Herstellung flüssigphasengesinterter Schichtkomposite aus SiC und AlN von der Fakultät Chemie der Universität Stuttgart zur Erlangung der Würde eines Doktors der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.) genehmigte Abhandlung vorgelegt von Stefanie Wildhack aus Worms Hauptberichter: Prof. Dr. rer. nat. F. Aldinger Mitberichter: Prof. Dr. E. Müller Tag der mündlichen Prüfung: 15.08.2003 Institut für Nichtmetallische und Anorganische Materialien der Universität Stuttgart Max-Planck-Institut für Metallforschung, Abteilung Aldinger Stuttgart 2003 Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer. (Antoine de Saint-Exupéry) Danke Das Erstellen dieser Arbeit am Max-Planck-Institut für Metallforschung brachte eine Reihe, zum Teil sehr unterschiedlicher Aufgaben mit sich, bei deren Durchführung ich von vielen Mitarbeitern des PML unterstützt wurde. An dieser Stelle möchte ich mich bei Euch allen recht herzlich bedanken: Ohne Eure Mithilfe wäre diese Doktorarbeit nur schwer möglich gewesen ! Mein besonderes Dankeschön gilt Professor Dr. Aldinger für die Ermöglichung und Förderung dieser Arbeit. Professor Dr. Müller für die freundliche Übernahme des Mitberichts. Professor Dr. Mittemeijer für die Übernahme des Prüfungsvorsitzes. Georg Rixecker, der mir manchen Freiraum gewährt hat und immer bereit war, sich den Kopf über das zu zerbrechen, was dabei mitunter herauskam. Könnte man sich je einen anderen Gruppenleiter wünschen !? Martin Schweizer, der mich in unzählige Geräte einwies, mir mit Rat und Tat bei praktischen Fragen oder anfallenden Reparaturen (und es waren sehr viele) zur Seite stand und mehr als einmal meinen Computer wiederbelebt hat. Unsere gemeinsamen Stunden am FCT werden mir unvergessen bleiben ! Ute Heinrichs, die mich mit unendlich vielen Mastersizer-Untersuchungen versorgt hat und ohne die ich den Kampf mit dem Zetasizer verloren hätte. Rudolf Hoffmann für die erfolgreiche Jagd nach Rechtschreibfehlern und Unklarheiten dieser Arbeit. Herrn Kaiser für den Beweis, dass Sauerstoffmessungen sehr unterhaltsam sein können. Hans Eckstein für alle Unterstützung bei der Entwicklung der Abscheidungsvorrichtungen, besonders dafür dass du auch nach der 3., 4., 5., ... verworfenen Idee noch Lachen konntest. Ute Schäfer und Herrn Labitzke. Eure Hilfe hat das scheinbar Unmögliche möglich ge- macht, so dass ich meine Schichten letztendlich doch noch sehen und verstehen durfte. Der Schwimmgruppe. Ihr habt dafür gesorgt, dass sich die Zeit am PML nicht auf geistiges Training beschränkte. Schließlich müssen auch (Lach)Muskeln trainiert werden. Dank an alle Beckenrandhocker, Brust- und Kraulschwimmer, Whirlpoolabhänger, Kalt- wassergenießer, Warmduscher, Schwimmringträger und Wasserballweltmeister. Meiner Mum, Dagmar und meinen Freunden. Ihr hattet viel für mich übrig an Zeit, Essen, Trinken, offenen Ohren, tollen Gesprächen, guten Nerven, Lächeln (oder auch Lachsalven), Gebeten, ... und überhaupt. Und habt mich immer wieder daran erinnert, was Leben heißt. Danke. Inhaltsverzeichnis VERWENDETE SYMBOLE UND ABKÜRZUNGEN SUMMARY 1. EINLEITUNG 1 2. GRUNDLAGEN UND LITERATURÜBERBLICK 3 2.1. SiC – AlN – Werkstoffe 3 2.1.1. Herstellungsmethoden 3 2.1.1.1. Sintern von SiC – und AlN – Pulvern 3 2.1.1.2. Carbothermische Nitridierung 4 2.1.1.3. Doppelte Umsetzung 6 2.1.1.4. Herstellung über die Gasphase 6 2.1.1.5. Precursorroute 7 2.1.2. Eigenschaften 8 2.1.2.1. Phasenentwicklung und Gefüge 8 2.1.2.2. Mechanische Eigenschaften 10 2.1.2.3. Thermische Eigenschaften 12 2.1.2.4. Hochtemperatureigenschaften 14 2.2. Kolloidale Eigenschaften 16 2.2.1. Van der Waals – Wechselwirkung 17 2.2.2. Elektrostatische Wechselwirkung 19 2.2.2.1. Elektrostatische Wechselwirkung im wässrigen Medium 19 2.2.2.2. Elektrostatische Wechselwirkung im nichtwässrigen Medium 23 2.2.3. Elektrosterische Wechselwirkung 25 2.2.4. Schwach flockulierte Schlicker 27 2.3. AlN – Suspensionen 29 2.3.1. Hydrolyse von AlN 29 2.3.2. Schutzmechanismen gegen die Hydrolyse von AlN 30 2.4. Elektrokinetische Messmethoden 31 2.4.1. Messgrundlagen – Elektrophorese 32 2.4.2. Messaufbau – Zetasizer 3000 HSA 35 2.4.3. Messprinzip – Laser Doppler Anemometrie 36 Inhaltsverzeichnis 2.5. Kolloidale Formgebung 38 2.5.1. Vorteile kolloidaler Verfahren 38 2.5.2. Zentrifugale Abscheidung 39 2.5.3. Elektrophoretische Abscheidung 40 2.5.4. Literaturübersicht zur zentrifugalen und elektrophoretischen Abscheidung von SiC und AlN 45 3. EXPERIMENTELLE DARSTELLUNG 47 3.1. Pulvercharakterisierung 47 3.2. Untersuchungen zum Hydrolyseverhalten von AlN 48 3.2.1. pH – Messung 49 3.2.2. Chemische Analyse 49 3.2.3. Röntgenographische Untersuchungen 49 3.2.4. Bestimmung der spezifischen Oberfläche 50 3.3. Schlickerherstellung und -charakterisierung 50 3.3.1. Schlickerherstellung 50 3.3.2. Schlickercharakterisierung 52 3.3.2.1. Zetapotential – Messung 52 3.3.2.2. Korngrößenanalyse 52 3.3.2.3. Standversuche 52 3.4. Grünkörperherstellung der SiC – und AlN – Bulkproben 53 3.5. Grünkörperherstellung der Schichtkomposite 54 3.5.1. Zentrifugale Abscheidung 54 3.5.2. Elektrophoretische Abscheidung 54 3.5.3. Trocknen und Ausbrennen 55 3.6. Verdichtung der Bulk- und Schichtproben 56 3.7. Probenbezeichnung 57 3.8. Charakterisierungsmethoden 57 3.8.1. Charakterisierung der Grünkörper 57 3.8.1.1. Bestimmung der Gründichte 57 3.8.1.2. Schichtdickenmessung 57 Inhaltsverzeichnis 3.8.2. Charakterisierung der SiC – und AlN – Bulkproben 57 3.8.2.1. Ausdehnungsverhalten 57 3.8.2.2. Sinterdilatometrische Untersuchungen 58 3.8.3. Charakterisierung der Schichtkomposite 58 3.8.3.1. Keramographie und qualitative Phasenanalyse 58 4. DARSTELLUNG UND DISKUSSION DER ERGEBNISSE 59 4.1. Wässrige Schlickersysteme 59 4.1.1. Hydrolyseverhalten von AlN – Pulver 59 4.1.1.1. Einfluss von Glycerin 59 4.1.1.2. Einfluss verschiedener basischer Dispergatoren 62 4.1.1.3. Einfluss verschiedener saurer Dispergatoren und anorganischer Säuren 63 4.1.2. Schlickercharakterisierung 67 4.1.2.1. Zetapotential – Messung 67 4.1.2.2. Korngrößenanalyse 73 4.1.2.3. Standversuche 75 4.1.3. Zentrifugale Abscheidung von Einzelschichten 80 4.1.3.1. AlN (Y2O3) – Einzelschichten 81 4.1.3.2. SiC (AlN, Y2O3) – Einzelschichten 81 4.2. Nichtwässrige Schlickersysteme 82 4.2.1. Hydrolyseverhalten von AlN – Pulver 82 4.2.2. Schlickercharakterisierung 83 4.2.2.1. Zetapotential – Messung 83 4.2.2.2. Korngrößenanalyse 84 4.2.2.3. Standversuche 85 4.2.3. Elektrophoretische Abscheidung von Einzelschichten 90 4.2.3.1. AlN (Y2O3) – Suspensionen 91 4.2.3.2. SiC (AlN, Y2O3) – Suspensionen 94 4.2.3.3. Zusammenfassung 97 4.2.4. Zentrifugale Abscheidung von Einzelschichten 100 4.3. Charakterisierung der SiC – und AlN – Bulkproben 101 4.3.1. Ausdehnungsverhalten 101 4.3.2. Sinterdilatometrische Untersuchungen 103 Inhaltsverzeichnis 4.4. Charakterisierung der Schichtkomposite 105 4.4.1. Keramographische Präparation und Elektronenstrahl – Mikroanalyse 105 4.4.2. Gefüge der zentrifugal abgeschiedenen Proben 106 4.4.3. Gefüge der elektrophoretisch abgeschiedenen Proben 110 5. ZUSAMMENFASSUNG 112 6. LITERATUR 115 Verwendete Symbole und Abkürzungen Verwendete Symbole und Abkürzungen A Elektrodenfläche A Hamaker – Konstante C Partikelkonzentration d Abstand zweier Teilchen d0,5 mittlerer Teilchendurchmesser dmax maximaler Teilchendurchmesser D Abstand der Teilchenmittelpunkte ε0 Dielektrizitätskonstante im Vakuum ε dielektrische Permitivität εr relative Dielektrizitätskonstante E elektrisches Feld f Wirkungsgrad der elektrophoretischen Abscheidung fκr Korrekturfaktor F Faraday'sche Konstante F Kraft η Viskosität der Suspension h Planck'sche Konstante I Ionenstärke κ Debye – Hückel – Parameter κ-1 Doppelschichtdicke / Debye – Länge k Konstante kB Boltzmann – Konstante L Abstand zwischen den Elektroden µ Beweglichkeit m Masse m0 anfängliche Masse der Partikel im Schlicker mHg Gewicht in Quecksilber mtr Gewicht an Luft n Brechungsindex n Ionenkonzentration in der Suspension ρ Dichte ρHg Quecksilberdichte Verwendete Symbole und Abkürzungen ρrel relative Dichte ρth theoretische Dichte q Ladung r Teilchenradius Rr Verhältnis aus dem Widerstand der abgeschiedenen Schicht und dem Widerstand der Suspension t Zeit T Temperatur v Geschwindigkeit V Volumen Vapp angelegte Spannung VA London – van der Waals – Kraft VM Energiebarriere VR elektrostatischen Abstoßungskraft VS sterische Abstoßungskraft Vstrukturell "depletion force" VT Gesamtwechselwirkungsenergie ω Relaxationsfrequenz der elementaren Dipole 0Ψ Nernst – Potential (x)Ψ elektrisches Potential sΨ Stern – Potential ζ Zetapotential z Ionenwertigkeit Verwendete Symbole und Abkürzungen AlN Aluminiumnitrid BA Butylamin CA "citric acid" / Citronensäure DEF Diethylformamid EPD "electrophoretic deposition" / elektrophoretische Abscheidung 2Hss SiC – AlN Mischkristall mit Wurtzitstruktur IEP isoelektrischer Punkt KS Kieselsäure LPS "liquid-phase sintering" / Flüssigphasensintern nw nichtwässrig PAA "polyacrylic acid" / Polyacrylsäure PVB Polyvinylbutyral PZC "point of zero charge" RT Raumtemperatur SiC Siliciumcarbid TAC Triammoniumcitrat TD theoretische Dichte TEA Triethylamin w wässrig WAK Wärmeausdehnungskoeffizient Y2O3 Yttriumoxid Summary i Summary Silicon carbide (SiC) has received much attention as a structural ceramic to be in mechani- cally demanding high-temperature applications. Besides high-temperature strength, it exhibits oxidation and corrosion resistance as well as excellent creep and wear behavior [1]. Aluminum nitride (AlN) features a number of properties that make it very interesting as a substrate material for power electronics. The theoretical thermal conductivity of AlN single- crystals was estimated at 320 Wm-1K-1 [2]. Depending on the microstructure and chemical composition of sintered materials, a thermal conductivity between 80 and 260 Wm-1K-1 is attained for AlN ceramics [3, 4]. Further advantages are good electrical insulation, a low dielectric constant and a low thermal expansion coefficient. In addition to the field of electronics, AlN ceramics are used in various structural and refractory applications [5-7]. However, the moderate strength and toughness of the monolithic material restrict it to specific applications [6, 8]. One method of improving the mechanical properties is by forming composites with other ceramic compounds. This has led to a growing interest in ceramics of the composition SiC : AlN [9, 10]. Due to the isomorphic crystal structures of AlN and α-SiC, solid solutions are formed over a wide composition range in the SiC – AlN system, resulting for instance in enhanced fracture strength [11-13]. However, comparable to the behavior of other solid solutions, a decay of the thermal conductivity is found with an increasing amount of solid solution [1, 11, 14]. Hence, a material with discrete phases of SiC and AlN is required in order to combine good fracture mechanical properties and high thermal conductivity. Considering planar geometries, a favored method to increase the mechanical reliability is the fabrication of multilayer composites in which the elastic properties of the alternating layers are adjusted so that crack growth can be inhibited [15]. Due to the thermochemical com- patibility at manufacturing conditions and the similar thermal expansion coefficients, the synthesis of multilayers in the SiC – AlN system is especially interesting. The covalent bond- ing character of the two nonoxide compounds suggests to make use of liquid-phase sintering (LPS) for the densification of the composite. The application of LPS to layered systems has scarcely been investigated yet. On this account, the producibility of multilayer composites of SiC and AlN by colloidal powder processing and LPS has been examined in the present work. The emphasis was placed on the formulation of the suspension based shaping processes. Summary ii Hydrolysis behavior and stabilization of AlN powder For the preparation of the freestanding composites, centrifugal and electrophoretic deposition (EPD) were chosen. In the latter case, the investigations were performed on nonaqueous suspensions only in order to avoid electrolysis phenomena and redox reactions at the electrodes that can be observed in an aqueous deposition medium. For centrifugation, aqueous as well as nonaqueous solvents were applied, necessitating the development of an effective protection against the hydrolysis of AlN powder. The reaction of AlN with distilled water at room temperature starts instantaneously, and the oxygen content increases by 1.2 wt.-% per hour. The analysis of various surface active substances (such as glycerol, diverse basic and acidic dispersing agents, and several inorganic acids) regarding the pH change of the suspensions over time, as well as the evolution of the specific surface area and phase composition of the leached AlN powder, show that solely citric acid (CA) and polyacrylic acid (PAA) as surfactants are able to prevent the hydrolysis reaction over sufficiently long periods of time (Figure 1). In the latter case, no change of the pH-value can be observed after 24 h. The two organic acids form stable complexes on the particle surface without impairing the wetting behavior of the AlN powder. Comparable to the adsorption of CA and PAA on alumina, as described by Hidber et al. [16] and Hirata et al. [17], PAA anchors at the AlN surface with its carboxylic groups, while the interaction with CA takes place by way of two carboxylic groups and one hydroxyl group. Figure 1: pH-value of AlN suspensions depending on the surface active additive Since hydrolysis protection layers consisting of adsorbed CA and PAA lead to AlN suspensions with insufficient colloidal stabilization, additional basic dispersing agents have to 1 3 5 7 9 00:00 01:00 02:00 03:00 04:00 05:00 06:00 leaching time in h:min pH - va lu e distilled water oxalic acid hydrochloric acid citric acid polyacrylic acid glycerol Summary iii be added in order to increase the electrostatic interparticle repulsion. The addition of either the commercial dispersant Dolapix or the highly basic dispersing agent triethylamine (TEA) does not show a deleterious influence on the protective layer up to pH 5 – 6. At pH 7.1, however, the hydrolysis reaction starts after 5 h followed by a steep increase of the pH-value of the suspension. This can be explained by the reduced adsorption capability of the acidic groups at high pH-values [16]. The coverage of the particle surface decreases, and the protective layer becomes permeable to water. Development of weakly flocculated suspensions for centrifugal deposition The interparticle forces that arise when the AlN and SiC powders are immersed in a solvent are governed by the type of solvent, the addition of surface active substances and the ionic strength of the suspension. The requirements on the strength and range of the colloidal interaction vary according to the colloidal processing technique that is chosen for preparation. For slip casting and EPD, for example, high surface potentials are generally preferred [16, 18- 20], whereas Lange et al. [21, 22] have shown that only weakly flocculated (i.e. coagulated) suspensions lead to green bodies which are both densely packed and free of particle size gradients during centrifugal deposition. While adjusting the interparticle repulsion, various auxiliary conditions have to be considered. In order to evaluate the colloidal stability of the suspensions, measurements of zeta potential and particle size as well as the visual interpretation of sedimentation tests have been used as characterization methods. In organic media with low dielectric constants, the field strength and distribution of the electric field have a strong impact on zeta potential measurements. Inhomogeneous fields, which are mainly caused by a low suspension conductivity and residual water in the measuring cell [23], led to polarization effects and local heating in the suspension. Therefore, the emphasis was put on indirect characterization methods (agglomer- ate size distribution by laser granulometry, sedimentation tests) for the determination of the colloidal stability of nonaqueous suspensions. Figure 2 describes the zeta potential versus pH curves of aqueous AlN and SiC suspensions when CA or PAA are first added down to pH 2.5. After ultrasonication, the pH-value is raised by stepwise admixture of a basic dispersing agent, and the zeta potential as well as the con- ductivity of the diluted suspensions are measured. With an increasing amount of the basic additive the reaction equilibrium of equation (1) is shifted to the right side. The carboxylic groups of the adsorbed acids are deprotonated, and the surface potential raises accordingly. OH OM OHM OHM 2 OHH 2 +−− →←−−→←−− −+ −+ . (1) Summary iv Figure 2: a) AlN suspensions and b) SiC suspensions with hydrolysis protection layer and addition of a basic dispersing agent; influence of the acid (CA / PAA added until pH 2.5) and the amount of the basic dispersant TEA (pH ↑) on the zeta potential Both suspensions containing PAA exhibit high zeta potentials around 50 – 60 mV and a very low conductivity which implies a low ionic strength of the system leading to extended double layers around the particles and highly stabilized suspensions. In contrast, combinations of CA and a basic dispersing agent result in medium surface potentials and high conductivity. The ionic species in the suspension reduce the double layer thickness of the particles, and a weakly flocculated situation is obtained around pH 5 (for detailed explanations see chapter 4.1.2). The green bodies prepared by centrifugal deposition of PAA-added suspensions show phase segregation of the coarse and fine particles and low green densities around 40 % of the theoretical density (TD), whereas CA-added slurries entail homogenous green microstructures with ≥ 55 % TD. In nonaqueous systems (e.g. based on diethylformamide (DEF)), AlN surface potentials that are adequate for centrifugal deposition can for instance be adjusted by the combined addition of fructose and relatively high amounts of CA. The evaluation of the different nonaqueous systems is based on sedimentation tests where particles in stable suspensions settle very slowly and form layers with high density. Floccu- lated slurries on the other hand deposit rapidly and lead to loosely packed sediments [23]. In case of AlN in DEF / fructose / CA, a thin clear layer is visible at the top of the suspensions after the first 30 minutes of the sedimentation test (Figure 3), being an evidence of a secon- dary minimum in the potential – distance curve [24]. Nearly all particles have settled after 3 h, and after one day the supernatant is clear. For adjusting the secondary minimum, the sequence of addition of the surfactants is of crucial importance [25]. At first, the adsorption of the fructose has to take place in order to create a -80 -60 -40 -20 0 2 4 6 8 10 12 pH - value ze ta p ot en tia l i n m V PAA CA a) -80 -60 -40 -20 0 2 4 6 8 10 12 pH - value ze ta p ot en tia l i n m V PAA CA b) Summary v short-range electrosteric repulsion between the particles. This step is followed by the increase of the CA content which leads to a rising ionic strength of the suspension and the formation of a coagulated slurry. Figure 3: AlN suspension in DEF / fructose / CA; screen sequence of a sedimentation test (time in d:h:min) Criteria for highly stabilized suspensions for EPD In contrast to the centrifugal deposition of multilayer composites, their preparation by EPD requires suspensions with high surface potentials. In addition to the interpretation of sedimen- tation tests (i.e. settling front and sediment volume plotted versus time), preliminary EPD tests were performed on a number of nonaqueous solvent – dispersing agent systems, the results of whose are given in Table 1. During the tests a constant voltage was applied, and the voltages suitable for film deposition, as well as the electrodes where deposition takes place, are shown in the table. During the production of the multilayer samples, the electrodes are alternatingly immersed into the AlN and the SiC suspension. Deposition of the two materials on the same electrode is thus advantageous. Therefore, the different powders should preferentially have surface potentials of the same sign. Careful evaluation of the solvent – dispersing agent systems investigated regarding this and further relevant criteria led to the choice of the following suspensions: (1) SiC (AlN, Y2O3) in DEF / butylamine (BA), (2) AlN (Y2O3) in DEF / BA / CA Summary vi Table 1: summary of EPD data for the powder mixtures AlN 2 and SiC P6α; dispersed in diverse combinations of solvents and dispersing agents EPD of AlN (Y2O3) layers from suspensions based on DEF / BA / CA The surface potential of the AlN particles is strongly affected by the amount of CA in the suspension; this has a strong influence on the EPD of the AlN slurries (containing Y2O3 as sintering additive) and on the density of the sintered layers (Figure 4). Figure 4: EPD of the system "AlN 2 powder mixture in DEF / BA / CA / PVB"; density of sintered samples depending on the number of deposition cycles and the amount of CA AlN 2 SiC P6α deposition at deposition at voltage electrode voltage electrode ethanol 200 V negative - none ethanol / TEA - none 100 V positive ethanol / CA - none 200 V negative ethanol / CA / TEA 200 V positive - none DEF 300 V negative > 300 V positive DEF / BA 300 V negative 300 V positive DEF / CA / BA < 150 V positive < 150 V positive acetone / BA - none > 200 V positive 85 90 95 100 0 2 4 6 8 number of deposition cycles si nt er in g de ns ity in % T D 0.65 mg/m² CA [this work] 0.75 mg/m² CA [137] 0.85 mg/m² CA [137] 1.10 mg/m² CA [137] Summary vii Suspensions with a CA content of 0.65 mg/m² can be deposited within the first deposition cycle already, whereas CA concentrations ≥ 0.75 mg/m² do not lead to AlN layer deposition on the electrode before the second or even fourth deposition cycle. Before the onset of film deposition, gas bubble formation is observed. For these phenomena a bipartite explanation is proposed. In the AlN suspensions, the CA is only partially adsorbed at the particle surfaces. The excess amount is dissociated when a voltage is applied to the suspension. This results in the appearance of bubbles at the deposition electrode, which in turn hinders the particle depo- sition and leads to a decreasing green and hence sintering density in the AlN layer. The second influence is due to the dependance of the suspension stability on the CA content. With an increasing amount of CA, the settling time decreases and the sediment volume in- creases (Figure 5), finally leading to flocculated suspensions that can not be deposited (see chapter 2.5.3). Figure 5: AlN powder suspension in DEF / BA / CA; influence of the amount of CA on a) the settling front and b) the sediment volume EPD of multilayer composites For technical reasons, EPD is performed under a constant voltage rather than at constant current density. The slurry compositions are those described in the caption of Figure 6. For the SiC suspensions a voltage of 300 V is necessary for deposition, whereas 100 V are applied for the AlN slurries. With higher electric fields, the AlN suspensions start to boil within a few minutes. The green strength of the deposited layers is very low so that polyvinylbutyral (PVB) has to be added as binder. The PVB adsorbs at the AlN and SiC particle surfaces and reduces the electrostatic repulsion in the suspension. Therefore the deposition yield is reduced in both systems. The deposition rate is much higher for SiC than for AlN (Figure 6). In order to prepare layers having an equal thickness of about 100 µm, the deposition time in AlN slurries has to be six times longer as compared to SiC. 0 2 4 6 8 10 0:00 48:00 96:00 144:00 192:00 240:00 time in h se ttl in g fr on t i n m l DEF / BA / CA 1.5 mg/m² additives 3 mg/m² additives 4 mg/m² additives a) 0,0 0,4 0,8 1,2 1,6 2,0 0:00 48:00 96:00 144:00 192:00 240:00 time in h se di m en t v ol um e in m l DEF / BA / CA 1.5 mg/m² additives 3 mg/m² additives 4 mg/m² additives b) . . . . . . Summary viii Figure 6: EPD of (1) AlN 2 in DEF / BA / CA at 100 V with 3 wt.-% PVB and (2) SiC P6α in DEF / BA at 300 V with 3 wt.-% PVB Liquid-phase sintering of the multilayer composites prepared by EPD The multilayer composite shown in Figure 7 was prepared with deposition times of 10 s and 60 s for SiC and AlN suspensions, respectively. For the AlN layers, Y2O3 was chosen as sintering additive, whereas 60 mol.-% AlN and 40 mol.-% Y2O3 were used for SiC. Figure 7: microstructure of an EPD sample sintered at 1900 °C, BSE image. Layers L2, L4 and L6 are AlN, L3 and L5 are SiC. Besides the basic task of evaluating the feasibility of LPS of multilayer systems, the optimization of the sintering program is of particular interest. During LPS, the liquid phase migrates over considerable distances, with a tendency to depletion of the AlN layers. 0 1 2 3 4 5 6 la ye rt hi ck ne ss in m m 0 5 10 15 20 25 time in min SiC AlN Summary ix Although this restricts the usable temperature range (the layered structure is lost when the convective flow becomes too vigorous), the effect can be used for tailoring the properties of the composites. At 1900 °C and a nitrogen overpressure of 0.1 MPa, composites with additive-free AlN layers are obtained from green bodies prepared by EPD. The multilayers exhibit sharp interfaces and good interface adhesion while the solid solution formation is negligible, as revealed by EDX analysis. In order to increase the thermal conductivity of SiC – AlN composite materials, the solid solution reaction between SiC and AlN has to be inhibited by lowering the densification temperature, whereas at the same time the total additive content of the composite should be minimized. For monolithic AlN ceramics both the removal of oxygen impurities from the lattice by way of dissolution in the intergranular phase and the exudation of this intergranular phase from the microstructure have been shown to be preconditions for a high thermal conductivity [26, 27]. Consequently, the observed migration of the liquid-phase from the AlN layers to the SiC layers which sinter at higher temperatures may be a good way to realize high thermal conductivity in the multilayer systems. 1. Einleitung 1 1. Einleitung Siliciumcarbid (SiC) ist ein wichtiges Material im Bereich der Strukturkeramik, insbesondere für mechanisch anspruchsvolle Hochtemperaturanwendungen. Neben der Hochtemperatur- festigkeit liegen seine Vorteile in der Oxidations- und Korrosionsbeständigkeit, exzellenten Kriecheigenschaften und einer hohen Abriebfestigkeit [1]. Aluminiumnitridkeramiken (AlN) werden vor allem aufgrund ihrer hohen Wärmeleitfähigkeit verwendet. Die theoretische Wärmeleitfähigkeit von Aluminiumnitrid – Einkristallen wird auf 320 Wm-1K-1 geschätzt [2]. Abhängig vom Gefüge und der chemischen Zusammensetzung gesinterter AlN – Keramik werden Werte zwischen 80 und 260 Wm-1K-1 erreicht [3, 28, 29]. Neben dieser hohen Wärmeleitfähigkeit zeichnet sich AlN durch eine gute elektrische Isolation, eine niedrige Dielektrizitätskonstante sowie einen niedrigen Wärmeausdehnungs- koeffizienten aus und eignet sich damit insbesondere als Substratmaterial für die Leistungs- elektronik. Zusätzlich wird AlN in verschiedenen Anwendungen im Bereich Strukturkeramik und Feuerfest eingesetzt [5-7]. In vielen Fällen schränken die relativ niedrige Festigkeit und Bruchzähigkeit die Anwendung jedoch ein. Aus diesem Grund wurden in den letzten Jahren Methoden zur Verbesserung der mechanischen Eigenschaften untersucht [6, 8]. Eine Möglichkeit, die Eigenschaften zu modifizieren, ist die Zugabe einer zweiten Phase. Dieser Umstand hat zu einem wachsenden Interesse an Keramiken der Zusammensetzung SiC : AlN geführt [9, 10]. Aufgrund der isomorphen Kristallstrukturen von AlN und α-SiC besteht eine vollständige Mischbarkeit der beiden Verbindungen, die beispielsweise ein Ansteigen der Festigkeit zur Folge hat [11-13]. Vergleichbar zum Verhalten anderer fester Lösungen ist jedoch ein Abfall der Wärmeleitfähigkeit mit zunehmender Mischkristallbildung zu erwarten [1, 11, 14]. Um gute mechanische Eigenschaften und hohe Wärmeleitfähigkeit zu vereinen, erscheint folglich ein Werkstoff mit getrennt vorliegenden SiC – und AlN – Phasen, verbunden mit Gefügemerkmalen zur Erhöhung der Bruchzähigkeit, interessant. Da eine Unterdrückung der Mischkristallbildung zwischen SiC und AlN nur auf kinetischem Wege realisierbar ist, wird für die in dieser Arbeit herzustellenden SiC – AlN – Komposite ein Aufbau aus alternierenden Schichten gewählt. Eine solche Struktur bietet die Möglichkeit, über Rissablenkung an den Grenzflächen zwischen den Schichten Einfluss auf die Bruch- zähigkeit des Materials zu nehmen [15]. Um Grünkörper mit Schichtdicken von 10 – 20 µm und ausreichender Haftung zwischen den Schichten zu erzielen, werden im ersten Teil der Arbeit nasse Formgebungsmethoden, insbe- sondere die zentrifugale und elektrophoretische Abscheidung, zur sequentiellen Herstellung der Mehrfachschichten untersucht. Dies erfordert die Formulierung genau definierter 1. Einleitung 2 Schlicker für das jeweilige Formgebungsverfahren sowie deren Evaluierung durch geeignete Charakterisierungsmethoden. Aufgrund der angestrebten Verwendung von Suspensionen auf Wasserbasis ist es zudem notwendig, einen effektiven Schutzmechanismus gegen die Hydro- lyse des AlN zu entwickeln. Im zweiten Teil der Arbeit wird die Realisierbarkeit einer vollständigen Verdichtung der Schichtverbundwerkstoffe durch Flüssigphasensintern untersucht. Als geeignete Sinteraddi- tive werden dabei Yttriumoxid (Y2O3) für AlN [4] sowie eine Kombination aus AlN und Y2O3 für SiC [30] identifiziert. Dabei soll insbesondere gezeigt werden, dass durch Optimie- rung der Reaktionskinetik in den flüssigphasengesinterten Schichtsystemen Komposite mit scharf abgegrenzten aber gut haftenden Einzelschichten erhalten werden können. 2.1. Grundlagen und Literaturüberblick - SiC – AlN – Werkstoffe 3 2. Grundlagen und Literaturüberblick 2.1. SiC – AlN – Werkstoffe Erste Arbeiten an Keramiken aus SiC und AlN wurden 1978 durch Cutler et al. [31] aufge- nommen und hatten vor allem die nahezu vollständige Mischbarkeit der beiden Substanzen zum Gegenstand [8, 32, 33]. Da die Materialeigenschaften durch die chemische Zusammen- setzung der entstehenden SiC – AlN – Mischkristalle über weite Bereiche variiert werden können, eröffnete sich die faszinierende Möglichkeit, Kompositwerkstoffe mit ganz bestimm- ten Eigenschaften anwendungsspezifisch herzustellen. Vorstellbar wäre beispielsweise eine Modulation der Bandlücke zwischen 3,3 eV für reines α-SiC und 6,0 eV für reines AlN [10, 33, 34] oder auch das gezielte Einstellen der thermischen und elektrischen Leitfähigkeit sowie des Wärmeausdehnungskoeffizienten für elektronische Anwendungen [1, 34]. Ein Weg, speziell die mechanischen Eigenschaften des Materials zu beeinflussen, wäre ein heterogener Gefügeaufbau wie z.B. der Einbau von SiC in Form von Whiskern oder Fasern, die die Keramik durch energieverzehrende Prozesse wie Pullout und Bridging verstärken. In diesem Fall ist es jedoch notwendig, Komposite mit einer gezielten Bindung an der Grenz- fläche zwischen Matrix und Verstärkungsphase zu entwickeln und Festkörperreaktionen zwischen SiC und AlN zu vermeiden [8]. In den folgenden Kapiteln sollen die in der Literatur beschriebenen Herstellungsmethoden und Eigenschaften unterschiedlicher SiC – AlN – Materialien näher beleuchtet werden. 