei Einzelbefestigungen ohne Randeinfluss hängt die relative Resttragfähigkeit der Befesti- gung hauptsächlich von der Verankerungstiefe und der Erhitzungszeit ab. Bei kleinen Veran- kerungstiefen wird eine starke Abnahme beobachtet, da sich der ausbildende Bruchkegel im Bereich hoher Temperaturen befindet. Mit zunehmender Verankerungstiefe nimmt der Ein- fluss der hohen Temperaturen ab. Weiterhin nimmt mit zunehmender Erhitzungszeit die Tragfähigkeit der Befestigungen stark ab. Die Berechnungsergebnisse zeigen, dass bei Kopfbolzen mit einer Verankerungstiefe von hef = 50 mm nach 90 Min. Branddauer das Ver- sagen bereits unter der zulässigen Gebrauchslast für den kalten Zustand auftritt. Bei Veran- kerungen mit hef = 200 mm wird nach 90 Min. Erhitzungsdauer nahezu die Tragfähigkeit der Befestigung bei normaler Temperatur erreicht. Bei Vorliegen eines Randes und einer Erhitzung von der Anbauteilseite (kein räumlicher Wärmefluss) nimmt bei Einzelbefestigungen die relative Resttragfähigkeit, bezogen auf die Tragfähigkeit bei Normaltemperatur, mit zunehmender Temperatur ab. Dabei ist die Abnah- me vergleichbar mit Einzelbefestigungen ohne Randeinfluss. Bei Einzelbefestigungen mit einem Rand und einer zweiseitigen Erhitzung (Anbauteilseite und randnahe Seite) wird der Randabstand zu einem wichtigen Einflussparameter. Die Berechnungen zeigen, dass bis zu einem Randabstand von 100 mm die Befestigungen unabhängig von der Verankerungstiefe keinen ausreichenden Widerstand besitzen und nach kurzer Erhitzung bereits unter der Ge- brauchslast für den kalten Zustand versagen können. Mit zunehmendem Randabstand Schlussbetrachtung 181 nimmt der Einfluss der seitlichen Erhitzung ab und die Resttragfähigkeit der Befestigung nä- hert sich dem randfernen Fall. Gruppenbefestigungen ohne Randeinfluss weisen in der Regel das gleiche Verhalten auf, wie Einzelbefestigungen ohne Randeinfluss. Die Haupteinflussparameter sind die Veranke- rungstiefe, die Erhitzungsdauer und der Achsabstand. Als Zusammenfassung der zweiten Teil der Arbeit werden Veränderungen des Bemes- sungskonzepts vorgeschlagen, die sich nur auf die Versagensart Betonausbruch beziehen. Die Abnahme der Tragfähigkeit der Befestigung wird über einen zusätzlichen Faktor ψfi,N(t) innerhalb des CC-Verfahrens berücksichtigt. Damit kann die Tragfähigkeitsabnahme nach 30, 90 und 120 Min. berechnet werden. Dies führt zu einer wirtschaftlicheren Bemessung, da die derzeitige Bemessung nur für 90 und 120 Min. Erhitzung gilt. Nach den numerischen Untersuchungen gilt der Bemessungsverfahren bei randnahen Befestigungen für Veranke- rungen ab einem Randabstand c = 100 mm. Die derzeit gültige Begrenzung von cmin = 300 mm erscheint zu konservativ. Die vorgeschlagen Veränderungen des Bemessungskonzepts sollten allerdings durch Versuche bestätigt werden. 8.2 Ausblick und offene Fragen Die in dieser Arbeit durchgeführte numerische Untersuchung der Gruppenbefestigungen sowie der randnahen Befestigungen unter Brandbeanspruchung unter Zuglasten behandelt zum ersten Mal ausführlich diese zwei Varianten der Befestigungen. In den vorherigen so- wohl numerischen als auch experimentellen Untersuchungen wurde der Fokus meistens auf das Verhalten von Einzelbefestigungen ohne Randeinfluss gesetzt und die Ergebnisse wur- den anschließend auf die Gruppen bzw. randnahen Befestigungen übertragen. Dabei wurde die Analogie zum Verhalten ohne Brandeinfluss genutzt. Obwohl die numerischen Ergebnis- se das Bemessungsverfahren zum größten Teil unterstützen, ist es notwendig, experimentel- le Untersuchungen durchzuführen und somit auch praktische Bestätigung einzuholen. Desweitern beschränkte sich bis jetzt die Untersuchung vom Brandverhalten der Befestigun- gen lediglich auf die Beanspruchung mit Zuglasten. Über das Verhalten unter Querbean- spruchung liegen keine Untersuchungen vor, das Bemessungskonzept basiert vollständig auf theoretischen Überlegungen. Diese treffen bei Stahlversagen voraussichtlich gut zu, al- lerdings ist es bei Betonkantenbruch sowie bei Betonausbruch auf der lastabgewandten Sei- te (sog. Pry-out) fraglich, ob die Ergebnisse der Betonausbruchsuntersuchungen unter Zug ohne weiteres angewendet werden können. 