Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen Von der Fakultät Informatik, Elektrotechnik und Informationstechnik der Universität Stuttgart zur Erlangung der Würde eines Doktors der Ingenieurswissenschaften (Dr.-Ing.) genehmigte Abhandlung Vorgelegt von David Weißhaupt aus Überlingen Hauptberichter: Prof. Dr. habil. Jörg Schulze Mitberichter: Prof. Dr. habil. Joris van Slageren Tag der mündlichen Prüfung: 4. Juli 2023 Institut für Halbleitertechnik der Universität Stuttgart 2023 An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Mein besonderer Dank geht dabei an meinen Doktorvater Herrn Prof. Dr. habil. Jörg Schulze für die Ermöglichung der Arbeit, die intensive und sehr gute Betreuung, die vielen fachlichen als auch nichtfachlichen Gespräche und darüber hinaus auch für die angenehme Studienzeit am IHT. Des Weiteren möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. habil. Joris van Slageren für die Übernahme des Mitberichters, bei Herrn Prof. Dr. Jens Anders für die Rolle des orthogonalen Prüfers sowie bei Herrn Prof. Dr. Jan Hesselbarth für den Prüfungsvorsitz bedanken. Herzlichen Dank gilt Frau Prof. Dr. habil. Inga Fischer vom Institut für Experimentalphysik und funktionelle Materialien der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus für die sehr gute Unterstützung und die intensive Zusammenarbeit in der Halbleiter-Spintronik. Ebenso gilt mein Dank den Kooperationspartnern Herren Prof. Dr. habil. Joris van Slageren, Dr. Dominik Bloos und Dr. Michal Kern sowie allen weiteren Kollegen der van Slageren Arbeitsgruppe vom Institut für physikalische Chemie der Universität Stuttgart für die sehr gute, unkomplizierte und produktive Zusammenarbeit verbunden mit dem uneingeschränkten Zugang zu den Laboren und Messplätzen. Herzlichen Dank auch an mein Kooperationspartner Herrn Dr. Christoph Sürgers vom Physikalischen Institut am Karlsruher Institut für Technologie. Dank seiner Unterstützung konnten die GMR-Messungen erfolgreich durchgeführt werden. Vielen Dank an alle Kollegen am IHT, die mich auf meinem Weg begleitet und unterstützt haben. Insbesondere danke ich Herrn Dr. Michael Oehme und meinem Doktoranten-Kollegen M. Sc. Hannes Funk für die intensive Zusammenarbeit im Bereich der (Ge 2DHG basierten) Halbleiter-Spintronik. Bedanken möchte ich mich auch bei meinen Studenten Lukas Gebert, Eric Sigle, Marco Dettling und Sergej Bullert, die mich im Rahmen ihrer Bachelor- und Masterarbeiten in Teilaspekten unterstützt haben. Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen iii David Weißhaupt Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis iii Abkürzungsverzeichnis ix Natur- und Materialkonstanten xiii Abbildungsverzeichnis xv Tabellenverzeichnis xxiii Zusammenfassung xxv Abstract xxvii 1 Motivation und Zielsetzung der Arbeit 1 2 Theorie und Methoden 9 2.1 Elektrische Leitfähigkeit und Streumechanismen im Halbleiter 9 2.1.1 Drude-Modell ohne externes Magnetfeld 9 2.1.2 Drude-Modell mit externem Magnetfeld 10 2.1.3 Methode zur Hall-Messung anhand der Hall-Struktur 12 2.1.4 Methode nach van-der-Pauw 14 2.1.5 Streumechanismen im Halbleiter 16 2.2 Das Ge 2DHG 18 2.2.1 Halbleiter-Heteroepitaxie und Methode zur Auswertung der strukturellen Analyse 18 2.2.2 Bandstruktur von Ge und effektive Masse 21 2.2.3 Modulationsdotierung 23 Einführung Inhaltsverzeichnis iv Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de 2.2.4 Landau-Niveaus und SdH-Oszillationen 24 2.2.5 Methode zur Auswertung der SdH-Oszillationen 28 2.3 (Halbleiter-)Spintronik 29 2.3.1 Elektrische Spin-Injektion in ein Halbleiter-Material 30 2.3.2 Elektrische Spin-Detektion und GMR-Effekt 32 2.3.3 Spin-Transport und Spin-Relaxation im Ge 2DHG 35 3 Bauelementkonzepte: Wachstum und Prozesse 37 3.1 Wachstum von Si1-xGex/Ge/Si1-xGex Heterostrukturen mittels MBE 38 3.2 Prozesse zur Herstellung der Bauelemente 40 3.2.1 Prozess 1: Hall-Elemente 40 3.2.2 Prozess 2: Mn5Ge3-Mikromagnete auf einem rückgeätzten Ge-QW 43 3.2.3 Prozess 3: Laterales Mn5Ge3/Ge 2DHG/ Mn5Ge3 Spin-Ventil Bauelement 49 3.2.4 Prozess 4: (Spin-)MODFET 52 3.3 Aufbau- und Verbindungstechnik 55 4 Proben und verwendete Messgeräte 57 4.1 Probenübersicht und Kristallanalyse 57 4.1.1 Strukturelle Analyse der Ge 2DHG Proben auf der (100) Kristallorientierung 59 4.1.2 Strukturelle Analyse der Ge 2DHG Probe auf der (111) Kristallorientierung 62 4.2 Verwendete Messgeräte 64 4.2.1 Hall-Messung an vdP-Geometrien (IHT, Universität Stuttgart) 64 4.2.2 Magnetwiderstand an Hall-Strukturen (IPC, Universität Stuttgart) 64 Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen v David Weißhaupt 4.2.3 SQUID-Magnetometer (PHI, Karlsruher Institut für Technologie) 65 4.2.4 Magnetwiderstandsmessung an Spin-Ventil Bauelementen (PHI, Karlsruher Institut für Technologie) 65 4.2.5 DC-Charakterisierung von MODFETs (IHT, Universität Stuttgart) 66 5 (Spin-)Transportuntersuchungen von Ge 2DHGs bei tiefen Temperaturen 67 5.1 Einleitung und Motivation 67 5.2 (Spin-)Transportuntersuchungen Teil I: Hall-Messungen 68 5.3 (Spin-)Transportuntersuchungen Teil II: Magnetwiderstandsmessungen 71 5.4 Limitierung der Hall-Beweglichkeit 78 5.5 (Spin-)Transportuntersuchung auf der (111) Kristallorientierung 81 5.6 Zusammenfassung 84 6 Ferromagnetische Mn5Ge3-Kontakte auf rückgeätzten Ge 2DHGs 87 6.1 Einleitung und Motivation 87 6.2 Einfluss der Kristallorientierung auf die magnetischen Eigenschaften von Mn5Ge3 89 6.2.1 Elektrische Charakterisierung 92 6.3 Formanisotropie: Strukturierte Mn5Ge3-Mikromagnete auf der (111) Kristallorientierung 94 6.4 Zusammenfassung 98 7 Elektrische Spin-Injektion in ein Ge (111) 2DHG unter Verwendung von ferromagnetischen Mn5Ge3-Kontakten 99 7.1 Einleitung und Motivation 99 7.2 Elektrische Charakterisierung 101 Einführung Inhaltsverzeichnis vi Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de 7.2.1 Abkühlverhalten der Spin-Ventil Struktur 101 7.2.2 GMR-Messung und Abhängigkeit der elektrischen Spin-Injektion vom gewählten Arbeitspunkt IDC 102 7.2.3 Temperaturabhängigkeit der elektrischen Spin-Injektion 106 7.2.4 Einfluss der Feldänderungsrate des externen magnetischen Feldes auf die Signalstruktur 107 7.2.5 Wiederholbarkeit der GMR-Messung 108 7.3 Zusammenfassung 109 8 Ge 2DHG basierte MODFETs 111 8.1 Einleitung und Motivation 111 8.2 Temperaturabhängige DC-Charakterisierung 112 8.3 Variation der Modulationsdotierung 114 8.4 Zusammenfassung 117 9 Diskussion über die Realisierbarkeit eines Datta und Das Spin-Transistors auf Basis eines Ge 2DHGs 119 10 Zusammenfassung und Ausblick 123 A. Literaturverzeichnis 127 B. Detaillierte Beschreibung der Prozesse zur Herstellung der Bauelemente 141 C. Herstellung von Ge 2DHG basierten Spin-MODFETs mit ferromagnetischen Mn5Ge3-Kontakten 157 D. XRD- und AFM-Analysen der untersuchten Proben 159 E. Publikationsliste 163 F. Curriculum Vitae 167 Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen vii David Weißhaupt G. Eidesstattliche Erklärung 169 Einführung Inhaltsverzeichnis viii Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen ix David Weißhaupt Abkürzungsverzeichnis In der vorliegenden Arbeit werden die folgenden Akronyme verwendet: 2DEG Zwei-dimensionales Elektronengas (engl. „two-dimensional electron gas”) 2DHG Zwei-dimensionales Lochgas (engl. „two-dimensional hole gas“) AC Wechsel- (engl. „alternating current“), wird in Verbindung mit Wechsel-Spannung und Wechsel-Strom benutzt AFM Rasterkraftmikroskop (engl. „atomic force microscope“) ALD Atomlagenabscheidung (engl. „atomic layer deposition“) AVT Aufbau- und Verbindungstechnik CMOS Komplementäre Metall-Oxid-Halbleiter (engl. „complementary metal oxide semiconductor“) DC Gleich- (engl. „direct current“), wird in Verbindung mit Gleich-Spannung und Gleich-Strom benutzt EBL Elektronenstrahllithographie (engl. „electron beam lithography“) EDX Energiedispersive Röntgenspektroskopie (engl. „energy dispersive X-ray spectroskopy“) FET Feldeffekttransistor FWHM Halbwertsbreite (engl. „full width at half maximum“) GMR Riesenmagnetowiderstand (engl. „giant magnetoresistance“) GOX Gateoxid HEMT Transistor mit hoher Elektronenmobilität (engl. „high electron mobility transistor“) HH Schwere Löcher (engl. „heavy hole“) LH Leichte Löcher (engl. „light hole“) HR-TEM Hochauflösende Transmissionselektronenmikroskopie (engl. „high resolution transmission electron microscopy“) HR-XRD Hochauflösende Röntgendiffraktometrie (engl. „high resolution X-ray diffraction“) ICP Induktiv gekoppeltes Plasma (engl. „inductive coupled plasma“) IHT Institut für Halbleitertechnik Einführung Abkürzungsverzeichnis x Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de IPC Institut für physikalische Chemie LEPE-CVD Niederenergetische plasmaunterstützte chemische Gasphasenabscheidung (engl. „low-energy plasma-enhanced chemical vapor deposition“) LNA rauscharmen Verstärkern (engl. „low-noise amplifiers“) MBE Molekularstrahlepitaxie (engl. „molecular beam epitaxy“) MODFET Modulationsdotierter Feldeffekttransistor MOSFET Metall-Oxid-Halbleiter-Feldeffekttransistor (engl. „metal-oxide-semiconductor field-effect-transistor“) PHI Physikalisches Institut QW Quantentopf (engl. „quantum well“) REM Rasterelektronenmikroskopie RIE Reaktives Ionenätzen (engl. „reactive ion etching“) RMS quadratisch (engl. „root mean