2.1.1. Herstellungsmethoden Für die Herstellung von SiC – AlN – Werkstoffen sind eine Vielzahl von Verfahren zu finden, die im Folgenden nach der Häufigkeit ihrer Anwendung beschrieben werden. 2.1.1.1. Sintern von SiC – und AlN – Pulvern Die meisten Untersuchungen der letzten 25 Jahre beschäftigten sich mit Mischungen der Einzelkomponenten , die durch eine Wärmebehandlung in ein einphasiges oder mehrphasiges SiC – AlN – Material überführt werden: AlN : SiC AlN SiC - / →+βα . (2.1) Neben Pulvern der beiden Kristallmodifikationen des SiC werden auch SiC – Whisker [6, 8, 35, 36], SiC – Fasern [37] und SiC – Nanopartikel [38] eingesetzt. Werden Sinteradditive verwendet, dann kommen Y2O3, Al2O3, CaO und SiO2 sowie Kombinationen dieser Oxide zum Einsatz. 2.1. Grundlagen und Literaturüberblick - SiC – AlN – Werkstoffe 4 Die kommerziell erhältlichen Pulver werden in der Regel in einem nichtwässrigen Medium während mehrerer Stunden in einer Kugelmühle homogenisiert, getrocknet und uniaxial bzw. isostatisch zu Tabletten verpresst [6-8, 11, 14, 35-37, 39-50]. Wenige Autoren [32, 51-53] führen den Mischvorgang im trockenen Zustand durch oder stellen Suspensionen der einzel- nen Komponenten her, die anschließend gemischt und getrocknet werden. Die so erhaltenen Pulver werden schließlich zu Grünkörpern gepresst [13, 38, 54, 55]. Einzig Lee und Wei [56, 57] setzen das Schlickergießen als Formgebungsmethode ein. Das üblicherweise verwendete Sinterverfahren ist das Heißpressen [6, 8, 13, 14, 32, 35-38, 40, 42-46, 48, 50-55]. Die Verdichtung der Grünproben erfolgt hier bei Drücken zwischen 20 und 40 MPa und, je nach der angestrebten Gefügeausprägung, bei Temperaturen von 1650 bis 2350 °C. Lee u.a. [39, 41, 47, 56, 57] zeigen jedoch, dass die theoretische Dichte (TD) der SiC – AlN – Werkstoffe auch durch druckloses Sintern erreicht werden kann. Die dazu notwendige Temperatur ist vom AlN – Anteil im Material abhängig und sinkt mit steigendem AlN – Gehalt. Zusätzlich ist bei SiC – armen Proben ein geringerer Masseverlust als bei SiC – reichen zu beobachten, der einer Reaktion des SiC mit den oxidischen Sinteradditiven zugeschrieben wird [41]. 2.1.1.2. Carbothermische Nitridierung Die Erzeugung von pulverförmigen SiC – AlN – Mischkristallen über eine carbothermische Reduktion wurde erstmals 1978 von Cutler et al. [31] beschrieben. Die seither angewendeten Reaktionsvarianten bewegen sich zwischen einer Reduktion inniger SiO2 – Al2O3 – Mischungen (Gleichung (2.2)) und der Verbrennungssynthese aus den Einzelelementen (Gleichung (2.3)): CO 7 AlN 2 : SiC 2 N C 9 OAl SiO 2 2322 +→+++ , (2.2) AlN 2 : SiC 2 C 2 Si 2 N Al 2 2 →+++ . (2.3) Im ersten Fall wird die intensive Mischung der Ausgangsmaterialien in der Regel auf chemi- schem Wege gewährleistet. Rafaniello et al. [1] beispielsweise vermengen zunächst eine wässrige Aluminiumchloridlösung (AlCl3⋅6 H2O), Stärke und Quarzglas und neutralisieren die Mixtur mit konzentrierter NH4OH. Über zwei Glühstufen (160 °C und 900 °C) kommt man zu einer sehr homogenen Mischung von SiO2, Al2O3 und Kohlenstoff, die anschließend im Stickstoffstrom einer Wärmebehandlung bei 1650 °C unterzogen wird. Eine alternative Mischmethode stellt das Sol – Gel – Verfahren dar, das Cutler und Mitomo [31, 58] in ihrer Arbeit verwenden. Je nach den stattfindenden Reaktionszwischenstufen kann ein Mischkristallpulver mit Wurtzitstruktur [31] oder eine Pulvermischung aus β-SiC und 2.1. Grundlagen und Literaturüberblick - SiC – AlN – Werkstoffe 5 AlN [58] erzeugt werden. Mitomo et al. [58] verwenden Siliciummethoxid Si(OC2H5)4 und Aluminiumisopropoxid Al[OCH(CH3)2]3, die in Isopropanol gelöst werden. Anschließend wird Ruß durch Ultraschall in der Lösung dispergiert. Durch Hydrolyse bilden sich Aus- scheidungen auf der Oberfläche des Kohlenstoffpulvers, das getrocknet und in Stickstoff- atmosphäre bei 1500 °C ausgelagert wird. Bei der thermischen Zersetzung entsteht oberhalb 1000 °C eine Mischung aus SiO2, Al2O3 und Kohlenstoff, die ab 1400 – 1500 °C zu SiC und AlN reagiert. Die Reaktionskinetik der carbothermischen Nitridierung kann durch den Zusatz von Calcium entscheidend verbessert werden. Dies ist zum Beispiel bei der Verwendung von Precursor- mischungen aus Si3N4, AlN, CaO und C unter Stickstoff der Fall [9]. Zusammen mit den oxidischen Verunreinigungen der Nitride ergibt sich eine intermediäre CaSiAlON – Flüssigphase, in der die Reaktanten gelöst werden: 21539 N 6 Ca CO AlN 3 : SiC 9 C 10 ONAlCaSi +++→+ . (2.4) Das bei der Reaktion gebildete elementare Calcium wird anschließend über die Gasphase entfernt. Die erzeugten SiC – AlN – Pulver werden nun, gegebenenfalls mit Hilfe eines Sinteradditivs, über Heißpressen bei 1800 – 2100 °C und 20 – 30 MPa in Argon- bzw. Stickstoffatmosphäre verdichtet. Bei der Verbrennungssynthese der Einzelelemente (Gleichung (2.3)) erfolgt die Homogenisie- rung der Komponenten im Allgemeinen über mechanische Mischverfahren [10, 12, 59]. Das Sintern wird in einem graphitbeheizten Ofen in Stickstoff- bzw. Argonatmosphäre durchge- führt. Die Bildung von AlN ist bei 800 °C abgeschlossen, während in der Röntgenbeugung (XRD) die Bragg – Reflexe von elementarem Silicium erst bei 1400 °C verschwinden. Findet die Verdichtung in Stickstoffatmosphäre statt, so entstehen SiC und Si3N4, das sich bei hohen Temperaturen wieder zersetzt. Arbeitet man dagegen mit variabler Atmosphäre und schaltet bei 1000 °C von Stickstoff auf Argon um, wird die Si3N4 – Bildung umgangen, und man erhält bei ca. 1500 °C eine fast reine Mischung aus SiC und AlN. Das poröse Reaktions- produkt wird in Mörser und Kugelmühle zerkleinert und mit Y2O3 als Additiv zu einem Formkörper gesintert. Zur Verkürzung der Prozesszeiten wurde für diese Reaktion, die letztlich eine sogenannte selbstfortpflanzende Hochtemperaturverbrennungssynthese (SHS) darstellt, eine Aktivierung durch Verwendung elektrischer Felder eingeführt [33, 60, 61]. Das Verfahren wird in einer Stahlkammer in einer Atmosphäre von 0,4 MPa Stickstoff durchgeführt. Die Probe wird zwischen zwei Graphitelektroden gesetzt und ein Glühdraht aus Wolfram an der freien Ober- fläche platziert. Oberhalb eines Schwellenwertes des elektrischen Feldes kommt es zur Aus- 2.1. Grundlagen und Literaturüberblick - SiC – AlN – Werkstoffe 6 lösung und zum Fortschreiten einer Verbrennungswelle. Experimentelle Ergebnisse sowie Modellstudien haben zu der Überzeugung geführt, dass der Effekt des elektrischen Feldes in Joulescher Erhitzung begründet liegt [60]. Um den Bildungsmechanismus von SiC – AlN – Mischkristallen bei der feldaktivierten Ver- brennungssynthese zu verstehen, unterbrachen Xue et al. [60] das elektrische Feld kurz nach der Zündung einer Si3N4 – Al – C – Mischung und untersuchten die entstandenen Zonen unterschiedlicher Zusammensetzung. Die Ergebnisse zeigen, dass der Prozess mit der Zer- setzung des Si3N4 beginnt, der die Bildung von AlN und später von Mischkristallen folgen. 2.1.1.3. Doppelte Umsetzung Als doppelte Umsetzung bezeichnet man das reaktive Sintern von Mischungen aus Si3N4 und Al4C3: AlNy : SiC x AlN) SiC (ggf. CAl NSi 3443 →+++ . (2.5) Dieses Verfahren wurde bereits 1972 von Yates et al. [62] vorgeschlagen. Die resultierenden Formkörper im Konzentrationsbereich SiC : AlN = 9 : 1 bis 1 : 9 enthalten neben SiC und AlN, die als getrennte Phasen vorliegen, jedoch auch Anteile (z.T. bis 80 Gew.-%) an Si3N4, B4C oder Al2O3. Shimada et al. [63] fügen der Pulvermischung daher zusätzlich β-SiC und AlN bei und erhalten so die Phasen SiC und AlN, sowie SiC – AlN – Mischkristalle mit 25, 40, 50, 70 und 85 Mol-% AlN. 2.1.1.4. Herstellung über die Gasphase Kimura et al. [64] beschreiben in ihrer Arbeit die Synthese von SiC – AlN – Kompositpulvern mittels chemischer Abscheidung aus der Gasphase (CVD). Ihr experimenteller Aufbau nutzt ein vertikales Mullitrohr als Reaktor, in den SiC – Pulver (β-SiC, 0,15 µm Durchmesser) kontinuierlich über einen N2 – NH3 – Gasstrom transportiert wird. Auf 150 – 200 °C vor- geheiztes AlCl3 wird ebenfalls in den Reaktor geleitet, wo bei Synthesetemperaturen um 1100 °C die homogene Keimbildung von AlN einsetzt. Die Teilchen des entstehenden Kompositpulvers besitzen einen mittleren Durchmesser von 5 µm und werden abschließend bei 500 °C ausgelagert, um das anhaftende Nebenprodukt NH4Cl zu entfernen. Als Verfahren, die mit gasförmigen Komponenten arbeiten, sind in der Literatur [33, 34, 65] zusätzlich die CVD von AlN und SiC auf 6H – SiC – Substraten sowie das Bedampfen und die Ionenstrahlsynthese von Al und N auf porösem 6H – SiC erwähnt. 2.1. Grundlagen und Literaturüberblick - SiC – AlN – Werkstoffe 7 2.1.1.5. Precursorroute Die Literatur zur Herstellung von SiC – AlN – Werkstoffen über Precursoren beschränkt sich im Wesentlichen auf zwei Arbeitsgruppen. Interrante et al. [34] verwenden Dialkylaluminiumamid [R2AlNH2]3 als Precursor für AlN und das Polyvinylsilan (PVS) [(Me3Si)x((CH2=CH)MeSi)y(MeHSi)z]n sowie das Polycarbo- silan (PCS) [MeHxSiCH2]n für SiC. R dient dabei als Abkürzung für eine Ethyl- bzw. Isobutylgruppe, während Me eine Methylgruppe kennzeichnet. Die Polymere sind vollständig ineinander mischbar und reagieren bei Raumtemperatur (RT) nicht. Zur Herstellung der SiC – AlN – Keramiken werden die Copyrolyse sowie die "Hot-drop" – Methode angewandt. Im ersten Fall wird die Mischung für mehrere Stunden bei 170 °C in Stickstoffatmosphäre erhitzt, der resultierende Feststoff in einer Quarzröhre mit Ammoniak geflutet und über mehrere Stufen bis 1000 °C in Stickstoffatmosphäre vernetzt. Bei der "Hot-drop" – Methode wird die Precursormischung in einen Quarzreaktor (600 °C, strömendes Ammoniakgas) ge- tropft und eine Behandlung bei 1000 °C angeschlossen. Um die Kristallinität der Produkte zu erhöhen, folgt bei beiden Verfahren eine Auslagerung in Stickstoffatmosphäre zwischen 1400 und 1600 °C. Röntgenanalysen der ausgelagerten Proben zeigen, dass der Grad der SiC – AlN – Misch- kristallbildung sowohl durch die Art der Precursoren als auch durch das Verfahren selbst beeinflusst wird. [Et2AlNH2]3 plus VPS bzw. PCS ergeben bei der "Hot-drop" – Methode ein einphasiges Material mit 2H – Struktur, während [i-Bu2AlNH2]3 plus PVS bzw. PCS bei Co- pyrolyse zu einer Mischung aus β-SiC und AlN führen. Im letzteren Fall gehen die Autoren davon aus, dass sich die Precursoren unabhängig voneinander zersetzen, dabei aber eine innige Mischung eingehen. Der Sauerstoffgehalt der ausgelagerten Proben ist bei der "Hot-drop" – Methode wesentlich geringer. Die Ausbeuten sind stark abhängig vom Mischungsverhältnis der Precursoren und liegen bei beiden Verfahren bei maximal 50 %. Paine et al. [66] erreichen vergleichbar geringe Ausbeuten, gehen in ihrem Verfahren jedoch von einem einzelnen Polymer aus, das durch die Reaktion mit Ammoniak umgesetzt wird. Dazu wird (Me3Si)3Al⋅Et2O bei - 196 °C in verschiedenen Verhältnissen mit NH3 gemischt, langsam auf 25 °C erwärmt und der entstandene unlösliche Feststoff bei 600 – 930 °C in einem Quarzrohr unter Ammoniak pyrolysiert. Das Mischungsverhältnis zwischen Polymer und NH3 bestimmt dabei den SiC – Anteil im SiC – AlN – Material. Bei einem Verhältnis von 1:1 bildet sich ein SiC – AlN – Mischkristall mit 40 % SiC, während das Material beim Verhältnis 1:2 nur 30 % SiC enthält. 2.1. Grundlagen und Literaturüberblick - SiC – AlN – Werkstoffe 8 2.1.2. Eigenschaften Die Eigenschaften der SiC – AlN – Werkstoffe werden zum einen durch das Mengenverhält- nis der beiden Verbindungen zueinander bestimmt. Zum anderen haben die Herstellungsbe- dingungen und damit verbunden die nach der Sinterung vorliegenden Phasen und das Gefüge einen entscheidenden Einfluss. 2.1.2.1. Phasenentwicklung und Gefüge Eine genaue Untersuchung der Phasen von SiC – AlN – Materialien mittels XRD erweist sich als schwierig, da die Beugungslinien der 2H – Phasen AlN, α-SiC und der SiC – AlN – Mischkristalle (2Hss) eng beieinander liegen [6, 52]. Den größten Unterschied in 2θ weisen die Beugungslinien der (110) – Netzebenen auf. Während sie für α-SiC und CuKα – Röntgenstrahlung mit Nickelfilter bei 2θ = 60,00 ° liegen, befinden sie sich für AlN bei 2θ = 59,35 °. Abbildung 2.1: (110) – Reflexe eines bei a) 1660 °C und b) 1980 °C gesinterten SiC – AlN – Materials [60] Der (110) – Reflex eines bei 1660 °C hergestellten Materials ist relativ breit, kann jedoch in die entsprechenden AlN – und SiC – Anteile aufgesplittet werden (Abbildung 2.1 a)). Mit steigender Sintertemperatur nähern sich die beiden Beugungslinien, die je einen AlN – und einen SiC – reichen Mischkristall repräsentieren, einander an, bis eine Auftrennung nicht mehr möglich ist. Ab 1980 °C liegt nach den Untersuchungen von Xue et al. [60] ein Misch- kristall vor (Abbildung 2.1 b)). Die quantitative Mikroanalyse der Phasenzusammensetzungen wird in der Regel durch hochauflösende Rasterelektronenmikroskopie [6, 41] sowie Trans- missionselektronenmikroskopie [11, 32, 37, 39, 40, 42, 51, 56] vorgenommen. Für das System SiC : AlN wurden in der Literatur zwei unterschiedliche Phasendiagramme postuliert (Abbildung 2.2). Vergleichende Untersuchungen, wie beispielweise von Li und Xue [11, 60], stehen in guter Übereinstimmung mit den Ergebnissen von Zangvil und Ruh [42], so dass in der Literatur Abbildung 2.2 a) allgemein als gültig angesehen wird. 2.1. Grundlagen und Literaturüberblick - SiC – AlN – Werkstoffe 9 Arbeitet man mit niedrigen Sintertemperaturen und hohen SiC – Gehalten, so kommt es zur Bildung mehrphasiger Kompositmaterialien. In den inhomogenen Gefügen existieren keine reinen AlN – und SiC – Körner mehr; die Diffusionstiefe von SiC in AlN bei 1950 °C liegt nach 1 h allerdings noch bei ≤ 1 µm [11, 52]. In der Regel sind in AlN – Körnern 2 – 7 % SiC, in Kristalliten von β-SiC 0 – 3,5 % AlN und in α-SiC bis zu 15 % AlN enthalten [32, 42, 51]. Daneben liegen z.T. große 2Hss – Kristalle vor [41, 56], sowie eine oxidische Korn- grenzenphase, die als Erstarrungsprodukt der verwendeten Sinteradditive entsteht und sich bevorzugt an SiC – reichen Körnern anlagert [39, 41, 56]. Eine vollständige Vermeidung der Mischkristallbildung ist bei der Verwendung pulver- förmiger Ausgangsstoffe nicht möglich. Aufgrund der geringen Diffusionsraten der beiden Materialien ist es jedoch gelungen, die Reaktion zwischen SiC und AlN in Kompositen mit SiC – Whiskern und SiC – Fasern weitgehend zu unterdrücken [6, 7, 37]. Abbildung 2.2: Phasendiagramm im System SiC : AlN a) nach Zangvil und Ruh [42]; b) nach Patience et al. [9] Die Mischkristallbildung zwischen den beiden Materialien setzt oberhalb ~ 1960 °C ein, wobei die Phasengrenzen von der Temperatur abhängig sind. Zwischen 2100 °C und 2400 °C sind einphasige SiC – AlN – Mischkristalle mit Wurtzitstruktur (2Hss) bei Konzentrationen im Bereich 23 – 100 Mol-% AlN zu finden. Bei anderen Untersuchungen [42, 43, 51, 52, 54, 56] ist eine Temperaturbehandlung oberhalb 2100 – 2225 °C zur vollständigen Bildung eines homogenen Mischkristalls notwendig. Diese Diskrepanz ist jedoch eher auf kinetische Effekte zurückzuführen. Auch die Lage der Mischungslücke sowie die übrigen Grenzlinien des Phasendiagramms scheinen von den Ausgangsmaterialien, darin enthaltenen Verunreinigun- 2.1. Grundlagen und Literaturüberblick - SiC – AlN – Werkstoffe 10 gen oder der Sinteratmosphäre abzuhängen [42]. Beispielsweise erfolgt die Mischkristall- bildung in Materialien mit α-SiC schneller als mit β-SiC, da hier die Diffusionsrate von AlN in SiC höher ist. Aus diesem Grund findet meist erst eine Umwandlung des β-SiC ins hexagonale α-SiC statt, bevor die diffusionskontrollierte 2Hss – Bildung einsetzt [13, 41, 42, 52, 54]. Die Gitterparameter der einphasigen Mischkristalle zeigen eine lineare Abhängigkeit von der Zusammensetzung des Materials und gehorchen damit dem Vegard'schen Gesetz. Während der a – Parameter mit zunehmendem AlN – Gehalt von 3,0763 Å für SiC auf 3,1114 Å für AlN ansteigt, sinkt der c – Parameter kontinuierlich [32, 56, 63] von 5,048 Å auf 4,9792 Å. Die Korngröße der SiC – AlN – Materialien ist kleiner als bei reinem SiC bzw. reinem AlN, wobei die gleichachsigen Teilchen mit steigendem AlN – Anteil wachsen [12, 32, 39, 41, 43, 54]. Der eingesetzte SiC – Polytyp hat keinen Effekt auf die Mikrostruktur [41], jedoch spielt das Herstellungsverfahren eine Rolle. So konnte beispielsweise in einem über carbothermi- sche Reduktion [12] hergestellten einphasigen Material die Korngröße auf 100 – 200 nm gesenkt und damit die Festigkeit stark erhöht werden (siehe auch Abschnitt 2.1.2.2.). Lagert man die einphasige Materialien im Bereich der Mischungslücke (T ≤ 1960 °C) aus, so vollzieht sich eine spinodale Zersetzung in zwei hexagonale 2H – Phasen, einen AlN – reichen Mischkristall sowie einen SiC – reichen [33, 56]. Proben mit hohem AlN – Gehalt weisen lediglich gleichachsige Körner auf, während mit steigendem SiC – Anteil mehr und mehr längliche Kristalle hinzukommen. Diese Körner enthalten maximal 7 % AlN, liegen in der Modifikation 6H (und z.T. 3C) vor und besitzen eine hohe Stapelfehlerdichte. Das Verhältnis zwischen äquiaxialen und länglichen Teilchen und damit die in-situ Verstärkung des Materials kann also über die Zusammensetzung gezielt eingestellt werden. 2.1.2.2. Mechanische Eigenschaften Die mechanischen Eigenschaften der SiC – AlN – Werkstoffe werden vor allem durch das Mengenverhältnis von AlN und SiC zueinander bestimmt. Vickershärte, Elastizitätsmodul und Festigkeit verändern sich nahezu linear als Funktion der Zusammensetzung [51]. Die Härte [1, 11, 12, 32, 39, 50, 56, 63] und der Elastizitätsmodul [1, 51] des Materials nehmen dabei mit steigendem AlN – Anteil ab (Abbildung 2.3). 2.1. Grundlagen und Literaturüberblick - SiC – AlN – Werkstoffe 11 Abbildung 2.3: a) Vickerhärte [63] und b) Elastizitätsmodul [1] als Funktion der Zusammen- setzung der SiC – AlN – Materialien Die Festigkeit der SiC – AlN – Werkstoffe sowie monolithischer Materialien aus AlN und SiC wurde im Allgemeinen über die biaxiale MSP – Methode ("modified small punch") be- stimmt. Die gemessenen Werte für heißgepresstes SiC liegen um 460 MPa [12, 50], während bei AlN nur 300 – 380 MPa erreicht werden [12, 39]. Abbildung 2.4: a) Festigkeit und b) Bruchzähigkeit von SiC – AlN – Materialien mit äqui- axialem Gefüge als Funktion der Zusammensetzung [7] Wie Abbildung 2.4 a) zeigt, steigen die Festigkeiten der SiC – AlN – Werkstoffe mit äqui- axialem Gefüge mit zunehmendem SiC – Gehalt an [7, 11-13, 39, 50]. Dieses Verhalten ist durch die Korngröße der Mischkristalle zu erklären, die mit sinkendem AlN – Anteil abnimmt (siehe Abschnitt 2.1.2.1.). So werden bei SiC – AlN – Werkstoffen mit Teilchengrößen ≤ 500 nm Raumtemperaturfestigkeiten um σRT = 1130 MPa [12, 50] erreicht. Bei nachträg- 2.1. Grundlagen und Literaturüberblick - SiC – AlN – Werkstoffe 12 lichem heißisostatischen Pressen der Proben tritt ein weiterer Anstieg auf 1180 MPa auf [12, 40, 45]. Die Bruchzähigkeit schwankt in Abhängigkeit von der Korngröße zwischen 3,0 MPa⋅m1/2 und 6,1 MPa⋅m1/2 [12, 50]. Sowohl in einphasigen als auch mehrphasigen Materialien ist sie dabei unabhängig von der Zusammensetzung (Abbildung 2.4 b)) [1, 7, 11, 12, 39, 43, 50, 56, 63]. Treten jedoch energieverzehrende Mechanismen auf, die durch eine Whisker- oder in-situ Verstärkung des Materials hervorgerufen werden, können in partikelverstärkten Kompositen Bruchzähigkeiten bis 7,6 MPa⋅m1/2 erzielt werden [40, 45]. Bei ausgelagerten Mischkristall- materialien werden 5,5 MPa⋅m1/2 [56] und bei whiskerhaltigen Kompositen 7,2 MPa⋅m1/2 [6] erreicht. Im letzteren Fall nimmt die Bruchzähigkeit mit steigendem SiC – Whiskergehalt zu (Abbildung 2.5, Kurve b)). Abbildung 2.5: a) Festigkeit und b) Bruchzähigkeit von SiC – AlN – Materialien mit modifi- ziertem Gefüge als Funktion der Zusammensetzung [6] Bei SiC – AlN – Materialien mit stark eingeschränkter Mischkristallbildung ist eine Abhängigkeit zwischen Festigkeit und Whiskergehalt zu beobachten (Abbildung 2.5, Kurve a)) [6, 7]. Die Festigkeit steigt mit zunehmendem Anteil an SiC – Whiskern auf bis zu 650 MPa bei 30 Vol.-% SiCw an [6]. Bei einer Partikelverstärkung [45] des Werkstoffes liegen die maximalen Festigkeiten sogar bei 800 MPa. 2.1.2.3. Thermische Eigenschaften Die thermischen Eigenschaften der SiC – AlN – Werkstoffe sind in Abbildung 2.6 und Abbildung 2.7 dargestellt. 2.1. Grundlagen und Literaturüberblick - SiC – AlN – Werkstoffe 13 Abbildung 2.6: Lineare Ausdehnung der SiC – AlN – Materialien als Funktion der Zusam- mensetzung [1] Der Wärmeausdehnungskoeffizient, der in einem Dilatometer zwischen RT und 800 °C an Luft gemessen wurde, zeigt wieder eine lineare Abhängigkeit von der Zusammensetzung und nimmt mit steigendem AlN – Gehalt zu [1]. Abbildung 2.7: Wärmeleitfähigkeit von SiC – AlN – Materialien als Funktion der Zusammen- setzung [49] Die Wärmeleitfähigkeit dagegen wird vor allem durch den Grad der Mischkristallbildung bestimmt. Einphasige 2Hss – Werkstoffe besitzen eine niedrigere Wärmeleitfähigkeit als 2.1. Grundlagen und Literaturüberblick - SiC – AlN – Werkstoffe 14 mehrphasige Komposite (Abbildung 2.7). Jedoch tritt auch hier eine deutliche Reduzierung gegenüber reinem SiC bzw. AlN auf. Die gemessenen Werte liegen wesentlich unterhalb der nach der Mischungsregel berechneten Wärmeleitfähigkeiten. Dieses Ergebnis lässt auf die Existenz einer Wärmeflussbarriere schließen und ist vor allem auf eine beginnende Misch- kristallbildung an den inneren Grenzflächen zurückzuführen [11, 14, 49]. In der Literatur [1, 14, 63] wird häufig ein Wärmeleitfähigkeitsminimum bei 50 – 60 Mol.-% AlN angegeben. Landon et al. [55] haben in ihren Untersuchungen gezeigt, dass dieses Mini- mum neben dem AlN – Anteil auch von den im Material vorliegenden SiC – Modifikationen beeinflusst wird. Die Wärmeleitfähigkeit sinkt dabei mit vermehrtem Auftreten von 6H SiC. 2.1.2.4. Hochtemperatureigenschaften Die Festigkeit der SiC – AlN – Werkstoffe wird im Vergleich zu AlN bis zu höheren Tem- peraturen beibehalten (Abbildung 2.8) [7, 39, 40, 45]. Das in [50] beschriebene feinkörnige Material (σRT = 1130 MPa) besitzt bei 1200 °C noch eine Festigkeit von 828 MPa und bei 1400 °C eine solche von 767 MPa. Ab 1400 °C beginnt die thermische Zersetzung des Materials. Abbildung 2.8: Festigkeit von SiC – AlN – Materialien als Funktion der Temperatur [39] Für den Einsatz bei hohen Temperaturen ist auch die Oxidationsbeständigkeit der Materialien von großer Bedeutung. Während AlN bereits ab 1100 °C merklich oxidiert, ist SiC durch die auf der Oberfläche entstehende SiO2 – Schicht bis 1400 °C im wesentlichen beständig. Die Untersuchungen zur Oxidation verschiedener einphasiger und mehrphasiger SiC – AlN – Werkstoffe an Luft ergaben gegenüber AlN eine deutliche Verbesserung der Beständigkeit. 2.1. Grundlagen und Literaturüberblick - SiC – AlN – Werkstoffe 15 Die Oxidation setzt zwar je nach SiC – Anteil bei 1100 – 1200 °C ein, jedoch ist die Masse- zunahme im Vergleich zu SiC nur geringfügig erhöht [35]. Es entsteht eine dünne SiO2 – Schicht, die oberhalb 1250 °C zusätzlich α-Al2O3 enthält und eine Dicke ≤ 2 µm besitzt (30 h, 1250 °C). Die Schichtdicke liegt nach 30 h bei 1370 °C bei 5 – 8 µm, und der Massegewinn beträgt etwa 3 mg/cm2 (Abbildung 2.9). Bei heißisostatisch gepressten Proben ist die Ge- wichtszunahme bei der Auslagerung um die Hälfte reduziert, da Poren und Fehlstellen an der Oberfläche eliminiert sind [35, 45, 46]. Abbildung 2.9: Oxidationsbeständigkeit von SiC – AlN – Materialien als Funktion von Zeit und Temperatur [45]; heißgepresste Probe bei a) 1100 °C und b) 1370 °C, sowie c) heißisostatisch gepresste Probe bei 1370 °C Als Oxidationsprodukte entstehen bei Systemen mit einem SiC – Gehalt < 23 % Mullit und α- Al2O3, während sich bei Proben mit > 25 % SiC Mullit und SiO2 bilden [35, 46]. In Proben mit hohen AlN – Konzentrationen tritt unterhalb dieser Oxidationsschicht eine zweite Schicht auf, die SiAlON und Graphit enthält [67]. Ningfang et al. [36] verwenden bei der Herstellung der whiskerverstärkten SiC – AlN – Werkstoffe Y2O3 und SiO2 als Sinteradditive. Je nach Mengenverhältnis der Additive tritt hier bei hohen Temperaturen im Innern des Materials eine Kristallisation der Glasphase an den Korngrenzen auf. Oxidationsschicht und kristallisierte Glasphase führen zu einem Festigkeitsanstieg der whiskerverstärkten Komposite auf 780 MPa. Zur Charakterisierung der Kriechbeständigkeit wurden die Proben in 4 – Punkt – Biege- geometrie an Luft getestet. Das Kriechverhalten einphasiger Materialien in Abhängigkeit von der aufgebrachten Spannung und der Temperatur ist in Abbildung 2.10 dargestellt. Bei allen untersuchten Proben liegt thermisch aktiviertes Kriechen vor, wobei die Aktivierungsenergie 2.1. Grundlagen und Literaturüberblick - SiC – AlN – Werkstoffe 16 mit dem AlN – Gehalt von 325 kJ/mol bei 35 Mol-% auf 920 kJ/mol bei 75 Mol-% ansteigt [1, 44, 53]. Neben der Zusammensetzung des Materials spielen auch Korngröße und Mikro- struktur eine entscheidende Rolle. Je grobkörniger bzw. inhomogener das Gefüge, desto geringer ist die Aktivierungsenergie. Die Kriechrate bei 1450 °C und einer Last von 81 MPa schwankt dabei um 3⋅10-8 s-1 [44]. Abbildung 2.10: Kriechverhalten eines SiC – AlN – Mischkristalls mit 60 Mol-% AlN als Funktion a) der Spannung und b) der Temperatur [44] 2.2. Kolloidale Eigenschaften Kolloidale Formgebungsverfahren basieren auf Suspensionen, in denen keramische Partikel (Pulver, Whisker, Platelets) mit einem Lösungsmittel und möglichen anderen Additiven wie Verflüssigern, Bindern, Weichmachern oder Entschäumern gemischt sind [68]. Der Begriff "kolloidal" wird dabei zur Beschreibung von Partikeln verwendet, deren Ausdehnung mindes- tens in einer Richtung im Bereich 1 nm – 1 µm liegt. Bei Partikeln dieser Größenordnung ist das Oberflächen – zu – Volumen – Verhältnis und somit die Kontaktfläche zwischen Partikel und Dispersionsmedium als groß zu bezeichnen und das Verhalten der Suspension durch 2.2. Grundlagen und Literaturüberblick - Kolloidale Eigenschaften 17 interpartikuläre Kräfte dominiert. Diese Wechselwirkungskräfte hängen von der physiko- chemischen Natur der Partikeloberfläche ab, deren Charakterisierung Voraussetzung für das Verständnis der Vorgänge in der Suspension und deren effektive Kontrolle ist [69-72]. Die Stabilität einer Suspension kann durch die Gesamtwechselwirkungsenergie VT in Gleichung (2.6) beschrieben werden, die sich aus der Überlagerung unterschiedlicher Wechselwirkungen zwischen den Teilchen ergibt [69]: V V V V V lstrukturelSRAT +++= . (2.6) Anziehend wirkt das Potential VA, das durch London – van der Waals – Kräfte zwischen den Kolloidteilchen grundsätzlich vorhanden ist und im Folgenden kurz van der Waals – Kräfte genannt wird. VA kann zum einen durch das Aufbringen elektrischer Ladungen auf die Partikeloberflächen kompensiert werden, was zu elektrostatischer Abstoßung führt (VR), und zum anderen durch an der Oberfläche adsorbierte Makromoleküle, die eine starke Annähe- rung der Teilchen untereinander sterisch verhindern (VS). Vstrukturell, auch "depletion force" genannt, ist die potentielle Energie, die aus der Anwesenheit nicht adsorbierter Moleküle (z.B. Polymere, Polyelektrolyte, feine kolloidale Partikel) in der Suspension resultiert. Sie kann sowohl zur Agglomeration als auch zur Stabilisierung des Schlickers führen. Während die Reichweite der van der Waals – Kräfte vor allem durch die Natur von Pulver und Lösungsmittel bestimmt wird, lassen sich die abstoßenden Kräften durch organische und anorganische Additive über weite Bereiche variieren [16, 69-71, 73, 74]. Suspensionen bezeichnet man als physikalisch stabil, wenn sich ihre Partikelgrößenverteilung innerhalb der vorgesehenen Lagerzeit nicht oder nur geringfügig ändert. Die Kontrolle der zwischenpartikulären Kräfte ist in Einkomponentensystemen relativ einfach. In Schlickern mit mehreren Pulverarten können aufgrund von Heterokoagulation Schwierigkeiten beim Erzielen hoher kolloidaler Stabilität und Homogenität auftreten [75]. Für die Herstellung nichtoxidischer Keramiken (AlN, Si3N4, SiC, etc.) werden in der Technik nach wie vor vor allem nichtwässrige Lösungsmittel eingesetzt. Es besteht aber vielfach ein Bestreben, diese ökologisch problematischen Medien durch wässrige Systeme zu ersetzen [76]. Von vielen Wissenschaftlern wurde vermutet, dass in nichtwässrigen Medien nur sterische Stabilisation effektiv wirkt. Fowkes et al. [77] haben jedoch gezeigt, dass auch elektrostatische Kräfte dominieren können. 2.2.1. Van der Waals – Wechselwirkung Van der Waals – Kräfte entstehen durch die Wechselwirkung atomarer und molekularer Dipole. Man unterscheidet dabei die folgenden Fälle [78, 79]: 2.2. Grundlagen und Literaturüberblick - Kolloidale Eigenschaften 18 (a) Ein permanenter molekularer Dipol erzeugt ein elektrisches Feld, das andere permanente Dipole ausrichtet und aufgrund der starken Distanzabhängigkeit der Dipol – Dipol – Wechselwirkung anzieht (Orientierungseffekt, Keesom – Wechselwirkung). (b) Ein permanenter Dipol induziert einen Dipol in einem polarisierbaren Atom oder Molekül (Induktionseffekt, Debye – Wechselwirkung). (c) Ein fluktuierender Dipol bedingt Dipole in anderen Atomen und Molekülen (Dispersions- effekt, London – Wechselwirkung). Nach der sogenannten "Mikroskopischen Theorie" (Hamaker, 1937) kann die van der Waals – Wechselwirkung zweier Teilchen durch das Aufsummieren der Wechselwirkungen aller Moleküle eines Teilchens mit allen Molekülen des anderen Teilchens bestimmt werden. Das van der Waals – Potential VA zwischen zwei kugelförmigen Teilchen mit dem Radius r und dem Abstand d ist demnach:        −++−−= 2 22 2 2 22 2 A D 4r Dln D 2r 4r D 2r 6 A V . (2.7) D stellt den Abstand der Teilchenmittelpunkte dar, d.h. 2r d D += . Für sehr kleine Abstände (d << r) vereinfacht sich Gleichung (2.7) zu: 12d Ar VA −= , (2.8) wobei die van der Waals – Anziehung bei gegebener Hamaker – Konstante A mit der Partikelgröße steigt. A ist ein Maß der Anziehung zwischen den Kugeln und hängt sowohl von der Beschaffenheit der Teilchen als auch von dem zwischen ihnen liegenden Elektrolyten ab [79-82]. Nach analytischen Näherungen von Tabor – Winterton bzw. Israelachvili zur Lifshitz – Theorie [79, 82] können Hamaker – Konstanten von Salzen und Oxiden aus dem Unterschied zwischen den Brechungsindizes ni und den dielektrischen Permitivitäten εi des anorganischen Feststoffes (Index 1) und des Lösungsmittels (Index 2) bei unterschiedlichen Frequenzen abgeschätzt werden: 2/32 2 2 1 22 2 2 1 1/2 2 21 21 B11(2) )n n( )n n( 2 h 16 3 Tk 4 3 A + −ω+   ε+ε ε−ε≈ . (2.9) kB ist die Boltzmann – Konstante, T die Temperatur, h die Planck'sche Konstante und ω die Relaxationsfrequenz der elementaren Dipole (≈ 2×1016 rad/s für Oxide). Charakteristische Werte für Hamaker – Konstanten von Salzen und Oxiden in Wasser liegen bei 0,5 bis 10 ×10-20 J [79]. In nichtwässrigen Medien mit ε < 80 sind die Unterschiede zwischen den 2.2. Grundlagen und Literaturüberblick - Kolloidale Eigenschaften 19 Brechungsindizes und den dielektrischen Konstanten in der Regel kleiner und damit auch die Hamaker – Konstanten bzw. die van der Waals – Anziehung [24]. Aufgrund der Brown'schen Molekularbewegung des Lösungsmittels kommt es in der Suspen- sion zur Diffusion der Partikel. Die Teilchen berühren sich und agglomerieren, wenn keine zusätzlichen (abstoßenden) Kräfte in der Suspension vorliegen. 