Direkte Mensch-Roboter-Kooperation in der Kleinteilemontage mit einem SCARA-Roboter Von der Fakultät Maschinenbau der Universität Stuttgart zur Erlangung der Würde eines Doktor-Ingenieurs (Dr.-Ing.) genehmigte Abhandlung von Dipl.-Ing. Stefan Thiemermann aus Gernlinden Hauptberichter: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Prof. E.h. Dr.-Ing. E.h. Dr. h.c. mult. Engelbert Westkämper Mitberichter: Prof. Dr. phil. habil. Dipl.-Ing. Wilhelm R. Glaser (Universität Tübingen) Tag der Einreichung: 22. Oktober 2004 Tag der mündlichen Prüfung: 18. Februar 2005 Institut für Industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb (IFF) 2005 Berichte aus dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA), Stuttgart, Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO), Stuttgart, Institut für Industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb (IFF), Universität Stuttgart und Institut für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement (IAT), Universität Stuttgart Herausgeber: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Prof. e.h. Dr.-Ing. e.h. Dr. h.c. mult. Engelbert Westkämper und Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Prof. e.h. Dr. h.c. Hans-Jörg Bullinger IPA-IAO Forschung und Praxis Direkte Mensch-Roboter-Kooperation in der Kleinteilemontage mit einem SCARA-Roboter Nr. 411 Stefan Thiemermann Fachverlag · 71296 Heimsheim Institut für Industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb Stuttgart Universität IPA Fraunhofer Institut Produktionstechnik und Automatisierung Dr.-Ing. Stefan Thiemermann Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA), Stuttgart Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Prof. e.h. Dr. h.c. Hans-Jörg Bullinger ord. Professor an der Universität Stuttgart Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, München D 93 ISBN 3-936947-50-3 Jost Jetter Verlag, Heimsheim Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheber- rechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils gültigen Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. © Jost Jetter Verlag, Heimsheim 2005. Printed in Germany. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Sollte in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien (z. B. DIN, VDI, VDE) Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden sein, so kann der Verlag keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität übernehmen. Es empfiehlt sich, ge- gebenenfalls für die eigenen Arbeiten die vollständigen Vorschriften oder Richtlinien in der jeweils gültigen Fassung hinzuzuziehen. Druck: printsystem GmbH, Heimsheim Univ.-Prof. Dr.-Ing. Prof. e.h. Dr.-Ing. e.h. Dr. h.c. mult. Engelbert Westkämper ord. Professor an der Universität Stuttgart Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA), Stuttgart Geleitwort der Herausgeber Über den Erfolg und das Bestehen von Unternehmen in einer marktwirtschaftlichen Ordnung entscheidet letztendlich der Absatzmarkt. Das bedeutet, möglichst frühzeitig absatzmarktorientierte Anforderungen sowie deren Veränderungen zu erkennen und darauf zu reagieren. Neue Technologien und Werkstoffe ermöglichen neue Produkte und eröffnen neue Märkte. Die neuen Produktions- und Informationstechnologien verwandeln signifikant und nachhaltig unsere industrielle Arbeitswelt. Politische und gesellschaftliche Verände- rungen signalisieren und begleiten dabei einen Wertewandel, der auch in unseren Indu- striebetrieben deutlichen Niederschlag findet. Die Aufgaben des Produktionsmanagements sind vielfältiger und anspruchsvoller ge- worden. Die Integration des europäischen Marktes, die Globalisierung vieler Industrien, die zunehmende Innovationsgeschwindigkeit, die Entwicklung zur Freizeitgesellschaft und die übergreifenden ökologischen und sozialen Probleme, zu deren Lösung die Wirt- schaft ihren Beitrag leisten muss, erfordern von den Führungskräften erweiterte Perspek- tiven und Antworten, die über den Fokus traditionellen Produktionsmanagements deut- lich hinausgehen. Neue Formen der Arbeitsorganisation im indirekten und direkten Bereich sind heute schon feste Bestandteile innovativer Unternehmen. Die Entkopplung der Arbeitszeit von der Betriebszeit, integrierte Planungsansätze sowie der Aufbau dezentraler Strukturen sind nur einige der Konzepte, welche die aktuellen Entwicklungsrichtungen kennzeich- nen. Erfreulich ist der Trend, immer mehr den Menschen in den Mittelpunkt der Arbeitsgestaltung zu stellen - die traditionell eher technokratisch akzentuierten Ansätze weichen einer stärkeren Human- und Organisationsorientierung. Qualifizierungspro- gramme, Training und andere Formen der Mitarbeiterentwicklung gewinnen als Diffe- renzierungsmerkmal und als Zukunftsinvestition in Human Resources an strategischer Bedeutung. Von wissenschaftlicher Seite muss dieses Bemühen durch die Entwicklung von Methoden und Vorgehensweisen zur systematischen Analyse und Verbesserung des Systems Produktionsbetrieb einschließlich der erforderlichen Dienstleistungsfunktionen unter- stützt werden. Die Ingenieure sind hier gefordert, in enger Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen, z. B. der Informatik, der Wirtschaftswissenschaften und der Arbeitswissen- schaft, Lösungen zu erarbeiten, die den veränderten Randbedingungen Rechnung tragen. Die von den Herausgebern langjährig geleiteten Institute, das - Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA), - Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO), - Institut für Industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb (IFF), Universität Stuttgart, - Institut für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement (IAT), Universität Stuttgart arbeiten in grundlegender und angewandter Forschung intensiv an den oben aufgezeig- ten Entwicklungen mit. Die Ausstattung der Labors und die Qualifikation der Mitarbeiter haben bereits in der Vergangenheit zu Forschungsergebnissen geführt, die für die Praxis von großem Wert waren. Zur Umsetzung gewonnener Erkenntnisse wird die Schriften- reihe „IPA-IAO - Forschung und Praxis“ herausgegeben. Der vorliegende Band setzt diese Reihe fort. Eine Übersicht über bisher erschienene Titel wird am Schluss dieses Buches gegeben. Dem Verfasser sei für die geleistete Arbeit gedankt, dem Jost Jetter Verlag für die Aufnahme dieser Schriftenreihe in seine Angebotspalette und der Druckerei für saubere und zügige Ausführung. Möge das Buch von der Fachwelt gut aufgenommen werden. Engelbert Westkämper Hans-Jörg Bullinger Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mit- arbeiter am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) in Stuttgart. Mein besonderer Dank gilt den Leitern des Institutes, Herrn Univ.-Prof. Dr.-Ing. Prof. E.h. Dr.-Ing. E.h. Dr. h.c. mult. Engelbert Westkämper und Herrn Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. mult. Rolf Dieter Schraft, für die Unterstützung und Förderung, die zum erfolgreichen Gelingen der Arbeit beigetragen haben. Herrn Prof. Dr. phil. habil. Wilhelm Glaser von der Universität Tübingen danke ich für die Übernahme des Mitberichtes und die eingehende Durchsicht der Arbeit. Aus dem großen Kreis der Kolleginnen und Kollegen des Instituts, die mich durch ihre Mitarbeit und konstruktive Kritik unterstützt haben, möchte ich in besonderem Maße Frau Dr.-Ing. Andrea Hiller, Herrn Dipl.-Theo. Oliver Schulz, Herrn Dr.-Ing. Manfred Schweizer und Herrn Dr.-Ing. Johannes Wößner hervorheben. Mein Dank gilt auch allen Studenten, Diplomanten und Praktikanten, die an dieser Arbeit mitgewirkt haben. Ausgesprochen wertvoll war die Zusammenarbeit mit Frau Karin Ortlechner, Frau Helena Pongrac, Herrn Matthias Appel, Herrn Zvonko Krnjajic, Herrn Raphael van Uffelen und Herrn Frank Wiethe. Herzlich danke ich meiner Familie und meinen Freunden, die mir stets mit viel Ver- ständnis und Unterstützung zur Seite gestanden haben. Widmen möchte ich dieses Buch meinem lieben Sohn Elias, der mein stetiger An- trieb war um diese Arbeit zügig zu vollenden. Gernlinden, Februar 2005 Stefan Thiemermann Inhaltsverzeichnis 0 Abkürzungen und Formelzeichen 12 1 Einleitung 15 1.1 Problemstellung 15 1.2 Zielsetzung und Vorgehensweise 16 2 Ausgangssituation 18 2.1 Begriffsdefinition 18 2.2 Gesetzliche Vorschriften und Richtlinien 21 2.3 Stand der Technik 22 2.4 Stand der Forschung 24 3 Analyse der Randbedingungen für eine direkte Mensch-Roboter- Kooperation und Ableitung von Anforderungen 28 3.1 Risikobeurteilung einer direkten Mensch-Roboter-Kooperation 28 3.2 Analyse der Überwachungskenngrößen 31 3.3 Analyse der Usability-Variablen der direkten Mensch-Roboter- Kooperation 33 3.3.1 Analyse der Wahrnehmung 33 3.3.2 Analyse der Aufmerksamkeit 34 3.3.3 Analyse der Kognition 35 3.3.4 Analyse der Aktiverung und Emotionen 36 3.4 Analyse von möglichen Störsituationen im Arbeitsablauf der direkten Mensch-Roboter-Kooperation 36 3.5 Analyse der Potenziale einer direkten Mensch-Roboter-Kooperation 38 3.6 Entwicklungsbedarf 39 3.7 Anforderungen an die direkte Mensch-Roboter-Kooperation in der Kleinteilemontage mit einem SCARA-Roboter 41 4 Konzeption eines Gesamtsystems zur direkten Mensch-Roboter- Kooperation 43 4.1 Gestaltung des Arbeitsablaufes der direkten Mensch-Roboter- Kooperation unter Berücksichtigung der Usability-Variablen 43 - 10 - 4.1.1 Betriebsmodi des idealen Arbeitsablaufes 43 4.1.2 Manipulationsmodi bei Störsituationen im Arbeitsablauf 45 4.1.3 Gestaltung eines ergonomischen Roboterverhaltens 46 4.2 Konzeption eines Überwachungssystems für die direkte Mensch- Roboter-Kooperation 49 4.2.1 Konzeption einer Arbeitsraumüberwachung 49 4.2.2 Bewertung und Auswahl der Überwachungssensorik 50 4.2.3 Konzeption der Überwachungsverfahren 52 4.3 Konzeption eines Kooperationsarbeitsplatzes und dessen Einbindung in bestehende Montagekonzepte 55 4.3.1 Lösungsprinzipien für die Anordnung von Werker und Roboter 55 4.3.2 Lösungsprinzipien für die Bereitstellung 56 4.3.3 Einbindung von Einzelkooperationsplätzen in bestehende Montagekonzepte 58 4.4 Konzeption der Steuerungsstruktur 60 5 Experimentelle Untersuchungen der Einflussfaktoren auf die direkte Mensch-Roboter-Kooperation 63 5.1 Festlegung der in Vorversuchen zu untersuchenden Einflussfaktoren 63 5.2 Versuchsaufbau zur Ermittlung der wichtigsten Einflussfaktoren auf die direkte Mensch-Roboter-Kooperation 64 5.3 Ermittlung der technischen Prozessgrößen 65 5.3.1 Ermittlung des momentanen Abstandes 65 5.3.2 Ermittlung der momentanen Geschwindigkeit des Roboters 66 5.3.3 Experimentelle Untersuchung des Roboterverhaltens beim Continuous Path-Verfahren 68 5.3.4 Ermittlung des momentanen Annäherungswinkels 69 5.3.5 Ermittlung der Verzögerungen im Gesamtsystem 69 5.4 Ermittlung der ergonomischen Prozessgrößen 70 5.4.1 Ergonomische Prozessgrößen des Roboters 70 5.4.1.1 Bestimmung der Kategorien des relativen Abstandes d 72 5.4.1.2 Bestimmung der Kategorien des relativen Annäherungswinkels α 74 5.4.1.3 Bestimmung der Kategorien der Robotergeschwindigkeit vR 75 5.4.1.4 Bestimmung der Kategorien der Roboterbeschleunigung aR 76 5.4.2 Einfluss der ergonomischen Prozessgrößen auf das Sicherheitsempfinden s 77 5.4.3 Bestimmung des Kooperationsfaktors k 79 5.4.4 Bestimmung der ergonomischen Robotergeschwindigkeit 80 5.5 Zusammenfassung der Versuchsergebnisse 82 - 11 - 6 Entwicklung der Verfahren zur Überwachung der direkten Mensch- Roboter-Kooperation 83 6.1 Verfahren zur Kollisionsüberwachung 83 6.1.1 Kinematischer Ansatz 83 6.1.2 Auslegung der Kollisionsüberwachung Stoßen bei einer Hauptachsenbewegung 85 6.1.3 Auslegung der Kollisionsüberwachung Quetschen bei einer Pinolenbewegung 88 6.2 Verfahren zur Ergonomieüberwachung 90 6.2.1 Ermittlung der Zugehörigkeitsfunktionen der ergonomischen Prozessgrößen 92 6.2.2 Takagi-Sugeno Inferenzmethode 93 6.2.3 Integration des Sicherheitsempfinden über die Delta-Lernregel 96 6.2.4 Lernen der Regelbank des Neuro-Fuzzy-Systems 97 7 Erprobung im Gesamtsystem 99 7.1 Gesamtaufbau der Pilotzelle 99 7.2 Validierung des Arbeitsablaufes der Mensch-Roboter-Kooperation 101 7.3 Exemplarischer Arbeitsablauf der direkten Mensch-Roboter-Kooperation 103 8 Zusammenfassung und Ausblick 105 9 Summary 107 10 Literatur 112 - 12 - 0 Abkürzungen und Formelzeichen Lateinische Großbuchstaben Ami [ ] Unscharfe Menge bzw. ZGF der Eingangsgröße um FRob [N] Kraft auf Roboter G [ ] Gesamtanzahl Eingangsgrößen I [ ] Gesamtanzahl Regeln S [%] Sicherheitsempfinden, Neuro-Fuzzy Tn [s] Arbeitszeit nach n Durchgängen VErgo [mm/s] Ergonomische Robotergeschwindigkeit, Neuro-Fuzzy VF [ ] V-Faktor (Geschwindigkeitsoverride) VFKoll,Quetschen [ ] V-Faktor Kollisionsüberwachung Quetschen VFKoll,Stoßen [ ] V-Faktor Kollisionsüberwachung Stoßen VVersuch [mm/s] Robotergeschwindigkeit Versuch, Neuro-Fuzzy XM [mm] X-Koordinate Mensch XR [mm] X-Koordinate Roboter YM [mm] Y-Koordinate Mensch YR [mm] Y-Koordinate Roboter ZM [mm] Z-Koordinate Mensch ZR [mm] Z-Koordinate Roboter Lateinische Kleinbuchstaben ∆tT [s] Totzeit zwischen Bildern ∆tVB [s] Verarbeitungszeit Bildverarbeitung und Überwachungssystem aM(t) [mm/s2] Beschleunigungsvektor Mensch aR [mm/s2] Roboterbeschleunigung aR(t) [mm/s2] Beschleunigungsvektor Roboter aR,max [mm/s2] Maximale Beschleunigung d [mm] Relativer Abstand dSich [mm] Sicherheitsabstand eR [ ] Einheitsvektor der Roboterbewegung k [ ] Kooperationsfaktor kmax [ ] Maximaler Kooperationsfaktor kmin [ ] Minimaler Kooperationsfaktor kØ [ ] Durchschnittlicher Kooperationsfaktor rM(t) [mm] Ortsvektor Mensch - 13 - rR(t) [mm] Ortsvektor Roboter rRM(t) [mm] Abstandsvektor rSt [mm] Vektor Startkoordinate Roboter rZ [mm] Vektor Zielkoordinate Roboter s [ ] Sicherheitsempfinden sk [ ] Sicherheitsfaktor sBrems [mm] Bremsstrecke Roboter smi [ ] Freiheitsgrade der Linearkombination fi t* [s] Bremszeit Roboter tV [s] Verzögerungszeit Gesamtsystem uIN,m [ ] Eingangswert der Linguistischen Variable um [ ] Eingangsgrößen bzw. Linguistische Variablen vErgo [mm/s] Ergonomische Robotergeschwindigkeit vHände,max [mm/s] Maximale Greifgeschwindigkeit vM(t) [mm/s] Geschwindigkeitsvektor Mensch vR [mm/s] Robotergeschwindigkeit vR(t) [mm/s] Geschwindigkeitsvektor Roboter vR,max [mm/s] Maximale Geschwindigkeit yi [ ] Ausgangswerte der Linearkombination fi yOUT [ ] Scharfe Ausgangsgröße Griechische Buchstaben α [°] Relativer Annäherungswinkel Roboter β [°] Relativer Annäherungswinkel Mensch βi [ ] Aktivierungsgrad jeder Regel i βi’ [ ] Vertrauensfaktor jeder Regel i ε [ ] Fehlerfunktion µmi [ ] Zugehörigkeitsvektor der Eingangsgröße um der Regel i µ [ ] Mittelwert µ G [ ] Mittelwert Sicherheitsfaktor µE [ ] Individueller Mittelwert des Sicherheitsfaktor µE,max [ ] Maximaler Mittelwert Sicherheitsfaktor µE,min [ ] Minimaler Mittelwert Sicherheitsfaktor η [ ] Lernrate λ [ ] Normalisierter effektiver Aktivierungsgrad σ [ ] Standardabweichung der Häufigkeitsverteilung - 14 - σs [ ] Standardabweichung Sicherheitsfaktor Φ [ ] Reizgröße Ψ [ ] Empfindlichkeit Abkürzungen A -/- Automatisierter Arbeitsplatz AG -/- Gemeinsamer Arbeitsraum AÜ -/- Arbeitsraumüberwachung AR -/- Arbeitsraum Roboter AW -/- Arbeitsraum Werker BV1 -/- Bildverarbeitungsstufe 1 BV2 -/- Bildverarbeitungsstufe 2 CCD -/- Charge Coupled Device CP -/- Continuous Path FIM -/- Fuzzy-Inferenzmethoden IP -/- Interaktionspartner K -/- Kooperationsarbeitsplatz KNN -/- Künstliche Neuronale Netzwerke M -/- Manueller Arbeitsplatz MRK -/- Mensch-Roboter-Kooperation OTS -/- Ohne trennende Schutzeinrichtungen PTP -/- Point to Point R -/- Roboter SCARA -/- Selective Compliance Assembly Robot Arm TCP -/- Tool-Center-Point ÜS -/- Überwachungssystem W -/- Werker WT -/- Werkstückträger ZG -/- Zentrales Gesichtsfeld 1 Einleitung 1.1 Problemstellung Um ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit erhalten und weiter ausbauen zu kön- nen, müssen die Industrieunternehmen sich den rasch wechselnden Marktgegeben- heiten anpassen und auf häufigen Produktwechsel, wachsende Zahl von Varianten, abnehmende Stückzahl je Typ und sinkende Losgrößen flexibel und ohne aufwendi- ge Produktionsumstellungen reagieren können. Die genannten Anforderungen gelten in besonderem Maße für die Montage, die als letztes Glied in der Produktionskette die vorhandenen Turbulenzen weitestgehend ungefiltert bewältigen muss /WES01/. Als Schlüssel für mehr Produktivität wurde in den vergangenen Jahrzehnten die „Fle- xible Automatisierung“ mit einem hohen Automatisierungsgrad angesehen /LAY00/. Es stellte sich jedoch heraus, dass diese Systeme sehr störanfällig waren und doch nicht die geforderte Flexibilität erbrachten, um auf Änderungen in der Produktion re- agieren zu können /WIE01/. Daraus lassen sich die aktuellen Ansätze ableiten, nicht alles technisch Mögliche, sondern das wirtschaftlich Sinnvolle zu automatisieren /LOT02/ und den Produkti- onsfaktor Mensch, mit seiner hohen Flexibilität und schnellen Reaktionsfähigkeit, als wesentliche Alternative bei der Systemgestaltung einzubeziehen /FEL02/. Für eine solche „Angepasste Automatisierung“ /LAY00/ stellt sich die Frage, wie die Fähigkei- ten der Werker in Einklang mit den Anforderungen automatisierter Einrichtungen ge- bracht werden können /WIE01/. Die Arbeitsräume des Menschen und des Roboters sind bisher aus Sicherheitsgrün- den getrennt. Eine solche Trennung ist gerade in Anwendungsgebieten wie der Mon- tage, wo beide Kapazitäten gebraucht werden und ein stetiger Wechsel von manuel- len und automatischen Tätigkeiten verlangt wird, oft nicht mehr sinnvoll /UMB02/. Der Mensch kann sich auf die unterschiedlichsten Situationen einstellen – die Fähigkeit der Roboter besteht in der schnellen und präzisen Ausführung einfacher, kraftauf- wendiger und sich wiederholender Tätigkeiten. Ziel ist die optimale Aufteilung der anfallenden Arbeiten auf Mensch und Roboter /SHR03/. Deswegen werden in der Fabrik der Zukunft Mensch und Roboter neben- und miteinander arbeiten /NEI03/. Dieser Ansatz einer Mensch-Roboter-Kooperation verlangt eine ganzheitliche ergo- nomische Betrachtung um ein effizientes System zu entwickeln /HOC00/. Die An- wendung ergonomischer Grundsätze auf die Gestaltung von Maschinen und Ar- beitsaufgaben zielt darauf ab, Beeinträchtigungen, Ermüdung und andere nachteilige Einwirkungen auf den Werker zu minimieren, und trägt somit zum optimalen Funktio- nieren des Arbeitssystems bei und verringert das Risiko negativer Einwirkungen auf - 16 - die Gesundheit /DIN EN 292/. Um eine Akzeptanz der Mensch-Roboter-Kooperation zu erreichen, müssen die Entwicklungen immer unter dem Aspekt der Sicherheit und des individuellen Sicherheitsempfindens des Menschen erfolgen /THI03/. Das Ziel ist ein benutzerzentriertes Systemsdesign, das an die individuellen menschlichen Ei- genschaften angepasst werden kann /BEV99/. Da eine Automatisierung der Montage hauptsächlich bei kleinvolumigen Produkten durchgeführt wird, und entsprechende Montagesysteme die größte Anzahl der Mon- tageroboter in der industriellen Montage verwenden /SHR02/, ergeben sich hier gro- ße Potenziale für eine direkte Mensch-Roboter-Kooperation. Als besonders geeignet für diese Montage von kleinvolumigen Produkten haben sich SCARA-Roboter (Selective Compliance Assembly Robot Arm) erwiesen /PRI03/. Eine Aufhebung der strikten Trennung, und somit die Realisierung einer direkten Mensch-Roboter-Kooperation, erfordert die ganzheitliche Betrachtung von der Kon- zeption eines gemeinsamen Arbeitsplatzes für Mensch und Roboter bis zur Gestal- tung des Arbeitsablaufes der Mensch-Roboter-Kooperation und dessen Überwa- chung. 1.2 Zielsetzung und Vorgehensweise Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die strikte sicherheitstechnisch bedingte Trennung von Werker und Roboter in der Produktion aufzuheben und hierfür wissenschaftliche Erkenntnisse eines benutzerzentrierten Systemdesigns für eine direkte Mensch- Roboter-Kooperation in der Kleinteilemontage mit einem SCARA-Roboter zu erarbei- ten. Ausgehend von einer Untersuchung des Standes der Technik und der Forschung wird zunächst eine Risikobeurteilung nach /DIN EN 1050/ und eine Analyse von zu- lässigen Kräften und Geschwindigkeiten von Mensch-Maschine-Systemen durchge- führt. Des weiteren werden die ergonomischen Einflussgrößen des Menschen für ein benutzerzentriertes System und die Potenziale der direkten Mensch-Roboter- Kooperation in der Kleinteilemontage analysiert, um die zu beachtenden Randbedin- gungen für das Aufheben der Trennung aufzuzeigen. Aus den Ergebnissen der Ana- lyse werden die erforderlichen Entwicklungsschwerpunkte abgeleitet und Anforde- rungen an die zu entwickelnden Teilsysteme und Verfahren für eine direkte Mensch- Roboter-Kooperation aufgestellt. Darauf aufbauend werden in morphologischer Vorgehensweise alternative Lösungs- konzepte für die Teilsysteme entwickelt und jeweils die geeignetsten Lösungskon- zepte zu einem optimalen Gesamtkonzept integriert. Im Vordergrund steht die Kon- zeption des Arbeitsablaufes der Mensch-Roboter-Kooperation, die Gestaltung eines ergonomischen Roboterverhaltens und dessen Überwachung und wie ein solcher - 17 - Kooperationsarbeitsplatz gestaltet sein muss, um auch in bestehende Montagesys- tem eingebunden werden zu können. Für das Überwachungssystem sind Verfahren zu entwickeln, die die Sicherheit des Menschen gewährleisten, indem eine mögliche Kollision verhindert wird. Zum ande- ren bedarf es einer Anpassung des Roboterverhaltens über eine entsprechende Bahngestaltung und Geschwindigkeitsregelung an das menschliche Empfinden, um dem Werker das Gefühl der Sicherheit und Kontrolle zu vermitteln, aber trotzdem die Produktivität des Systems zu gewährleisten. Da das menschliche Empfinden von Mensch zu Mensch stark variiert und unter anderem von den individuellen Erfah- rungswerten mit solchen Systemen abhängt, müssen die entsprechenden Prozess- parameter experimentell bestimmt werden. Als Nachweis der technischen Machbarkeit und zur Verifizierung der theoretischen Ergebnisse wird eine Pilotanlage zur direkten Mensch-Roboter-Kooperation in der Montage aufgebaut und exemplarisch an einem Beispielprodukt erprobt. 