Gewerbepark Sächsische Schweiz 161 7 Gewerbepark Sächsische Schweiz 7.1 Projektverlauf und Ergebnisse 7.1.1 Ausgangslage und Konzeption Die Sächsische Schweiz ist eine für ihr Landschaftsbild berühmte Region an der oberen Elbe, unmittelbar südlich von Dresden gelegen, die von jeher vorrangig als Erholungsgebiet diente, sowohl als Ausflugsgebiet für die Bewohner des Großraumes Dresden als auch als Urlaubsgebiet für längere Aufenthalte. Dieser Funktion wurde auch zu DDR-Zeiten mit einer Ausweisung des südöstlichen Teiles der Region als Landschaftsschutzgebiet19 und nach der Wende mit der Überführung der Region in einen Nationalpark Rechnung getragen. Wirtschaftlich war und ist die Region sehr stark auf Dresden orientiert, jedoch stellten auch die unmittelbar südlich von Dresden liegenden Städte Heidenau und Pirna wichtige Indust- riestandorte dar. Daneben fanden sich in den Orten der Region eine Reihe kleiner und mittlerer Betriebe vor allem der Steine-und-Erden-Industrie; größere Bedeutung hatte lediglich der Abbau von Uranerz, der durch einen Betrieb der Wismut AG unmittelbar nördlich der Stadt Königstein - in Sichtweite der berühmtem Festung Königstein und innerhalb des Landschaftsschutzgebietes Sächsische Schweiz - stattfand. Wie alle Regionen in Ostdeutschland wurden auch der Raum Dresden und die Sächsische Schweiz durch die wirtschaftlichen Veränderungen im Zuge der Herstellung der staatlichen Einheit in Mitleidenschaft gezogen. Für den Raum Dresden wurden allerdings aufgrund seiner baulichen und landschaftlichen Attraktivität, seiner vorherigen Wirtschaftsstruktur mit einer starken Dominanz der Mikroelektronik und seinen Ausbildungs- und Forschungs- kapazitäten günstige Entwicklungsperspektiven angenommen, von denen auch die Sächsi- sche Schweiz profitieren könnte. Neben der Entwicklung des Ausflugs- und Urlaubstourismus wurden weitere Entwick- lungspotentiale in der zu erwartenden Randwanderung von Bevölkerung und Betrieben aus Dresden gesehen. Zusätzliche Impulse wurden aus der gewachsenen Bedeutung der Bun- desstraße 172 als wichtige Verbindung von Dresden nach Prag und der geplanten Autobahn Dresden-Prag erwartet. 19 Im Naturschutzrecht der DDR war die Festsetzung eines Landschaftsschutzgebietes mit erheblich strengeren Vorgaben und Einschränkungen verbunden und reichte bis zur Möglichkeit einer Vorgabe von Baumaterialien. 162 Interkommunale Gewerbegebiete Zusammen mit einer allgemeinen Entwicklungseuphorie nach der Wende wurden in den Gemeinden der Sächsischen Schweiz in hohem Maße gewerbliche Bauflächen ausgewie- sen. Der zuständigen Kreisverwaltung wurde schon recht früh klar, daß diese Ausweisun- gen in vielen Fällen auch nicht annähernd die begrenzten Entwicklungspotentiale der einzelnen Gemeinden berücksichtigten, überdies mit dem Status der Sächsischen Schweiz als Landschaftsschutzgebiet kollidierten und letztendlich eine Zersplitterung sowohl der Siedlungsentwicklung als auch der für eine wirtschaftliche Neustrukturierung aktivierbaren Potentiale bedeuten würde. Abb. 33: Lageplan Gewerbepark Sächsische Schweiz Gewerbepark Sächsische Schweiz 163 Zusammen mit einem externen Berater wurde eine Bereinigung und Konzentration der Flä- chenausweisungen versucht. Dies wurde teilweise durch Rücknahme von Ausweisungen und teilweise durch Umorientierung