2.2.2. Elektrostatische Wechselwirkung 2.2.2.1. Elektrostatische Wechselwirkung im wässrigen Medium Wird ein keramisches Teilchen in einem polaren Lösungsmittel suspendiert, so bildet sich eine elektrisch geladene Schicht an der fest / flüssig – Grenzfläche [73, 78, 83]. Im wässrigen Medium beinhaltet dies im Allgemeinen zwei Teilschritte: (a) die Dissoziation und Desorption ionisierbarer Spezies in Wasser und (b) die bevorzugte Adsorption von Anionen oder Kationen aus der Lösung. In Abhängigkeit von der Art der dissoziierbaren Gruppen ist die Oberfläche negativ oder positiv geladen. Carboxyl- oder Sulfatgruppen führen z.B. zu einer negativen Oberflächen- ladung. Es können jedoch auch positive und negative Gruppen nebeneinander vorhanden sein, wobei sich die Gesamtladung der Oberfläche aus deren Summe ergibt. Die Säure – Base – Reaktionen von oxidischen Oberflächen mit Wassermolekülen sind in Gleichung (2.10) beschrieben: OH OM OHM OHM 2 OHH 2 +−− →←−−→←−− −+ −+ . (2.10) Die Gesamtladung des Teilchens ändert sich je nach pH – Wert des Dispersionsmediums und dem daraus resultierendem Dissoziationsgrad. Die Zugabe von −OH – Ionen führt zu einer Abspaltung von Protonen von der Oberfläche und zur Ausbildung einer negativ geladenen Partikeloberfläche. Umgekehrt werden in einem sauren Medium Protonen auf die Oberfläche gebracht, wodurch die Partikeloberfläche positiv geladen wird. Gleichen sich die positiven und negativen Ladungen aus, spricht man vom PZC, dem "point of zero charge". Der Oberflächenladung bzw. dem Potential an der Teilchenoberfläche entspricht das soge- nannte Nernst – Potential 0Ψ . Es wird durch einen Überschuss an entgegengesetzt geladenen Ionen (Gegenionen) in der Nähe der Oberfläche kompensiert. Die in Abbildung 2.11 beschrie- bene, als allgemein gültig anerkannte Modellvorstellung von Partikeln in einer Elektrolyt- lösung (Stern, 1924) kombiniert die Vorstellung der streng lokalisierten Doppelschicht von Helmholtz (1879) mit der einer diffusen Schicht von Gouy (1910, 1917) und Chapman (1913) [73, 78]. 2.2. Grundlagen und Literaturüberblick - Kolloidale Eigenschaften 20 Abbildung 2.11: Potentialverlauf im Schichtenmodell nach Stern [73] Bei der Dispergierung der Partikel kommt es in den meisten Fällen aufgrund von van der Waals – Wechselwirkungen zur Adsorption einer Monoschicht aus Ionen, die die gleiche Ladung wie die Teilchen besitzen (innere Helmholtz – Schicht, linearer Potentialanstieg in Abbildung 2.11). Während des Adsorptionsvorganges verlieren diese Ionen ihre Hydrathülle; durch die Adsorption werden sie fest an die Teilchenoberfläche gebunden. Auf dieser Monoschicht lagert sich nun eine zweite Monoschicht (äußere Helmholtz – Schicht, linearer Potentialabfall) aus entgegengesetzt geladenen Ionen an. Die Ionen dieser zweiten Schicht sind ebenfalls fixiert, jedoch behalten sie ihre Hydrathülle. Die Bindung erfolgt über elektro- statische Anziehung sowie van der Waals – Kräfte. Die innere und äußere Helmholtz – Schicht zusammen bezeichnet man auch als Stern – Schicht. Durch die Hydrathülle haben die Ionen der äußeren Helmholtz – Schicht einen größeren Raumbedarf und können die resultierende Ladung von Teilchenoberfläche und innerer Helmholtz – Schicht nicht vollständig ausgleichen. Die restlichen zur Kompensation erforder- lichen Ionen umgeben das Teilchen als "Ionenwolke". Hier sind die Gegenionen nicht fixiert, sondern beweglich und unterliegen der Diffusion. Das elektrische Potential (x)Ψ nimmt innerhalb dieser "diffusen" Schicht, ausgehend vom Stern – Potential sΨ , dem Potential am Rand der Stern – Schicht, mit zunehmendem Abstand d von der Probenoberfläche exponen- tiell ab, da die Konzentration an Gegenionen in der Nähe der Partikeloberfläche höher ist als in größerer Entfernung. Stern – Schicht und diffuse Schicht werden als "elektrische Doppelschicht" bezeichnet. Bei Annäherung zweier Partikel überlappen die diffusen Schichten. Dies führt zu einer Erhöhung 2.2. Grundlagen und Literaturüberblick - Kolloidale Eigenschaften 21 der Gegenionenkonzentration zwischen den Teilchen, wodurch ein osmotischer Druck ent- steht. Das resultierende abstoßende Potential VR als Funktion des Partikelabstandes d kann nach Gleichung (2.11) abgeschätzt werden [81]: [ ] d)exp( 1lnr2 V 20r0R κ−+Ψεεπ= . (2.11) ε0 ist die Dielektrizitätskonstante im Vakuum (8,854⋅10-12 C2⋅J-1⋅m-1), εr die relative Dielektri- zitätskonstante und κ der Debye – Hückel – Parameter. Gleichung (2.11) gilt für kugelförmige Teilchen gleichen Durchmessers r mit κr > 10, die sich einander unter der Bedingung kon- stanter Potentiale annähern. Ist κr < 5, wird VR durch Gleichung (2.12) beschrieben: d)exp(r2 V 20r0R κ−Ψεεπ= . (2.12) Der reziproke Wert des Debye – Hückel – Parameters, der auch Doppelschichtdicke oder Debye – Länge genannt wird, lässt sich nach Gleichung (2.13) berechnen [78] 2 1 2 ii 2 b0r1- znF Tk     εε=κ ∑ , (2.13) wobei vor allem εr, die Ionenkonzentration ni in der Suspension und deren Wertigkeit zi von Interesse sind. F ist die Faraday'sche Konstante (96485 C). Abbildung 2.12: Abfall des Potentials in der diffusen Schicht als Funktion der Elektrolyt- konzentration und der Wertigkeit der Gegenionen [73] Eine Erhöhung der Ionenkonzentration im Dispersionsmedium führt zu einer Anreicherung an Gegenionen in der Nähe der Partikeloberfläche und damit zu einem steileren Abfall des Potentials über eine kürzere Distanz von der Partikeloberfläche. Steigt die Wertigkeit der Ionen, so wird die Oberflächenladung über eine wesentlich kürzere Distanz kompensiert (Abbildung 2.12). Um einen unendlichen Wert für die Dicke der diffusen Schicht zu vermeiden, wurde der Abstand, bei dem Ψ auf 1/e von sΨ abfällt, als Dicke der diffusen Schicht definiert [73]. 2.2. Grundlagen und Literaturüberblick - Kolloidale Eigenschaften 22 Berücksichtigt man lediglich van der Waals – und elektrostatische Wechselwirkungen, wie dies in der von Derjaguin, Landau, Verwey und Overbeek entwickelten DLVO – Theorie [84, 85] der Fall ist, kann die Gesamtwechselwirkungsenergie VT durch Gleichung (2.14) ange- geben werden: RAT V V V += . (2.14) Bei der Addition der Einzelbeträge ergibt sich eine Energiebarriere Vm (Abbildung 2.13). Ist diese Barriere groß genug (ca. 10 kT), kann verhindert werden, dass die Teilchen aufgrund ihrer kinetischen Energie den Potentialberg überwinden und in der Potentialmulde des primären Minimums festgehalten werden (Kurve i). In Abhängigkeit von der Höhe der Abstoßungsenergie als Funktion des Teilchenabstandes kann es außerdem dazu kommen, dass in einem Bereich bei größerem Teilchenabstand die van der Waals – Anziehung überwiegt. Man spricht von der Bildung eines sogenannten sekundären Minimums. Nähern sich zwei Teilchen auf den Abstand des sekundären Minimums, so werden sie im zeitlichen Mittel in diesem Abstand zueinander fixiert (Kurve ii). Eine weitere Annäherung ist aufgrund der Energiebarriere erschwert. Es kommt zur Ausbildung von locker geflockten Teilchen / schwach flockulierten Suspensionen, die durch mechanisches Rühren wieder redispergiert werden können (näheres in Abschnitt 2.2.4.). Abbildung 2.13: Gesamtwechselwirkungspotential VT als Funktion des Abstandes d zweier Partikel; a) als Resultierende aus der van der Waals – Anziehung VA und der elektrostatischen Abstoßung VR [86] und b) in Abhängigkeit von Ober- flächenpotential und Ionenstärke [87] 2.2. Grundlagen und Literaturüberblick - Kolloidale Eigenschaften 23 VR ist proportional zu 20Ψ und hängt exponentiell von der Doppelschichtdicke κ-1 ab, die wiederum umgekehrt proportional zur Ionenstärke I (Gleichung (2.15)) ist: ∑= 2iizn21 I . (2.15) Daraus ergeben sich grundsätzlich zwei Möglichkeiten, die kolloidale Stabilität einer elektro- statisch stabilisierten Suspension zu beeinflussen: (a) eine Verringerung der Ionenstärke oder (b) die Erhöhung des Oberflächenpotentials [73, 74]. Letzteres wird durch die Zugabe eines Dispergators zur Suspension erreicht. Dieser führt zu einer erhöhten Ladungsdichte in der inneren Helmholtz – Schicht, ihr Potential und als Folge das Stern – Potential steigen an. Bei zu hohen Dispergatorkonzentrationen nimmt das Abstoßungspotential allerdings aufgrund der Kompression der diffusen Schicht wieder ab. In den obigen Berechnungen wurde jeweils das Oberflächenpotential 0Ψ verwendet. Bei Adsorption von Ionen in der Stern – Schicht ist jedoch das Stern – Potential für den Abfall in der diffusen Schicht, die elektrostatische Abstoßung VR und die Gesamtwechselwirkungs- energie VT maßgeblich. Daher ist in den Formeln 0Ψ durch sΨ zu ersetzen. Weder 0Ψ noch sΨ sind experimentell zugänglich. Als gute Abschätzung dient aber das Zetapotential, das durch elektrophoretische Messungen bestimmt werden kann (siehe Abschnitt 2.4.1.). Je höher der Betrag des Zetapotentials ist, desto größer ist die Ausdehnung der diffusen Schicht und desto stärker ist ein System elektrostatisch stabilisiert. Angelehnt an die Einteilung nach Riddick (1968) und Ney (1973) [73] kann die kolloidale Stabilität von Suspensionen in Abhängigkeit vom Zetapotential wie folgt klassifiziert werden (Tabelle 2.1): Kennzeichen der kolloidalen Stabilität Zetapotential (mV) gute Stabilität + 60 bis + 80 mittlere Stabilität + 6 bis − 59 Agglomeration und Sedimentation + 5 bis − 10 Schwelle zur Agglomeration − 11 bis − 30 mäßige bis mittlere Stabilität − 31 bis − 60 sehr gute Stabilität − 61 bis − 80 maximale Stabilität − 81 bis − 100 Tabelle 2.1: Kennzeichen der kolloidalen Stabilität von Suspensionen 2.2.2.2. Elektrostatische Wechselwirkung im nichtwässrigen Medium In nichtwässrigen Lösungsmitteln ist die Entstehung von Oberflächenladungen unabhängig von der Ionenbildung durch Dissoziation in der Lösung. Der Prozess findet vielmehr an der 2.2. Grundlagen und Literaturüberblick - Kolloidale Eigenschaften 24 Grenzfläche zwischen Partikel und Lösungsmittel statt und ist in Abbildung 2.14 modellhaft beschrieben [77]. Die Ladungsbildung geschieht demnach z.B. durch die Teilschritte (a) Adsorption von (nicht dissoziierten) Säuren an den basischen Oberflächengruppen der Partikel (b) Dissoziation der adsorbierten Säuren durch Protonenübergang auf die basischen Ober- flächengruppen (c) Dynamische Adsorption – Desorption, d.h. einige der dissoziierten Säureanionen werden desorbiert und lassen eine positive Ladung auf der Oberfläche zurück. Abbildung 2.14: Entstehung von Oberflächenladungen in organischen Lösungsmitteln, Mechanismus der Ladungsbildung durch basische Dispergatoren B an sauren Oberflächengruppen AH [77] Folglich bilden saure Moleküle positive Ladungen auf basischen Partikeln und basische Moleküle negative Ladungen auf sauren Partikeln. Das Prinzip der Dissoziation über Protonendonatoren / -akzeptoren lässt sich wie folgt (Gleichung (2.16)) zusammenfassen: +−−+ +⇔+⇔+ 22 SH M SH MH S MH , (2.16) wobei MH die Oberflächengruppen der Partikel und SH die Lösungsmittelmoleküle dar- stellen. Spuren von Wasser im nichtwässrigen Lösungsmittel beeinflussen die Eigenschaften des Lösungsmittels nachhaltig [78]: +−−+−+ ++⇔+++⇔++ H S MOH OH H S M OH S MH . (2.17) Gleichung (2.17) verläuft nach links, wenn die Partikel basischer als die Flüssigkeitsmoleküle sind, d.h. die Oberfläche der Partikel wird in diesem Falle ebenfalls positiv aufgeladen. Die dielektrischen Konstanten εr von nichtwässrigen Medien reichen von etwa 2 für Kohlen- wasserstoffe bis 180 für gewisse Amide. In Abschnitt 2.2.2.1. wurde gezeigt, dass die elektro- 2.2. Grundlagen und Literaturüberblick - Kolloidale Eigenschaften 25 statische Abstoßung VR vom Produkt aus εr und 20Ψ sowie exponentiell von κ-1 abhängt. In einem Keton mit εr = 20 sinkt VR folglich im Vergleich zu Wasser auf ein Viertel. Auf der anderen Seite ist die Dissoziation in nichtwässrigen Medien jedoch stark einge- schränkt, was sich in niedrigen Ionenkonzentrationen ni widerspiegelt. Die Dissoziation eines Elektrolyten, der in Wasser beispielsweise zu einer Ionenkonzentration von ni = 10-3 M führt, erzeugt eine Doppelschichtdicke von 10 nm. Im organischen Medium mit ε = 2 verringert sich die effektive Dissoziation, und die Konzentration sinkt dabei auf 10-11 M. κ-1 dehnt sich folglich auf 100 µm aus [23]. Diese Erhöhung der Doppelschichtdicke beeinflusst die Ober- flächenladung an der Scherebene und damit das Abstoßungspotential VR weitaus stärker als die gegenüber Wasser niedrigeren Dielektrizitätskonstanten (Abbildung 2.15), so dass auch in organischen Lösungsmitteln vom Vorkommen signifikanter elektrostatischer Kräfte ausge- gangen werden kann [77, 78]. Abbildung 2.15: Abfall des Potentials in der diffusen Schicht in wässrigen (w) und nicht- wässrigen (nw) Lösungsmitteln 2.2.3. Elektrosterische Wechselwirkung Polymere können auf unterschiedliche Weise an der Partikeloberfläche adsorbieren und verschiedene Konformationen annehmen; je nach der Qualität des Lösungsmittels, der Konzentration von Kolloidteilchen und Organik sowie dem molekularen Aufbau, der Anzahl der Ankergruppen und der Dichte der aktiven Oberflächengruppen (siehe Abbildung 2.16 a)). Homopolymere (A) besitzen keine spezifische Ankergruppe und werden physisorbiert. In der Regel existieren mehrere Anbindungsstellen pro Molekül, wodurch es zur Bildung von "loops" (Schlaufen) und "trains" (anliegenden Abschnitten) kommt. Polymere mit einer 2.2. Grundlagen und Literaturüberblick - Kolloidale Eigenschaften 26 funktionellen Endgruppe, wie die kurzkettigen Dispergatoren (D), können eine chemische Bindung über diese Kopfgruppe eingehen. Das ausgedehnte Polymerende ("tail") reicht in die Suspension und bestimmt die Reichweite der Stabilisierung. Diblockcopolymere (B) besitzen neben der kurzen Ankergruppe eine ausgedehnte, nicht adsorbierte Kette, während bei den kammartigen Copolymeren (C) ausgedehnte Segmente von einem Kammrücken ausgehen, der als Ankergruppe dient. Polyelektrolyte enthalten mindestens eine Art ionisierbarer Gruppen (z.B. Carboxyl- oder Sulpholylgruppe). Ihre molekularen Strukturen reichen von Homopolymeren wie Polyacrylsäure (PAA) zu Blockcopolymeren mit einer oder mehreren ionisierbaren Gruppen pro Kette [69]. Abbildung 2.16: Schematische Darstellung der Konformation von adsorbierten Polymeren; a) als Funktion ihres molekularen Aufbaus und b) in Abhängigkeit von Ionenstärke und pH – Wert [69] Die Stärke und Reichweite der sterischen Abstoßung wird durch eine Vielzahl von Parametern bestimmt. Sterische Stabilisation erfordert zum einen eine starke Verankerung der Moleküle an der Oberfläche (Chemisorption), zum andern eine genügende Ausdehnung solvatisierter Ketten in die Suspension, um eine Annäherung der Partikel zu verhindern. Neben der Dicke und der Konformation der Polymerschicht (gestreckt – verknäult) spielen jedoch auch die adsorbierte Menge sowie die Löslichkeit des Polymers im Lösungsmittel eine Rolle. Bei geringer Löslichkeit entsteht zum Beispiel eine anziehende Wechselwirkung zwi- schen den Polymerschichten und keine abstoßende Kraft [78, 88]. Für ein festgelegtes System kann das Adsorptionsverhalten und die Anordnung der Polymere durch Variation der Lösungsmittelbeschaffenheit (pH, Ionenstärke) verändert werden (Abbildung 2.16 b)) und damit auch die Stärke der sterischen Abstoßung VS [69]. Bei der Annäherung zweier Partikel kommt es zu einer Durchdringung der Adsorbatschichten. Das zwischen ihnen existierende Lösungsvolumen sinkt, und die Anzahl der Anordnungs- 2.2. Grundlagen und Literaturüberblick - Kolloidale Eigenschaften 27 möglichkeiten der adsorbierten Polymersegmente wird eingeschränkt. Dies führt aufgrund der Entropieverringerung zu einer Erhöhung der freien Energie. Gleichzeitig steigt die Polymer- konzentration im Bereich der Überlappung und erzeugt einen osmotischen Druck. Das Lösungsmittel strömt in den aufkonzentrierten Bereich ein und treibt damit die Teilchen aus- einander [83]. Die Form der Potential – Abstands – Kurve von rein sterisch stabilisierten Suspensionen ist in Abbildung 2.17 a) dargestellt. Ein primäres Minimum existiert nicht, allerdings sind die van der Waals – Kräfte selbst bei langkettigen sterischen Stabilisatoren in der Regel so stark, dass die Partikel im sekundären Minimum flockulieren. Die Säure – Base – Wechselwirkun- gen, die zur Verankerung der Polymere benötigt werden, liefern jedoch meist auch einen elektrostatischen Beitrag VR (Abbildung 2.17 b)), der diese Flockulation verhindern kann. Abbildung 2.17: Einfluss der sterischen Abstoßung VS auf das Gesamtwechselwirkungs- potential VT als Funktion des Abstandes d zweier Partikel; a) sterische Stabilisierung und b) elektrosterische Stabilisierung [77] 2.2.4. Schwach flockulierte Schlicker In schwach flockulierten Suspensionen (von einzelnen Autoren auch als koaguliert bezeich- net) lagern sich die Partikel im sekundären Minimum aneinander (Tiefe der Potentialmulde: 2 – 20 kT), bilden bei niedrigen Konzentrationen isolierte Cluster und bei höheren ein Netzwerk. Im Gegensatz zu agglomerierten Suspensionen im primären Minimum haben die Partikel im Netzwerk einen lockeren Zusammenhalt, der durch mechanisches Rühren oder Ultraschalleinwirkung wieder redispergiert werden kann. Dieser Zustand der Suspension, der dem Vorhandensein einer "Schmierung" zwischen den Partikeln entspricht, erlaubt ein Um- ordnen der Teilchen während der Formgebung und ist damit vergleichbar mit der plastischen 2.2. Grundlagen und Literaturüberblick - Kolloidale Eigenschaften 28 Natur tonhaltiger Systeme [69, 78]. Lange et al. [21, 22] haben gezeigt, dass koagulierte Schlicker zu homogenen Grünkörpern mit hoher Dichte und Festigkeit führen, wobei die leichte Vernetzung der Partikel Entmischungserscheinungen und damit Dichtegradienten in der gesinterten Keramik verhindert. Schwach flockulierte Suspensionen können auf verschiedene Weise hergestellt werden [81, 89-92]: (a) durch einen gezielten Eingriff in die elektrostatische Stabilisierung (b) durch die Bildung einer Hydratationsschicht (c) über die sterische Behinderung durch Adsorbate (d) durch das Einbringen nicht adsorbierender Polymere in die Suspension Ziel ist es jeweils, einen gut dispergierten Schlicker in einen Schlicker mit sekundärem Minimum zu überführen. Ein umfassender Überblick der in der Literatur diskutierten Systeme wurde durch Schilling et al. [93] gegeben und soll hier nur auszugsweise aufgeführt werden. Ansatz (a) bedient sich einer Erhöhung der Ionenstärke und / oder der Absenkung des Ober- flächenpotentials (Abbildung 2.13 b)) bis an die Grenze zur Flockulation. Lange et al. führten die Methode der Hydratationsschichten ein [94-96]. Dieser Ansatz (b) greift auf kurzreichweitige zwischenpartikuläre Kräfte zurück, die durch die (physikalische) Adsorption indifferenter Elektrolyte erzeugt wird, wobei diese in relativ hohen Konzentratio- nen vorliegen müssen. Als indifferent bezeichnet man Salze von Gegenionen, die keinen Einfluss auf das Oberflächenpotential besitzen, d.h. keine chemische Bindung mit der Ober- fläche eingehen. Sie bewirken ein Schrumpfen der die Partikel umgebenden Ionenwolke. Die Partikel ziehen sich durch die van der Waals – Kraft gegenseitig an, können sich aber aufgrund der physisorbierten Spezies nicht berühren. Der Gleichgewichtsabstand und damit die Tiefe des sekundären Minimums hängt von der Größe und Konzentration der nicht hydratisierten Gegenionen (z.B. NH4Cl, TMACl) ab. Yin et al. [97] verwendeten erstmals sterische Behinderung (Ansatz (c)) zur Herstellung schwach flockulierter Schlicker. Sie erhielten niedrigviskose, nichtwässrige Al2O3 – Schlicker mit Polymethacrylaten, die zu hohen Gründichten führten. Die Erzeugung der sterischen Ad- sorptionsschicht verhindert dabei die vollständige Annäherung der einzelnen Partikel. Kramer und Lange [98] erzielten in organischen Lösungsmitteln ähnliche Ergebnisse mit der Adsorp- tion von Alkoholen auf Si3N4. In wässrigen Systemen berichteten Leong et al. [99] von ZrO2 – Suspensionen mit sterisch wirkenden Sulfaten, Phosphaten und einfachen organischen Säureanionen (Lactate, Malate, Citrate). Schilling et al. [100] gelangen Verbesserungen der Packungsdichten bei Al2O3 – Suspensionen durch den Einsatz von Maltodextrin. Die Tiefe 2.2. Grundlagen und Literaturüberblick - Kolloidale Eigenschaften 29 des resultierenden sekundären Minimums verhält sich dabei invers zur Dicke der adsorbierten Schicht, d.h. mit steigender Adsorbatdicke nimmt die Gründichte und das plastische Fließver- halten des Schlickers zu. 2.3. AlN – Suspensionen Die Eigenschaft von AlN, im Kontakt mit Wasser unter Freisetzung von Ammoniak zu reagieren, hat Anfang des 20. Jahrhunderts im Hinblick auf eine einfache Ammoniaksynthese eine Reihe von wissenschaftlichen und industriellen Aktivitäten eingeleitet, die in der Ent- wicklung des Serpek – Prozesses gipfelten [101]. Mit dem Auftreten des Haber – Bosch – Verfahrens zur Ammoniakgewinnung geriet das AlN wieder in Vergessenheit, bis in den 70er Jahren ein wachsender Bedarf an elektrisch isolierenden Substratmaterialien mit hohen thermischen Leitfähigkeiten für steigende Leistungsdichten im Mikroelektroniksektor ent- stand. Was früher jedoch als Vorteil angesehen worden war, erwies sich bei der Herstellung von AlN – Keramiken mit niedrigem Sauerstoffgehalt und damit hohen thermischen Leit- fähigkeiten als Problem: die Hydrolyse des AlN verkomplizierte sowohl die Pulver- als auch Grünkörperherstellung [102]. 2.3.1. Hydrolyse von AlN Die Zersetzung von AlN in wässrigen Suspensionen läuft nach Bowen [5] und Mobley [78] über mehrere Mechanismen ab: Festphasenreaktion, Auflösung, Polymersation – Kondensation und Ausscheidung. Bei RT erfolgt eine direkte Reaktion des frisch hergestellten Pulvers mit destilliertem Wasser. Das AlN bildet eine amorphe Schicht auf der Oberfläche, die Aluminium, Sauerstoff (und Stick- stoff) enthält und deren Zusammensetzung analog zu Gleichung (2.18) nahe AlO(OH) liegt: 32 NH AlO(OH) OH 2 AlN +→+ . (2.18) Die Dicke der Schicht beträgt zwischen 10 und 20 nm. Sie bleibt im Verlauf der Auslagerung in Wasser erhalten, während der ursprüngliche Kerndurchmesser der Partikel verringert wird. Die Oberflächenschicht geht in Lösung und bildet mononucleare Hydroxyaluminiumtypen bei verdünnten Konzentrationen, die sich mit steigender Konzentration zu polynuclearen Spezies umlagern [78]. Das "natürliche" Ansteigen des pH – Wertes nach Gleichung (2.19), begleitet von der Bildung von NH3, löst einen idealen Autotitrations – Mechanismus aus, der die treibende Kraft bei der Umordnung dieser Spezies ist: −+ +⇔+ OH NH OH NH 423 . (2.19) 2.3. Grundlagen und Literaturüberblick - AlN – Suspensionen 30 Nach einer längeren Inkubationszeit (> 10 h) tritt die Bildung und Ausscheidung von kristallinem Bayerit ein: 32 l(OH)A OH AlO(OH) →+ . (2.20) Zusätzlich zum hauptsächlich ausgeschiedenen Bayerit beobachtet Mobley die Bildung einer neuen Aluminiumhydroxid – Modifikation. Die Kinetik der Hydrolysereaktion wird von Bowen et al. [5] durch das "unreacted core model" von Levenspiel [103] beschrieben, das sich auf Festphasenreaktionen bezieht und aus den folgenden Schritten besteht: (a) Diffusion des flüssigen Reaktanten (Wasser) durch den Flüssigkeitsfilm, der die Ober- fläche der Partikel umgibt (b) Diffusion des Wassers durch die amorphe AlO(OH) – Schicht zum ursprünglichen Partikelkern (c) chemische Reaktion an der Oberfläche des Partikelkernes (d) Diffusion der gasförmigen Reaktionsprodukte (NH3) durch die amorphe Schicht (e) Diffusion des NH3 durch den Flüssigkeitsfilm Mobley erweiterte dieses Model der Zersetzung von AlN in Wasser. Nach den Ergebnissen seiner Dissertation folgen der Festphasenreaktion (f) die Auflösung der AlO(OH) – Schicht (g) die Diffusion des gelösten Aluminats (h) die Polykondensation der Aluminatlösung (i) die Keimbildung von Bayerit und schließlich (j) das Wachstum von Bayerit. Geschwindigkeitsbestimmend ist dabei der zeitabhängige Alterungsprozess der Polykonden- sation. Reetz et al. [102] untersuchten die Kinetik der AlN – Zersetzung und deren Abhängigkeit von dem Anfangs – pH – Wert der Suspension und ihrer Temperatur. Im sauren (pH ~ 1) tritt bis 50 °C praktisch keine Hydrolyse auf, während bei hohen pH – Werten der Sauerstoffgehalt exponentiell mit der Temperatur zunimmt. Bestimmend für die Korrosionskinetik ist auch der Sauerstoffgehalt des Ausgangspulvers. Die Ergebnisse von Barba et al. [104] zeigen, dass sich die Hydrolyse mit steigendem Sauerstoff- gehalt verlangsamt. 2.3.2. Schutzmechanismen gegen die Hydrolyse von AlN Für die wässrige Formgebung sind einige wasserbeständige AlN – Pulver kommerziell erhält- lich. Die meisten basieren auf einer Beschichtung durch langkettige organische Moleküle wie 2.3. Grundlagen und Literaturüberblick - AlN – Suspensionen 31 z.B. Carboxylsäuren [105-111]. Die Oberfläche des AlN wird dabei mehrere Stunden bei 80 °C mit der Carboxylsäure, unter Verwendung von Benzol als Lösungsmittel, behandelt. Zur Entfernung überschüssiger, anhaftender Säure ist ein Filtrations- und Waschschritt notwendig, nach dem das Pulver getrocknet wird. Während der Beschichtung werden hydrophobe Gruppen, die das Pulver gegen Wasserzutritt abschirmen, chemisch an der Pulveroberfläche gebunden. Die wasserabweisende Wirkung der langkettigen Säuren bietet ausreichenden Schutz während der Verarbeitung. Die Herstellung der wasserbeständigen Pulver ist jedoch zeitintensiv, und der hydrophobe Charakter hat eine eingeschränkte Kontrolle der kolloidalen Eigenschaften sowie die Verschlechterung des Dispergierverhaltens zur Folge. Die Pulver können nicht ohne die Hilfe von hydrophilen oberflächenaktiven Stoffen in Wasser dispergiert werden. Dies wiederum bedingt die Verwendung von Entschäumern, um durch die Reduzierung der Oberflächenspannung eine extreme Schaumbildung im Schlicker zu vermeiden. Li et al. [112] untersuchten den Zusammenhang zwischen dem Hydrolyseverhalten des AlN – Pulvers und einer Behandlung durch thermische Oxidation bei hohen Temperaturen (600 – 1050 °C, 1 h in Luft). Oxidationstemperaturen > 800 °C verlangsamen dabei die Hydrolyse, jedoch liegt der Sauerstoffgehalt über 13 Gew.-%, was eine technische Anwendung der gesinterten AlN – Keramik in Bezug auf thermische Leitfähigkeit ausschließt. Dagegen konnten Uenishi et al. [113] zeigen, dass verschiedene anorganische und organische Phosphorsäuren und deren Verbindungen die Reaktion des AlN mit Wasser selbst bei erhöhten pH – Werten und Temperaturen (bis 80 °C bei pH 5,6) verhindern. Ihrer Erklärung nach bilden sich schwerlösliche Phosphatkomplexe durch Chemisorption an der Pulver- oberfläche. Basierend auf diesen Ergebnissen untersuchten Krnel und Kosmac [107, 114, 115] das Adsorptionsverhalten von HCl, HF, HNO3, H2CO3, H2SO4, H3PO4 und Kieselsäure. Sie beschrieben, dass H2CO3 und H2SO4 den Hydrolysebeginn aufgrund der Physisorption unvollständig dissoziierter Molekülgruppen nur verschieben, während H3PO4 und Kieselsäure durch Chemisorption wasserunlöslicher Komplexe die Reaktion vollständig verhindern. Die letzteren Moleküle haben den Vorteil, dass die geschützten AlN – Pulver einen hydrophilen Charakter besitzen. 2.4. Elektrokinetische Messmethoden Elektrokinetische Effekte sind Phänomene, die mit den Charakteristika des Grenzflächen- systems geladenes Partikel / Lösungsmittel in Verbindung gebracht werden können. Durch 2.4. Grundlagen und Literaturüberblick - Elektrokinetische Messmethoden 32 Anlegen eines elektrischen Feldes oder einer mechanischen Triebkraft (Druck) strömt die Flüssigkeit an der Grenzfläche zum Partikels entlang und erzeugt durch partielles Abscheren der Gegenionenwolke eine elektrische Potentialdifferenz. Klassische Methoden zur Bestim- mung elektrokinetischer Potentiale sind das Sedimentationspotential, das Strömungspotential, die Elektroosmose sowie die Elektrophorese. Bei der Bestimmung des Sedimentationspoten- tials entsteht eine Potentialdifferenz beim Absetzen der Partikel unter der Wirkung der Erd- beschleunigung. Die Messung des Strömungspotentials basiert auf der Anwendung eines Druckes auf das System. Legt man ein externes elektrisches Feld an die Messsuspension an, dann wird im Fall der Elektroosmose das Lösungsmittels bewegt, im Fall der Elektrophorese dagegen die in der Suspension befindlichen Partikel. Aus der Bewegungsgeschwindigkeit als Funktion der elektrischen Feldstärke lässt sich nun die Oberflächenladung der Partikel bestimmen. Die historische Entwicklung elektrokinetischer Messgeräte begann mit dem Zetameter nach Riddick, bei dem mittels Mikroskop und Stoppuhr die elektrophoretische Geschwindigkeit einzelner Partikel bestimmt werden musste [73, 78]. 