2 Ausgangssituation 2.1 Begriffsdefinition Allgemeine Begriffe und Definitionen der Montage-, Handhabungs- und Robotertech- nik sind in der VDI-Richtlinie /VDI2860/, /SHR02/ und /WAR90/ erklärt. Die in dieser Arbeit verwendeten Fachbegriffe der Ergonomie sind in /SHM93/ /BUL94/ definiert. Spezielle Definitionen, die für das Verständnis der vorliegenden Arbeit grundlegend sind, werden im folgenden näher erläutert und eingegrenzt. Direkte Mensch-Roboter-Kooperation (MRK) Die direkte Mensch-Roboter-Kooperation wird über einen gemeinsamen und über- lappenden Arbeitsraum für Mensch und Roboter definiert (siehe Bild 2-1) /THI01/. AR AG AW AR Arbeitsraum Roboter AW Arbeitsraum Werker AG Gemeinsamer Arbeitsraum Bild 2-1: Direkte Mensch-Roboter-Kooperation In diesem gemeinsamen Arbeitsraum befindet sich das zu bearbeitende Produkt. Beide Interaktionspartner haben uneingeschränkten Zugriff auf das Produkt um es entsprechend der geplanten Arbeitsteilung bearbeiten zu können. Tätigkeiten, die jeweils nur für einen Interaktionspartner Gültigkeit haben, wie z.B. die individuelle Materialbereitstellung, sollten idealerweise außerhalb des gemeinsamen Arbeitsrau- mes angeordnet sein. Usability Eine gute „Usability“ bedeutet eine einfache Handhabung und Akzeptanz eines Sys- tems für eine bestimmte Benutzerpopulation bei der Ausführung von spezifischen Aufgaben in einer ausgezeichneten Umgebung. Die einfache Handhabung beein- - 19 - flusst die Leistung und Zufriedenheit des Benutzers. Die Akzeptanz bestimmt, ob das System benutzt wird oder nicht und mit welcher Effizienz. Somit kann die Usability über die Messung der Effizienz bzw. Produktivität und der Akzeptanz des Produktes durch den Benutzer erfasst werden. Die Usability eines Systems wird nicht nur durch die bekannten ergonomischen Anforderungen und Spezifikationen gewährleistet, sondern verlangt eine Untersuchung der produktspezifischen Variablen der Usability /BEV91/. Ziel ist ein benutzerzentriertes Systemdesign durch eine optimale Anpas- sung der Usability-Variablen /BEV99/. Direkte Mensch-Roboter-Kooperation als Regelkreissystem Das System der direkten Mensch-Roboter-Kooperation kann als idealisierter Regelkreis z.B. /RAS86/ /GLA02/ dargestellt werden, in dem der Roboter, der Mensch und die Überwachung der Kooperation und deren Untersysteme als Ursache-Wirkungs-Komponenten enthalten sind (siehe Bild 2-2). Beim Industrieroboter wird über die Steuerung und die Antriebe die Kinematik des Roboters bestimmt, also die Verhältnisse zwischen Position, Geschwindigkeit und Beschleunigung der Manipulatorglieder. Über eine geeignete Sensorik zur Überwa- chung des Menschen und mit entsprechenden Verfahren wird aus der Bewegungsin- formation des Menschen auf die Bewegung des Roboter regelnd eingegriffen. Mensch Roboter Wahrnehmung Aufmerksamkeit Kognition Aktivierung/ Emotionen Motorik Steuerung Kinematik Überwachung Verfahren Sensorik Bild 2-2: Idealisierter Regelkreis der direkten Mensch-Roboter-Kooperation Die Kinematik des Roboters wirkt mittels Wahrnehmung und Aufmerksamkeit auf die Sinne des Menschen ein. Die Wahrnehmung erzeugt zum einen eine Verarbeitung der übermittelten Informationen (Kognition), zum anderen löst sie eine bestimmte physiologische Aktivierung und Emotionen des Menschen bzgl. des Wahrnehmungs- - 20 - objektes aus. Die Aufmerksamkeit bestimmt über die Zuteilung der kognitiven Res- sourcen zu laufenden Prozessen der handlungsrelevanten Merkmale. Über die kog- nitiven Prozesse wird unter anderem die exekutive Kontrolle durchgeführt, die Ent- scheidungen über die auszuführenden Verhaltensweisen (Motorik) trifft. Die Motorik wiederum wirkt auf den kognitiven Prozess zurück, indem eine Meldung über Erfolg oder Misserfolg /SHM93/ der auszuführenden Verhaltensweise stattfindet. Die Kogni- tion wirkt auf die Wahrnehmung und Aufmerksamkeit zurück, in dem eine Fokussie- rung der Wahrnehmung auf die handlungsrelevanten Merkmale /GIB66/ und auch eine Beeinflussung durch die subjektive Erfahrung und Vorwissen erfolgt. Wahrnehmung Alle Informationen, die das System „Mensch“ erreichen, stammen aus Reizen, die durch die menschlichen Modalitäten (Sehen, Hören, Fühlen (haptisch-somatisch), Riechen, Schmecken) zunächst über die Wahrnehmung verarbeitet werden. Es fin- det eine Übersetzung der Reizvariablen in Erregungsvariablen statt, bei der schon eine gewisse Vorselektion und Verdichtung der Sinnesinformationen durch Selektion, Reduktion, Kategorisierung und Synthese erfolgt. Die Wahrnehmung bildet die Ge- samtheit aller Eingangsvariablen des Teilsystems Mensch in einem Mensch- Maschine-System und stellt somit die primär-psychologische Instanz dar /SHM93/. Beeinflusst wird die Wahrnehmung der Umwelt und der eigenen Person nicht nur durch die Erregungsvariablen, sondern auch von kognitiven Prozessen wie Denken und Erinnern bzw. Erfahrung /GOL97/. Kognition Die Kognition beinhaltet alle Vorgänge und Strukturen, die durch die Wahrnehmung dargebotenen Informationen verarbeitet und bei Bedarf entsprechende Aktionen aus- löst. Vor allem im Falle der Motorik wird nach /SHM93/ in drei Möglichkeiten unterschie- den. Zuerst werden die Wahrnehmungsinformationen direkt der Motorik zur Verfü- gung gestellt, was bei einer hohen kognitiven Automatisierung ausreichend ist. Ver- meldet die Sensorik keinen Erfolg, wird eine Reaktion der Motorik ausgelöst, was als sensumotorischer Prozess bezeichnet wird. Ist eine weitere Adaption notwendig, er- folgt ein perzeptiver Lernprozess bzw. eine sensumotorische Invarianzbildung, damit für spätere Arbeitsprozesse die sensumotorische Ebene ausreichend ist und höhere psychische Instanzen lediglich eine Überwachungsaufgabe übernehmen. Diese Invarianz- bzw. Kategorienbildung ist für einen hohen kognitiven Automatisie- rungsgrad notwendig. Sie lässt sich auch auf Wahrnehmungs- und kognitive Prozes- se übertragen, d.h. dass durch Lernen und Erfahrung Kategorien für wahrgenomme- - 21 - ne Reize und Informationsverarbeitungen gebildet werden. Es ist bekannt, dass Menschen bei Absoluturteilen in der Regel fünf bis sieben Kategorien auseinander- halten können und auch benutzen /GLA96/. Aktivierung/ Emotionen Bei der Wirkung eines Zustandes oder eines Objektes auf den Menschen wird in die physiologische Aktivierung, wie z.B. erhöhter Puls, und die psychologischen Emotio- nen, wie z.B. Angst, unterschieden. Die physiologischen Aktivierungsmechanismen der Organismus bilden die Basis für Emotionen. Aufmerksamkeit Die Aufmerksamkeit beschreibt die Zuteilung der kognitiven Ressourcen zu laufen- den Prozessen /AND96/. Dabei kann unterschieden werden /GLA02/ in • Fokussierte bzw. selektive Aufmerksamkeit, die einen aus mehreren Reizen ver- arbeitet • Verteilte Aufmerksamkeit, die alle Reize verarbeitet, jedoch eine starke Übung und Automatisierung für eine effektive Aufgabenbearbeitung voraussetzt /JAM90/ • Daueraufmerksamkeit (Vigilanz), die eine Entdeckungs- oder Unterscheidungs- leistung möglichst lange Zeit aufrecht hält. 2.2 Gesetzliche Vorschriften und Richtlinien Können Gefahren, die von Maschinen ausgehen, konstruktiv nicht ausreichend mi- nimiert oder ganz beseitigt werden, sind nach Maschinenrichtlinie /98/37/EG/ Schutzeinrichtungen vorzusehen. Man unterscheidet zwischen trennenden und nicht trennenden Schutzeinrichtungen. Durch trennende Schutzeinrichtungen (z.B. Schutzgitter) werden Gefahrenstellen und Gefahrenbereiche so vom übrigen Arbeits- und Verkehrsbereich getrennt, dass Personen diese nicht erreichen können /DIN EN 775/ /VDI2854/. Damit keine neuen Gefahrenstellen innerhalb oder außerhalb des abgegrenzten Bereiches entstehen, müssen definierte Sicherheitsabstände /DIN EN 294/ /DIN EN 349/ eingehalten werden. Ein temporärer Zugang kann durch beweg- lich trennende Schutzeinrichtungen (z.B. Schiebe- und Schwenktüren) realisiert wer- den. Diese Schutzmaßnahmen werden hauptsächlich für Systeme verwendet, die keine permanente Interaktion mit Werkern verlangen, die eine besondere Gefähr- dung für den Werker darstellen (z.B. Funkenschlag), oder wo der Nachlauf der ge- fahrbringenden Bewegung sehr groß ist. Ist ein häufiger oder regelmäßiger Zugang zum Gefahrenbereich notwendig, bei- spielsweise zur taktgebundenen Materialein- und ausgabe und kann eine Gefähr- - 22 - dung des Werkers durch den Prozess ausgeschlossen werden, werden hauptsäch- lich nicht trennende Schutzeinrichtungen (z.B. Lichtschranken, Laserscanner, Schaltmatten) verwendet. Um eine Gefährdung beim Zugang des Werkers auszu- schließen, sind bei der Berechnung des Sicherheitsabstandes die Nachlaufzeit des Gesamtsystems und die Schreit- und Greifgeschwindigkeit des Menschen zu berück- sichtigen /DIN EN 999/ /VDI2854/. Um die Sicherheit von Maschinen zu gewährleisten, sind eine Gefährdungsanalyse und Risikoeinschätzung durchzuführen /DIN EN 1050/. Hieraus werden entspre- chende Maßnahmen /DIN EN 292/, wie eigensichere Konstruktion, technische Schutzmaßnahmen und Benutzerinformationen zur Risikoverminderung abgeleitet. 2.3 Stand der Technik Für den Stand der Technik einer Kooperation von Mensch und Roboter in der Mon- tage lässt sich eine Klassifizierung nach der Gestaltung der Schnittstelle ableiten (siehe Bild 2-3). Ist ein Betreten des Roboterarbeitsraumes notwendig, können be- weglich trennende Schutzeinrichtungen oder aber auch nicht trennende Schutzein- richtungen, im folgenden „Ohne trennende Schutzeinrichtungen“ (OTS /UMB02/) ge- nannt, verwendet werden. Eine Entkoppelung ohne direktes Betreten des Roboterar- beitsraumes ist durch Wechsel- und Rückflusssysteme möglich. Der erste Roboter mit einer sicheren Steuerung der Fa. Reis /SOM02/ /ADA02/ /BIA00/ wird gesondert betrachtet. So genannte Cobots (Cooperating Robots) werden nicht berücksichtigt, da sie zur Klasse der interaktiven Systeme gehören, und nicht eigenständig Aufgaben durch- führen können /BER03/ /LAE97/. Aus der Betrachtung wird deutlich, dass die meisten bestehenden Systeme auf Grund von zu hohen Warte- und Nebenzeiten und auch Sicherheitsabständen, eben wegen den bestehenden sicherheitstechnischen Vorschriften, eine direkte Mensch- Roboter-Kooperation unterbinden. Für eine optimale Arbeitsteilung auf Prozessebe- ne, d.h. einen stetigen Wechsel von manuellen und automatischen Tätigkeiten, eig- nen sich noch am besten Montagesysteme mit einem Werkstückträger- Rückflussprinzip. Die Werkstückträger laufen so lange zwischen Werker und Roboter um, bis das Produkt fertig montiert ist. Eine Entkoppelung der Tätigkeiten muss durch eine entsprechende Pufferbildung gewährleistet werden. Auf Grund der in Bild 2-3 aufgeführten Merkmale eignet sich dieses System nur für einen kleinen Anwen- dungsbereich. - 23 - Schnittstellenprinzip Einsatzbereich Merkmale Beweglich trennende Schutzeinrichtungen - Schiebe-, Schwenktür - Einlegefenster - Pendelklappen - Hauben /NIC93/ - Seltener Zugriff durch Werker (z.B. Materialzufuhr) - Gefahr durch herausschleu- dernde Teile - Langer Nachlauf der gefahrbrin- genden Bewegung - Hohe Nebenzeiten durch Öffnen und Schließen der Schutzein- richtung und durch Zuhaltme- chanismen Ohne trennende Schutzeinrichtungen - Schaltflächen - Lichtvorhänge - Laserscanner - Infrarot, Ultraschall /ROB00/ /BER02/ /HES03/ /ZET03/ /PPR01/ /UEY99/ - Häufiger Zugang durch Werker - Anwesenheitsüberprüfung einer Gefahr oder von Personen in ei- nem Bereich - Kollisionsüberwachung - Hohe Sicherheitsabstände durch Berücksichtigung der Schreit- und Greifgeschwindigkeit Wechselsysteme - Schlitten - Drehteller /NIC93/ - Vor allem zur taktgebundenen Bestückung der Werkstückauf- nahmen - Hohe Wartezeiten durch direkte Taktabhängigkeit und durch Si- cherung der Bewegung der Wechseleinrichtung - Begrenzte Entkoppelung durch mehrere Wechselsysteme Rückflusssysteme Montagezellen mit Rück- flussprinzip der Werkstück- träger (WT) /LOT92/ /TEA04/ - Bei stetigem Wechsel von ma- nuellen und automatischen Tä- tigkeiten - Rückfluss eines WT-Satzes bis zur Fertigstellung der Produkte - Strikte Trennung von Werker und Roboter - Meist nur für einen Werker und begrenzte Anzahl von Prozes- sen - Ausführung als Insellösung - Keine Wartezeiten durch voll- ständige Pufferentkoppelung - Nebenzeiten durch häufigen WT-Vorschub - Arbeitsteilung auf Prozessebene möglich, aber nur nach Bildung eines transportierfähigen Zu- standes - Kleine Losgrößen auf Grund der Abpufferung nicht möglich - Hoher Steuerungsaufwand Sichere Robotersteuerung (Fa. Reis) Sichere Robotersteuerung nach Kategorie 3 /DIN EN 954/ mit Überwachung von - Achsposition und - Geschwindigkeit /SOM02/ /ADA02/ /BIA00/ - Anwesenheit des Werkers ohne Unterbrechung des Roboterar- beitsablaufes möglich, aber mit reduzierter Geschwindigkeit (50 mm/s) - Vor allem zur Überwachung der Robotertätigkeit - Gewährleistung der Personensi- cherheit - Flexibilisierung der Überwa- chungsräume und Zugangsmög- lichkeiten Bild 2-3: Stand der Technik Die sichere, redundant aufgebaute Robotersteuerung der Fa. Reis ermöglicht zum ersten Mal, dass die Anwesenheit des Werkers im Roboterarbeitsraum zulässig ist, während sich der Roboter im Automatikmodus befindet und seinen Arbeitsablauf durchführt. Dies bedingt aber, dass der Roboter nur noch mit einer überwachten si- cheren reduzierten Geschwindigkeit von 50 mm/s verfährt, was eine effektive - 24 - Mensch-Roboter-Kooperation unterbindet. Deswegen ist dieser Betriebsmodus auch nur für eine temporäre Prozessüberwachung durch den Werker gedacht. 2.4 Stand der Forschung Im Bereich der Forschung gibt es zahlreiche Entwicklungen von so genannten Assis- tenzrobotern, die Teilfunktionen der ansonsten manuell auszuführenden Tätigkeiten übernehmen /SHR98/ /HAE01/. Im weiteren werden nur die Systeme betrachtet, die für die Randbedingungen in der industriellen Produktion konzipiert sind. Die Eigenschaften solcher Systeme lassen sich in vier Kategorien klassifizieren und entsprechend beschreiben (siehe Bild 2-4). Bei der Betrachtung des Einsatzberei- ches ist vor allem die universelle und effektive Anwendung auf die Montage wichtig. Bei der Kooperation selbst ist von Bedeutung, ob die Systeme mit dem Ziel einer ho- hen Produktivität und eines ergonomischen Roboterverhaltens entwickelt wurden. Bei der Überwachung wird in prinzipielle Verfahren zur Beeinflussung der Roboter- bewegung unterschieden. Auf Grund der in Kap. 2.2 beschriebenen sicherheitstechnischen Vorschriften befin- den sich alle im folgenden beschriebenen Systeme im Forschungs- oder Prototy- penstadium. Aus dem Vergleich der Systeme wird deutlich, dass bei der Entwicklung sehr unter- schiedliche Schwerpunkte gesetzt werden. Entwicklungen wie SIMERO der Universi- tät Kaiserslautern, die sichere Mensch-Roboter-Kooperation der Kuka AG, der Coo- perating Robot der ETH Zürich und das System des National Institute of Industrial Safety aus Japan konzentrieren sich vor allem auf die Überwachung einer möglichen Kollision des Manipulator-Armes mit dem Menschen und zum Teil auch einer aktiven Umgehung durch eine entsprechende Bahnplanung. Hierfür werden unterschiedlichste Sensorprinzipien, wie kapazitive Hüllen, Ultraschall, Motorstromüberwachung und Bildverarbeitung eingesetzt. Die Tohoku und Tsukuba Universitäten aus Japan und die Ohio State University aus den USA haben Lösungen für eine direkte Interaktion von Mensch und Roboter erar- beitet, durch die ein interaktives Handhaben von schweren oder sperrigen Bauteilen möglich wird. Das Electrotechnical Laboratory aus Japan ermöglicht einen gemeinsamen Arbeits- platz für Mensch und Roboter durch die Lokalisierung der Interaktionspartner anhand einer Bildverarbeitung. Hierbei liegt der Schwerpunkt jedoch nicht auf einer entspre- chenden Regelung der Roboterbewegung, sondern auf der Erkennung der Hand- lungsabsichten des Menschen. Zusätzlich ist eine Projektionsfunktion eingebaut, die die Handlungsabsichten des Roboters dem Menschen auf einem Tisch im gemein- samen Arbeitsraum visualisiert. - 25 - Einsatz- bereich Aufbau Kooperation Über- wachung Eigenschaften System M on ta ge H an dh ab un g A ss is te nz SC A R A -R ob ot er 6- A ch s R ob ot er M ob ile P la ttf or m D ire kt e M R K D ire kt e In te ra kt io n M M I ( Le rn en , Sp ra ch e, G es tik ) A rb ei ts ab la uf / Pr od uk tiv itä t Er go no m is ch es R ob ot er ve rh al te n A bs ta nd / K ol lis io n K ra ft/ M om en t B ah np la nu ng SIMERO, Uni Kaiserslautern /EBE03/ ○ ◐ ○ - ● - ● ○ ○ ○ ○ ● ○ ● Kuka AG /HEI02/ ◐ ◐ ○ - ● - ● ○ ○ ◐ ○ ● ● ○ Cooperating Robot, ETH (CH) /SHW93/ /VIS92/ ○ ● ○ - ● - ● ○ ◐ ○ ○ ● ○ ○ National Institute of Indus- trial Safety (NIIS, JP) /IKE02/ ○ ◐ ○ - ● ● ◐ ○ ○ ○ ○ ● ● ● Tohoku University (JP) /KOS00/ ◐ ● ● - ● - ○ ● ○ ○ ○ ○ ● ○ Tsukuba University (JP) /TAK01/ ○ ● ● - ● ● ○ ● ○ ○ ○ ○ ● ○ Ohio State University (USA) /ALJ97/ ○ ● ● - ● - ○ ● ○ ○ ○ ○ ● ○ Electrotechnical Laboratory (JP) /WAK01/ ○ ◐ ◐ - ● - ● ○ ◐ ○ ○ ◐ ◐ ○ HOMES, Waseda University (JP) /HAY00/ ○ ○ ● - ● - ○ ◐ ● ○ ◐ ○ ● ○ rob@work, FHG IPA /HEL03/ ◐ ● ● - ● ● ○ ● ● ◐ ○ ◐ ● ● Produktionsassistent, Daim- lerChrysler AG /STO02/ ○ ● ● - ● ● ◐ ● ● ◐ ○ ● ● ● KAMRO, TU Karlsruhe /WOE01/ ◐ ● ● - ● ● ◐ ● ● ○ ○ ● ● ◐ CORA, Ruhr-Universität Bochum /IOS02/ ◐ ● ● - ● - ◐ ● ● ○ ○ ○ ● ● ARMAR, SFB588 /STE02/ ○ ● ● - ● ● ◐ ● ● ○ ◐ ● ● ● - nicht zutreffend; ○ nicht erfüllt; ◐ teilweise erfüllt; ● voll erfüllt Bild 2-4: Stand der Forschung Der Kern des Systems HOMES (Human Oriented Mechancial Systems) der Waseda Universität aus Japan ist ein Mensch-Modell, das auf einem Künstlichen Neuronalen Netzwerk basiert. Hier für werden die freien Bewegungen der Hände und des Kopfes im Raum über ein Bildverarbeitungssystem ermittelt, die als so genanntes „Arbeits- dreieck“ die Arbeitsituation beschreiben. Hieraus können die menschlichen Hand- lungsabsichten und Situationen, die einer Unterstützung durch den Roboter als dritte Hand bedürfen, extrahiert werden. Diese typischen Not-Situationen wurden durch experimentelle Vergleiche von erfahrenen und unerfahrenen Testpersonen ermittelt, - 26 - und ermöglichen somit ein an den Menschen angepasstes und benutzerfreundliches Eingreifen des Roboters. Die umfassendsten Systeme stellen rob@work des FHG IPA, der Produktionsassis- tent der Daimler Chrysler AG, KAMRO (Karlsruhe Autonomous Mobile Robot) der TU Karlsruhe, CORA der Ruhr-Universität Bochum und ARMAR des Sonderforschungs- bereiches 588 „Humanoide Roboter“ dar. Bis auf das System CORA zählen sie zu der Klasse der mobilen Assistenten, die eigenständig in einer unbekannten Umge- bung navigieren können. Das System rob@work zeichnet sich durch eine detaillierte Lösung eines interaktiven Schweißprozesses aus, bei dem die Führungsgenauigkeit des Roboters mit der Prozessbeobachtung des Menschen vorteilhaft gekoppelt ist. Der Produktionsassistent verfügt über eine umfassende Sensorfusion zur Überwa- chung des gesamten Arbeits- und Bewegungsraumes und übernimmt die Aufgaben- stellung anhand einer Gestikerkennung. Das System KAMRO besteht aus zwei Ma- nipulator-Armen auf einer mobilen Plattform und ist als ein Multi-Agenten-System konzipiert, dem alle Sensoren, beide Roboter und der Mensch selbst angehören. Der momentanen Situation angepasst, werden entsprechende Agententeams bedarfsori- entiert und dynamisch konfiguriert. Das System CORA (Cooperative Robot Assistant) ist ein stationärer Roboter mit 7 Freiheitsgraden, der über ein Bildverarbeitungssys- tem Objekte im Arbeitsraum und die Gestik des Werkers erkennt, und mit ihm eine einfache Montageaufgabe durchführen kann. Die Position des Roboters kann jeder- zeit durch den Werker verändert werden, indem die kraftempfindliche „künstliche Haut“ des Roboterarmes betätigt wird. Das System ARMAR stellt einen humanoiden Roboter dar, der über umfassende Fähigkeiten im Bereich der Mensch-Maschine- Schnittstelle verfügt. Er verfügt über eine multisensorielle Überwachung des Roboter- feldes, deren Regelung in Abhängigkeit vom Aufgabenkontext und Maschinenzu- stand durch ein Neuro-Fuzzy-System ausgewählt wird. Aus der Kategorisierung der Eigenschaften und der Bewertung der einzelnen Syste- me lässt sich ableiten, dass gerade auf dem Gebiet der Überwachung schon sehr fortgeschrittene Entwicklungen vorliegen. Außerdem wird von vielen Systemen die Assistenz des Menschen durch eine direkte Interaktion mit dem Roboter beherrscht. Jedoch gibt es kein System, das dem Einsatzbereich der Montage voll gerecht wird, was auch durch die Nichtberücksichtigung des SCARA-Roboters, der besonders für Montagezwecke geeignet ist /PRI03/, verdeutlicht wird. Der Einsatz in der industriel- len Montage bedingt auch einen Fokus auf die Produktivität und somit auf einen ef- fektiven Arbeitsablauf der Kooperation, um den Nutzen der Mensch-Roboter- Kooperation zu gewährleisten. Um eine hohe Produktivität zu erreichen, müssen ho- he Robotergeschwindigkeiten realisiert werden. Diese Gefahr wird zwar durch eine entsprechende Überwachung gemindert, aber deren Einfluss auf die menschliche - 27 - Wahrnehmung und Empfindung, und der daraus resultierenden ergonomischen Ges- taltung, wurde bis jetzt nicht untersucht. Im Hinblick auf die direkte Mensch-Roboter-Kooperation in der Kleinteilemontage mit einem SCARA-Roboter, ergeben sich somit folgende Entwicklungsschwerpunkte: - Konzeption eines effektiven Arbeitsablaufes der direkten Mensch-Roboter- Kooperation für eine hohe Produktivität, - Entwicklung eines Überwachungssystems, das an die Randbedingungen der di- rekten Mensch-Roboter-Kooperation mit einem SCARA-Roboter angepasst ist, und die Sicherheit des Werker gewährleistet, - Entwicklung eines Roboterverhaltens, das eine hohe Produktivität und Ergonomie gewährleistet, - Einbindung eines solchen Systems zur direkten Mensch-Roboter-Kooperation in bekannte Produktionsstrukturen. 3 Analyse der Randbedingungen für eine direkte Mensch- Roboter-Kooperation und Ableitung von Anforderungen Eine Gestaltung von Montagesystemen und Roboterstationen wird ausreichend in /KON97/, /SHR02/, /WAR90/ und /HES98/ beschrieben, die ergonomische Gestal- tung von manuellen Arbeitsplätzen in /SHM93/ und /BUL94/. In der Analyse der Randbedingungen für eine direkte Mensch-Roboter-Kooperation wird zunächst eine Risikobeurteilung nach /DIN EN 1050/ durchgeführt, um weiter gehende Analyseschwerpunkte abzuleiten. Für die Entwicklung von Überwachungs- verfahren ist die Analyse von Grenzwerten von Kräften und Geschwindigkeiten des Roboters für eine direkte Mensch-Roboter-Kooperation erforderlich. Für die Gestal- tung eines benutzerzentrierten Systemdesigns der Mensch-Roboter-Kooperation wird eine Analyse ihrer Usability-Variablen durchgeführt. Aus der Analyse der Poten- ziale der direkten Mensch-Roboter-Kooperation in der Kleinteilemontage lassen sich entsprechende Anforderungen an die Gestaltung des Kooperationsarbeitsplatzes ableiten. 3.1 Risikobeurteilung einer direkten Mensch-Roboter-Kooperation Um die Sicherheit von Maschinen zu gewährleisten, muss eine Risikobeurteilung durchgeführt werden, die sich aus einer Gefährdungsanalyse, einer Risikoeinschät- zung und einer Risikobewertung zusammensetzt /DIN EN 1050/. Hieraus werden entsprechende Maßnahmen, wie eigensichere Konstruktion, technische Schutzmaß- nahmen und Benutzerinformationen zur Risikoverminderung abgeleitet /DIN EN 292/. Die Einschätzung und Bewertung erfolgt über - das Ausmaß A des möglichen Schadens (1 leicht, 5 schwer), - die Wahrscheinlichkeit W des Eintritts (1 unmöglich, 5 häufig) und - das Risiko R= f(A,W) (1 akzeptabel, 5 hoch) Das Ausmaß des möglichen Schadens /DIN EN 954/ für eine einzelne betroffene Person erstreckt sich über - leichte, üblicherweise reversible Verletzungen wie z.B. Schnittverletzungen und Prellungen - mittlere, üblicherweise irreversible Verletzungen wie z.B. Amputationen - schwere bzw. tödliche Verletzungen Die Wahrscheinlichkeit W des Eintritts eines Schadens wird durch folgende Elemente charakterisiert: - Häufigkeit und Dauer einer Gefährdungsexposition - Eintrittswahrscheinlichkeit eines Gefährdungsereignisses - Möglichkeit zur Vermeidung oder Begrenzung eines Schadens - 29 - Das Risiko setzt sich aus den qualitativen Aussagen des Ausmaßes und der Wahr- scheinlichkeit einer Gefährdung und beruht dabei im wesentlichen auf Erfahrungs- werten aus ähnlichen Anwendungen /DIN EN 1054/. Beschreibung R Maßnahme Mechanische Gefährdungen Gefährdung durch Stoßen: Bewegungsenergie des Roboters bei Hauptachsenbe- wegung A: 1 W: 4 R: 2 - Situative Begrenzung der Robo- tergeschwindigkeit - Minderung des Stoßes durch An- bringung von Schaltkörpern - Torso des Werkers außerhalb des Roboterarbeitsraumes Gefährdung durch Scheren: Extremitäten des Werkers können zwischen den Robo- terarmen eingeklemmt werden A: 3 W: 4 R: 3 - Situatives Einhalten von Mindest- abständen - Begrenzung der Betätigungskräfte Gefährdung durch Quetschen: Extremitäten des Werkers können zwischen dem Robo- terarm und einem anderen stillstehenden Objekt ge- quetscht werden. Vor allem bei der Näherung des Ro- boterflansches zum Werkstückträger A: 3 W: 4 R: 3 - Situatives Einhalten von Mindest- abständen - Begrenzung der Betätigungskräfte Gefährdung durch Schneiden: Direkter Kontakt mit scharfen Kanten und Ecken, vor- stehende Teile, usw. A: 2 W: 3 R: 2 Vermeidung scharfer Kanten und Ecken und/ oder Polsterung Gefährdung durch wegfliegende Teile: Lösen eines Bauteiles aus dem Greifer z.B. bei hoher Geschwindigkeit oder gefährlichem Bauteil A: 1 W: 2 R: 1 Beschränkung auf kleinvolumige Produkte Thermische Gefährdung, Gefährdung durch Strahlen und Werkstoffe Gefährdung durch Kontakt mit gefährlichen Gegenstän- den oder Stoffen (z.B. Schweißen, Laserstrahl, Flüssig- keiten, Dämpfe, usw.) A: 4 W: 3 R: 3 Prozesse deren Eigenschaften selbst gefährdend sind, dürfen in der MRK nicht angewendet werden Gefährdung durch Vernachlässigung ergonomischer Grundsätze Physiologische Wirkungen: Ungesunde Körperhaltung und ungenügende Berück- sichtigung der Anatomie von Hand/Arm und Fuß/ Beine auf Grund des gemeinsamen Arbeitsplatzes mit einem Roboter A: 1 W: 2 R: 1 Ergonomische Arbeitsplatzgestal- tung /BUL94/ /DIN EN 614/ Psychophysiologische Wirkungen: Mentale Überbelastung oder Unterforderung bzw. Stress durch direkte Kooperation mit einem Roboter A: 2 W: 4 R: 3 Anpassen der MRK an die mensch- lichen Eigenschaften bzw. Optimie- rung der Usability Variablen (siehe Kap. 3.3) Ungeeignete Konstruktion oder Platzierung von Sicht- anzeigen A: 1 W: 2 R: 1 Mensch-Maschine-Schnittstelle nach ergonomischen Prinzipien gestalten /VDI3546/ /VDI3699/ Gefährdung durch unerwartete Fehlfunktionen des Systems Ausfall/ Störung des Steuer- bzw. Regelkreises, Soft- warefehler A: 3 W: 2 R: 3 Berücksichtigung der Steuerungska- tegorie 3 /DIN EN 954/ Bild 3-1: Risikobeurteilung einer direkten Mensch-Roboter-Kooperation - 30 - Bei der Risikobeurteilung eines einzelnen Arbeitsplatzes zur Mensch-Roboter- Kooperation in der Kleinteilemontage mit einem SCARA-Roboter, und freier Zugäng- lichkeit durch den Werker, wurden in einer Expertenrunde die in Bild 3-1 aufgeführten wichtigsten Gefährdungen ermittelt. Es wird grundsätzlich nur der Werker als gefähr- deter Personenkreis betrachtet. Bei der Gefährdungsanalyse wird ersichtlich, dass die mechanischen Gefährdungen Stoßen, Quetschen und Scheren unbedingt eine situative Überwachung bedingen, wobei vom Quetschen und Scheren die größte Gefährdung ausgehen. Hierfür ist ei- ne Analyse der entsprechenden Überwachungskenngrößen wie Abstände, Ge- schwindigkeiten und Kräfte notwendig (siehe Kap. 3.2), die als Basis für weiter zu entwickelnde Überwachungsverfahren dienen. Durch die Beschränkung