Einfluss der Abschlussimpedanz von Hochvoltkabeln auf Funkstör- größen in elektrisch angetriebenen Kraftfahrzeugen Martin Reuter, Manuel Waible, Stefan Tenbohlen, Wolfgang Köhler, Institut für Energieübertragung und Hochspannungstechnik, Universität Stuttgart, martin.reuter@ieh.uni-stuttgart.de 1 Einleitung Die Entwicklung von elektrisch angetriebenen Kraftfahrzeugen (Kfz) stellt auch für die Einhaltung der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) eine neue Herausfor- derung dar. Da die Erhöhung der Reichweite eines der vorrangigen Entwicklungszie- le ist, spielt die Effizienz des elektrischen Antriebsstrangs eine wichtige Rolle. Dafür werden steile Taktflanken der Leistungselektronik benötigt [1]. Im sperrenden bzw. leitenden Zustand sind die Verluste in den Halbleiterbauelementen gering. Während Schaltvorgängen erreicht die Verlustleistung kurzzeitig jedoch einige Kilowatt. Um die Verluste und damit auch die Erwärmung gering zu halten, wird versucht mit steilen Taktflanken den Schaltvorgang möglichst schnell ablaufen zu lassen. Durch steile Taktflanken entstehen hochfrequente Spektralanteile, die bis in den Bereich von Ra- dio- und anderen Funkdiensten reichen können. In empfindliche Elektronik, wie etwa Radiovorverstärker, können diese Störungen einkoppeln und damit die Funktionalität des Audiosystems beeinträchtigen [2]. Ein Lösungsansatz zur Verringerung der abgestrahlten Funkstörungen besteht in der vollständigen Schirmung des Hochvolt–Bordnetzes (HV-BN). Dieser Schirm ver- ändert den heute üblichen Kabelbaum aus ungeschirmten Einzeladern zu einer ge- schirmten Koaxialanordnung, und damit auch die Eingangsimpedanz des Leistungs- bordnetzes. Die auf Leitungen befindlichen Störströme und -spannungen einer Kom- ponente, wie z.B. einer Motorsteuerung, hängen stark von der Impedanz ab, mit der die Störquellen innerhalb der Komponente belastet werden [3]. Damit sich die Stör- quellen während der Komponentenmessung gleich verhalten, wie in ihrer Fahrzeug- umgebung, muss während der Komponentenmessung das Bordnetz möglichst ge- nau nachgebildet werden. Dazu werden Bordnetznachbildungen (BNN) eingesetzt, deren Eingangsimpedanz den Bedingungen im Fahrzeug angenähert ist. Für Kom- ponenten im Traktionsnetz elektrisch angetriebener Kfz muss die BNN demnach die Eingangsimpedanz des HV-BN darstellen. In diesem Beitrag wird untersucht, ob mit der herkömmlichen Bordnetznachbil- dung für Kfz mit Verbrennungsmotor auch Komponenten für elektrisch angetriebene Kfz getestet werden können. Elektromagnetische Verträglichkeit, 7. – 9. Februar 2012, Messe Düsseldorf Paper 59 ISBN 978-3-8007-3405-4 © VDE VERLAG GMBH  Berlin  Offenbach 2 Messung leitungsgebundener Funkstörungen von Kfz-Komponenten Derzeit wird die EMV auf Komponentenebene mit dem in Abb. 1a gezeigten Mes- saufbau gemäß der Norm CISPR 25 gemessen [4]. Die Eingangsimpedanz der BNN, welche die Lastimpedanz des 12 V-Bordnetzes in einem konventionell betriebenen Fahrzeug nachbildet, ist in dieser Norm definiert [4]. In Abb. 1b ist der Frequenzver- lauf dieser Eingangsimpedanz ZBNN über der Frequenz dargestellt. Diese beträgt bei 100 kHz etwa 3 ȍ. Mit steigender Frequenz nähert sich die Impedanz ab 10 MHz 50 ȍ an und bleibt bis 110 MHz konstant. Für die Messung von geschirmten Komponenten lässt sich dieser Messaufbau leicht anpassen. Dazu werden die Schirme der Koaxialkabel auf eine gemeinsame