2.4.1. Messgrundlagen – Elektrophorese Wird in einer Suspension ein elektrisches Gleichfeld mit der Feldstärke E realisiert, dann greifen an jedem sich bewegenden Teilchen vier Kräfte an (Abbildung 2.18). Abbildung 2.18: Partikel mit Ionenwolke bei der elektrophoretischen Wanderung im konstanten elektrischen Feld [116] Im stationären Fall beträgt die Summe der wirkenden Kräfte Null: - -- -- - - - - - - - ++ + + + - +- E F1F2 F3 F4 wanderndes Teilchen (negative Partikeloberfläche)verschobene Gegen- ionenwolke - - 2.4. Grundlagen und Literaturüberblick - Elektrokinetische Messmethoden 33 0 F F F F 4321 =+++ . (2.21) F1 ist nach Gleichung (2.22) die Coulombkraft, die vom Feld auf das Teilchen mit der Ladung q ausgeübt wird und es beschleunigt: qE F1 = . (2.22) Die bei der Teilchenbewegung auftretende Reibungskraft F2 ist nach dem Stokes'schen Gesetz proportional der Geschwindigkeit v: vr6 F2 ηπ−= , (2.23) wobei η die Viskosität der Suspension darstellt. Die Gegenionen wandern mit ihren Hydrathüllen in entgegengesetzter Richtung zum Teilchen. Dadurch wird das Teilchen in seiner Bewegung gehindert. Die auftretende Kraft wird als elektrophoretische Bremsung F3 bezeichnet. Bei der Wanderung wird ein Teil der Gegenionen abgestreift und muss wieder neu aufgebaut werden. Dies führt zu einer Asym- metrie der Ladungsverteilung, die die bremsende Relaxationskraft F4 erzeugt [117]. Bei der Bewegung werden die Gegenionen nahezu vollständig abgestreift. Das Teilchen ist nach außen hin nicht mehr neutral sondern erhält eine Nettoladung, die als Zetapotential ζ gemessen wird. Für dessen korrekte Berechnung in Abhängigkeit von Partikelgröße und Elektrolytkonzentration ist nach Henry [118] Gleichung (2.24) anzuwenden: rfE v4 κ⋅⋅ε ⋅η⋅π⋅=ζ . (2.24) Dabei stellt die Teilchengeschwindigkeit v bezogen auf die Feldstärke E die elektrophoreti- sche Mobilität oder Beweglichkeit µ dar, die auch als Wandergeschwindigkeit bezeichnet wird: E v =µ . (2.25) fκr ist ein Korrekturfaktor für die elektrophoretische Bremsung. Er berücksichtigt das Verhält- nis von Teilchenradius zu Dicke der diffusen Schicht. Für eine dünne diffuse Schicht im Vergleich zum Partikelradius (κr > 100) wird der Henry – Faktor fκr = 1, d.h. es ergibt sich die Helmholtz – Smoluchowski – Gleichung: ε µ⋅η⋅π⋅=ζ 4 . (2.26) Gleichung (2.26) ist korrekterweise jedoch nur einsetzbar, wenn: (a) die Partikel relativ groß und elektrisch nichtleitend sind, 2.4. Grundlagen und Literaturüberblick - Elektrokinetische Messmethoden 34 (b) die Viskosität und die Dielektrizitätskonstante im Dispersionsmedium und in der elektri- schen Doppelschicht identisch sind, (c) das Lösungsmittel laminar fließt und (d) das angelegte Feld homogen ist. Die Teilchenform ist jedoch beliebig. Für kleine, kugelförmige Partikel mit κr < 0,1, d.h. großer diffuser Schicht im Vergleich zum Partikelradius, ist der Henry – Faktor fκr = 1,5. Nach Einsetzen folgt die Debye – Hückel – Gleichung: ε µ⋅η⋅π⋅=ζ 6 . (2.27) Für Zwischenbereiche (0,1 < κr < 100) muss der Henry – Faktor einem Nomogramm entnom- men werden. Im eigentlichen Sinn ist das Zetapotential das unter Einwirken eines elektrischen Feldes an der Scherebene messbare Potential. Mit zunehmender Geschwindigkeit (primär durch die Feldstärke bestimmt) wird ein immer größerer Teil der diffusen Schicht abgestreift, so dass das Zetapotential zunimmt (Abbildung 2.19). Messungen sollten daher im Plateaubereich bei E > Es durchgeführt werden. Es verbleibt allerdings auch dann eine dünne Restschicht beim Teilchen (Bereich zwischen Stern – Schicht und Scherebene), d.h. das Zetapotential ist geringfügig kleiner als das Sternpotential. Abbildung 2.19: Abhängigkeit des Zetapotentials von der Feldstärke [73] In Messmedien mit geringer Elektrolytkonzentration ist die Dicke der Doppelschicht groß, d.h. der Potentialabfall in der diffusen Schicht sehr langsam, so dass Zetapotential und Stern – Potential sΨ gleichgesetzt werden können. Mit Abnahme der Doppelschichtdicke wächst die Differenz jedoch [73]. In Abhängigkeit vom chemischen Charakter der geladenen Gruppen an der Oberfläche sowie der adsorbierten Ionen werden maximale Zetapotentiale im Bereich von ca. ± 100 mV 2.4. Grundlagen und Literaturüberblick - Elektrokinetische Messmethoden 35 gemessen. Der Zustand der Suspension, bei der das Zetapotential sein Vorzeichen ändert, wird als isoelektrischer Punkt (IEP) bezeichnet. Im Gegensatz zum PZC, bei dem keine Ober- flächenladung besteht, ist der IEP das Ergebnis des Ladungsausgleiches der Oberfläche. In vielen monovalenten oxidischen Elektrolytsystemen stimmen beide Punkte überein [83]. 2.4.2. Messaufbau – Zetasizer 3000 HSA Von der Vielzahl der auf Elektrophorese basierenden Messgeräte soll hier nur der während der Arbeit verwendete Zetasizer 3000 HSA (Malvern Instruments) näher beschrieben werden, dessen Aufbau in Abbildung 2.20 dargestellt ist. Ein Computer steuert die an den Zetasizer angeschlossene Titratoreinheit, zirkuliert die Messsuspension zwischen Titrationsgefäß und Messzelle und ermöglicht so die automatische Bestimmung von pH- bzw. Konzentrations- profilen. Die gemessenen Daten werden im Computer aufgezeichnet und mit den jeweiligen Suspensionscharakteristika (Messtemperatur, Viskosität, Brechungsindex und Dielektrizitäts- konstante) ins Zetapotential umgerechnet. Abbildung 2.20: Schematischer Aufbau des Zetasizers 3000 HSA [116] Neben den während der Titration gewonnenen Daten werden auch die Anzahl der in der Suspension enthaltenen Partikel, der pH – Wert, der Messstrom, die Leitfähigkeit und die Standardabweichung der Intensitätssignale angegeben. Somit ist eine Aussage über die Genauigkeit der Messung und mögliche Fehlerquellen wie Blasen in der Messküvette oder Sedimentationserscheinungen möglich. 2.4. Grundlagen und Literaturüberblick - Elektrokinetische Messmethoden 36 2.4.3. Messprinzip – Laser Doppler Anemometrie Die Messung erfolgt mittels Laser Doppler Anemometrie (LDA) in einer Rechteck – Kapillare. Die in der Messsuspension befindlichen Partikel passieren einen Laserstrahl und streuen dabei Licht. Aufgrund des Dopplereffektes unterscheidet sich die Frequenz des gestreuten Lichtes von der Frequenz des ursprünglichen Laserstrahls. Die Größe dieser Frequenzverschiebung ist abhängig von der Wanderungsgeschwindigkeit. Beim Zetasizer 3000 HSA (Abbildung 2.21) wird der von einem Helium – Neon – Laser (λ = 633 nm) erzeugte Strahl durch einen Strahlteiler in zwei kohärente Strahlen aufgeteilt, die durch einen Spiegel in der Messzelle zum Schnitt gebracht werden. Das eigentliche Messvolumen ist also das Schnittvolumen der beiden Laserstrahlen. Das gestreute Licht, das Interferenzerscheinungen zeigt, wird von einem "Photomultiplier" (PM) detektiert. Das zeit- abhängige Intensitätssignal wird im Korrelator zur Gewinnung der Korrelationsfunktion g(τ) ausgewertet. Durch Fouriertransformation erhält man das Frequenzspektrum des gestreuten Lichts. Abbildung 2.21: Optischer Aufbau eines LDA – Zetameters am Beispiel des Modells Zetasizer 3000 HSA [116] Zur Bestimmung des Vorzeichens der Partikelladung wird der zweite Laserstrahl moduliert. Der Spiegel im Strahlengang befindet sich auf einem Block von Piezokristallen, an dem eine Wechselspannung von 250 Hz anliegt. Im Schnittpunkt der Laserstrahlen entsteht nun nicht 2.4. Grundlagen und Literaturüberblick - Elektrokinetische Messmethoden 37 mehr ein stationäres, sondern ein in Richtung der Interferenznormalen mit der Geschwindig- keit vB wanderndes Interferenzfeld. In Abhängigkeit von der Partikelladung bewegt sich das Teilchen gegen oder in Richtung des wandernden Interferenzfeldes bzw. ist stationär. Bei negativ geladenen Partikeln ermittelt man somit eine Dopplerfrequenz, die größer als 250 Hz ist, bei positiven ist sie kleiner [73]. Abbildung 2.22: a) Schematische Darstellung einer Kapillarmesszelle [116] und b) Geschwindigkeitsprofil des dort auftretenden elektroosmotischen Flusses [73] Die Partikel wandern im elektrischen Feld durch eine enge Quarz – Kapillare mit einem Querschnitt von 5 × 2 mm und einer Länge von 50 mm (Abbildung 2.22 a)). Beim Messvor- gang tritt jedoch nicht nur Elektrophorese auf. Beim Anlegen des Feldes bewegt sich das Dispersionsmedium relativ zur stationären Wand der Messkapillare (laminare Strömung). Ein elektroosmotischer Fluss entsteht, der die elektrophoretische Wanderung der Partikel überla- gert (Abbildung 2.22 b)). So bildet sich an der Oberfläche der Wand ebenfalls eine elektrische Doppelschicht aus. Lediglich in der stationären Ebene tritt kein elektroosmotischer Fluss auf, d.h. hier wird die wahre Wanderungsgeschwindigkeit der Partikel erhalten. Diese liegt bei zylindrischen Messzellen im Abstand von 14,7 %, bei Rechteck – Kapillaren im Abstand von 17 % der Kapillarbreite. Bei ungenauer Einstellung des Laserschnittpunktes auf die stationäre Ebene entstehen Messfehler. Eine Möglichkeit, dieses Problem zu umgehen und gleichzeitig eine Partikelabscheidung an einer der Elektroden zu vermeiden, ist die Umpolung des angelegten elektrischen Feldes mit einer bestimmten Frequenz. Mit zunehmender Frequenz kann sich nach dem Umpolen kein parabolisches Fließprofil mehr ausbilden, und über den gesamten Durchmesser der Kapillare wird eine identische Partikelgeschwindigkeit gemessen. Es besteht nun ein Zusammenhang zwischen dieser Geschwindigkeit und der im Gleichfeld in der stationären Schicht ge- messenen elektrophoretischen Mobilität [73]. 2.5. Grundlagen und Literaturüberblick - Kolloidale Formgebung 38 2.5. Kolloidale Formgebung Die in dieser Arbeit herzustellenden Schichtkomposite sollten eine Einzelschichtdicke von etwa 10 µm aufweisen. Aus diesem Grund wurden die zentrifugale und die elektrophoretische Abscheidung aus der Reihe der vielfältigen möglichen Herstellungsverfahren gewählt. 2.5.1. Vorteile kolloidaler Verfahren Bei der Fertigung keramischer Materialien besteht ein starker Zusammenhang zwischen Ausgangsmaterialien, Formgebung und der Qualität des gesinterten Endproduktes [69, 72]. Heterogenitäten oder Defekte, die in einem beliebigen Prozessschritt eingeführt werden, bleiben während der anschließenden Sinterung erhalten und werden tendenziell sogar vergrößert. Viele Heterogenitäten stammen von den Ausgangspulvern: große Körner, harte Agglomerate, sowie organische bzw. anorganische Einschlüsse. Agglomerate, deren Dichte sich vom Bulkmaterial unterscheidet, führen aufgrund ihres ungleichen Schwindungsver- haltens zur Bildung von rissförmigen Poren; organische Einschlüsse verdampfen während des Sinterns und lassen unregelmäßig geformte Hohlräume zurück; anorganische Einschlüsse können bei den hohen Sintertemperaturen mit dem Pulver reagieren und zu Spannungen bzw. Mikrorissbildung beim Abkühlen führen. Diese Fehlerpopulationen begrenzen die Festigkeit und senken den Weibull – Modul und damit die Zuverlässigkeit der Materialien. Kolloidale Formgebungsverfahren (oft auch als "colloidal shaping" oder nasse Formgebung bezeichnet) bieten die Möglichkeit, diese Heterogenitäten über die Kontrolle der Schlicker- eigenschaften zu minimieren sowie eine homogene Phasenverteilung und Mikrostruktur zu erzielen [78, 119, 120]. Es hat sich gezeigt, dass dieser Ansatz durch die gezielte Eliminie- rung einer Fehlerpopulation nicht nur zu einer Steigerung der mittleren Festigkeit führt, sondern u.U. auch zum Auftreten einer Grenzfestigkeit, unterhalb der kein Materialversagen eintritt [21, 121]. Im Allgemeinen wird ein Schlicker zuerst in einen dispergierten (stabilen) Zustand überführt. Die Anwesenheit abstoßender Kräfte bewirkt die Deagglomeration der Pulverteilchen zu einzeln vorliegenden Partikeln. Unterschiedliche Pulver werden gemischt und schwache Agglomerate durch Ultraschall bzw. Mahlprozesse aufgrund der wirkenden Scherkräfte zer- stört. Harte Agglomerate, große Partikel und anorganische Einschlüsse, die nicht aufgelöst werden können, werden durch Filtration oder Sedimentation (z.T. verstärkt durch Zentrifuga- tion) entfernt [16, 21, 69, 90, 94]. Diese "Reinigungsprozesse" können am effektivsten im dispergierten Schlicker durchgeführt werden. 2.5. Grundlagen und Literaturüberblick - Kolloidale Formgebung 39 In einem zweiten Schritt werden die interpartikulären Kräfte modifiziert und an das jeweilige Formgebungsverfahren angepasst. So ist es im Allgemeinen das Ziel, gut dispergierte Schlicker mit hohen Feststoffgehalten und gut definierten rheologischen Eigenschaften einzustellen, um hohe Gründichten beim Schlickergießen zu erreichen [16, 18]. Gießfähige dispergierte Schlicker können bis zu 60 Vol.-% Feststoff enthalten; die Feststoffgehalte flockulierter Schlicker erreichen in der Regel nur zwischen 5 und 20 Vol.-%. Während sich dispergierte Schlicker jedoch annähernd newtonisch oder pseudoplastisch verhalten, zeigen koagulierte Schlicker thixotrope Tendenzen. Um die für die Formgebung gewünschte Plastizität des Schlickers herzustellen, entwickelten Lange et al. [21, 22] schwach flockulierte Suspensionen, die ein der Kartenhausstruktur der Tone ähnliches Partikelnetzwerk ausbilden und so auch zur Minimierung von Entmischungserscheinungen während der Lagerung und Verarbeitung beitragen (näheres siehe Abschnitt 2.2.4.) [69]. 2.5.2. Zentrifugale Abscheidung Bereits im frühen 19. Jahrhundert wurde das Verfahren zur Herstellung röhrenförmiger Metallteile genutzt. Zur Zentrifugation wird eine Suspension in ein Probengefäß gefüllt, dieses in einen Rotor eingesetzt und beschleunigt. Unter der Wirkung der Zentrifugalkraft setzen sich die Partikel aufgrund ihrer größeren Dichte ab und werden so vom Lösungsmittel getrennt. Die Beschleunigung kann, je nach Drehzahl und Durchmesser des Rotors, ein bis zu 105 – 106 faches der Erdanziehungskraft erreichen und damit zu einem sehr hohen Verdich- tungsgrad führen. Omamete et al. [122] zeigten, dass zentrifugal hergestellte PZT – Proben eine feinere und gleichmäßigere Mikrostruktur aufweisen als isostatisch gepresste und dass sie bei niedrigeren Sintertemperaturen ihre TD erreichen. Beim Zentrifugieren werden Partikel mit hoher Dichte stärker beschleunigt als solche mit niedriger Dichte. Bei breiteren Dichteverteilungen kann deshalb eine selektive Sedimentation einzelner Teilchenfraktionen auftreten. Dies kann zum einen durch die Verwendung gut dispergierter Suspensionen mit hohem Feststoffgehalt (~ 60 Vol.-%) und zum anderen durch die Kontrolle der Schlickereigenschaften, d.h. das Einstellen schwach flockulierter Schlicker (siehe Abschnitt 2.2.4.) verhindert werden [19, 123]. Durch die Kontrolle der Probengefäßform, der Rotationsgeschwindigkeit, des Rotordurch- messers, des Feststoffgehaltes, der Korngröße und -verteilung, der Viskosität der Suspension und der zwischenpartikulären Kräfte ist es möglich, Phasengradienten oder eine Orientierung der Partikel gezielt einzustellen. Das Verfahren eignet sich daher besonders für Schicht- komponenten und Materialien mit Gradientenstruktur [124]. Ein Beispiel dafür stellt die Herstellung rohrförmiger Membranträger dar. Während der zentrifugalen Abscheidung bilden 2.5. Grundlagen und Literaturüberblick - Kolloidale Formgebung 40 große Partikel große Poren am Boden des Sediments, während kleine Partikel bei genügend hoher Zentrifugalbeschleunigung kleine Poren in der oberen Schicht des Sediments bilden. Diese abgestufte Porenstruktur ist analog zu der einer asymmetrischen Membran, die für Infiltrationsanwendungen bevorzugt wird. Einziger Nachteil der Methode ist die Beschrän- kung auf runde Geometrien. Das Verfahren befindet sich zur Zeit im Laborstatus [19, 125]. 2.5.3. Elektrophoretische Abscheidung Die Entdeckung der Elektrophorese geht auf den indischen Wissenschaftler G. M. Bose (~ 1740) zurück. Ihre Anwendung als Abscheidungsmethode für keramische Pulver wurde jedoch erst 1940 von Hamaker und Verwey untersucht. Seither wird sie in der traditionellen Keramik in wässrigen Suspensionen kommerziell eingesetzt. Für die Herstellung technischer Keramiken aus nichtwässrigen Suspensionen erregte das Verfahren in den 80er Jahren ver- stärktes Interesse [19, 20]]. Die elektrophoretische Abscheidung, kurz EPD (von "electrophoretic deposition"), ist ein zweistufiger Prozess unter dem Einfluss eines äußeren elektrischen Feldes. In einem ersten Schritt bewegen sich die geladenen, nichtleitenden Partikel in der Suspension zu einer der Elektroden, wo sie sich in einem zweiten Schritt abscheiden. Die Abscheidungsrate wird vor allem durch die elektrischen Parameter (Feldstärke, Leitfähigkeit der Suspension, Zeit) sowie durch die kolloidalen Eigenschaften der Suspension (Oberflächenladungsdichte, dielektrische Konstante, Viskosität) bestimmt. Aber auch Feststoffgehalt und Korngrößenverteilung spielen eine große Rolle. In der Nähe der Elektrode muss die Energiebarriere Vm zwischen den Partikeln überwunden werden, damit diese agglomerieren und eine haftende Schicht auf der Elektrode bilden. Zu niedrige Oberflächenpotentiale führen jedoch bereits in der Suspension zur Flockulation und damit zu einer Verschlechterung der Adhäsion und zu Heterogenitäten. Es bildet sich eine Schicht mit geringer Dichte und Festigkeit, die sich ähnlich einer zähen Flüssigkeit verhält. Die Herausforderung liegt also darin, ein System mit genügend hoher Oberflächenladung auszuarbeiten, das den Partikeln erlaubt, unabhängig voneinander zu wandern, ohne ihre Kohäsion in der Schicht zu verhindern. Sowohl hoch stabile als auch flockulierte Schlicker erzielen keine gute Haftung an der Elektrode [19, 20, 126-128]. Zur Herstellung dichter, gut haftender Schichten ist es notwendig, dass die Partikel ihre Ladung an der Elektrode verlieren. Für die Prozesse, die an der Elektrode stattfinden, werden in der Literatur drei unterschiedliche Erklärungsansätze gegeben. Eine Hypothese besagt, dass die Partikel mit der Elektrode reagieren und dabei neutralisiert werden. Dies erklärt jedoch nicht, weshalb die Abscheidung auf Polymermembranen möglich ist, die vor der Elektrode 2.5. Grundlagen und Literaturüberblick - Kolloidale Formgebung 41 angeordnet sind. Eine zweite Erklärung basiert auf sekundären Prozessen an der Elektrode, die entweder Ionen oder Hydroxide produzieren. Im ersten Fall steigt die Elektrolytkonzentra- tion an, wodurch die Dicke der Doppelschicht reduziert und Agglomeration induziert wird. Im zweiten Fall polymerisieren die Hydroxide, adsorbieren auf den Partikeln und halten sie so zusammen. Die dritte Hypothese postuliert, dass die Energiebarriere der Partikel durch das angelegte Feld überwunden wird. Die Partikel können sich soweit aneinander annähern, dass van der Waals – Kräfte die Wechselwirkung dominieren [20, 126, 129]. Die EPD ermöglicht die Herstellung von Schichten, deren Dicke vom Mikrometerbereich bis zu Bulkmaterialien von mehreren Millimetern reicht. Da sich der Grünkörper auf einer Elektrode bildet, wird seine Form durch die der Elektrode bestimmt. Somit kann das Ver- fahren für fast beliebige Geometrien angewandt werden, die in ihrer Komplexität z.B. auch Teile im Automobilbau einschließen. Eine Einschränkung besteht jedoch in der Notwendig- keit, den Grünling wieder von der Elektrode entfernen zu können. Für die EPD können Suspensionen mit wesentlich geringeren Feststoffgehalten verwendet werden als bei anderen nassen Formgebungsverfahren. Die damit verbundene niedrige Visko- sität bietet einen weiteren Vorteil. In der Regel werden Gründichten bis zu 60 % TD erzielt, selbst bei einem Feststoffanteil von 1 – 2 Vol.-%. Da das Pulver direkt aus einer stabilen Suspension heraus verfestigt wird, bietet sich die Möglichkeit, Grünkörper mit dichter, homogener Partikelanordnung über die komplette Dicke der Schicht und damit hoher mechanischer Festigkeit zu erzielen. Die Homogenität wird durch die Tatsache gefördert, dass die Partikelgeschwindigkeit bei der Abscheidung unabhängig von Korngröße oder Dichte ist und so eine Entmischung während der Formgebung verhindert wird. Die Prozesszeiten sind bei der EPD sehr kurz. Gegenüber dem Schlickerguss kann beispielsweise eine Reduktion um den Faktor 100 erreicht werden. So kommt es auch bei whiskerverstärkten Kompositen zu einem gleichmäßigen Gefüge, da die hohe Abscheidungsrate zusätzlich einem Absetzen der Whisker vorbeugt. Im Vergleich zu Schichten, die über "Dip coating" hergestellt wurden, wird eine gleichmäßigere Abscheidung, eine niedrigere Oberflächenrauigkeit und eine verbes- serte Haftung erzielt. Weitere Vorteile sind die geringe Abnutzung der Formen (Elektroden) im Vergleich zum Schlickergießen, der hohe Automatisierungsgrad, niedrige Kosten und die Kontrolle der Abscheidungsrate [129-133]. Die Einfachheit des Prozesses und die Möglichkeit, Metalle, Keramiken und Polymere abzuscheiden, eröffnet Anwendungen in der Elektrokeramik (Brennstoffzellen; Vielschicht- kondensatoren; Sensoren und Aktoren) und bei der Beschichtung metallischer Oberflächen (Coatings für die Automobilindustrie bzw. Haushaltsgeräte) [19, 127]. Im Bereich Struktur- 2.5. Grundlagen und Literaturüberblick - Kolloidale Formgebung 42 keramik wird die EPD zur Herstellung komplex geformter Laminate für Wärmeaustauscher, Düsen und Verbrennungskammern genutzt, sowie für Schichtkomposite und Gradientenwerk- stoffe. Wenn die gewünschte Dicke der ersten Schicht erreicht ist, wird die Elektrode in eine zweite Suspension getaucht bzw. die Suspensionszusammensetzung kontinuierlich verändert. Eine weitere Anwendungsmöglichkeit ist die elektrophoretische Infiltration von Faserge- weben. Sowohl Komposite mit leitfähigem als auch nichtleitendem Gewebe wurden realisiert. Im zweiten Fall wird das Gewebe vor der entsprechenden Elektrode angebracht und so infiltriert. In der Literatur wird außerdem die Herstellung keramischer Hohlfasern und das Fügen von Keramikteilen beschrieben [129, 131, 134, 135]. Aufgrund ökologischer Überlegungen stellt Wasser das bevorzugte Lösungsmittel dar, es weist jedoch auch eine Anzahl von Nachteilen auf (Tabelle 2.2), wovon hier nur zwei Aspekte näher beschrieben werden sollen [127, 129, 131, 136]. Eigenschaft wässriges Medium nichtwässriges Medium Herstellung stabiler Suspensionen einfach schwierig Theorie DLVO keine Oberflächenladung hoch bis mittel mittel bis niedrig notwendiges elektrisches Potential niedrig hoch Kosten niedrig hoch Umweltbelastung niedrig hoch Elektrodenreaktionen hoch niedrig Wasserelektrolyse hoch keine anlegbare Spannung niedrig hoch Tabelle 2.2: Vor- und Nachteile der EPD in wässrigen und nichtwässrigen Lösungsmitteln; zusammengestellt aus [137] Zum einen wird die EPD (vor allem im Wässrigen) in der Regel von Redoxreaktionen an den Elektroden begleitet, die die chemische Stabilität des Systems verändern können. Insbeson- dere beim Abscheiden auf der Kathode muss die Wahl der Anode mit Vorsicht getroffen werden, da hier ungewünschte Metallionen entstehen können. Aus diesem Grund werden die meisten Untersuchungen mit nichtreagierenden Elektroden (z.B. aus Graphit) durchgeführt. Zum anderen treten in wässrigen Suspensionen ab etwa 5 V angelegter Spannung Elektrolyse- erscheinungen auf. Dadurch verlängern sich die notwendigen Abscheidungszeiten, oder die einsetzende Gasentwicklung führt zu Blasenbildung in der abgeschiedenen Schicht. Dies kann durch die Abscheidung auf einer porösen Membran verhindert werden, die vor der Elektrode angeordnet wird. Im Vergleich zu nichtwässrigen Medien sind jedoch auch die Stromdichten höher, Joule'sche Erwärmung tritt auf, und ein Verlust der kolloidalen Stabilität ist möglich. Organische Lösungsmittel besitzen dagegen niedrigere Dielektrizitätskonstanten und bewir- 2.5. Grundlagen und Literaturüberblick - Kolloidale Formgebung 43 ken daher auf den Partikeln in der Regel eine geringere Oberflächenladung. Jedoch können wesentlich höhere Feldstärken (100 – 1000 V/cm) verwendet werden, da Erhitzung und Gas- entwicklung stark reduziert sind. Empirische Untersuchungen haben gezeigt, dass eine Dielektrizitätskonstante zwischen 12 und 25 notwendig ist, um eine Abscheidung zu gewährleisten. Das geringe Dissoziations- vermögen schränkt die Ladungsbildung auf der Partikeloberfläche unterhalb εr = 12 zu stark ein, während sich oberhalb εr = 25 eher zähflüssige Schichten bilden, die leicht von der Elektrode abrutschen. Eine Erklärung dieses Phänomens fehlt allerdings, zumal die Ab- scheidung in Wasser (εr ≈ 80) in dieser Hinsicht keine Probleme bereitet. Die Geschwindigkeit der elektrophoretischen Abscheidung kann durch Gleichung (2.28) be- schrieben werden [20, 132]. Wenn A die Elektrodenfläche ist, auf die die Masse m in der Zeit dt abgeschieden wurde, dann gilt: ∫∫ == == t 0t t 0t dt C(t)fvA dt C(t)fvA m(t) . (2.28) v stellt die durchschnittliche Geschwindigkeit der Partikel, C(t) die Partikelkonzentration in der Suspension und f den Wirkungsgrad der Abscheidung dar. Werden alle Partikel, die die Elektrode erreichen, abgeschieden (wie dies für kolloidale Suspensionen mit hohem Zeta- potential angenommen werden kann), dann ist f = 1. Setzt man weiterhin voraus, dass die Suspension homogen ist und eine Abnahme der Partikelkonzentration ausschließlich aufgrund der EPD stattfindet, kann das Gesetz der Masseerhaltung angewandt werden. Daraus folgt, dass zum Zeitpunkt t = 0 gilt: V m C(0) 0= , (2.29) und bei t = t: V m(t)) m( C(t) 0 −= . (2.30) m0 gibt die anfängliche Masse der Partikel im Schlicker und V dessen Volumen an. Setzt man diese Randbedingungen in Gleichung (2.28) ein, ergibt sich als Lösung: )e 1(m m(t) kt-0 −= (2.31) bzw. kt- 0kem dt dm = . (2.32) Die Konstante k kann durch Gleichung (2.33) ausgedrückt werden, wenn man die Gleichungen (2.25) und (2.26) zur Beschreibung von v berücksichtigt: 2.5. Grundlagen und Literaturüberblick - Kolloidale Formgebung 44 E 4V A k ⋅πη εζ⋅= . (2.33) Gleichung (2.31) zeigt, dass die Abscheidungsrate exponentiell von der Zeit und k abhängt. Bei großen Werten für k ist die anfänglich abgeschiedene Menge groß, die Abscheidungsrate sinkt dann aber schnell, wie in Abbildung 2.23 a), Kurve II dargestellt. Bei sehr kurzen Abscheidungszeiten ist der Einfluss der Konzentrationsänderung während der Abscheidung vernachlässigbar und Gleichung (2.31) geht in Gleichung (2.34) über, CAEt kt m m 0 µ== , (2.34) die als Hamaker – Gleichung bezeichnet wird. Unter der Voraussetzung, dass sowohl die Konzentration als auch die elektrischen Einstellungen während der Abscheidung erhalten bleiben, steigt die abgeschiedene Masse, wie von Hamaker postuliert, linear mit der Zeit an (Abbildung 2.23 a), Kurve I) [19, 132]. Abbildung 2.23: Einfluss der Abscheidungsparameter auf a) die abgeschiedene Masse [20] und b) die elektrische Feldstärke in Suspensionen mit großem ionischen Bei- trag zur Gesamtleitfähigkeit [138]: (I) bei konstantem Strom / konstantem Feststoffgehalt, (II) bei konstantem Strom / sinkendem Feststoffgehalt, (III) bei konstanter Spannung / konstantem Feststoffgehalt und (IV) bei konstanter Spannung / sinkendem Feststoffgehalt Genaugenommen gilt diese Herleitung zur kinetischen Beschreibung der EPD nur bei Ver- wendung einer konstanten Stromstärke [20, 129, 138]. Wird die Abscheidung bei konstanter Spannung durchgeführt, so ist ein zeitlicher Abfall der Stromstärke und des elektrischen Feldes zu beobachten. Damit verbunden ist eine mit der Zeit veränderliche Wanderungs- 2.5. Grundlagen und Literaturüberblick - Kolloidale Formgebung 45 geschwindigkeit v(t), die in Gleichung (2.28) mit einzubeziehen ist und ein Absinken der abgeschiedene Masse mit der Zeit hervorruft (Abbildung 2.23 a), Kurve III und IV). Der auftretende Stromstärkeabfall ist auf ein Absinken der Gesamtleitfähigkeit des Systems zurückzuführen. Zum einen spielt dabei die ionische Leitfähigkeit in der abgeschiedenen Schicht eine Rolle, zum anderen die Beiträge von Ionen und Partikeln zur Leitfähigkeit der Suspension. Die Gesamtleitfähigkeit stellt eine Überlagerung dieser drei Leitfähigkeitsanteile dar, je nach Schlickersystem dominiert in der Regel jedoch einer der Beiträge. Vandeperre et al. [138] beispielweise untersuchten SiC – Suspensionen, bei denen der durch die abge- schiedene Schicht eingebrachte Widerstand vernachlässigt werden kann. Hier ist der Beitrag des Pulvers zur Leitfähigkeit der Suspension entscheidend. Beim Abscheiden der Partikel sinkt der Feststoffgehalt der Suspension und damit dessen Leitfähigkeitsbeitrag sowie die mit der Zeit abgeschiedene Masse. Überwiegt dagegen der Anteil der ionischen Leitfähigkeit an der Leitfähigkeit des Schlickers (Abbildung 2.23 b)), so bleibt das elektrische Feld auch für konstante Spannungen zeitlich konstant, und Gleichung (2.31) kann angewandt werden. 2.5.4. Literaturübersicht zur zentrifugalen und elektrophoretischen Abscheidung von SiC und AlN Die Grundlagen der zentrifugalen Abscheidung wurden vor allem an den Systemen Al2O3 und ZrO2 erforscht. Aus SiC – und AlN – Suspensionen wurden nach der Literatur bisher keine Schichten über dieses Verfahren abgeschieden. Die Untersuchungen zur EPD von SiC und AlN sind in Tabelle 2.3 und Tabelle 2.4 auf der nächsten Seite zusammengefasst, die die Zusammensetzungen der verwendeten Schlicker sowie die Maße der Zellen und die elektrischen Daten wiedergeben. Alle Abscheidungen wurden mit einer konstanten Spannung und einer begrenzten Schlickermenge durchgeführt. In [128, 131-133, 138-141] fand die Abscheidung simultan mit anderen Materialien bzw. den Sinteradditiven (in Klammern angegeben) statt. 2.5. Grundlagen und Literaturüberblick - Kolloidale Formgebung 46 Quelle Pulver Lösungsmittel / Dispergatoren Feststoff sΨ [133, 138, 139] SiC, (C) Aceton / n-BA 3 Vol.-% – [142, 143] SiC Aceton / n-BA / Isopropanol ≤ 3 Vol.-% – [139] SiC, (C, B4C) Butanol + [131] SiC Ethanol / Ameisensäure 2,7 Vol.-% + [134]] SiC Ethanol / PEI (MW25000) : Wasser ≤ 10 Vol.-% [127] SiC Ethanol / AlCl3⋅H2O / Wasser 2,7 Vol.-% + [140] SiC, (C) Aceton / n-BA 3,3 Vol.-% [132] SiCw, TZP Al(OC3H7)3-Sol / Isopropanol/Methanol + [128] SiCw, Al2O3 Isopropanol / rauchende Salpetersäure ≤ 9,1 Vol.-% [135] SiC Ethanol / Acrylsäure-Acrylat-Copolymer 10 Vol.-% [133, 141] AlN, (Y2O3) Ethanol / CA / TEA ≤ 28 Vol.-% [136] AlN Ethanol / PAA / TEA 17 Vol.-% [144] AlN Ethanol / Essigsäure 1,2 Vol.-% + Tabelle 2.3: Rezepturen der in der Literatur verwendeten EPD – Schlicker Elektrode elektrische Einstellungen Quelle Material Abstand Fläche U bzw. E Zeit [131, 138, 139] Edelstahl 3,5 cm 9 cm2 145 – 360 V ≤ 40 min [142, 143] Graphit + Edelstahl 145 – 310 V 10 min [139] 672 V/cm 5 min [131] 100 V/cm [134] C-Gewebe + Platin 2 cm 12,6 cm2 150 V ≤ 3 min [127] Graphit 3,3 cm 15 cm2 33 V 5 min [140] Metallisiertes SiC / Si3N4 0,64 cm ~ 1,6 cm2 5 – 20 V [132] Kohlenstoff 2,5 cm 20 – 200 V [128] Graphit + Edelstahl 2,85 cm 11,7 cm2 25 – 100 V 1 min [135] Graphit + Edelstahl 3,5 cm 25 V ≤ 2 min [133, 141] Platin 3 cm 12,6 cm2 120 V ≤ 60 min [136] Platin 2 cm 12,6 cm2 [144] 310 V 5 min Tabelle 2.4: Abscheidungsparameter der in der Literatur verwendeten EPD – Schlicker 3. Experimentelle Darstellung 47 3. Experimentelle Darstellung 3.1. Pulvercharakterisierung Die zur Probenherstellung eingesetzten, kommerziell erhältlichen SiC – , AlN – und Y2O3 – Pulver und deren Charakteristika sind in Tabelle 3.1 aufgelistet. Pulver Spezifikation mittlere Korngröße spezifische Oberfläche Sauerstoffgehalt (µm)* (m2/g)° (Gew.