auf die Kleinteilemontage, und somit kleinen Bauteilen, kann ein Risiko durch wegfliegende Bauteile als niedrig bewertet werden. Prozesse, die durch ihre Eigenschaften selbst eine Gefährdung des Werkers darstellen, eignen sich nicht für eine direkte Mensch- Roboter-Kooperation, da sie eine Entkoppelung des Werkers vom Roboter bedingen. Um eine Gefährdung durch physiologische Wirkungen auf Grund der Vernachlässi- gung der ergonomischen Grundsätze zu vermeiden, werden deren Prinzipien bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes der Mensch-Roboter-Kooperation beachtet. Gerade durch die Auflösung der strikten Trennung und das Zusammenführen von Mensch und Roboter gewinnt die psychophysiologische Wirkung der direkten Mensch- Roboter-Kooperation an Bedeutung. Für eine entsprechende Konzeption des Ge- samtssystems ist eine genaue Analyse der Usability-Variablen der direkten Mensch- Roboter-Kooperation notwendig (siehe Kap. 3.3). Dies bildet einen Schwerpunkt der weiteren Arbeiten. Unerwartete Fehlfunktionen, vor allem des Steuer- und Regelkreises, stellen auf je- den Fall eine große Gefährdung dar. Anhand des Risikographen nach /DIN EN 954/ kann eine notwendige Steuerungskategorie 3 für eine direkte Mensch-Roboter- Kooperation in der Kleinteilemontage mit einem SCARA-Roboter ermittelt werden, die einen zweikanaligen Aufbau der Hard- und Software verlangt. Vergleichbare Sys- teme /KLE97/ /HEI03/ kommen zu demselben Ergebnis. Werden die aufgeführten Maßnahmen durchgeführt, können alle Risiken auf die ak- zeptable Bewertung von R= 1 reduziert werden. - 31 - 3.2 Analyse der Überwachungskenngrößen Bei der Analyse der Überwachungskenngrößen werden maximal zulässige Werte ermittelt, die die Sicherheit des Menschen gewährleisten. Hierbei wird auf vorhande- ne Angaben aus Normen zurückgegriffen, die auf den Anwendungsfall der direkten Mensch-Roboter-Kooperation übertragen werden können (siehe Bild 3-2). Wert Beschreibung Norm Zulässige Kräfte 750 N Betätigungskraft auf liegenden Prüfkörper (Durch- messer 200 mm, Länge 600 mm) 250 N Betätigungskraft auf feststehenden Prüfkörper (Durchmesser 70 mm, Höhe 400 mm) 400 N Endkraft auf feststehenden Prüfkörper bei: - Kollision bei Maximalgeschwindigkeit und Nenn- last - Schaltkörper ist zusammengedrückt - Flurförderzeug bei Kontakt durch Schaltkörper- signal angehalten Fahrerlose Flurförderzeuge und ihre Systeme /DIN EN 1525/ 150 N Maximale statische Kraft in Kombination mit einer nachgiebigen Hauptschließkante auf einen Prüf- körper mit 80 mm Durchmesser 400 N Maximale dynamische Kraft bei Gefährdung durch Scheren Nutzungssicherheit kraftbetätigter Tore /DIN EN 12453/ Zulässige Geschwindigkeiten der Maschine 0,25 m/s Reduzierte Geschwindigkeit beim Einrichten mit Zustimmungsschalter, am Werkzeugflansch ge- messen Industrieroboter Sicherheit /DIN EN 775/ 0,3 m/s Maximale Fahrgeschwindigkeit, wo keine Flucht- möglichkeit für eingeschlossene Personen besteht Fahrerlose Flurförderzeuge und ihre Systeme /DIN EN 1525/ 0,5 m/s Maximale Fahrgeschwindigkeit an der Haupt- schließkante Nutzungssicherheit kraftbetätigter Tore /DIN EN 12453/ Berechnung von zulässigen Abständen 50 mm Nachlaufweg des Torflügels nach dem ein Halte- signal angelegt wurde Nutzungssicherheit kraftbetätigter Tore /DIN EN 12453/ S = (K · T) + 8 · (d – 14 mm) Annäherungsrichtung senkrecht zum Schutzfeld S = (K · T) + (1200 mm – 0,4 · H) Annäherungsrichtung parallel zum Schutzfeld S: Mindestabstand K: Annäherungsgeschwindigkeit des Körpers 2,0 m/s Maximale Greifgeschwindigkeit/ Reaktionsgreifen 1,6 m/s Maximale Schreitgeschwindigkeit T: Nachlauf des Systems (Auslöse- und Ansprechzeit) d: Detektionsvermögen der Überwachungssensorik H: Höhe des Schutzfeldes Anordnung von Schutzeinrichtungen im Hinblick auf Annäherungsge- schwindigkeiten von Körperteilen /DIN EN 999/ Bild 3-2: Analyse der Überwachungskenngrößen - 32 - Bei der Analyse der zulässigen Kräfte wird deutlich, dass durchaus ein Kontakt zwi- schen Maschine und Mensch zulässig ist. Hierbei sind jedoch die Fälle Stoßen und Quetschen zu unterscheiden. Laut /DIN EN 1525/ dürfen bei einem Stoßen eines frei gelagerten Prüfkörpers Kräfte bis zu 750 N auftreten. Dies ist vergleichbar mit einem Stoßen der sich frei beweglichen Arme und Hände und bedingt auch des Oberkör- pers und Kopfes des Menschen, die über eine eigene Nachgiebigkeit verfügen. Der Fall eines Stoßens mit einem feststehenden Körper /DIN EN 1525/ ist vergleichbar mit einem Quetschen des Menschen in einem kraftbetätigtem Tor /DIN EN 12453/. Für diesen Fall sehen diese Normen eine maximale Kraft von 150 N bzw. 250 N vor. Diese Werte können jedoch auf 400 N erhöht werden, wenn ein Schaltkörper vorge- sehen wird, der zum einen durch seine Nachgiebigkeit die Kräfte reduziert, und zum anderen durch ein Schaltsignal ein sofortiges Abbremsen initiiert. Die /DIN EN 775/ definiert eine reduzierte Geschwindigkeit mit 0,25 m/s, die die Ge- schwindigkeit des Roboters automatisch so einschränkt, dass Personen genügend Zeit haben, sich entweder vor gefahrbringenden Bewegungen zurückzuziehen oder den Roboter stillzusetzen. Der vergleichbare Wert der /DIN EN 1525/ beträgt 0,3 m/s und geht auch von einem eigenständigen Ausweichen bzw. Reagieren des Men- schen aus. In beiden Fällen wird die Eigengeschwindigkeit des Menschen nicht be- rücksichtigt. Im Falle der Gefährdung durch Stoßen hat der Mensch jederzeit die Möglichkeit auszuweichen, falls er nicht durch weitere Peripherie daran gehindert wird. Im Falle einer Gefährdung durch Quetschen müsste aber die Geschwindigkeit auf höchstens 0,25 m/s beschränkt werden, für eine absolute Sicherheit jedoch auf 0 m/s. Nach /DIN EN 12453/ ist ein Nachlauf des Tores von 50 mm erlaubt, obwohl von der Anwesenheit eines Menschen in der Gefahrenzone ausgegangen wird. Bei der Be- rechnung von zulässigen Abständen ist vor allem die Norm /DIN EN 999/ maßge- bend. Sie berechnet den Mindestabstand in Abhängigkeit der Annäherungsge- schwindigkeit des Körpers, dem Nachlauf des Systems und dem Detektionsvermö- gen der Sensorik. Somit geht sie von einer Betrachtung des schlimmsten Falles aus, wenn sich also Mensch und Maschine mit maximaler Geschwindigkeit auf den selben Punkt zu bewegen. Dies unterbindet eine situative Beurteilung der Gefährdung, und würde eine direkte Mensch-Roboter-Kooperation deutlich einschränken. Da diese Norm nicht für Schutzeinrichtungen gültig ist, die die Anwesenheit von Personen be- reits in einem abgesicherten Bereich erkennen /DIN EN 999/, sollten in der weiteren Entwicklung die bereits erwähnten Abhängigkeiten auf ihre Relevanz hin untersucht werden. - 33 - 3.3 Analyse der Usability-Variablen der direkten Mensch-Roboter- Kooperation 3.3.1 Analyse der Wahrnehmung Bei der Wahrnehmung des Roboters durch den Menschen ist vor allem die visuelle Wahrnehmung von räumlicher Tiefe und Größe und die Bewegungswahrnehmung zu untersuchen. Bei einer Kollision von Mensch und Roboter ergibt sich zwar ein hap- tisch-somatischer Aspekt, der aber durch die Definition von maximal zulässigen Kräf- ten (siehe Kap. 3.2) abgedeckt ist. Die wahrgenommene Geschwindigkeit eines Objektes hängt von den Variablen Ab- stand und Annäherungswinkel relativ zum Beobachter ab. Eine optimale Wahrneh- mung der Geschwindigkeit eines bewegten Objektes erfolgt bei einem Annähe- rungswinkel von 90° zum Betrachter, also wenn das Objekt quer zum Betrachter vor- beigeführt wird /GAR00/. Dabei gilt die „Bewegungsparallaxe“ /HEL67/, nach der man die gleiche Geschwindigkeit von weiter entfernten Objekten langsamer wahr- nimmt, als die von nahen Objekten. Die Wahrnehmung nimmt ab bei kleineren An- näherungswinkeln, bis zu einer frontalen Bewegung bei 0°. In diesem Bereich ist nur noch das Tiefenkriterium der „Größenkonstanz“ vorhanden, bei dem die physikali- sche Größe eines Objektes richtig wahrgenommen wird, egal wie groß die Entfer- nung ist, also eine Korrektur der Relation von Abstand und Größe stattfindet /GRE66/ /GOL97/. Die Größenkonstanz wird mit abnehmenden Abstand des Objektes und unter ca. 50 cm ungenauer /GOL97/, weswegen die Geschwindigkeit und ein mögli- cher Endpunkt einer Bewegung schwerer eingeschätzt werden kann. Der Zusammenhang zwischen der wahrgenommen Stärke und der dargebotenen Stärke eines Reizes kann über das Potenzgesetz bzw. Stevens-Gesetz /STE53/ dar- gestellt werden. Demnach nimmt die subjektive Empfindung Ψ mit der c-ten Potenz der quantitativen Reizgröße Φ zu: ba c +Φ⋅=Ψ (3-1) Wobei a eine von der subjektiven Einheit abhängige Konstante ist, und b einen Ad- justierungsparameter zur Angleichung der Skala darstellt. Der Koeffizient c hat typi- scherweise einen Wertebereich von c= [0,2;0,8] /STE53/ /CAR83/. - 34 - 3.3.2 Analyse der Aufmerksamkeit Der Mensch nimmt jederzeit die ganze Umgebung, die auf der Retina abgebildet wird, bewusst wahr. Da aber das Handlungsausführungssystem begrenzt ist, erfolgt eine sich ständig ändernde Prioritätensetzung, um zielgerichtet eine Handlung durchzuführen, was als „selection for action“ beschrieben wird /ALL89/. Da der Mensch innerhalb der Mensch-Roboter-Kooperation sich auf seinen eigenen Arbeits- ablauf konzentrieren soll, ist eine solche selektive Aufmerksamkeit durch einen ho- hen Automatisiertheitsgrad zu erreichen. Jedoch kann durch die Bewegung des Ro- boters ein Teil der Aufmerksamkeit abgezogen werden, weswegen mit einer verteil- ten Aufmerksamkeit zu rechnen ist, die jedoch weitestgehend unterbunden werden soll. Eine schnelle bzw. unvorhergesehene Bewegung des Roboters in der Gesichtsperi- pherie, und vor allem im zentralen Gesichtsfeld des Menschen, löst eine Augenbe- wegung und weiter eine Kopfbewegung aus. Diese Gesichtsperipherie beginnt in der Randzone der Netzhaut, ab ca. 15-20° des Blickwinkels /SHM93/. Dies erfolgt um die Abbildung des sich bewegenden Objektes auf die Sehgrube (Fovea centralis) zu bringen. Die Fovea centralis ist der Ort des schärfsten Sehens, also bei einem Blick- winkel von 0°. Dadurch würde der Arbeitsfluss unterbrochen, um die ganze Aufmerk- samkeit auf das sich bewegende Objekt zu lenken /GOL97/. Daraus lässt sich die Anforderung an eine gleichmäßige, gerichtete Bewegung des Roboters innerhalb des zentralen und peripheren Gesichtsfeldes ableiten. Das zentrale Gesichtsfeld sollte nur vom Roboter betreten werden, wenn es der Arbeitsablauf verlangt. Trotz verteilter Aufmerksamkeit wird die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf den eigenen Arbeitsablauf des Menschen auf Grund einer höheren kognitiven Automati- sierung steigen /AND96/. Zusätzlich begünstigt wird dies durch die höhere Hand- lungsrelevanz der eigenen motorischen Montagetätigkeit gegenüber der visuellen Beobachtung einer fremden Bewegung /GIB66/. - 35 - 3.3.3 Analyse der Kognition Das Gehirn wendet heuristische Regeln zur Bewegungsinterpretation und - antizipation an, also so genannte Faustregeln, wie Bewegungen in der Umwelt ge- wöhnlich verlaufen. Dazu gehören die Regeln der Trägheit, d.h. dass sich bewegen- de Objekte den begonnen Weg in die gleiche Richtung fortsetzen, und die Regel der Starrheit von Körpern, d.h. dass starr und fest miteinander verbundene Körper sich synchron bewegen /RAM86/. Um eine hohe Antizipierbarkeit zu erreichen, sollten darum alle Bewegungen des Roboters, also sowohl bei Beschleunigung als auch bei konstanter Geschwindigkeit, gleichförmig und zielgerichtet erfolgen. Dadurch kann der anzufahrende Punkt des Roboters bestmöglich vom Menschen geschätzt wer- den. Voraussetzung für eine gute Antizipation ist auch eine gute Wahrnehmung der Bewegung des Roboters, die am besten bei einem Annäherungswinkel von 90° ist und bei kleineren Winkeln abfällt (siehe Kap. 3.3.1). Für einen hohen Wiedererkennungswert und somit auch eine hohe kognitive Auto- matisierung sollte die Bewegungsbahn des Roboters nicht variieren und in wiederer- kennbare Bewegungsmuster in Zusammenhang mit der Kooperation unterteilt sein. Die kognitive Automatisierung lässt sich durch das Potenzgesetz der Übung (Power Law of Practice) darstellen. Hierbei wird die Zeit Tn zur Ausführung einer Aufgabe nach dem n-ten Durchgang aufgetragen, was die Lernkurve eines Menschen bei ei- ner spezifischen Aufgabe ausdrückt. p 1n nTT −⋅= (3-2) T1 ist die Zeit bei der ersten Aufgabenausführung. Der Koeffizient p hat je nach Auf- gabe einen Wertebereich von p= [0,2;0,6] /CAR83/. Ein geschlechtstypischer Unter- schied wird in der Literatur nicht berichtet /STE53/ /PAL99/. Dieses Gesetz gilt so- wohl für kognitive als auch für motorische Fertigkeiten. Schwankungen entlang die- ser Lernkurve werden unter anderem durch Ermüdung, Monotonie bzw. Unterforde- rung, Sättigung und Stress bzw. Überforderung verursacht /BUL94/ /KAN83/. Gene- rell ist eine Über- und Unterforderung des Werkers zu vermeiden, die zu unnötigen oder übermäßigen Beanspruchungen und Fehlern führen kann /BEX54/. Dies variiert innerhalb einer Population und verändert sich mit der Zeit. Daher ist es notwendig, Möglichkeiten zur Anpassung an individuelle Unterschiede, an Entwicklungsphasen und an den Stand der Ausbildung vorzusehen /DIN EN 641/ /DIN EN 292/. - 36 - 3.3.4 Analyse der Aktiverung und Emotionen Für die weitere Arbeit wird als zusammengesetztes subjektives Element der Aktivierung und der Emotionen das Empfinden eingeführt. Die entscheidende Empfindung in einem System für die Mensch-Roboter-Kooperation ist das Sicherheitsempfinden bzw. die Akzeptanz des Systems durch den Menschen. Sicherheit bezeichnet einen Zustand ohne Schädigung bzw. die Wahrnehmung eines Zustandes ohne Schädigung oder potentielle Schädigung. Sicherheit betrifft den Zustand von Individuen in natürlicher, sozialer oder technischer Umgebung /JUN82/. Bezogen auf die Mensch-Roboter-Kooperation geht es hier vor allem um die Wahrnehmung des Sicherheitszustandes, da das zu entwickelnde Überwachungssystem eine tatsächliche Schädigung des Menschen verhindern soll. Somit stellt das subjektive Sicherheitsempfinden eine Verbindung zwischen dem kombinierten Reiz der Roboterbewegung und den Persönlichkeitsvariablen des Wer- kers dar. Es müssen die Usability-Variablen der Mensch-Roboter-Kooperation so eingestellt werden, dass der Werker ein absolutes Sicherheitsempfinden bei der Zu- sammenarbeit mit dem Roboter entwickelt. Die Voraussetzungen hierfür stimmen mit den Anforderungen für eine hohe Antizipierbarkeit und kognitive Automatisierung überein. Daraus lassen sich folgende Usability-Variablen für das Sicherheitsempfin- den ableiten, mit denen sich die Bewegung des Roboters beschreiben lässt und über die der Mensch die Bewegung des Roboters wahrnimmt. Zu dem sind noch das Er- scheinungsbild bzw. die Objekteigenschaften des Roboters wie z.B. die Größe, Form und Scharfkantigkeit von Bedeutung. Menschliche Einflussfaktoren in Bezug auf die Wahrnehmung des subjektiven Si- cherheitszustandes sind dabei der kognitive Automatisiertheitsgrad bzw. die Ver- trautheit mit dem System. Hinzu kommt eine interindividuelle Disposition, sich mit einer bestimmten Tendenz auf äußere Reize hin sicher bzw. unsicher oder gelang- weilt zu fühlen, was mit dem Persönlichkeitsmerkmal „Ängstlichkeit“ umschrieben werden kann /MCC87/ /GRA87/. 3.4 Analyse von möglichen Störsituationen im Arbeitsablauf der direkten Mensch-Roboter-Kooperation Aus einer Analyse und Klassifizierung der möglichen Störsituationen durch den Ro- boter /DHI91/, den Werker /SWA83/ /SHM93/ /KAN83/ und durch deren Abhängigkeit auf Grund der Kooperation /NIC93/, lassen sich generelle Behebungsmaßnahmen hierfür ableiten (siehe Bild 3-3). Dadurch wird verhindert, dass der Werker veranlasst wird, gefährdende Betriebszustände und Eingriffsverfahren wegen technischen Schwierigkeiten anzuwenden /DIN EN 292/. - 37 - Aus der Analyse der Störsituationen des Roboters wird deutlich, dass der Werker im laufenden Betrieb jederzeit die Möglichkeit haben muss, den Roboter anzuhalten. Im Idealfall erfolgt dies nur durch eine Unterbrechung des Roboterprogramms und nicht durch Abbruch, um eine sofortige Wiederaufnahme nach der Behebung der Störung zu ermöglichen. Der Werker entscheidet, ob der Roboter den fehlerhaften Prozess wiederholt oder überspringt. Für die Störungsbehebung ist die gute Zugänglichkeit eine Voraussetzung. Hierfür kann eine Veränderung der Roboterposition notwendig sein. Störsituation im Arbeitsablauf Maßnahmen Störsituationen Roboter - Robotersteuerung (z.B. zu hohe Prozesskräfte) - Prozesswerkzeuge (z.B. kein Bauteil aufgenommen) - Materialbereitstellung (z.B. kein Bauteil vorhanden) - Peripherie (z.B. Vision-System erkennt Bauteil nicht) - Zugänglichkeit (z.B. Werker erreicht Prozesswerk- zeug nicht) - Programmablauf unterbrechen - Programmablauf wiederaufnehmen - Programm anhalten - Prozesswerkzeuge manipulieren - Prozesse überspringen - Prozesse wiederholen - Veränderung der Roboterposition Fehlverhalten Mensch - Ausführungsfehler in Auswahl, Zeit und Qualität (z.B. zu früh, zu spät, zu viel, zu wenig) - Auslassungsfehler (z.B. Bauteil vergessen) - Hinzufügungsfehler (z.B. zusätzliches Bauteil mon- tiert) - Sequenzfehler (z.B. Bauteile in der falschen Reihen- folge montiert) - Vollständigkeits- und Korrektheitskontrolle der Arbeitsschritte des Werkers Störsituationen Mensch-Roboter-Kooperation - Zuordnung der Arbeit zu Werker und Roboter nicht eindeutig - Zeitlicher Ablauf der gemeinsamen Arbeit geht verlo- ren - Zeitlich versetztes Auftreten bzw. Erkennen von Stö- rungen - Handlungsabsicht des Roboters visuali- sieren - Handlungserwartung des Roboters an den Werker visualisieren - Störsituation des Roboters visualisieren - Programmablauf unterbrechen und wie- deraufnehmen Bild 3-3: Störsituationen im Arbeitsablauf der direkten Mensch-Roboter-Kooperation Das Fehlverhalten des Menschen kann durch gestalterische Maßnahmen /SHM93/ minimiert werden, jedoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Da in der direkten Mensch-Roboter-Kooperation auch eine unmittelbare Abhängigkeit zwischen den Tätigkeiten von Mensch und Roboter besteht, muss hierfür eine strikte Kontrolle ein- geführt werden. Dies beinhaltet eine Vollständigkeits- und Korrektheitskontrolle der Arbeitsschritte des Werkers. Der Werker muss jederzeit über den Betriebszustand des Roboters, den nächsten geplanten Arbeitsschrittes des Roboters und auch seiner Erwartungen an die Hand- - 38 - lungen des Werkers, wie z.B. Arbeitsschritt des Werkers und Behebung einer Stö- rung, informiert sein. Als Fehlverhalten des Werkers für das System kann auch ein vorsätzlich herbeige- führter Unfall gelten, der jedoch bei den weiteren Betrachtungen außer Acht gelas- sen wird /NIC93/ /DIN EN 292/. 3.5 Analyse der Potenziale einer direkten Mensch-Roboter-Kooperation Basis der Analyse der Potenziale der Mensch-Roboter-Kooperation ist die optimale Arbeitsteilung auf Prozessebene. Dadurch kann jeder Prozess demjenigen Interakti- onspartner zugewiesen werden, dessen spezifische Fähigkeiten am besten dafür geeignet sind. Dies bedingt jedoch, dass beide Interaktionspartner einen permanen- ten uneingeschränkten Zugang zum zu montierenden Produkt haben. Im Rahmen von Expertengesprächen mit Montageplanern und möglichen Anbietern und Anwendern eines Montagesystems mit einer direkten Mensch-Roboter- Kooperation wurden die Gründe für einen solchen Einsatz und dessen Nutzen unter- sucht. Der resultierende Nutzen für den Anwender lässt sich an dem Dreieck aus den drei Kriterien Kosten, Zeit und Qualität widerspiegeln (siehe Bild 3-4). Kosten Angepasste Automatisierung Hohe Produkt- und Variantenflexibilität Hohe Kapazitätsdichte Zeit Hohe Verfügbarkeit Hohe Umrüstflexibilität Hohe Wandlungsfähigkeit Qualität Permanente Qualitätskontrolle Hohe Werkerverantwortung Bild 3-4: Potenziale der direkten Mensch-Roboter-Kooperation Bezüglich der Kosten ermöglicht die flexible Arbeitsteilung auf Prozessebene zwi- schen Mensch und Roboter die sogenannte angepasste Automatisierung /LAY00/, die den optimalen Kompromiss aus Personal- und Investitionskosten darstellt. Gera- de für den Roboter bedeutet dies, dass er nur die Tätigkeiten durchführt, die leicht automatisierbar sind, was wiederum zu vereinfachten Prozesswerkzeugen, einfacher Roboterprogrammierung und Materialbereitstellung führt und die Verwendung von Standardkomponenten ermöglicht. Dies führt auch zu einer höheren Produkt- und - 39 - Variantenflexibilität, die vor allem durch den einfachen und somit produktneutralen Anlagenaufbau und die Flexibilität des Menschen gewährleistet wird. Dadurch dass sich Mensch und Roboter einen Arbeitsplatz teilen, können beliebig große Arbeitsin- halte realisiert werden, da fast alle notwendigen Fähigkeiten für eine Montageaufga- be vorhanden sind. Dies führt zu kompakten Arbeitsplätzen mit einem geringem Platzbedarf, und somit zu einer erhöhten Kapazitätsdichte. Bezüglich der Zeit kommt es auf einen hohen Nutzungsgrad bzw. eine hohe Verfüg- barkeit an. Durch die Mensch-Roboter-Kooperation ist es möglich, die Sicherheits- räume des Roboters jederzeit und ohne Gefährdung des Menschen zu betreten. Da- durch können Störungen behoben werden, ohne den Arbeitsablauf des Roboters komplett abzubrechen, was zu einer höheren Verfügbarkeit führt. Durch den pro- duktneutralen Anlagenaufbau und durch den freien Zugriff des Werkers auch auf die Materialbereitstellung des Roboters ist eine hohe Umrüstflexibilität und auch komplette Wandlungsfähigkeit bzw. Erweiterbarkeit der Anlage gewährleistet. Bezüglich der Qualitätssicherung ergibt sich nun die Möglichkeit, jeden einzelnen Prozess, der eine Qualitätskontrolle verlangt, dem Roboter zu übertragen. Ein ande- rer Aspekt ist, dass durch die Kooperation und das abwechselnde Bearbeiten des Produktes eine gegenseitige Kontrolle von Mensch und Roboter stattfindet, was in einer permanenten Qualitätskontrolle, vor allem des Menschen, resultiert. Neben dem wirtschaftlichen Nutzen ergibt sich ein interessanter Aspekt bzgl. der Arbeitsqualität. In dem System ist der Werker nicht nur für sich selbst und seine Aufgaben verantwortlich, sondern ihm obliegt auch die Kontrolle des „Kollegen Roboter“, was zu einer Arbeitsbereicherung bzw. Job enrichment führt. Um den vollen Nutzen der direkten Mensch-Roboter-Kooperation zu erreichen, muss die Einbindung solcher Kooperationsarbeitsplätze in bestehende Konzepte von Mon- tagesystemen und deren gute Zugänglichkeit für einen flexiblen Werkereinsatz ge- währleistet sein. 3.6 Entwicklungsbedarf Aus den durchgeführten Analysen wird deutlich, dass es heute noch kein Montage- system gibt, das eine optimale Arbeitsteilung auf Prozessebene zwischen Mensch und Roboter ermöglicht. Im Bereich der Forschung werden schon sehr gute Ergeb- nisse in den einzelnen Teilbereichen Kooperationsregelung und Überwachungssen- sorik realisiert, jedoch existieren kaum Ansätze auf dem Gebiet der Kooperationsgestaltung, der Anpassung an die Wahrnehmung, Kognition und Empfindungen des Menschen und der Anwendbarkeit auf die Kleinteilemontage. - 40 - Hieraus ergibt sich zum einen der Bedarf an einer systematischen, ganzheitlichen Konzeption und Entwicklung von Kooperationsarbeitsplätzen. Des weiteren ist die Entwicklung von effektiven Überwachungsverfahren und einer optimalen Gestaltung der direkten Mensch-Roboter-Kooperation notwendig, so dass die Sicherheit des Menschen und des Roboters gewährleistet ist, aber trotzdem die Produktivität auf- recht erhalten bleibt. Es ergeben sich daraus folgende Entwicklungsschwerpunkte für die direkte Mensch-Roboter-Kooperation in der Kleinteilemontage mit einem SCARA- Roboter (siehe Bild 3-5). Entwicklungsschwerpunkte • Gestaltung eines effektiven Arbeitsablaufes der Mensch-Roboter-Kooperation unter Berücksichtigung der Sicherheit, Produktivität und der Usability-Variablen • Gestaltung von Eingriffsmöglichkeiten des Werkers auf den Roboterarbeitsab- lauf • Anpassen des Roboterverhaltens an das menschliche Empfinden über die Usa- bility-Variablen • Entwicklung eines geeigneten Überwachungssystems für die Mensch-Roboter- Kooperation • Entwicklung eines Kooperationsarbeitsplatzes und dessen Einbindung in Mon- tagesysteme • Integration aller Teilsysteme in eine ganzheitliche Steuerungsstruktur Experi- mentelle Untersuchungen zur Bestimmung der Usability-Variablen • Entwicklung von Verfahren zur Überwachung der Kooperation und Bestimmung der zulässigen Roboterbewegung • Entwicklung von Verfahren für ein ergonomisches Roboterverhalten Bild 3-5: Zusammenfassung der Entwicklungsschwerpunkte Auf den Grundlagen festgelegter Systemgrenzen und der Definition der Teilsysteme werden im folgenden die Anforderungen an Gesamt- und Teilsysteme zur direkten Mensch-Roboter-Kooperation in der Kleinteilemontage mit einem SCARA-Roboter abgeleitet. - 41 - 3.7 Anforderungen an die direkte Mensch-Roboter-Kooperation in der Kleinteilemontage mit einem SCARA-Roboter Ein Gesamtsystem für eine direkte Mensch-Roboter-Kooperation in der Kleinteile- montage gliedert sich in die Teilbereiche Kooperationsarbeitsablauf, Überwachungs- system und Kooperationsarbeitsplatz. Die wesentlichen Anforderungen an die Teil- systeme für eine direkte Mensch-Roboter-Kooperation werden aus den Analyseer- gebnissen abgeleitet (siehe Bild 3-6). Anforderungen an den Kooperationsarbeitsablauf • Mensch-Maschine-Schnittstelle ergonomisch gestalten • Hohe Antizipierbarkeit der Roboterbewegung und hohe Aufmerksamkeit des Werkers für seine Aufgabe durch - Bewegungen quer zum Werker (Annäherungswinkel von 90°) - Vorbeifahrten außerhalb des zentralen Gesichtsfeldes - Gleichförmige, gerichtete Bewegungen - Wiedererkennbares Bewegungsmuster • Anpassen des Roboterverhaltens an das Sicherheitsempfinden des Werkers • Keine Über- und Unterforderung des Werkers durch Anpassen des Roboterver- haltens an individuelle Unterschiede • Werker muss jederzeit in den Arbeitsablauf eingreifen können um auf Störsitua- tionen zu reagieren • Vollständigkeits- und Korrektheitskontrolle der Arbeitsschritte des Werkers • Visualisierung des Betriebszustandes des Roboters, des nächsten Arbeitsschrit- tes und der Erwartungen an die Handlungen des Werkers • Optimale Arbeitsteilung auf Prozessebene ermöglichen • Möglichst keine Wartezeiten des Menschen Anforderungen an das Überwachungssystem • Absichern der Anlage gegen unbefugten Zutritt • Sicherheit des Werkers gewährleisten • Unterscheidung der Gefährdung in Stoßen, Scheren und Quetschen • Schaltkörper um Roboterarm, der bei Kontakt einen sofortigen Stillstand auslöst und der scharfe Kanten abdeckt • Zulässige Kontaktkraft bei Stoßen 750 N • Zulässige Kontaktkraft bei Quetschen und Scheren mit Schaltkörper 400 N • Zulässige Geschwindigkeit bei Gefährdung durch Quetschen 0 m/s - 42 - • Berücksichtigung von - Maximale Greifgeschwindigkeit des Menschen 2,0 m/s - Auslösezeit des Systems - Ansprechzeit des Systems - Detektionsvermögen der Überwachungssensorik • Permanente Detektion des Menschen im gesamten Arbeitsraum • Funktion des Überwachungssystems unabhängig vom Arbeitsablauf Anforderungen an einen Kooperationsarbeitsplatz • Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung und Materialbereitstellung für den Werker • Permanente und uneingeschränkte Zugänglichkeit zum Produkt für beide Inter- aktionspartner • Gute Zugänglichkeit des Werkers zur Materialbereitstellung des Roboters • Gute Zugänglichkeit des Werkers zum Kooperationsarbeitsplatz für flexiblen Werkeraustausch • Torso des Werkers außerhalb des Arbeitsraumes des Roboters • Kompakte Gestaltung des Kooperationsarbeitsplatzes • Weitgehende Verwendung von Standardkomponenten • Weitgehend produktneutraler Anlagenaufbau • Gute Erweiterbarkeit des Kooperationsarbeitsplatzes • Gute Integrationsmöglichkeit in bestehende Montagekonzepte Bild 3-6: Anforderungen an ein System für die direkte Mensch-Roboter-Kooperation 4 Konzeption eines Gesamtsystems zur direkten Mensch- Roboter-Kooperation Entsprechend den Anforderungen werden die Teilsysteme Arbeitsablauf, Überwa- chungssystem und Kooperationssystem der Mensch-Roboter-Kooperation konzipiert. 