Gehäusemasse mit den BNN gelegt, wie das in Abb. 1a mit gestrichelter Linie ange- deutet ist. Allerdings hat dieser Aufbau an der Übergangsstelle von Kabel zur BNN eine Eingangsimpedanz von 50 ȍ ab etwa 10 MHz, wie in Abb. 1b dargestellt. Eine Komponente, deren EMV auf diese Lastimpedanz optimiert wurde, könnte im Fahr- zeug mit einer davon deutlich abweichenden Impedanz belastet werden. In diesem Fall würden getroffene EMV-Maßnahmen ihre Wirkung verlieren bzw. diese könnten durch Resonanzeffekte die Beeinflussung anderer Komponenten gar verstärken. Abb. 1: a) Elektrisches Schaltbild des Aufbaus zur Messung der EMV auf Kompo- nentenebene b) Eingangsimpedanz einer CISPR 25 konformen Bordnetznachbildung Die zusätzliche Schirmung der HV-Kabel bringt eine weitere Änderung mit sich: Die- se Kabel haben einen konstanten, geometrischen Aufbau und damit einen konstan- ten Wellenwiderstand, den es so im Niedervoltbordnetz (12 V) nicht gibt [3]. Je nach Länge verhalten sie sich ab einigen Megahertz wie Wellenleiter, sodass scharfe Re- sonanzen und stehende Wellen auftreten, welche die Störwirkung bestehender elekt- romagnetischer Emissionen verstärken können. Typische HV-Kabel, die derzeit in elektrisch angetriebenen Fahrzeugen eingesetzt werden, besitzen einen Wellenwi- derstand von 6 – 20 ȍ, abhängig von Querschnitt und eingesetztem Dielektrikum [5]. Demnach sind diese Kabel, mit denen der Prüfling (DUT) an das Messsystem ange- schlossen ist, an der Stoßstelle zur BNN fehlangepasst und ein Teil der Funkstörun- 0,1 1 10 100 0 10 20 30 40 50 60 Frequenz / MHz Z B N N / Ω a) b) B a tte rie D U T Elektromagnetische Verträglichkeit, 7. – 9. Februar 2012, Messe Düsseldorf Paper 59 ISBN 978-3-8007-3405-4 © VDE VERLAG GMBH  Berlin  Offenbach gen wird dort reflektiert. Dies ergibt nicht nur verfälschte Pegel, sondern bei Reso- nanzfrequenzen des Hochvoltkabels ließen sich die Emissionen nicht einmal ab- schätzen: Bei diesen Frequenzen können sich stehende Wellen ausbilden, deren Amplituden nur noch durch den Ohm’schen Widerstand des Kabels begrenzt werden [2]. Bedingt durch den großen Leiterquerschnitt von HV-Kabeln ist dieser Widerstand sehr gering, daher besitzen die Kabelresonanzen eine hohe Güte. 3 Anpassung der BNN-Eingangsimpedanz an den Wellenwiderstand von Kfz- Hochvoltkabeln Ziel einer Komponentenmessung ist die Bestimmung der auf das Bordnetz emittier- ten Funkstörungen. Damit lässt sich das Störpotential der Komponente auf das Ge- samtsystem abschätzen. Treten Kabelresonanzen auf, so sind die gemessenen Störgrößen hauptsächlich von der Länge des angeschlossenen HV-Kabels abhängig und nicht mehr von der Amplitude der emittierten Funkstörungen. Um von der Kabel- länge unabhängige Messergebnisse zu erhalten, ist es demnach entscheidend, Fehlanpassungen im Messaufbau zu vermeiden. Eine Lösung wäre die Anpassung der BNN-Eingangsimpedanz an den Wellenwiderstand der HV-Kabel. Mit dem in Abb. 2a gezeigten Netzwerk ist es möglich, über einen breiten Fre- quenzbereich eine solche Impedanzanpassung durchzuführen. In Abb. 2b ist die sich am Eingang des gesamten Netzwerks einstellende Impedanz ZIn über der Frequenz aufgetragen. Darin wurde eine Anpassung der BNN an einen Wert von ZIn = 20 ȍ durchgeführt. Abb. 2: a) Filternetzwerk zur Anpassung der BNN-Eingangsimpedanz. Ein Poten- tiometer ermöglicht das Einstellen des Eingangswiderstands b) BNN-Eingangsimpedanz