-%)° β-SiC Grade BF 12 1,0 11,4 1,20 α-SiC Grade A 10 0,9 14,8 0,85 AlN Grade C 1,5 4,6 1,4 – 1,6 Y2O3 Grade C 1,3 14,1 Tabelle 3.1: Analyse der Ausgangsmaterialien; ° Angaben des Herstellers (H.C. Starck), * Daten aus der Lasergranulometrie (Mastersizer 2000, Malvern Instruments) Der Sauerstoff ist als dünne SiO2 – Schicht auf der Oberfläche der SiC – Partikel gebunden. Zu der Frage, ob die Oberfläche von AlN mit einer Oxid- oder Oxynitridschicht bedeckt ist, gibt es in der Literatur deutliche Diskrepanzen. Kameshima und Saito [145, 146] wiesen mittels Augerelektronenspektroskopie und Röntgen – Photoelektronen – Spektroskopie (XPS) erstmals Stickstoff auf der Pulveroberfläche nach. Die Sauerstoffmenge an der Oberfläche ist jedoch wesentlich größer [78]. Es kann also von der Anwesenheit von Hydroxyl- sowie Amingruppen ausgegangen werden (Abbildung 3.1). Abbildung 3.1: Modell der Oberfläche von AlN – Pulver Die Oberflächenschichten, die an Luft z.T. hydrolysiert werden, bestimmen das kolloidale Verhalten der Pulverteilchen. Die Oberflächenreaktionen bei SiC und Y2O3 in wässriger Lösung folgen Gleichung (2.10). Wie sich aus den Zetapotential – Daten in Abbildung 3.2 ab- leiten lässt, kommt es bei steigendem pH – Wert zur Bildung negativer −MO – Gruppen auf der Oberfläche. Da die Hydroxylgruppen einfacher deprotoniert als protoniert werden, sind höhere Plateauwerte im basischen Bereich als im sauren Bereich, wie sie für beide Pulver- 3. Experimentelle Darstellung 48 arten gemessen werden, für Hydroxylterminierte Oberflächen charakteristisch. Der IEP von Y2O3 liegt bei pH 8,9, der von SiC zwischen pH 4,5 und pH 4,8. Der Unterschied zwischen den beiden SiC – Modifikationen wird durch den höheren Sauerstoffgehalt des β-SiC be- stimmt. Dieser wirkt sich auch auf den weiteren Potentialverlauf aus, in dem die Plateauwerte etwas höher sind. Die Abhängigkeit der Oberflächenladung des AlN vom pH – Wert zeigt demgegenüber ein deutlich abweichendes Verhalten. Der IEP befindet sich bei pH 9,8, und auf der sauren pH – Seite sind hohe Plateauwerte um 65 mV zu beobachten. Das Zetapotential im basischen Bereich ist deutlich geringer. Dies deutet darauf hin, dass die NH2 – Gruppen, und nicht die Hydroxylgruppen, das Oberflächenverhalten der AlN – Partikel dominieren. Abbildung 3.2: pH – Profil des Zetapotentials der Ausgangspulver in wässrigem Medium Es ist folglich notwendig, die Oberflächenpotentiale der Ausgangsmaterialien im jeweiligen Lösungsmittel so aneinander anzugleichen, dass sie gemeinsam eine stabile Suspension bilden und bei der EPD simultan abgeschieden werden können. 3.2. Untersuchungen zum Hydrolyseverhalten von AlN Aus Gleichung (2.18) ergeben sich grundsätzlich zwei Möglichkeiten zur Kontrolle des Hydrolyseverhaltens: (1) die Aufzeichnung der pH – Wert – Änderung einer Messsuspension mit der Zeit und (2) die Bestimmung des steigenden Oxid- bzw. Hydroxidgehaltes über die -75 -50 -25 0 25 50 75 Ze ta po te nt ia li n m V 2 4 6 8 10 12 pH - Wert α-SiC β-SiC + AlN Y2O3 3. Experimentelle Darstellung 49 Sauerstoffmessung bzw. röntgenographische Phasenanalyse an den aus der Messsuspension rückgewonnenen und getrockneten Pulvern. 3.2.1. pH – Messung Für die Hydrolysetests wurde ein Ansatz aus 2,5 g Pulver und 50 g destilliertem Wasser hergestellt, 2 min mit Ultraschall behandelt und die Additive zum AlN – Schutz (siehe auch Tabelle 3.2) zugegeben. Die pH – Messung der Suspension, die mit einem Magnetrührer in Bewegung gehalten wurde, erfolgte mittels eines pH – Meters (pH 535 MultiCal, WTW) über eine Zeitdauer von bis zu 5 Tagen. 3.2.2. Chemische Analyse Zu definierten Zeitpunkten wurden der Messsuspension aus Abschnitt 3.2.1. Proben zur Sauerstoffbestimmung entnommen, mit Isopropanol versetzt, abfiltriert und im Umluft- trockenschrank bei 65 °C getrocknet. Traten keine weiteren Masseänderungen auf, wurden die getrockneten Pulverproben mit dem Mörser verfeinert und in luftdichte Behälter verpackt. Der quantitative Nachweis von Sauerstoff und Stickstoff erfolgte durch das Heißgasextrak- tionsverfahren (TC-436 DR, LECO Instruments). Bei dieser Technik wird das AlN in einem graphitbeheizten Ofen bei 2700 °C zersetzt. Dabei reagiert der als Oxid, Hydroxid oder Oxy- nitrid vorliegende Sauerstoff mit dem in der Metallschmelze (C – und Ni – Zuschlag) gelösten Kohlenstoff zu CO, das durch das heiße Inertträgergas (Stickstoff) in einen Katalyseofen transportiert wird. Hier oxidiert das CO bei 600 °C im Kontakt mit Kupfer(II)oxid zu CO2, dessen Anteil sich in einer Infrarotabsorptionszelle mit einem relativen Fehler < 1 % be- stimmen lässt. Die erhaltenen Werte wurden auszugsweise mit Daten aus der Elementaranalyse (CHN, vario EL, Elementar Analysesysteme) und der Kohlenstoff – Wasser – Analyse (CWA 5003, Rose- mount Analytical) verglichen und ergänzt. Bei der Verwendung von Glycerin als Additiv ist so eine Unterscheidung des Sauerstoffes, der durch adsorbiertes Additiv eingebracht wurde, und des durch die Hydrolyse ansteigenden Sauerstoffgehaltes möglich. 3.2.3. Röntgenographische Untersuchungen Für die röntgenographische Phasenanalyse wurde ein automatisches Röntgendiffraktometer (D5000, Siemens) mit ortsempfindlichem Detektor (8 ° Akzeptanzwinkel), Cu – Röhre und Ni – Filter (λCu Kα = 0,1546 nm) verwendet. Die Schrittweite betrug 2θ = 0,02 °, der erfasste Winkelbereich 10 ° ≤ 2θ ≤ 80 ° und die effektive Zählzeit pro Messpunkt 10 s. Aus den auf- genommenen Diffraktogrammen wurden mit Hilfe der Computersoftware EVA die in den 3. Experimentelle Darstellung 50 Proben enthaltenen kristallinen Phasen bestimmt. Die Nachweisgrenze liegt im vorliegenden Fall bei ca. 2 Vol.-%. 3.2.4. Bestimmung der spezifischen Oberfläche Die spezifische Oberfläche der gegen Hydrolyse stabilisierten Pulver wurde mittels Stick- stoffadsorption nach der Mehrpunkt – BET – Methode (Gemini, Micromeritics) ermittelt. Hierzu werden verschiedene Ar / N2 – Gasgemische mit bekanntem Verhältnis in der mit flüssigem Stickstoff gekühlten Messkammer über das Pulver geleitet und die Wärmeleitfähig- keit des Restgases bestimmt. Hieraus lässt sich die Konzentration an Stickstoff nach der Adsorption berechnen. Bei Annahme einer monomolekularen Schicht von adsorbiertem Stick- stoff erhält man durch Auftragung des relativen Stickstoffdruckes p/p0 über (Vads(p0/p-1))-1 aus Steigung und Achsenabschnitt der BET – Geraden die spezifische Oberfläche des ge- messenen Pulvers. Vads beschreibt dabei die Menge des adsorbierten Stickstoffs. Vor den Messungen wurde das Pulver für 24 h bei 80 °C ausgeheizt, um an der Oberfläche physisorbiertes Wasser zu eliminieren. 3.3. Schlickerherstellung und -charakterisierung Tabelle 3.2 zeigt die im Rahmen dieser Arbeit verwendeten Lösungsmittel, Additive zum Schutz des AlN vor Hydrolyse, Dispergatoren und Binder. Zum Ansetzen der Kieselsäure wurden 5 g wasserfreie Kieselsäure in 100 ml destilliertem Wasser für 1 h gekocht und an- schließend abfiltriert, um ungelöstes Material zu entfernen. 3.3.1. Schlickerherstellung Für die Suspensionen wurden Binder und gegebenenfalls Additiv zum Hydrolyseschutz im Lösungsmittel gelöst und die eingewogenen Pulvermischungen zugegeben. Die mittels Magnetrührer gemischten Schlicker wurden nun zur Deagglomeration der Partikel 2 min mit Ultraschall behandelt; abschließend wurden die Dispergatoren zugefügt. Die einzelnen Formgebungsverfahren stellen unterschiedliche Anforderungen an die Zusam- mensetzung der Schlicker (siehe auch Abschnitt 2.5.2. und 2.5.3.). Für die EPD wurden Schlicker mit einem Feststoffanteil von 5 Vol.-% hergestellt. Bei größeren Feststoffgehalten ist vor allem bei den SiC – Schlickern der Anteil der durch "Dip coating" ungewollt aufge- brachten Beschichtung nicht mehr vernachlässigbar. Die zur Abscheidung notwendigen hohen Oberflächenpotentiale wurden durch TEA bzw. BA (1,5 mg/m2) und / oder CA (in der Regel 0,65 mg/m2 Feststoff) erzielt. Bei der zentrifugalen Abscheidung wurden schwach stabilisierte Schlicker angestrebt, wobei der Feststoffgehalt ebenfalls bei 5 Vol.-% lag. Der Schutz des 3. Experimentelle Darstellung 51 AlN gegenüber Hydrolyse hat in den wässrigen Suspensionen jedoch einen starken Einfluss auf die erforderliche Dispergatormenge, wie in den Abschnitten 4.1.1.3. und 4.1.2.1. näher erläutert wird. Der Arbeitspunkt der wässrigen Suspensionen lag in der Regel bei pH 5. Bei den nichtwässrigen AlN – Schlickern wurde das Potential in DEF durch Zugabe von 0,4 mol/l Fructose und einen hohen CA – Gehalt von 30 mg/m2 eingestellt. Zusätzlich wurde für AlN ein reiner MEK – Schlicker und für SiC ein Ansatz aus Aceton / BA mit vergleichsweise hohem Bindergehalt verwendet. In den organischen Lösungsmitteln wurde PVB als Binder eingesetzt, in den wässrigen Suspensionen PVA. Abkürzung Hersteller Spezifikation Lösungsmittel Wasser Ethanol Merck vergällt, > 99,5 % 2-Propanol Merck reinst Aceton Merck p.a. Ethylmethylketon MEK Merck p.a., > 99,5 % N, N - Dimethylformamid DMF Merck p.a. > 99,8 % N, N - Diethylformamid DEF Merck synth. > 99 % Hydrolyseschutz Glycerin Merck etwa 87 %, reinst Triammoniumcitrat TAC Fluka wasserfrei, >98 % Dolapix Zschimmer & Schwarz PC 33 Salzsäure HCl Merck Titrisol Oxalsäure Fluka wasserfrei, p.a., > 99 % Kieselsäure KS Riedel de Haën wasserfrei, rein Citronensäure Monohydrat CA Merck kristallin, reinst Polyacrylsäure PAA Aldrich MW ca. 2000 Dispergatoren Fructose flarom Citronensäure Monohydrat CA Merck kristallin, reinst 1 - Butylamin BA Aldrich 99,5 % Triethylamin TEA Fluka p.a. > 99,5 % Binder Polyvinylalkohol PVA Hoechst Mowiol 4-88 Polyvinylbutyral PVB Clariant Mowital B45 H Tabelle 3.2: Bezugsquelle und Spezifikation der verwendeten Lösungsmittel und oberflächen- aktiven Substanzen 3. Experimentelle Darstellung 52 3.3.2. Schlickercharakterisierung Zur direkten Charakterisierung der Suspensionen wurden Zetapotential – Messungen durch- geführt. Ergänzende Informationen konnten durch indirekte Charakterisierungsmethoden wie die Analyse der Korngrößenverteilung und Sedimentationsversuche gewonnen werden. 3.3.2.1. Zetapotential – Messung Zur Bestimmung des Zetapotentials (Zetasizer 3000 HSA, Malvern Instruments) mussten die angesetzten Suspensionen mit einer speziellen Messlösung von ursprünglich 1,5 Vol.-% auf 0,0005 Vol.-% verdünnt werden. In wässrigen Systemen dient eine Mischung aus Reinwasser (Millipore, 0,22 µm Filter, Leitfähigkeit < 1,3 µS/cm bei 25 °C) plus 10-3 mol/l KNO3 als Messlösung, in nichtwässrigen wurde das jeweilige Lösungsmittel mit KNO3 versetzt. Der Hintergrundelektrolyt schließt dabei störende Messeffekte durch Pulververunreinigungen aus, ohne die Differenz zwischen Zetapotential und Stern – Potential zu stark zu vergrößern. Zur Erstellung von pH – Profilen wurden 0,25 m HCl und 0,25 m KOH verwendet. Die beiden Zusätze verhalten sich indifferent und lagern sich nicht an der Pulveroberfläche an. Somit haben sie keinen Einfluss auf den IEP, sondern bewirken lediglich eine Erhöhung bzw. Erniedrigung der Oberflächenladung durch die Verschiebung des pH – Wertes. Während der Titration wird simultan zur Partikelgeschwindigkeit die elektrische Leitfähigkeit der Mess- suspension aufgezeichnet. So sind indirekte Aussagen über die Ionenstärke und damit die Reichweite des abstoßenden Potentials möglich. Dies ist vor allem für die Herstellung schwach flockulierter Schlicker von Bedeutung. Bei wässrigen Medien erfolgt die Umrechnung der Partikelgeschwindigkeit ins Zetapotential über die Helmholtz – Smoluchowski – Gleichung (2.26), während in nichtwässrigen Suspen- sionen κr kleiner und deshalb die Debye – Hückel – Gleichung (2.27) anzuwenden ist. 3.3.2.2. Korngrößenanalyse Der mittlere Teilchendurchmesser sowie die Teilchengrößenverteilung wurden mit Hilfe eines Lasergranulometers (Mastersizer 2000, Malvern Instruments) bestimmt. Die Pulver werden hierbei im jeweiligen Lösungsmittel (gegebenenfalls mit Dispergatoren) unter Ultraschall dispergiert und durch eine Küvette gepumpt. Aus Streuwinkel und Streulichtintensität des Laserstrahles wird nach der Fraunhofer – Theorie die Partikelverteilung ermittelt. 3.3.2.3. Standversuche Um den Einfluss der verwendeten Chemikalien auf die kolloidale Stabilität der Schlicker zu beurteilen, wurden Sedimentationsexperimente durchgeführt. Dazu wurde ein Feststoffgehalt 3. Experimentelle Darstellung 53 von 1,5 Vol.-% verwendet, wobei die zugesetzten Mengen an Hydrolyseschutz bzw. Dispergator den Verhältnissen der für die Formgebungsverfahren verwendeten Suspensionen entsprachen. Füllt man die Schlicker nun in Standzylinder und verschließt diese, um eine Verdunstung des flüssigen Mediums auszuschließen, so ist eine visuelle Beobachtung der Absinkfront zwischen der reinen Flüssigkeit und der restlichen Aufschlämmung möglich. Am Boden des Zylinders bildet sich mit der Zeit eine Sedimentschicht, deren Volumen abgelesen werden kann. Während eines Standversuches wurden sowohl Änderungen der Grenzen zwischen unter- schiedlichen Trübungszonen protokolliert als auch in bestimmten Zeitintervallen mit einer Fotokamera Bilder aufgenommen. 3.4. Grünkörperherstellung der SiC – und AlN – Bulkproben Die Zusammensetzung der einzelnen Schichten (Additivmenge und Phasenanteil) hat einen großen Einfluss auf Gefüge und Sekundärphasenanteil und somit auch auf das Sinterverhalten der Schichtkomposite. Zur Evaluierung einer geeigneten Schichtkombination wurden daher Dilatometer- und Ausdehnungsuntersuchungen an den Bulkproben der in Tabelle 3.3 aufge- führten Pulvermischungen unternommen. Pulver Additivsystem Additivgehalt AlN : Y2O3 α-SiC : β-SiC (Vol.-%) (Mol-%) (Mol-%) AlN2 Y2O3 1,3 AlN5 Y2O3 3,3 AlN8 Y2O3 5,3 SiC P9αβ AlN : Y2O3 10 80 : 20 10 : 90 SiC P21αβ AlN : Y2O3 10 40 : 60 10 : 90 SiC P24αβ AlN : Y2O3 8 60 : 40 10 : 90 SiC P25αβ AlN : Y2O3 7 60 : 40 10 : 90 SiC P26αβ AlN : Y2O3 10 60 : 40 4 : 96 SiC P6αβ AlN : Y2O3 10 60 : 40 10 : 90 SiC P6α AlN : Y2O3 10 60 : 40 100 : 0 Tabelle 3.3: Zusammensetzung der hergestellten Pulvermischungen Nach Einwiegen der Komponenten wurden die Pulvermischungen in Isopropanol unter Verwendung von Al2O3 – Mahlkugeln für die AlN – Versätze und Si3N4 – Mahlkugeln für SiC – Mischungen in einem wassergekühlten Polyamidbehälter bei 1000 U/min 4 h attritiert. Der Schlicker wurde über ein Feinsieb (Maschenweite 32 µm) von den Mahlkugeln getrennt und anschließend das Lösungsmittel in einem Rotationsverdampfer bei einer Wasserbad- temperatur von 65 °C abdestilliert. Nach vollständiger Trocknung der Pulver im Trocken- 3. Experimentelle Darstellung 54 schrank wurden diese nochmals gesiebt (Maschenweite 100 µm), um größere Agglomerate zu zerstören. Das Pulver wurde nun in Kautschukformen eingerüttelt und anschließend bei 640 MPa in einer hydraulischen Presse (KIP 100E, Weber) kaltisostatisch verpresst. 3.5. Grünkörperherstellung der Schichtkomposite 3.5.1. Zentrifugale Abscheidung Die Abscheidung sowohl wässriger als auch nichtwässriger Suspensionen in der Zentrifuge (Megafuge 1.0, Heraeus Instruments) erfolgte bei einer Geschwindigkeit von 3100 U/min, d.h. umgerechnet 2000 g Beschleunigung. Nach 5 min wurde der Rotor gestoppt, die nächste Suspension über eine Öffnung im Deckel der Rotorbehälter eingespritzt und erneut zentri- fugiert. Zur einfacheren Handhabung der Probengefäße wurde ein spezieller Aufbau nach Abbildung 3.3 zur Abscheidung eingesetzt. Abbildung 3.3: Aufbau der Probengefäße zur zentrifugalen Abscheidung Während der Zentrifugation liegen die Probengefäße bei der Verwendung eines Ausschwing- rotors in der Waagrechten, und die Partikel werden als Scheibe (∅ 6 cm) auf der Glasplatte (2) abgeschieden. Der Zentrifugenraum ist über eine Teflondichtung (3) vor dem Austreten von Flüssigkeit geschützt. Nach Erreichen der gewünschten Schichtanzahl wird der flüssige Überstand abgegossen, die Probengefäße durch Lösen des Glasrohres (4) aus dem Schraub- deckel (1) geöffnet und die Probe entfernt. Nach dem Trocknen kann die abgeschiedene Schicht von der Glasunterlage gelöst werden. 3.5.2. Elektrophoretische Abscheidung Der Versuchsaufbau für die EPD ist in Abbildung 3.4 schematisch dargestellt. Die platten- förmigen Graphitelektroden (18 cm2 × ~ 0,1 cm) werden mit Krokodilklemmen an eine Spannungsquelle (Elektro-Automatik EA-HV 5006-400) angeschlossen und mittels einer 3. Experimentelle Darstellung 55 Hebebühne in ein Becherglas mit der Suspension eingetaucht. Vandeperre et al. [131] haben beschrieben, dass ein Rühren der Suspension während der Abscheidung die Aufrauung der Oberflächen verhindert. Nach dem Abscheidungsprozess wird das Becherglas abgesenkt, die Elektroden abgeklemmt und zum Trocknen ausgelegt. Die getrocknete Schicht kann von der Elektrode gelöst werden. Abbildung 3.4: Versuchsaufbau für die elektrophoretische Abscheidung [25] Zur Abscheidung der Schichtkomposite wurde ein kleiner Industrieroboter (Industry Robots 30408, Fischertechnik) verwendet, der die Elektroden zwischen zwei Bechergläsern mit den entsprechenden Suspensionen hin und her bewegt. Um Elektrolyseerscheinungen, die beim Arbeiten in wässrigen Suspensionen auftreten, zu umgehen, wurden in dieser Arbeit lediglich nichtwässrige Medien verwendet. Die Elektroden tauchen in einem Abstand von 2 – 2,5 cm in den Schlicker ein. Die Spannungsquelle liefert eine konstante Spannung bis 600 V, wobei der fließende Strom über ein Strommessgerät abgelesen werden kann. 3.5.3. Trocknen und Ausbrennen Die Grünlinge aus wässrigen Suspensionen wurden in der Regel in den Umlufttrockenschrank gelegt, während die "nichtwässrigen" Proben aufgrund der niedrigeren Verdampfungstempe- ratur an Luft getrocknet werden mussten, um eine starke Rissbildung zu vermeiden. 3. Experimentelle Darstellung 56 Zur Entfernung der organischen Zusätze, ohne die Haftung zwischen den Schichten zu beein- trächtigen, wurden die Proben in einem Ofen (Nabertherm L5/S27) mit 10 K/h langsam auf 500 °C aufgeheizt und 2h gehalten. 3.6. Verdichtung der Bulk- und Schichtproben Die Grünkörper wurden für den Sintervorgang in einen Bornitridtiegel mit Deckel gegeben und in den graphitbeheizten Ofen eingesetzt. Die Verdichtung erfolgte in einer Gasdruck- sinteranlage (F 8205, FCT Anlagenbau) unter Stickstoffatmosphäre. Vor Beginn des Sinter- programms wurde durch mehrmaliges Evakuieren und Spülen mit Stickstoff der Sauerstoff aus dem Ofenraum entfernt. Bis 1100 °C fand die Aufheizung unter Vakuum statt, um Rest- feuchtigkeit im Grünkörper auszugasen. Zur Unterdrückung der thermische Zersetzung des AlN wurde dann mit 0,1 MPa Stickstoffüberdruck gearbeitet. Der Sinterofen wird bis 400 °C über ein Leistungsprogramm geregelt, darüber steuert ein Pyrometer den Ofen. Die Sinterung wurde gemäß Abbildung 3.5 durchgeführt, wobei die Haltezeit bei 1500 °C zur Homogenisierung der sich bildenden Flüssigphase dient. Die voll- ständige Verdichtung findet in der 60 – minütigen Haltezeit bei der jeweiligen Sinter- temperatur statt. Um ein Abplatzen der einzelnen Schichten aufgrund der unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten zu verhindern, wurden die Proben mit 5 K/min bis 1500 °C und anschließend mit 10 K/min abgekühlt. Abbildung 3.5: Sinterprogramm zur Herstellung der Bulk- und Schichtproben 0 500 1000 1500 2000 60 min Vakuum bis 1100 °C 20 K/min 10 K/min 0,1 MPa N 2 Überdruck, beginnend bei 1100 °C 1850 - 2050 °C 30 min 5 K/min 10 K/min Te m pe ra tu r i n °C Zeit in min 3. Experimentelle Darstellung 57 3.7. Probenbezeichnung Die Probenbezeichnung der Schichtproben besteht aus zwei Teilen: Der erste zeigt die Form- gebungsart (Z, E) an, der zweite das Lösungsmittel (W, NW) und die Schichtkombination. Z W1 beispielsweise beschreibt eine in wässriger Suspension zentrifugierte Probe mit einer Schichtkombination aus AlN2 und SiC P6α. 3.8. Charakterisierungsmethoden 3.8.1. Charakterisierung der Grünkörper 3.8.1.1. Bestimmung der Gründichte Die Probendichte wurde nach der Quecksilberauftriebsmethode ermittelt und ergibt sich zu f m m Hg Hg tr ⋅ρ⋅=ρ , (3.1) wobei mtr das Gewicht an Luft und mHg das Gewicht in Quecksilber darstellen. Die Quecksilberdichte ρHg und der Korrekturfaktor f in Gleichung (3.1) betragen bei 25,6 °C 13,5325 g/cm3 und 1,015. Die relative Dichte ρrel berechnet sich nun nach Gleichung (3.2) aus dem Quotienten von ρ und der TD ρth: ∑ ⋅ρ⋅ρ=⋅ρρ=ρ i iithrel 100 m 001 . (3.2) Die TD wird hierbei über die Mischungsregel aus den Dichten ρi und Masseanteilen mi der eingewogenen Komponenten berechnet. Damit wird vorausgesetzt, dass sich die Dichte der während des Sinterns gebildeten Phasen additiv aus den Dichten der Einzelkomponenten zusammensetzt. 3.8.1.2. Schichtdickenmessung Die Dicke der Schichten aus den EPD – Vorversuchen wurde mittels einer Bügelmess- schraube (1 µm Ablesegenauigkeit) bestimmt. Dazu wurde zuerst die Elektrode zusammen mit der an ihr haftenden Schicht an mindestens fünf Stellen gemessen und dann die Dicke der jeweiligen Elektrode subtrahiert. 3.8.2. Charakterisierung der SiC – und AlN – Bulkproben 3.8.2.1. Ausdehnungsverhalten Die Längenänderung der Proben (gesintert, 100 % TD, h = b = 5 mm und l = 10 mm) wurde mit Hilfe eines Differentialdilatometers (DIL 802, Bähr) im Vergleich zu einer Al2O3 – 3. Experimentelle Darstellung 58 Referenzprobe untersucht. Die Messung erfolgte im Temperaturbereich zwischen RT und 1550 °C unter Argonatmosphäre und einer Aufheizrate von 5 K/min. 3.8.2.2. Sinterdilatometrische Untersuchungen Für die Schrumpfungsexperimente wurde ein vertikales Absolutdilatometer (Abbildung 3.6) direkt in den Unterstempel der Gasdrucksinteranlage eingesetzt. Der auftretende relative Feh- ler liegt bei dieser Anordnung bei ≤ 1 % und wird bei weitem durch die Möglichkeit aufgewogen, unter Sinterbedingungen messen zu können. Für die Untersuchungen wurden zylinderförmige Formkörper (∅ 9 mm, h = 12 – 14 mm) verwendet und durch die Verschlussschraube auf dem Mess- dorn fixiert. Die Längenschrumpfung der Probe wird nun auf einen induktiven Wegaufnehmer übertragen und zum Computer weitergeleitet. Simultan zur Schrumpfung werden Ofentemperatur, Druck und Sinterrate aufgezeichnet. Abbildung 3.6: BN – Dilatometer 3.8.3. Charakterisierung der Schichtkomposite 3.8.3.1. Keramographie und qualitative Phasenanalyse Für rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen wurden die gesinterten Proben zunächst in Epoxidharz (Epofix, Struers) kalt eingebettet und mit einer automatischen Schleif- und Poliermaschine (Abramin, Struers) präpariert. Aufgrund des unterschiedlichen Polierver- haltens der beiden Grundmaterialien kam es anfangs zu Schwierigkeiten. SiC benötigt zur Politur im Allgemeinen harte Tücher mit Diamantsuspension, während AlN unter diesen Bedingungen sehr stark zu Kornausbrüchen neigt. Als keramographische Präparationstechnik bewährte sich folgende Sequenz: Nassschleifen auf SiC – Papier, Polieren mit Diamantpaste der Körnungen 6 µm und 3 µm und abschließendes Reliefpolieren mit weichem Tuch und Mastermet - Suspension (OP Chem, pH 9,8, Bühler). Die nichtleitenden Materialien wurden danach mit Platin beschichtet, um elektrische Aufladungen zu vermeiden. Für die qualitative Phasenanalyse stand ein hochauflösendes Rasterelektronenmikroskop (DSM 982 GEMINI, Zeiss) mit thermischem Schottky – Feldemitter und einem energie- dispersiven Röntgenspektrometer zur EDX – Mikroanalyse (INCA 300, Oxford Instruments) zur Verfügung. Bei einer Eindringtiefe von etwa 1 µm ist dabei eine Elementanalyse von Körnern ≥ 1 µm2 möglich. 4.1. Ergebnisse und Diskussion - Wässrige Schlickersysteme 59 4. Darstellung und Diskussion der Ergebnisse 4.1. Wässrige Schlickersysteme 4.1.1. Hydrolyseverhalten von AlN – Pulver Die chemische Stabilität des AlN in Abhängigkeit von oberflächenaktiven Additiven wird in den Abbildungen 4.2 – 4.10 beschrieben. Die Reaktion des AlN mit destilliertem Wasser bei RT setzt sofort ein, wobei der Sauerstoffgehalt linear mit einer Steigung von m = 1,2 Gew.-% pro Stunde anwächst (Abbildung 4.1). Abbildung 4.1: Auslagerung von AlN – Pulver; Sauerstoffanstieg in H2O 4.1.1.1. Einfluss von Glycerin Bei der Zugabe von 5 Gew.-% Glycerin zur AlN – Suspension (bezogen auf das Lösungs- mittel) zeigt sich nach einer Stunde ein Anstieg des Sauerstoffgehaltes auf 10 Gew.-% (Abbildung 4.2). Dieser Wert sinkt dann zunächst und beginnt nach etwa 5 h wieder anzu- steigen. Der Stickstoffgehalt weist sowohl bei der HGE (Abbildung 4.2) als auch bei der Elementaranalyse (Tabelle 4.1) ein gegenläufiges Verhalten auf, während der Kohlenstoff- und Wasserstoffgehalt in den ersten 5 h parallel zum Sauerstoffgehalt sinken. Auslagerungszeit (h) Kohlenstoff (Gew.-%) Wasserstoff (Gew.-%) Stickstoff (Gew.-%) 0 6,8 1,8 25,3 1 5,6 1,5 26,2 3 0,9 0,6 33,2 4,5 0,7 0,3 32,2 Tabelle 4.1: Daten der Elementaranalyse (CHN); Glycerin als Hydrolyseschutz m = 1,2 0 5 10 15 20 25 30 0 5 10 15 20 Auslagerungszeit in h Sa ue rs to ffa ns tie g in G ew .-% destilliertes Wasser 4.1. Ergebnisse und Diskussion - Wässrige Schlickersysteme 60 Abbildung 4.2: Analysenergebnisse des Heißgasextraktionsverfahrens (HGE); Glycerin als Hydrolyseschutz Diese zeitliche Entwicklung der Elementanteile macht deutlich, dass neben der Hydrolyse- reaktion ein weiterer Effekt auftritt, der mit der Adsorption des Glycerins in Zusammenhang steht. Mittels HGE kann folglich nur der Gesamtsauerstoffgehalt der Probe (Abbildung 4.2 und Abbildung 4.3, schwarze Kurve) direkt bestimmt werden. Der Anteil des Sauerstoffs, der durch die Adsorption des Glycerins eingebracht wird, ist indirekt aus dem in Elementar- analyse bzw. Kohlenstoff – Wasser – Analyse gemessenen Kohlenstoffgehalt zu berechnen (vgl. Abschnitt 3.2.2). Hieraus erhält man die Menge an adsorbiertem Glycerin und durch Glycerin eingebrachtem Sauerstoff (Abbildung 4.3, graue Kurve). Abbildung 4.3: Sauerstoffgehalt der Gesamtprobe und des adsorbierten Glycerins 0 10 20 30 0 1 2 3 4 5 6 7 Auslagerungszeit in h G eh al t i n G ew .-% Stickstoff Sauerstoff 0 5 10 15 0 1 2 3 4 5 6 7 Auslagerungszeit in h Sa ue rs to ffg eh al t i n G ew .-% Gesamtsauerstoffgehalt Sauerstoffgehalt durch Glycerin 4.1. Ergebnisse und Diskussion - Wässrige Schlickersysteme 61 Zu Beginn des Hydrolysetests ist die Oberfläche mit Glycerin belegt. Mit zunehmender Aus- lagerungsdauer wird der physikalisch gebundene Teil des Glycerins wieder gelöst, weshalb der Kohlenstoffgehalt auf der Oberfläche sinkt, und entsprechend ein steigender Stickstoff- gehalt und damit AlN – Anteil detektiert wird. Die Differenz zwischen Gesamtsauerstoffgehalt und dem durch Glycerin aufgebrachten Anteil ist nun die Sauerstoffmenge, die aus der Hydrolyse des AlN im Glycerin – Wasser – Gemisch resultiert (Abbildung 4.4). Die Reaktionsrate des AlN wird durch das Glycerin stark vermindert. Die Steigung der mittleren Zunahme des Sauerstoffs fällt im Vergleich zu der in reinem Wasser auf m = 0,2 Gew.-% pro Stunde. Abbildung 4.4: Auslagerung von AlN – Pulver; Sauerstoffanstieg in H2O bzw. H2O / Glycerin Durch Hydrolyse verringert sich die Partikelgröße des AlN, und die spezifische Oberfläche von ursprünglich 4,6 m2/g steigt an. Wird dagegen ein Additiv an der Oberfläche adsorbiert, so sinkt sie. Die spezifische Oberfläche mehrerer Proben, die 4,5 h in einem Glycerin – Wasser – Gemisch mit 10 % Glycerin ausgelagert wurden, schwankt zwischen 1,8 und 3,9 m2/g und der Kohlenstoffgehalt zwischen 5 und 14 Gew.-%, d.h. die adsorbierte Glycerin- menge liegt bei 13 – 40 Gew.-%. Diese signifikanten Abweichungen deuten darauf hin, dass die Glycerinmoleküle an der AlN – Oberfläche nur schwach gebunden sind und je nach Prozessparametern wieder entfernt werden können. Eine vollständige Klärung des Adsorp- tionsmechanismus aus den vorhandenen Daten ist jedoch nicht möglich. Trotz des günstigen Einflusses auf die Reaktionsrate von AlN wurde Glycerin als Hydrolyse- schutz verworfen, da es das Trocknungsverhalten der Proben stark verschlechtert. m = 1,2 m = 0,2 0 5 10 15 20 25 30 0 5 10 15 20 Auslagerungszeit in h Sa ue rs to ffa ns tie g in G ew .-% destilliertes Wasser destilliertes Wasser plus 5 Gew.-% Glycerin 4.1. Ergebnisse und Diskussion - Wässrige Schlickersysteme 62 Im Verlauf der Versuche wurde auch deutlich, dass die alleinige Messung des Gesamtsauer- stoffgehaltes zur Bestimmung des Additiveinflusses bei sauerstoffhaltigen Zusätzen nicht ausreicht. Außerdem hat sich gezeigt, dass sich das Verfahren vor allem für drastische Änderungen der Oberflächenchemie eignet. Aus diesen Gründen wird im Folgenden aus- schließlich die Änderung des pH – Wertes nach Abschnitt 3.2.1. betrachtet. Auf der Suche nach einem hinreichenden Hydrolyseschutz für AlN wird in den nachste- henden Kapiteln das Hydrolyseverhalten von AlN in Gegenwart von Additiven untersucht, die in der Literatur als effektive Dispergatoren für Keramiksuspensionen bekannt sind. Im Gegensatz dazu erfolgt bei den gängigen Schutzmaßnahmen für AlN [105-115] der Hydrolyseschutz und die kolloidale Stabilisierung des Schlickers in getrennten Schritten. 4.1.1.2. Einfluss verschiedener basischer Dispergatoren Der Effekt des Ammoniumpolyacrylats Dolapix und von Triammoniumcitrat (TAC) auf die Änderung des pH – Wertes mit der Zeit wird durch die Dispergatormenge beeinflusst (Abbildung 4.5). Abbildung 4.5: pH – Wert einer AlN – Suspension in Abhängigkeit vom Dispergatoranteil TAC zu AlN im Verhältnis 1 : 1 bietet beispielsweise einen Hydrolyseschutz über einen Zeitraum von 9 h, während die Hydrolyse bei einem Verhältnis von 1 : 10 bereits nach 1 h einsetzt. Dolapix als oberflächenaktive Substanz kann die Zersetzung des Pulvers hingegen nur dann ausreichend reduzieren, wenn das Verhältnis von Dispergator zu AlN 1 : 10 über- steigt. Die schützende Wirkung ist bei TAC auf die Citrat- und bei Dolapix auf die Acrylat- gruppen zurückzuführen. Bei niedriger Dispergatorkonzentration liegt eine begrenzte Anzahl 6 7 8 9 10 11 0:00 4:00 8:00 12:00 16:00 20:00 24:00 Auslagerungszeit in h:min pH - W er t Dolapix : AlN = 0,5 : 10 Dolapix : AlN = 1 : 10 TAC : AlN = 1 : 10 TAC : AlN = 1 : 1 4.1. Ergebnisse und Diskussion - Wässrige Schlickersysteme 63 dieser Gruppen vor; die Pulveroberfläche wird nur partiell bedeckt, und Wasser kann angreifen. Im Allgemeinen wird der Gehalt an Verflüssiger nach dem Einfluss auf das Oberflächen- potential des Pulvers und die Viskosität des Schlickers gewählt. Die gemessene Abhängigkeit der Hydrolyserate von der Dispergatormenge schränkt damit die Möglichkeiten zur Kontrolle der kolloidalen Eigenschaften der Suspension stark ein, weshalb Dolapix und TAC als Hydrolyseschutz ebenfalls ausscheiden. 4.1.1.3. Einfluss verschiedener saurer Dispergatoren und anorganischer Säuren Abbildung 4.6 beschreibt das Verhalten von AlN in verschiedenen anorganischen und organischen Säuren. Während Oxalsäure und Salzsäure lediglich den Beginn der Hydrolyse verschieben, gefolgt von einem steilen Anstieg des pH – Wertes, unterdrücken Kieselsäure (KS), Citronensäure (CA) und Polyacrylsäure (PAA) die Zersetzung des AlN. Wie die Steigungen m zeigen, nimmt die Effektivität von KS über CA zu PAA zu. Abbildung 4.6: pH – Wert einer AlN – Suspension in Abhängigkeit von der zugesetzten Säure Die Schutzwirkung von PAA und CA hängt jedoch von der Additivmenge ab (Abbildung 4.7 und Abbildung 4.8). Um den Einfluss der unterschiedlichen Dispergatoren auf das Hydrolyse- verhalten vergleichen zu können, wird im Weiteren nicht die Dispergatormenge in der Sus- pension angegeben, sondern der pH – Wert, der sich nach dem Lösen des Dispergators ergibt. m = 0,0 m = 0,2 m = 0,4 1 3 5 7 9 00:00 01:00 02:00 03:00 04:00 05:00 06:00 Auslagerungszeit in h:min pH - W er t destilliertes Wasser Oxalsäure HCl CA PAA KS 4.1. Ergebnisse und Diskussion - Wässrige Schlickersysteme 64 Abbildung 4.7: pH – Wert einer AlN – Suspension in Abhängigkeit vom PAA – Gehalt Die Zugabe von PAA auf pH 3 stabilisiert eine AlN – Suspension mit einem Feststoffgehalt von 1,5 Vol.