4.1 Gestaltung des Arbeitsablaufes der direkten Mensch-Roboter- Kooperation unter Berücksichtigung der Usability-Variablen 4.1.1 Betriebsmodi des idealen Arbeitsablaufes Für die Mensch-Roboter-Kooperation ist eine exakte Gestaltung von Regeln für das Zusammenspiel von Mensch und Roboter im gemeinsamen Arbeitsraum notwendig, um einen einprägsamen Arbeitsablauf zu gewährleisten. Bei der Betrachtung des sich überlappenden Arbeitsraumes ergeben sich drei unterschiedliche Betriebsmodi der Kooperation aus der Variation von örtlicher und zeitlicher Trennung von Mensch und Roboter (siehe Bild 4-1). Stand der Technik Zeitliche Trennung Keine zeitliche Trennung Örtliche Trennung Keine örtliche Trennung A Autark K Kooperierend S Synchronisiert Bild 4-1: Betriebsmodi der Mensch-Roboter-Kooperation Der Stand der Technik entspricht einer strikten Trennung der Arbeitsräume von Mensch und Roboter (siehe Kapitel 2.3). Wird die zeitliche Trennung aufgehoben, ergibt sich ein aufeinander abgestimmtes, zeitlich versetztes Arbeiten, das Synchro- nisierte Arbeiten. Dadurch dass sich immer nur ein Interaktionspartner im gemeinsa- men Arbeitsraum befindet, ergeben sich keine Einschränkungen bzgl. des jeweiligen Arbeitsbereiches. Wird die örtliche Trennung aufgehoben, ergibt sich ein paralleles, - 44 - unabhängiges Arbeiten im gemeinsamen Arbeitsraum, das Autarke Arbeiten. Hierbei ist zu beachten, dass eine definierte räumliche Trennung der jeweiligen Arbeitsberei- che vorliegen muss. Werden sowohl die örtliche, als auch die zeitliche Trennung auf- gehoben, ergibt sich das eigentliche Kooperierende Arbeiten. Es entsteht eine unmit- telbare Kooperation innerhalb einer Teilverrichtung, so dass sich Mensch und Robo- ter, entsprechend ihren spezifischen Fähigkeiten, optimal ergänzen bzw. unterstüt- zen. Um diesen Betriebsmodus sicher durchzuführen, ist jedoch die Einschränkung notwendig, dass sich jeweils nur ein Interaktionspartner bewegen darf (aktiv), wäh- rend der andere in seiner Position verharrt (passiv). Anhand dieser drei Betriebsmodi ist eine strukturierte und damit effektive Mensch- Roboter-Kooperation möglich. Aus der Variation der örtlichen und zeitlichen Trennung von Mensch und Roboter lassen sich auch die entsprechenden Kontrollparameter für die Überwachung der Mensch-Roboter-Kooperation ableiten. Aus der zeitlichen Trennung für das synchro- nisierte Arbeiten ergibt sich die Zeit als Wartezeit, bzw. umgerechnet in einen Warte- abstand, als entscheidender Kontrollparameter (siehe Bild 4-2). Betriebsmodus Kontrollparameter Kontrolloptionen Synchronisiert Zeit - Konstante Wartezeit bzw. Warteabstand - Flexible Wartezeit bzw. Warteabstand Autark Ort - Konstanter Mindestabstand - Konstante Grenze oder Grenzbereich - Flexibler Mindestabstand Kooperierend Geschwindigkeit - Passiver Interaktionspartner hat Ge- schwindigkeit 0 - Freigabe für Fortbewegung erteilen Bild 4-2: Ableitung der Kontrolloptionen der einzelnen Betriebsmodi Dieser kann je nach Art des Überwachungssystems konstant oder flexibel ausgelegt werden. Für das autarke Arbeiten ist die örtliche Trennung durch eine Grenze bzw. der Mindestabstand der Interaktionspartner zueinander von Bedeutung. Durch Unter- teilung in einen aktiven und passiven Interaktionspartner beim kooperierenden Arbei- ten ist die Überprüfung der jeweiligen Geschwindigkeit notwendig. Eine spezielle Möglichkeit besteht darin, nach der Kooperation die Geschwindigkeit des Roboters (passiver Interaktionspartner) durch den Werker (aktiver Interaktionspartner) wieder freizugeben. - 45 - Diese Kontrollparameter bestimmen direkt das Roboterverhalten durch eine entspre- chende Programmierung, für den Werker stellen sie jedoch nur Verhaltensregeln in der Kooperation dar. 4.1.2 Manipulationsmodi bei Störsituationen im Arbeitsablauf Aus der Analyse der möglichen Störsituationen durch den Roboter, den Werker und durch deren Abhängigkeit auf Grund der Kooperation und deren generelle Behe- bungsmaßnahmen lässt sich die Gestaltung einer entsprechenden Mensch- Maschine-Schnittstelle ableiten. Der Werker muss jederzeit und im normalen Pro- grammmodus, die Möglichkeit haben, in den Arbeitsablauf des Roboters eingreifen und ihn so manipulieren zu können, dass auf jede mögliche Störung entsprechend reagiert werden kann. Hierfür werden entsprechende Manipulationsmodi abgeleitet und deren funktionaler Zusammenhang dargestellt (siehe Bild 4-3). Vorschub gesperrt Programm ausführen Ausweichen durchführen Programm stoppen Prozess vor/ zurück Main Koop-Faktor setzen Greifer auf/ zu Programmauswahl Prozess vor/ zurück Pause Play Pause Ausweichen Greifer auf/ zu Koop- Faktor Init Stop Bild 4-3: Manipulationsmodi der Mensch-Roboter-Kooperation Der Roboter kann im laufenden Betrieb jederzeit angehalten werden, indem er vom Werker in den Manipulationsmodus Pause gesetzt wird und dem Roboter der Vorschub gesperrt wird. Bleibt der Roboter an einer ungünstigen Stelle stehen, kann er aus dem Manipulationsmodus Pause mit dem Manipulationsmodus Ausweichen dazu gezwungen werden, vom aktuellen Punkt auf eine neutrale Position außerhalb des gemeinsamen Arbeitsraumes auszuweichen. Im Manipulationsmodus Pause ist - 46 - es unter anderem erlaubt, das Prozesswerkzeug (z.B. Greifer auf/ zu) manuell zu bedienen, um z.B. ein defektes Bauteil auszutauschen. Die pausierte Bewegung des Roboters kann jederzeit wieder aufgenommen (Play) werden. Ist die Fortsetzung des aktuellen Prozesses ungewünscht, weil z.B. das Bauteil anstatt vom Roboter schon vom Werker eingesetzt worden ist oder der Roboter den vorherigen Prozess wiederholen soll, kann der Werker manuell zwischen den einzelnen Prozessen vor- und zurückspringen. Falls es doch zu einer nicht behebbaren Situation kommen sollte, kann der Arbeitsablauf jederzeit auf den Anfang zurückgesetzt (Stop) werden. Damit der Werker jederzeit über den Zustand des Roboters informiert ist, ist eine Visualisierung der Betriebs- und Manipulationsmodi und des nächsten geplanten Arbeitsschrittes des Roboters und auch seiner Erwartungen an die Handlungen des Werkers, wie z.B. Arbeitsschritt des Werkers und Behebung einer Störung, notwendig. Zusätzlich kann das Verhalten des Roboters auf den individuellen Kooperationsfaktor des Werkers eingestellt werden (siehe Kap. 4.1.3). 4.1.3 Gestaltung eines ergonomischen Roboterverhaltens Standard-Industrieroboter sind nicht dafür ausgelegt, in hochkomplexen Anwendun- gen wie der Mensch-Roboter-Kooperation zu agieren. Deswegen bestimmen die vorhandenen Möglichkeiten der Kinematik und der Robotersteuerung letztlich auch die Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die Roboterbewegung. In der Robotik haben sich als Interpolationsverfahren das synchrone PTP-Verfahren (Point to Point) und das lineare und zirkulare CP-Verfahren (Continuous Path) durchgesetzt. Beim synchronen PTP wird durch die Steuerung diejenige Achse mit der größten Bahndauer (Leitachse) bei einem Bewegungssegment bestimmt. Die Geschwindigkeiten der anderen Achsen werden so vermindert, dass alle Achsen zum gleichen Zeitpunkt ihr Ziel erreichen. Durch diese Abhängigkeiten entsteht eine für den Anwender nicht vorhersehbare Raumkurve mit nicht definierter Orientierung des TCP (Tool Center Point). Ist eine definierte Bewegung des TCP im Raum not- wendig, wird eine CP-Steuerung verwendet, die eine lineare oder zirkulare Bahn be- wirkt. Beim PTP-Verfahren sind jedoch die Änderungen in den Achskoordinaten zwischen Start- und Zielstellung minimal, da diese stetig wachsen oder fallen. Bei der CP- Steuerung müssen sich die Gelenke jedoch so bewegen, dass im kartesischen Raum der TCP eine Gerade oder Kreisbogen abfährt, so dass die Gelenkkoordinaten einen nahezu beliebigen Verlauf haben /WEB02/. Aus der Analyse der Anforderungen geht hervor, dass eine gleichmäßige und antizi- pierbare Roboterbewegung für die Mensch-Roboter-Kooperation notwendig ist. Des weiteren ist die Wahrnehmung eines bewegten Objektes durch den Menschen bei - 47 - einer Querbewegung zum Beobachter optimal. Eine Bewegung im zentralen Gesichtsfeld (ZG) führt dazu, dass die Aufmerksamkeit des Werkers auf die Bewegung des Roboters umgelenkt wird. Hierfür werden verschiedene Konzepte aufgestellt und das beste Verfahren in Abhängigkeit der Anwendbarkeit für die Betriebsmodi, der Antizipierbarkeit und Aufmerksamkeitslenkung des Werkers ausgewählt (Bild 4-4). Lösungs- A B C D konzept PTP Direkt CP Direkt Fester Einschleuspt. Flexible Einschleuspt. Prinzipbild Bewer- tungskriterien ZG ZG ZG ZG Betriebsmodi Synchronisiert ▒▒▒▒ 4 ▒▒▒▒ 4 ▒▒▒▒ 4 ▒▒▒▒▒ 5 Autark ▒▒▒ 3 ▒▒▒ 3 ▒▒▒ 3 ▒▒▒▒▒ 5 Kooperierend ▒▒▒▒▒ 5 ▒▒▒▒▒ 5 ▒▒▒▒▒ 5 ▒▒▒▒▒ 5 Antizipierbarkeit Bahn ▒▒▒ 3 ▒▒▒▒▒ 5 ▒▒▒ 3 ▒▒▒▒▒ 5 Geschwindigkeit ▒▒ 2 ▒▒▒▒▒ 5 ▒▒▒▒▒ 5 ▒▒▒▒▒ 5 Aufmerksamkeit ▒▒ 2 ▒ 1 ▒▒▒▒ 4 ▒▒▒▒▒ 5 0 nicht erfüllt 5 voll erfüllt Bild 4-4: Gestaltung der antizipierbaren Roboterbewegung Wird das PTP-Verfahren für eine direkte Verbindung der Ausgangs- und der Zielposi- tion des Roboters eingesetzt, ergeben sich deutliche Nachteile bezüglich der Antizi- pierbarkeit. Dies liegt daran, dass je nach Ausgangs- und Zielposition unterschiedli- che Bahnen abgefahren werden und keine Maximalgeschwindigkeit vorliegt. Das Einschleusen über einen festen und zentralen Punkt verursacht einen gestörten Ar- beitsablauf, da der Roboter sich immer in die Nähe des Werkers bewegt, bevor er die Position des durchzuführenden Prozesses erreicht. Außerdem wird das Ziel für den - 48 - Beobachter erst nach einer gewissen Strecke nach dem Verlassen des Einschleus- punktes deutlich. Dieser Nachteil kann durch flexible Einschleuspunkte aufgehoben werden, die immer senkrecht zum Bearbeitungsort angeordnet sind. Somit nähert sich der Roboter und biegt dann in gerader Richtung zum Bearbeitungsort ab. Darum wird das CP-Verfahren mit flexiblen Einschleuspunkten ausgewählt, da somit definierte Bahnen und konstante Geschwindigkeiten vorgegeben werden können. Für die Vorgabe dieser Geschwindigkeitswerte wird eine Ergonomieüberwachung entwickelt, die an die unterschiedlichsten Erfahrungs- bzw. Kooperationsgrade und Sicherheitsempfinden der Werker angepasst werden kann. Um die Anpassung der Ergonomieüberwachung vereinheitlichen zu können, wird als Begriff das Kooperationsvermögen und der damit verbundene Kooperationsfaktor k eingeführt. Das Kooperationsvermögen stellt einen zusammengesetzten, variablen Einflussparameter dar, der die individuelle Fähigkeit und Bereitschaft des Werkers zur Zusammenarbeit mit dem Roboter und dem System kennzeichnet, wobei die Effi- zienz der Kooperation im Vordergrund steht. Das System kann dann als effizient er- achtet werden, wenn eine möglichst hohe Arbeitsgeschwindigkeit mit möglichst ge- ringer Regelung des Roboters und mit möglichst hoher Aufmerksamkeit des Men- schen auf seine Aufgabe stattfindet. Quantitativ geht das Kooperationsvermögen des Werkers als Kooperationsfaktor k in das System ein. Das Kooperationsvermögen variiert mit dem Übungsausmaß und der Erfahrung des Werkers mit diesem oder einem ähnlichen System. Beim Erwerb der motorischen und kognitiven Fertigkeiten während der Montage eines bestimmten Produkts ist das Kooperationsvermögen gering, mit zunehmendem Grad der kognitiven und motori- schen Automatisierung nimmt das Kooperationsvermögen zu. Zudem unterliegt es täglichen individuellen Leistungs- und Motivationsschwankungen. Weiterhin wird die- se Größe reversibel beeinflusst durch Ermüdungserscheinungen in Folge von geisti- ger und körperlicher Beanspruchung, was auch mit der Aufmerksamkeitsleistung ko- variiert. Das Kooperationsvermögen hat einen direkten Bezug zum subjektiven Sicherheits- empfinden des Werkers, da sich das Ausmaß der Vertrautheit und der Erfahrung mit dem System und die individuelle Ängstlichkeit auf die Wahrnehmung der Gefahrlo- sigkeit dessen auswirken. Die entsprechenden Untersuchungen werden in Kap. 5 beschrieben, die Entwicklung eines geeigneten Verfahrens zur Ergonomieüberwachung in Kap. 6. - 49 - 4.2 Konzeption eines Überwachungssystems für die direkte Mensch- Roboter-Kooperation Um einen sicheren Ablauf der Mensch-Roboter-Kooperation zu gewährleisten wird eine Arbeitsraumüberwachung anhand einer geeigneten Sensorik konzipiert. 4.2.1 Konzeption einer Arbeitsraumüberwachung Für die Arbeitsraumüberwachung lassen sich Konzepte in Abhängigkeit der Bewe- gungsparameter der Interaktionspartner (IP) ableiten und qualitativ die Möglichkeit zur Kooperation bestimmen (siehe Bild 4-5). Lösungs- A B C konzept Statische Zonen Dynamische Korridore Relative Bewegung Prinzipbild Betriebsmodi vMvR d Synchronisiert Nur ein IP pro Zone Zonengröße = War- teabstand Zonengröße = Warteabstand Relativer und flexibler Warteabstand Autark Nur ein IP pro Zone Zonengröße = Min- destabstand Zonengröße= Mindestabstand Relativer und flexibler Mindestabstand Kooperierend Aktiver und passiver IP Kooperation ▒ 1 ▒▒▒ 3 ▒▒▒▒▒ 5 Arbeitsablauf unabhängig ▒▒▒ 3 ▒▒▒▒▒ 5 ▒▒▒▒▒ 5 0 nicht erfüllt 5 voll erfüllt Bild 4-5: Arbeitsraumüberwachung - 50 - Für eine einfache Überwachung des synchronisierten und autarken Arbeitens ist die Zonenüberwachung ausreichend. Eine sinnvolle Aufteilung des Arbeitsraumes in sta- tionäre Zonen, in denen sich jeweils nur ein Interaktionspartner befinden darf, lässt jedoch nur einen geringen Kooperationsgrad zu, da auch Sicherheitsabstände zu den jeweiligen Grenzen einkalkuliert werden müssen /DIN EN 999/. Dies führt zu entsprechend hohen Nebenzeiten. Die Unabhängigkeit vom geplanten Arbeitsablauf ist beim autarken Arbeiten eingeschränkt, da die Zonentrennung im gemeinsamen Arbeitsraum statisch ist. Werden sich mitbewegende, also dynamische Korridore um den Roboter oder den Werker eingeführt, ist eine relative und damit ortsunabhängige Überwachung mög- lich, die deswegen auch einen höheren Kooperationsgrad ermöglicht. Durch die Größe der Korridore werden ein Warte- und Mindestabstand, in Abhängigkeit von der maximalen Geschwindigkeit von Mensch und Roboter, definiert. Lassen sich Bewegungsgrößen, wie die Positionen von Werker und Roboter bestimmen, ist ebenso eine ortsunabhängige Überwachung eines Warte- und Min- destabstandes möglich. Besteht zusätzlich die Möglichkeit die Geschwindigkeitsvek- toren von einem oder beiden Interaktionspartnern aufzunehmen, lassen sich hieraus die relative Bewegungsrichtung und der relative Geschwindigkeitsbetrag ermitteln. Dies ermöglicht erst eine Unterscheidung, ob sich die Interaktionspartner aufeinan- der zu-, vorbei- oder wegbewegen und mit welcher Geschwindigkeit dies erfolgt. Hierdurch können flexible, der Situation angepasste Warte- und Mindestabstände realisiert werden. Außerdem bietet die Geschwindigkeitsüberwachung erst die Mög- lichkeit zum kooperierenden Arbeiten. 4.2.2 Bewertung und Auswahl der Überwachungssensorik Für die Arbeitsraumüberwachung (AÜ) ist die Auswahl einer geeigneten Überwa- chungssensorik von entscheidender Bedeutung, da sie durch ihr eigenes Messprin- zip auch die Messart der Arbeitsraumüberwachung bestimmt. Ein Musskriterium ist die Detektion des Menschen, als ein sich komplex bewegendes Element, das sehr unterschiedliche Oberflächeneigenschaften aufweist. Der Roboter weist durch seine Kinematik ein berechenbares und nachvollziehbares Bewegungsmuster und konstante Oberflächeneigenschaften auf. Außerdem können die Bewegungsinformationen des Roboters meist aus der Robotersteuerung selbst gelesen werden. Für die Auswahl der geeignetsten Überwachungssensorik werden berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen bezüglich ihrer Eigenschaften verglichen (siehe Bild 4-6). - 51 - Messart Multipunktmessung 2D-Messung 3D-Messung Sensorik U ltr as ch al l R ad ar K ap az iti v In fr ar ot p as si v Li ch tv or hä ng e La se rs ca nn er La se rs ca nn er Fa rb - B ild ve ra rb ei tu ng In fr ar ot - B ild ve ra rb ei tu ng Identifikation Mensch 0 0 ▒▒3 ▒▒▒▒5 0 0 0 ▒▒▒▒5 ▒▒▒▒5 Messbereich ▒▒▒4 ▒▒▒4 1 ▒▒▒4 ▒▒▒4 ▒▒▒▒5 ▒▒▒▒5 ▒▒▒▒5 ▒▒▒▒5 Flexibilität Messbereich ▒▒▒4 ▒▒▒▒5 ▒2 ▒▒3 0 ▒▒▒▒5 ▒▒▒▒5 ▒▒▒▒5 ▒▒▒▒5 Messzeit ▒▒▒4 ▒▒▒4 ▒▒3 ▒2 ▒▒▒▒5 ▒▒▒4 ▒▒▒4 ▒▒▒▒5 ▒▒▒▒5 Genauigkeit ▒▒▒▒5 ▒▒▒▒5 ▒▒3 ▒▒▒4 ▒▒▒▒5 ▒▒▒4 ▒▒▒4 ▒▒▒▒5 ▒▒3 Empfindlichkeit (Schmutz, Umgebung) ▒▒▒▒5 ▒▒▒▒5 ▒▒▒4 ▒▒3 ▒▒▒▒5 ▒▒▒▒5 ▒▒▒▒5 ▒▒3 ▒▒3 B ew er tu ng sk rit er ie n Aufwand, Kostenrah- men ▒▒▒▒5 ▒2 ▒▒▒▒5 ▒▒3 ▒▒▒▒5 ▒▒▒4 ▒▒3 ▒▒3 0 Statische Zonen ▒2 ▒2 0 ▒2 ▒▒▒▒5 ▒▒▒▒5 ▒▒▒▒5 ▒▒▒▒5 ▒▒▒▒5 Dynamische Korridore ▒▒▒4 ▒▒3 ▒▒▒▒5 1 0 ▒▒▒4 ▒▒▒4 ▒▒▒▒5 ▒▒▒▒5A Ü Relative Bewegung 0 0 0 0 0 0 0 ▒▒▒▒5 ▒▒▒▒5 0 nicht erfüllt 5 voll erfüllt Bild 4-6: Bewertung und Auswahl der Überwachungssensorik Die Detektion des Menschen in einer gesamten industriellen Umgebung kann nur teilweise umgangen werden, indem die Sensorik der Art angebracht wird, dass nur der Mensch erfasst wird. Im überlappenden Arbeitsraum von Werker und Roboter ist dies durch eine direkte Anbringung der Sensorik am Roboter und somit durch eine relative Multipunktmessung möglich, was jedoch den Einsatz vieler Sensoren erfor- dert. Diese Messart entspricht der Arbeitsraumüberwachung mit dynamischen Korri- doren. Trotzdem ergibt sich weiterhin das Problem der Unterscheidung des Men- schen von seiner Umgebung, damit die Sensorik nicht bei Annäherungen auf weitere Peripherie reagiert. Dies kann zum einen mit passiven Infrarotsensoren erreicht wer- den, die jedoch nicht den Abstand zum Menschen bestimmen können. Zum anderen können kapazitive Sensoren verwendet werden, die durch die spezifische Dielektrizi- tätskonstante des Menschen angesprochen werden, jedoch in der Größe des Mess- bereichs eingeschränkt sind. Die gewollte Überwachung der relativen Bewegungen ist mit einer Multipunktmessung und den betrachteten Sensoren nicht möglich. Eine 2D-Messung anhand von Lichtvorhängen oder Laserscannern eignet sich nur für die Überwachung von statischen Zonen. Hierbei kann nur eine Abschirmung ge- - 52 - gen alle bewegten Objekte, also auch der notwendigen Peripherie zur Montage, im Arbeitsraum erfolgen, da eine Detektion des Menschen nicht möglich ist. Wird der gemeinsame Arbeitsraum komplett überwacht, ist eine Identifikation des Werkers notwendig. Als geeignete Sensorik bieten sich hierfür passive Infrarot- und CCD-Kameras an, jeweils gekoppelt mit einer entsprechenden Bildverarbeitung. Für die Verwendung von CCD-Kameras und somit einer Farbbildverarbeitung, sprechen die höhere Messgenauigkeit, bedingt durch die Auflösung der Kameras, und die deutlich niedrigeren Kosten gegenüber den Infrarotkameras. Mit dieser Art von Sen- sorik ist auch die gewünschte Überwachung der relativen Bewegung möglich, da sie die Positionen und auch Geschwindigkeiten von Werker und Roboter im gesamten und dreidimensionalen Arbeitsraum bestimmen kann. Des weiteren können aber auch Überwachungen von statischen Zonen und dynamischen Korridoren leicht rea- lisiert werden. 