square“), wird in Verbindung mit der quadratischen Rauheit einer Oberfläche benutzt RP-CVD Druckreduzierte chemische Gasphasenabscheidung (engl. „reduced-pressure chemical vapor deposition“) RSM reziproke Gitterkarten (engl „reciprocal space map“) SdH Schubnikow-de-Haas SO Abgespalteten (engl. „split-off“), wird in Verbindung mit dem abgespalteten Band verwendet SQUID Supraleitende Quanteninterferenzvorrichtung (engl. „superconducting quantum interference device”) vdP Van-der-Pauw VS Virtuelles Substrat WAL schwache Antilokalisierung (engl. „weak anti-localization“) Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen xi David Weißhaupt Darüber hinaus werden die folgenden chemischen Symbole, chemischen Summenformeln und Notationen für die Benennung von Halbleiterkristallen verwendet: Al Aluminium Al2O3 Aluminiumoxid Ar Argon B Bor BHF Gepufferte Flusssäure CF4 Tetrafluormethan CHF3 Fluoroform Cl2 molekulares Chlor Fe Eisen GaAs Galliumarsenid Ge Germanium H2O2 Wasserstoffperoxid H3PO4 Phosphorsäure HBr Bromwasserstoff HCl Salzsäure HF Flusssäure InGaAs Verbindungshalbleiter, bestehend aus Indium, Gallium und Arsen InGaSb Verbindungshalbleiter, bestehend aus Indium, Gallium und Antimon InP Indiumphosphid InSb Indiumantimonid MgO Magnesiumoxid Mn Mangan Mn5Ge3 Ferromagnetische Phase des Mangangermanids Mn5(Si1-xGex)3 Ferromagnetische Phase einer Mangan-Silizium-Germanium-Legierung Mn11Ge8 Antiferromagnetische Phase des Mangangermanids N2 Molekularer Stickstoff Ni81Fe19 Nickel-Eisen-Legierung Sb Antimon Si Silizium Einführung Abkürzungsverzeichnis xii Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de Si1-xGex Silizium-Germanium (gemeint ist ein Si1-xGex Legierungshalbleiterkristall mit einer Konzentration 0 < x < 1) SiO2 Siliziumdioxid Ti Titan TEOS Tetraethylorthosilicat Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen xiii David Weißhaupt Natur- und Materialkonstanten In der vorliegenden Arbeit werden die folgenden Naturkonstanten verwendet, die den folgenden Quellen entnommen wurden [1,2]. Die in Klammern angegebenen Werte sind mit Unsicherheiten behaftet. Boltzmann-Konstante : kB = 1,3806505(24)∙10-23 J⋅ K-1 [1] Elementarladung : q = 1,602176453(14) ∙ 10-19 C [1] Gitterkonstante Ge (T = 300 K) : a0,Ge = 0,564613 nm [2] Gitterkonstante Si (T = 300 K) : a0,Si = 0,543095 nm [2] Magnetische Feldkonstante : µ 0 = 1,256637 ∙ 10-6 N⋅ A-2 [1] Planck´sches Wirkungsquantum : h = 6,6260693(11) ∙ 10-34 J ∙ s [1] Reduziertes Planck´sches Wirkungsquantum : ℏ = 1,05457168(18) ∙ 10-34 J ∙ s [1] Ruhemasse des Elektrons : m0 = 9,1093826(16) ∙ 10-31 kg [1] Einführung Natur und Materialkonstanten xiv Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen xv David Weißhaupt Abbildungsverzeichnis Abb. 1.1: Schematische Zeichnung des Spin-FETs nach Datta und Das [12] für eine parallele Ausrichtung UG = 0 V a) und antiparallele Ausrichtung UG ≠ 0 V b) der Elektronenspins im Halbleiter zur Magnetisierung des ferromagnetischen Drain- Kontakts. 2 Abb. 1.2: Entwicklung der Tieftemperatur-Hall-Beweglichkeit von 2DHGs. Das 2DHG wird entweder in einem Si1-xGex- (rot) oder Ge-QW etabliert. Mithilfe der verschiedenen Techniken konnten unterschiedlich hohe Tieftemperatur-Hall-Beweglichkeiten demonstriert werden. 5 Abb. 2.1: Schematische Anordnung einer Hall-Struktur zur Durchführung der Hall-Messung in einem externen Magnetfeld B. Die blauen Rechtecke symbolisieren die Metall- Kontakte A bis H. Die grauen Stege repräsentieren das zu vermessene Material bzw. System. In dieser Arbeit entspricht das dem Ge-QW. 12 Abb. 2.2: Schematische Durchführung der vdP-Methode zur Bestimmung des Widerstands a) und der Hall-Spannung b). Die blauen Rechtecke symbolisieren die Metall-Kontakte A bis D. Die grauen Fläche repräsentiert das zu vermessene Material bzw. System. In dieser Arbeit entspricht das dem Ge-QW. 15 Abb. 2.3: Überblick der verschiedenen Streumechanismen in einem Halbleiter. 16 Abb. 2.4: Schematische Darstellung der Heteroepitaxie zweier Materialien A und B mit unterschiedlicher Gitterkonstante a0,A ≠ a0,B. Gezeigt werden die Fälle für a) eine pseudomorph aufgewachsene Schicht B sowie b) eine vollständig relaxierte Schicht B. 19 Abb. 2.5: Schematisches Banddiagramm eines a) Typ I und b) Typ II Heteroübergangs. 19 Abb. 2.6: Schematisches Valenzband eines Ge-QWs in Abhängigkeit der Verspannung: a) relaxiert, b) druckverspannt und c) zugverspannt in der xy-Ebene. Das SO-Band wurde hier vernachlässigt. 22 Einführung Abbildungsverzeichnis xvi Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de Abb. 2.7: Schematischer Verlauf des Valenzbandes einer Si1-xGex/Ge/Si1-xGex Heterostruktur ohne a) und mit b) Modulationsdotierung. Die Modulationsdotierung befindet sich in einem definierten Abstand („Spacer“) zum Ge-QW. Durch Transfer der Ladungsträger in den energetisch günstigeren Ge-QW bildet sich ein 2DHG aus. 24 Abb. 2.8: Dispersionsrelation a) und zwei-dimensionale Zustandsdichte b) eines 2DEGs (2DHGs) ohne Magnetfeld. Das Anlegen eines Magnetfeldes B bewirkt ein Aufspalten des kontinuierlichen Energiebandes in diskrete Landau-Niveaus c) mit energetischem Abstand ℏωc. Die Zustandsdichte d) kondensiert zu einer Serie von δ −Funktionen mit Linienverbreiterung Γ. In Abhängigkeit des Magnetfeldes durchwandern die Landau-Niveaus die Fermi-Energie Ef e). 27 Abb. 2.9: Spinabhängige Zustandsdichte eines Ferromagnets a). Im Widerstandsmodell kann der Ferromagnet durch zwei separate Widerstände für die jeweiligen Spin- Orientierung „Spin-Up“ und „Spin-Down“ dargestellt werden b). 30 Abb. 2.10: Schematische Darstellung eines Spin-Ventil Bauelements bestehend aus einem Ferromagnet-Halbleiter-Ferromagnet Materialschichtstapel (FM-HL-FM) und zugehöriges Widerstandsmodell. Es wird unterschieden zwischen den Fällen paralleler a) und antiparalleler b) Magnetisierung der beiden Ferromagneten. Der Widerstand des Halbleiters ist unabhängig von der Spin-Orientierung und wird hier vernachlässigt. Der resultierende Gesamtwiderstand unterscheidet sich für die beiden Fälle. 33 Abb. 2.11: Schematische Darstellung der Spin-Drift-Messung anhand des lateralen Mn5Ge3/Ge 2DHG/Mn5Ge3 Spin-Ventil Bauelements. Der Strom IDC + IAC wird über die „äußeren“ Ferromagneten vorgegeben. Die Spannung UAC wird zwischen den beiden „inneren“ Ferromagneten gemessen. Durch die 4-Punkt-Messung kann der Einfluss des Kontaktwiderstands unterdrückt werden. 35 Abb. 3.1: Schematischer Prozessablauf startend mit der Epitaxie der Si1-xGex/Ge/Si1-xGex Heterostruktur bis hin zur finalen Messung des entsprechenden Bauelements. 37 Abb. 3.2: Schematischer Schichtstapel einer Si1-xGex/Ge/Si1-xGex Heterostruktur a) und zugehöriges Temperaturprofil während des Wachstums b). Die Schichtdicken sind nicht maßstabsgetreu. 40 Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen xvii David Weißhaupt Abb. 3.3: Schematischer Herstellungsprozess der Hall-Elemente auf Basis eines Ge 2DHGs mit der Hall-Struktur (links) und vdP-Geometrie (rechts). Die einzelnen Schritte zeigen das Strukturieren der Kontakte a) bzw. b), das Tempern zum Kontaktieren des vergrabenen Ge-QWs c) bzw. d) und die Strukturierung der Mesa. g) bzw. h) zeigen das finale Bauelement. 42 Abb. 3.4: Übersicht des Temperaturverlaufes zur Bildung der Mn5Ge3-Schicht a). Die Mn5Ge3- Mikromagnete werden in unterschiedlichen Geometrien hergestellt: b) 3 mm x 3 mm, c) 10 µm x 20 µm und d) 5 µm x 20 µm. 44 Abb. 3.5: Schematischer Herstellungsprozess eines Mn5Ge3-Mikromagnets auf einem Ge-QW. Die einzelnen Schritte zeigen die Abscheidung und Strukturierung einer SiO2- Hartmaske a), das Ar-Ionen basierte Rückätzen auf den Ge-QW b), die ganzflächige Mn-Abscheidung c), die Bildung von Mn5Ge3 in den rückgeätzten Kontaktfenstern durch Tempern d) und das finale Verkapseln mit Mn e). h) zeigt einen Ausschnitt eines finalen Arrays (10 µm x 20 µm). 45 Abb. 3.6: Beispielhafte REM-Aufnahmen einer Ge-QW Probe, die das „Microtrenching“ als Folge einer zu steilen Ätzflanke der SiO2-Hartmaske zeigt. Außerdem ist „Fencing“ zu beobachten. 46 Abb. 3.7: HR-TEM- und EDX-Analyse zur Überprüfung des vorgestellten Prozesses zum Wachstum von ferromagnetischen Mn5Ge3-Kontakten auf einem Ge-QW: a) zugehörige HR-TEM- und EDX-Analyse der Mn5Ge3-Kontakte gewachsen auf einer Ge 2DHG Probe (Sample_111, siehe nachfolgende Kapitel). b) und c) EDX Linienscans außerhalb und innerhalb eines Mn5Ge3-Kontakts. 48 Abb. 3.8: Schematischer Herstellungsprozess eines Spin-Ventil Bauelements startend auf der gewachsenen Heterostruktur a). Die einzelnen Schritte zeigen die Ätzung der Mesa b), die Abscheidung einer SiO2-Hartmaske bzw. Passivierung c), das Rückätzen auf den Ge-QW d), die Formierung der Mn5Ge3-Kontakte e) und die Al-Metallisierung f). g) zeigt das finale Bauelement mit REM-Aufnahmen der mittleren Kontakte. 50 Abb. 3.9: Beispielhafte REM-Aufnahme eines Spin-Ventil Bauelements, bei dem die mittleren Mn5Ge3-Kontakte aufgrund der nass-chemischen Strukturierung der SiO2-Hartmaske / Passivierungsschicht zusammenwachsen. 51 Einführung Abbildungsverzeichnis xviii Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de Abb. 3.10: REM-Aufnahmen eines prozessierten MODFETs mit Ti-Kontakten. Die Bilder a) und b) zeigen das gleiche Bauelement mit verschiedener Auflösung. 