-% über 24 h, während die Hydrolyse bei pH 4 sofort einsetzt. Bei der Ver- wendung von CA wird mit pH – Werten kleiner pH 3 ausreichender Schutz erzielt. Abbildung 4.8: pH – Wert einer AlN – Suspension in Abhängigkeit vom CA – Gehalt Dies wird durch BET – Messungen der beim jeweiligen pH – Wert für 2 h in PAA – bzw. CA – Lösungen ausgelagerten Pulver bestätigt (Tabelle 4.2). Mit sinkender Additivmenge, die einem steigendem pH entspricht, nimmt die Hydrolyseanfälligkeit und damit die spezifische Oberfläche nach der Auslagerung in Wasser zu. 1 3 5 7 9 0:00 4:00 8:00 12:00 16:00 20:00 24:00 Auslagerungszeit in h:min pH - W er t pH 4,0 pH 3,0 1 3 5 7 9 0:00 4:00 8:00 12:00 16:00 20:00 24:00 Auslagerungszeit in h:min pH - W er t pH 2,0 pH 1,4 ausgelagertes Pulver, redispergiert pH 4,0 pH 3,0 4.1. Ergebnisse und Diskussion - Wässrige Schlickersysteme 65 pH – Wert Spezifische Oberfläche (m2/g) bei CA spezifische Oberfläche (m2/g) bei PAA 2 1,0 – 3 39,6 3,9 4 124,4 118,8 Tabelle 4.2 : Spezifische Oberfläche des AlN nach der Auslagerung in Wasser in Abhängig- keit vom CA – bzw. PAA – Gehalt AlN – Pulver, das für 2 h in Wasser plus CA ausgelagert, getrocknet und danach redispergiert wurde (Abbildung 4.8), reagiert auch nach einer Auslagerungszeit von fünf Tagen nicht mit Wasser. Dies impliziert die Bildung sehr stabiler Komplexe auf der Pulveroberfläche. Hidber et al. [16] und Hirata et al. [17] haben die Anlagerung von CA bzw. PAA auf einer Al2O3 – Oberfläche beschrieben. Die Adsorption der PAA erfolgt über Carboxylgruppen, während CA über zwei ihrer drei Carboxylgruppen und eine Hydroxylgruppe an der Ober- fläche verankert ist. Die Adsorptionsfähigkeit der Säuren hängt dabei vom pH – Wert ab und nimmt mit steigender H3O+ – Konzentration zu. Aufgrund der Ähnlichkeiten zwischen Al2O3 und AlN, dessen Oberfläche wie in Abbildung 3.1 gezeigt ebenfalls Hydroxylgruppen auf- weist, kann ein vergleichbares Adsorptionsverhalten angenommen werden. Da die zum Hydrolyseschutz verwendeten Additive CA und PAA zur kolloidalen Stabilisierung der Suspension nicht ausreichen, wurden dem Schlicker zusätzlich basische Dispergatoren zugefügt (Abbildung 4.9). Abbildung 4.9: pH – Werte verschiedener AlN – Suspensionen mit Hydrolyseschutz in Abhängigkeit vom Gehalt des basischen Dispergators m = 0,0 m = 0,1 m = 0,0 1 3 5 7 9 11 0:00 4:00 8:00 12:00 16:00 20:00 24:00 Auslagerungszeit in h:min pH - W er t Citronensäure / TEA (pH 5,0) Polyacrylsäure / Dolapix (pH 4,8) Citronensäure / Dolapix (pH 3,4) Polyacrylsäure / TEA (pH 7,1) 4.1. Ergebnisse und Diskussion - Wässrige Schlickersysteme 66 Eine Zugabe von Dolapix oder der starken Base TEA zeigt bis zu einem pH – Wert von pH 5 – 6 keine Wirkung auf die entstandene Schutzschicht. Bei pH 7,1 beginnt die Hydrolyse nach 5 h und führt zu einem raschen pH – Anstieg. Dies kann durch das Sinken der Adsorp- tionsfähigkeit der beiden Säurereste bei hohen pH – Werten erklärt werden [16]. Die Be- deckung der Pulveroberfläche verringert sich, und die Schutzschicht wird wasserdurchlässig. Die Diffraktogramme in Abbildung 4.10 bestätigten die Ergebnisse der pH – Zeit – Versuche. Eine Auslagerung des Pulvers in destilliertem Wasser für 24 h führt zu einer vollständigen Transformation von AlN zu Al(OH)3. Im Gegensatz hierzu kann bei Pulvern, denen CA bzw. PAA zugesetzt wurde, nur AlN als kristalline Phase detektiert werden. Beim Ansteigen der TEA – Konzentration (resultierender pH – Wert von 8) setzt jedoch auch hier die Hydrolyse ein. Ein Großteil des Pulvers wurde in AlO(OH) umgewandelt, und geringe Mengen an Al(OH)3 sind zu finden. Die Peaks sind stark verbreitert, was auf eine deutliche Verfeinerung des Materials hindeutet. Abbildung 4.10: Röntgendiffraktogramme; Einfluss der Vorbehandlung auf das AlN – Pulver Zusammenfassend ist zu bemerken, dass der Hydrolyseschutz mit CA bzw. PAA im Unter- schied zu kommerziell erhältlichem wasserbeständigen AlN [105-111] zu Pulvern mit hydro- philem Charakter führt. Die Additivkombination CA bzw. PAA plus basischer Dispergator ermöglicht die Herstellung eines elektrosterisch stabilen AlN – Schlicker ab einem Gesamt – pH von 4 – 5 (näheres siehe Abschnitt 4.1.2.1), wobei der Hydrolyseschutz und die kolloidale Stabilisierung des Schlickers in einem Arbeitsschritt erreicht werden. 10 20 30 40 50 60 70 80 ∇ • •+ ∇∇ ∇∇ ∇ ∇∇∇∇∇∇ ∇ ∇ ∇ ∇ ∇ ∇ ∇ ∇ ∇ Al(OH)3 + AlO(OH) + +++++ • AlN •••• •• • •• ••• • Auslagerungszeit t=24h CA (oder PAA) / TEA, pH 8 destilliertes Wasser CA (oder PAA) / TEA, pH 5 CA oder PAA AlN - Pulver, unbehandelt 2-Theta 4.1. Ergebnisse und Diskussion - Wässrige Schlickersysteme 67 Kosmac et al. [107, 114] beschreiben ein Verfahren zum Hydrolyseschutz von AlN, das auf der Sättigung einer Suspension mit Kieselsäure (KS) beruht. Die Reaktivität des AlN – Pulvers in den wässrigen Si3N4 – und SiC – Schlickern ist jedoch stark abhängig von der Konzentration der gelösten Kieselsäure, und das Verfahren funktioniert nur für kleine Fest- stoffgehalte. In [107, 114] wird weiterhin gezeigt, dass die Zetapotentialkurve von in KS ausgelagertem, getrocknetem und danach redispergiertem AlN – Pulver im Vergleich zu einer KS – haltigen AlN – Suspension ins Basische verschoben ist. Der IEP verändert sich von ursprünglich pH 2,4 auf pH 6. Dieses Verhalten weist auf eine Modifikation der AlN – Oberfläche, insbesondere auf die Desorption der KS – Komplexe und damit auf das Vor- handensein wenig stabiler Bindungen zur AlN – Oberfläche hin und spricht somit gegen den Einsatz von KS als Hydrolyseschutz. Im Gegensatz dazu entspricht die Zetapotentialkurve des in CA ausgelagerten AlN – Pulvers der einer CA – haltigen AlN – Suspension und impliziert die Bildung sehr stabiler Komplexe auf der Pulveroberfläche. Darüberhinaus zeigt die Erhöhung des Feststoffgehaltes keinen Einfluss auf das Hydrolyseverhalten des AlN. Die CA – Schutzschicht ist auch bei einem AlN – Schlicker mit 40 Vol.-% Pulveranteil intakt; nach 24 h ist keine pH – Wertänderung in der Suspension festzustellen [147]. 4.1.2. Schlickercharakterisierung Die Oberflächen der verwendeten Pulver wurden bereits in Abschnitt 3.1. beschrieben. Während SiC ab einem pH – Wert von ca. 4,5 eine negative Oberflächenladung besitzt, sind AlN und Y2O3 bis pH 9,8 bzw. pH 8,9 (Abbildung 3.2) positiv geladen. In den nachfolgenden Kapiteln soll die Wirkung des Additivs zum Hydrolyseschutz sowie der Dispergatoren auf dieses Oberflächenpotential sowie die Leitfähigkeit und das Absetzverhalten der Schlicker aufgezeigt werden. Zum anderen wird auf den Einfluss der Präparation der Pulvermischungen eingegangen. Die gemessenen Zetapotential- und Leitfähigkeitswerte sind in den dargestellten Diagrammen aus Vergleichsgründen über dem pH – Wert der Messsuspensionen aufgetragen. Dieser ergibt sich wiederum nicht aus der zusätzlichen Zugabe indifferenter Säuren und Basen, sondern allein durch die Menge der eingesetzten Additive und Dispergatoren. 4.1.2.1. Zetapotential – Messung Das pH – abhängige Zetapotential von SiC (Abbildung 3.2) zeigt ein ausgeprägtes negatives Plateau ab pH 7. Somit sollte eine Erhöhung des pH – Wertes zur elektrostatischen Stabilisie- rung des Pulvers ausreichen. Die durch den Zusatz basischer Dispergatoren bewirkte Erhöhung des Oberflächenpotentials wird nicht von der Struktur des Dispergators, sondern lediglich vom eingestellten pH – Wert 4.1. Ergebnisse und Diskussion - Wässrige Schlickersysteme 68 bestimmt (Abbildung 4.11). Das Oberflächenpotential nimmt dabei Werte an, die mit den Titrationsdaten der indifferenten Base KOH vergleichbar sind. Folglich ist eine Adsorption der Dispergatoren an der SiC – Oberfläche auszuschließen. Abbildung 4.11: Einfluss verschiedener basischer Dispergatoren auf das Zetapotential des SiC Die Wahl eines geeigneten Dispergators für die SiC – und AlN – Suspensionen richtet sich nach der Notwendigkeit einer gleichzeitigen Dispergierung der Sinteradditive, wobei sowohl das Vorzeichen als auch die Höhe der erzeugten Oberflächenladungen eine Rolle spielen. Y2O3 besitzt bei pH 10 ein negatives Zetapotential, aber die Suspension liegt mit ζ = -17 mV an der Schwelle zur Agglomeration. AlN ist, wie in Abschnitt 4.1.1.2. gezeigt wurde, bei aus- schließlicher Verwendung basischer Dispergatoren nur begrenzt chemisch stabil. Auf der anderen Seite erniedrigt die alleinige Verwendung von CA bzw. PAA (Abbildung 4.12) sowohl bei SiC als auch bei AlN das Oberflächenpotential drastisch, so dass für beide Suspensionen die Kombination mehrerer Dispergatoren notwendig wird. Abbildung 4.12: Einfluss von CA und PAA auf das Zetapotential von a) AlN und b) SiC -80 -60 -40 -20 0 0 2 4 6 8 10 12 pH - Wert Ze ta po te nt ia l i n m V Dolapix BA TEA -10 0 10 20 30 40 50 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 Gehalt an Säure in g / 100 ml Messlösung Ze ta po te nt ia l i n m V PAA CA a) -10 0 10 20 30 40 50 0 0,02 0,04 0,06 0,08 0,1 0,12 Gehalt an Säure in g / 100 ml Messlösung Ze ta po te nt ia l i n m V PAA CA b) 4.1. Ergebnisse und Diskussion - Wässrige Schlickersysteme 69 Vor dem Zufügen der Säuren wurde der pH – Wert der Messsuspensionen mittels HCl auf pH 3 eingestellt. CA reduziert das Zetapotential bei AlN auf ~ 5 mV, mit PAA ist sogar eine Ladungsumkehr auf ~ -3 mV zu beobachten. Bei SiC werden mit PAA ~ 3 mV erreicht, während CA kaum Einfluss auf die Oberflächenladung ausübt. Der Zetapotentialabfall wird in den ersten drei Fällen bereits durch einen sehr geringen Gehalt an CA bzw. PAA hervor- gerufen. Die pH – Änderungen in diesem Bereich sind mit ∆pH = 0,1 vernachlässigbar, und nach Abbildung 4.13 bleibt die Leitfähigkeit und damit die Ionenstärke der Suspension bei der Zugabe von CA bzw. PAA unverändert. Folglich ist der auftretende Effekt der Adsorption der beiden Säuren in der Doppelschicht der Partikel zuzuschreiben. Abbildung 4.13: Leitfähigkeit der AlN – bzw. SiC – Suspensionen im sauren pH – Bereich Nach Müller et al. [73] erhöht sich die Oberflächenladung von Partikeln bei der Adsorption gleichartig geladener Spezies; bei der Anlagerung gegensinnig geladener Teilchen erniedrigt sie sich oder kehrt sich um. Bei Partikeln mit positivem Oberflächenpotential wird die Adsorption negativer Ionen in der inneren Helmholtz – Schicht bevorzugt. Dies ist zum einen durch eine starke van der Waals – Wechselwirkung zwischen der Oberfläche und den negativen Ionen mit dünner Hydrathülle begründet und zum anderen durch die elektrostatische Anziehung zwischen den gegensinnig geladenen Substanzen. Dementsprechend wird das Zetapotential der ursprünglich positiven AlN – Teilchen durch die negativ geladenen Acrylat- und Citrationen reduziert. Die Citrat- ionen führen zu einer schwachen Besetzung der inneren Helmholtz – Schicht, so dass das positive Stern – Potential sΨ auf einen geringeren Wert erniedrigt wird. Bei der Zugabe von PAA zu SiC – Suspensionen ist ein vergleichbarer Effekt zu beobachten. Mit steigender 0 1 2 3 4 5 6 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 pH - Wert Le itf äh ig ke it in m S/ cm HCl CA - Zugabe PAA - Zugabe 4.1. Ergebnisse und Diskussion - Wässrige Schlickersysteme 70 Besetzungsdichte, wie dies für AlN – Schlicker mit PAA der Fall ist, wird das Potential der inneren Helmholtz – Schicht und damit das Zetapotential negativ. Die Wechselwirkung zwischen CA und SiC dagegen ist vernachlässigbar. Das Potential der SiC – Oberfläche bleibt bei Erhöhung der Additivmenge im Wesentlichen konstant. Demzu- folge findet keine Adsorption statt; die Citrationen verbleiben in Lösung. Dieses Verhalten ist ein wichtiger Grund für die Nichtübertragbarkeit des TIF – Verfahrens, dem ursprünglich eine Verallgemeinbarkeit zugeschrieben wurde [148], auf andere keramische Systeme. Fügt man den Suspensionen der Ausgangsgangspulver neben PAA bzw. CA einen basischen Dispergator zu, so erhält man die Kurvenprofile in Abbildung 4.14. Der pH – Wert steigt bei der Zugabe des Dispergators; dies verschiebt das Reaktionsgleichgewicht (2.10) nach rechts und führt zur Deprotonierung der Carboxylgruppen auf der Pulveroberfläche. Somit wird der Betrag des Zetapotentials erhöht. Abbildung 4.14: a) AlN – Suspensionen und b) SiC – Suspensionen mit CA / PAA und basischem Dispergator; Einfluss des Säurerestes (CA / PAA ⇔ pH 2,5) und der Dispergatormenge (pH ↑) auf das Zetapotential Die Zetapotentialwerte liegen jedoch bei Verwendung von PAA deutlich höher als bei CA. Bei pH 5 wird beispielsweise für AlN und PAA -60 mV erreicht; CA liefert -40 mV. Das Oberflächenpotential von SiC weist demgegenüber geringere Werte auf. Hier liegt lediglich eine mäßige Stabilisierung um -35 mV bei PAA und -20 mV für CA vor. Diese Differenzen lassen sich anhand der unterschiedlichen Besetzung der inneren Helmholtz – Schicht erklären. Eine höhere Besetzungsdichte hat eine größere Anzahl Carboxylgruppen an der Oberfläche und damit ein höheres Potential zur Folge. Einen weiteren Unterschied stellt der Einfluss des Dispergatortyps auf die Oberflächenladung der PAA – bzw. CA – stabilisierten AlN – und SiC – Partikel dar. Das Oberflächenpotential von AlN steigt bei beiden Säuren unabhängig von der Art des basischen Dispergators mit sinkender H3O+ – Konzentration an (Abbildung 4.15 a)). Abbildung 4.15 b) beschreibt die -80 -60 -40 -20 0 2 4 6 8 10 12 pH - Wert Ze ta po te nt ia l i n m V PAA CA a) -80 -60 -40 -20 0 2 4 6 8 10 12 pH - Wert Ze ta po te nt ia l i n m V PAA CA b) 4.1. Ergebnisse und Diskussion - Wässrige Schlickersysteme 71 gemessene Leitfähigkeit der CA – Suspension bei Dispergatorzugabe. Bei Verwendung von PAA liegen die Leitfähigkeiten deutlich niedriger, die Form der Kurven bleibt allerdings erhalten. Der linke Kurvenast und die Höhe des Minimums der jeweiligen Kurve werden durch den Gehalt an CA / PAA sowie den damit verbundenen Anfangs – pH bestimmt, während der rechte Ast den Beitrag des basischen Dispergators liefert. Legt man an letzteren eine Tangente an, dann bezeichnet der Schnittpunkt mit der x – Achse den Anfangs – pH, während die Steigung den Einfluss des Dispergators auf die Leitfähigkeit widerspiegelt. Im Vergleich zu BA und TEA ist ein höherer Gehalt an Dolapix zur Einstellung der basischen pH – Werte notwendig. Dies bewirkt ein Ansteigen der Ionenkonzentration, wodurch die Gesamtleitfähigkeit wächst und die Steigung der Tangente zunimmt. Abbildung 4.15: Einfluss von Dispergatortyp und -menge (pH ↑) auf a) das Zetapotenial und b) die Leitfähigkeit einer AlN – CA – Suspension SiC – Schlicker mit PAA zeigen ein vergleichbares Bild, während sich SiC – Suspensionen mit CA – Zusatz gemäß Abbildung 4.16 verhalten. Die Leitfähigkeit und damit die Ionenkon- zentration in der Suspension gleichen sich bei den verschiedenen Dispergatoren, wobei die Steigung der Tangenten kleiner ist als die der AlN – CA – Suspensionen (Abbildung 4.16 b)). Abbildung 4.16: Einfluss von Dispergatortyp und -menge (pH ↑) auf a) das Zetapotenial und b) die Leitfähigkeit einer SiC – CA – Suspension -40 -30 -20 -10 0 10 0 2 4 6 8 10 pH - Wert Ze ta po te nt ia l i n m V Dolapix BA TEA a) m = 4,7 m = 3,0 m = 2,3 0 2 4 6 8 10 0 2 4 6 8 10 pH-Wert Le itf äh ig ke it in S /c m Dolapix BA TEA b) -30 -20 -10 0 10 0 2 4 6 8 10 12 pH - Wert Ze ta po te nt ia l i n m V Dolapix BA TEA a) m = 2,1 0 2 4 6 8 10 0 2 4 6 8 10 pH - Wert Le itf äh ig ke it in S /c m Dolapix BA TEA b) 4.1. Ergebnisse und Diskussion - Wässrige Schlickersysteme 72 Dies deutet auf eine Senkung des Dispergatorgehaltes in Lösung hin und kann beispielsweise durch eine Wechselwirkung mit den im Schlicker vorliegenden Citrationen erklärt werden. Hierfür spricht auch, dass die Zetapotentialwerte im Vergleich zur reinen Dispergatorzugabe (ohne CA) stark reduziert sind. Für eine exakte Beschreibung der Vorgänge in der Suspension sind weiterführende Untersuchungen zur jeweiligen Additivkonzentration an der Oberfläche und in Lösung notwendig, wie dies beispielsweise in [16-18, 149] für Suspensionen mit Al2O3 bzw. Si3N4 und ähnlichen oberflächenaktiven Substanzen wie im vorliegenden Fall durch- geführt wurde. Jedoch ist es notwendig, die dargestellten Vorstellungen für die Systeme AlN, SiC und Y2O3 jeweils zu überprüfen. Für Y2O3 – Schlicker ergibt sich ein deutlich anderes pH – Profil des Zetapotentials (Abbildung 4.17). Auch hier nimmt das Oberflächenpotential mit steigendem pH – Wert zu, jedoch werden übereinstimmende Werte für CA und PAA erreicht, was ein analoges Ad- sorptionsverhalten der beiden Additive impliziert. Das Oberflächenpotential von Y2O3 hat sich im Vergleich zur pH – Regelung mit NH4OH drastisch erhöht. Abbildung 4.17: Y2O3 – Suspension mit CA / PAA und basischem Dispergator; Einfluss des Säurerestes (CA / PAA ⇔ pH 2) und der Dispergatormenge (pH ↑) auf das Zetapotential Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Zugabe von CA bzw. PAA plus basischem Dispergator in einem praktisch nutzbaren pH – Bereich um pH 6 zu Oberflächenpotentialen mit dem gleichem Vorzeichen für alle drei Materialien führt. CA – stabilisierte Partikel weisen eine mäßige Erhöhung des Zetapotentials auf, während PAA – Zugabe eine gute -80 -60 -40 -20 0 2 4 6 8 10 12 pH - Wert Ze ta po te nt ia l i n m V PAA CA 4.1. Ergebnisse und Diskussion - Wässrige Schlickersysteme 73 Stabilisierung bewirkt. In beiden Fällen wird eine Co – Dispergierung der unterschiedlichen Materialien erzielt. Abbildung 4.18 beschreibt die Stabilisierung einer P6αβ – Pulvermischung mit CA plus TEA. Es hat sich gezeigt, dass der Zusatz von PVA als Binder keinen Einfluss auf das Zetapotential hat. Im Gegensatz dazu spielt die Präparation der Pulvermischungen eine entscheidende Rolle. Ein Vormischen der Pulver durch Attritieren wirkt sich beispielsweise negativ auf die kolloidale Stabilität der Suspensionen aus. Das zum Attritieren verwendete Lösungsmittel (Isopropanol) verbleibt auch nach dem Trocknen des Pulvers auf der Oberfläche und ver- ändert so die kolloidalen Eigenschaften der Suspension. Abbildung 4.18: Einfluss der Präparation der Pulvermischungen auf das Zetapotential 4.1.2.2. Korngrößenanalyse Neben diesen Messungen zum Zetapotential wurden auch indirekte Charakterisierungsme- thoden wie die Analyse der Korngrößenverteilung zur Bestimmung des Dispergatoreinflusses auf die Pulver angewandt. Die Partikel werden vor der Messung im Lasergranulometer durch das Anlegen eines Ultraschallfeldes deagglomeriert. Für Untersuchungen in wässrigen Medien wurde eine Ultra- schallzeit von 2 min eingestellt. Aus der Reihe der gewonnenen Daten spiegeln d0,5 und dmax, die den mittleren sowie den maximalen Teilchendurchmesser bezeichnen, am deutlichsten die Wirkungsweise der unterschiedlichen Additive wider. Wirkt sich ein Additiv positiv auf die Dispergierung der Partikel aus, dann sinken reproduzierbar sowohl d0,5 als auch dmax, wie Abbildung 4.19 am Beispiel von SiC – Partikeln in PAA / TEA (a) bzw. CA / TEA (b) zeigt. SiC (AlN, Y2O3) -30 -20 -10 0 10 20 2 4 6 8 10 12 pH - Wert Ze ta po te nt ia l i n m V Pulvermischung attritiert 4.1. Ergebnisse und Diskussion - Wässrige Schlickersysteme 74 Abbildung 4.19: Korngrößenverteilung von SiC – Partikeln in wässrigen Suspensionen plus a) PAA / TEA und b) CA / TEA Die erhaltenen d0,5 – und dmax – Werte sind in Tabelle 4.3 zusammengefasst, wobei eine gute Dispergierung durch hellgraue Unterlegung der Daten gekennzeichnet ist. Die dunkelgrau markierten Werte beschreiben einen negativen Einfluss der Additive auf die kolloidale Stabi- lisierung. Wie Tabelle 4.3 darstellt, ist eine Dispergierung der AlN – Partikel in wässrigen Medien wesentlich unkomplizierter als für SiC – Teilchen. Dieser Effekt ist auf das zu be- obachtende schlechtere Benetzungsverhalten des SiC gegenüber Wasser zurückzuführen. Tabelle 4.3: Mittlere und maximale Teilchendurchmesser von AlN bzw. SiC in Abhängigkeit von den oberflächenaktiven Stoffen AlN – Teilchen verhalten sich bei der Messung nahezu unabhängig von der Additivart und haben einen mittleren Durchmesser von ~ 1,38 µm. Dagegen wird die Dispergierung der AlN SiC pH d0,5 in µm dmax in µm d0,5 in µm dmax in µm H2O 1,38 28 1,01 56 H2O / 5 Gew.-% Glycerin 5 1,45 22 0,84 5 H2O / TAC 0,05M 6 - 7 1,32 20 0,82 4 H2O / CA 2 1,49 22 1,01 56 H2O / CA / TEA 3 1,48 25 1,05 40 H2O / PAA 4 1,33 22 0,82 63 H2O / PAA 3 1,35 22 1,28 630 H2O / PAA / TEA 5 1,36 13 0,84 4 H2O / PAA / Dolapix 4 1,34 20 0,91 28 4.1. Ergebnisse und Diskussion - Wässrige Schlickersysteme 75 SiC – Teilchen sowohl von der Additivart als auch der Additivmenge beeinflusst. Eine gute Dispergierung ist nur mit Glycerin, TAC oder einer PAA / Dispergator – Mischung möglich. CA verändert die Korngrößenverteilung der SiC – Partikel nicht, analog zu dem gleich- bleibenden Zetapotential in Abbildung 4.12 b). Die Zugabe von TEA bis pH 3 senkt das Zetapotential (Abbildung 4.14 b)) auf null und wirkt somit destabilisierend. Geringe Konzentrationen an PAA (⇔ pH 4) verringern die mittlere Agglomeratgröße, während höhere Konzentrationen sowohl d0,5 als auch dmax stark erhöhen. Dies stimmt mit Abbildung 4.12 b) überein, in der die Oberflächenladung mit steigendem Säuregehalt sinkt. Die extreme Erhöhung der beiden Korngrößenwerte bei pH 3 deutet jedoch auf einen zusätz- lichen Effekt hin. Die Beimischung von TEA bzw. Dolapix verschiebt die Korngrößen- verteilung zu kleineren Werten, wobei der eingestellte pH – Wert die Stärke der kolloidalen Stabilisierung bestimmt. pH 5 entspricht einem höheren Zetapotential als pH 4 (Abbildung 4.14 b)), und damit einer besseren Dispergierung. 4.1.2.3. Standversuche Weitere Informationen zu den kolloidalen Eigenschaften von Suspensionen bietet die Durch- führung von Sedimentationsversuchen. Die visuelle Beobachtung der Grenzen zwischen unterschiedlichen Trübungszonen ist in Abbildung 4.20 graphisch dargestellt. Abbildung 4.20: Standversuch einer a) stabilen Suspension und b) flockulierten Suspension Partikel in stabilen Suspensionen sinken langsam und bilden dichte Schichten mit geringem Volumen, da sich die Partikel bei der Sedimentation nahe aneinander lagern können (Abbildung 4.20 a)). Flockulierte Schlicker (Abbildung 4.20 b)) sedimentieren dagegen rasch und erzeugen lose, offene Strukturen [23]. Die Bewegung der Grenzschicht zwischen der reinen Flüssigkeit und der restlichen Aufschlämmung geschieht mit einer linearen Zeit- abhängigkeit [24]. Nach Van der Hoeven et al. entsteht in den meisten Suspensionen jedoch nach einer Inkubationszeit von wenigen Stunden eine dünne, klare Lösungsmittelschicht im 0 2 4 6 8 10 0:00 24:00 48:00 72:00 Zeit in h Se di m en tv ol um en in m l Sediment Klarer Überstand Trübe Zone a) 0 2 4 6 8 10 0:00 24:00 48:00 72:00 Zeit in h Se di m en tv ol um en in m l Sediment Klarer Überstand Trübe Zone b) 4.1. Ergebnisse und Diskussion - Wässrige Schlickersysteme 76 oberen Bereich. Dies weist auf eine Koagulation hin, die vor der eigentlichen Sedimentation stattfindet, und damit auf ein sekundäres Minimum in der Potential – Abstands – Kurve. Standversuche stellen damit vergleichsweise direkte Tests von kolloidchemisch fundierten Vorstellungen dar, wie sie z.B. von Lange et al. [21, 22] entwickelt wurden und die Kontrolle des Dispergierungszustandes und damit der Rheologie von Schlickern durch "Maßschneidern" der interpartikulären Wechselwirkungen zum Ziel haben. Unter anderem wird von Lange et al. die Erzeugung schwach flockulierter Suspensionen durch Schaffung eines sekundären Minimums in der Potential – Abstands – Kurve beschrieben, sowie deren Verwendung für direkte Abscheidungsverfahren, insbesondere der zentrifugalen Abscheidung homogener, ge- gebenenfalls verformbarer Grünkörper. Der Unterschied zwischen flockulierter und koagulierter Suspension soll in den Bildreihen in Abbildung 4.21 und Abbildung 4.22 verdeutlicht werden. Abbildung 4.21: Bildreihe einer flockulierten SiC – Suspension mit PAA / TEA; Zeit in h:min In Abbildung 4.21 treten sofort nach dem Füllen des Standzylinders Flocken auf, die bereits nach 15 min ein Sediment mit nahezu klarem Überstand gebildet haben. Der noch in der Flüssigkeit befindliche Feinstanteil der Partikel sinkt innerhalb der nächsten 3 h vollständig ab, und das Sediment verdichtet sich. Während der folgenden 20 h tritt keine weitere Veränderung auf. Im Gegensatz hierzu sind in der koagulierten Suspension (Abbildung 4.22) keine Flocken zu sehen. Nach 15 min ist eine klare Schicht im oberen Bereich entstanden, die das sekundäre Minimum kennzeichnet. Im Vergleich zum flockulierten Schlickeransatz sinken die Partikel langsamer, während die Packungsdichte im Sediment deutlich ansteigt. Wie in Abschnitt 2.2.4. näher beschrieben, erlaubt der "schmierende" Effekt zwischen den 4.1. Ergebnisse und Diskussion - Wässrige Schlickersysteme 77 Partikeln ein Umordnen im Sediment. Erst nach 23 h hat sich der Feinstanteil vollständig abgesetzt. Was im letzten Bild als Trübung erscheint, sind Pulverablagerungen an der Wand des Standzylinders. Die Flüssigkeit selbst ist klar. Abbildung 4.22: Bildreihe einer koagulierten AlN – Suspension mit CA / TEA; Zeit in h:min Zur Übersicht sind die jeweiligen Endvolumina der am Boden der Standzylinder gebildeten Schichten in Abbildung 4.23 und Abbildung 4.25 für die verschiedenen Ansätze aufgetragen. Abbildung 4.23: Endvolumina wässriger AlN – Suspensionen in Abhängigkeit von den ober- flächenaktiven Stoffen 0 1 2 H2 O H2 O / 5 G ew .-% G lyc eri n H2 O / T AC 0, 5M H2 O / C A ( pH 2) H2 O / C A / TE A ( pH 5) H2 O / P AA (p H 3) H2 O / P AA / T EA (p H 5) Se di m en tv ol um en in m l trüber Überstand leicht trüber Überstand klarer Überstand 4.1. Ergebnisse und Diskussion - Wässrige Schlickersysteme 78 Die Versuche enden in der Regel mit der vollständigen Sedimentation der Partikel. Bei stabilen Suspensionen wurde die Sedimentation abgebrochen, wenn innerhalb eines Zeit- raumes von 3 Tagen keine weiteren Veränderungen auftraten. Eine eventuelle Resttrübung des Überstandes wird in den Diagrammen durch die Farbe des entsprechenden Datenbalkens protokolliert. Die Trennlinie bei einem Sedimentvolumen von 0,6 ml wurde als Grenze zwischen stabilen und flockulierten (bzw. koagulierten) Suspensionen gewählt. Destilliertes Wasser sowie der Zusatz von Glycerin bzw. CA ergeben für AlN flockulierte Schlicker, während sich PAA – Suspensionen mit und ohne Dispergator als sehr stabil erwei- sen. Im Fall von TAC und CA plus TEA dagegen ist von schwach flockulierten Schlickern auszugehen. Die überstehende Flüssigkeit ist klar und die Sedimentation innerhalb eines Tages abgeschlossen. Ein wässriger AlN – Schlicker ohne Additive hat in der Regel einen pH – Wert um pH 7,5. Das Zetapotential liegt hier bei ~ 35 mV, was einen mäßig stabilen Schlicker zur Folge hat. Dieser Widerspruch zum Sedimentationsverhalten (Abbildung 4.24) ist durch die während des Versuches stattfindende Hydrolyse des AlN zu erklären, die zu einem "Aufplatzen" des Sedimentes führt. Abbildung 4.24: Bildfolge einer wässrigen AlN – Suspension ohne Additive Das zugesetzte Glycerin liegt wie in Abschnitt 4.1.1.1. beschrieben z.T. ungebunden in der Suspension vor und behindert so eine dichte Packung der AlN – Teilchen. Im Gegensatz dazu bewirkt die Zugabe der CA zur wässrigen Suspension eine Senkung des Zetapotentials auf ~ 5 mV, wodurch die AlN – Partikel agglomerieren. 4.1. Ergebnisse und Diskussion - Wässrige Schlickersysteme 79 Die PAA – und PAA / TEA – Ansätze stellen kolloidal stabile Suspensionen dar. Die Partikel sedimentieren nur sehr langsam, der Überstand ist nach 3 Tagen noch immer sehr trüb. PAA / TEA besitzt ein Zetapotential von ~ -60 mV, während PAA ein solches von nur -3 mV aufweist. Folglich ist die Stabilisierung der AlN – Suspension durch den Polyelektrolyten PAA allein einem elektrosterischen Effekt zuzuschreiben. Die Bildreihen zu AlN – Suspensionen mit TAC bzw. CA plus TEA zeigen die Evidenz für das Vorliegen eines sekundären Minimums. Die Sedimentation mit den Additiven CA / TEA ist nach 24 h beendet, bei TAC als Additiv tritt schon nach 6 h keine weitere Veränderung mehr auf. Die Entstehung des sekundären Minimums erfolgt bei beiden Suspensionen gemäß dem elektrostatischen Ansatz (Abbildung 2.13 b)). Neben einem mittleren Oberflächenpoten- tial liegt eine erhöhte Leitfähigkeit und damit auch eine höhere Ionenstärke der Suspension vor. Für SiC – Teilchen ergeben die Dispergatoren BA und TEA stabile Suspensionen, deren Sedimentation auch nach 10 Tagen noch nicht abgeschlossen ist. Dies ist auf ein hohes Zetapotential (~ -60 mV) zurückzuführen. Abbildung 4.25: Endvolumina wässriger SiC – Suspensionen in Abhängigkeit von den ober- flächenaktiven Stoffen Der Zusatz von CA oder PAA zu destilliertem Wasser (mit und ohne Dispergator) führt zur Flockulation der entsprechenden SiC – Schlicker. Im Fall von CA, CA / TEA und PAA als 0 1 2 H2 O / B A ( pH 12 ) H2 O / T EA (p H 10 ) H2 O / C A ( pH 2, 5) H2 O / C A / TE A ( pH 5) H2 O / C A / TE A / PV A ( pH 5) H2 O / C A / TE A ( pH 9, 5) H2 O / P AA (p H 3) H2 O / P AA / T EA (p H 5) Se di m en tv ol um en in m l trüber Überstand klarer Überstand 4.1. Ergebnisse und Diskussion - Wässrige Schlickersysteme 80 Additiv reichen die elektrostatischen Abstoßungskräfte zur Stabilisierung der SiC – Partikel nicht aus. Bei der Verwendung von PAA / TEA liegt das Zetapotential mit ~ -40 mV höher, jedoch kommt es auch hier zu einer losen Packung der Teilchen im Sediment. Eine mögliche Erklärung resultiert aus der unvollständigen Adsorption der PAA. Die in der Suspension verbleibenden Polymerketten verhindern ein dichtes Aneinanderlagern der Partikel. Die Zugabe von 20 Gew.-% PVA zur CA / TEA – Suspension hat, wie in Abschnitt 4.1.2.1. erwähnt, keinen Einfluss auf das Zetapotential. Dennoch wird die SiC – Suspension stabili- siert. Das PVA lagert sich an der Oberfläche an und verhindert eine weitere Annäherung der Partikel über sterische Wechselwirkung. 4.1.3. Zentrifugale Abscheidung von Einzelschichten Aufgrund der Untersuchungsergebnisse in Abschnitt 4.1.1. und 4.1.2. wurde eine Auswahl an wässrigen Suspensionen für Vorversuche zur zentrifugalen Abscheidung getroffen. Dabei wurde sowohl die chemische Stabilität des AlN als auch die gleichzeitige Dispergierung der unterschiedlichen Materialien und die Möglichkeiten zur Einstellung definierter Schlicker- eigenschaften berücksichtigt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Abstoßungskräfte bei alleiniger Verwendung von CA bzw. PAA nicht ausreichen und daher eine Kombination mehrerer Additive anzuwenden ist. Für AlN liefern der Zusatz von PAA und PAA / TEA stabile Schlicker, wohingegen CA / TEA eine schwach flockulierte Suspension bildet. SiC – Partikel können in einem Medium aus CA / TEA / PVA stabilisiert werden. Den Standversuchen entsprechend führen stabile Schlicker bei der zentrifugalen Abscheidung zu Schichten mit hoher Gründichte, während flockulierte Suspensionen locker gepackte Sedimente bilden. Wie Lange et al. [22] darlegen, neigen stabile Suspensionen jedoch zur Separation der schweren und leichten Partikel, da die einzelnen Korngrößenfraktionen während der Zentrifugation im viskosen Medium unterschiedlich beschleunigt werden. Dies zeigt sich unter anderem auch darin, dass der Überstand nach der Zentrifugation auch bei langen Abscheidungszeiten trüb bleibt. Um diese Entmischungserscheinungen und damit Dichtegradienten in der gesinterten Keramik zu verhindern, haben Lange et al. die Verwen- dung von koagulierten Schlickern zur zentrifugalen Abscheidung eingeführt. Das schwach gebundene Partikelnetzwerk unterbindet die Trennung der Partikelfraktionen und führt zu homogenen Grünkörpern mit hoher Dichte und Festigkeit. 