4.2.3 Konzeption der Überwachungsverfahren Die momentane Geschwindigkeit lässt sich bei den meisten Robotern durch einen sogenannten Override, oder auch V-Faktor (VF), mit einem Wertebereich von [0%, 100%] während einer Bewegung beeinflussen und auch auf die Geschwindigkeit 0 m/s abbremsen. Aus der Konzeption der Arbeitsraumüberwachung geht hervor, dass mit Farbkame- ras und einer entsprechenden Bildverarbeitung die vollständigen Bewegungsinforma- tionen wie Position, Geschwindigkeit und Geschwindigkeitsrichtung von Werker und Roboter erfasst werden können. Bei der Konzeption der Überwachungsverfahren sollen nun Kriterien für die Beurteilung und die Grenzen dieser Bewegungen be- stimmt werden. Um die Anforderungen an die Sicherheit zu erfüllen, wird ein Überwachungssystem konzipiert, das durch entsprechende Fallunterscheidungen auf jede mögliche Situati- on optimal reagieren kann. Durch die einfache 4-Achs Kinematik des SCARA- Roboters lässt sich die Gesamtbewegung des Roboters in die zwei Phasen Haupt- achsenbewegung und Pinolenbewegung unterteilen. Diese Unterteilung der Ge- samtbewegungen entspricht auch den entscheidenden Gefährdungen Stoßen, Quet- schen und Scheren aus der Gefährdungsanalyse (siehe Bild 4-7). Bei der Hauptachsenbewegung besitzt der Roboter seine größte kinetische Energie und durch die Bewegung aller Achsen besitzt er auch die größte Aufprallfläche, und birgt somit eine Gefahr durch Stoßen. Wie in Kap. 4.1.3 beschrieben, kann die mo- mentane maximale Geschwindigkeit des Roboters beim ausgewählten CP-Verfahren entweder am Ende des zweiten Armes, also am TCP, oder aber auch am Ende des ersten Armes anliegen. Da bei bestimmten Verfahrwegen durchaus der erste Arm - 53 - näher am Menschen vorbeigeführt wird, müssen folglich beide Extrempunkte bei der Kollisionsüberwachung Stoßen berücksichtigt werden (siehe Bild 4-8). Überwachungsverfahren Kontakt Arbeitsraum Stoßen (Hauptachsen) Schaltkörper und Motorstromüberwachung FRob ≤ 750 N Kollisionsüberwachung Stoßen Scheren (Hauptachsen) Schaltkörper und Motorstromüberwachung FRob ≤ 400 N Bereichsüberwachung Scheren Quetschen (Pinole) Kollisionsüberwachung Quetschen VRob != 0 Bild 4-7: Überwachungsverfahren Wie in der Analyse beschrieben, wird von einem Reaktionsvermögen des Menschen ausgegangen /KLE97/ und eine Berücksichtigung der momentanen Position des Menschen bzw. des momentanen Abstandes d und eine Vernachlässigung der Ei- gengeschwindigkeit des Menschen als ausreichend angesehen, wie es auch in /ZET03/ /HEI03/ vorgeschlagen wird. Dieser Widerspruch zur /DIN EN 999/ wird durch den Vorteil einer permanente Positionsüberwachung durch die Bildverarbei- tung aufgehoben, da die /DIN EN 999/ nur von einer lokalen Grenzüberwachung ausgeht. Auftretende Restbewegungen bei einem Kontakt mit den Menschen sind zulässig /DIN EN 12453/. Eventuell auftretende Restkräfte infolge eines Zusammen- stoßes können durch einen Schaltkörper und eine Motorstromüberwachung, die in den meisten Robotersteuerungen bereits integriert ist (z.B. /BOS99/), auf Werte un- terhalb von 750 N begrenzt werden. Der Torso des Menschen sollte sich jedoch in einer gewöhnlichen Arbeitssituation außerhalb des Arbeitsraumes des Roboters be- finden. Durch dieses Konzept der Kollisionsüberwachung „Stoßen“ wird garantiert, dass der Roboter bei geringen Eigenbewegungen des Menschen immer im ge- wünschten Abstand stehen bleibt, also bei einer Annäherung im gewünschten Ab- stand wartet. Bei einer freien Bewegung des Roboters und einem schnellen Eingrei- fen des Menschen in die Bewegungsbahn des Roboters, wird der Roboter sofort auf die Geschwindigkeit 0 m/s heruntergebremst, wobei geringfügige Restbewegungen und Restkräfte möglich sind (siehe Kap. 3.2). Zusätzlich besteht bei der Hauptachsenbewegung noch die Gefahr des Scherens, in dem der Mensch mit seinen Extremitäten zwischen den Hauptachsen eingeklemmt - 54 - wird. Dies wird durch eine Bereichsüberwachung verhindert, indem der Roboterar- beitsraum durch eine stationäre Zone (siehe Kap. 4.2.1) komplett abgesichert wird. Überschreitet der Werker diese Grenze, wird die Robotergeschwindigkeit vR bzw. der V-Faktor auf VF= 0 reduziert. Eventuell auftretende Restkräfte werden durch ei- nen Schaltkörper und eine Motorstromüberwachung auf Werte unterhalb von 400 N begrenzt. Hauptachsenbewegung Pinolenbewegung Kollisionsüberwachung „Stoßen“ Kollisionsüberwachung „Quetschen“ Bereichsüberwachung „Scheren“ AR AG AW vR,2d Arm 1Arm 2 vR,1 VF=0 VF=1 Torso AR AG AW vHände,max d Torso Bild 4-8: Kollisions- und Bereichsüberwachung Bei der Pinolenbewegung besteht die größte Gefährdung durch Quetschen, bei der der Mensch mit seinen Extremitäten zwischen dem Roboterflansch oder Roboter- werkzeug und dem Werkstückträger oder anderer Peripherie eingeklemmt wird. Hier- für muss die Robotergeschwindigkeit im Falle einer Kollision die Geschwindigkeit 0 m/s erreichen, mit der Berücksichtigung des Reaktionsgreifen des Menschen von vHände.max = 2,0 m/s (siehe Bild 4-8). Dieser strikten Überwachung kommen die höhe- ren Beschleunigungswerte einer Pinolenbewegung gegenüber einer Hauptachsen- bewegung entgegen /BOS99/. Die Kollisions- und Bereichsüberwachung setzen der Geschwindigkeit und dem Be- wegungsraum des Roboters eindeutige und scharfe Grenzen, um eine Verletzung des Werkers zu verhindern. Diese Bereichsüberwachung kann ohne weitere Unter- suchung realisiert werden. Für die Kollisionsüberwachung Stoßen und Quetschen ist die Entwicklung von geeigneten Verfahren notwendig, die in den Kapiteln 5 und 6 beschrieben werden. - 55 - 4.3 Konzeption eines Kooperationsarbeitsplatzes und dessen Einbindung in bestehende Montagekonzepte Die Gestaltung eines Einzelkooperationsplatzes kann nicht vom Stand der Technik abgeleitet werden, und muss deshalb genauer untersucht werden. Hierbei geht es um die genaue Anordnung von Werker, Roboter und Station zueinander und eine angepasste Material- und Werkzeugbereitstellung bezüglich Ergonomie und Zugäng- lichkeit. Bei der Konzeption muss eine mögliche Einbindung in bestehende Montage- konzepte beachtet und nachgewiesen werden. 4.3.1 Lösungsprinzipien für die Anordnung von Werker und Roboter Zentraler Punkt bei der Anordnung von Werker (W) und Roboter (R) ist die Gestal- tung des gemeinsamen Arbeitsraumes. Aus den Anforderungen für beiderseitigen, uneingeschränkten Zugriff auf das Produkt und der eigensicheren Konstruktion für den Werker, ergibt sich die einfachste Form des Einzelkooperationsarbeitsplatzes mit einer Einzelstation (Konzept A). Der Arbeitsplatz ist so konzipiert, dass Mensch und Roboter sich gegenüber stehen, das Werkstück stationär in der Mitte liegt und der Torso des Werkers in normaler Arbeitshaltung sich außerhalb des Arbeitsraumes des Roboters befindet (siehe Bild 4-9). Dadurch haben beide Interaktionspartner unein- geschränkten Zugriff auf das Werkstück und können sich trotzdem so frei wie mög- lich bewegen. Als Betriebsmodi der Mensch-Roboter-Kooperation sind das synchro- nisierte und das kooperierende Arbeiten möglich. Wird dieses Prinzip um eine weite- re Station im gemeinsamen Arbeitsraum erweitert (Konzept B), ergibt sich erst die Möglichkeit zum autarken Arbeiten auch bei kleinvolumigen Produkten. Dadurch können beide Interaktionspartner gleichzeitig, aber örtlich getrennt im gemeinsamen Arbeitsraum tätig sein, ohne sich gegenseitig zu behindern oder zu warten, was wie- derum zu einer höheren Produktivität führt. Ergeben sich aus dem Montagevorranggraphen des Produktes größere, zusammen- hängende manuelle oder automatische Blöcke, ist eine Anordnung mit zusätzlichen getrennten Stationen für Werker (Konzept C) oder Roboter (Konzept D) sinnvoll. Diese Konzepte verursachen jedoch eine zeitliche Kopplung, die eine höhere Anfor- derung an die Koordination der verschiedenen Arbeitsabläufe bedingt. Konzept D eignet sich auf Grund der verteilten Anordnung der Stationen und deren verteilten Materialflüsse weniger für die Einbindung in Montagesysteme. - 56 - Lösungs- A B C D konzept Einzelstation Doppelstation 2. Station Werker 2. Station Roboter Prinzipbild Bewer- tungskriterien W/R W/R W/R W/R W R W/R Arbeitsablauf ▒▒▒▒ 4 ▒▒▒▒▒ 5 ▒▒▒▒ 4 ▒▒▒ 3 Kompaktheit ▒▒▒▒ 4 ▒▒▒▒▒ 5 ▒▒▒▒ 4 ▒▒▒ 3 Zugänglichkeit Arbeitsplatz ▒▒▒▒▒ 5 ▒▒▒▒▒ 5 ▒▒▒▒▒ 5 ▒▒▒▒ 4 Erweiterbarkeit ▒▒▒▒▒ 5 ▒▒▒▒ 4 ▒▒▒▒ 4 ▒▒▒▒▒ 5 Integration in Montagesystem ▒▒▒▒▒ 5 ▒▒▒▒ 4 ▒▒▒ 3 ▒▒ 2 0 nicht erfüllt 5 voll erfüllt Bild 4-9: Anordnung von Werker und Roboter in einem Kooperationsarbeitsplatz Die endgültige Auswahl aus den geeigneten Konzepte A, B und C hängt von den Integrationsrandbedingungen des Gesamtmontagekonzeptes ab. Anordnungsprinzi- pien mit mehreren Robotern oder Werkern lassen sich aus den untersuchten Mög- lichkeiten ableiten und fließen ebenso in die Konzeption des Montagesystems ein. 4.3.2 Lösungsprinzipien für die Bereitstellung Die vielfältigen Möglichkeiten wie z.B. Vibrationswendelförderer und Stapelmagazine für die Material- und Werkzeugbereitstellung für den Roboter können vom Stand der Technik abgeleitet werden. Deren Auswahl hängt vom Automatisierungsgrad und der Produktgestaltung ab. Die Material- und Werkzeugbereitstellung für den Werker sol- len den Prinzipien der Ergonomie folgen, unterliegen aber den räumlichen Ein- schränkungen durch die Anordnung von Werker, Roboter und Station. Hierfür wer- - 57 - den im folgenden verschiedene Bereitstellungskonzepte aus Sicht des Werkers un- tersucht (siehe Bild 4-10). Lösungs- A B C D konzept Von Vorne Seitlich Von Hinten Montagesatz Prinzipbild Bewer- tungskriterien W W R R R / W W R R R / W W W W R W R R R / W W WW R R W R W Ergonomie ▒▒▒▒▒ 5 ▒▒▒▒ 4 ▒▒▒ 3 ▒▒▒▒▒ 5 Kompaktheit ▒▒▒▒ 4 ▒▒▒ 3 ▒▒▒ 3 ▒▒▒▒▒ 5 Zugänglichkeit Arbeitsplatz ▒▒▒▒▒ 5 ▒▒▒ 3 ▒▒▒▒▒ 5 ▒▒▒▒▒ 5 Produktneutraler Anlagenaufbau ▒▒▒ 3 ▒▒▒▒▒ 5 ▒▒▒▒▒ 5 ▒▒ 2 Erweiterbarkeit ▒▒▒ 3 ▒▒▒▒▒ 5 ▒▒▒▒▒ 5 ▒▒ 2 Integration in Montagesysteme ▒▒▒ 3 ▒▒▒▒▒ 5 ▒▒▒▒▒ 5 ▒▒▒▒▒ 5 0 nicht erfüllt 5 voll erfüllt Bild 4-10: Bereitstellungsprinzipien in einem Kooperationsarbeitsplatz Aus ergonomischen Gesichtspunkten ist eine Bereitstellung von vorne über Rutsch- bahnen am besten, um möglichst kurze Greifwege ohne Drehung des Körpers zu realisieren (Konzept A). Durch die Anordnung des Roboters gegenüber dem Werker, befindet sich das Material jedoch im Arbeitsraum des Roboters und schränkt somit dessen Bewegungsfreiräume deutlich ein und stellt eine deutliche Kollisionsgefahr dar. Somit eignet sich dieses Konzept nicht für einen Kooperationsarbeitsplatz. Bei einer seitlichen Materialbereitstellung (Konzept B) ergeben sich alle Freiheiten für die Bereitstellungskonzepte für Werker und Roboter. Dies führt jedoch zu ergonomi- schen Einschränkungen und einer geringeren kompakten Gestaltung. Für eine Ver- - 58 - besserung der Ergonomie durch kürzere Greifwege ist die Anbringung von kleinen Bereitstellungsbehältern für eine Zwischenlagerung zwischen Werker und Produkt günstig. Außerdem ist der Zugang zum Arbeitsplatz eingeschränkt, was sich bei häu- figen Arbeitsplatzwechseln nachteilig auswirkt. In Konzept C erfolgt die Hauptmaterialbereitstellung von hinten und eine Zwischenla- gerung direkt am Produkt, wie bei Konzept B. Dies führt zwar zu einer ergonomisch noch ungünstigeren Bereitstellung, ermöglicht aber einen besseren seitlichen Zu- gang zum Arbeitsplatz, der für Montagekonzepte mit flexiblen Werkereinsatz unbe- dingt erforderlich ist. Eine weitere Möglichkeit besteht durch eine direkte Materialbereitstellung auf dem Werkstückträger, dem sogenannten Montagesatz (Konzept D), der durch eine Vor- kommissionierung bestückt wird und das Ziel einer bevorratungsfreien Montage hat. Dies führt zu einer optimalen Bereitstellung für Werker und Roboter, einer kompakten Arbeitsplatzgestaltung und einer optimalen Zugänglichkeit des Arbeitsplatzes. Der Nachteil ist jedoch, dass sich der eigentliche Aufwand in der Bestückung des Werk- stückträgers und dem damit verbundenen zweimaligen „In die Hand nehmen“ ver- birgt. Zum anderen ist die Gestaltung des Werkstückträgers eine produktspezifische Konstruktion, die somit nur eingeschränkt erweiterungsfähig ist. Die endgültige Auswahl aus den geeigneten Konzepte B und C hängt von den Integ- rationsrandbedingungen des Gesamtmontagekonzeptes ab. 4.3.3 Einbindung von Einzelkooperationsplätzen in bestehende Montagekonzepte Nachdem die verschieden Lösungsprinzipien für einen Einzelkooperationsplatz (K) aufgezeigt sind, können diese nun mit bekannten Elementen der Montageorganisati- on und –technik in bestehende Montagekonzepte mit manuellen (M) und automati- sierten Arbeitsplätzen (A) integriert werden. Als grundlegende Montagestrukturen mit gerichtetem Materialfluss ergeben sich eine Insellösung, eine U-Form und eine Li- nien- bzw. Karree-Anordnung, die für entsprechende Stückzahlen und Automatisie- rungsgrade am besten geeignet sind (siehe Bild 4-11) /WES01/ /KON97/. Die Montageinsel ist eine autonome Einheit zur Vormontage von Baugruppen oder zur Montage von kompletten Produkten. Durch die Mensch-Roboter-Kooperation und somit der Integration von sowohl manuellen als auch automatischen Fähigkeiten, können große Arbeitsinhalte in einer Montageinsel realisiert werden. Deswegen eig- net sich dieses System vor allem für kleine, variantenreiche Losgrößen, die bisher auf Grund der notwendigen Flexibilität rein manuell gefertigt wurden. Bedingt durch den Aufbau des Produktes ist oft eine Folge von rein manuellen Teilverrichtungen notwendig. Durch die Anordnung einer zweiten Werkerstation innerhalb der Montageinsel (Anordnungskonzept C), wird die Möglichkeit für getrennte, aber - 59 - geinsel (Anordnungskonzept C), wird die Möglichkeit für getrennte, aber parallel ab- laufende Arbeitssequenzen von Werker und Roboter geschaffen. Die Materialbereit- stellung kann günstig von der Seite (Bereitstellungskonzept B) erfolgen. Bei einer Ausgangskonfiguration mit weniger Werkern als Stationen ergibt sich die Möglichkeit durch Hinzuziehen von weiteren Werkern Kapazitätsspitzen zu kompensieren. Dies erfordert zwar eine Anpassung der Aufgaben an die geänderte Arbeitssequenzfolge, was aber auf Grund der großen Arbeitsinhalte sehr flexibel handhabbar ist. Montage- A B C konzepte Insel U-Form Karree Prinzipbild Beschreibung K M A Automatisiert M Manuell K Kooperation A K M M K MM M M M M A K M A A A A A Stückzahlen klein mittel groß Automati- sierungsgrad mittel mittel hoch Schlussprinzip Hauptschluss Hauptschluss Nebenschluss Verkettung lose lose lose Erzeugnis- transport manuell Transfersystem Transfersystem Stationenaufbau modular modular modular Werkereinsatz Arbeitsteilung (Werker stationär) Arbeitswechsel (Gruppenarbeit) Arbeitsteilung (Werker stationär) K-Platz Anordnung Konzept C 2.Station Werker Konzept A Einzelstation Konzept B Doppelstation K-Platz Bereitstellung Konzept B Seitlich Konzept C Von hinten Konzept B Seitlich Bild 4-11: Einbindung von Einzelkooperationsarbeitsplätzen in Montagekonzepte - 60 - Die Konzeption des Montagesystems in U-Form lehnt sich an die bekannten Konzep- te des Toyota Production System /OHN88/ an, oft auch Lean Production genannt. Es handelt sich hierbei um ein werkerzentriertes Montagesystem, in der sich die Werker im Innenbereich bewegen, um sich so auf kürzesten Wegen innerhalb der gesamten Linie bewegen zu können. Durch die Auslegung der Anlage mit mehr Arbeitsplätzen als Werkern, können diese sich von Station zu Station bewegen und ihr Produkt montieren, ohne dass eine exakte Austaktung, gerade bei unterschiedlichen Arbeits- inhalten der Varianten, notwendig ist. Durch die Anzahl der Werker in der Anlage kann die Ausbringung sehr variabel eingestellt werden. Dieses Prinzip eignet sich sehr gut für die Gruppenarbeit. Durch die Einbindung von Kooperationsarbeitsplätzen ergibt sich nun die Möglichkeit einen angepassten Automatisierungsgrad mit einem flexiblen Werkereinsatz zu kombinieren. Die Kooperationsplätze sind als einfache Stationen (Anordnungskonzept A) gestaltet, um den Gedanken des Einzelstückflus- ses (One-Piece-Flow) aufrecht zu halten. Die Materialbereitstellung muss von hinten (Bereitstellungskonzept C) mit teilweiser Zwischenlagerung direkt am Band erfolgen, um die Wege für die Werker freizuhalten. Durch die Verwendung eines Transfersys- tems muss die Rückführung der Werkstückträger etwas aufwendiger über ein Lift- System oder eine einfache Überbrückung gelöst werden. In der Karree-Anordnung sind vor allem die manuellen Arbeitsplätze und die Koope- rationsarbeitsplätze im Nebenschluss angeordnet, um große Arbeitsinhalte trotz niedriger Taktzeiten zu erreichen. Der Kooperationsarbeitsplatz kann, da er entkop- pelt vom Montagesystem funktioniert, als Doppelstation (Anordnungskonzept B) aus- geführt werden, um die Vorteile des autarken Arbeitens zu nutzen. Die Materialbe- reitstellung kann günstig von der Seite (Bereitstellungskonzept B) erfolgen. Diese Anordnung durch Nebenschlussplätze eignet sich auch sehr gut für ein modularen Anlagenaufbau, der einen stufenweisen Ausbau bei Stückzahlerhöhung durch einfa- ches Duplizieren der Arbeitsplätze ermöglicht. 4.4 Konzeption der Steuerungsstruktur Die Steuerung der Mensch-Roboter-Kooperation wird in die drei zuvor entwickelten Bereiche Betriebsmodi, Manipulationsmodi und Überwachung aufgeteilt, die auch die Hierarchie bzw. die Prioritäten der Bereiche zu einander darstellt (siehe Bild 4-12). Die Basis ist der Arbeitsablauf der Mensch-Roboter-Kooperation mit den drei Be- triebsmodi synchronisiert, autark und kooperierend. Da sich Werker und Roboter während der Kooperation ständig nähern, definieren die Regelalgorithmen der Kolli- sions- und Ergonomieüberwachung, wie der Roboter auf den Werker reagieren soll. Die Kollisionsüberwachung hat die höhere Priorität gegenüber der Ergonomieüber- wachung. Falls der Arbeitsablauf in irgendeiner Weise gestört werden sollte, muss - 61 - der Werker jederzeit die Möglichkeit haben auf den Roboter zu reagieren, d.h. die Bewegungen und den Arbeitsablauf des Roboters gemäß den zuvor definierten Ma- nipulationsmodi zu unterbrechen und zu manipulieren. MRK-SteuerungMRK-Steuerung Kooperationssystem Bildverarbeitungssystem Robotersteuerung Manipulationsmodi Pause/ Play Stop Prozess vor Prozess zurück Ausweichen Greifer auf/ zu BV-Slave 1 BV-Slave 2 BV-Slave 3 BV-Master Betriebsmodi MRK Synchronisiert Autark Kooperierend Arbeitsablaufsteuerung Bewegungssteuerung Überwachung MRK Kollisionsüberwachung Ergonomieüberwachung Bewegung Roboter B ew eg un g W er ke r Mensch-Maschine-Schnittstelle Robot-Vision Touch Screen - Eingaben Bahninterpolation Geschwindigkeitsoverride Vollständigkeitskontrolle Beschleunigungsoverride Werkzeugsteuerung Transfersystemsteuerung Touch Screen - Meldungen Einstellungen Überwachung Bild 4-12: Steuerungsstruktur Um eine effektive und anwendungsnahe Steuerung der Gesamtanlage zu realisieren, wird weitestgehend auf die Strukturen der vorhandenen Robotersteuerung und auf standardisierte PC-Strukturen zurückgegriffen. Somit erfolgt die Generierung des Arbeitsablaufes, der Steuerung der weiteren Peri- pherie (Werkzeuge, Transfersystem) und der Bewegungsabläufe des Roboters über die Roboterprogrammiersprache. Da jedoch bereits durch die Arbeitsablaufpro- grammierung die Arbeitsteilung zwischen Mensch und Roboter festgelegt wird, wird die Gestaltung der Mensch-Roboter-Kooperation durch die Betriebsmodi in die Robo- tersteuerung integriert. Die Robotersteuerung kommuniziert über analoge und digita- le Ein- und Ausgangssignale mit den anderen Teilsystemen. Die Steuerung der Mensch-Roboter-Kooperation, durch die Überwachung und die Manipulationsmodi, läuft auf einem separaten PC. Die Überwachung der MRK erhält die Bewegungsinformationen des Werkers vom Bildverarbeitungssystem, das selbst wiederum aus einem Master-PC und Slave-PCs für jede der drei Kameras besteht. Die Bewegungsinformationen des Roboters können direkt aus der Robotersteuerung - 62 - gewonnen werden. Die Eingabe der Einstellungen der Überwachung und der Mani- pulationsmodi erfolgt über einen Touch-Screen, der auch als Ausgabe-Schnittstelle von Zustandsmeldungen des Roboters und der Kooperation dient. Das vorhandene Vision-System des Roboters dient zum einen zur Positionserkennung für Fügepro- zesse des Roboters, aber auch zur Vollständigkeitskontrolle innerhalb der Kooperati- on. 5 Experimentelle Untersuchungen der Einflussfaktoren auf die direkte Mensch-Roboter-Kooperation 5.1 Festlegung der in Vorversuchen zu untersuchenden Einflussfaktoren Im folgenden werden die aus der Analyse erarbeiteten Prozessparameter experimen- tell quantifiziert, die für die Überwachung und Gestaltung der direkten Mensch- Roboter-Kooperation einen relevanten Einfluss besitzen. Hieraus werden die erfor- derlichen Grundlagen für die Entwicklung von Berechnungsmodellen zur Bestim- mung der zulässigen Robotergeschwindigkeit durch die Kollisions- und Ergonomie- überwachung abgeleitet. Aus der Analyse und den konzeptionellen Überlegungen lassen sich die in Bild 5-1 aufgeführten Einflussgrößen ableiten und klassifizieren. Einflüsse und Kenngrößen der direkten Mensch-Roboter-Kooperation Mensch Roboter Einflussgrößen: Einflussgrößen: Maximale Greifgeschwindigkeit vHände,max Maximale Geschwindigkeit vR,max Kooperationsfaktor k Maximale Beschleunigung aR,max Sicherheitsempfinden s Maximaler Arbeitsraum Größe/ Erscheinungsbild Objekteigenschaften Reaktionsverzögerungen im System tV Prozessgrößen: Prozessgrößen: Position Position Geschwindigkeit Beschleunigung Resultierende Prozessgrößen: Kenngrößen: d = Relativer Abstand VF = V-Faktor α = Relativer Annäherungswinkel vR = Robotergeschwindigkeit aR = Roboterbeschleunigung Bild 5-1: Zusammenfassung und Klassifizierung der Einflussgrößen Einflussparameter, die vor Beginn der Mensch-Roboter-Kooperation festgelegt wer- den oder durch den Systemaufbau bestimmt sind, werden im weiteren nicht näher betrachtet. So bestimmt die Auswahl eines geeigneten Roboters für die anfallende - 64 - Aufgabe die Einflussgrößen wie maximaler Arbeitsraum, maximale Geschwindigkeit, maximale Beschleunigung und die Größe des Roboters und somit das Erschei- nungsbild. Die Anforderung nach der Verwendung von Standardkomponenten und einer industrie- und anwendungsnahen Gestaltung des Arbeitsplatzes schließt eine Umgestaltung der Objekteigenschaften des Roboters aus. Auf Seiten des Roboters wird das Verhalten beim ausgewählten CP-Verfahren, ins- besondere der Beeinflussung durch den V-Faktor, untersucht. Bei dem Reaktions- vermögen des Roboters sind auch die Verzögerungen im gesamten System zu be- achten, die deshalb für die Berechnungsansätze der Überwachungsverfahren quanti- fiziert werden. In den nachfolgenden Versuchsreihen werden deshalb die entscheidenden Prozess- größen relativer Abstand d, relativer Annäherungswinkel α, Robotergeschwindigkeit vR, Roboterbeschleunigung aR bezüglich ihrer menschlichen Wahrnehmung unter- sucht. Da diese Prozessgrößen das Sicherheitsempfinden s und somit den Koopera- tionsfaktor k des Menschen beeinflussen, müssen auch deren Abhängigkeiten unter- sucht werden. 5.2 Versuchsaufbau zur Ermittlung der wichtigsten Einflussfaktoren auf die direkte Mensch-Roboter-Kooperation Zur Untersuchung der festgelegten Einflussfaktoren wird der in Bild 5-2 beschriebene Versuchsstand realisiert. Der Versuchsaufbau entspricht in den wichtigsten Elemen- ten dem späteren Anlagenkonzept, da bei der Bestimmung der Prozessgrößen das Systemdesign anwendungsnah und auch konstant bleiben muss. Der Versuchsauf- bau besteht aus: - Einem SCARA-Industrieroboter mit Steuerung (Bosch turboscara SR8) - Einer deutlichen Markierung am Flansch des Roboters zur visuellen Verfolgung - Einer Arbeitsfläche in ergonomischer Höhe - Einer Markierung für die Positionierung der Versuchsperson und ihrer Hände - Dem Bildverarbeitungssystem zur Aufnahme der Bewegungen der Testperson - Einem PC zur Aufnahme und Auswertung der Versuchsreihen - 65 - Versuchsperson SCARA-Industrieroboter Markierung Flansch Markierung Hände Bild 5-2: Übersichtsaufnahme des Aufbaus zur Durchführung der Vorversuche 5.3 Ermittlung der technischen Prozessgrößen Da die Positionen und Geschwindigkeiten von Werker und Roboter die Basis für das zu entwickelnde Überwachungsverfahren bilden, ist eine Betrachtung der Datenge- winnung und Aufbereitung notwendig. 5.3.1 Ermittlung des momentanen Abstandes Die Positionen der Hände und des Kopfes des Werkers werden über die Bildverar- beitung ermittelt. Die Position des Roboters kann direkt aus der Robotersteuerung gelesen werden. Der momentane Abstandsvektor rRM(t) ergibt sich aus der Differenz des Ortsvektors rM(t) auf die momentane Position des Menschen und des Ortsvektors rR(t) auf die momentane Roboterposition (siehe Bild 6-1). Der Betrag des Abstandes d ergibt sich aus der Wurzel des Skalarproduktes des Abstandsvektors. ( ) ( ) ( )2RM2RM2RMRMRM ZZYYXX)t()t(d −+−+−=⋅= rr (5-1) Da die Position des Roboters immer den Mittelpunkt der kinematischen Achsen dar- stellt, kann der Körper des Roboters durch Abziehen einer konstanten Größe vom berechneten Abstand berücksichtigt werden. Diese Berechnung wird für alle erkann- ten menschlichen Extremitäten und die Position des ersten und des zweiten Armes des Roboters durchgeführt. - 66 - 5.3.2 Ermittlung der momentanen Geschwindigkeit des Roboters Der momentane Geschwindigkeitsvektor des Roboters wird über die Ableitung der jeweiligen Positionsaufzeichnungen berechnet. Da die Ableitung online erfolgen muss, ist eine näherungsweise Ableitung erforder- lich. Diese muss mit besonderer Sorgfalt durchgeführt werden, da die Differentiation eine „aufrauende“ Wirkung hat und sich somit die Glattheitseigenschaften ver- schlechtern. Da die gemessenen Werte stets mit zufälligen Fehlern behaftet sind, ist zuerst eine numerische Ausgleichung mit anschließender Differentiation sachgemäß /BRO91/. Ziel der Ausgleichung ist es, das Gesamtmaß ρ der Abweichungen zu minimieren. Für das Ausgleichsprinzip empfiehlt sich die Methode der kleinsten Quadrate nach Gauß. Diese Methode ergibt eine Näherungsfunktion, bei der die Summe der Quad- rate der Abweichungen der Funktionswerte f(xi) von den statistisch verteilten Werten yi ein Minimum ergibt: !Min]y)x(f[]y)x(f[ N 1i 2 ii def ii →−=−ρ ∑ = (5-2) Wählt man einen linearen Ansatz, so erhält man über die notwendige Bedingung für ein Extremum von ρ und der Gaußschen Summenschreibweise ∑ = = N 1i def i )]x(f[)x(f (5-3) eine Normalgleichung für ein Ausgleichspolynom /BRO91/: ∑ = −−+ == n 1k 1j2jk k )n...,,2,1j(]yx[]x[a (5-4) Um die Anzahl der Parameter niedrig zu halten, ist zu überprüfen, ob die Messpunkte durch eine Konstante, eine Gerade oder eine Parabel angeglichen werden können. Die Positionsinformationen des TCP des Roboters in Weltkoordinaten können unge- fähr alle 10 ms direkt aus der Robotersteuerung gelesen werden. Da diese zur inter- nen Lageregelung des Roboters verwendet werden, hängt deren Genauigkeit vom Interpolationsverfahren ab. Durch eine Betrachtung der Messergebnisse kann nachgewiesen werden, dass in diesem Fall ein Ausgleich durch eine Gerade (n=2): - 67 - 1i2i axa)x(f += (5-5) und eine Betrachtung der letzten vier Messwerte (N=4) geeignet ist (siehe Bild 5-3). Bild 5-3: Bestimmung der Robotergeschwindigkeit Dadurch können die Anzahl der Parameter und die Anzahl der Wertepaare gering gehalten werden, was wiederum einen geringen Rechenaufwand bewirkt. Dies führt zu den zwei (j= 1,2) Normalgleichungen: ]y[]x[aNa 21 =+⋅ (5-6) ]xy[]x[a]x[a 221 =+ (5-7) Diese können wiederum anhand der Cramerschen Regel /BRO91/ nach den Koeffi- zienten aufgelöst werden, was ein numerisches Vorgehen zur Bestimmung der Aus- gleichsgerade ermöglicht. Um letztlich die momentane Geschwindigkeit zu bestim- men, ist die Ableitung dieser Gerade von Interesse: 2i a)x(fdx d = (5-8) - 68 - Dies zeigt, dass durch die unmittelbare Berechnung des Koeffizienten a2 die Ge- schwindigkeit direkt bestimmt werden kann: ( )222 ]x[]x[N ]x][y[]xy[Na −⋅ −⋅= (5-9) Diese Berechnung der momentanen Geschwindigkeit mit (5-8) über die vier letzten Zeit- und Wegmesswerte wird für alle drei Koordinaten X,Y und Z durchgeführt und ergibt somit den momentanen Geschwindigkeitsvektor des Roboters: ( ) ( ) ( ) ⎟ ⎟⎟ ⎟⎟ ⎟⎟ ⎠ ⎞ ⎜⎜ ⎜⎜ ⎜⎜ ⎜ ⎝ ⎛ −⋅ −⋅⋅ −⋅ −⋅⋅ −⋅ −⋅⋅ = ⎟⎟ ⎟ ⎠ ⎞ ⎜⎜ ⎜ ⎝ ⎛ = 22 22 22 Z,R Y,R X,R R ]Z[]Z[4 ]Z][t[]tZ4 ]Y[]Y[4 ]Y][t[]tY[4 ]X[]X[4 ]X][t[]tX[4 v v v v (5-10) Der Betrag der momentanen Geschwindigkeit vR berechnet sich zu 2 Z,R 2 Y,R 2 X,RRRR vvvv ++=⋅= vv (5-11) 5.3.3 Experimentelle Untersuchung des Roboterverhaltens beim Continuous Path-Verfahren Um das Verhalten des Roboters bei der Kollisionsüberwachung vorherbestimmen zu können, ist eine Analyse des CP-Verfahrens und dessen Beeinflussung durch den globalen V-Faktor notwendig. Es wird versuchsweise bei einer Geschwindigkeit von vR= 1000 mm/s ein V- Faktorsprung von VF= 1 auf VF= 0.2 durchgeführt. Man kann aus Bild 5-4 erkennen, dass dieser V-Faktorsprung mit der vorgegebenen Beschleunigung von aR= 5500 mm/s2 durchgeführt wird. Die Abrundung am Anfang und Ende des Bremsvorganges entsprechen der Beaufschlagung der Beschleunigung durch ein Sinoidenprofil um eine gelenkschonende Bewegung zu erreichen. - 69 - Bild 5-4: V-Faktorsprung 5.3.4 Ermittlung des momentanen Annäherungswinkels Der Annäherungswinkel α wird durch den momentane Abstandsvektor rRM(t) und dem momentanen Geschwindigkeitsvektor vR(t) des Roboters aufgespannt (siehe Bild 6-1) und berechnet sich zu ( ) ( ) ( ) ⎟⎟⎠ ⎞ ⎜⎜⎝ ⎛ ++⋅ ⋅−+⋅−+⋅−= =⎟⎟⎠ ⎞ ⎜⎜⎝ ⎛ ⋅ ⋅=α 2 Z,R 2 Y,R 2 X,R Z,RRMY,RRMX,RRM RRM RRM vvvd vZZvYYvXX arccos )t()t( )t()t(arccos vr vr (5-12) Der Kosinus-Ausdruck des Annäherungswinkel cos(α) ist somit positiv, wenn sich der Roboter dem Menschen im Winkelbereich [0°,90°] nähert, und negativ wenn er sich wegbewegt . 