gewerblicher Flächenausweisungen zu einer Auswei- sung als Dorfgebiet20 erreicht. Daneben wurde versucht, die Entwicklungsabsichten mehre- rer Gemeinden zusammenzufassen und in einem gemeinsamen Gewerbegebiet zu konzent- rieren. Hierfür bot sich eine Fläche auf den Gemarkungen der Gemeinden Struppen und Leupol- dishain- etwa 20 km südöstlich von Dresden und etwa 10 km südöstlich der Kreisstadt Pirna - an, die bereits von beiden Gemeinden für eine gewerbliche Entwicklung ins Auge gefaßt worden war. Es handelte sich um eine landwirtschaftlich genutzte Fläche, die an die B 172 als zentrale Durchgangsstraße grenzte und gegenüber dem Werksgelände der Wismut AG lag. Insgesamt umfaßte die zur Nutzung vorgesehene Fläche eine Größe von rd. 30 ha. Als ein wesentlicher Vorteil des Standortes wurde - außer der Verkehrslage - zum Zeit- punkt der Konzeption des Projektes angesehen, daß es möglich schien, die technische Ver- und Entsorgung der Fläche über die bestehenden Anlagen der Wismut AG herzustellen. Dies ließ eine erheblich günstigere Erschließung erwarten. Nachteilig war allerdings, daß die Fläche innerhalb des Landschaftsschutzgebietes der Sächsischen Schweiz lag, obwohl auf der Fläche intensive Landwirtschaft betrieben wurde. Eine gewerbliche Entwicklung war damit nach dem bestehenden Rechtstatus nicht möglich. 7.1.2 Ablauf und Ereignisse Chronologie 1990 - Erste Überlegungen zur Ausweisung des Standortes als Gewerbegebiet; - Beginn der Gespräche zwischen Struppen und Leupoldishain; 1991 - Intensivierung der Überlegungen zur Kooperation; - Entwurf einer Zweckverbandssatzung; - Beginn der Gespräche mit anderen beteiligten Gemeinden - Angebot der Wismut AG zur Kooperation bei der Erschließung; 20 In einer Reihe von Fällen ging es den betreffenden Gemeinden lediglich um die Bereitstellung von Flächen für ortsansässige Handwerksbetriebe und landwirtschaftsorientierte gewerbliche Einrichtungen. Diese Einrichtungen sind planungsrechtlich allerdings auch im Dorfgebiet zulässig, so daß die entsprechenden Ausweisungen korrigiert werden konnten, ohne daß die gemeindlichen Entwicklungsvorstellungen beein- trächtigt wurden. 164 Interkommunale Gewerbegebiete - Beginn der Verhandlungen um die Entlassung der Flächen aus dem Um- griff des Landschaftsschutzgebietes Sächsische Schweiz; - Aufstellungsbeschluß für einen Bebauungsplan; - Rückzug von Struppen aus der Kooperation; - Beschluß der Gemeinde Bad Schandau, sich nicht an der Kooperation zu beteiligen; 1992 - Gründung des Zweckverbandes “Gewerbepark Sächsische Schweiz” mit fünf beteiligten Gemeinden; 1993 - Entlassung der Flächen des Gewerbeparks aus dem Landschaftsschutzge- biet; - Beginn des Flächenankaufes und der Erschließungsmaßnahmen; 1994 - Überarbeitung des Bebauungsplanes, Reduzierung des Ausbaustandes; - Einwerbung von Fördermitteln der Gemeinschaftsaufgabe zur Förderung wirtschaftsnaher Infrastruktur; 1995 - Abschluß der Erschließungsmaßnahmen; 1996 - Erste Betriebsansiedlung; 1997 - Zweite Betriebsansiedlung; 1998 - Überlegungen zu alternativen Nutzungsmöglichkeiten für den Standort; Aktivitäten und Maßnahmen Die Aktivitäten der Kreisverwaltung und der beteiligten Gemeinden konzentrierten sich in der Folgezeit auf zwei Ziele: • die Einwerbung zusätzlicher Gemeinden für eine gemeinsam betriebene gewerbliche