53 Abb. 3.11: Schematischer Herstellungsprozess eines MODFETs auf Basis der gewachsenen Heterostruktur a). Die einzelnen Schritte zeigen die Ätzung der Mesa b), Abscheidung einer Al2O3-Hartmaske c), Rückätzen auf den Ge-QW d), Kontaktierung des Ge-QWs mittels Ti e), Abscheidung des Al2O3-GOXs f), Strukturierung des Ti-Gates g), Abscheidung der SiO2-Passivierung h), Öffnen der Oxid-Fenster i) und finale Al-Metallisierung j). 54 Abb. 3.12: Übersicht der AVT. a) zeigt ein prozessiertes Bruchstück mit Hall-Elementen vor der AVT. b) zeigt eine final aufgebaute Hall-Struktur und c) ein Spin-Ventil Bauelement nach der AVT. 55 Abb. 4.1: Strukturelle Analyse der Ge 2DHG Proben auf der (100) Kristallorientierung. Repräsentativ für alle Proben zeigt a) ein RSM- und b) eine AFM-Aufnahme der Probe Mod_5_17. Die XRD θ − 2θ Diagramme vergleichen die Proben mit unterschiedlicher Modulationsdotierung a) und Ge-QW Dicke b) untereinander. 61 Abb. 4.2: Strukturelle Analyse der Ge 2DHG Probe Sample_111 auf der (111) Kristallorientierung bestehend aus HR-XRD- a), AFM- b) und TEM-Messungen c). 63 Abb. 4.3: Schematischer Aufbau für die Magnetwiderstandsmessungen an den Mn5Ge3/Ge 2DHG/Mn5Ge3 Spin-Ventil Bauelementen. 66 Abb. 5.1: Klassische Transportuntersuchungen der Proben mit unterschiedlicher Modulationsdotierung und Ge-QW Dicke: Temperaturabhängige Hall-Beweglichkeit und Hall-Ladungsträgerdichte a) und b) sowie deren Abhängigkeit von Modulationsdotierung c) und Ge-QW Dicke d) bei einer Temperatur von T = 2 K. 70 Abb. 5.2: Übersicht der Magnetwiderstandsmessungen an den Proben mit unterschiedlicher Modulationsdotierung und Ge-QW Dicke: Magnetwiderstandsmessungen der Probe Mod_5_17 a) und b). Vergleich der normierten Magnetwiderstandsverläufe im Feldbereich von 0 T ≤ B ≤ 2 T für verschiedene Modulationsdotierungen c) und Ge-QW Dicken d) und zugehörige Gegenüberstellung der Hall- und SdH- Ladungsträgerdichte e) und f). 73 Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen xix David Weißhaupt Abb. 5.3: Quantenmechanische Transportuntersuchungen der Proben mit unterschiedlicher Modulationsdotierung und Ge-QW Dicke: effektive Massen a) und b), Quantenstreuzeit und Dingle-Verhältnis c) und d) sowie die errechnete Spin-Flip- Länge unter der Annahme des „Worst-Case“ Szenarios e) und f). 77 Abb. 5.4: (Spin-)Transportuntersuchungen auf der (111) Kristallorientierung (Sample_111): temperaturabhängige Hall-Beweglichkeit und Hall-Ladungsträgerdichte a), temperaturabhängige Magnetwiderstandsmessung b) und Magnetwiderstandsmessung bis zu einem maximalen externen magnetischen Feld von B = 15 T, gemessen bei einer Temperatur von T = 2 K c). 83 Abb. 6.1: Magnetische Eigenschaften von Mn5Ge3-Schichten auf rückgeätzten Ge-QW Proben: Vergleich der temperaturabhängigen Magnetisierung a) und zugehörigen Magnetisierungskurve b) der Mn5Ge3-Schicht, gewachsen auf einer (111) Kristallorientierung, mit einer Referenzprobe. Vergleich der temperaturabhängigen Magnetisierung c) und Magnetisierungskurve d) für die verschiedenen Kristallorientierungen. 92 Abb. 6.2: a) Temperaturabhängige Hall-Beweglichkeit und Hall-Ladungsträgerdichte der Probe Sample_111 mit Al- bzw. Mn5Ge3-Kontakten. b) zeigt die zugehörigen spezifischen Schichtwiderstände sowie den spezifischen Schichtwiderstand der Mn5Ge3-Schicht. 94 Abb. 6.3: Formanisotropie von Mn5Ge3-Schichten auf einem rückgeätzten Ge-QW mit einer (111) Kristallorientierung: Temperaturabhängige Magnetisierung a) und zugehörige Sprunghöhe b) in Abhängigkeit des Umfangs der Kontaktfläche. Zugehörige Magnetisierungskurven bei einer Temperatur von T = 5 K c) und T = 200 K d). 97 Abb. 7.1: a) Temperaturabhängiger differentieller Widerstand der Spin-Ventil Struktur der Probe Sample_111. Die Messung wurde ohne externes magnetisches Feld durchgeführt. b) zugehöriger Arbeitspunkt IDC in Abhängigkeit der angelegten DC Spannung UDC für ausgewählte Temperaturen. 102 Einführung Abbildungsverzeichnis xx Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de Abb. 7.2: a) GMR-Signal des lateralen Mn5Ge3/Ge 2DHG/Mn5Ge3 Spin-Ventil Bauelements mit einer Kanallänge von l = 130 nm, für eine Temperatur von T = 2 K und einem Arbeitspunkt von IDC = 20 µA. b) Entwicklung des GMR-Signals in Abhängigkeit des gewählten Arbeitspunktes. Schematische Banddiagramme ohne c) und mit d) einer für die elektrische Spin-Injektion ausreichend hohen Vorspannung des Mn5Ge3/Ge-Schottky-Kontakts. e) extrahiertes GMR-Verhältnis für die verschiedenen Arbeitspunkte bei einer Temperatur von T = 2 K. 106 Abb. 7.3: a) GMR-Signal des lateralen Mn5Ge3/Ge 2DHG/Mn5Ge3 Spin-Ventil Bauelements mit einer Kanallänge von l = 130 nm für verschiedene Temperaturen. Der Arbeitspunkt wurde für einen maximalen Signalhub angepasst. b) extrahiertes GMR- Verhältnis für die verschiedenen Temperaturen. 107 Abb. 7.4: Abhängigkeit des GMR-Signals des Spin-Ventil Bauelements mit einer Kanallänge von l = 130 nm von der Feldänderungsrate R. Für alle Messungen beträgt die Temperatur T = 2 K und der Arbeitspunkt IDC = 24 µA. 108 Abb. 7.5: Vergleich zweier unabhängig voneinander durchgeführter Messungen anhand des Spin-Ventil Bauelements mit einer Kanallänge von l = 130 nm. Für alle Messungen beträgt die Temperatur T = 2 K und der Arbeitspunkt IDC = 25 µA. a) und b) zeigen den jeweiligen Hin- bzw. Rücksweep der jeweiligen Messung. 109 Abb. 8.1: DC-Charakterisierung des Ge 2DHG MODFETs der Probe Mod_5_17: a) temperaturabhängige Transferkennlinie und b) Ausgangskennlinienfeld, aufgenommen bei einer Temperatur von T = 7,5 K. 114 Abb. 8.2: Abhängigkeit der DC-Charakteristik der Ge 2DHG MODFETs von der Modulationsdotierung: a) temperaturabhängiges An-Aus-Verhältnis und b) temperaturabhängiger Sub-Threshold-Swing der Transferkennlinie. Vergleich der Hall-Beweglichkeit mit der effektiven Beweglichkeit für die Temperaturen von T = 300 K und T = 7,5 K. 116 Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen xxi David Weißhaupt Abb. C.1: Schematischer Herstellungsprozess eines Spin-MODFETs: a) Strukturierung Mesa, b) Abscheidung Al2O3-Hartmaske, c) Rückätzen auf den Ge-QW, d) Wachstum Mn5Ge3-Kontakte, e) Ti Verkapselung, f) Abscheidung Al2O3 GOX, g) Strukturierung Ti Gate, h) Abscheidung SiO2 Passivierung, i), Öffnen Oxid-Fenster und j) Al-Metallisierung. 158 Abb. D.1: RSM-Messungen der Ge 2DHG Proben mit verschiedenen Modulationsdotierungen auf der (100) Kristallorientierung. 159 Abb. D.2: RSM-Messungen der Ge 2DHG Proben mit verschiedenen Ge-QW Dicken auf der (100) Kristallorientierung. 160 Abb. D.3: XRD θ − 2θ Diagramm der Probe Sample_111. 161 Abb. D.4:AFM-Messungen der Ge 2DHG Proben mit verschiedenen Modulationsdotierungen auf der (100) Kristallorientierung. 161 Abb. D.5: AFM-Messungen der Ge 2DHG Proben mit verschiedenen Ge-QW Dicken auf der (100) Kristallorientierung. 162 Einführung Abbildungsverzeichnis xxii Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen xxiii David Weißhaupt Tabellenverzeichnis Tab. 1.1: Übersicht der Publikationen, auf die sich die jeweiligen Kapitel dieser Arbeit beziehen. 8 Tab. 4.1: Übersicht der Ge 2DHG Proben mit der Variation von Modulationsdotierung, Ge- QW Dicke und Kristallorientierung. 58 Tab. 4.2: Zusammenfassung der strukturellen Analyse der Ge 2DHG Proben auf der (100) Kristallorientierung. 60 Tab. 4.3: Zusammenfassung der strukturellen Analyse der Ge 2DHG Probe Sample_111 auf der (111) Kristallorientierung. 63 Tab. 5.1: Übersicht der (Spin-)Transportdaten für eine Temperatur von T = 2 K. Die effektive Masse sowie die Quantenstreuzeit wurde aus den Magnetwiderstandsmessungen extrahiert. Der Diffusionskoeffizient und die Spin-Flip-Länge wurden berechnet. Der Fehlerbalken des Diffusionskoeffizienten ist vernachlässigbar. 78 Tab. 5.2: (Spin-)Transporteigenschaften der Probe Sample_111 für eine Temperatur von T = 2 K. Die effektive Masse sowie die Quantenstreuzeit wurde aus den Magnetwiderstandsmessungen extrahiert. Der Diffusionskoeffizient, die Spin-Flip- Länge sowie die ballistische Länge wurden berechnet. Der Fehlerbalken des Diffusionskoeffizienten ist vernachlässigbar. 83 Tab. 6.1: Zusammenfassung der extrahierten magnetischen Eigenschaften der in diesem Kapitel untersuchten Mn5Ge3-Schichten. Die Koerzitivfeldstärke und das Verhältnis aus Remanenz- und Sättigungsmagnetisierung wurden bei einer Temperatur von T = 5 K extrahiert. 91 Tab. 6.2: Zusammenfassung der extrahierten magnetischen Eigenschaften für die verschiedenen Geometrien an Mn5Ge3-Kontakten. Die Koerzitivfeldstärke und das Verhältnis aus Remanenz- und Sättigungsmagnetisierung sind für die Temperaturen von T = 5 K und T = 200 K angegeben. 96 Tab. 6.3: Verschiebung der Magnetisierungskurven aufgrund des „Exchange-Bias-Effektes“. 97 Einführung Tabellenverzeichnis xxiv Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de Tab. 8.1: Vergleich der Hall-Beweglichkeit mit der effektiven Beweglichkeit der Proben mit verschiedener Modulationsdotierung für die Temperaturen von T = 300 K und T = 7,5 K. 117 Tab. B.1: Detaillierte Auflistung des Prozesses zur Herstellung der Hall-Elemente nach Kapitel 3.2.1. 141 Tab. B.2: Detaillierte Auflistung des Prozesses zur Herstellung der Mn5Ge3-Mikromagnete nach Kapitel 3.2.2. 143 Tab. B.3: Detaillierte Auflistung des Prozesses zur Herstellung der Spin-Ventil Struktur nach Kapitel 3.2.3. 