5.3.5 Ermittlung der Verzögerungen im Gesamtsystem Für die Auslegung von Sicherheitsabständen zur Kollisionsüberwachung sind die Verzögerungen im Gesamtsystem zu betrachten. - 70 - Die Verzögerung des Gesamtsystems wird hauptsächlich durch die Verarbeitungs- zeit ∆tVB in den zwei Bildverarbeitungsstufen und dem Überwachungssystem pro Bild (siehe Kap. 4.4), sowie der Totzeit ∆tT zwischen zwei Bildern bestimmt (siehe Bild 5- 5). Die Verarbeitungszeit der Bildverarbeitungsstufe 1 (BV1) ist die Zeit zum Grabben der Bilder der einzelnen Kameras und die Vorverarbeitung auf den drei Slave-PCs und beträgt bei dem ausgewählten Bildverarbeitungssystem ca. 40 ms. Die Bildver- arbeitungsstufe 2 (BV2) verarbeitet zentral auf dem Master-PC die Informationen al- ler Kameras (ca. 10 ms), und schickt die berechneten Koordinaten an das Überwa- chungssystem (ÜS), das eine Verarbeitungszeit von ca. 10 ms hat. Die einzelnen Verarbeitungszeiten werden über mitlaufende Timer auf den einzelnen PCs be- stimmt. BV1 BV2 ÜS B0 B1 B0’ B1’ ∆tVB= 60 ms ∆tT= 40 ms Bi Bild i BV1 Bildverarbeitungsstufe 1 BV2 Bildverarbeitungsstufe 2 ÜS Überwachungssystem ∆tVB Verarbeitungszeit Bildverarbeitung und Überwachungssystem ∆tT Totzeit zwischen Bildern Bild 5-5: Verzögerungen im Gesamtsystem Somit ergibt sich eine Gesamtverarbeitungszeit pro Bild von ∆tVB= 60 ms. Da die verwendeten Kameras mit einer Bildfrequenz von 25 Hz arbeiten, ergibt sich eine Totzeit von ∆tT= 40 ms zwischen den Bildern. Die resultierende Verzögerungszeit im System beträgt somit ca. tV= 100 ms. 5.4 Ermittlung der ergonomischen Prozessgrößen 5.4.1 Ergonomische Prozessgrößen des Roboters Aus der Analyse der Usability-Variablen geht hervor, dass der relative Abstand d, der relative Annäherungswinkel α, die Robotergeschwindigkeit vR und die Roboterbe- schleunigung aR die entscheidenden Prozessgrößen bei der Bewegungswahrneh- mung des Roboters sind (siehe Bild 5-6). - 71 - vR d α aR d α vR aR Relativer Abstand Relativer Annäherungswinkel Robotergeschwindigkeit Roboterbeschleunigung Bild 5-6: Ergonomische Prozessgrößen des Roboters Menschen verwenden zur Beschreibung ihres Empfindens linguistische Ausdrücke wie „entfernt“ oder „schnell“ und können auch deren Ausprägung bzw. Kategorisie- rung wie z.B. „klein“, „mittel“ und „groß“ bestimmen. Es ist bekannt, dass Menschen bei Absoluturteilen in der Regel fünf bis sieben Kategorien auseinanderhalten kön- nen und auch benutzen /GLA96/. Um eine solche linguistische Skalierung eines zu messenden Merkmals zu erreichen, wird das indirekte Skalierverfahren der Psycho- metrie /POS78/ mit Bildung einer Rangordnung angewendet. Dem indirekten Skalier- verfahren liegt die Annahme zugrunde, dass Reize umso ähnlichere Empfindungen hervorrufen, je ähnlicher sie beurteilt werden bzw. dass Reize umso unähnlicher empfunden werden, je unähnlicher sie eingeschätzt werden, d.h. es werden Ver- gleichsurteile erhoben. Zur Durchführung der Versuche zur Kategorisierung werden den Versuchspersonen Reize entsprechend einer vordefinierten Skala vorgegeben, die sie anhand von vorgegebenen linguistischen Ausdrücken beurteilen. Diese Ska- len werden für die einzelnen Prozessgrößen vorgegeben. Vier weibliche und zwei männliche Personen (Alter 26 bis 32 Jahre) nehmen an dem einstündigen Versuch teil. Alle Versuchspersonen werden über den Zweck der Un- tersuchung informiert. Die Versuchspersonen werden gebeten, ihre Hände auf den markierten Stellen zu platzieren und den markierten Flansch des Roboters zu fixie- ren. Den Versuchspersonen werden zuvor Bezugsrahmen für jede Prozessgröße vorgegeben, indem jeweils das maximale und das minimale Kinematikmuster gezeigt werden, um einen relativen Vergleich der einzelnen Reize zu ermöglichen. Die ande- ren Prozessgrößen werden dabei konstant gehalten und die Versuchspersonen ge- nau instruiert auf welchen Faktor zu achten ist, um nicht konfundierte Ergebnisse zu erhalten. Der Roboter führt verschiedene Bewegungen aus, die von den Versuchs- - 72 - personen nach jedem Durchgang mündlich den vorgegeben Kategorien zugeordnet werden. Die Bewertung der einzelnen Prozessgrößen wird blockweise durchgeführt. Die Häufigkeit der Urteile wird für jede einzuschätzende Kategorie jedes Blocks ge- trennt nach Mittelwert, Standardabweichung und Anzahl der Urteile ausgewertet. Diese werden dann in eine Normalverteilungen nach der Gleichung 5-13 überführt /BRO91/. ) σ µ)(x( 2 1 2 2 e σπ2 Kbnf(x) −−⋅⋅ ⋅= (5-13) n Anzahl der Urteile Kb Klassenbreite µ Mittelwert σ Standardabweichung der Häufigkeitsverteilung Da das subjektive Sicherheitsempfinden eine psychologische, subjektive Empfindung darstellt, kann hier der Zusammenhang zu dem physikalischen Reiz der Prozessgrö- ßen über das Stevens-Gesetz (Gleichung 3-1) ermittelt werden. Für das Sicherheits- empfinden s wird ein Wertebereich von [0;1] festgelegt, wobei ein hoher Wert eine hohe Ausprägung bedeutet. Dabei handelt es sich um eine kontinuierliche Variable mit den Polen Gefühl der subjektiven Gefährdung s= 0, Gefühl der Langeweile s= 1 und dem optimalen Zwischenwert bei s= 0,5. Im folgenden werden die einzelnen Prozessgrößen bzgl. ihres Einflusses auf die in- dividuelle Wahrnehmung und der weiteren Kategorisierung des Menschen experi- mentell untersucht. 5.4.1.1 Bestimmung der Kategorien des relativen Abstandes d Der relative Abstand wird vom Tool-Center-Point (TCP) des Roboters bis zur expo- niertesten Stelle des Menschen gemessen. Als Kategorien werden „sehr nah“, „nah“, „mittel“, „weit“ und „sehr weit“ jeweils mit der Bedeutung von Entfernung verwendet. Zur Absicherung der Versuche werden jeweils der Halteabstand einer Roboterbewe- gung auf den Menschen zu und der Vorbeifahrabstand einer Roboterbewegung quer zur Versuchsperson untersucht. Es wird untersucht, ob sich die Einschätzung der Kategorien bei einem Vorbeifahrabstand und einem Halteabstand voneinander un- terscheiden. Für keine der Partitionen werden signifikante Unterschiede gefunden, weswegen die Häufigkeitsurteile der Vorbeifahrabstände und der Halteabstände ad- ditiv zusammengefasst werden können. - 73 - Als Bezugsrahmen für den Abstand wird den Versuchspersonen ein Wertebereich von 100 mm bis 615 mm vorgegeben, was ungefähr dem maximalen Arbeitsraum des Roboters in der Versuchsanlage entspricht. Es werden jeweils für den Vorbei- fahr- und Halteabstand 18 verschiedene Abstände dargeboten. Jeder Abstand wird dreimal dargeboten, was einen Block aus 54 Durchgängen in Zufallsreihenfolge er- gibt. Der relative Annäherungswinkel, die Robotergeschwindigkeit und die Roboter- beschleunigung werden konstant gehalten. 0 200 600[mm] mittel sehr nah nah weit sehr weit Abstand d N en nh äu fig ke it Bild 5-7: Relativer Abstand d Für die Wahrnehmung der Kategorien beim Abstand zeigt sich ein gleichmäßiges Muster. Alle Partitionen weisen ungefähr dieselbe Überlappung und eine vergleich- bare Standardabweichung auf, so dass von einem linearen Zusammenhang zwi- schen den Kategorien ausgegangen werden kann. Der Zusammenhang zwischen dem Sicherheitsempfinden s und dem physikalischen Reiz des relativen Abstandes d lässt sich entsprechend den Versuchsergebnissen als Potenzfunktion darstellen. 1 c d d0016,0mm800 das d ⋅=⋅= (5-14) Sehr geringe Abstände werden als Bedrohung wahrgenommen, sehr große hingegen als gefahrlos eingeschätzt. Hierbei wird die Funktion auf die maximale Reichweite eines 95. Percentil-Menschen von 800 mm /SHM93/ relativiert. Es ergibt sich ein li- nearer Zusammenhang. - 74 - 5.4.1.2 Bestimmung der Kategorien des relativen Annäherungswinkels α Der relative Annäherungswinkel α wird durch den Winkel zwischen der Geraden durch den Tool-Center-Point (TCP) des Roboters bis zur exponiertesten Stelle des Menschen und dem Geschwindigkeitsvektor des Roboters gemessen. Für die Versu- che wird der Annäherungswinkel bzgl. der Medianebene des Menschen angesetzt. Als Kategorien werden „frontal“, „vorbei“ und „weg“ verwendet. Es wird untersucht, ob sich die negativen von den positiven Winkeln unterscheiden. Für keine der Häufig- keitsunterschiede in den Benennungen der Partitionen werden signifikante Unter- schiede gefunden. Daher werden die positiven und die negativen Winkel für die Ka- tegorien „vorbei“ und „weg“ zu einem Betragswinkel zusammengefasst. Als Bezugsrahmen werden Winkel zwischen –90° und +90° vorgegeben. Größere Winkel würden ein Entfernen des Roboters bedeuten und haben somit keinen Ein- fluss auf das später zu untersuchende Sicherheitsempfinden. Es werden jeweils neun positive und negative Winkel dargeboten. Jeder Winkel wird zweimal dargebo- ten, was einen Block aus 38 Durchgängen in Zufallsreihenfolge ergibt. Der relative Abstand, die Robotergeschwindigkeit und die Roboterbeschleunigung werden kon- stant gehalten. 0 30 90[°] weg vorbei frontal Annäherungswinkel N en nh äu fig ke it Bild 5-8: Relativer Annäherungswinkel α Die Ergebnisse sprechen für ein gutes Diskriminationsvermögen der Versuchsperso- nen bezüglich des Annäherungswinkels, da eine eindeutige Trennung der Kategorien mit mäßiger Überlappung vorliegt. - 75 - Bei der Beziehung des Sicherheitsempfinden s zum Annäherungswinkel α wird an- genommen, dass bei einem großem Winkel ein hohes subjektives Sicherheitsemp- finden vorliegt, bei einem kleinen Annäherungswinkel das Sicherheitsempfinden mi- nimal wird. Daher folgt dieser Zusammenhang einer Kosinusfunktion, die wiederum vom Maximalwert des Sicherheitsempfinden abgezogen wird, wobei diese auf den Wertebereich von s und α angeglichen werden muss. ( ) ( ) ⎪⎩ ⎪⎨ ⎧ °> °≤≤°+⋅−=+⋅−= α 117α,1 117α0, 2 1α535,1cos1 2 1αacos1s (5-15) 5.4.1.3 Bestimmung der Kategorien der Robotergeschwindigkeit vR Als Kategorien werden „sehr langsam“, „langsam“, „mittel“, „schnell“ und „sehr schnell“ verwendet. Als Bezugsrahmen für die Geschwindigkeit wird den Versuchs- personen der Bereich von 100 mm/s bis 2000 mm/s vorgegeben, der den maximalen Geschwindigkeitsbereich des verwendeten Roboters in der Versuchsanlage ent- spricht. 0 500 2000[mm/s] mittel sehr langsam langsam sehr schnellschnell Geschwindigkeit v N en nh äu fig ke it 1000 Bild 5-9: Robotergeschwindigkeit vR - 76 - Es werden 20 verschiedene Geschwindigkeiten dargeboten. Jede Geschwindigkeit wird zweimal dargeboten, was einen Block aus 40 Durchgängen in Zufallsreihenfolge ergibt. Der relative Abstand, der relative Annäherungswinkel und die Roboterbe- schleunigung werden konstant gehalten. Bei der Darstellung der Versuchergebnisse der Geschwindigkeit wird deutlich, dass bei den Kategorien „schnell“ und „sehr schnell“ eine hohe Standardabweichung so- wie eine starke Überlagerung vorliegt. Dieser so genannte Deckeneffekt, d.h. eine gleichmäßige Häufung der Urteile, spricht dafür, dass die Versuchspersonen im obe- ren Bereich der Geschwindigkeit nicht mehr so akkurat diskriminieren wie in den un- teren Bereichen. Bei den übrigen Partitionen scheint die Geschwindigkeitswahrneh- mung und die jeweilige Einteilung in die Partitionen gut ausführbar zu sein. So ist auch eine ungefähre Verdoppelung der Mittelwerte um den Faktor 1,8 der Kategorien zu erkennen, was in /ARL99/ bestätigt wird. Es ist bekannt, dass Menschen ver- schiedene Geschwindigkeiten sehr gut unterscheiden und benennen können /GRO00/. Der Zusammenhang des Sicherheitsempfinden s zur Geschwindigkeit v kann durch eine Potenzfunktion dargestellt werden, wobei der Exponent plausiblerweise positiv ist und sich in einem Wertebereich zwischen 0,2 und 0,8 bewegt /CAR83/, da mit zunehmender Geschwindigkeit der Grad der subjektiven Gefährdung ansteigt /GRO00/. Um den Wertebereich anzugleichen, wird die Geschwindigkeit an der ma- ximalen Geschwindigkeit von 2000 mm/s relativiert. 7207,0 c v v0048,01 s mm2000 va1s v ⋅−=⋅−= (5-16) 5.4.1.4 Bestimmung der Kategorien der Roboterbeschleunigung aR Als Kategorien werden „sehr langsam“, „langsam“, „mittel“, „schnell“ und „sehr schnell“ jeweils mit der Bedeutung von „beschleunigt“ verwendet. Als Bezugsrahmen für die Beschleunigung wird den Versuchpersonen ein Wertebereich von 300 mm/s2 bis 6000 mm/s2 vorgegeben, was dem maximalen Beschleunigungsbereich des ver- wendeten Roboters in der Versuchsanlage entspricht. Es werden 20 verschiedene Beschleunigungen dargeboten. Jede Beschleunigung wird zweimal dargeboten, was einen Block aus 40 Durchgängen in Zufallsreihenfolge ergibt. Der relative Abstand, der relative Annäherungswinkel und die Robotergeschwindigkeit werden konstant gehalten. - 77 - 0 2000 6000[mm/s2] mittel sehr schnelllangsam schnell sehr langsam Beschleunigung a N en nh äu fig ke it Bild 5-10: Roboterbeschleunigung aR Insgesamt zeigen die Partitionen der Beschleunigungsurteile große Überlagerungen sowie hohe Standardabweichungen auf, was dafür spricht, dass Unterschiede in der Höhe der Beschleunigung nur schlecht wahrgenommen werden können. In mehreren Untersuchungen ist dieser Effekt der schlechten Beschleunigungswahrnehmung nachgewiesen /GRO00/. Deswegen ist es auch einsichtig, dass die Roboterbe- schleunigung irrelevant für das Sicherheitsempfinden ist, also jeweils derjenige Wert gewählt werden kann, der aus technischer Sicht optimal erscheint. 5.4.2 Einfluss der ergonomischen Prozessgrößen auf das Sicherheitsempfinden s Für ein benutzerzentriertes Systemdesign müssen die Usability-Variablen so einge- stellt werden, dass der Werker ein absolutes Sicherheitsempfinden erreicht. Hierfür werden Versuche durchgeführt, die den zusammenhängenden Einfluss der ergono- mischen Prozessgrößen relativer Abstand d, relativer Annäherungswinkel α und Ro- botergeschwindigkeit vR auf das individuelle Sicherheitsempfinden s untersuchen. 22 weibliche und 18 männliche Personen (Alter 20 bis 64 Jahre) nehmen an dem 70- minütigen Versuch teil. Alle Versuchspersonen werden über den Zweck der Untersu- chung informiert. Die Versuchspersonen werden gebeten, ihre Hände auf den mar- kierten Stellen zu platzieren und den markierten Flansch des Roboters zu fixieren. Der Roboter führt verschiedene Bewegungen als Variationen von Abstand, Annähe- rungswinkel und Geschwindigkeit aus, die von den Versuchspersonen nach jedem Durchgang mündlich bewertet werden. Es wird die direkte Skalierungsmethode der Psychometrie /POS78/ angewendet, in dem relationale Prozenturteile bezüglich des - 78 - Sicherheitsempfinden abgefragt werden. Hierfür werden die Versuchspersonen ge- fragt, um wie viel Prozent die gezeigte Geschwindigkeit reduziert bzw. erhöht werden müsste, um ein absolutes Sicherheitsempfinden s= 0,5 zu erreichen, also um sich weder bedroht noch gelangweilt zu fühlen. Diese Geschwindigkeitsanpassung wird für die weiteren Berechnungen als Sicherheitsfaktor sk bezeichnet, wobei sk= 1 ei- nem absoluten Sicherheitsempfinden s= 0,5 entspricht. Die Angaben der Versuchspersonen bezüglich des Sicherheitsfaktors werden zu- nächst für jede einzelne Versuchsperson (VP) gemittelt, und mit weiteren Angaben wie Geschlecht (männlich, weiblich), Alter und Körpergröße aufgetragen. Anschlie- ßend werden die Ergebnisse in die Normalverteilung aller Versuchspersonen über- führt. ) σ )(x ( 2 1 s 2 s 2 G e σπ2 Kbnf(x) µ−−⋅⋅ ⋅= (5-17) n Anzahl der Urteile Kb Klassenbreite µG Gesamtmittelwert des Sicherheitsfaktors σs Standardabweichung des Sicherheitsfaktors 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4 1,6 V P1 ,w ,2 9J ,1 62 cm V P3 ,w ,2 1J ,1 68 cm V P5 ,w ,2 6J ,1 68 cm V P7 ,m ,6 4J ,1 80 cm V P9 ,m ,3 3J ,1 73 cm V P1 1, w ,3 1J ,1 70 cm V P1 3, w ,2 7J ,1 75 cm V P1 5, m ,3 8J ,1 81 cm V P1 7, m ,3 0J ,1 78 cm V P1 9, w ,2 8J ,1 65 cm V P2 1, w ,2 8J ,1 80 cm V P2 3, w ,6 1J ,1 60 cm V P2 5, m ,2 3J ,1 75 cm V P2 7, m ,3 1J ,1 84 cm V P2 9, m ,3 1J ,1 84 cm V P3 1, m ,2 4J ,1 79 cm V P3 3, m ,2 9J ,1 80 cm V P3 5, w ,2 0J ,1 63 cm V P3 7, m ,3 0J ,1 85 cm V P3 9, w ,3 2J ,1 76 cm Si ch er he its fa kt or s k → µG= 1,1059 σs= 0,1737 Bild 5-11: Sicherheitsfaktor sk - 79 - Grundannahme ist, dass das Kooperationsvermögen in der Bevölkerung normalver- teilt ist, vor allem da die merkmalverursachenden Faktoren zahlreich, voneinander abhängig und in ihrem Zusammenwirken additiv sind /ANA63/. Dabei wird die Fläche der Normalverteilung, die über den Sicherheitsfaktor aller Versuchspersonen ermittelt wird, auf n= 1 normiert. Die Klassenbreite beträgt ebenfalls Kb= 1. Über alle Versuchspersonen hinweg ergab sich der Mittelwert des Sicherheitsfaktors von µG= 1,1059 und die Standardabweichung σs= 0,1737. Ein Unterschied der Er- gebnisse bezüglich Alter, Geschlecht und Größe ist nicht vorhanden. 5.4.3 Bestimmung des Kooperationsfaktors k Wie in Kap. 4.1.3 beschrieben, wird das individuelle Kooperationsvermögen quantita- tiv über den Kooperationsfaktor k ausgedrückt. Für den Kooperationsfaktor k wird ein Wertebereich von k= [0;1] festgelegt, wobei ein hoher Wert eine hohe Ausprägung bedeutet. Auch beim Kooperationsvermögen wird von einer Normalverteilung in der Bevölkerung ausgegangen. Dabei wird die Fläche der Normalverteilung, die über den Sicherheitsfaktor aller Versuchspersonen ermittelt wird, auf n= 1 normiert. Die Klas- senbreite beträgt ebenfalls Kb= 1. Der individuelle Kooperationsfaktor entspricht der Fläche der Gesamtnormalverteilung, die der individuelle Mittelwert des Sicherheits- faktors µE von der Normalverteilung herausschneidet. E ) 1737,0 )1059,1(( 2 1 E ) σ )( ( 2 1 s de 1737,0π2 1de σπ2 Kbnk E 2 2 EE 2 s 2 GE µ⋅⎟⎟⎠ ⎞ ⎜⎜⎝ ⎛ ⋅⋅=µ⋅⎟⎟ ⎟ ⎠ ⎞ ⎜⎜ ⎜ ⎝ ⎛ ⋅⋅ ⋅= ∫∫ µ ∞− −µ−µ ∞− µ−µ− (5-17) Somit kann aus den Versuchen das Kooperationsvermögen der einzelnen Versuchs- personen über den Kooperationsfaktor quantitativ ausgedrückt werden. Der geringste Mittelwert des Sicherheitsfaktors beträgt µE,min= 0,8965, was einem Kooperationsfak- tor von kmin= 0,1131 entspricht, der maximale Wert beträgt µE,max= 1,5029, was einem Kooperationsfaktor von kmax= 0,9890 entspricht. Der Mittelwert liegt mit kØ= 0,4862 in der Nähe von dem erwarteten Wert von k= 0,5. Ein Unterschied bezüglich Alter, Ge- schlecht und Größe ist nicht vorhanden. - 80 - 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1 V P 1, w ,2 9J ,1 62 cm V P 3, w ,2 1J ,1 68 cm V P 5, w ,2 6J ,1 68 cm V P 7, m ,6 4J ,1 80 cm V P 9, m ,3 3J ,1 73 cm V P 11 ,w ,3 1J ,1 70 cm V P 13 ,w ,2 7J ,1 75 cm V P 15 ,m ,3 8J ,1 81 cm V P 17 ,m ,3 0J ,1 78 cm V P 19 ,w ,2 8J ,1 65 cm V P 21 ,w ,2 8J ,1 80 cm V P 23 ,w ,6 1J ,1 60 cm V P 25 ,m ,2 3J ,1 75 cm V P 27 ,m ,3 1J ,1 84 cm V P 29 ,m ,3 1J ,1 84 cm V P 31 ,m ,2 4J ,1 79 cm V P 33 ,m ,2 9J ,1 80 cm V P 35 ,w ,2 0J ,1 63 cm V P 37 ,m ,3 0J ,1 85 cm V P 39 ,w ,3 2J ,1 76 cm K oo pe ra tio ns fa kt or k → kØ= 0,4862 Bild 5-12: Kooperationsfaktor k 5.4.4 Bestimmung der ergonomischen Robotergeschwindigkeit Für ein ergonomisches Roboterverhalten muss die Robotergeschwindigkeit an ein optimales Sicherheitsempfinden angepasst werden. Hierfür wird zunächst das zu- sammengesetzte Sicherheitsempfinden berechnet, das sich aus den beitragenden Variablen relativer Abstand d, relativer Annäherungswinkel α, relative Roboterge- schwindigkeit v und Kooperationsfaktor k zusammensetzt. Bei der Berücksichtigung des Kooperationsfaktors k wird angenommen, dass dieser sowohl als Gewichtungsfaktor als auch als Adjustierparameter in die Gleichung ein- geht. Einerseits hat der Kooperationsfaktor k einen direkten Einfluss auf das subjek- tive Sicherheitsempfinden, andererseits bestimmt er eine interindividuelle Rangreihe in Bezug auf das Sicherheitsempfinden. Deswegen wird das subjektive Sicherheits- empfinden s mit dem Kooperationsfaktor k gewichtet, da die subjektiv empfundene Bedrohung mit zunehmenden Kooperationsfaktor abnimmt und umgekehrt. Der Ad- justierfaktor ist durch eine Funktion des Kooperationsfaktors f(k) charakterisiert. Die- ser Adjustierfaktor wird durch eine Kurvenanpassung über nichtlineare Regressions- analyse bestimmt, wobei die abhängige Variable die Differenz aus dem individuellen Sicherheitsempfinden aus den Versuchen und dem berechneten Sicherheitsempfin- den ist. Der Korrekturfaktor ergibt sich somit zu - 81 - k2465,2k4773,4k6639,2)k(f 23 ⋅+⋅−⋅= (5-18) Die Gleichung des subjektiven Sicherheitsempfinden, auf die Werteskala von 0 bis 1 angeglichen, lautet demnach ( ) ( ) ( ) )k(fd0016,0 2 1α535,1cos1v0048,01ks 3 1 7207,0 +⎥⎦ ⎤⎢⎣ ⎡ ⋅⋅⎟⎠ ⎞⎜⎝ ⎛ +⋅−⋅⋅−⋅= (5-19) Diese Gleichung lässt sich nun nach der ergonomischen Robotergeschwindigkeit vErgo auflösen in dem das Sicherheitsempfinden auf die optimale Größe von s= 0,5 gesetzt wird. ( ) ( ) ( ) 388,1 3 Ergo d0016,01 2 1α535,1cos0048,0 k1646,04938,0v ⎥⎥ ⎥⎥ ⎦ ⎤ ⎢⎢ ⎢⎢ ⎣ ⎡ ⋅−⋅⎟⎠ ⎞⎜⎝ ⎛ +⋅⋅ ⋅+= (5-20) Aus der grafischen Darstellung (Bild 6-13), die beispielhaft für einen Kooperationsfaktor von k= 0,5 dargestellt ist, lässt sich erkennen, dass bei steigendem Abstand und steigendem Winkel eine höhere Geschwindigkeit zulässig ist. Bild 5-13: Ergonomische Robotergeschwindigkeit vErgo - 82 - Bei kleinsten Abständen und Winkeln ist eine Restgeschwindigkeit zu erkennen, die mit der zulässigen reduzierten Geschwindigkeit vergleichbar ist (siehe Kap. 3.2), bei der sich der Mensch immer noch sicher fühlt und selbständig der Bewegung des Ro- boters ausweicht. 5.5 Zusammenfassung der Versuchsergebnisse Zusammenfassend können aus den Ergebnissen der durchgeführten Vorversuche die entscheidenden Einflussgrößen, die das Sicherheitsempfinden des Menschen beeinflussen, eingeschätzt werden: - Für den relativen Abstand d ergibt sich eine lineare Verteilung über das Ab- standsspektrum von 0 bis 800 mm, wobei kein Unterschied zwischen einem Hal- te- und einem Vorbeifahrabstand erkennbar ist. - Der relative Annäherungswinkel α weist eine gute Diskriminierung durch die Ver- suchspersonen auf. Der Wertebereich der Annäherung von –90° bis +90° weist keinen Unterschied zwischen negativen und positiven Winkeln auf. - Die relative Geschwindigkeit v kann in dem gegebenen Wertebereich von 100 bis 2000 mm/s, bis auf die hohen Geschwindigkeiten gut diskriminiert werden. - Die relative Beschleunigung a kann nur schlecht wahrgenommen werden, und kann deswegen an die technischen Randbedingungen angepasst werden. - Die Versuche zeigen den Zusammenhang der Prozessgrößen zum Sicherheits- empfinden s in Abhängigkeit des Kooperationsfaktors k des Menschen auf. Es lässt sich ein Eindruck gewinnen, wie eine ergonomische Robotergeschwindigkeit bzgl. der Sicherheit gestaltet sein muss. - Der Kooperationsfaktor k der einzelnen Versuchspersonen lässt sich aus den Gesamtversuchen bzgl. des Sicherheitsempfinden berechnen. Um die experimentellen Ergebnisse in ein Überwachungsverfahren überführen zu können, folgen theoretische Berechnungen der Zusammenhänge der Prozessgrö- ßen, des Kooperationsfaktors und des Sicherheitsempfindens. Ziel ist die Berech- nung von Kennfeldern zur optimalen Überwachung der direkten Mensch-Roboter- Kooperation. 