182 Schlussbetrachtung Bei der Versagensart Betonausbruch auf der lastabgewandten Seite (sog. Pry-out) wurde beispielsweise angenommen, dass analog zur Bemessung ohne Brandeinfluss die Höchst- last der Befestigung eine direkte Funktion der Höchstlast für Versagensart Betonausbruch ist. Hier ist allerdings zu beachten, dass bei Betonausbruch unter Zuglast der Lasteinlei- tungspunkt (Kopf des Ankers) und somit die Stelle, wo der Riss ansetzt, im Bauteilinneren liegt. In diesem Bereich ist die Temperatur niedriger als an der Bauteiloberfläche. Demge- genüber liegt der Haupteinleitungspunkt bei Querbeanspruchung auf der Bauteiloberfläche, wo eine Temperatur bis ca. 1000°C zu auftreten kann. Unter dieser hohen Temperatur nimmt die last-induzierte thermische Dehnung drastisch zu, wodurch der Beton zusammen- schrumpft und die Verschiebung der Befestigung in Lastrichtung zunimmt. Dadurch ist es bei Pry-out Versagen möglich, dass die resultierende Querkraft im Beton tie- fer im Bauteil liegt, was zu einem größeren Moment zwischen angreifender und resultieren- der Querkraft führen würde. Der größere Moment hätte wiederum, im Vergleich zum Fall ohne Brandeinfluss, eine höhere resultierende Zugkraft im Anker bei gleicher angreifender Querlast zur Folge. An diesem Beispiel ist es zu erkennen, dass bei brandbeanspruchten Befestigungen unter Querlast durchaus Effekte auftreten können, die sich zusätzlich zur unter Zugbelastung beo- bachteten, hauptsächlich von der Verankerungstiefe abhängigen Tragfähigkeitsabnahme auf die Höchstlast negativ auswirken. Desweiteren ist in derzeitiger Bemessungsrichtlinie bei Betonkantenbruch eine pauschale, konstante Abnahme der Tragfähigkeit vorgesehen (0.25 bzw. 0.2). Hier wäre zumindest eine Abhängigkeit vom Randabstand c1 wünschenswert, da ansonsten die Bemessung bei großen Randabständen stark auf der sicheren Seite liegt. Es ist daher dringend notwendig, möglichst bald numerische sowie experimentelle Untersu- chungen aufzunehmen, um Klärung sowohl bei der Versagensart Betonkantenbruch als auch bei Betonausbruch auf der lastabgewandten Seite (Pry-out) zu bringen. Ferner basieren die in dieser Arbeit dargestellten Ergebnisse der Untersuchung von Befesti- gungen unter Brandbeanspruchung auf der Annahme, dass das Bauteil nicht durch explosi- onsartige Abplatzungen beschädigt wurde. Es ist allerdings durchaus denkbar, dass wäh- rend der Erhitzung die oberflächennahe Betonschicht abplatzt, z.B. aufgrund der hohen an- fänglichen Feuchtigkeit oder wegen niedriger Durchlässigkeit bei dichten, hochfesten Beto- nen. In diesem Fall ist mit einer reduzierten Verankerungstiefe der Befestigungsmittel zu rechnen, die zu einer deutlich kleineren Tragfähigkeit hinsichtlich der Versagensart Beton- ausbruch oder sogar zu einem plötzlichen Betonversagen der Befestigung führen konnte. Schlussbetrachtung 183 Besonders kritisch sind hier die Gruppenbefestigungen zu betrachten, bei denen auch ohne Beschädigung der Betonoberfläche Betonversagen die kritische Versagensart darstellt. Wei- terhin ist bei Befestigungen am Rand bzw. in der Ecke bei einer mehrseitigen, drei- dimensionalen Erhitzung eine weitgehende Betonzerstörung durch explosionsartiges Abplat- zen möglich, was zu einer mehrseitigen Reduzierung des Ausbruchkegels und somit der Tragfähigkeit führen kann. Es ist daher empfehlenswert, Versuche mit Gruppenbefestigungen sowie mit randnahen Be- festigungen durchzuführen, um die Abnahme der Tragfähigkeit der Befestigungen beim Auf- treten der explosionsartigen Abplatzungen besser abschätzen zu können. Alternativ könnte das in dieser Arbeit dargestellte, thermo-hygro-mechanische Modell weiter- entwickelt werden, um solche Szenarien auch numerisch untersuchen zu können. Das der- zeitige Modell ist aufgrund hoher Rechenzeit sowie limitierten Speichernutzung nicht in der Lage, aufwendige 3D Geometrien zu berechnen, die zur detaillierten Untersuchung der Be- festigungen mit expliziter Berücksichtigung der Abplatzungsmöglichkeit notwendig sind. Hier soll eine Optimierung der Speichernutzung sowie eine Parallelisierung des Solvers vorge- nommen werden, damit die notwendige Rechenzeit auf ein akzeptierbares Maß reduziert wird. 184 Summary and Conclusions 9 SUMMARY AND CONCLUSIONS The behavior of concrete at high temperatures, e.g. fire, is becoming one of the key issues nowadays. Concrete behaviour changes significantly when temperature of concrete in- creases for a couple of hundred degrees Celsius. The concrete mechanical properties, such as strength, Young’s modulus and fracture energy, are at high temperatures rather different than for the concrete at normal temperature. Large temperature gradients at high tempera- ture lead in concrete structures to temperature-induced stresses, which cause damage. Fur- thermore, creep and relaxation of concrete due to high temperature play also an important role. One of the reasons for the complex concrete behaviour at high temperature is due to the fact that concrete contains water, which can change its state of aggregation and generate signifi- cant pore pressure. Furthermore, the microstructure of concrete is extremely complex and chemical changes at high temperature significantly influence overall properties of concrete. Moreover, the calcium-based aggregate can change its structure or it can lose its weight through the emission of CO2, while quartz-based aggregates can increase their volume due to mineral transformation. Although the behaviour of concrete at high temperature is well