4.1. Ergebnisse und Diskussion - Wässrige Schlickersysteme 81 4.1.3.1. AlN (Y2O3) – Einzelschichten Tabelle 4.4 beschreibt die Zentrifugation verschiedener AlN – Suspensionen mit unterschied- lichem Dispergator- und Bindergehalt, denen 2 Gew.-% Y2O3 als Sinteradditiv zugesetzt sind, im Überblick. Anhand der mangelnden Stabilität der CA / TEA – Sedimente wird deutlich, dass die Grünfestigkeit der Sedimente im Allgemeinen nicht ausreicht und eine Binderzugabe notwendig ist. Der leicht trübe Überstand kennzeichnet Suspension 1 als mäßig stabil. Die Erhöhung des CA – Gehaltes (Suspension 2) hebt den Citratgehalt in Lösung und damit die Ionenstärke an und stellt so einen koagulierten Schlicker ein. Die Suspensionen 4 bis 7 stellen mäßig bis hoch stabile Suspensionen dar, wobei die Polymerketten der PAA die Grünfestig- keit der Schichten erhöhen. Jedoch liegen die erzielten Gründichten mit ~ 40 % TD drastisch unter denen der koagulierten, binderhaltigen Schlicker (55,4 % TD). Für die Herstellung der Multilayer wurde daher ein Ansatz ähnlich dem von Suspension 3 eingesetzt, dessen Bindergehalt bei 2,5 Gew.-% bezogen auf die Feststoffmenge lag. Material Binder Überstand Sediment Gründichte % TD 1 H2O / CA (pH 2,5) / TEA (pH 5,0) – leicht trüb aufzuschütteln 2 H2O / CA (pH 2,1) / TEA (pH 5,2) – klar (fest) 3 H2O / CA (pH 2,1) / TEA (pH 5,2) + klar fest 55,4 4 H2O / PAA (pH 3,8) + leicht trüb fest 40,2 5 H2O / PAA (pH 3,5) / Dolapix (pH 3,8) – klar fest 6 H2O / PAA (pH 3,5) / Dolapix (pH 3,8) + klar fest 38,4 7 H2O / PAA (pH 3,5) / TEA (pH 5,9) – trüb aufzuschütteln Tabelle 4.4: Zentrifugation von AlN 2 – Einzelschichten; Einfluss der oberflächenaktiven Stoffe auf Überstand, Sediment und Gründichte 4.1.3.2. SiC (AlN, Y2O3) – Einzelschichten Die stabile CA / TEA / PVA – Suspension 1 in Tabelle 4.5 zeigt eine starke Trübung des Überstandes und eine niedrige Gründichte. Die Erhöhung der CA – Menge in Suspension 2 bei gleichzeitiger Senkung des Dispergatoranteils hat nach Abbildung 4.25 nur geringen Ein- fluss auf das Sedimentvolumen und damit die kolloidale Stabilität des Schlickers. Dagegen ist die Konzentration des Binders entscheidend. Sie bestimmt die Stärke der steri- schen Abstoßungskräfte, die die Suspension stabilisieren. Demzufolge wäre die Einstellung eines sekundären Minimums über eine sterische Behinderung, analog zu der durch Lange et al. in [22] postulierten sterischen Behinderung durch große Mengen zugesetzter −Cl – Ionen, 4.1. Ergebnisse und Diskussion - Wässrige Schlickersysteme 82 denkbar, konnte experimentell aber nicht nachgewiesen werden. Für die Schichtkomposite wurde der Bindergehalt daher auf 2,5 Gew.-% gesenkt. Material Binder Überstand Sediment Gründichte Gew.-% % TD 1 H2O / CA (pH 2,6) / TEA (pH 5,8) + trüb fest 42,4 2 H2O / CA (pH 2,3) / TEA (pH 5,3) + leicht trüb fest Tabelle 4.5: Zentrifugation von SiC P6α – Einzelschichten; Einfluss der oberflächenaktiven Stoffe auf Überstand, Sediment und Gründichte 4.2. Nichtwässrige Schlickersysteme Die nachfolgenden Untersuchungen zu Eigenschaften nichtwässriger Schlickersysteme wurden vor allem aufgrund ihrer Anwendung in der elektrophoretischen Abscheidung durch- geführt. Neben der Vermeidung von Elektrolyseerscheinungen hat sich in der Praxis das aus den niedrigen Siedepunkten und hohen Dampfdrücken resultierende gute Trocknungsver- halten der nichtwässrigen Schlicker als wesentlicher Vorteil gegenüber wässrigen Systemen erwiesen, so dass ihr Einsatz auf die zentrifugale Abscheidung ausgedehnt wurde. Allgemein lässt sich sagen, dass die Durchdringung der kolloidchemischen Vorgänge im nichtwässrigen Fall gegenüber den wässrigen Suspensionen weit weniger fortgeschritten ist; Literatur, in der entsprechende Wechselwirkungen mit oberflächenaktiven Substanzen behan- delt werden, ist nur begrenzt verfügbar [74, 80, 127, 141, 144]. 4.2.1. Hydrolyseverhalten von AlN – Pulver Das Hydrolyseverhalten des AlN in nichtwässrigen Medien wird ausschließlich durch das im Lösungsmittel enthaltene Wasser bestimmt. Dies wird in Abbildung 4.26 anhand der Aus- lagerung von AlN – Pulver in Isopropanol verdeutlicht. Die Zersetzung des Pulvers dauert an, solange Wassermoleküle vorhanden sind. Danach stellt sich bei den während der Auslagerung entnommenen Proben ein konstanter, gegenüber dem Ausgangspulver von 1,5 auf 2,2 Gew.-% erhöhter Sauerstoffgehalt ein. Bei einer Pulverein- waage von 2,5 g entspricht dies einer Sauerstoffmenge von 0,022 g bzw. einer verbrauchten Wassermenge von 0,025 g. Bezogen auf 50 g Lösungsmittel ergibt sich somit ein Wasser- gehalt von 0,05 Gew.-% im Isopropanol. 4.2. Ergebnisse und Diskussion - Nichtwässrige Schlickersysteme 83 Abbildung 4.26: Erhöhung des Sauerstoffgehaltes von AlN – Pulver bei der Auslagerung in Isopropanol 4.2.2. Schlickercharakterisierung 4.2.2.1. Zetapotential – Messung In organischen Medien mit niedrigen dielektrischen Konstanten spielen die Feldstärke und die Verteilung des elektrischen Feldes während der Messung eine entscheidende Rolle. Inhomo- gene Felder führen zu Polarisationseffekten und diese wiederum zu lokaler Erwärmung der Messsuspension. Nach Parfitt et al. [23] ist die Leitfähigkeit der Suspension dabei der dominierende Faktor. Nur für ausreichend hohe Leitfähigkeiten erhält man ein homogenes Feld zwischen den Elektroden. Ein zweiter entscheidender Parameter ist in der Messzelle adsorbiertes Wasser. Der Effekt dieses an der Kapillarenwand haftenden Wassers auf die Feldcharakteristik kann durch intensives Spülen der Messzelle mit Ethanol (bis zu einem Tag) ausgeschlossen werden. Die Eigenleitfähigkeit der eingesetzten organischen Messsuspensio- nen ist dann jedoch im Allgemeinen zu gering. Die Dissoziation ionischer Verbindungen wie KNO3 in organischen Medien ist nur in begrenzter Menge möglich. Sie führt zwar zu einer Steigerung der Leitfähigkeit, genügt aber für gewöhnlich nicht, um ein hinreichend homo- genes elektrisches Feld für die Messung aufzubauen. Die auftretende lokale Erwärmung bewirkt eine extreme Streuung in den Messwerten, so dass eine eindeutige Zuordnung der Zetapotentiale zu Effekten in der zu messenden Suspension nicht möglich ist. In den nachfolgenden Kapiteln hat man sich deshalb auf indirekte Methoden zur Charakteri- sierung der Suspensionsstabilität beschränkt. Aus Korngrößenverteilung und Sedimentations- 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 Sa ue rs to ffg eh al ti n G ew .-% 0 4 8 12 16 20 24 Auslagerungszeit in h 4.2. Ergebnisse und Diskussion - Nichtwässrige Schlickersysteme 84 verhalten konnte der Einfluss der jeweiligen Lösungsmittel / Additiv – Kombination auf das Oberflächenpotential der Pulver beurteilt werden. 4.2.2.2. Korngrößenanalyse Für die Untersuchungen in nichtwässrigen Medien musste die Deagglomerationszeit mit Ultraschall für SiC – Partikel auf bis zu 15 min erhöht werden. Bei AlN reichen (ähnlich entsprechenden wässrigen Messsuspensionen) 2 min zur Deagglomeration der Teilchen aus. Die aus der Lasergranulometrie erhaltenen d0,5 – und dmax – Werte sind in Tabelle 4.6 zu- sammengestellt, wobei die hellgraue bzw. dunkelgraue Unterlegung der Daten wieder einen positiven bzw. negativen Einfluss der Additive auf die kolloidale Stabilisierung kennzeichnet. Im Vergleich zu wässrigen Suspensionen ist die Dispergierung der SiC – Partikel in organischen Lösungsmitteln einfacher. Bei AlN hingegen sind die mittleren Teilchen- durchmesser, die in wässrigen Medien ~ 1,38 µm betragen, stark erhöht, was eine stärkere Agglomerationsneigung der Partikel andeutet. Eine verlängerte Ultraschallzeit zeigt keinen Einfluss auf die Werte. Tabelle 4.6: Mittlere und maximale Teilchendurchmesser von AlN und SiC in Abhängigkeit vom Lösungsmittel SiC – Partikel agglomerieren in Ethanol und Ethanol / CA / TEA und weisen eine um das Zehnfache erhöhte maximale Teilchengröße auf. Ebenso ist auch in MEK bzw. Ethanol / MEK keine gute Dispergierung möglich. AlN SiC d0,5 in µm dmax in µm d0,5 in µm dmax in µm Ethanol 1,51 6 1,22 56 Ethanol / TEA 1,38 20 0,84 4 Ethanol / CA 1,52 22 0,89 6 Ethanol / CA / TEA 1,33 20 1,19 63 MEK 2,08 160 0,95 16 Ethanol 34 Vol.% / 66 Vol.% MEK 1,38 20 1,06 25 Isopropanol 1,66 8 0,97 4,5 DEF 1,65 9 0,91 5 DEF / BA 1,43 8 0,84 4,5 DEF / CA 1,92 25 0,89 4 DEF / CA / BA 1,83 25 0,93 4 DMF 1,74 100 0,82 4 Aceton 1,49 22 0,82 4,5 Aceton 90 Vol.-% / 10 Vol.-% BA 1,59 6 0,84 4 4.2. Ergebnisse und Diskussion - Nichtwässrige Schlickersysteme 85 DMF und MEK haben einen ähnlich nachteiligen Effekt auf die Dispergierung der AlN – Teilchen. Aus diesem Grund wurde auf Standversuche mit reinem MEK, Ethanol / MEK bzw. reinem DMF sowohl für AlN als auch für SiC verzichtet. Für die AlN – Teilchen werden die kleinsten d0,5 – Werte bei der Verwendung von Ethanol / TEA, Ethanol / CA / TEA, Ethanol / MEK und DEF / BA erzielt, während sich dmax bei der Zugabe von Ethanol, Isopropanol, DEF, DEF / BA und Aceton / BA am stärksten verringert. 4.2.2.3. Standversuche Die jeweiligen Endvolumina der gebildeten Sedimente sind in Abbildung 4.27 und Abbildung 4.33 zusammengefasst. Im Vergleich zu Schichten aus wässrigen Suspensionen sind die maximalen Volumina im organischen Medium sowohl für AlN – als auch für SiC – Partikel niedriger und die Unterschiede zwischen den verschiedenen Ansätzen geringer. Abbildung 4.27: Sedimentvolumina nichtwässriger AlN – Suspensionen in Abhängigkeit vom Lösungsmittel. Die Pulvereinwaage beträgt jeweils 0,5 g. Dies erschwert eine Beurteilung der Daten, zumal keine eindeutige Korrelation zwischen hoher Sedimentdichte und einer Resttrübe im Überstand vorliegt, wie dies bei wässrigen Schlickern der Fall ist. Zur genaueren Auswertung der Standversuche werden daher im Folgenden die Absinkfront und das Sedimentvolumen in Abhängigkeit von der Zeit und der jeweiligen Lösungsmittel / Additiv – Kombination betrachtet. 0,0 0,5 1,0 1,5 Eth an ol Eth an ol / T EA Eth an ol / C A Eth an ol / C A / TE A ME K / C A DE F DE F / BA DE F / C A / BA DE F / Fr uc tos e / C A Ac eto n Ac eto n / BA Se di m en tv ol um en in m l trüber Überstand klarer Überstand leicht trüber Überstand 4.2. Ergebnisse und Diskussion - Nichtwässrige Schlickersysteme 86 Abbildung 4.28: Absinkfront von AlN – Partikeln in MEK / CA, Aceton und Aceton / BA Aceton und Aceton / BA mit AlN bilden instabile Suspensionen, während das Absinken der Partikel in MEK / CA erst nach 10 Tagen beendet ist (Abbildung 4.28). Die Sedimentdichte ist im letzten Fall jedoch relativ gering (vgl. Abbildung 4.27). Abbildung 4.29: Absinkfront von AlN – Ethanol – Suspensionen; Einfluss der Additive Abbildung 4.29 zeigt die Absinkfront der AlN – Partikel in ethanolischen Suspensionen. Der Sedimentationsversuch in reinem Ethanol wurde bereits nach einem Tag abgebrochen. Das Sedimentvolumen in Abbildung 4.27 ist daher vermutlich nicht das Endvolumen und somit nicht mit den Endvolumina der Ethanol – Suspensionen mit Additiv vergleichbar. Der Über- stand des Ethanol – Schlickers war sehr trüb und eine Absinkfront nicht zu erkennen, weshalb 0 2 4 6 8 10 0:00 48:00 96:00 144:00 192:00 240:00 Zeit in h A bs in kf ro nt in m l MEK / CA Aceton Aceton / BA 0 2 4 6 8 10 0:00 48:00 96:00 144:00 192:00 240:00 Zeit in h A bs in kf ro nt in m l Ethanol Ethanol / CA Ethanol / TEA Ethanol / TEA / CA 4.2. Ergebnisse und Diskussion - Nichtwässrige Schlickersysteme 87 die Suspension als stabil eingestuft wurde. Während die Zugabe von TEA einen mäßig stabilen Schlicker ergibt, führt CA zu einem sehr schnellen Absinken der Teilchen. Dieses Verhalten ist analog zum Einfluss von CA in wässrigen AlN – Suspensionen. Die Adsorption der CA in der inneren Helmholtz – Schicht reduziert dort die Abstoßungskräfte zwischen den Partikeln und führt zur Agglomeration der Partikel. Hieraus lässt sich auch für nichtwässrige Medien auf eine Verankerung der CA an der AlN – Oberfläche schließen. Die gemeinsame Verwendung der beiden Additive in Ethanol erhöht die kolloidale Stabilität, und das Sedimentvolumen sinkt auf 0,4 ml bei einer Pulvereinwaage von 0,5 g (siehe Abbildung 4.27). In Abbildung 4.30 ist der Einfluss verschiedener Dispergatoren für DEF – Suspensionen dar- gestellt. Die Partikel setzen sich im reinen DEF – Ansatz sehr langsam ab. Nach 5 Tagen ist der Überstand immer noch sehr trüb. Abbildung 4.30: Absinkfront von AlN – DEF – Suspensionen; Einfluss der Additive Vergleichbar zu den Endvolumina in Abbildung 4.27 hat der Zusatz von BA keine Wirkung auf die zeitliche Stabilität der Suspension. Im Gegensatz hierzu führt die zusätzliche Ver- wendung von CA zu einer Verbesserung der kolloidalen Eigenschaften. Die Sedimentation ist erst nach 11 Tage abgeschlossen; der Überstand ist dann klar. Die Erhöhung der inter- partikulären Abstoßungskräfte ist folglich von der Anwesenheit von CA abhängig; dies setzt eine vorherige Adsorption der CA auf der AlN – Oberfläche voraus. Durch die Lewis – Base BA werden die Carboxylgruppen auf der Pulveroberfläche deprotoniert und somit die Ober- flächenladung erhöht. Die Suspensionsstabilität, d.h. die Höhe der Abstoßungskräfte, wird durch die kombinierte Konzentration beider Zusätze beeinflusst. 0 2 4 6 8 10 0:00 48:00 96:00 144:00 192:00 240:00 Zeit in h A bs in kf ro nt in m l DEF DEF / BA DEF / BA / CA DEF / Fructose / CA 4.2. Ergebnisse und Diskussion - Nichtwässrige Schlickersysteme 88 Abbildung 4.31: Einfluss des CA – Gehaltes auf a) die Absinkfront und b) das Sedimentvolu- men einer AlN – DEF / BA /CA – Suspension So ist eine Abnahme der Sedimentationszeiten sowie eine Erhöhung des Sedimentvolumens mit zunehmendem Additivanteil zu beobachten (Abbildung 4.31). Von Bedeutung ist hierbei vor allem die CA, die nur bis zu einer bestimmten Menge auf der AlN – Oberfläche adsorbieren kann. Bei höheren Konzentrationen liegt CA gelöst im nichtwässrigen Medium vor. Die daraus resultierende Erhöhung der Ionenstärke reduziert die Doppelschichtdicke der AlN – Teilchen und führt schließlich zur Agglomeration. Abbildung 4.32: Bildreihe der nichtwässrigen AlN – Suspension mit DEF / Fructose / CA; Zeit in T:h:min Zusätzlich zu den beschriebenen stabilen DEF – Suspensionen ist in Abbildung 4.30 ein schwach flockulierter Schlicker aufgeführt. Wie die Bilderfolge in Abbildung 4.32 zeigt, ist nach 30 Minuten eine dünne klare Schicht im oberen Bereich entstanden, die ein sekundäres Minimum in der Potential – Abstands – Kurve andeutet [24]. Die Sedimentation ist innerhalb von 3 h nahezu beendet, und die überstehende Flüssigkeit ist nach einem Tag klar. Beim 0 2 4 6 8 10 0:00 48:00 96:00 144:00 192:00 240:00 Zeit in h A bs in kf ro nt in m l DEF / BA / CA 1,5 mg/m² Zusätze 3 mg/m² Zusätze 4 mg/m² Zusätze a) 0,0 0,4 0,8 1,2 1,6 2,0 0:00 48:00 96:00 144:00 192:00 240:00 Zeit in h Se di m en tv ol um en in m l DEF / BA / CA 1,5 mg/m² Zusätze 3 mg/m² Zusätze 4 mg/m² Zusätze b) 4.2. Ergebnisse und Diskussion - Nichtwässrige Schlickersysteme 89 Einstellen des sekundären Minimums spielt die Reihenfolge der Additivzugabe eine ent- scheidende Rolle [25]. Zunächst ist die Adsorption von Fructose erforderlich, die in Analogie zu den −Cl – Ionen in den von Lange et al. [22] behandelten wässrigen Systemen Al2O3 / HNO3 / NH4Cl und ZrO2 / Al2O3 / HNO3 / NH4Cl eine sehr kurzreichweitige sterische Stabilisierung bietet. Danach wird durch die Steigerung des CA – Gehaltes die Ionenstärke erhöht, wodurch der DEF – Schlicker koaguliert. Für SiC ergeben die Ethanol / Additiv – Kombinationen ein rasches Absetzen der Partikel zu Schichten mit geringer Gründichte (Abbildung 4.33). In den Bilderfolgen der jeweiligen Suspension sind sofort nach dem Einfüllen in die Standzylinder große Flocken zu erkennen. SiC – Teilchen in MEK / BA und DEF / CA / BA bilden ebenfalls flockulierte Schlicker. Dagegen dauert die Sedimentation von Suspensionen in DEF, DEF / BA, DMF / BA und Aceton / BA über 5 - 10 Tage an. Die Ansätze in DEF und Aceton / BA führen dabei jedoch zu wesentlich höheren Sedimentvolumina. Abbildung 4.33: Sedimentvolumina nichtwässriger SiC – Suspensionen in Abhängigkeit vom Lösungsmittel Anhand von Abbildung 4.34 soll noch einmal genauer auf die Kombinationen DEF / Additiv eingegangen werden. SiC – Suspensionen in DEF und DEF / BA sind sehr stabil, wobei der Dispergator sowohl die Sedimentationsdauer verlängert als auch die Sedimentdichte erhöht (siehe auch Abbildung 4.33). 0,0 0,5 1,0 1,5 Eth an ol Eth an ol / T EA Eth an ol / C A / TE A ME K / BA DE F DE F / BA DE F / C A / BA DM F / BA Ac eto n / BA Se di m en tv ol um en in m l trüber Überstand klarer Überstand leicht trüber Überstand 4.2. Ergebnisse und Diskussion - Nichtwässrige Schlickersysteme 90 Abbildung 4.34: Absinkfront von SiC – DEF – Suspensionen; Einfluss der Additive Der Einsatz geringer Mengen an CA reduziert die kolloidale Stabilität drastisch. Auch hier zeigt sich eine Parallele zu den wässrigen Systemen. Während BA die Basizität des Schlickers und somit die Ausbildung negativ geladener Oberflächengruppen erhöht, erniedrigen die gelösten CA – Ionen die Dicke der gebildeten Doppelschicht. 4.2.3. Elektrophoretische Abscheidung von Einzelschichten Die elektrophoretische Abscheidung der Suspensionen wurde aus gerätetechnischen Gründen unter konstanter Spannung durchgeführt. Nach Abschnitt 2.5.3. ist für Suspensionen mit begrenztem Partikelgehalt der Einfluss einer mit der Zeit veränderlichen Wanderungs- geschwindigkeit v(t) in Gleichung (2.28) einzubeziehen. In der Literatur gibt es hierfür zwei Ansätze, die im Folgenden diskutiert werden. Sarkar und Nicholson [20] haben Gleichung (4.1) als Lösung für Gleichung (2.28) eingeführt: 0 tkV m m(t) m ln)Lm(R' m(t)R' app 0 0 0 =+    −⋅++ . (4.1) m0 gibt die anfängliche Masse der Partikel im Schlicker an, L den Abstand zwischen den Elektroden und Vapp die angelegte Spannung. Die Konstante k bezieht die Abscheidungs- parameter sowie die Charakteristika der Partikelsuspension ein (vgl. Gleichung (2.33)). R' spiegelt das Verhältnis Rr aus dem Widerstand der abgeschiedenen Schicht und dem Widerstand der Suspension wider und kann durch Gleichung (4.2) ausgedrückt werden A 1 R R' rρ −= , (4.2) 0 2 4 6 8 10 0:00 48:00 96:00 144:00 192:00 240:00 Zeit in h A bs in kf ro nt in m l DEF DEF / BA DEF / BA / CA 4.2. Ergebnisse und Diskussion - Nichtwässrige Schlickersysteme 91 in der A die Fläche der abgeschiedenen Schicht und ρ ihre Gründichte darstellen. Unter Berücksichtigung von Gleichung (4.3) ergibt sich damit für die kumulative Schicht- dicke d(t) Gleichung (4.4), in der dmax die maximal erreichbare Schichtdicke bei vollständiger Abscheidung aller Partikel aus der Suspension bezeichnet. d(t)A m(t) ⋅ρ= (4.3) 0 tkV d (t)d d lnL] d1) [(R d(t)1) (R app max max maxrr =+    −⋅+⋅−+⋅− (4.4) Das Fitten der experimentellen Daten nach diesem Ansatz ergibt jedoch keine eindeutige Lösung; dies ist durch die in Abschnitt 2.5.3. erwähnte Veränderung der Widerstände (Leit- fähigkeitsbeiträge) während der Abscheidung zu erklären. Damit ergibt sich ein mit der Abscheidungsdauer veränderliches Rr, das nicht eindeutig bestimmt werden kann. Vandeperre und Van der Biest [138] haben dagegen bei ihrer Ableitung der Abscheidungs- kinetik ein variables Rr berücksichtigt. Sie gehen bei der Bestimmung der abgeschiedenen Partikelmenge jedoch nicht von Gleichung (2.28) aus, sondern von der Hamaker – Gleichung (2.34). Diese beschreibt die Verhältnisse bei konstantem Strom und konstantem Feststoff- gehalt. Ihre Anwendung zur Herleitung der Abscheidungsrate bei konstanter Spannung und veränderlicher Partikelkonzentration macht daher wenig Sinn. Aus diesem Grund sind die experimentellen Daten der EPD – Versuche in den nächsten Kapiteln näherungsweise mit Gleichung (2.31) gefittet. Die berechneten Kurven sollen jedoch lediglich zur Orientierung dienen und werden nicht zur Bestimmung der Abscheidungs- parameter herangezogen. 4.2.3.1. AlN (Y2O3) – Suspensionen Abbildung 4.35 bis Abbildung 4.37 beschreiben die EPD von AlN – Suspensionen der Zusammensetzung Ethanol / Dispergator bzw. DEF / Dispergator mit 2 Gew.-% Y2O3 als Sinteradditiv. Die Versuche fanden bei einer konstanten Spannung von 30 – 300 V statt und wurden abgebrochen, falls Blasen auftraten oder die Stromstärke anstieg. Letzteres hat eine Erwärmung der Suspension zur Folge. In Abbildung 4.35 sind die Ergebnisse der Suspensionen mit Ethanol dargestellt. Eine EPD in Ethanol / TEA und Ethanol / CA ist nicht möglich. Wie Abbildung 4.29 zeigt, sind die Schlicker mit einem einzelnen Dispergator nicht stabil. Auch eine Erhöhung der TEA – Konzentration zeigt keinen positiven Effekt. Bei der Verwendung von CA allein, d.h. bei hoher Acidität der Suspension, kommt es schon bei einer geringen Spannung von 30 V zur Blasenbildung, die auf eine Zersetzung von CA hindeutet. 4.2. Ergebnisse und Diskussion - Nichtwässrige Schlickersysteme 92 Für die Abscheidung in Ethanol und Ethanol / TEA / CA wurde eine Spannung von 200 V verwendet, um eine größere Schichtdicke zu erzielen und so das Handling der Grünlinge zu erleichtern. Die in reinem Ethanol abgeschiedenen Schichten erreichen dabei eine größere Dicke. Demzufolge ist das Oberflächenpotential der Ethanol / TEA / CA – Suspension niedri- ger, was mit den kürzeren Standzeiten in Abbildung 4.29 übereinstimmt. Abbildung 4.35: EPD des Materials AlN 2 in (1) Ethanol und (2) Ethanol / TEA / CA bei 200 V Abbildung 4.36: EPD des Materials AlN 2 in (1) DEF und (2) DEF / BA bei 300 V sowie (3) DEF / BA / CA bei 100 V 0 1 2 3 Sc hi ch td ic ke in m m 0 5 10 15 20 25 Zeit in min Ethanol Ethanol / TEA / CA 0 1 2 3 Sc hi ch td ic ke in m m 0 5 10 15 20 25 Zeit in min DEF DEF / BA DEF / BA / CA 4.2. Ergebnisse und Diskussion - Nichtwässrige Schlickersysteme 93 Die Abscheidung des Materials AlN 2 in DEF und DEF / BA bei Spannungen unter 300 V ergibt sehr dünne Schichten, die nicht von der Elektrode zu lösen sind. Im Gegensatz dazu steigt der Strom bei DEF / BA / CA oberhalb 150 V rapide an; der Schlicker beginnt innerhalb weniger Minuten zu kochen. In Analogie zu Abbildung 4.30 ist die Abscheidungscharakteristik der Suspensionen mit DEF und DEF / BA nahezu identisch (Abbildung 4.36). Die Zugabe von CA zur DEF / BA – Suspension erhöht, wie in Abschnitt 4.2.2.3. beschrieben, die abstoßenden Oberflächenkräfte der Teilchen stark. Die Schichtdicke kann so trotz niedrigerer Spannung auf etwa das Zehn- fache vergrößert werden. Die Grünfestigkeit der hergestellten AlN 2 – Proben ist gering, so dass die Verwendung eines Binders notwendig ist. Das PVB lagert sich an der Oberfläche der Partikel an und reduziert die elektrostatische Abstoßung, wodurch die abgeschiedene Menge sinkt (Abbildung 4.37). In DEF mit und ohne Additiv ist eine Abnahme der Schichtdicke mit steigender Bindermenge zu beobachten, während die abstoßenden Kräfte in den Ethanol – Suspensionen so stark herab- gesetzt werden, dass eine Abscheidung ausbleibt. Abbildung 4.37: EPD des Materials AlN 2 in DEF / BA / CA bei 100 V; (1) ohne Binder und (2) mit 3 Gew.-% PVB Wie in Abbildung 4.31 dargestellt, hat der CA – Gehalt großen Einfluss auf das Oberflächen- potential der Partikel im DEF / BA / CA / (PVB) – Schlicker. Dies spiegelt sich auch in der Abscheidung selbst sowie in der Dichte der abgeschiedenen und gesinterten Schichten wider (Abbildung 4.38). 0 1 2 3 Sc hi ch td ic ke in m m 0 5 10 15 20 25 Zeit in min DEF / BA / CA DEF / BA / CA / PVB 4.2. Ergebnisse und Diskussion - Nichtwässrige Schlickersysteme 94 Abbildung 4.38: EPD des Materials AlN 2 in DEF / BA / CA / PVB; Dichten der gesinterten Proben in Abhängigkeit von der Anzahl der Abscheidungsvorgänge und vom CA – Gehalt Liegt die CA – Menge bei 0,65 mg/m², so bildet sich bereits beim ersten Anlegen des elektrischen Feldes eine Schicht. Bei Werten ≥ 0,75 mg/m² ist die EPD erst nach dem zweiten bzw. vierten Abscheidungsvorgang aus demselben Schlicker erfolgreich. Mit steigender CA – Konzentration kommt es an der Elektrode zur Blasenbildung. Dies ist auf eine chemische Reaktion der überschüssigen, in Lösung vorliegenden CA zurückzu- führen. Aufgrund der zu beobachtenden Blasenbildung erscheint die Dissoziation der CA von den möglichen Reaktionen, die Gruber in seiner Diplomarbeit [25] nennt, am wahrschein- lichsten. Ist die überschüssige CA abgebaut, setzt der Aufbau der Schicht auf der Elektrode ein. Das Problem der Blasenbildung schlägt sich direkt in der Enddichte der gesinterten Schichten nieder. Bei einem CA – Gehalt von 0,65 mg/m² wird mit dem ersten Abscheidungs- vorgang eine Dichte von ~ 100 %TD erreicht, während die Sinterdichte bei höheren CA – Konzentrationen erst nach mehreren EPD – Anläufen ansteigt. Eine größere Menge an gelöster CA führt zu stärkerer Blasenbildung und somit zu einer höheren Porosität im Grünling und der gesinterten Probe. Mit der Anzahl der Abscheidungsvorgänge aus derselben Suspension wird der Anteil der nicht adsorbierten CA immer niedriger, und die Sinterdichte nimmt zu. 4.2.3.2. SiC (AlN, Y2O3) – Suspensionen Die Abscheidung der SiC – Suspensionen mit den Sinteradditiven AlN : Y2O3 im Verhältnis 60 Mol.-% : 40 Mol.-% erfolgte bei einer konstanten Spannung zwischen 30 und 350 V. 85 90 95 100 0 2 4 6 8 Anzahl der Abscheidungsvorgänge Si nt er di ch te in % T D 0,65 mg/m² CA [diese Arbeit] 0,75 mg/m² CA [137] 0,85 mg/m² CA [137] 1,10 mg/m² CA [137] 4.2. Ergebnisse und Diskussion - Nichtwässrige Schlickersysteme 95 Abbildung 4.39 bezieht sich auf Schlicker der Zusammensetzung Ethanol / Additiv. Eine EPD in Ethanol und Ethanol / TEA / CA ist nicht möglich. Die beiden Suspensionen sind stark flockuliert (Abbildung 4.33), und das Oberflächenpotential reicht für eine Migration der Partikel zur Elektrode nicht aus. Der Standversuch von SiC in Ethanol / TEA deutet ebenso auf einen instabilen Schlicker hin, jedoch findet hier bei einer Spannung von 100 V eine Abscheidung des Materials SiC P6α statt. SiC P6α in einem Ethanol / CA – Ansatz eignet sich gleichfalls zur Herstellung von SiC – Schichten. Die Ausbeute während der Abscheidung ist bei dieser Suspension geringer als bei Ethanol / TEA. Um eine vergleichbare Schichtdicke zu erreichen, musste die Spannung auf 200 V erhöht werden. Das Verhalten der beiden Schlicker kann aus den vorhandenen Daten nicht eindeutig erklärt werden. Die kolloidale Stabilisierung des Ethanol / TEA – Ansatzes ist vermutlich auf den Einfluss der Sinteradditive zurückzuführen. Dagegen ist in der Ethanol / CA – Suspension eine Verschiebung des Reaktionsgleichgewichtes in Gleichung (2.16) nach links denkbar. Den Ergebnissen in wässrigen Medien folgend sollte CA nicht auf der SiC – Oberfläche adsorbieren. Die gelöste Säure erhöht die Acidität des Schlickers und erzeugt eine positive Oberflächenladung der Teilchen, die sich dementsprechend auf der negativen Elektrode abscheiden. Abbildung 4.39: EPD des Materials SiC P6α in (1) Ethanol / TEA bei 100 V und (2) Ethanol / CA bei 200 V In Abbildung 4.40 sind die Ergebnisse der Suspensionen mit DEF dargestellt. Bei der Verwendung von DEF als Lösungsmittel setzt die Schichtbildung erst bei Spannungen oberhalb 300 V ein. Bei niedrigeren Spannungen reicht das angelegte Feld zur Überwindung 0 1 2 3 4 5 6 Sc hi ch td ic ke in m m 0 5 10 15 20 25 Zeit in min Ethanol / TEA Ethanol / CA 4.2. Ergebnisse und Diskussion - Nichtwässrige Schlickersysteme 96 der Energiebarriere zwischen den Partikeln nicht aus, so dass sich keine Teilchen – Teilchen – Kontakte ausbilden können. Dagegen neigt SiC P6α in DEF / BA / CA oberhalb 150 V zur Bildung von Blasen. Die Dicke der abgeschiedenen Schichten steigt von DEF über DEF / BA / CA zu DEF / BA hin an. Durch das basisch wirkende BA erhöht sich die Anzahl der negativ geladenen Oberflächengruppen (siehe auch Abbildung 4.33) und somit die abgeschiedene Schichtdicke, während die zusätzliche Präsenz von CA, die auf SiC nicht adsorbieren kann, die Doppel- schichtdicke der Partikel reduziert. Im Gegensatz zu den Ergebnissen des Standversuches der entsprechenden SiC – Suspension ohne Sinteradditive reicht das Oberflächenpotential jedoch zur Migration und Abscheidung der Partikel aus. Dies lässt sich auf einen Einfluss der Sinter- additive AlN bzw. Y2O3 zurückführen, auf deren Oberfläche eine Adsorption der CA jeweils möglich ist. Infolgedessen verringert sich die überschüssige CA – Konzentration sowie die Ionenstärke der Suspension, und eine Abscheidung kann stattfinden. Allerdings ist die abgeschiedene Pulvermenge im Vergleich zu Suspensionen ohne CA deutlich geringer. Abbildung 4.40: EPD des Materials SiC P6α in (1) DEF und (2) DEF / BA bei 300 V sowie (3) DEF / BA / CA bei 100 V Die Grünfestigkeit der SiC P6α – Proben erfordert ebenfalls die Verwendung eines Binders. Analog zu den AlN – Suspensionen reduziert PVB die abstoßenden elektrostatischen Kräfte und damit die abgeschiedene Stoffmenge (Abbildung 4.41). Eine Abscheidung der Partikel aus den binderhaltigen Ethanol – Suspensionen ist auch hier nicht realisierbar. In DEF mit und ohne Additive ist die Abnahme der Schichtdicke mit der Bindermenge jedoch wesentlich geringer, als dies beim Material AlN 2 der Fall ist. 0 1 2 3 4 5 6 Sc hi ch td ic ke in m m 0 5 10 15 20 25 Zeit in min DEF DEF / BA DEF / BA / CA 4.2. Ergebnisse und Diskussion - Nichtwässrige Schlickersysteme 97 Abbildung 4.41: EPD des Materials SiC P6α in DEF / BA bei 300 V (1) ohne Binder und (2) mit 3 Gew.