6 Entwicklung der Verfahren zur Überwachung der direkten Mensch-Roboter-Kooperation In diesem Kapitel werden Verfahren zur Kollisions- und Ergonomieüberwachung entwickelt, die die Limitierung der Robotergeschwindigkeit hinsichtlich der Sicherheit und des Sicherheitsempfindens des Menschen ermöglichen. 6.1 Verfahren zur Kollisionsüberwachung Die Kollisionsüberwachung setzt der Geschwindigkeit des Roboters eindeutige und scharfe Grenzen, um eine Verletzung des Werkers zu verhindern. Für die in Kap. 4.2.3 konzipierten Kollisionsüberwachung Stoßen und Quetschen werden geeignete Verfahren unter Berücksichtigung der entscheidenden Parameter entwickelt. 6.1.1 Kinematischer Ansatz Zunächst wird ein allgemeiner vektorieller Ansatz der Kollisionsüberwachung herge- leitet (siehe Bild 6-1). rZ Zielkoordinate Roboter, Vektor rSt Startkoordinate Roboter, Vektor eR Einheitsvektor der Roboterbewegung rR(t) Ortsvektor auf momentane Roboterpo- sition rM(t) Ortsvektor auf momentane Position des Menschen rRM(t) Ortsvektor auf momentanen Abstand von Mensch und Roboter vR(t) Momentaner Geschwindigkeitsvektor des Roboters vM(t) Momentaner Geschwindigkeitsvektor des Menschen α Annäherungswinkel des Roboters rSt rZrR(t) eR vM(t) Start Ziel 0 rM(t) vR(t) rRM(t) β Annäherungswinkel des Menschen Bild 6-1: Vektorielle Darstellung der Kollisionsüberwachung Betrachtet man die Bewegung des Roboters und des Menschen als eine punktförmi- ge Bewegung, lässt sich der allgemeine Ansatz für den Abstandsvektor rRM folgen- dermaßen schreiben: - 84 - ( ) ( ) ( )ttt RMRM rrr −= (6-1) und weiter zu ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) 2t t R 2 t t M t t R t t M0R0MRM dttdttdttdttttt 0000 ∫ ∫∫ ∫∫∫ −+−+−= aavvrrr (6-2) Um diese Gleichung deuten und auch weiterverwenden zu können, ist eine Diskussi- on der einzelnen Größen notwendig. Die Ortsvektoren von Mensch rM und Roboter rR zum Zeitpunkt t0 können über ihre Positionskoordinaten, die von der Bildverarbeitung gemessen werden, bestimmt werden. Somit ist auch der Abstandsvektor rRM zum Zeitpunkt t0 bekannt. Das Skalar der Geschwindigkeit des Roboters vR kann über Gleichung 5-11 zum Zeitpunkt t0 bestimmt werden. Die Richtung des Geschwindigkeitsvektors kann durch den Einheitsvektor der Bewegung in Abhängigkeit vom Startvektor rSt und Zielvektor rZ dargestellt werden. ( ) ( ) ( ) ( ) ( )( ) ( )0Z0St 0Z0St 0RR0R0R tt tttvtvt rr rrev − −⋅=⋅= (6-3) Die Beschleunigung des Menschen aM wird im weiteren vernachlässigt, da eine Re- gelung über die Position und Geschwindigkeit des Menschen ausreichend ist (siehe Kap. 4.2.3). Das Skalar der Beschleunigung des Roboters aR wird in der Robotersteuerung als der konstante Wert aR,max eingestellt. Durch das beabsichtigte Abbremsen hat dieser Wert jedoch ein negatives Vorzeichen. Der Beschleunigungsvektor kann ebenso ü- ber den Einheitsvektor der Bewegungsrichtung dargestellt werden. ( ) ( ) ( ) ( ) ( )( ) ( )0Z0St 0Z0St 0max,RR0max,R0R tt tttatat rr rrea − −⋅−=⋅−= (6-4) Durch Integration und Einsetzen der Gleichungen 6-3 und 6-4 in Gleichung 6-2 ergibt sich die Gesamtgleichung zu ( ) ( ) ( ) [ ] ( ) [ ] [ ] ⎟⎠ ⎞⎜⎝ ⎛ −−−⋅⋅−−⋅+= 20max,R00RR00M0RMRM tta2 1tttvttttt evrr (6-5) - 85 - Diese Gleichung kann auf die Fälle Kollisionsüberwachung Stoßen bei der Haupt- achsenbewegung und Kollisionsüberwachung Quetschen bei der Pinolenbewegung angewendet werden. 6.1.2 Auslegung der Kollisionsüberwachung Stoßen bei einer Hauptachsenbewegung Wie in Kap. 4.2.3 beschrieben, ist eine Überwachung der Position des Menschen ausreichend, wodurch vM=0 gilt. ( ) ( ) ( ) [ ] [ ] ⎟⎠ ⎞⎜⎝ ⎛ −−−⋅⋅−= 20max,R00RR0RMRM tta2 1tttvtt err (6-6) Der Term in der Gleichung 6-6 nach dem Einheitsvektor der Roboterbewegungsrich- tung eR stellt die Strecke dar, die der Roboter in der Zeit t-t0 zurücklegt und entspricht seiner Bremsstrecke sBrems bis zum Stillstand des Roboters. ( ) [ ] [ ]20max,R00RBrems tta21tttvs −−−⋅= (6-7) Die kompakte Darstellung der Gleichung lautet somit ( ) ( ) BremsR0RMRM stt ⋅−= err (6-8) Die weitere Bedingung ist, dass der Betrag des Abstandsvektors rRM, ab jetzt Ab- stand d genannt, jederzeit mindestens einem Sicherheitsabstand dSich entspricht. Daraus folgt ( ) ( )tdtd RM2sich2 r== (6-9) und weiter ( ) ( ) 2Brems2RBremsR0RM02RM2Sich ss2ttd ⋅+⋅⋅−= eerr (6-10) Durch 12R =e (6-11) - 86 - und ( ) ( )0202RM tdt =r (6-12) und ( ) ( ) ( )00R0RM tcostdt α⋅=⋅ er (6-13) folgt ( ) ( )[ ] ( ) 0dtdtcostd2ss 2Sich0200Brems2Brems =−+α⋅⋅− (6-14) Die quadratische Gleichung der Lösung ergibt sich zu ( ) ( ) ( ) ( )02022Sich00Brems tsintddtcostds α⋅−±α⋅= (6-15) Durch die Betrachtung des Grenzfalles α= 0 ergibt der Wurzelausdruck genau den Sicherheitsabstand dSich. Dieser muss gewährleisten, dass der Roboter vor dem Menschen zu stehen kommt, was somit ein Minus vor der Wurzel bedingt. Der Wurzelausdruck stellt auch den Gültigkeitsbereich der Kollisionsüberwachung Stoßen dar. Würde es keinen Sicherheitsabstand dSich geben, würde sich die Glei- chung zu sBrems= d(t0) vereinfachen und hätte nur eine Gültigkeit bei α= 0. Durch die Einführung von dSich erweitert sich der Gültigkeitsbereich der Kollisionsüberwachung zu einem Kollisionskegel in der Art, dass der Wurzelausdruck nicht negativ werden darf ( ) ( ) 0tsintdd 02022Sich ≥α⋅− (6-16) Woraus folgt ⎟⎠ ⎞⎜⎝ ⎛≤α≤⎟⎠ ⎞⎜⎝ ⎛− d darcsin d darcsin SichSich (6-17) Einsetzen von Gleichung 6-15 in Gleichung 6-7 ergibt die zulässige Roboterge- schwindigkeit ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ⎥⎦ ⎤⎢⎣ ⎡ −⋅+α⋅−−α⋅−= 2 0max,R0 2 0 22 Sich00 0 0R tta2 1tsintddtcostd tt 1tv (6-18) - 87 - Unbekannt ist nun noch die Zeit t* bis der Roboter zum Stehen kommt, und in der auch die Verzögerungen des Gesamtsystems tV zu berücksichtigen ist. Diese Bremszeit t* ergibt sich somit zu ( ) V max,R 0R t a tv*t += (6-19) Setzt man t= t* in Gleichung x und definiert einen Ausgangszeitpunkt t0= 0 ergibt sich eine Lösung zu ( ) ( ) ( ) ( ) ( )⎟⎠⎞⎜⎝⎛ α⋅−−α⋅+± ±−= 0 2 0 22 Sich00max,R 2 V 2 max,R Vmax,R02,1,R tsintddtcostda2ta tatv (6-20) Das richtige Vorzeichen der Wurzel kann wieder durch die Betrachtung des Grenzfal- les α= 0 bestimmt werden. Der Wurzelausdruck würde sich dann zu ( )( )Sich0max,R2V2 max,R dtda2ta −+ (6-21) ergeben. Da immer d(t0) > dSich gilt, wird der Wurzelausdruck immer größer als aR,max·tV sein. Um auf eine positive Robotergeschwindigkeit zu kommen, ist somit ein positives Vorzeichen des Wurzelausdruckes notwendig. Um auf den zulässigen V-Faktor, ein sogenannter „Geschwindigkeitsoverride“ mit einem Wertebereich zwischen 0 und 100%, der Kollisionsüberwachung Stoßen VFKoll,Stoßen zu kommen, muss die momentane Robotergeschwindigkeit vR durch die maximale Robotergeschwindigkeit vR,max geteilt werden ( ) ( ) ( ) ( ) ( )⎟⎠⎞⎜⎝⎛ α⋅−−α⋅+⎟⎟⎠ ⎞ ⎜⎜⎝ ⎛+ +−= 0 2 0 22 Sich002 max,R max,R 2 max,R Vmax,R max,R Vmax,R 0Stoßen,Koll tsintddtcostd v a2 v ta v ta tVF (6-22) Die Kollisionsüberwachung Stoßen bestimmt also jederzeit einen zulässigen V- Faktor in Abhängigkeit vom momentanen Abstand d(t0) und Anfahrwinkel α(t0), um im Falle einer Kollision auf die Geschwindigkeit 0 abbremsen zu können (siehe Bild 6- 2). Diese Berechnung wird für alle erkannten menschlichen Extremitäten und die Po- - 88 - sition des ersten und des zweiten Armes des Roboters durchgeführt. Der kleinste resultierende V-Faktor wird für die Regelung der Robotergeschwindigkeit verwendet. Einstellungen: vR,max= 2000 mm/s aR,max= 6000 mm/s2 dSich= 50 mm tV= 0,1 s Bild 6-2: Messung Kollision Stoßen Sobald der Winkel deutlich sinkt, geht der Roboter auf Kollisionskurs. Betritt er den Kollisionskegel, wird der zulässige V-Faktor berechnet. Wird der V-Faktor kleiner als 1, wird die Robotergeschwindigkeit gemindert, bis der Roboter im vorgegebenen Si- cherheitsabstand dSich= 50 mm vor dem Menschen stehen bleibt (siehe Bild 6-2). 6.1.3 Auslegung der Kollisionsüberwachung Quetschen bei einer Pinolenbewegung Wie in Kap. 4.2.3. beschrieben, wird bei der Kollisionsüberwachung Quetschen die Geschwindigkeit des Menschen vM mit dem Reaktionsgreifen von vHände,max= 2 m/s angenommen. Außerdem wird der schlimmste Fall der Bewegungsrichtung, also di- rekt auf den Roboter zu (β= 180°) berücksichtigt. Da der Einheitsvektor der Bewegung des Roboters nur eine Z-Komponente durch die reine Pinolenbewegung aufweist und die Geschwindigkeit der Hände und der Ab- standsvektor nur X- und Y-Komponenten aufweist, wird der Term von eR aus Glei- chung 6-5 somit zu 0. Durch Gleichsetzen des Abstandes d(t) mit einem Sicherheitsabstand dSich - 89 - ( ) ( )tdtd RM2sich2 r== (6-23) folgt ( ) ( ) ( ) [ ] ( ) [ ]2002M00M0RM02RM2Sich ttttt2tttd −⋅+−⋅⋅+= vvrr (6-24) Es gilt ( ) ( )0202RM tdt =r (6-25) und ( ) ( ) ( ) ( ) ( )00M00M0RM tcostvtdtt β⋅⋅=⋅ vr (6-26) und ( ) ( )02M02M tvt =v (6-27) Durch Einsetzen von t* ergibt sich die Gleichung zu ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) 2 V max,R 0R 0 2 MV max,R 0R 0M00 22 Sich ta tvtvt a tv2tvtdtdd ⎟⎟⎠ ⎞ ⎜⎜⎝ ⎛ +⋅+⎟⎟⎠ ⎞ ⎜⎜⎝ ⎛ +⋅⋅−= (6-28) Durch Einsetzen von vHände,max, Auflösen nach vR(t0) und dem Ansatz der quadrati- schen Gleichung ergibt sich ( ) ( ) 2 nax,Hände 2 nax,R2 SichVmax,R max,Hände max,R 002,1,R v a dta v a tdtv ⋅±⋅−⋅= (6-29) Der momentane Abstand d(t0) muss immer dem Sicherheitsabstand dSich und der Verzögerung des Gesamtsystems tV genügen. Deswegen ist ein negatives Vorzei- chen des Wurzelausdruckes notwendig. Um letztlich die Geschwindigkeit des Roboters zu regeln wird der V-Faktor VFKoll,Quetschen berechnet: - 90 - ( ) ⎟⎟⎠ ⎞ ⎜⎜⎝ ⎛ −−= V max,Hände Sich0 max,R max,R Quetschen,Koll tv dtd v a VF (6-30) Die Kollisionsüberwachung Quetschen bestimmt also jederzeit einen zulässigen V- Faktor in Abhängigkeit vom momentanen Abstand und dem Reaktionsgreifen des Menschen, um im Falle einer Kollision auf die Geschwindigkeit 0 abbremsen zu kön- nen. Diese Berechnung wird für alle erkannten menschlichen Extremitäten durchgeführt. Der kleinste resultierende V-Faktor wird für die Regelung der Robotergeschwindig- keit verwendet. Einstellungen: vHände,max= 2 m/s vR,max= 500 mm/s aR,max= 6000 mm/s2 dSich= 50 mm tV= 0,1 s Bild 6-3: Messung Kollision Quetschen Aus den Messergebnissen (siehe Bild 6-3) wird der lineare Zusammenhang zwi- schen dem zulässigen V-Faktors VFKoll,Quetschen und dem momentanen Abstand d deutlich. 6.2 Verfahren zur Ergonomieüberwachung Das Ziel der Ergonomieüberwachung ist es, dem Werker das absolute Gefühl der Sicherheit und der Kontrolle über den Roboter zu vermitteln. Um die experimentellen Ergebnisse aus den Vorversuchen in ein Verfahren zur Ergonomieüberwachung ü- berführen zu können, wird ein Neuro-Fuzzy-System zur Bestimmung der Roboterge- schwindigkeit in Abhängigkeit der Prozessgrößen, des Kooperationsfaktors und des Sicherheitsempfindens entwickelt. Das Ergebnis sind Kennfelder zur optimalen Er- gonomieüberwachung der direkten Mensch-Roboter-Kooperation. - 91 - Fuzzy-Inferenzmethoden (FIM) stellen eine Erweiterung der binären Logik mit den Wahrheitswerten „falsch“ und „wahr“ um weitere unscharfe Zwischenzustände wie z.B. „sehr wahr“ dar. Ein unscharfer Kennfeldregler basiert auf der linguistischen Formulierung von menschlichem abstraktem Wissen über die Funktionsweise eines Prozesses. Er bildet die Eingangsgrößen auf der Basis einer unscharfen Systembe- schreibung anhand von linguistischen Variablen und IF...THEN-Regeln direkt auf die Ausgangsgrößen ab. Das resultierende Kennfeld stellt eine gekrümmte Fläche in ei- nem Raum dar, der durch die Eingangs- und Ausgangsgrößen aufgespannt wird. Die Regeln definieren einzelne Stützpunkte dieser Fläche, die es durch Interpolation so zu vervollständigen gilt, dass auch nicht vorgegebene Eingangswertkombinationen zu eindeutigen Ausgangswerten führen /ZAD65/ /MIC02/. Künstliche Neuronale Netze (KNN) basieren auf der vereinfachten Nachbildung von Neuronen als eine Art Addierer mit Schwellwertbildung. Die Verbindungen (Sy- napsen) eines Neurons nehmen eine Aktivierung mit einer bestimmten Gewichtung von anderen Neuronen auf, summieren diese und lassen am Ausgang (Axon) des Neurons eine Aktivität entstehen, sofern die Summe vorher einen Schwellwert über- schritten hat. Über die Gewichtung der Verbindungen lässt sich das KNN, mit ent- sprechenden Lernverfahren, sehr gut auf eine gewünschte Funktionsweise adaptie- ren /BRA91/. Neuro-Fuzzy-Methoden stellen ein Kombination von FIM und KNN dar. Dadurch können die Nachvollziehbarkeit des Systemmodells und der Ergebnisse der FIM mit der Lernfähigkeit der KNN optimal kombiniert werden /BOR03/. Die Berechnung der Kennfelder anhand einer Neuro-Fuzzy-Methode wird aus fol- genden Gründen ausgewählt: - Hochgradig nicht lineares System - Keine genauen Kenntnisse des Übertragungsverhaltens des Prozesses vorhan- den - Die Kategorisierung der Prozessgrößen hängt von den Empfindungen des Men- schen ab, der wiederum sein Empfindungen durch linguistische Variablen be- schreibt - Leichte Nachvollziehbarkeit des Systemmodells und der Ergebnisse durch IF...THEN-Regeln - Lernfähigkeit und Anpassung des Systems an die menschlichen Parameter durch KNN Als geeignete Neuro-Fuzzy-Methode wird ein sogenanntes kooperatives Modell aus- gewählt, in der Form, dass über das KNN die frei einstellbaren Parameter der IF...THEN-Regeln gelernt werden. - 92 - Zuerst müssen die in den Vorversuchen bestimmten Prozess- bzw. Eingangsgrößen in linguistische Variablen mit Termen in Dreiecks- oder Trapezform umgewandelt werden. Durch die feste Partitionierung der Eingangsgrößen ergibt sich die Möglich- keit, die Regelbasis durch vollständige Kombination der linguistischen Terme zu er- zeugen. Durch Einführung eines variablen Vertrauensfaktors β’ kann die Adaption der Regeln erfolgen. Ein kleiner Wert für β’ blendet die Wirkung der entsprechenden Regel aus, während die Regel für β’=1 volle Gültigkeit besitzt. Als geeignete Infe- renzmethode wird die Takagi-Sugeno Inferenzmethode ausgewählt, da sie sich we- gen der großen Anzahl frei bestimmbarer Parameter besonders gut zur Anwendung mit automatischen Lernverfahren eignet. Winkel α Abstand d LV Winkel α Geschwindigkeit v LV Abstand d Regel 1 Regel 2 Regel 3 βj‘·βj·sj Σ Normal. VErgof(α, d, k) Kooperationsfaktor k Fehler ε LV Kooperationsfaktor k Delta-Lernregel S·VVersuch Sicherheitsempfinden S Versuchsperson Bild 6-4: Neuro-Fuzzy-System Zum Lernen der Vertrauensfaktoren β’ wird die Delta-Lernregel verwendet, die als Eingangsgröße den Fehler ε aus der berechneten Geschwindigkeit VErgo und der ge- wünschten Geschwindigkeit aus der Multiplikation des Sicherheitsempfinden der Versuchsperson S und der eingestellten Geschwindigkeit des Versuches VVersuch hat (siehe Bild 6-4). 6.2.1 Ermittlung der Zugehörigkeitsfunktionen der ergonomischen Prozessgrößen Für die Ermittlung der Zugehörigkeitsfunktionen (ZGF) werden zunächst die Normal- verteilungen aus den experimentellen Untersuchungen angeglichen und zugleich das Maximum jedes Normalverteilungsfunktionswertes auf 1 gesetzt. - 93 - Um die ZGF zu bilden, werden diese Normalverteilungen in Dreiecksgleichungen umgewandelt, wobei der Schnittpunkt der angeglichenen Normalverteilungen mit dem maximalen Funktionswert auf den Funktionswert 0,2 gesetzt wird. Die anderen Schnittpunkte werden in einer linearen Transformation angeglichen, so dass die Ü- berlappungen der einzelnen Partitionen unter 0,2 gehalten werden. Dies ist bei einer Takagi-Sugeno-Inferenz notwendig, um ein zu starkes Verwischen der lokalen Mo- delle zu vermeiden /MIC02/. Beispielhaft für die Berechnung wird die Berechnung der ZGF des relativen Abstandes d in Bild 6-5 dargestellt . 0 200 600[mm] mittel sehr weitnah weitsehr nah Abstand d ZG F 1 Bild 6-5: ZGF des relativen Abstandes d Die ZGF des Kooperationsfaktors werden über Expertenwissen definiert. Als Basis dient die Normalverteilung in der Bevölkerung (siehe Kap. 5.4.3). Als Kategorien werden „gering“, „mittel“ und „hoch“ verwendet. 6.2.2 Takagi-Sugeno Inferenzmethode Diese Methode hebt sich von anderen bekannten Inferenzmethoden, dadurch ab, dass der Konsequenzteil der Regeln nicht durch feste unscharfe Mengen vorgege- ben ist. - 94 - Bild 6-6: Takagi-Sugeno Inferenzmethode Er berechnet sich mit Hilfe vorzugebender Funktionen fi direkt aus den scharfen Ein- gangswerten um. Diesen Vorgang nennt man das Approximative Schließen, d.h. die Festlegung von Ausgangswertkombinationen für bestimmte Eingangswertkombinati- onen anhand von linguistisch beschreibenden IF...THEN-Regeln. IF u1=A1i AND u2=A2i THEN yi= fi(uIN,1,uIN,2) (6-31) i: Regel-Index I: Gesamtanzahl Regeln, mit i= 1, ..., I m: Eingangsgrößen-Index G: Gesamtanzahl Eingangsgrößen um: Eingangsgrößen bzw. Linguistische Variablen (e, α, d) uIN,m: Eingangswert der Linguistischen Variable m (e, α, d) Ami: Unscharfe Menge bzw. Term bzw. ZGF der Eingangsgröße um yi: Ausgangswerte als Funktion der Eingangswerte smi: Freiheitsgrade der Linearkombination fi Als Ansatz für die Funktion fi sind einfache Linearkombinationen oder sogar nur Sing- letons, d.h. konstante Größen, oft ausreichend. fi(uIN,1,uIN,2) = si (6-32) - 95 - Übertragen auf den Anwendungsfall der Ergonomieüberwachung mit Kooperations- faktor k, dem Annäherungswinkel α und dem Abstand d ergibt sich der Ansatz bei- spielhaft für eine Regel zu IF uk=SLOW AND uα=FRONTAL AND ud=NAH THEN y=f(uIN,k,uIN,α,uIN,d) = s (6-33) Die Eingangswerte uIN,k, uIN,α und uIN,d sind scharfe Zahlen. Um sie für die folgende Inferenz verwenden zu können, müssen sie zunächst auf die linguistische Werteska- la abgebildet werden. Diesen Vorgang nennt man Fuzzifikation der Eingangssignale. Hierfür werden die Aktivierungsgrade βi berechnet, die den Grad der Regelaktivie- rung bestimmen (siehe Bild 6-6). [ ])u(),u(min 2,INi21,INi1i µµ=β (6-34) βi: Aktivierungsgrad jeder Regel i µmi: Zugehörigkeitsvektor der Eingangsgröße um der Regel i Übertragen auf den Anwendungsfall der Ergonomieüberwachung bedeutet dies bei- spielhaft für eine Regel [ ])u(),u(),u(min d,INd,INk,INk µµµ=β αα (6-35) Nach erfolgter Inferenz werden die Teilergebnisse si der einzelnen Regeln i durch gewichtete Mittelwertbildung zu dem Gesamtergebnis und der entsprechenden scharfen Ausgangsgröße yOUT zusammengefasst. Diesen Vorgang nennt man De- fuzzifikation der Ausgangssignale. ( ) ( )∑ ∑ β ⋅β= i i i ii OUT s y (6-36) Ausgehend von einer vollständigen Regelbasis für ein Fuzzy-System lässt sich die Adaption der Regeln i durch Einführung variabler Vertrauensfaktoren βi’ erreichen. Ein kleiner Wert für βi’ blendet die Wirkung der entsprechen Regel i aus, während die Regel mit βi’=1 volle Gültigkeit besitzt. Übertragen auf den Anwendungsfall Ergono- mieüberwachung ergibt sich die Ausgangsgröße Geschwindigkeit des Roboters VErgo dann zu - 96 - ( ) ( )∑ ∑ ββ′ ⋅ββ′= i ii i iii Ergo s V (6-37) Somit liegt ein bereits numerisches Ergebnis vor. Der Vertrauensfaktor βi’ und der freie Parameter si der Linearkombination können sehr effektiv über einen Lernpro- zess mittels KNN bestimmt werden. 6.2.3 Integration des Sicherheitsempfinden über die Delta-Lernregel Die Delta-Lernregel ist ein Teil des Backpropagation-Algorithmus, jedoch nur auf ein- schichtige KNN angewendet, und stellt eine Möglichkeit zum Gradientenabstiegsler- nen dar. Sie gehört zu der Klasse des überwachten Lernens (supervised learning), d.h. dass für ein bestimmtes Trainingsmuster eine richtige Antwort bzw. ein „Lehrer“ bekannt ist. Ziel ist es, das Quadrat des Fehlers für alle Trainingsmuster durch Varia- tion des Gewichtsvektors zu minimieren /BRA91/ /BOT98/. Die Fehlerfunktion ε der Delta-Lernregel ergibt sich somit für alle Trainingspaare k mit den Eingangsgrößen uk, den zunächst generierten Ausgangswerten yOUT,k und den gewünschten Ausgangsgrößen dk zu ( )2kk,OUTk )u(yd21 −=ε (6-38) k: Trainingspaar-Index K: Gesamtanzahl Trainingspaare j: Index des zu variierenden Vertrauensfaktors Übertragung auf den Anwendungsfall der Ergonomieüberwachung berechnet sich die Fehlerfunktion der Delta-Lernregel für ein Trainingspaar aus der Multiplikation des Sicherheitsempfinden S der Versuchsperson und der eingestellten Roboterge- schwindigkeit des Versuches VVersuch als gewünschte Geschwindigkeit, und dem durch das Neuro-Fuzzy-System berechneten Geschwindigkeit VErgo zu ( )2k,Ergok,Versuchk VVS21 −⋅=ε (6-39) Die Bildung des Gradienten der Fehlerfunktion wird im folgenden Kapitel durchge- führt. - 97 - 6.2.4 Lernen der Regelbank des Neuro-Fuzzy-Systems Das Fuzzy-System und das KNN werden zusammengeführt, indem die Berechnung der Ausgangsgröße VErgo in die Fehlerfunktion der Delta-Lernregel eingesetzt wird. Durch partielle Differentiation der Fehlerfunktion der Delta-Lernregel (6-38) kann die gewünschte Variation des Vertrauensfaktors βj’ der Regel (j) berechnet werden. Die partielle Ableitung nach dem Vertrauensfaktor βj’ ergibt sich aus der Kettenregel zu ⎟⎟⎠ ⎞ ⎜⎜⎝ ⎛ β′∂ ∂−⋅∂ ε∂=β′∂ ε∂− j Ergo Ergoj V V (6-40) Der erste Term ergibt sich zu ( ) ( )1VVS V ErgoVersuchErgo −⋅−⋅=∂ ε∂ (6-41) Der zweite Term ergibt sich aus der Quotientenregel und der partiellen Ableitung an der Stelle i=j ( ) jj ji i iii i ss1 β=ββ′β′∂ =∑ (6-42) zu ( ) ( ) ( ) ( ) ( )( )2 i ii i i iiijiijj i ii i iii jj Ergo sss1V ∑ ∑ ∑ ∑ ∑ ββ′ ββ′⋅β−ββ′⋅β−=ββ′ ββ′ β′∂−=β′∂ ∂− (6-43) Durch Umformung mit Gleichung 6-37 und mit den normalisierten effektiven Aktivie- rungsgraden ( )∑ ββ′ ββ′=λ i ii jj j (6-44) berechnet sich die Adaption von βj’ bei vorgegebener Lernrate η zu ( ) ( )ErgojErgoVersuch j j j j VsVVS −⋅−⋅⋅β′ λη=β′∂ ε∂η−=β′∆ (6-45) - 98 - Die gewünschte Adaption der jeweiligen Singletons sj der Regel (j) berechnet sich ähnlich zu ( )ErgoVersuchj j j VVSs s −⋅⋅ηλ=∂ ε∂η−=∆ (6-46) Der Lernvorgang, wird als so genanntes Online-Lernen eingesetzt, d.h. es werden nach dem Anlegen eines jeden Musters die freien Parameter korrigiert. Basis für die Berechnung ist eine vollständige Regelbasis, deren Vertrauensfaktoren mit dem mittleren Wert βi’= 0,5 und deren Singletons mit dem mittleren Wert si= 1000 des Wertebereiches der maximalen Robotergeschwindigkeit initialisiert werden. Die Lernrate wird auf η= 0,25 gesetzt. Bild 6-7: Ergonomische Geschwindigkeit VErgo Aus der grafischen Darstellung (Bild 6-7), die beispielhaft für einen Kooperationsfak- tor von k= 0,5 dargestellt ist, lässt sich erkennen, dass bei steigendem Abstand und steigendem Winkel eine höhere Geschwindigkeit zulässig ist. Die stufenförmige Aus- prägung ist typisch für FIM, die auf Grund der Kategorien- und Regelbildung entsteht. Im Vergleich zu dem in Kap. 5 berechneten Ansatz der Psychophysik (siehe Bild 5- 13) wird eine hohe Korrelation (r= 0,7) erreicht. Mittels Signifikanztest der Mittelwerte wird kein signifikanter Unterschied festgestellt. 