ZIn des gesamten Netzwerks angepasst an 20 ȍ, verglichen mit der Eingangsimpedanz ohne Filternetzwerk Die in Abb. 2a gezeigte Filterschaltung zur Anpassung der Eingangsimpedanz ZIn an den Wellenwiderstand besteht aus einem RC-Glied zur Masse und einer Serienin- duktivität zur Niedervolt-BNN. Das RC-Glied ist als SMD bestückte Platine ausge- führt. Der ungeschirmte Innenleiter, der zum Anschluss an die BNN benötigt wird, hat eine Länge von ca. 15 cm. Dieser bildet die benötigte Serieninduktivität von 130 nF 100 nF 1 µF RL 50 ȍ1 kȍ 100 nH 5 µH Filter: Impedanzanpassung BNN: LISN Schwarzbeck 8125 Geschirmtes Gehäuse Koaxialer Anschluss für Prüfling ZIn 1 10 100 0 10 20 30 40 50 60 Frequenz / MHz |Z In | / Ω a) b) ZIn = 20 ȍ Ohne Filter Elektromagnetische Verträglichkeit, 7. – 9. Februar 2012, Messe Düsseldorf Paper 59 ISBN 978-3-8007-3405-4 © VDE VERLAG GMBH  Berlin  Offenbach ca. 100 nH. Die Veränderung des Widerstandswertes am Potentiometer RL ermög- licht es, jeden Wert der Eingangsimpedanz ZIn in einem Bereich von 0 – 50 ȍ einzus- tellen, und somit eine Anpassung an sämtliche HV-Kabel mit einem Wellenwider- stand in diesem Bereich. Mit der vorgeschalteten Filterplatine zur Anpassung der Eingangsimpedanz wird untersucht, ob eine Impedanzanpassung der BNN Leitungsresonanzen bei HV- Kabeln verringert, und welche Auswirkung dies auf Störgrößen im Traktionsnetz hat. Die vorgestellte HV-BNN bildet den Leitungsabschluss der HV-Kabel mit der Länge Ɛ = 3,3 m. Von dem HV-Kabel verlaufen zwei Leiter parallel nebeneinander in 5 cm Höhe über einer geerdeten Tischplatte in Anlehnung an die CISPR 25, wie in Abb. 3a dargestellt. Ein Netzwerk Analysator (VNA) dient zur Vermessung der Eingangsim- pedanz des HV-Kabels. Abb. 3b stellt die damit bestimmte Eingangsimpedanz ZIn,HVK in Abhängigkeit des Leitungsabschlusses ZBNN über der Frequenz dar. Abb. 3: a) Messaufbau zur Bestimmung der Eingangsimpedanz eines HVK b) Kabeleingangsimpedanz in Abhängigkeit des Abschlusswiderstands Der Verlauf der Eingangsimpedanz ZIn,HVK aus Abb. 3b zeigt, dass bei einem Ab- schluss der Leitung mit 50 ȍ eine erste Leitungsresonanz bei etwa 12 MHz auftritt. Mit steigender Frequenz ist eine regelmäßige Leitungstransformation der Abschluss- impedanz zum Eingang zu erkennen. Bei Abschluss der Leitung mit einem Konden- sator (RL = 0 ȍ) tritt ein entgegengesetztes Resonanzverhalten auf. Auch in diesem Fall ergeben sich Impedanzüberhöhungen durch die Fehlanpassung am Leitungsen- de. Wenn allerdings die Leitung mit ihrem Wellenwiderstand (ZBNN = 18,5 ȍ) abge- schlossen ist, so ist eine geringe Restwelligkeit ersichtlich. Die Leitungsresonanzen sind jedoch deutlich geringer. Erst ab ca. 90 MHz ergeben sich nennenswerte Lei- tungsresonanzen auf Grund der Serieninduktivität des verwendeten Potentiometers. Die Messung der Eingangsimpedanz von einem HV-Kabel zeigt, dass mit dem vorgestellten Filternetzwerk eine Anpassung des Leitungsabschlusses an den Wel- lenwiderstand des Hochvoltkabels über einen sehr breiten Frequenzbereich möglich ist. Es können im Messaufbau nach CISPR 25 auftretende Fehlanpassungen deut- lich reduziert werden, so dass die gemessenen Störgrößen nicht von Leitungsreso- nanzen verfälscht werden. 