145 Tab. B.4: Detaillierte Auflistung des Prozesses zur Herstellung des Ge 2DHG basierten MODFETs mit Ti-Kontakten nach Kapitel 3.2.4. 149 Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen xxv David Weißhaupt Zusammenfassung Die Halbleiter-Spintronik beschäftigt sich mit der Entwicklung neuer Bauelementkonzepte, die den intrinsischen Spin-Freiheitsgrad des Elektrons ausnutzen. Dabei werden spin-basierte Logik- Bauelemente aufgrund des geringen Energiebedarfs zum Umschalten der Spin-Orientierung als aussichtsreiche Kandidaten für zukünftige Transistor-Anwendungen diskutiert. Anzuführen sind hierfür beispielsweise der Spin-Feldeffekttransistor (FET) nach Datta und Das sowie der Spin- Metall-Oxid-Halbleiter-FET von Sugahara und Tanaka. Für diese Bauteilkonzepte müssen jedoch vier grundlegende Komponenten beherrscht werden: Die Spin-Information muss in den Halbleiter eingebracht (Spin-Injektion), transportiert sowie evtl. manipuliert (Spin-Transport & Spin- Manipulation) und final wiederum detektiert (Spin-Detektion) werden. Für die Integration dieser Bauelemente in die bestehende komplementäre Metall-Oxid-Halbleiter-Technologie ist eine elektrische Spin-Injektion bzw. Spin-Detektion notwendig. Die Realisierung von halbleiterbasierten spintronischen Bauelementen erfordert allerdings ein Materialsystem, das gute Spin- Transporteigenschaften sowie eine starke Spin-Bahn-Wechselwirkung für eine potenzielle Spin- Manipulation aufweist. Als vielversprechendes System hat sich hier das zwei-dimensionale Lochgas (engl. „two-dimensional hole gas“, 2DHG), welches in einer Si1-xGex/Ge/Si1-xGex Heterostruktur gebildet wird, erwiesen. Trotz der guten Eignung dieses Systems konnte bisher noch keine elektrische Spin-Injektion demonstriert werden, hauptsächlich wegen der Schwierigkeit, zuverlässige ferromagnetische Kontakte mit dem vergrabenen 2DHG herzustellen. Diese Arbeit befasst sich nun mit der elektrischen Spin-Injektion und Spin-Detektion in ein hochbewegliches (µ = (3,02 ± 0,01) ⋅ 104 cm2/Vs) Ge 2DHG. Die für das Ge 2DHG zugehörige Si1-xGex/Ge/Si1-xGex Heterostruktur wurde dabei mittels Molekularstrahlepitaxie epitaktisch auf einem Si-Substrat gezüchtet. Um dieses Ziel zu erreichen, werden verschiedene Untersuchungsschwerpunkte adressiert. Zunächst werden zur Optimierung der Spin-Transporteigenschaften unterschiedliche Designs der Si1-xGex/Ge/Si1-xGex Heterostruktur auf der (100) Kristallorientierung untersucht. Dazu wurden anhand von Hall-Strukturen Tieftemperaturmagnetwiderstandsmessungen durchgeführt. Hierbei werden Shubnikov-de Haas Oszillationen beobachtet, aus denen die Ladungsträgerdichte, effektive Masse und Quantenstreuzeit des Ge 2DHGs extrahiert werden. Das daraus resultierende optimierte Design mit einer Modulationsdotierung von NA = 5 ⋅ 1017 cm-3 und einer Ge-Quantentopf (engl. „quantum well“, QW) Dicke von d = 15 nm wird dann auf die (111) Kristallorientierung übertragen. Einführung Zusammenfassung xxvi Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de Für die elektrische Spin-Injektion und Spin-Detektion werden als ferromagnetischen Kontakt dünne Mn5Ge3-Schichten, die mittels Interdiffusion direkt in den Ge-QW wachsen, benutzt. Dazu wird vor der Bildung der Kontakte die gesamte Si1-xGex-Deckschicht oberhalb des Ge-QWs mithilfe eines Trocken-Ätzprozesses entfernt. Zur Untersuchung der magnetischen Eigenschaften werden die so hergestellten Mn5Ge3-Mikromagnete mit einem supraleitenden Quanteninterferenzmagnetometer analysiert. Dabei konnte nur für die (111) Kristallorientierung die ferromagnetische Natur der gewachsenen Mn5Ge3-Schicht nachgewiesen werden. Durch die Variation der Formanisotropie ergeben sich unterschiedliche Koerzitivfeldstärken. Der Nachweis der elektrischen Spin-Injektion erfolgt schließlich anhand von Magnetwiderstandsmessungen an lateralen Mn5Ge3/Ge 2DHG/Mn5Ge3 Spin-Ventil Bauelementen. Dazu werden die zuvor untersuchten ferromagnetischen Mn5Ge3-Kontakte in einem Abstand von ca. l ≈ 135 nm im vergrabenen Ge-QW platziert. Die Experimente zeigen einen Riesenmagnetowiderstand (engl. „giant magneto resistance“, GMR) als Nachweis einer erfolgreichen elektrischen Spin-Injektion. Neben der elektrischen Spin-Injektion beinhaltet das auch den Spin- Transport im Ge 2DHG sowie die finale Spin-Detektion am zweiten ferromagnetischen Mn5Ge3- Kontakt. In Übereinstimmung zu den Spin-Transportuntersuchungen zeigt das GMR-Signal eine starke Abhängigkeit von der Temperatur und konnte bis zu einer maximalen Temperatur von T = 13 K beobachtet werden. Neben der elektrischen Spin-Injektion und Spin-Detektion wird für die Realisierung von Spin- Transistoren eine funktionierende Gate-Technologie vorausgesetzt. Um diese zu demonstrieren, werden zunächst auf Basis des Ge 2DHGs klassische modulationsdotierte Feldeffekttransistoren (MODFET) hergestellt und elektrisch charakterisiert. Mit einem An-Aus-Verhältnis von ION IOFF⁄ = 3,2⋅106 bei einer Steilheit von SS = 64 mV dec⁄ könnte der Ge 2DHG MODFET unabhängig von der Halbleiter-Spintronik auch für zukünftige Tieftemperaturanwendungen interessant sein. Der Spin-FET nach Datta und Das würde dann durch das Tauschen der Source-Drain-Kontakte in ferromagnetische Mn5Ge3-Kontakte entstehen. Technologisch bedingt sind im Rahmen dieser Arbeit allerdings nur Transistoren mit einer minimalen Gate-Länge von L = 1 µm herstellbar. Da der Spin im Ge 2DHG über diese Länge nicht transportiert werden kann, ist die Realisierung eines Spin-Transistors technologiebedingt nicht möglich. Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen xxvii David Weißhaupt Abstract Semiconductor spintronics deals with the development of new device concepts that exploit the intrinsic spin degree of freedom of the electron. Spin-based logic devices are discussed as promising candidates for future transistor applications due to the low energy requirement for switching the spin-orientation. Examples include the spin-field-effect-transistor (FET) by Datta and Das and the spin-metal-oxide-semiconductor-FET by Sugahara and Tanaka. However, four basic components must be mastered for these device concepts: The spin-information must be introduced into the semiconductor (spin-injection), transported and possibly manipulated (spin-transport & spin- manipulation) and finally detected again (spin-detection). For the integration of these devices into the existing complementary metal-oxide-semiconductor-technology an electrical spin-injection and spin-detection is necessary. However, for the realization of spintronic devices a material system with good spin-transport properties as well as strong spin-orbit interaction effects for possible spin- manipulation is needed. The Ge two-dimensional hole gas (2DHG), which is formed in a Si1-xGex/Ge/Si1-xGex-heterostructure, have shown great promise to meet these requirements. Despite the good suitability of the material, no electrical spin-injection has yet been shown, mainly because of the difficulty in making reliable ferromagnetic contacts to the buried 2DHG channel. This work now deals with the electrical spin-injection and spin-detection into a high-mobility (µ = (3,02 ± 0,01) ⋅ 104 cm2/Vs) Ge 2DHG. The corresponding Si1-xGex/Ge/Si1-xGex- heterostructure was epitaxially grown on a Si-substrate using molecular beam epitaxy. In order to achieve this overcharging goal, various focal points of investigation are addressed. In a first step, different designs of the Si1-xGex/Ge/Si1-xGex-heterostructure on the (100) crystal orientation are investigated to optimize the spin-transport properties. For this purpose, low- temperature magnetoresistance measurements are carried out using Hall-structures. Clear Shubnikov-de Haas oscillations are observed, from which the sheet carrier density, effective mass and quantum-scattering-time of the Ge 2DHG are extracted. The resulting optimized design with a modulation-doping of NA = 5 ⋅ 1017 cm-3 and a Ge quantum well (QW) thickness of d = 15 nm is then transferred to the (111) crystal orientation. For the electrical spin-injection and spin-detection, thin Mn5Ge3-layers, which were grown directly into the Ge-QW by means of interdiffusion, were used as ferromagnetic contacts. To this end, the entire Si1-xGex capping layer above the Ge-QW was removed using an dry etching process prior to Einführung Abstract xxviii Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de contact formation. To study the magnetic properties the Mn5Ge3-micromagnets thus prepared are analyzed with a superconducting quantum interference device magnetometer. However, the ferromagnetic nature of the grown Mn5Ge3-layer could only be demonstrated for the (111) crystal orientation. Varying the shape anisotropy results in different coercive field strengths. Finally, the electrical spin-injection is verified by magnetoresistance measurements performed on lateral Mn5Ge3/Ge 2DHG/Mn5Ge3 spin-valve devices. For this purpose, the previously investigated ferromagnetic Mn5Ge3-contacts were placed in the buried Ge-QW separated by approximately l ≈ 135 nm. The experiment shows a giant magneto resistance (GMR)-signal as evidence of successful electrical spin-injection. In addition to the electrical spin-injection, this also includes the spin-transport in the Ge 2DHG as well as the final spin-detection at the second ferromagnetic Mn5Ge3 contact. In agreement with the magneto-transport measurements performed beforehand on Hall-structures, the GMR-signal shows a strong dependence on temperature and could be observed up to a maximum temperature of T = 13 K. For the final realization of a spin-transistor and in addition to the electrical-spin injection and spin- detection a functioning gate-technology is required. In order to demonstrate this, classical modulation-doped field effect transistors (MODFET) based on a Ge 2DHG are produced and electrically characterized. With an on-off ratio of ION IOFF⁄ = 3,2⋅106 and a slope of SS = 64 mV dec⁄ , the Ge 2DHG MODFET represents a promising candidate for future low- temperature applications independent of the semiconductor spintronics. The spin-FET according to Datta and Das would then be created by exchanging the source-drain- contacts to ferromagnetic Mn5Ge3-contacts. For technological reasons, however, only transistors with a minimum gate length of L = 1 µm can be produced within the scope of this work. Since the spin in the Ge 2DHG cannot be transported over this length, the realization of a spin transistor is unfortunately not possible. Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen 1 David Weißhaupt 1 Motivation und Zielsetzung der Arbeit Die während der letzten Dekaden stetige Skalierung der Halbleiterbauelemente und die damit verbundene Leistungssteigerung der komplementären Metall-Oxid-Halbleiter- (engl. „complementary metal oxide semiconductor“, CMOS) Chips wird durch das Moore´sche Gesetz beschrieben [3]. Motiviert durch die darin formulierte Profitsteigerung konnte im Jahr 2020 der Technologieknoten von fünf Nanometern erfolgreich etabliert werden. Weitere Technologieknoten von drei bzw. sogar zwei Nanometern befinden sich aktuell in der Entwicklung und sind für die kommenden Jahre zu erwarten [4]. Allerdings ist bekannt, dass dieser Trend nicht endlos weitergeführt werden kann, da in dieser Größenordnung leistungsschädliche Effekte wie beispielsweise das Ladungstunneln zunehmend auftreten. Daher werden für eine weitere Leistungsfähigkeit der integrierten CMOS-Chips neue Konzepte, basierend auf neuen physikalischen Phänomenen benötigt. Durch die Integration dieser neuen Effekte kann die Funktionalität bestehender Bauelemente entscheidend erhöht werden. Diese Konzepte werden generell unter dem Begriff „Beyond CMOS“ zusammengefasst [5]. Eines dieser „Beyond CMOS“-Konzepte ist die Halbleiter-Spintronik, bei der neben der Ladung der intrinsische Spin-Freiheitsgrad des Elektrons ausgenutzt wird [6–8]. Neben der Skalierung könnte die Einführung neuer Funktionalitäten in MOS-Bauelemente ein wichtiger Weg für zukünftige integrierte Schaltungen werden. Ausgehend von der ersten Anwendung als Magnetfeldsensor, basierend auf dem Riesenmagnetowiderstand- (engl. „giant magnetoresistance“, GMR) Effekt [9– 11], wurden seitdem verschiedene Konzepte spin-basierter Transistoren [12–14] sowie daraus resultierende Variationen [15–20] vorgeschlagen. Dabei müssen für diese Bauteilkonzepte vier grundlegende Komponenten beherrscht werden: Die Spin-Information muss in den Halbleiter eingebracht (Spin-Injektion), transportiert sowie evtl. manipuliert (Spin-Transport & Spin- Manipulation) und final wiederum detektiert (Spin-Detektion) werden. Für die Integration dieser Bauelemente ist eine elektrische Spin-Injektion bzw. Spin-Detektion notwendig.1 1 Neben der elektrischen gibt es die Möglichkeit der optischen Spin-Injektion. Da diese allerdings nicht beliebig skalierbar ist, können damit keine großen Stückzahlen produziert werden. Die optische Spin-Injektion und Spin- Detektion ist daher aus forschungstechnischer Sicht hoch interessant, allerdings für potenzielle industrielle Anwendungen im Sinne eines „Beyond CMOS“ Konzepts ungeeignet. 1 Kapitel Motivation und Zielsetzung der Arbeit 2 Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de Aus diesen Komponenten resultiert schließlich das zentrale Bauelement der Halbleiter-Spintronik: Der Spin-Feldeffekttransistor (FET) nach Datta und Das, vorgeschlagen im Jahr 1990, siehe Abb. 1.1 [12]. Der Spin-FET beruht auf der Injektion spin-polarisierter Ladungsträger über einen ferromagnetischen Source-Kontakt in einen Halbleiterkanal. Abhängig von der relativen Orientierung des Spins der Ladungsträger und der Magnetisierung der Drain-Elektrode befindet sich der Transistor im Ein- oder Aus-Zustand. Der Spin des Ladungsträgers wird zwischen der parallelen (Abb. 1.1 a)) und antiparallelen (Abb. 1.1 b)) Konfiguration relativ zur Magnetisierung des ferromagnetischen Drain-Kontakts durch die Gate-gesteuerte Rashba-Spin-Bahn-Wechselwirkung umgeschaltet. Durch dieses kontinuierliche Drehen der Spin-Orientierung relativ zur festen Magnetisierung des Drain-Kontakts resultiert die für den Spin-FET einzigartige, oszillierende Ausgangscharakteristik. Die Oszillationsamplitude wird dann maßgeblich durch den GMR-Effekt bestimmt. Der Rashba-Effekt für die Spin-Manipulation erfordert, dass die verwendete Halbleiter- Heterostruktur, die ein hochmobiles zwei-dimensionales Elektronengas (engl. „two-dimensional electron gas“, 2DEG) beherbergt, keine Inversionssymmetrie aufweist [21–24]. Darüber hinaus werden für eine effiziente Spin-Manipulation Materialien mit starker Spin-Bahn-Wechselwirkung, wie üblicherweise InGaAs, InAs und InSb, benötigt. Um den „An“ und „Aus“ Zustand des Spin- FETs zu adressieren muss die Spin-Orientierung innerhalb des 2DEGs um mindestens Pi gedreht werden können. Aus dieser Notwendigkeit ergib sich eine minimale Gate-Länge, die die Skalierbarkeit von 2DEG basierten Spin-FETs auf Submikrometer oder mehr beschränkt [25]. Abb. 1.1: Schematische Zeichnung des Spin-FETs nach Datta und Das [12] für eine parallele Ausrichtung UG = 0 V a) und antiparallele Ausrichtung UG ≠ 0 V b) der Elektronenspins im Halbleiter zur Magnetisierung des ferromagnetischen Drain-Kontakts. Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen 3 David Weißhaupt Für potentielle industrielle Anwendungen wird er als leistungsarmer Transistor diskutiert, da die Energie zum Umschalten der Spin-Orientierung um Größenordnungen kleiner als die der Coulomb- Ladeenergie in einem klassischen Metall-Oxid-Halbleiter-Feldeffekttransistor (engl. „metal oxide semiconductor field effect transistor“, MOSFET) ist, sodass die bereits heute extrem problematische Wärmeentwicklung bei Halbleiterbauelementen lösbar erscheint [26–28]. Aus forschungstechnischer Sicht ist der Datta und Das Spin-FET von großem Interesse, da er nicht nur die elektrische Spin- Injektion und Spin-Detektion sowie den Spin-Transport benötigt, sondern auch die Spin- Manipulation mithilfe eines elektrischen Feldes ermöglicht. Durch diese Vereinigung aller Komponenten innerhalb eines Bauelements ist er ein idealer Demonstrator und somit zeitgleich das Fundament für zukünftige spintronische Bauelemente. Die Realisierung dieses Bauelementkonzepts hat sich allerdings als extrem schwierig erwiesen, sodass bis heute kein Spin-FET demonstriert werden konnte. Es gibt nur eine Studie, in der eine nicht-lokale Rashba-Oszillation innerhalb eines InAs 2DEGs unter Verwendung von ferromagnetischen Ni81Fe19-Kontakten gezeigt wurde [29]. Tatsächlich besteht eine Schwierigkeit darin, ferromagnetische Kontakte zum vergrabenen Kanal zu bringen, ohne die Ladungsträgerdichte des 2DEGs zu verarmen. Während mittlerweile verschiedene Gruppen über die erfolgreiche elektrische Spin-Injektion in vergrabene 2DEGs in Gruppe III-V Verbindungshalbleiter berichtet haben [30–34], konnte im CMOS-kompatiblen Pendant lediglich eine Arbeit [35] eine erfolgreiche Spin-Injektion in ein Si 2DEG unter der Verwendung von ferromagnetischen Mn5(Si1-xGex)3- Kontakten vermelden. Jedoch ist die Spin-Bahn-Wechselwirkung in Si schwach und folglich eine Implementierung eines Spin-FETs unter Verwendung von Si als Kanalmaterial nicht realistisch. Zu diesem Zweck werden Materialien mit größeren Spin-Bahn-Wechselwirkungen benötigt. Ein CMOS-kompatibles Materialsystem, welches sich für die Realisierung eines Spin-FETs als vielversprechend zeigt, ist die Si1-xGex/Ge/Si1-xGex Heterostruktur, welches ein zwei-dimensionales Lochgas (engl. „two-dimensional hole has“, 2DHG) beherbergt [36,37]. Durch die Verwendung eines 2DHGs anstelle eines 2DEGs erhöht sich infolge der größeren Spin-Bahn-Wechselwirkung von Löchern gegenüber der der Elektronen die Rashba-Energie, was in einer effizienteren Spin- Manipulation resultiert [15]. Experimentell konnten bereits Rashba-Energien, die mit den oben genannten Verbindungshalbleitern der Gruppe III-V vergleichbar sind, mithilfe verschiedener Methoden nachgewiesen werden [38–44]. Hinsichtlich der (Spin-)Transporteigenschaften konnten durch die stetige Weiterentwicklung der Wachstumsrezepte von Heterostrukturen bereits extrem hohe Beweglichkeiten der Löcher erreicht 1 Kapitel Motivation und Zielsetzung der Arbeit 4 Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de werden. Eine Übersicht dieser Entwicklung zeigt Abb. 1.2. Für die ersten Wachstumsversuche wurden noch Si1-xGex-Quantentöpfe (engl. „quantum well“, QW) (rote Symbole in Abb. 1.2), die das 2DHG beherbergen, verwendet [45–47]. Allerdings limitiert in diesen Strukturen die