documented in the literature, further experimental and theoretical studies are needed to clarify the interaction between hygro-thermal and mechanical properties, such as for instance explosive type of failure due to spalling of concrete cover. The main problem in experimental investigations is that such experiments are rather demanding, i.e. one has to perform loading and measurement at ex- tremely high temperatures. Furthermore, such experiments can be carried out only on rela- tively small structures. To better understand the behaviour of concrete at high temperature and to support the experiments, numerical analysis can be useful. However, models which can realistically predict behaviour of concrete at high temperature are needed. In the last two decades significant advancement has been achieved in the modelling of be- haviour of concrete at high temperature. Principally two groups of models exist: (i) Thermo- mechanical models and (ii) Thermo-hydro-mechanical models. In the first group of models the equilibrium analysis of concrete with the influence of high temperature is performed, mostly by making mechanical properties of concrete temperature dependent. The compli- cated transport phenomena at high temperatures are strongly simplified e.g. temperature distribution is independent of mechanical concrete properties. The second group of models focus on transport processes in concrete, accounting for the full interaction between thermal, hygral and chemical properties. These models allow prediction of pore pressure in concrete, Summary and Conclusions 185 but since no equilibrium analysis is performed the influence of calculated pore pressure on the concrete capacity remains unanswered. In the present thesis a three-dimensional (3D) model that is based on the thermo-hygro- mechanical coupling between thermal (temperature), hygral (moisture and pore pressure) and mechanical properties of concrete is presented. The calculation of temperature, pore humidity and vapor pressure is based on the work of Bažant & Thonguthai (1978). In the non-mechanical part of the model two states of pore water are distinguished – (i) saturated and (ii) non-saturated. Relative permeability, which exerts a dominating influence on the dis- tribution of pore humidity and pore pressure, is defined as a function of temperature and pore humidity, also according to Bažant & Thonguthai (1978). In subsequent equilibrium analysis mechanical properties of concrete are reduced as a function of temperature. The microplane model with temperature dependent model parameters is used as a constitutive law for con- crete. Temperature-dependant thermal strains (“free thermal strains”) and temperature- and load-dependant thermal strains (“load-induced thermal strains”) are added to the mechanical strain tensor. Furthermore, pore pressure is added as “internal” loading in terms of volumetric pressure, which is mainly influenced by the concrete porosity. Porosity, permeability, heat conductivity, specific heat capacity and density, i.e. parameter that control the transport of moisture and heat in concrete, are defined as functions of crack width. In this way the influ- ence of damage on the distribution of temperature, pore humidity and pore pressure can be accounted for. Finally, the presented model is implemented into a 3D finite element code. The main application of the model in the thesis is the parametric study of explosive spalling of concrete. The goal of the study is to identify the main reasons for explosive spalling and to investigate the influence of various parameters on the spalling behavior. The results of the analysis show that explosive spalling is caused by high pore pressure, which is generated in case of concrete with low permeability for water vapor, and by high compressive stresses generated at the heated surface layer of concrete due to restrained thermal expansion of concrete. High pore pressure seems to be the main driving force, since it is responsible for the appearance of first cracks in concrete. After the initiation of the cracking, buckling of the surface concrete layer takes place due to accumulated energy of restrained compressive stresses. It turns out that the calculated pore pressure that is needed for explosive spalling is some- what higher than pore pressure measured in experiments. However, the volumetric pressure, which is in the model taken as a function of concrete porosity and pore pressure, shows good agreement with the measured values of pore pressure. The question that needs to be 186 Summary and Conclusions resolved is whether it is possible to measure pore pressure with equipment that is for a few orders of magnitude larger than concrete pores itself or if the measured pore pressure is in fact volumetric pressure. The FE investigation shows that permeability has the strongest