1 10 100 0 20 40 60 80 Frequenz / MHz Z In , H V K / Ω 0 ȍ 18,5 ȍ ZBNN = 50 ȍ b)a) ZL = 18,5 ȍ Ɛ = 3,3 m ZBNN ZIn, HVK HV- Elektromagnetische Verträglichkeit, 7. – 9. Februar 2012, Messe Düsseldorf Paper 59 ISBN 978-3-8007-3405-4 © VDE VERLAG GMBH  Berlin  Offenbach 4 Einfluss des Abschlusswiderstands auf leitungsgebundene Störgrößen Abbildung 4 zeigt einen Messaufbau nach CISPR 25, welcher die Bestimmung des Einflusses der Abschlussimpedanz auf leitungsgebundene Funkstörgrößen ermög- licht. Auf einem Tisch mit geerdeter, leitfähiger Oberfläche in einer geschirmten Ab- sorberhalle wird ein minimales HV-BN nachgebildet. Es besteht aus zwei der be- schriebenen HV-BNN mit veränderbarer Eingangsimpedanz (siehe Abb. 4b). An die- se HV-BNN sind zwei parallel angeordnete HV-Kabel angeschlossen, deren Schirme mit der Massefläche verbunden sind. Die beiden Kabel der Länge Ɛ = 3,3 m verlaufen auf einer Höhe von h = 5 cm über einer geerdeten Tischoberfläche in d = 10 cm Ab- stand zur Tischkante. Über einen breitbandigen Impulsgenerator (Schwarzbeck IGUF 2910) erfolgt eine Gleichtaktanregung beider Kabel. Die Maximalwerte der Störgrößen werden nach CISPR 25 mit einem Messempfänger (Peak-Detektor) er- mittelt. Abb. 4: a) Messaufbau nach CISPR 25 zur Messung der leitungsgebundenen Funkstörgrößen und der strahlungsgebundenen Funkstörfeldstärke in Abhängigkeit von der Abschlussimpedanz b) Leitungsabschluss mit zwei BNN und Filterstruktur zur Anpassung der Eingangsimpedanz Abb. 5a zeigt die an der BNN gemessene Funkstörspannung bei konstanter Anre- gung mit dem Impulsgenerator an drei verschiedenen Eingangsimpedanzen der HV- BNN: Die mit 50 ȍ gekennzeichnete Kurve beschreibt die Funkstörspannung ohne Anpassfilter, die mit 18,5 ȍ markierte Kurve die Messung mit Anpassung der HV- BNN an den Wellenwiderstand des HV-Kabels. Mit 0 ȍ ist derjenige Verlauf gekenn- zeichnet, bei dem das Potentiometer auf den Wert RL = 0 ȍ eingestellt ist. Dabei sind die Funkstörungen rein kapazitiv und so über eine sehr kleine Impedanz an den Schirm angeschlossen. Der Verlauf der Funkstörspannungen in Abb. 5a ergibt, dass bei niedrigen Frequenzen bis ca. 30 MHz der absolute Wert des Abschlusses die Amplitude der Funkstörspannung bestimmt: Je kleiner die Abschlussimpedanz, desto kleiner ist auch die gemessene Funkstörspannung. Ab 30 MHz dominiert der Grad der Fehlanpassung die maximale Amplitude. a) b) BNN 1 BNN 2 HV-Kabel Impulsgenerator Elektromagnetische Verträglichkeit, 7. – 9. Februar 2012, Messe Düsseldorf Paper 59 ISBN 978-3-8007-3405-4 © VDE VERLAG GMBH  Berlin  Offenbach Abb. 5: a) Funkstörspannung an BNN in Abhängigkeit des Abschlusses, deutliche Resonanzüberhöhungen bei Fehlanpassung erkennbar b) Funkstörstrom auf Hochvoltkabel in Abhängigkeit des Abschlusswider- standes, auch hier Leitungsresonanzen zu erkennen Es treten bei Fehlanpassung durch Leitungsresonanzen Abweichungen von bis zu ± 10 dB zur Vergleichsmessung mit angepasstem Leitungsabschluss auf (sowohl mit 50 ȍ, als auch bei 0 ȍ). Einzig die Messkurve mit Anpassung am Leitungsende (ZBNN = 18,5 ȍ) weist so gut wie keine Resonanzüberhöhungen auf, auch wenn die gemessene Funkstörspannung bei niedrigeren Frequenzen höhere Werte als bei ei- nem rein kapazitiven Leitungsabschluss annimmt (ZBNN = 0 ȍ). Zur Bestimmung der Abhängigkeit des Funkstörstromes vom Leitungsabschluss wird vor dem Anpassfilter eine Stromzange eingefügt (Fischer F-65A). Abb. 5b zeigt den gemessenen Funkstörstrom bei denselben drei Werten der Abschlussimpedanz wie in der Messung aus Abb. 5a. Auch hier ist ersichtlich, dass der