Entwicklung, wobei vor allem die Kleinstädte Königstein und Bad Schandau gewonnen werden sollten; • Verhandlungen mit den höheren Dienststellen, um die Entlassung der betreffenden Fläche aus dem Umgriff des Landschaftsschutzgebietes (und des zum damaligen Zeit- punkt bereits diskutierten Nationalparks) zu erreichen. Die Einwerbung zusätzlicher Gemeinden verlief eher schwierig. Hierfür ist im wesentli- chen die Situation in ostdeutschen Gemeinden kurz nach der Wende mitverantwortlich: Während in der DDR die Kreise die unterste Instanz mit eigenen Entscheidungsbefugnissen Gewerbepark Sächsische Schweiz 165 darstellte und die Kommunen eher ausführende Instanz waren, wurde die Stellung der Kommunen mit der Einführung des bundesdeutschen Rechtes und der Selbstverwaltungsga- rantie der Kommunen nach Art. 87 GG deutlich gestärkt. Dies wurde in der unmittelbaren Nachwendezeit vielfach überinterpretiert; die Kommunen fühlten sich häufig keiner übergeordneten Rahmensetzung mehr verpflichtet, und erst allmählich wurden den lokalen Akteuren auch die Grenzen der Selbstverwaltungsgarantie bewußt. In dieser Situation waren kommunale Vertreter nur selten bereit, ihre lokalen Entwicklungsvorstellungen zugunsten gemeinsamer Aktivitäten zurückzustellen. Im Fall der Sächsischen Schweiz gelang dies erst, nachdem den betreffenden Kommunen die Möglichkeiten und vor allem die Grenzen der gewerblichen Entwicklung innerhalb des Landschaftsschutzgebietes klargemacht wurde. Insgesamt gelang es in der Folgezeit, vier Gemeinden für eine Kooperation zu gewinnen. Neben den kleinen Orten Gohrisch, Langenhennersdorf und Wehlen, die ihre Entwick- lungsschwerpunkte stärker in den Bereichen der Landwirtschaft und des Tourismus sahen, war dies die Gemeinde Königstein mit rd. 3.500 Einwohnern, deren Beteiligung als zentral für das Projekt angesehen wurde. Die Gemeinde Bad Schandau, etwa gleich groß wie Königstein, entschloß sich hingegen mit knapper Mehrheit, sich an dem Projekt nicht zu beteiligen. Etwa zur gleichen Zeit gab auch die Gemeinde Struppen ihre gewerblichen Entwicklungsabsichten weitgehend auf und zog sich aus der gemeinsamen Entwicklung zurück, so daß sich die Kooperation nunmehr aus fünf Gemeinden (Gohrisch, Königstein, Langenhennersdorf, Leupoldishain und Wehlen) zusammensetzte und die Fläche für eine gewerbliche Entwicklung vollständig auf der Gemarkung der Gemeinde Leupoldishain lag. Dieser Prozess zog sich über das Jahr 1991 hin und konnte im Laufe des Jahres 1992 abge- schlossen werden. Die betreffenden Gemeinden schlossen sich für die Entwicklung des Gewerbegebietes zum Zweckverband “Gewerbepark Sächsische Schweiz” zusammen. Die Entlassung aus dem Umgriff des Landschaftsschutzgebietes zog sich ebenfalls über längere Zeit hin. Obwohl aufgrund der Vornutzung für die Fläche weder ein besonderer landschaftlicher noch ein besonderer ökologischer Wert gegeben war und der unmittelbare räumliche Umgriff des geplanten Gewerbegebietes schon durch die Betriebsstätten der Wismut AG beeinträchtigt waren, bedurfte es längerer Verhandlungen, bis die Untere Landschaftsbehörde, die Verwaltung des Nationalparks und die lokalen Naturschutzverbän- de sich mit einer gewerblichen Entwicklung an dieser Stelle einverstanden erklärten. Bedenken wurden dabei weniger aus ökologischen Gründen als