influence on the explosive spalling. For normal and high strength concrete with very low permeability spalling takes place close to the heating surface. With increasing permeability spalling depth and time to failure increase as well. For high permeability no spalling is observed. The initial pore humidity also influences depth and time to spalling, although not as much as permeability. At low pore humidity spalling will not occur even for very low permeability. In case of high pore humidity the spalling probability is rather high even for high permeability. Heating rate has also rather strong influence on the spalling behavior. Higher heating rate leads to high spalling probability. For constant permeability and relative pore humidity spal- ling depth and time to failure decrease with increasing heating rate. Finally, in the conclusion of this part of the thesis it should be pointed out that the proposed, thermo-hygro-mechanical model for concrete seems to be able to realistically predict beha- vior of concrete at high temperature. However, further numerical and experimental work is needed to verify and eventually improve the proposed model. Within the scope of the thesis the developed model is used to investigate the behavior of fastenings in tension at high temperatures, regarding concrete cone failure. Due to the com- plexity of the finite element meshes some simplifications of the originally proposed model were adopted. Namely, it is assumed that concrete is not damaged by explosive spalling. It was therefore possible to neglect the calculation of pore humidity and pore pressure. The simplified model is used to investigate single anchors in tension with and without concrete edge influence as well as anchor groups without concrete edge influence. In case of single anchors without influence of concrete edge the relative anchor resistance is mainly controlled by embedment depth and heating time. For small embedment depths the relative anchor resistance in case of fire is strongly reduced, since the whole concrete cone is placed in the area of high temperature. With increasing embedment depth the influence of temperature decreases. Furthermore, the relative anchor resistance decreases with growing heating time. The results show that headed studs under design load with 50 mm embedment Summary and Conclusions 187 depth can fail at approximately 90 minutes of heating. For anchors with 200 mm embedment depth no significant influence of high temperature after 90 minutes of heating is observed. In case of anchors close to a concrete edge and heating from one side (“fastening side”, no spatial heat flux) the relative anchor resistance decreases with increasing temperature. The magnitude of the reduction is similar to the case with anchors without influence of concrete edge. In case of single anchors and two-side heating (“fastening side” and “closest edge side”) the edge distance has a significant influence on anchor resistance. The FE calcula- tions show that fastenings may fail under design load, independent on their embedment depth, if edge distance is smaller than 100 mm. With increasing edge distance the influence of two-side heating decreases and becomes similar to the case with one-side heating. Anchor groups without concrete edge influence behave similarly to single anchors without edge influence. The main influencing parameters are embedment depth and heating time. In conclusion of the second part of the thesis it can be pointed out that the proposed im- provements of design concept are related only to single anchor and to group of anchors un- der tensile load (concrete cone failure). Accordingly, the reduction of the anchor resistance at high temperatures should be taken into account in the Concrete Capacity Method with an additional factor ψfi,N(t). The factor allows the calculation of the reduction of anchor resistance for 30, 90 and 120 minutes. This should lead to more cost-effective anchor fire design, since currently the reduction of the anchor resistance can be calculated for 90 and 120 minutes only. In case of anchors close to an edge, the minimal edge distance of cmin = 100 mm is proposed. The current minimal edge distance of cmin = 300 seems to be too conservative. However, the proposed modifications must be confirmed by experimental investigations, which are unfortunately still missing. 188 Literatur LITERATUR Abrams, M.S.: “Compressive strength of concrete at temperatures to 1600F”, Special Publi- cation of the American Concrete Institute, 25: 33-58, 1971. 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(Kroatien) 2001 Wehrdienst (Kroatien) 2003 – 2004 Wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Werkstoffe im Bauwesen, Universität Stuttgart seit 2004 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Werkstoffe im Bauwesen, Universität Stuttgart