Legierungsstreuung die maximale Beweglichkeit. Erst durch die Einführung einer Ge virtuellen Substrat (VS) Technologie konnten hochwertige Ge-QWs, die das 2DHG beherbergen, epitaktisch gewachsen und stetig weiter optimiert werden. Abhängig von den verschiedenen Wachstumstechniken (blaue, grüne und schwarze Symbole in Abb. 1.2) konnten so über die Jahre die Beweglichkeit um Größenordnungen erhöht werden {Molekularstrahlepitaxie (engl. „molecular beam epitaxy“, MBE): [48–50], niederenergetische plasmaunterstützte chemische Gasphasenabscheidung (engl. „low-energy plasma enhanced chemical vapor deposition“, LEPE- CVD): [51,52], druckreduzierte chemische Gasphasenabscheidung (engl. „reduced-pressure chemical vapor deposition”, RP-CVD): [53–56]}. Neben der damit verbundenen klassischen Impulsrelaxationszeit ist für den Spin-Transport vor allem die Quantenstreuzeit entscheidend, da diese unabhängig vom Streuwinkel jedes Streuereignis berücksichtigt (Kapitel 2.1.5). Im Fall von Löchern ist die Spin-Orientierung stark mit dem Impuls der Löcher verknüpft, d. h. die Spin-Information wird nahezu mit jedem Streuereignis zerstört [57,58]. Für niederdimensionale Systeme, wie beispielsweise dem Ge 2DHG, kann jedoch angenommen werden, dass die Spin-Information länger erhalten bleibt. Dies konnte bereits experimentell anhand von GaAs-QW Strukturen mittels optischer Spin-Injektion demonstriert werden [59,60]. Da innerhalb der Quantenstreuzeit die Ladungsträger im Mittel nicht gestreut werden, kann diese Zeitkonstante als eine „Worst-Case“ Abschätzung für die Spin-Relaxationszeit angenommen werden. Mit Quantenstreuzeiten im unteren Pikosekunden Bereich bietet das Ge 2DHG eine vielversprechende Plattform für einen effizienten Spin-Transport [61]. Die Quantenstreuzeit wird üblicherweise aus der temperaturabhängigen Dämpfung der Schubnikow-de- Haas- (SdH) Oszillationen extrahiert. Obwohl das Ge 2DHG sehr gute (Spin-)Transporteigenschaften besitzt und die Möglichkeit einer effizienten Spin-Manipulation über ein elektrisches Feld theoretisch bietet, konnte bisher keine elektrische Spin-Injektion gezeigt werden. Sämtliche elektrische Spin-Injektions-Experimente wurden bis dato an dotierten Ge-Oberflächenkanälen mithilfe von 3-Terminal-Strukturen [62–65] oder 4-Terminal-Strukturen [66–68] durchgeführt. Dabei liegt wie bereits erwähnt die Hauptschwierigkeit darin, das vergrabene 2DHG mit einem ferromagnetischen Material zu kontaktieren. Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen 5 David Weißhaupt Abb. 1.2: Entwicklung der Tieftemperatur-Hall-Beweglichkeit von 2DHGs. Das 2DHG wird entweder in einem Si1-xGex- (rot) oder Ge-QW etabliert. Mithilfe der verschiedenen Techniken konnten unterschiedlich hohe Tieftemperatur-Hall-Beweglichkeiten demonstriert werden. Das Ziel der hier vorliegenden Arbeit ist nun einen Beitrag zur Entwicklung und Realisierung von Ge 2DHG basierter Spin-FETs zu leisten. Aufbauend auf den bisherigen Forschungsergebnissen ergeben sich so insgesamt vier verschiedene Untersuchungsschwerpunkte: Zunächst stellt sich die Frage nach dem epitaktischen Wachstum und damit verbunden dem Design der erforderlichen Heterostruktur. Wie müssen kritische Parameter, wie beispielsweise die Höhe der Modulationsdotierung gewählt werden und welche Auswirkung haben diese auf die daraus resultierenden (Spin-)Transporteigenschaften? Können auch mittels MBE Si1-xGex/Ge/Si1-xGex Heterostrukturen gewachsen werden, die diese ultra-hohen Beweglichkeiten erreichen (siehe Abb. 1.2) und wodurch wird in diesen die Tieftemperatur-Hall-Beweglichkeit limitiert? Der zweite Untersuchungsschwerpunkt beschäftigt sich mit den ferromagnetischen Kontakten, die für die elektrische Spin-Injektion und Spin-Detektion erforderlich sind. Am Institut für Halbleitertechnik (IHT) haben sich Mn5Ge3-Schichten, die mittels Interdiffusion epitaktisch gewachsen werden, etabliert [69–73]. Dabei ist für das epitaktische Wachstum der ferromagnetischen Mn5Ge3-Phase die (111) Kristallorientierung zu bevorzugen, auch wenn in der Zwischenzeit von erfolgreichen Experimenten auf der (100) Kristallorientierung berichtet wurde [74]. Die Herausforderung auf Basis des Ge 2DHGs ist das Wachstum dünner Mn5Ge3-Schichten, die direkt in den vergrabenen Ge-QW hineinwachsen. Dazu wird (in dieser Arbeit) vor der Bildung der Mn5Ge3-Kontakte die gesamte Si1-xGex-Deckschicht oberhalb des Ge-QW mithilfe eines Trocken-Ätzprozesses entfernt. Zur Untersuchung der magnetischen Eigenschaften werden 1980 1990 2000 2010 202025 50 200 300 104 105 106 107 MBE Si1-xGex MBE Ge LEPE-CVD Ge RP-CVD Ge B e w e g li c h k e it µ ( c m 2 / V s) Jahr Si1-xGex-QW µ = 5,5104 cm2/Vs µ = 1,2105 cm2/Vs µ = 1,5106 cm2/Vs µ = 1,9104 cm2/Vs Ge-QW 1 Kapitel Motivation und Zielsetzung der Arbeit 6 Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de Mn5Ge3-Mikromagnete als Array angeordnet hergestellt und mit einem supraleitenden Quanteninterferenzmagnetometer (engl. „superconducting quantum interference device“, SQUID) analysiert. Neben der Frage nach den magnetischen Eigenschaften und dem Einfluss der Formanisotropie ist zu klären, ob das 2DHG verarmt. Können dünne Mn5Ge3-Schichten so im Ge- QW etabliert werden, ohne dass das darin enthaltene 2DHG zerstören wird? Und darüber hinaus: Zeigt sich eine Abhängigkeit von der gewählten Kristallorientierung? Der dritte Untersuchungsschwerpunkt verkörpert das primäre Ziel der elektrischen Spin-Injektion und Spin-Detektion in ein Ge 2DHG. Der Nachweis soll anhand eines lateralen Mn5Ge3/Ge 2DHG/Mn5Ge3 Spin-Ventil Aufbaus erfolgen. Dazu werden die ferromagnetischen Mn5Ge3-Kontakte in einem Abstand von ca. l ≈ 135 nm im Ge-QW platziert. Kann anhand dieses Aufbaus eine elektrische Spin-Injektion und Spin-Detektion experimentell nachgewiesen werden? Falls ja, in wieweit kann dann die Erwartungshaltung aus den (Spin-)Transportmessungen bestätigt werden, d. h. wie weit wird die Spin-Polarisation im Ge 2DHG transportiert? Im vierten Untersuchungsschwerpunkt wird schließlich die Idee eines Transistors auf Basis eines Ge 2DHGs verfolgt. Hierbei soll zunächst das Schaltverhalten und die Funktionalität anhand eines klassischen modulationsdotierten Feldeffekttransistors (MODFET) demonstriert werden. Da der Spin-FET nach Datta und Das durch das Tauschen der Source-Drain-Kontakte in ferromagnetische Mn5Ge3-Kontakte entsteht, stellt der klassische MODFET eine notwendige technologische Voraussetzung für die Herstellung eines funktionierenden Spin-FETs dar. Die vorliegende Arbeit ist daher wie folgt gegliedert: Zunächst werden in Kapitel 2 die theoretischen Hintergründe von 2DEGs bzw. 2DHGs, insbesondere deren Quantenphänomene bei tiefen Temperaturen und im Magnetfeld, eingeführt. Außerdem enthält dieses Kapitel eine Einführung in die elektrische Spin-Injektion und Spin-Detektion sowie den Spin-Transport in eine(r) Halbleiter-Heterostruktur. Neben den theoretischen Grundlagen werden die Methoden zur Auswertung der verschiedenen Messungen vorgestellt. Das sich anschließende Kapitel 3 liefert Details nicht nur zum MBE-Wachstum, sondern auch zur Herstellung der für die Messung benötigten Bauelemente. Dabei war es für jeden der genannten Untersuchungsschwerpunkte notwendig, ein zugehöriges Bauelement zu designen und den entsprechenden Prozess im Reinraum zu entwickeln. Mögliche Fehlerquellen werden aufgezeigt. Kapitel 4 gibt einen Überblick der in dieser Arbeit diskutierten Proben sowie eine Einführung in die verwendeten Messgeräte. Auf Basis verschiedener analytischer Methoden wird die Kristallanalyse der Proben durchgeführt und Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen 7 David Weißhaupt auftretende Unterschiede zwischen den Proben diskutiert. Der Ergebnisteil der Arbeit orientiert sich an den genannten Untersuchungsschwerpunkten und ist dementsprechend in vier Teile gegliedert. Dazu präsentiert Kapitel 5 die Ergebnisse der Untersuchung zu den (Spin-)Transporteigenschaften und deren Abhängigkeit vom Design der gewachsenen Halbleiter-Heterostruktur, d. h. der Höhe der Modulationsdotierung, Ge-QW Dicke und Kristallorientierung. Streumechanismen, die die Hall- Beweglichkeit limitieren könnten, werden diskutiert und mit den experimentellen Daten verglichen. Auf Basis der Quantenstreuzeit wird eine „Worst-Case“ Abschätzung für die zu erwartende Spin- Flip-Länge gegeben. Im zweiten Teil, Kapitel 6, werden die magnetischen Eigenschaften von dünnen Mn5Ge3-Schichten, die direkt in den Ge-QW gewachsen werden, vorgestellt. Der Einfluss der Formgebung sowie die Abhängigkeit von der Kristallorientierung werden diskutiert. Daran schließen sich die Experimente zur elektrische Spin-Injektion und Spin-Detektion in Kapitel 7 an. Kapitel 8 beschäftigt sich dann mit der Demonstration eines MODFETs. Die temperaturabhängige Transfer- und Ausgangscharakteristik wird diskutiert. Zusätzlich wird der Einfluss der Modulationsdotierung auf die Performance des MODFETs gezeigt und mit den Ergebnissen der (Spin-)Transportuntersuchungen verglichen. Zum Abschluss wird in Kapitel 9 die finale Diskussion über die Realisierbarkeit eines Datta und Das Spin-FETs auf Basis eines Ge 2DHGs geführt. Es ist vorwegzunehmen, dass im Rahmen dieser Arbeit der Spin-FET nicht realisiert werden konnte. Grund dafür ist eine fehlende Prozess-Technologie, die Prozesse mit mehreren Maskenebenen im Bereich kritischer Abstände von l ≤ 100 nm erfordert. Die dort geführte Diskussion ist daher theoretischer Natur. Die im Ergebnisteil dieser Arbeit diskutierten Untersuchungen entstanden in enger Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern Prof. Dr. habil. Joris van Slageren und Dr. Dominik Bloos vom Institut für physikalische Chemie (IPC) der Universität Stuttgart, Dr. Christoph Sürgers vom Physikalischen Institut (PHI) am Karlsruher Institut für Technologie und Prof. Dr. habil. Inga Fischer vom Institut für Experimentalphysik und funktionelle Materialien der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus. Dabei wurden die verschiedenen Messungen, wie in Kapitel 4.2 namentlich in den Überschriften gekennzeichnet, an den verschiedenen Instituten durchgeführt. Darüber hinaus sind die präsentierten Ergebnisse angelehnt an die aus dieser Zusammenarbeit entstandenen Publikationen, die der Tabelle 1.1 entnommen werden können. Inhaltlich gliedern sich die entsprechenden Kapitel in dieser Arbeit in eine separate Einleitung, Diskussion der Ergebnisse und Zusammenfassung. 