7 Erprobung im Gesamtsystem 7.1 Gesamtaufbau der Pilotzelle Um die entwickelten Verfahren und Berechnungen für die direkte Mensch-Roboter- Kooperation in der Kleinteilemontage mit einem SCARA-Roboter zu erproben, wird eine Pilotzelle aufgebaut. Der realisierte Gesamtaufbau entspricht einem Kooperati- onsarbeitsplatz im Nebenschluss mit zwei Stationen, wie er für ein Montagesystem für große Stückzahlen in Kapitel 4 konzipiert wurde. Bild 7-1 zeigt eine Über- sichtsaufnahme des Gesamtsystems. SCARA-Industrieroboter Materialbereitstellung Roboter Werkzeuge Roboter Werkstückträger Transfersystem Werker Materialbereitstellung Werker Bild 7-1: Übersichtaufnahme der Pilotzelle Entsprechend den Anforderungen, werden zum Aufbau der Pilotzelle weitestgehend Standardkomponenten verwendet. Ebenso wie der SCARA-Roboter „turboscara SR8“ ist das Vision-System „robotvision“, für die Prozessunterstützung des Roboters und für die Vollständigkeitskontrolle, und das Transfersystem „TS2“ von der Fa. Bosch. Als Werkstückträgergröße werden 320x320mm verwendet, die für die meis- ten Kleinteile ausreichend ist. Die Materialbereitstellung für den Werker erfolgt für größere Teile seitlich und für kleinere Teile über kleine Behälter direkt am Transfer- system. Die Materialbereitstellung für den Roboter seitlich, ebenso der Werkzeug- bahnhof. Zur Kontrolle des Arbeitsablaufes der Mensch-Roboter-Kooperation wird dem Werker ein Touch-Screen zur Seite gestellt, der nach ergonomischen Gesichtsgründen kon- zipiert wurde (Bild 7-2). - 100 - Manipulationsmodi Programmauswahl Einstellen Kooperationsfaktor Meldungsfenster Reset Bildverarbeitung Bild 7-2: Benutzeroberfläche des Touch-Screen Da der Mensch, entsprechend seiner Gewohnheit beim Lesen, immer einen Bild- schirm von links oben nach rechts unten liest, werden die wichtigsten Funktionen links oben auf dem Touch-Screen platziert. Die wichtigsten Funktionen, sind die Ma- nipulationsmodi, mit denen der Werker den Roboter steuern kann. Diese sind über eine leicht verständliche Symbolik, in Anlehnung an die Bedienung z.B. eines CD- Players, gestaltet. Diejenigen Funktionen, die in der momentanen Situation nicht sinnvoll wären, werden als Option ausgeschaltet und grau hinterlegt. Unterhalb der Manipulationsmodi befindet sich die Auswahl der lauffähigen Pro- gramme. Auf der rechten Seite kann der Kooperationsfaktor manuell vom Werker eingestellt werden. Unten befindet sich ein Meldungsfenster, in dem die momentane Aktion des Roboters, die erwartete Aktion des Werkers und eventuelle Warn- und Störmeldungen angezeigt werden. Für die Bildverarbeitung ist noch ein zusätzlicher Button angebracht, um vom Arbeitsplatz aus das Erstellen eines neuen Referenzbil- des auszulösen. Für das Überwachungssystem sind oberhalb der Anlage in einer Höhe von ca. vier Metern drei Kameras angebracht. Es handelt sich hierbei um CCD-Kameras, die Farbbilder in VGA-Qualität (640x480 Pixel) liefern. Eine befindet sich direkt über dem Arbeitsplatz und schaut senkrecht herunter. Die anderen beiden sind in der gleichen Höhe links und rechts oben installiert, um zum einen dreidimensionale Informationen zu erhalten und zum anderen bei möglichen Verdeckungen des Werkers durch den Roboter immer mindestens zwei sehende Kameras zu haben. Um Störungen der - 101 - Bildverarbeitung weitestgehend zu unterbinden, wird zusätzlich eine spezielle Be- leuchtung angebracht, die mit konstanter Frequenz strahlt. Im Rahmen der „Markt- orientierten strategischen Vorlaufforschung – Intelligente Produktionsanlagen“ der Fraunhofer Gesellschaft ergab sich die Möglichkeit, die 3D- Farbbildverarbeitungsoftware CONTROL VISION des Fraunhofer IPK /SHU02/ für den spezifischen Anwendungsfall der direkten Mensch-Roboter-Kooperation in der Kleinteilemontage mit einem SCARA-Roboter zu implementieren und zu adaptieren. Für die Nachvollziehbarkeit der Überwachung und zur Durchführung von Testreihen, wird eine Benutzeroberfläche für das Überwachungssystem entwickelt, die mehrere Einstellmöglichkeiten bietet (Bild 7-3). Messschriebe Bewegungsdarstellung Einstellen Kooperationsfaktor Statusfenster Bild 7-3: Benutzeroberfläche des Überwachungssystems Diese Benutzeroberfläche stellt zum einen grafisch die Bewegungen des Werkers und des Roboters dar, und zeigt zum anderen Messschriebe, der wichtigsten Pro- zessgrößen Abstand, Annäherungswinkel und V-Faktor auf. Zusätzlich können alle drei Überwachungsverfahren, die Kollisionsüberwachung Stoßen und Quetschen und die Ergonomieüberwachung, einzeln an- und ausgeschaltet werden. 7.2 Validierung des Arbeitsablaufes der Mensch-Roboter-Kooperation Zur Erprobung der entwickelten Verfahren für die Mensch-Roboter-Kooperation in der Kleinteilemontage mit einem SCARA-Roboter werden in der Pilotzelle Versuch- reihen mit verschiedenen Versuchspersonen durchgeführt. Hierbei wird vor allem der - 102 - Anpassungsprozess des Menschen an die Kooperation, also die kognitive Automati- sierung untersucht, und über die Lernkurve des Menschen dargestellt (Gleichung 3- 2). Hierfür wird ein Leistungstest durchgeführt, über den die Arbeitszeit Tn eines Ar- beitsdurchganges nach n Durchführungen gemessen wird (siehe Bild 7-4). Um eine ansprechende Aufgabenstellung zu erreichen, wird eine Montage von Kugelschrei- bern in der Pilotzelle realisiert. Kugelschreiber bieten sich als Beispielprodukt an, da der grundsätzliche Aufbau den meisten Versuchspersonen bekannt ist, und die not- wendigen Prozesse nicht zu vielfältig und komplex sind. 0 5 10 15 20 25 30 0 10 20 30 40 Anzahl Durchgänge n → Ar be its ze it T n → KF 0,0 KF 0,1 KF 0,2 KF 0,4 KF 0,6 Lernkurve [s] [ ] Bild 7-4: Bestimmung der Lernkurve Die Versuchsperson schaltet selbständig eine Stufe des Kooperationsfaktors (KF) hoch, wenn sie sicher genug fühlt, um ein schnelleres Arbeiten des Roboters zu er- möglichen. Innerhalb jeder Stufe des Kooperationsfaktors wird demnach eine gewis- se Sättigung erreicht. In diesem Beispiel wird bei KF= 0.6 jedoch eine Sättigung bei einer Arbeitszeit von 17 s auf Grund der maximalen Robotergeschwindigkeit erreicht, die aus technischen Gründen so festgelegt wird. Somit kann die Versuchsperson ihre Prozesse zwischen den Roboterprozessen so durchführen, dass der Roboter kaum vom Überwachungssystem geregelt wird. Aus der beispielhaften Darstellung einer Versuchsperson ist der potenzielle Zusammenhang der Lernkurve aus der Zykluszeit und der Anzahl der Durchgänge gut erkennbar. - 103 - 7.3 Exemplarischer Arbeitsablauf der direkten Mensch-Roboter-Kooperation Zur Darstellung eines exemplarischen Arbeitsablaufes bei der Mensch-Roboter- Kooperation wird die Montage einer Flügelzellenpumpe der Fa. ZF Lenksysteme GmbH betrachtet. Die Flügelzellenpumpe dient zum Öldruckaufbau bei Servolenkun- gen im Kfz-Bereich. Das hybride Montagesystem ist in Karree-Form aufgebaut und auf eine Stückzahl von 1,2 Mio. Stück/ Jahr ausgelegt. Durch diese Stückzahl ergibt sich ein Takt von ca. 14 Sekunden. Um die manuellen Arbeitsplätze mit größeren Inhalten zu verse- hen, sind diese im Nebenschluss und meistens als Doppelstationen mit gleichem Arbeitsinhalt gestaltet. Um die Einsatzmöglichkeiten eines Kooperationsarbeitsplatzes in einem solchen System zu überprüfen, wurden zwei manuelle Arbeitsplätze am Anfang der Linie be- trachtet, auf denen das Gehäuse der Flügelzellenpumpe auf den Werkstückträger gesetzt wird und die ersten Fügeprozesse durchgeführt werden. Bei der Analyse der Prozesse wird deutlich, dass einige sehr einfach automatisiert werden könnten. Dies ist bis jetzt jedoch nicht möglich, da der Montagevorranggraph des Produktes einen stetigen Wechsel von manuellen und automatischen Tätigkeiten bedingen würde. St. Prozesse Arbeitsfolge 1 Gehäuse auf Aufnahmeturm 1 O-Ring in Gehäuse 1 2x Stift in Gehäuse 1 Ventilkolben über Druckfeder und in Gehäuse 1 Welle in Gehäuse 2 Gehäuse auf Aufnahmeturm 2 O-Ring in Gehäuse 2 2x Stift in Gehäuse 2 Ventilkolben über Druckfeder und in Gehäuse M A M M A M M A M Bild 7-5: Ausschnitt aus der Arbeitsfolge im Kooperationsarbeitsplatz Durch die Einführung eines Kooperationsarbeitsplatzes ist genau dieser stetige Wechsel nun möglich (Bild 7-5). Dadurch können alle Prozesse, die leicht zu automatisieren sind, auch dementsprechend umgesetzt werden um eine angepasste Automatisierung zu erreichen. - 104 - Bild 7-6: Integration des Kooperationsarbeitsplatzes In diesem speziellen Einsatzfall wird in diesem Kooperationsarbeitsplatz ein Automa- tisierungsgrad von ca. 38% erreicht. Durch die höhere Automatisierung kann sogar aus den zwei Arbeitsplätzen, die nur zeitweise beide belegt sind, ein einziger Koope- rationsarbeitsplatz generiert werden. Der Kooperationsarbeitsplatz ist entsprechend den konzeptionellen Überlegungen für Montagesysteme mit großen Arbeitsinhalten, als Nebenschlussarbeitsplatz mit zwei Stationen ausgeführt. Dadurch ist ein autarkes Arbeiten möglich, was die günstigste Form der Mensch-Roboter-Kooperation darstellt. Die Materialbereitstellung für den Werker erfolgt seitlich. Während der Montage hat der Werker die Möglichkeit über die Manipulationsmodi auf jede aufkommende Störung optimal zu reagieren. Da er jederzeit auch in den Arbeitsraum des Roboters langen darf, kann die Verfügbarkeit gerade des Roboter- systems deutlich erhöht werden. Für den Werker bedeutet die Kooperation eine hö- here Anforderung, da er ja auch für den Arbeitsablauf des Roboters mit verantwort- lich ist. 8 Zusammenfassung und Ausblick Die Montagesysteme von heute unterliegen den sicherheitstechnischen Vorschriften der Maschinenrichtlinie /98/37/EG/, die Schutzeinrichtungen und somit eine Tren- nung von Mensch und Roboter in der Produktion vorschreibt. Dies unterbindet eine optimale Arbeitsteilung durch einen stetigen Wechsel von manuellen und automati- schen Tätigkeiten auf Prozessebene. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die strikte sicherheitstechnisch bedingte Trennung von Werker und Roboter in der Produktion aufzuheben und hierfür wissenschaftliche Erkenntnisse eines benutzerzentrierten Systemdesigns für eine direkte Mensch- Roboter-Kooperation in der Kleinteilemontage mit einem SCARA-Roboter zu erarbei- ten. Ausgehend von einer Untersuchung des Standes der Technik und der Forschung wurde der Ist-Zustand hinsichtlich der Möglichkeit zur optimalen Arbeitsteilung zwi- schen Werker und Roboter untersucht. Die Analyse hat gezeigt, dass auf verschie- denen Wegen versucht wird eine solche optimale Arbeitsteilung auf Prozessebene zu erreichen, es jedoch keinen umfassenden Ansatz für die Mensch-Roboter- Kooperation in der Kleinteilemontage gibt. Die wesentlichen Hemmnisse sind die feh- lenden Erkenntnisse bezüglich der ergonomischen Gestaltung bzw. eines benutzer- zentrierten Systemdesigns und der Überwachung eines solchen Systems und des- sen Einbindung in bestehende Montagesysteme. Aufbauend auf den Ergebnissen der entsprechenden Analyse wurden die notwendigen Teilsysteme und die Anforde- rungen an eine direkte Mensch-Roboter-Kooperation in der Kleinteilemontage mit einem SCARA-Roboter abgeleitet. Darauf aufbauend werden in morphologischer Vorgehensweise alternative Lösungs- konzepte für folgende Teilsysteme entwickelt und die optimalen Konzepte ausge- wählt: • Arbeitsablauf der Mensch-Roboter-Kooperation • Ergonomisches Roboterverhalten • Überwachungssystem, bestehend aus Sensorik und Verfahren • Kooperationsarbeitsplatz und dessen Einbindung in bestehende Montagesysteme Um ein benutzerzentriertes Systemdesign zu erreichen, wurden in experimentellen Untersuchungen der wichtigsten Einflussparameter auf die menschliche Wahrneh- mung und Empfindung ermittelt. Bei der Wahrnehmung wurden vor allem die zum Menschen relativen Bewegungsgrößen des Roboters, wie Abstand, Annäherungs- winkel, Geschwindigkeit und Beschleunigung untersucht. Anschließend wurde der Einfluss dieser Bewegungsgrößen auf das individuelle Sicherheitsempfinden des Menschen ermittelt. Um diese Größe quantifizieren zu können, wurde als Begriff das - 106 - Kooperationsvermögen und der damit verbundene Kooperationsfaktor k eingeführt. Das Kooperationsvermögen stellt die individuelle Fähigkeit und Bereitschaft des Werkers zur Zusammenarbeit mit dem Roboter und dem System dar. Das Kooperati- onsvermögen variiert mit dem Übungsausmaß und der Erfahrung des Werkers und unterliegt täglichen individuellen Leistungs- und Motivationsschwankungen. Entsprechend der Konzeption und auf Datenbasis der experimentellen Untersuchun- gen wurden Verfahren zur Überwachung der Mensch-Roboter-Kooperation entwi- ckelt. Zum einen eine Kollisionsüberwachung über einen kinematischen Ansatz, die der Geschwindigkeit des Roboters eindeutige und scharfe Grenzen setzt, um eine Verletzung des Werkers zu verhindern. Hierfür wurden die Gefährdungsfälle Stoßen und Quetschen /DIN EN 292/ unterschieden. Zum anderen eine Ergonomieüberwa- chung über ein Neuro-Fuzzy-System, die die Robotergeschwindigkeit anpasst um dem Werker das absolute Gefühl der Sicherheit und der Kontrolle über den Roboter zu vermitteln, aber trotzdem die Produktivität des Systems gewährleistet. Da das menschliche Empfinden von Mensch zu Mensch stark variiert, kann das Roboterver- halten über den Kooperationsfaktor individuell eingestellt werden. Als Nachweis der technischen Machbarkeit und zur Verifizierung der theoretischen Ergebnisse wurde eine Pilotanlage zur direkten Mensch-Roboter-Kooperation in der Montage aufgebaut und exemplarisch an einem Beispielprodukt erprobt. Zum einen konnte der Nutzen der direkten Mensch-Roboter-Kooperation für eine konkrete Einsatzmöglichkeit in der Kleinteilemontage nachgewiesen werden. Zum anderen konnte die Anwendbarkeit der Überwachungsverfahren nachgewiesen werden, in- dem der zeitliche Fortschritt bei einer Montageaufgabe bezüglich der Lernkurve und der Anpassung des Kooperationsfaktors der Versuchspersonen aufgezeigt wurde. Mit der Realisierung der entwickelten Verfahren und Systeme konnte die technische Machbarkeit der direkten Mensch-Roboter-Kooperation in der Kleinteilemontage mit einem SCARA-Roboter nachgewiesen werden. Folgende weitere Entwicklungen würden einen baldigen Einsatz solcher Systeme in der Produktion ermöglichen: • Sichere Steuerungstechnik für die gesamte Steuerungsstruktur und deren Zertifi- zierung • Sichere Bildverarbeitung und deren Zertifizierung • Übertragung auf die Großteilmontage, für ein kooperierendes Arbeiten innerhalb einer Teileverrichtung, in dem das Handhaben und Fügen auf Mensch und Robo- ter aufgeteilt wird. 9 Summary Direct man-robot-cooperation in assembly of small volume products with a SCARA-robot In order develop international competitive ness, the industrial enterprises must adapt to rapidly changing market conditions, to frequent product changes, increasing num- ber of variants, varying quantities and low batch sizes. The adoption of the market demands must be flexible and without expensive conversions of the production. The requirements as stated above apply particularly to the assembly process, which must cope the turbulences as the last step in the production process. "Flexible automation" with a high degree of automation was regarded as a key for more productivity in the past decades. However, it turned out that these systems were very trouble-prone and nevertheless did not reach the demanded flexibility, in order to be able to react to changes in production. From this the current approaches can be derived, not to automate all technically pos- sible processes but the economically necessary and to include the human factor in production, with the high flexibility of human and fast reaction as a substantial alter- native in the planning of assembly systems. For such an "adapted automation" the question arises, how the abilities of the workers can be brought in agreement with the requirements of automated mechanisms. The work spaces of humans and robots are so far separated for safety reasons. Such a separation is often not longer useful in areas of application like assembly, where both humans and robots are used and a frequent switch from manual to auto- matic activities is required. Humans can adjust themselves to the most different situa- tions - the main ability of the robots itself exists in the fast and precise execution of simple, strenuous and repeating activities. The goal is the optimal allocation of the resulting work to humans and robots. Therefore in the factory of the future humans and robots will work in coexistence and directly together. This beginning of a man-robot-cooperation requires a complete ergonomic review around to develop an efficient system. The application of ergonomic principles to the conception of machines and tasks of work aims to minimize impairments, fatigue and other disadvantageous impacts on the worker and contributes thus to optimal func- tioning of the working system and reduces the risk of negative effects to the health. In - 108 - order to reach an acceptance of man-robot-cooperation, the developments must al- ways take place under the aspect of security and the individual safety senses of hu- mans. The goal is a user-centred system design, which can be adapted to the indi- vidual human characteristics. Since automation in assembly is accomplished mainly with small volume products and appropriate assembly systems use the largest number of assembly robots, a high potential results for a direct man-robot-cooperation. As suitable for assembly of small volume products, SCARA robots (Selective Compliance Assembly Robot Arm) have proved. The goal of this present work was to remove the strict separation of worker and robot in production and to compile scientific knowledge realisations of a user-centered sys- tem design for a direct man-robot-cooperation in small products assembly with a SCARA robot. On the basis of an investigation in the state of the art and the research, the actual condition regarding the possibility for the optimal division of work between workers and robots was examined. The analysis showed that different ways are tried to reach such a optimal division of work down to process level. It was found that there is no comprehensive approach for a man-robot-cooperation in the assembly of small vol- ume products. Substantial obstacles are the missing realisations concerning the er- gonomic conception and a user-centred system design and the controlling of such a system and its integration into existing assembly systems. Based on the results of an analysis, the necessary subsystems and the requirements were derived and trans- formed to a direct man-robot-cooperation in the assembly of small volume products with a SCARA robot. Alternative approaches for the following subsystems were developed in a morphol- ogic proceeding and the optimal concepts are selected: • Work routine of man-robot-cooperation • Ergonomic robot behaviour • Control system, consisting of sensor technology and procedures • Cooperation station and its integration into existing assembly systems By looking at the overlapping work space, three different operating modes for the work routine of man-robot-cooperation result from the variation of local and temporal separation from humans and robot. If the temporal separation is removed, it results in - 109 - a coordinated, temporally shifted working, the so called synchronized working. If the local separation is removed, it results in a parallel, independent working in the com- mon work space, the so called autonomous working. If both, the local and the tempo- ral separation are removed, cooperative working occures. A direct co-operation de- velops within a process, so that man and robot complement and support each other optimally, according to their specific skills. From the analysis of the possible down- time situations of the robot, the worker and due to the dependence in cooperation and general recovery steps, appropriate manipulation modes can be derived. The worker has at any time and in the normal program mode the possibility to intervene in the work routine of the robot and to manipulate it. For an ergonomic robot attitude the “Continuous Path” procedure is selected, be- cause defined courses and constant speeds can be given. Straight approach paths are selected, up to the flexible point of transferring into the common work space. The flexible points of transferring are always arranged perpendicularly to the working lo- cation, in order to signal the worker clearly the goal of the robot movement. To set an ergonomic speed an ergonomic control is developed, which can be adapted to the most different experience degrees and safety feeling of the workers. For the controlling of the complete work space, an identification of the worker is nec- essary. As suitable sensor technology for this CCD cameras are selected and con- nected with an appropriate colour image processing system. The high measuring ac- curacy, due to the dissolution of the cameras, and the low costs compared to infrared cameras is decisive for the use of CCD cameras and a colour image processing sys- tem. With this kind of sensor technology the desired controlling of the relative move- ment of man and robot is also possible, since it can determine the positions and also speeds of worker and robots in the entire and three-dimensional work space. In order to fulfil the requirements to security, a control system is developed, which can optimally react on each possible situation by appropriate definitions of cases. Due to the simple 4-axis kinetics of the SCARA robot, the total movement of the ro- bot can be divided into two phases: main axis movement and vertical axis movement. This subdivision of the total movements corresponds also to the crucial endanger- ments pushing, crushing and shearing from the hazards analysis. During the main axis movement the robot possesses its largest kinetic energy and by the movement of all axis also the largest impact surface, which results in a danger by pushing. The collision control “pushing” guarantees that the robot remains standing in the desired distance, thus the robot waits during an approximation in the desired distance. Addi- - 110 - tionally the danger of shearing exists still during the main axis movement, in which humans can be jammed between the robot links with their extremities. This is pre- vented by a range control, in which the robot work space is completely secured by a stationer zone. During the vertical axis movement the biggest hazard is crushing, in which humans can be jammed between the robot flange or robot tool and the work piece carrier or other periphery with their extremities. For this, the robot must remain standing before a collision in each case, also under the consideration of the reaction seizing time of humans. The cooperation station is designed in such a way that man and robot stand opposite each other, the work piece lies stationary in the centre and the torso of the worker is in the normal work stance outside of the work space of the robot. Thus both interac- tion partners have unrestricted access to the work piece and nevertheless can move as freely as possible. If this principle is extended by a further station in the common work space, the possibility for autonomous working results, also in the case of small- volume products. Thus both interaction partners can be active at the same time, but locally separated in the common work space without obstructing each other or wait- ing, which leads again to a higher productivity. By the selection of a suitable materi- als allocation at the side or from the rear, the cooperation station can be integrated well in existing assembly systems such as cells, U-shapes or Karee. In order to achieve a user-centred system design, experimental investigations of the most important parameters on the human perception and senses were carried out. With the perception above all motion quantities of the robot like distance, approach angle, speed and acceleration were examined. Subsequently, the influence of these motion quantities on the individual safety sense of humans were determined. In order to be able to quantify this size the cooperation ability and the associated cooperation factor were introduced. The cooperation ability represents the individual ability and readiness of the worker to cooperate with the robot and the system. The cooperation ability varies with the practice extent and the experience of the worker and is sub- jected to daily individual performance and motivation fluctuations. According to the conceptional design and on the database of the experimental inves- tigations, procedures for the control of man-robot-cooperation were developed. On the one hand a collision control with a kinematic approach, which sets clear and sharp limits to the speed of the robot, in order to prevent an injury of the worker. On the other hand an ergonomic control over a Neuro-Fuzzy system, which adapts the robot speed to give the worker the absolute feeling of security and control of the ro- - 111 - bot, but although ensures the productivity of the system. Since human feelings strongly vary from human to human the robot behaviour can be individually adjusted by the cooperation factor. As proof of the technical feasibility and for the verification of the theoretical results a pilot system for a direct man-robot-cooperation in assembly systems was realised and tested by an example product. On the one hand the benefit of a direct man- robot-cooperation for a standard application in the small products assembly was proven. On the other hand the applicability of the control procedures was shown, in which the temporal progress of an assembly job, the learning curve and the adjust- ment of the cooperation factor of the test persons were measured. With the realization of the developed procedures and systems the technical feasibility of direct man-robot-cooperation in the small products assembly with a SCARA robot was proven. The necessary further developments would allow an employment of such systems in production: • Safe control engineering for the entire control structure and certification • Safe image processing and certification • Transfer to big products assembly, for cooperation working within a process, in which handling and assembly are divided on human and robot 10 Literatur /ADA02/ Adams, F. Kollege Roboter wird teamfähig In: IEE 47 (2002), Nr.9, S.24-26 /ALJ97/ Al-Jarrah O. M.; Zheng, Y. F. Arm-Manipulator Coordination for Load Sharing Using Reflexive Motion Control In: Proceedings of the 1997 IEEE International Conference on Robotics and Automation, Albu- querque, New Mexico, 20.-25. April 1997, S. 2326- 2331 /ALL89/ Allport, A. Visual Attention In: M.I. Posner (Ed.): Foundations of cognitive sci- ence Cambridge: The MIT Press, 1989, S. 631-682 /ANA63/ Anastasi, A. Differential Psychology, 3rd ed. New York: MacMillan, 1963 /AND96/ Anderson, J. R. Kognitive Psychologie, 2. 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