aus einer möglichen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes vorgebracht. Insbesondere betraf dies die Rund- sicht von der Burg Königstein und die Eingangssituation an der B 172 in Höhe der Straßen- abzweigung zur Wismut AG und nach Leupoldishain (die auch die Zufahrt zum neuen Gewerbegebiet darstellen würde), da unmittelbar hinter dieser Einmündung ein die Festung 166 Interkommunale Gewerbegebiete Königstein umschließendes Waldgebiet beginnt und dies den Eingang zum Nationalpark symbolisiert. Den Bedenken wurde schließlich mit • einer Beschränkung der Flächen für die gewerbliche Entwicklung auf 17 ha brutto, • einer Höhenbegrenzung für Baukörper im Gewerbegebiet (so daß sie im Rundblick von der Festung Königstein durch den zwischenliegenden Wald verdeckt werden) • und einem Abrücken der gewerblich nutzbaren Flächen von der B 172 um 40m Rechnung getragen. Mit diesen Maßgaben sind die Flächen im Jahr 1993 aus dem Umgriff des Landschaftsschutzgebietes und des Nationalparks entlassen worden. Entsprechend dieser relativ langen Vorlaufzeit konnte bis zu diesem Zeitpunkt auch kein Gewerbe angesiedelt werden, obwohl eine Reihe von Betrieben aus dem Raum der Sächsi- schen Schweiz Interesse an dem Standort angemeldet hatte. Die Erschließungsmaßnahmen konnten erst im Laufe des Jahres 1993 in Angriff genommen werden, die Akquisition von Betrieben ebenfalls erst ab diesem Zeitpunkt ernsthaft betrieben werden. Allerdings schlugen die ersten Ansiedlungsbemühungen aufgrund der hohen Preise für die gewerblichen Bauflächen fehl. Aufgrund des hohen Ausbauniveaus - Straßenbreite 16,5m, zweiseitiger Fuß- und Radweg, hoher Grünanteil auf den Grundstücken, aufwendige Bepflanzungsvorgaben - hätte sich der Preis für nicht erschlossene Bauflächen auf 110 DM/qm und mit den Erschließungsbeiträgen auf rd. 200 DM/qm belaufen. Diese Preise waren von den interessierten Betrieben nicht zu bezahlen. In der Folge wurde der Ausbaustandard für den Gewerbepark reduziert - Reduzierung der Straßenbreite auf 10,5m, einseitiger Fuß- und Radweg, Änderung der Grünflächenvertei- lung mit einer Konzentration am Eingang des Gewerbegebietes -, der Bebauungsplan entsprechend überarbeitet und die Überarbeitung im August 1994 genehmigt. Die Preise für gewerbliche Bauflächen konnten damit auf 67 DM für nicht förderfähiges Gewerbe und 43 DM für förderfähiges Gewerbe (incl. Erschließung) reduziert werden21. Auf dieser Basis wurde die Erschließung vorangetrieben und im Juni 1995 abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich allerdings die Rahmenbedingungen für eine gewerbliche Entwicklung gewandelt: 21 Diese erhebliche Preisreduktion kann nicht allein durch Reduzierung des Ausbaustandards zustandege- kommen sein. Vielmehr ist zu vermuten - wenn dafür auch keine Bestätigung zu erhalten war-, daß der ursprünglich anvisierte Preis zum einen die eingeworbenen Fördermittel noch nicht berücksichtigte und zum anderen eine gewisse Gewinnspanne für die beteiligten Gemeinden einkalkuliert war. Gewerbepark Sächsische Schweiz 167 • Eine Reihe von ursprünglich interessierten Betrieben hat sich mit ihrem bestehenden Standort arrangiert und Verlagerungsabsichten zunächst aufgegeben; • andere Betriebe haben in anderen Gewerbegebieten - z.B. in einem neu erschlossenen Gewerbegebiet der Stadt Pirna - einen Standort gefunden; • die erwartete Randwanderung von Betrieben aus Dresden erfolgt zwar, orientiert sich aber auf Gemeinden westlich Dresdens entlang der A 4, während die Standorte südlich von Pirna vor allem aufgrund einer unzureichenden Verkehrsanbindung nicht in die engere Wahl gezogen werden; • die Wismut AG, die ursprünglich als Lieferant für die Ver- und Entsorgung dienen sollte, hat sich in der Zwischenzeit entschlossen, den eigenen Standort ebenfalls als Gewerbestandort zu vermarkten und bietet Flächen und Gebäude auf ihren Grundstüc- ken zur Miete an, stellt also eine direkt angrenzende - und billigere - Standortkonkur- renz dar; • schließlich haben mehrere Firmen ihre Investitionsplanungen aufgrund unsicherer wirt- schaftlicher Zukunftsperspektiven und einer restriktiveren Kreditvergabepolitik der lo- kalen Banken auf unbestimmte Zeit zurückgestellt. All dies führte dazu, daß sich bis zum Zeitpunkt der Untersuchung im August 1998 nur zwei Betriebe - ein kunststoffverarbeitender Betrieb und ein Baumaschinenverkauf und - verleih - auf den Flächen des Gewerbeparkes angesiedelt haben. Zwar besteht weiterhin latentes Interesse einer Reihe kleiner Handwerksbetriebe an dem Standort, die jedoch vor allem aus den genannten Finanzierungsgründen bisher keine Anstrengungen zur Umsetzung ihrer Investitionsabsichten gemacht haben. 7.1.3 Probleme Zentrales Problem bei der Entwicklung des Gewerbeparkes war die Lage der vorgesehenen Flächen innerhalb des Landschaftsschutzgebietes der Sächsischen Schweiz. Die hieraus resultierenden Widerstände der Naturschutzbehörden und -verbände gegen eine gewerbli- che Entwicklung konnten von den beteiligten Gemeinden nicht nachvollzogen werden, da es sich bei der betreffenden Fläche um eine landwirtschaftliche Nutzung handelte und der Bereich durch die bestehenden Betriebsanlagen und Abbauflächen der Wismut AG schon ungleich stärker beeinträchtigt war. Hierdurch ergaben sich komplizierte und langwierige Verhandlungen, die die Entwicklung des Standortes erheblich verzögerten und die Ver- marktung letztendlich erheblich beeinträchtigten. 168 Interkommunale Gewerbegebiete Die gegenwärtig unzureichende Auslastung des Gewerbeparkes stellt dementsprechend derzeit ein massives Problem dar, die die beteiligten Gemeinden vor allem wegen der Zinsbelastungen für Ankauf und Erschließung der Flächen beeinträchtigt. Hieraus wiederum ergeben sich gegenwärtig zusätzliche Probleme dadurch, daß in 1999 die Rückzahlung der für die Erschließung des Gewerbeparkes gewährten Fördermittel ansteht, da die notwendige Belegungsquote von 50% der erschlossenen Flächen bisher nicht erreicht wurde. Der Zweckverband steht in Verhandlungen mit dem zuständigen Landesmi- nisterium, um eine Verlängerung der Rückzahlungsfrist um weitere fünf Jahre zu erreichen und beurteilt die Aussichten für eine entsprechende Genehmigung als gut. Eine Entschei- dung ist hierüber aber noch nicht gefallen. 