1 Kapitel Motivation und Zielsetzung der Arbeit 8 Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de Die in Kapitel 3.2.2 und Kapitel 4.1.2 gezeigten hochauflösenden Transmissionselektronen- mikroskopie- (engl. „high resolution transmission electron microscopy“, HR-TEM) und energiedispersive Röntgenspektroskopie- (engl. „energy dispersive X-ray spectroscopy“, EDX) Analysen wurden von Prof. Dr. Christian Wenger und Dr. Markus Schubert vom Leibnitz-Institut für innovative Mikroelektronik (IHP), Frankfurt (Oder), durchgeführt. Die in Kapitel 6 präsentierten SQUID-Magnetometermessungen an den Mn5Ge3-Kontakten wurden von Dr. Gerda Fischer vom PHI am Karlsruher Institut für Technologie durchgeführt. Die Epitaxie der Ge 2DHG Proben mittels MBE sowie die hochauflösenden Röntgendiffraktometrie- (engl. „high resolution X-ray diffraction“, HR-XRD) Untersuchungen in Kapitel 4.1 wurden am IHT von Herrn Dr. Oehme durchgeführt. Das in-situ Wachstum der ferromagnetischen Mn5Ge3 wurde am IHT von Herrn Hannes Funk durchgeführt. Tab. 1.1: Übersicht der Publikationen, auf die sich die jeweiligen Kapitel dieser Arbeit beziehen. Publikation Status Kapitel 5 “Impact of Modulation-doping and Quantum Well- Thickness on the Transport Properties of SiGe/Ge Heterostructures” In Begutachtung Kapitel 6 “Formation of Mn5Ge3 on a Recess-Etched Ge (111) Quantum-Well Structure for Semiconductor Spintronics" publiziert Kapitel 7 „Electrical Spin injection from Mn5Ge3 contacts into a High Mobility Ge 2D Hole Gas” In Begutachtung Kapitel 8 “High Mobility Ge 2DHG based MODFETs for Low- Temperature Applications” In Begutachtung Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen 9 David Weißhaupt 2 Theorie und Methoden Dieses Kapitel bildet eine Zusammenfassung der theoretischen Grundlagen, die zum Verständnis der vorliegenden Arbeit benötigt werden. Zusätzlich werden die Methoden zur Auswertung der verschiedenen Messungen aufgezeigt. 2.1 Elektrische Leitfähigkeit und Streumechanismen im Halbleiter Nachfolgend wird in die Grundlagen zur elektrischen Leitfähigkeit nach dem Drude-Modell eingeführt [75]. Die Beschreibungen basieren dabei auf den Darstellungen in [2,76,77]. Es wird unterschieden zwischen den Fällen ohne und mit extern angelegtem Magnetfeld. Die Methoden zur Hall-Messung anhand von Hall-Strukturen sowie anhand von van-der-Pauw- (vdP) Geometrien werden vorgestellt. Abschließend wird auf die verschiedenen Streumechanismen der Ladungsträger im Halbleiter eingegangen. 2.1.1 Drude-Modell ohne externes Magnetfeld In leitenden Materialien folgen die Ladungsträger einer ungerichteten thermischen Bewegung. Durch das Anlegen eines externen gerichteten elektrischen Feldes E⃗⃗ werden die Ladungsträger beschleunigt, d. h. es ergibt sich eine gerichtete Geschwindigkeitskomponente. Durch Wechselwirkungen mit dem (Halbleiter-)Kristall, sogenannte Streuprozesse, als auch der Ladungsträger untereinander, werden die Ladungsträger wieder abgebremst. Es resultiert eine mittlere Driftgeschwindigkeit vd⃗⃗ . Basierend auf dem beschriebenen Drude-Modell ergibt sich die nachfolgende Bewegungsgleichung m* ( d dt + 1 τ ) vd⃗⃗ = q⋅ E⃗⃗ , (2.1) mit τ der mittleren Stoßzeit zwischen zwei Streuevents, m* der effektiven Masse und q der Elementarladung. Für den stationären Fall, d. h. die mittlere Driftgeschwindigkeit der Ladungsträger ändert sich nicht mehr, ergibt sich: vd⃗⃗ = qτ m* ⋅ E⃗⃗ (2.2) 2 Kapitel Theorie und Methoden 10 Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de Die Proportionalität zwischen dem anliegenden elektrischen Feld E⃗⃗ und der mittleren Driftgeschwindigkeit vd⃗⃗ wird als Beweglichkeit µ definiert. µ = qτ m* (2.3) Die Ladungsträger, die sich kollektiv mit der mittleren Driftgeschwindigkeit vd⃗⃗ durch das Material bewegen, erzeugen eine Stromdichte j j = nq⋅ vd⃗⃗ = nqµ⋅ E⃗⃗ = nq2τ m* ⋅ E,⃗⃗ ⃗ (2.4) mit n der Ladungsträgerkonzentration. Die Proportionalität zwischen dem anliegenden elektrischen Feld E⃗⃗ und der resultierenden Stromdichte j wird als Drude-Leitfähigkeit σ0 bezeichnet: σ0 = nq2τ m* (2.5) Für den inversen Fall gilt: E⃗⃗ = 1 σ0 ⋅ j = ρ 0 ⋅ j , (2.6) wobei ρ 0 der spezifische Widerstand des Materials ist. 2.1.2 Drude-Modell mit externem Magnetfeld Befindet sich das Material im externen magnetischen Feld B⃗ muss zusätzlich die Lorentzkraft berücksichtigt werden. Es resultiert die angepasste Bewegungsgleichung: m*⋅ ( d dt + 1 τ ) ⋅ vd⃗⃗ = q⋅ (E⃗⃗ + vd⃗⃗ × B⃗ ) (2.7) Unter Annahme eines statischen Problems und dass das magnetische Feld entlang der z-Achse angelegt wird, d. h. B⃗ = B ⋅ ez⃗⃗ , ergibt sich für die einzelnen Komponenten der mittleren Driftgeschwindigkeit: Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen 11 David Weißhaupt vx = qτ m* ⋅ Ex + qB m* τ ⋅ vy vy = qτ m* ⋅ Ey - qB m* τ ⋅ vx vz = qτ m* ⋅ Ez (2.8) Analog zur vorangegangen Rechnung ohne externes Magnetfeld, d. h. unter Verwendung der Zusammenhänge aus Gleichung (2.4) und (2.5), ergibt sich: Ex = j x σ0 + ωcτ ⋅ j y σ0 Ez = j y σ0 - ωcτ ⋅ j x σ0 Ez = j z σ0 , (2.9) dabei ist die Zyklotronfrequenz ωc nach Gleichung (2.10) definiert. ωc = qB m* (2.10) In Matrixschreibweise und unter Verwendung von Gleichung (2.6) ausgedrückt ergibt sich: ( Ex Ey Ez ) = ρ 0 ⋅ ( 1 ωcτ 0 -ωcτ 1 0 0 0 1 ) ⋅ ( j x j y j z ) (2.11) Für ein zwei-dimensionales System reduziert sich das Problem auf eine 2 × 2 Matrix: ( Ex Ey ) = ρ 0 ⋅ ( 1 ωcτ -ωcτ 1 ) ⋅ ( j x j y ) (2.12) Der zugehörige Leitfähigkeitstensor σ̂ ergibt sich durch Inversion des Widerstandstensors ρ̂ zu: σ̂ = ρ̂ -1 = σ0 1+(ωcτ) 2 ⋅ ( 1 -ωcτ ωcτ 1 ) (2.13) 2 Kapitel Theorie und Methoden 12 Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de 2.1.3 Methode zur Hall-Messung anhand der Hall-Struktur Anhand einer Hall-Struktur kann nun der spezifische Widerstand ρ 0 , die Ladungsträgerkonzentration n und die Beweglichkeit µ der Probe experimentell bestimmt werden. Dazu wird als Anregung ein Strom I über die Kontakte A und E vorgegeben und die Spannung Ux über die Kontakte B und D gemessen. Zusätzlich wird in einer separaten Messung die Hall- Spannung UH bei eingeschaltetem Magnetfeld über die Kontakte C und G gemessen. Dazu wird die Hall-Struktur so angeordnet, dass das angelegte Magnetfeld der z-Richtung B⃗ = B ⋅ ez⃗⃗ und der Strom der x-Richtung I = I ⋅ ex⃗⃗ folgt. Abb. 2.1 skizziert die beschriebene Anordnung. Abb. 2.1: Schematische Anordnung einer Hall-Struktur zur Durchführung der Hall-Messung in einem externen Magnetfeld B. Die blauen Rechtecke symbolisieren die Metall-Kontakte A bis H. Die grauen Stege repräsentieren das zu vermessene Material bzw. System. In dieser Arbeit entspricht das dem Ge-QW. Für die gewählte Anordnung j y = j z = 0 ergibt sich aus Gleichung (2.11) bzw. (2.12) für die x-Komponente des elektrischen Feldes: Ex = ρ 0 ⋅ j x (2.14) Mit bekanntem Abstand s der beiden Kontakte lässt sich das elektrische Feld über Ex = Ux s⁄ bestimmen. Die Stromdichte j x ergibt sich aus dem Strom I und der Querschnittsfläche A = b ⋅ h zu Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen 13 David Weißhaupt j x = I A⁄ . Dabei ist die Breite b über die Geometrie der Hall-Struktur und die Höhe h durch die Schichtdicke definiert. Somit kann der spezifische Widerstand aus den Messdaten mittels ρ 0 = Ex j x = b ⋅ h s ⋅ Ux I (2.15) berechnet werden. Im Rahmen der Arbeit wird der spezifische Widerstand der Ge 2DHG Proben auf die Schichtdicke des Ge-QWs dGe-QW normiert, d. h. es wird der Widerstand Rxx = ρ 0 h = ρ 0 dGe-QW = b s ⋅ Ux I (2.16) dargestellt. Für die y-Komponente des elektrischen Feldes ergibt sich für die gewählte Anordnung: Ey = ρ 0 ⋅ ( -ωcτ) ⋅ jx = − B q⋅n ⋅ j x (2.17) Mit dem elektrischen Feld Ey = UH b⁄ , der Stromdichte j x = I A⁄ und der Querschnittsfläche A = b ⋅ h kann dann die Ladungsträgerkonzentration berechnet werden: n = − 1 qh ⋅ B I UH (2.18) Im Rahmen der Arbeit wird die Ladungsträgerdichte p s des Ge 2DHGs diskutiert, d. h. die Ladungsträgerkonzentration wird unter Verwendung der Schichtdicke des Ge-QWs dGe-QW in die zugehörige Ladungsträgerdichte umgerechnet: p s = n⋅ h = n⋅ dGe-QW = − 1 q ⋅ B I UH (2.19) Final kann die Beweglichkeit aus dem spezifischen Widerstand und der Ladungsträgerkonzentration berechnet werden:2 2 Dabei wurde ein Hall-Streufaktor von rH ≈ 1 angenommen. 