Absolutwert der Abschlussimpedanz den Störstrom bestimmt: Je größer ZBNN ist, desto kleiner wird der Störstrom. Allerdings treten auch hier Leitungsresonanzen auf, die zu Abwei- chungen von bis zu ± 10 dB in den Messergebnissen führen. Bei demselben HV- Kabel, aber einer anderen Leitungslänge, treten diese Resonanzen bei anderen Fre- quenzen auf. Eine Komponentenmessung nach CISPR 25 (mit 50 ȍ Fehlanpassung) ergibt zwar niedrigere Messwerte, könnte aber auf Fahrzeugebene nur reproduziert werden, wenn die Leitungslänge zur Komponentenmessung gleich bleibt. Im Ent- wicklungsprozess einer Komponente steht leider meistens die Kabellänge für den Anschluss später im Kfz noch nicht fest. Mit der Anpassung des Leitungsabschlusses an den Wellenwiderstand des ver- wendeten HV-Kabels werden Resonanzen vermieden und somit auch eine Abhän- gigkeit der Messergebnisse von der Kabellänge. Wenn im Fahrzeug ebenfalls eine Anpassung des Leitungsabschlusses gewährleistet ist, so unterscheiden sich das EMV-Verhalten auf Komponenten- und Fahrzeugebene nicht, selbst wenn die Länge des HV-Kabels dabei variiert. 20 50 100 200 60 70 80 90 Frequenz / MHz S p a n n u n g / d B µ V 0 ȍ 18,5 ȍ 50 ȍ b) 20 50 100 200 -20 -10 0 10 20 Frequenz / MHz S tr o m / d B µ A 50 ȍ 18,5 ȍ 0 ȍ a) Elektromagnetische Verträglichkeit, 7. – 9. Februar 2012, Messe Düsseldorf Paper 59 ISBN 978-3-8007-3405-4 © VDE VERLAG GMBH  Berlin  Offenbach 5 Einfluss des Abschlusswiderstands auf strahlungsgebundene Störgrößen Die Messungen aus Abb. 5 zeigen, dass je nach Frequenz und Abschluss unter- schiedliche Funkstörspannungen und -ströme in HV-Kabeln auftreten. Bei der Mes- sung der abgestrahlten Funkstörfeldstärke könnte demnach keine Aussage getroffen werden, ob ein überhöhter Messwert aufgrund einer stärkeren Anregung des Kabels durch die Komponente oder wegen stehenden Wellen auf dem Kabel zu Stande kommt. Da die Stoßstelle am Übergang des 50 ȍ-Systems auf das HV-Kabel einen Anteil der hochfrequenten (HF) Leistung reflektiert, bedeutet eine Anregung mit ei- nem Impulsgenerator nicht unbedingt eine konstante HF-Leistung auf dem HV-Kabel. Deswegen wird bei der Messung der abgestrahlten Feldstärke ein VNA eingesetzt. Dieser ermöglicht die Bestimmung der anregenden HF-Leistung, die in das HV-Kabel eingekoppelt wird. Bei einer konstanten Anregung des HV-Kabels mit einer Ausgangsleistung des VNA von P1 = 0 dBm wird gemessen, welcher Anteil PR der anregenden Welle reflek- tiert wird. Nur die auf das HV-Kabel übertragene HF-Leistung P2 trägt zur Abstrah- lung einer Feldstärke E bei. Somit muss die gemessene Feldstärke E mit einem Normierungsfaktor auf die Leistung P2 = konst. bezogen werden (siehe Abb. 6a). Abb. 6: a) Leistungsfluss im Messaufbau zur Bestimmung des Normierungsfaktors b) Funkstörfeldstärke in Abhängigkeit des Abschlusswiderstands, bei An- passung treten die geringsten Leitungseinflüsse auf Zur Bestimmung der abgestrahlten Feldstärke wird der Aufbau aus Abb. 4 genutzt. Das HV-Kabel verläuft über eine Länge von 1,7 m parallel zur Antenne, welche in einem Abstand von 1 m zur Tischkante positioniert ist. In Abb. 6b ist die auf P2 = konst. bezogene Feldstärke E bei denselben drei Werten des Leitungsabschlus- ses dargestellt. Abb. 6b zeigt, dass bei Fehlanpassung stehende Wellen auf der Lei- tung entstehen, die die Messergebnisse um bis zu 100 dB verfälschen. Der Ab- schluss des HV-Kabels mit seinem Wellenwiderstand ergibt bei der abgestrahlten Feldstärke über den gesamten Frequenzbereich niedrigere Messwerte, sowie deut- lich geringere Resonanzüberhöhungen. 