7.1.4 Perspektiven Die Perspektiven für die weitere Entwicklung des Standortes sind derzeit unsicher. Bis auf weiteres soll die gewerbliche Orientierung beibehalten werden, wobei zum Zeit- punkt des Gespräches auf eine konjunkturelle Belebung und hieraus resultierendem ver- stärktem Ansiedlungsinteresse gehofft wird. Allerdings werden derzeit auch alternative Nutzungsmöglichkeiten durchdacht, wobei in erster Linie tourismusorientierte Nutzungen ins Auge gefaßt werden. Eine Beratungsfirma ist gegenwärtig beauftragt, derartige alterna- tive Nutzungsmöglichkeiten auszuloten, bisher liegen aber noch keine hinreichend konkre- ten Ergebnisse vor. 7.2 Erfahrungen zum Instrumenteneinsatz / Verfahren 7.2.1 Rechtsinstrumentarium Die Entwicklung des Gewerbeparkes selbst wird über einen Bebauungsplan gesteuert, der allerdings im Laufe der Gebietsentwicklung überarbeitet werden mußte. Bedingt durch die besonderen Anforderungen an die landschaftliche Integration ist das erste Konzept zur Gebietsentwicklung und der hierauf beruhende Bebauungsplan recht großzügig ausgefallen und setzt unter anderem intensive Eingrünungen und umfangreiche Grünflächen auf den gewerblichen Grundstücken fest. In Anbetracht der exponierten Lage des Gebietes am Rande des Nationalparks Sächsische Schweiz wurden außerdem Höhenbegrenzungen für Baukörper und ein nicht bebaubarer Randstreifen von 40m entlang der B 172 als Durch- gangsstraße festgelegt. Im ersten Entwurf des Bebauungsplanes waren außerdem noch Festsetzungen zu den einzusetzenden Baumaterialien und zur Nutzung regenerativer Gewerbepark Sächsische Schweiz 169 Energiequellen enthalten, die aber als Empfehlungen formuliert waren und wegen nicht gegebener Eindeutigkeit - aber auch wegen Verletzung des Übermaßverbotes bei den Festsetzungen - wieder herausgenommen werden mußten. Die umfangreichen Festsetzungen und nicht zuletzt die großzügig ausgelegte Erschließung haben allerdings das Preisniveau für die Flächen im Gewerbepark so erhöht, daß die anvisierte Nutzerklientel sich nicht in der Lage sah, diese Preise zu bezahlen. Der Bebauungsplan wurde als Folge dieser Entwicklung überarbeitet, die Erschließung kleiner ausgelegt und die nutzbaren Flächenanteile auf den Betriebsgrundstücken dadurch erhöht, daß der größte Teil der vorgesehenen Grünflächen zusammengefaßt und als ein großer Bereich am nördlichen Gebietseingang realisiert wurde. In rechtlicher Hinsicht hat außerdem das Naturschutzrecht erheblichen Einfluß auf die Ent- wicklung des Gewerbeparkes gehabt. Dies ergab sich aus der Lage der für eine Entwicklung vorgesehenen Flächen im Umgriff des Landschaftsschutzgebietes - uns späteren National- parks - Sächsische Schweiz, so daß nach dem ursprünglichen Rechtszustand keine bauliche Entwicklung auf den Flächen möglich war und für die Entwicklung des Gewerbeparkes eine Ausgliederung der betreffenden Flächen aus dem Nationalpark vorgenommen werden mußten. Die entsprechenden Abstimmungen mit den zuständigen Dienststellen und den Naturschutzverbänden zogen sich über einen längeren Zeitraum hin, endeten jedoch mit der Zustimmung zur Ausgliederung unter der Bedingung einer intensiven Eingrünung und der Höhenbegrenzung für Baukörper zur Vermeidung von Beeinträchtigungen des Land- schaftsbildes. Insgesamt allerdings hat der Prozeß der Ausgliederung von den ersten Überlegungen zur Entwicklung des Gewerbeparkes bis zur erfolgten Ausgliederung knapp drei Jahre gedauert und damit nicht unwesentlich zur bisher schlechten Vermarktung des Standortes beigetra- gen. 170 Interkommunale Gewerbegebiete Abb. 34: Bebauungsplan mit integriertem Grünordnungsplan Gewerbepark Sächsische Schweiz 171 7.2.2 Finanzinstrumentarium