-% PVB 4.2.3.3. Zusammenfassung Tabelle 4.7 fasst die Ergebnisse der EPD der beiden Materialien AlN 2 und SiC P6α zusammen. Nach Gleichung (2.16) rufen sauer reagierende Moleküle positive Ladungen auf basischen Partikeln hervor und basische Moleküle negative Ladungen auf sauren Partikeln. Tabelle 4.7: Übersicht der EPD der Materialien AlN 2 und SiC P6α in verschiedenen Lösungsmittel / Dispergator – Kombinationen In den untersuchten nichtwässrigen Lösungsmitteln ohne Dispergator scheidet sich AlN jeweils auf der negativen Elektrode ab, besitzt also eine positive Oberfläche. TEA und BA 0 1 2 3 4 5 6 Sc hi ch td ic ke in m m 0 5 10 15 20 25 Zeit in min DEF / BA / PVB DEF / BA AlN 2 SiC P6α Spannung Elektrode Spannung Elektrode Ethanol 200 V negativ - Ethanol / TEA - 100 V positiv Ethanol / CA - 200 V negativ Ethanol / CA / TEA 200 V positiv - DEF 300 V negativ > 300 V positiv DEF / BA 300 V negativ 300 V positiv DEF / CA / BA < 150 V positiv < 150 V positiv Aceton / BA - > 200 V positiv 4.2. Ergebnisse und Diskussion - Nichtwässrige Schlickersysteme 98 wirken als indifferente Elektrolyte; ihr Einfluss liegt ausschließlich in der Erhöhung der Basizität der Suspension. Der Zusatz von BA zu DEF zeigt keine Auswirkungen auf das kolloidale Verhalten der AlN – Teilchen (Standversuch sowie EPD – Ausbeute). Analog zu Zetapotential – pH – Profilen in wässrigen Medien wurde in Abbildung 4.42 der Verlauf des Oberflächenpotentials in nichtwässrigen skizziert. An die Stelle des pH – Wertes tritt hier die Basizität der Suspension. BA verschiebt die Ladung der Partikel in der DEF – Suspension in Richtung des IEP (Punkt 1). Das Zetapotential befindet sich jedoch noch im ausgedehnten positiven Plateaubereich des AlN, so dass die kolloidalen Eigenschaften des Schlickers unberührt bleiben. CA geht dagegen eine Bindung mit der AlN – Pulveroberfläche ein, verändert die aktiven Oberflächengruppen und somit das gesamte Profil (Punkt 2). Eine BA – Zugabe bewirkt nun die Verschiebung über den IEP hinaus (Punkt 3). Die Carboxyl- gruppen auf der Oberfläche werden deprotoniert und erzeugen eine negative Ladung. Dies führt (sowohl in DEF als auch in Ethanol) zur Abscheidung von Schichten auf der positiven Elektrode. Abbildung 4.42: Modell des Oberflächenpotentialverlaufs von AlN – Teilchen in nicht- wässrigen Medien in Abhängigkeit von der Basizität der Suspension SiC – Partikel besitzen demgegenüber in Abwesenheit oberflächenaktiver Zusätze eine negativ geladene Oberfläche und scheiden sich z.B. in DEF auf der positiven Elektrode ab. Der IEP ist bei SiC analog zum wässrigen pH – Profil aus Abbildung 3.2 im sauren Bereich zu erwarten. BA, TEA und TEA / CA steigern die Konzentration negativer Oberflächen- gruppen, während CA alleine die Acidität der ethanolischen Suspension so stark erhöht, dass sich das Vorzeichen des Potentials umkehrt. -60 -40 -20 0 20 40 Basizität Ze ta po te nt ia l i n m V Punkt 1 Punkt 3 Punkt 2 4.2. Ergebnisse und Diskussion - Nichtwässrige Schlickersysteme 99 Eine Aussage zur Abscheidungskinetik ist bei den meisten untersuchten Systemen nicht möglich, da die EPD in der angesetzten Maximalzeit (26 Minuten) im Allgemeinen nicht abgeschlossen war. Lediglich die AlN – Suspensionen mit DEF (+ BA) (Abbildung 4.36) sowie der SiC – DEF – Schlicker (Abbildung 4.40) erreichen bereits nach 3 – 5 Minuten eine maximale Dicke, die trotz hoher Restpartikelkonzentration im Schlicker bei längeren EPD – Zeiten nicht ansteigt. Die parallel zur Abscheidungsspannung gemessene Stromstärke ist in dieser Zeit auf Null gesunken. Tauscht man die beschichtete Elektrode durch eine neue, unbe- schichtete Elektrode aus, dann setzt die Abscheidung erneut ein. Die Erklärung dieses Phänomens ist im Abscheidungsprozess begründet. Zur Bildung einer Schicht auf der Elektrode muss die Energiebarriere der Partikel durch das angelegte Feld überwunden werden (Abschnitt 2.5.3.). Die Entladung der Teilchen manifestiert sich im gemessenen Stromfluss. Kommt dieser zum Erliegen, kann eine Agglomeration der Partikel an der Elektrode und damit ein Wachsen der Schicht nicht mehr realisiert werden. Eine mögliche Ursache hierfür ist die Behinderung der Ionenwanderung zur Elektrodenoberfläche durch die gebildete Schicht. Zum anderen nimmt der Spannungsabfall über der nichtleitenden Schicht mit zunehmender Schichtdicke rapide zu. Abbildung 4.43: EPD von (1) AlN 2 in DEF / BA / CA bei 100 V mit 3 Gew.-% PVB und (2) SiC P6α in DEF / BA bei 300 V mit 3 Gew.-% PVB Zur Herstellung der Schichtkomposite durch EPD werden die Abscheidungselektroden alternierend in die AlN – und SiC – Suspensionen eingetaucht. Aus diesem Grund wird eine Abscheidung der beiden Materialien auf der gleichen Elektrode gewünscht. Des weiteren ist das Auftreten von Kreuzverunreinigungen zu vermeiden. Im Hinblick auf diese Kriterien 0 1 2 3 4 5 6 Sc hi ch td ic ke in m m 0 5 10 15 20 25 Zeit in min SiC AlN 4.2. Ergebnisse und Diskussion - Nichtwässrige Schlickersysteme 100 wurden die beiden binderhaltigen Suspensionen in Abbildung 4.43 zur Fertigung der Schichten gewählt. Die Schichtbildungsrate für SiC ist wesentlich höher als für AlN. Um vergleichbare Schichtdicken < 100 µm abzuscheiden, ergibt sich für SiC und AlN ein Verhältnis der EPD – Zeiten von 1 : 6. Die in Abschnitt 4.4.3. charakterisierten Schichtproben sind mit Abscheidungszeiten von 10 s für SiC – und 60 s für AlN – Suspensionen hergestellt. 4.2.4. Zentrifugale Abscheidung von Einzelschichten Wie Gruber [25] näher beschreibt, treten bei der zentrifugalen Abscheidung stabiler nicht- wässriger Suspensionen Entmischungserscheinungen auf. Die feinen Partikel werden geringer beschleunigt und bilden eine separate Schicht auf der Probenoberseite, die sich in Abbildung 4.44 rechts befindet. Beim Sintern kann diese Schicht vollständig verdichtet werden, während im Bereich der großen Teilchen Porosität zurückbleibt. Beim Abkühlen treten Spannungen zwischen den Bereichen unterschiedlicher Dichte auf, die die Bildung von Rissen zur Folge haben. Diese Defekte in der Mikrostruktur motivierten die Entwicklung des in Abschnitt 4.2.2.3. beschriebenen koagulierten DEF – Schlickers. Abbildung 4.44: Lichtmikroskopische Aufnahme (100 – fache Vergrößerung) einer zentrifu- gierten AlN 2 – Probe mit Dichtegradient; Abscheidung aus ethanolischer Suspension [25] Da diese Ergebnisse bei der Fertigung der nichtwässrigen Schichtkomposite zunächst noch ausstanden, kamen auch die stabilen Suspensionen AlN – MEK / CA und SiC – Aceton / BA zum Einsatz. Die elektrostatische Abstoßung zwischen den Partikeln wurde in beiden Fällen durch einen hohen Binderanteil bis zur Flockulation erniedrigt. Diese Verwendung flockulier- 4.2. Ergebnisse und Diskussion - Nichtwässrige Schlickersysteme 101 ter Schlicker schließt die Entstehung von Dichtegradienten aus, senkt jedoch andererseits die Gründichte und damit eventuell die Dichte der gesinterten Schichtkomposite. 4.3. Charakterisierung der SiC – und AlN – Bulkproben Das Sinterverhalten von SiC und AlN stellt sich in der Literatur [150-154] sehr unterschied- lich dar und wird wesentlich durch die beim Flüssigphasensintern (LPS) verwendeten Sinter- additive bestimmt. Die Verdichtung des AlN setzt bei niedrigeren Temperaturen ein als die des SiC, so dass die Zusammensetzung der sich bildenden Glasphasen und damit deren eutektische Temperaturen aufeinander abgestimmt werden müssen, um eine simultane Sinterung der alternierenden Schichten im Komposit zu ermöglichen. Um Delaminationen zwischen den Schichten auszuschließen, sind außerdem Spannungen im Material zu ver- meiden, die durch ein unterschiedliches Ausdehnungsverhalten erzeugt werden. Zur Angleichung der Sintertemperaturen wurde Y2O3 als Additiv für AlN gewählt, während eine Additivkombination aus AlN und Y2O3 für SiC zum Einsatz kommt. 4.3.1. Ausdehnungsverhalten Der Wärmeausdehnungskoeffizient (WAK) der drei AlN – Varianten ist in Abbildung 4.45 im Bereich zwischen RT und 1500 °C dargestellt. Abbildung 4.45: Wärmeausdehnungsverhalten der AlN – Keramiken in Abhängigkeit vom Y2O3 – Gehalt 3 4 5 6 0 400 800 1200 1600 Temperatur in °C W A K in 1 0- 6 /K AlN2 AlN5 AlN8 4.3. Ergebnisse und Diskussion - Charakterisierung der SiC – und AlN – Bulkproben 102 AlN2 besitzt die niedrigsten Werte, gefolgt von AlN8 und AlN5. Dabei wird das Aus- dehnungsverhalten sowohl von der Menge und der chemischen Zusammensetzung der beim Sintern entstehenden Sekundärphase als auch von deren Kristallisationsgrad bestimmt [155]. Im Vergleich zu den AlN – Materialien zeigen die SiC – Varianten eine niedrigere thermische Ausdehnung (Abbildung 4.46). Die gemessenen Werte liegen in einem sehr engen Intervall, dessen Ober- und Untergrenze über einen weiten Temperaturbereich durch SiC P21 und SiC P26 gegeben sind. Während die Additivmenge und der Gehalt an α-SiC im Ausgangspulver keine signifikante Rolle für das Ausdehnungsverhalten der SiC – Proben spielen, ist ein Einfluss des Y2O3 – Anteils zu beobachten. Die Additivzusammensetzung von SiC P21 enthält mit 60 Mol-% die größte Y2O3 – Menge. Der mittlere WAK des Y2O3 liegt bei 7,2 10-6 K-1 und erhöht den WAK der SiC – Keramik damit deutlich. Abbildung 4.46: Wärmeausdehnungsverhalten der SiC – Keramiken in Abhängigkeit von der Zusammensetzung des Sinteradditivs Tabelle 4.8 zeigt zusammenfassend die mittleren WAK der verschiedenen Materialkombina- tionen. Aus der Reihe der SiC – Mischungen wurden SiC P21 sowie die beiden SiC P6 Materialien für die sinterdilatometrischen Untersuchungen gewählt. Die Sintertemperatur für dichtes SiC P9 liegt um 1980 °C. SiC P24 und SiC P25 besitzen im Vergleich zu den übrigen Proben einen niedrigeren Additivgehalt, der ebenfalls eine Verschiebung der Verdichtung zu höheren Temperaturen erwarten lässt [30]. Die geringsten Differenzen im Ausdehnungsverhalten der SiC – und AlN – Proben bestehen in Kombination mit AlN2, das im Weiteren für die Herstellung der Schichtkomposite ver- wendet wird.                                                       3 4 5 6 0 400 800 1200 1600 Temperatur in °C W A K in 1 0- 6 /K  P06, P09, P24, P25 P21 P26 4.3. Ergebnisse und Diskussion - Charakterisierung der SiC – und AlN – Bulkproben 103 Pulver mittlerer WAK, RT – 1500 °C [10-6 K-1] AlN2 5,02 AlN5 5,67 AlN8 5,29 SiC P9αβ 4,75 SiC P21αβ 5,03 SiC P24αβ 4,70 SiC P25αβ 4,90 SiC P26αβ 4,65 SiC P6αβ 4,81 SiC P6α 4,76 Tabelle 4.8: Übersicht der mittleren WAK der unterschiedlichen Bulkproben 4.3.2. Sinterdilatometrische Untersuchungen Das Sintern von SiC – Keramiken erfolgt in der Regel in Graphittiegeln [152, 156, 157]. Da AlN aber zur Reaktion mit Kohlenstoff unter Bildung von Al4C3 neigt, wurden die ersten dilatometrischen Messungen zur Bestimmung eines geeigneten Tiegelmaterials für die SiC – AlN – Schichtkomposite durchgeführt. Abbildung 4.47: Sinterverhalten von SiC P6αβ in Abhängigkeit vom Tiegelmaterial, a) Schwindung und b) Sinterrate Wie Abbildung 4.47 zeigt, wird die Sinterkinetik von SiC wesentlich durch das Tiegel- material beeinflusst; das Maximum der Sinterrate, das bei ca. 1800 °C liegt, ist im Fall von Graphit fast vollständig unterdrückt bzw. zu höheren Temperaturen verschoben. Im Temperaturbereich oberhalb 2000 °C findet thermische Zersetzung des Sinteradditivs (AlN → Al(l) + ½ N2(g)) statt. Daher wird im Weiteren BN als Tiegelmaterial verwendet. -8 -6 -4 -2 0 1300 1500 1700 1900 Temperatur in °C Lä ng en än de ru ng in % BN - Setup C - Setup a) 0 10 20 30 40 1300 1500 1700 1900 Temperatur in °C Si nt er ra te (w . E .) BN - Setup C - Setup b) 4.3. Ergebnisse und Diskussion - Charakterisierung der SiC – und AlN – Bulkproben 104 Abbildung 4.48: Sinterrate von AlN – Keramiken in Abhängigkeit vom Y2O3 – Gehalt Das Sinterverhalten der AlN – Proben ist nahezu unabhängig vom Additivanteil. Abbildung 4.48 zeigt zwei Sinterpeaks, die bei 1500 – 1530 °C und 1770 – 1800 °C liegen. Sie ent- sprechen dem Auftreten einer ersten Schmelze sowie dem Lösungs- und Wiederaus- scheidungssintern, das nach Erreichen einer hinreichend niedrigen Schmelzviskosität einsetzt. Abbildung 4.49: Sinterrate von SiC – Keramiken in Abhängigkeit von der Zusammensetzung des Sinteradditivs Im Unterschied dazu weisen die Dilatometerläufe der SiC – Materialien drei Peaks in der Sinterrate auf (Abbildung 4.49); im Temperaturbereich oberhalb 2000 °C handelt es sich dabei um die thermische Zersetzung des AlN im Sinteradditiv. Um 1580 – 1600 °C findet 0 20 40 60 80 100 1200 1400 1600 1800 Temperatur in °C Si nt er ra te (w . E .) AlN 2 AlN 5 AlN 8 0 20 40 60 80 100 1300 1500 1700 1900 Temperatur in °C Si nt er ra te (w . E .) SiC P6 SiC P6 SiC P21 α αβ 4.3. Ergebnisse und Diskussion - Charakterisierung der SiC – und AlN – Bulkproben 105 neben der Bildung der Schmelzphase die Reaktion von SiO2 mit SiC statt [30]. Zwischen 1790 und 1850 °C erfolgt der Hauptverdichtungsanteil der SiC – Proben, wobei sich die unterschiedlichen Additivzusammensetzungen vor allem in der Höhe der Sinterrate wider- spiegeln. Während durch isotherme Sinterungen mit Haltezeiten bei 1900 bis 1950 °C 100 % der TD erreicht werden, nimmt die Sinterdichte bei höheren Temperaturen rapide ab. Gleichzeitig sind Masseverluste von über 5 Gew.-% zu beobachten. Die Ergebnisse der dilatometrischen und isothermen Untersuchungen zur Sinterkinetik legen eine Sintertemperatur um 1850 – 1900 °C für die SiC – AlN – Komposite nahe. Aufgrund seiner höchsten Sinteraktivität wird im Folgenden neben AlN2 das SiC – Material SiC P6α eingesetzt. 4.4. Charakterisierung der Schichtkomposite 4.4.1. Keramographische Präparation und Elektronenstrahl – Mikroanalyse Das unterschiedliche Polierverhalten der aufeinanderfolgenden Schichten wird wie in Abschnitt 3.8.3.1. beschrieben durch eine Kombination aus mechanischem und chemischem Polieren berücksichtigt. Die Proben werden dazu abschließend in einer Wanne mit weichem Tuch und einer basischen Mastermet – Lösung für 10 – 30 Minuten behandelt. Durch diese Vorgehensweise ist es möglich, Kornausbrüche sowie durch das Polieren herbeigeführte Rissbildung an den Grenzflächen der Schichten weitgehend zu vermeiden. Eine alternative Präparationsmethode für die SiC – AlN – Schichtverbunde, die zu vergleichbar guten Polier- ergebnissen führt, konnte nicht gefunden werden. Die keramographische Präparation der Schichtkomposite erweist sich insgesamt als sehr schwierig. Die mikroanalytischen Analysen ergeben bei vielen Proben nach dem Polieren einen hohen Siliciumgehalt in den AlN – Schichten, der über den Querschnitt der Schicht nahezu konstant bleibt und bei ca. 9 At.-% liegt. An den Korngrenzen steigt der Wert auf ~ 20 At.-% an. Aus Untersuchungen an polierten AlN – Dilatometerproben geht hervor, dass dieser Effekt auch dort auftritt und damit nicht auf eine Einschleppung von Silicium aus den SiC – Schichten zurückzuführen ist. Abbildung 4.50 a) zeigt einen Zwickel zwischen den Körnern einer AlN8 – Probe, in dem bei 50000 – facher Vergrößerung kugelförmige Partikel im Nanometerbereich (~ 50 nm) zu erkennen sind. Das Ergebnis der EDX – Punktanalyse in der Mitte des Zwickels ist in Abbildung 4.50 b) dargestellt. Das Anregungsvolumen besitzt einen Radius von etwa 1 µm 4.4. Ergebnisse und Diskussion - Charakterisierung der Schichtkomposite 106 und beinhaltet damit auch Beiträge aus der Umgebung des Zwickels, d.h. charakteristische Strahlung aus AlN – Körnern. Abbildung 4.50: Nanopartikel in der Pore einer AlN8 – Keramik; a) lichtmikroskopische Auf- nahme (50000 – fache Vergrößerung), b) EDX eines ca. 2 µm großen Spots, dessen Zentrum in der Pore liegt Die Silicium – und Sauerstoffpeaks sind ein Artefakt, das nicht entfernbaren Nanopartikeln zuzuordnen ist, die aus der Mastermet – Lösung stammen. Die Teilchen des SiO2 – Sols setzen sich während der Politur in den Kornzwischenräumen sowie an den Grenzflächen der Schichten fest. Aus diesem Grund liegt der tatsächliche Siliciumgehalt der EDX – Analysen unterhalb des gemessenen Wertes und die AlN – Schichten sind in der Regel als Siliciumfrei anzusehen. 4.4.2. Gefüge der zentrifugal abgeschiedenen Proben Zur Bestimmung der optimalen Sinterbedingungen der Komposite wurden Untersuchungen an über Zentrifugation hergestellten Schichten aus nichtwässrigen AlN2 – und SiC P6α – Suspensionen durchgeführt (Z NW1). Die Grünproben sind aus sechs Einzelschichten aufge- baut und werden bei 1850 – 2050 °C und einem konstanten Stickstoffüberdruck von 0,1 MPa gesintert. Wie Abbildung 4.51 a) zeigt, reicht eine Sintertemperatur von 1850 °C zur Verdichtung der Komposite nicht aus. Während die AlN – Schichten gesintert sind, ist der Zusammenhalt in den SiC – Schichten sowie die Haftung zwischen den alternierenden Schichten mangelhaft. Eine ebene Politur ist nicht möglich. An den Grenzflächen sowie in den SiC – Schichten kommt es zu Ausbrüchen und Rissbildung. 4.4. Ergebnisse und Diskussion - Charakterisierung der Schichtkomposite 107 a) 1850 °C; 0,2 MPa N2 b) 1950 °C; 0,2 MPa N2 c) 2050 °C; 0,2 MPa N2 Abbildung 4.51: Gefüge des zentrifugal abgeschiedenen Komposits Z NW1 in Abhängigkeit von der Sintertemperatur; rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen (100 bzw. 125 – fache Vergrößerung) 4.4. Ergebnisse und Diskussion - Charakterisierung der Schichtkomposite 108 Auch die bei 1950 °C gesinterte Probe (Abbildung 4.51 b)) weist Delaminationen an den Schichtgrenzen auf. Die Rissbildung ist hier aber ein Artefakt der angewandten Polier- sequenz. Unter dem Einfluss der inneren Spannungen an den Grenzflächen und unter der tribochemischen Einwirkung des Poliermittels kommt es offensichtlich zur Spannungsrisskor- rosion. In unpolierten Proben werden diese Längsrisse an den Grenzflächen nicht beobachtet. Sowohl die SiC – als auch die AlN – Schichten sind verdichtet, ihre Dicke liegt zwischen 80 und 160 µm. Zwischen den unterschiedlichen Schichten ist Interdiffusion zu beobachten. Es kommt zur Ausbildung dünner Zwischenschichten von 10 – 35 µm, in denen neben einer yttriumreichen Glasphase auch der Mischkristall SiC – AlN (2Hss) nachweisbar ist. Mit steigender Sintertemperatur wird die Migration zunehmend verstärkt. Bei 2050 °C sind die ursprünglichen sechs Schichten nicht mehr unterscheidbar (Abbildung 4.51 c)). Die vor- herrschende Phase stellt jetzt der 2Hss – Mischkristall dar, dessen Zusammensetzung über den Probenquerschnitt jedoch variiert. Da im SiC – AlN – Mischkristall Yttrium nur in geringer Konzentration löslich ist, reichert sich dieses vor allem in der Glasphase an (helle Bereiche im Rückstreuelektronenbild). In Übereinstimmung mit den Ergebnissen aus Abschnitt 4.3.2. wurde eine optimale Sinter- temperatur der SiC – AlN – Komposite von 1900 °C ermittelt. Bei dieser Temperatur bildet sich bei der Zentrifugalprobe Z NW1 das in Abbildung 4.52 a) gezeigte Gefüge aus. Abbildung 4.52: Gefüge der bei 1900 °C gesinterten Probe Z NW1; rasterelektronenmikro- skopische Aufnahmen a) des Schichtkomposits (90 – fache Vergrößerung) und b) eines Ausschnittes aus einer SiC – Schicht. EDX – Analysen an den Punkten 1, 2, 3: siehe Abbildung 4.53 4.4. Ergebnisse und Diskussion - Charakterisierung der Schichtkomposite 109 Die Schichten sind deutlich voneinander getrennt, jedoch variiert bei der Zentrifugalform- gebung ihre Dicke, und die Übergänge an den Grenzflächen sind uneben. In dieser Beziehung liefert die Abscheidung durch EPD wesentlich attraktivere Resultate (vergleiche Abschnitt 4.4.3). Bei den grauen Schichten L1, L3 und L5 handelt es sich um AlN; L2, L4 und L6 sind SiC – Schichten. Im Randbereich von L4 und L6 ist in dem Rückstreuelektronenbild ein heller Streifen erkennbar (Ordnungszahlkontrast), der eine Diffusion des Yttriums anzeigt. Im Ge- genzug lassen sich in EDX – Analysen der AlN – Schichten nur noch Spuren des Sinteraddi- tivs Y2O3 nachweisen. Dies lässt darauf schließen, dass die beim LPS in den AlN – Schichten entstehende yttriumreiche Schmelze im Verlauf der Sinterung in die SiC – Schichten übertritt. Die treibende Kraft hierfür ist in dem unterschiedlichen Benetzungsverhalten der Schmelze gegenüber AlN bzw. SiC zu suchen. Durch längere Auslagerung kann aus monolithischer AlN – Keramik das Sinteradditiv vollständig entfernt werden [26, 27], während dies bei Silicium – basierten Materialien wie LPS SiC und Si3N4 nicht möglich ist [158, 159]. In der Schicht L1 wird lediglich AlN detektiert, in L3 und L5 sind dagegen zusätzlich größere Mengen Silicium vorhanden. Diese Beiträge werden entweder durch die beim Polieren eingebrachten Mastermet – Partikel oder durch eine Durchmischung der Materialien aufgrund der bei der Kompositherstellung wirkenden Zentrifugalkräfte hervorgerufen. Abbildung 4.53: SiC – Schicht (Z NW1, 1900 °C); EDX an a) Punkt 1, b) Punkt 2, und c) Punkt 3 Die SiC – Schichten L2, L4 und L6 sind mehrphasig (Abbildung 4.52 b)). Die mittelgraue Phase 1, deren EDX – Diagramm in Abbildung 4.53 a) dargestellt ist, bildet den Hauptbe- standteil der Schicht. Es handelt sich um einen SiC – AlN – Mischkristall, dessen maximaler Yttriumgehalt bei ≤ 6 At.-% liegt. Der AlN – Anteil ist gering, und aus den vorhandenen Daten ist nicht eindeutig zu bestimmen, ob er durch Diffusion oder Umlagerungsvorgänge während der Zentrifugation in die SiC – Schicht eingebracht wurde. Zusammensetzung 2 4.4. Ergebnisse und Diskussion - Charakterisierung der Schichtkomposite 110 (Abbildung 4.53 b)) erscheint hellgrau und ist die üblicherweise in SiC P6 – Bulkmaterialien anzutreffende Phase. Der Lösungs- / Wiederausscheidungsprozess beim LPS führt zu SiC – Körnern, die im Inneren aus reinem SiC bestehen und im Randbereich zusätzlich Sinter- additive enthalten [156]. Neben diesen beiden Phasen existieren an den Schichtgrenzen sporadisch große, helle Körner (Abbildung 4.53 c)), deren exakte Phasenbestimmung aus den vorhandenen Daten jedoch nicht möglich ist. Der Yttriumgehalt ist sehr hoch, weshalb von einem Glas auszugehen ist, allerdings kann der Sauerstoffpeak nicht in allen dieser Körnern nachgewiesen werden. Ein Vergleich der in diesem Kapitel beschriebenen Komposite Z NW1 mit Zentrifugalproben, die aus wässrigen Suspensionen hergestellt sind (Z W1), ergibt keine signifikanten Unter- schiede in der Mikrostruktur. Auch ein Austausch des AlN 2 – Pulvers durch eine nicht attritierte Mischung aus AlN und Y2O3 bzw. des SiC P6α – Pulvers durch reines SiC ohne Additive (Z W3) beeinflusst das Gefüge nicht. 4.4.3. Gefüge der elektrophoretisch abgeschiedenen Proben Im Gegensatz dazu besitzen die über EPD gefertigten, bei 1900 °C gesinterten Vielschicht- proben ein deutlich anderes Gefügebild (Abbildung 4.54 a)). Abbildung 4.54: Gefüge der bei 1900 °C gesinterten Probe E 2; rasterelektronenmikroskopi- sche Aufnahmen a) des Schichtkomposits (125 – fache Vergrößerung) und b) eines Ausschnittes der SiC – Schicht (10000 – fache Vergrößerung) Zur Charakterisierung wurde ebenfalls ein Komposit mit sechs Lagen gewählt (in Abbildung 4.54 befindet sich Schicht 1 außerhalb des aufgenommenen Bildausschnitts). Es liegen eindeutig voneinander getrennte Schichten mit Dicken zwischen 100 und 200 µm vor. 4.4. Ergebnisse und Diskussion - Charakterisierung der Schichtkomposite 111 Die Schichten sind wesentlich gleichmäßiger, als dies bei den Zentrifugalproben der Fall ist, und die Übergänge sind scharf abgegrenzt. Den AlN – Schichten (L2, L4, L6), die in der EDX – Mikroanalyse lediglich Aluminium- und Stickstoffpeaks zeigen, wurde auch hier die yttriumreiche Flüssigphase entzogen. Die hellgrauen SiC – Schichten (L3, L5) stellen auch hier eine Mischung mehrerer Phasen dar (Abbildung 4.54 b)). Bei der mittelgrauen Phase 1 handelt es sich um SiC (Abbildung 4.55 a)), in Punkt 2 wird analog zu den zentrifugal abgeschiedenen Proben die beim Lösungs- und Wiederausscheidungsprozess entstehende hellgraue, Y – reiche Phase detektiert (Abbildung 4.55 b)). Abbildung 4.55: SiC – Schicht (E 2, 1900 °C); EDX an a) Punkt 1 und b) Punkt 2 Im Unterschied zu den Zentrifugalproben findet jedoch keine Mischkristallbildung statt. Der Aluminiumanteil in den elektrophoretisch abgeschiedenen SiC – Schichten ist deutlich ge- ringer. Folglich ist davon auszugehen, dass bei der sequentiellen Zentrifugation Partikel aus den nachfolgenden Suspensionen in die darunter liegenden Schichten gedrückt werden. Diese AlN – Teilchen führen beim Sintern zur Entstehung des SiC – AlN – Mischkristalls. 5. Zusammenfassung 112 5. Zusammenfassung In Systemen, die neben oxidkeramischen Komponenten auch nichtoxidische enthalten bzw. hauptsächlich auf nichtoxidischen Partikeln basieren, stellen kolloidale Formgebungsverfah- ren besondere Anforderungen an die Eigenschaften der Suspension. Dies betrifft zum einen den Hydrolyseschutz von Materialien wie AlN in wässrigen Suspensionsmedien, zum anderen spielt die Vereinbarkeit der Oberflächenladungszustände bei der Formulierung stabiler mehr- komponentiger Schlicker eine entscheidende Rolle. Unter den nichtoxidischen Keramiken ist die Materialpaarung SiC : AlN für die Synthese von Schichtkompositen aufgrund der thermochemischen Kompatibilität unter Herstellungsbe- dingungen und des ähnlichen thermischen Ausdehnungsverhaltens besonders interessant. Die kovalenten Bindungsanteile der nichtoxidischen Verbindungen SiC und AlN legen es hierbei nahe, für die Verdichtung auf Sinterverfahren unter Beteiligung einer Flüssigphase zurück- zugreifen. Die Anwendung des Flüssigphasensintern auf Schichtsysteme ist bisher noch kaum untersucht worden. Vor diesem Hintergrund wurde in der vorliegenden Arbeit die Herstellbarkeit von Schicht- verbundwerkstoffen der Materialkombination SiC : AlN durch Kolloid – Pulvertechnologie und Flüssigphasensintern untersucht. Der Schwerpunkt lag dabei auf der Erarbeitung der suspensionsgestützten Prozesse zur Fertigung der freistehenden Vielschichtkomposite. Dazu wurden aus der Reihe der nassen Formgebungsverfahren die zentrifugale sowie die elektro- phoretische Abscheidung gewählt. Im letzteren Fall wurde ausschließlich mit nichtwässrigen Suspensionen gearbeitet, um Elektrolyseerscheinungen und Redoxreaktionen an den Elektroden, die die elektrophoretische Abscheidung im Wässrigen in der Regel begleiten, auszuschließen. Bei der zentrifugalen Abscheidung dagegen wurden sowohl nichtwässrige als auch wässrige Schlicker verwendet; damit ergab sich die Notwendigkeit, einen für AlN effektiven Schutzmechanismus gegen Hydrolyse zu schaffen. Die Untersuchung verschiede- ner oberflächenaktiver Substanzen hinsichtlich der zeitlichen Änderung des pH – Wertes der Suspensionen sowie der spezifischen Oberfläche und der Phasenzusammensetzung der ausgelagerten Pulver ergab, dass eine Zersetzung des AlN durch die Verwendung von Citronensäure sowie Polyacrylsäure über genügend lange Zeiträume hinweg unterbunden werden kann. Die beiden organischen Säuren bilden stabile Komplexe auf der Teilchen- oberfläche, ohne die Benetzungseigenschaften des Pulvers zu verschlechtern. Bei der Dispergierung der SiC – und AlN – Pulver im jeweiligen Lösungsmittel wirken interpartikuläre Kräfte, welche eine effektive Stabilisierung erlauben; die Schlickerformulie- rung muss jedoch dem Formgebungsverfahren angepasst werden. Dabei sind vielfältige 5. Zusammenfassung 113 Nebenbedingungen zu erfüllen. Als Charakterisierungsmethoden zur Evaluierung der Suspen- sionen wurden in erster Linie Messungen von Zetapotential und Korngröße sowie die visuelle Auswertung von Standversuchen eingesetzt. Bei der zentrifugalen Abscheidung werden schwach flockulierte Schlicker zur Herstellung dichter, homogener Grünproben bevorzugt. Dies wird in den wässrigen SiC – und AlN – Suspensionen durch einen Arbeitspunkt um pH 5 erreicht. Bei diesem pH – Wert führt Citronensäure in Kombination mit der organischen Base Triethylamin gemäß dem soge- nannten elektrostatischen Ansatz zur Reduzierung der Doppelschichtdicke. Die chemische Stabilität des AlN bleibt dabei auch nach der zur Stabilisierung der Schlicker notwendigen Zugabe des basischen Dispergators erhalten. In nichtwässrigen Systemen, die beispielsweise auf dem aprotischen Dispergiermedium Diethylformamid basieren, können die zur Zentrifu- gation geeigneten Oberflächenpotentiale bei AlN beispielsweise durch die Zugabe von Fructose und einen hohen Citronensäureanteil eingestellt werden. Durch die sehr kurzreich- weitige sterische Stabilisierung bei gleichzeitiger Erhöhung der Ionenstärke wird auf diese Weise ein sekundäres Minimum in der Potential – Abstandskurve erzeugt. Bei der Herstellung der Schichtkomposite durch elektrophoretische Abscheidung kommen hoch stabile Schlicker zum Einsatz. Die Abscheidungselektroden werden alternierend in AlN – und SiC – Suspensionen eingetaucht. Aus diesem Grund wird eine Abscheidung der beiden Materialien auf der gleichen Elektrode gewünscht, was ein gleichnamiges Vorzeichen der Oberflächenladungen der verschiedenen Pulverarten erforderlich macht. Des weiteren ist das Auftreten von Kreuzverunreinigungen zu vermeiden. Die Untersuchung zahlreicher Lösungsmittel- und Dispergatorsysteme im Hinblick auf diese und weitere relevante Kriterien führte letztlich zur Formulierung der folgenden optimierten Schlickersysteme: (1) SiC (AlN, Y2O3) in DEF / Butylamin, (2) AlN (Y2O3) in DEF / Butylamin und Citronensäure Die gefertigten Grünproben wurden durch Flüssigphasensintern verdichtet, wobei Y2O3 als Additiv für AlN und ein Gemisch aus Y2O3 und AlN als Sinterhilfsmittel für SiC verwendet wurden. Neben der Beurteilung der grundsätzlichen Realisierbarkeit einer Verdichtung von Schichtkompositen über Flüssigphasensintern stand die Optimierung des Sinterprogramms im Vordergrund der Bemühungen. Beim Flüssigphasensintern tritt eine Migration der Schmelz- phase über beachtliche Entfernungen (bis zu einigen 100 µm) auf. Diese Migrationsdistanz kann bei der Herstellung der Komposite durch die Modifizierung der Sinterbedingungen gezielt beeinflusst werden. Um die Wärmeleitfähigkeit des Materials zu steigern, ist dabei eine Reaktion zwischen SiC und AlN zu verhindern. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, die 5. Zusammenfassung 114 Y2O3 – Al2O3 – Flüssigphase aus den AlN – Schichten in die erst bei höherer Temperatur sinternden SiC – Schichten des Komposits diffundieren zu lassen, um so den Gesamtadditiv- gehalt des Schichtsystems zu minimieren. Bei Sintertemperaturen von 1900 °C und einem Stickstoffüberdruck von 0,1 MPa können additivfreie AlN – Schichten im Komposit erzielt werden. In den elektrophoretisch abge- schiedenen Proben liegen zusätzlich scharf begrenzte, gut haftende Schichten vor, in denen die Mischkristallbildung unterdrückt ist. Insgesamt erweist sich die Herstellung freistehender Vielschichtsysteme durch Flüssigphasen- sintern als gangbare, wenn auch durch die komplexen Randbedingungen schwierig zu hand- habende Technologie. Zukünftige Arbeiten sollten verstärkt druckunterstützte Processing- und Sinterverfahren (Laminieren von Schichten, Heißpressen) mit einbeziehen, um die Anpassung zwischen den Schichten zu erleichtern und Additivmigration gezielter beeinflussen zu können. Die Verwendung nanokristalliner Pulver für die höhersinternde Komponente SiC kann zu einer weiteren Verringerung der Sintertemperaturen genutzt werden. 6. Literatur 115 6. Literatur [1] W. Rafaniello, K. Cho and A.V. Virkar, "Fabrication and Characterization of SiC - AlN Alloys", J. Mater. Sci. 16, 3479 - 3488, 1981 [2] G.A. Slack, R.A. Tanzilli, R.O. Pohl and J.W. Vandersande, "The Intrinsic Thermal Condictivity of AlN", J. Phys. Chem. Solids 48, 641 - 647, 1987 [3] N. Kuramoto, H. Taniguchi, Y. Numata and I. Aso, "Sintering Process of Translucent AlN and Effect of Impurities on Thermal Conductivity of AlN Ceramics", J. Ceram. Soc. Jpn. 93, 517 - 522, 1985 [4] K. Komeya, H. Inoue and A. 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