20 50 100 200 50 100 150 200 250 300 Frequenz / MHz E / d B µ V /m | P 2 = k o n st . ZBNN = 0 ȍ 18,5 ȍ 50 ȍ b)a) :folgt ²~ und mit , 1 1112 UPU USPPP RR =−= 1 2 112 )1( PSP −= VNA Hochvolt- Kabel ZL = 18,5 ȍ ZBNN P2 PR Elektromagnetische Verträglichkeit, 7. – 9. Februar 2012, Messe Düsseldorf Paper 59 ISBN 978-3-8007-3405-4 © VDE VERLAG GMBH  Berlin  Offenbach 6 Zusammenfassung und Ausblick Die vorgestellten Messungen zeigen deutlich, dass es vorteilhaft ist, bei der Kompo- nentenmessung den Wellenwiderstand des im Traktionsnetz eingesetzten HV-Kabels zu berücksichtigen. Eine Anpassung der CISPR 25 BNN an den Wellenwiderstand des untersuchten Kabels mithilfe eines Anpassfilternetzwerkes vermeidet Stoßstellen im Messaufbau. Das vorgestellte Netzwerk verhindert Reflektionen am Ende des HV- Kabels, und ermöglicht erst eine Messung von Funkstörgrößen in geschirmten Bord- netzen. Einerseits wird mit dieser Impedanzanpassung vermieden, dass nur derjenige Anteil der Funkstörgrößen gemessen werden kann, der nicht von der Stoßstelle im Messaufbau reflektiert wird. Der Abschluss des HV-Kabels mit seinem Wellenwider- stand ergibt zwar höhere Werte des Funkstörstromes, dafür aber den Vorteil der von der Leitungslänge unabhängiger Messwerte. Bei der Messung von Störspannung und abgestrahlten Feldstärken zeigt die Anpassung sowohl geringere Messwerte als auch von der Leitungslänge unabhängige Resultate. Stehende Wellen auf dem HV- Kabel verfälschen vor allem eine Messung der strahlungsgebundenen Funkstörfeld- stärken stark. Resonanzüberhöhungen in den Messergebnissen können somit nur durch die Anpassung an den Wellenwiderstand des HV-Kabels vermieden werden. Eine weitere Maßnahme könnte in der Anpassung der Quellimpedanz der Stör- quellen innerhalb der Komponenten liegen. Da diese üblicherweise nicht bekannt sind, müsste eine Filterstruktur an der Übergangsstelle der Komponente auf das Traktionsnetz die Impedanzanpassung durchführen. Erste Messungen zeigen, dass ein beidseitiger Leitungsabschluss von HV-Kabeln die wirkungsvollste Unterdrückung von Resonanzeffekten darstellt. Deswegen sollte bei der Entwicklung von Filtern für HV-Komponenten immer der Wellenwiderstand des verwendeten HV-Kabels berück- sichtigt werden und eine mindestens einseitige Wellenwiderstandsanpassung des Traktionsnetzes im Fahrzeug gewährleistet sein. 7 Literaturverzeichnis [1] M. Michel, Leistungslektronik. Berlin: Springer-Verlag, 2008. [2] C. Paul, Introduction to Electromagnetic Compatibility. New York: Wiley & Sons., 1983. [3] H. Rebholz, Modellierung leitungsgebundener Störgrößen in der Komponenten- und Fahrzeugmessung, 1st ed. Stuttgart: Sierke Verlag, 2010. [4] CISPR 25. (2003) Radio disturbance characteristics for the protection of receivers used on board vehicles, boats and on devices – Limits and methods of measurement. IEC/CISPR 25:2002 / DIN-EN 55025:2003. [5] M. Reuter, S. Tenbohlen, W. Köhler and A. Ludwig, Impedance Analysis of Automotive High Voltage Networks for EMC Measurements, EMC Europe 2011, Conference Proceedings, Contribution Nr. 130, p. 1-6., York, UK, 2011, Elektromagnetische Verträglichkeit, 7. – 9. Februar 2012, Messe Düsseldorf Paper 59 ISBN 978-3-8007-3405-4 © VDE VERLAG GMBH  Berlin  Offenbach