Die Finanzierung der bisherigen Entwicklung bleibt in dem für ostdeutsche Kommunen konventionellen Rahmen des Kommunalkredites sowie Fördermitteln der Gemeinschafts- aufgabe zur Förderung wirtschaftsnaher regionaler Infrastruktur und des Europäischen Regionalfonds als nicht rückzahlbare Investitionszuschüsse. Die Investitionszuschüsse werden vorrangig zur Reduzierung der Grundstückspreise verwendet, insbesondere nach- dem die ersten Kostenkalkulationen für die Entwicklung des Gewerbeparkes unakzeptabel hohe Preise erbracht hatten. Diese Förderung liegt auch der Differenzierung der Grund- stückspreise für nicht förderfähiges und förderfähiges Gewerbe zugrunde. Als ein zusätzliches Element der Kostenminderung war zu Beginn des Projektes die Herstellung der Ver- und Entsorgung über die benachbarte Wismut AG vorgesehen. Hier hätten die technischen Anlagen mitgenutzt und hinsichtlich investiver Aufwendungen lediglich die Leitungsverlängerungen aufgebracht werden müssen. Unter Umständen hätte sich durch die Degressionseffekte beim Einfließen des Versorgungsbedarfes des Gewerbe- parks in den Bedarf der Wismut AG weitere Kosteneinsparungen ergeben. Allerdings hat sich dies nicht realisieren lassen, weil die Wismut AG ihren Vorschlag aufgrund von Anweisungen der Konzernleitung zurückgezogen hat. Kritik am Finanzierungsinstrumentarium wird nicht vorgebracht. Zwar stellen sich derzeit Probleme wegen der möglichen Rückzahlung von Fördermitteln aufgrund bisher nicht aus- reichender Besiedlung, die das Vorhaben derzeit in Bedrängnis bringen, die Regelungen werden von den örtlichen Entscheidungsträgern jedoch grundsätzlich akzeptiert und nur auf die besonderen örtlichen Verhältnisse mit der sehr langen Vorbereitungszeit des Projektes verwiesen. 7.3 Erfahrungen zur Organisationsform Die beteiligten Gemeinden entschieden sich zur Gründung eines Zweckverbandes. Diese Rechtsform lag angesichts der angestrebten Beteiligung von bis zu sieben Gemeinden auf der Hand, da die Alternative einer Zweckvereinbarung für eine derartige Zahl beteiligter Gemeinden nicht hinreichend verbindlich gewesen wäre. Die Struktur des Zweckverbandes und seine Aufgaben wurden aus dem Beispiel westdeutscher Satzungen abgeleitet; der Zweckverband Voralb spielte hier eine gewisse Vorbildrolle. Größeren Abstimmungsbedarf gab es in der Frage der Verteilung von Kosten und Einnah- men. Die damaligen Belegenheitsgemeinden Leupoldishain und Struppen verlangten ursprünglich die volle Gewerbesteuer mit dem Argument, daß die Flächenbereitstellung auf ihrer Gemarkung erfolgte. Es bedurfte einer längeren Überzeugungsarbeit, sie davon zu 172 Interkommunale Gewerbegebiete überzeugen, daß auch die anderen beteiligten Gemeinden ein Anrecht auf einen bestimmten Gewerbesteueranteil hätten. Mit dem Ausscheiden von Struppen vereinfachte sich die Diskussion, Leupoldishain zeigte sich erheblich kompromißbereiter. Die Wahl des Vertei- lungsschlüssels erforderte allerdings ebenfalls einen größeren Abstimmungsbedarf; nach- dem die Einwohnerzahl als Maßstab grundsätzlich akzeptiert war, verlangte Leupoldishain als kleinste beteiligte Gemeinde, die aber vollständig die Flächen zur Verfügung stellt, eine Sonderregelung, die darin gefunden wurde, Leupoldishain mit der zehnfachen Einwohner- zahl zu gewichten. Hieraus ergab sich die folgende Aufteilung: • Königstein 35 v.H. • Leupoldishain 30 v.H. • Langenhennersdorf 15 v.H. • Gohrisch 15 v.H. • Wehlen 5 v.H. Diese Verteilung wird sich in näherer Zukunft dadurch ändern, daß Leupoldishain und Königstein eine Verwaltungsgemeinschaft eingehen, die dann rd. 65% der Anteile im Gewerbepark hält. Hieraus werden aber keine Konflikte erwartet, da die anderen beteiligten Gemeinden keine konkurrierenden Entwicklungen betreiben, sondern ihren Entwicklungs- schwerpunkt im Bereich des Tourismus sehen. Problematisch sieht allenfalls Königstein die Situation, da die Stadt dann auch für rd. 65% der Schulden verantwortlich ist. Der Zweckverband hat die Aufgaben der Erschließung und Besiedlung des Gewerbegebie- tes; die Bauleitplanung wurde von der Gemeinde Leupoldishain mit Unterstützung der Planungsamtes der Kreisverwaltung erstellt. Vorsitzender des Zweckverbandes ist der Bürgermeister von Königstein, Geschäftsführer der Bürgermeister von Langenhennersdorf. Die laufenden Arbeiten werden von der Verwaltung der Stadt Königstein miterledigt, erforderlichenfalls kann auf die Unterstützung von Planungsamt und Wirtschaftsförderung der Kreisverwaltung zurückgegriffen werden. Gewerbepark Sächsische Schweiz 173 7.4 Gesamteinschätzung /Ausblick Das Projekt des Gewerbeparkes Sächsische Schweiz befindet sich derzeit an einem kriti- schen Punkt der Entwicklung, ein Scheitern ist nicht auszuschließen. Im Rückblick auf die Entwicklungsgeschichte des Projektes ist zu konstatieren, daß zum Zeitpunkt des Beginns die Potentialanalyse richtig war und der Grundgedanke der Konzent- ration der gewerblichen Entwicklung der Gemeinden innerhalb des Landschaftsschutzge- bietes und späteren Nationalparks Sächsische Schweiz an einem Standort außerhalb des Nationalparks auch aus heutiger Perspektive nachvollzogen werden kann. Allerdings zeigt dieses Projekt deutlicher als andere Vorhaben - vergleichbar vielleicht noch mit dem Beispielsfall Erlangen/Fürth/Nürnberg -, daß auch Zeitpunkt und Zeithori- zont der Projektentwicklung für Gelingen oder Scheitern eine wichtige Rolle spielen. Die zu Beginn noch günstigen Rahmenbedingungen haben sich im Verlauf des Projektes deutlich zum Schlechteren verändert, wobei dies sowohl für die allgemeinen wirtschaftli- chen Rahmenbedingungen als auch für die Standortkonkurrenz in der Region gilt. Das langwierige Verfahren der Entlassung der Flächen aus dem Nationalpark, aber auch die zu Beginn des Projektes zu anspruchsvolle und damit zu teure Planung für den Standort haben dazu wesentlich beigetragen. Bei einer schnelleren Verfügbarkeit der Flächen und einem realistischeren Preisniveau wäre die Entwicklung des Gewerbeparkes wohl besser verlau- fen. Die weiteren Perspektiven des Projektes sind gegenwärtig unsicher. Die beteiligten Ge- meinden kommen durch die Zinsbelastung für die Entwicklung des Standortes und zusätz- lich durch die drohende Rückzahlung von Fördermitteln zunehmend in Bedrängnis, der bisher geringe Vermarktungserfolg erhöht den Druck auf alternative Nutzungsmöglichkei- ten. Derzeit wird eine stärkere Ausrichtung auf die Ansiedlung touristikorientierter Nutzun- gen (z.B. Freizeitgewerbe) erwogen, ohne daß bisher konkrete Entscheidungen gefallen sind. Die weitere gewerbliche Entwicklung ist aber ernsthaft in Frage gestellt.