2 Kapitel Theorie und Methoden 14 Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de µ = 1 q ⋅ n ⋅ ρ 0 (2.20) Angepasst auf die im Rahmen der Arbeit untersuchten Ge 2DHGs ergibt sich: µ = 1 q⋅ p s ⋅ Rxx (2.21) 2.1.4 Methode nach van-der-Pauw Alternativ zur Hall-Messung anhand von Hall-Strukturen kann mithilfe der Methode nach vdP der spezifische Widerstand ρ 0 , die Ladungsträgerkonzentration n und die Beweglichkeit µ bestimmt werden. Der Vorteil der vdP-Geometrien liegt in der vergleichsweise einfachen und robusten Herstellung. Die genaue Geometrie kann dabei beliebig gewählt werden, typischerweise werden allerdings symmetrische Geometrien gewählt. Die vdP-Geometrie muss dabei die folgenden Bedingungen erfüllen [78]: ➢ Die Kontakte müssen klein gegenüber der Gesamtoberfläche der Probe sein (< 10 %). ➢ Die Kontakte müssen sich am Rand der Probe befinden. ➢ Die Probe muss homogen und isotrop sein. ➢ Die Probe muss eine geschlossene Schicht mit einer konstanten Schichtdicke haben. Abb. 2.2 zeigt schematisch eine rechteckige vdP-Geometrie mit den Kontakten A bis D. Zur Bestimmung des spezifischen Widerstands wird nun ein Strom I über zwei benachbarte Kontakte vorgegeben und die Spannung U an den gegenüberliegenden Kontakten gemessen. In Abb. 2.2 a) ist die Konfiguration mit Strom IAB und Spannung UCD dargestellt. Es resultiert der Widerstand RABCD = UCD IAB⁄ . Durch zyklisches Vertauschen ergeben sich so insgesamt vier Widerstände. Der spezifische Widerstand ρ 0 kann nun aus dem vdP-Theorem bestimmt werden. exp (− πh ρ 0 ⋅ Rhorizontal) + exp (− πh ρ 0 ⋅ Rvertikal) = 1 (2.22) Dabei ist im Rahmen dieser Arbeit die Höhe h durch die Schichtdicke des Ge-QW dGe-QW definiert. Für die Widerstände Rhorizontal und Rvertikal gilt: Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen 15 David Weißhaupt Abb. 2.2: Schematische Durchführung der vdP-Methode zur Bestimmung des Widerstands a) und der Hall-Spannung b). Die blauen Rechtecke symbolisieren die Metall-Kontakte A bis D. Die grauen Fläche repräsentiert das zu vermessene Material bzw. System. In dieser Arbeit entspricht das dem Ge-QW. Rhorizontal = RABCD + RCDAB 2 Rvertikal = RBCDA + RDABC 2 (2.23) (2.24) Alternativ zur iterativen Lösung der Gleichung (2.22) kann näherungsweise eine analytische Lösung angegeben werden. Dabei beschreibt f eine Fehlerkorrekturfunktion in Abhängigkeit der beiden Widerstände Rhorizontal und Rvertikal, deren Werte in der Arbeit von Ramadan et al. tabelliert sind [79]. ρ 0 = πh ln(2) ⋅ Rhorizontal + Rvertikal 2 ⋅ f ( Rhorizontal Rvertikal ) (2.25) Symmetrische Widerstände Rhorizontal = Rvertikal liefern für die Fehlerkorrekturfunktion einen Wert von f = 1. Dadurch vereinfacht sich Gleichung (2.25) zu: ρ 0 = πh ln(2) ⋅ Rhorizontal (2.26) Zur Bestimmung der Hall-Spannung UH im externen magnetischen Feld wird der Strom an zwei gegenüberliegenden Kontakten eingespeist und die zugehörige Spannung an den jeweils anderen 2 Kapitel Theorie und Methoden 16 Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de beiden Kontakten gemessen. In Abb. 2.2 b) ist die Konfiguration mit Strom IAC und Spannung UBD dargestellt. Die Messung wird dann wieder zyklisch vertauscht wiederholt und für positive sowie negative externe magnetische Felder durchgeführt.3 Die Hall-Spannung ergibt sich dann durch Mittelung aller Einzel-Spannungen. Anschließend kann die Ladungsträgerkonzentration bzw. Ladungsträgerdichte mit Gleichung (2.18) bzw. (2.19) bestimmt werden. Final errechnet sich die Beweglichkeit wieder nach Gleichung (2.20) bzw. (2.21). 2.1.5 Streumechanismen im Halbleiter Wie in den vorangegangenen Kapiteln diskutiert wird die Beweglichkeit µ eines Materials durch Streuprozesse der Ladungsträger limitiert. Charakteristische Größe ist dabei die mittlere Stoßzeit τ zwischen zwei Streuevents. Für die Ladungsträger in einem Halbleiter gibt es verschiedene Ursprünge möglicher Streuevents. Abb. 2.3 gibt einen Überblick über die verschiedenen Streumechanismen in einem Halbleiter. Abb. 2.3: Überblick der verschiedenen Streumechanismen in einem Halbleiter. Im Halbleiter dominiert für hohe Temperaturen die Phononen-Streuung, wobei zwischen den optischen (Kristall-Atome bewegen sich in Phase) und akustischen (Kristall-Atome bewegen sich 3 Zur Fehlerminimierung werden außerdem mehrere Messungen mit verschiedenen Stromstärken durchgeführt. Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen 17 David Weißhaupt außer Phase) Phononen unterschieden wird. Im Falle eines dotierten Halbleiters dominiert für tiefe Temperaturen die Streuung an geladenen Verunreinigungen. Das Dotieren erhöht zwar die Anzahl an verfügbaren Ladungsträgern n und somit auch grundsätzlich die Leitfähigkeit σ0, reduziert aber die Beweglichkeit µ der Ladungsträger, da gezielt (geladene) Verunreinigungen eingebaut werden. Somit ist die Beweglichkeit nicht nur vom Material selbst, sondern auch von Störstellendichte, Grenzflächen und insbesondere Temperatur stark abhängig. Zur Vollständigkeit wird an dieser Stelle noch die piezoelektrische Streuung gelistet, bei der die Ladungsträger durch ein Polarisationsfeld beeinflusst werden. Dieser Effekt tritt allerdings nur in Kristallen mit fehlender Inversionssymmetrie auf und ist damit für die Betrachtungen in dieser Arbeit nicht weiter relevant. Die mittlere Streuzeit τ ergibt sich nach der Matthies´schen Regel unter Berücksichtigung aller Streumechanismen: τ = 1 ∑ τii (2.27) Unabhängig vom Streumechanismus wird für jedes Streuevent zwischen der Klein- und Großwinkel-Streuung unterschieden [80,81]. Maßgeblich ist hierbei der Streuwinkel θ um den ein gestreuter Ladungsträger abgelenkt wird. Für die Großwinkel-Streuung τg gilt 1 τg ∝ ∫ S(θ) ⋅ (1 − cos(θ)) dθ π 0 , (2.28) mit der Wechselwirkungswahrscheinlichkeit S(θ). Durch den Streufaktor 1 − cos(θ) werden Streuevents um große Winkel stärker gewichtet wogegen Streuevents um kleine Winkel eine untergeordnete Rolle spielen. Die Großwinkel-Streuung entspricht der klassischen Transportstreuzeit τg = τtr die mittels Hall- und/oder vdP-Messung bestimmt wird. Im Gegensatz dazu steht die Berücksichtigung aller Streuevents τk unabhängig vom Streuwinkel θ, d. h. es wird keine Gewichtung durchgeführt: 1 τk ∝ ∫ S(θ) dθ π 0 (2.29) Diese Streuzeit entspricht dabei der Quantenstreuzeit τk = τq die u. a. aus Magnetwiderstandsmessungen (SdH-Oszillationen) extrahiert werden kann. Das Verhältnis aus Transport- und Quantenstreuzeit wird als Dingle-Verhältnis α bezeichnet. 2 Kapitel Theorie und Methoden 18 Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de α = τtr τq (2.30) Im Rahmen der Arbeit wird daher zwischen der Quantenstreuzeit und der Transportstreuzeit unterschieden. Während die Transportstreuzeit für klassische Anwendungen die relevante ist, muss in der Halbleiter-Spintronik jedes Streuevent unabhängig vom Streuwinkel gleichermaßen berücksichtigt werden. Die Quantenstreuzeit ist somit für die Halbleiter-Spintronik die relevantere. 2.2 Das Ge 2DHG Das Ge 2DHG wird im Rahmen dieser Arbeit in einer Si1-xGex/Ge/Si1-xGex Heterostruktur, welche epitaktisch mittels MBE gewachsen wird, gebildet. Neben der Heteroepitaxie werden hier die theoretischen Hintergründe von 2DEGs bzw. 2DHGs, insbesondere deren Quantenphänomene bei tiefen Temperaturen und im Magnetfeld, eingeführt. Schließlich wird die Vorgehensweise zur Auswertung der SdH-Oszillationen präsentiert. 2.2.1 Halbleiter-Heteroepitaxie und Methode zur Auswertung der strukturellen Analyse Die Heteroepitaxie beschreibt das epitaktische Wachstum von mindestens zwei unterschiedlichen Materialien A und B aufeinander. Dabei können sich diese Materialien in ihrer jeweiligen Gitterkonstanten a0 (a0,A ≠ a0,B) unterscheiden. Bis zu einer kritischen Schichtdicke übernimmt die aufgewachsene Schicht des Materials B die Gitterkonstante in der xy-Ebene des darunterliegenden Substrats A (a∥,A = a∥,B), d. h. die aufgewachsene Schicht wächst pseudomorph. Wird die kritische Schichtdicke überschritten, relaxiert die aufgewachsene Schicht durch das Ausbilden von Versetzungslinien (engl. „misfit dislocation“) an der Grenzfläche zwischen den beiden Materialien. An den beiden Enden einer Versetzungslinie entstehen Durchstoßversetzungen (engl. „threading dislocation“), die sich in Richtung der Oberfläche durch den Kristall ziehen. Vollständige Relaxation liegt schließlich vor, wenn die Gitterkonstante des aufgewachsenen Materials B in der xy-Ebene der Gitterkonstanten des Materials selbst entspricht (a0,B = a∥,B). Eine schematische Darstellung gibt Abb. 2.4. Neben der Gitterkonstanten können sich die beiden Materialien A und B auch in ihrer Bandlücke EG unterscheiden. Mit der Heteroepitaxie lassen sich so abrupte Potenzialsprünge und somit Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen 19 David Weißhaupt Potentialtöpfe für Ladungsträger realisieren. Je nach Bandlücke EG und Bandkantenoffset im Leitungs- ∆EL und Valenzband ∆EV wird zwischen einem Typ I und Typ II Heteroübergang unterschieden, siehe Abb. 2.5 [2,77]. Abb. 2.4: Schematische Darstellung der Heteroepitaxie zweier Materialien A und B mit unterschiedlicher Gitterkonstante (a0,A ≠ a0,B). Gezeigt werden die Fälle für a) eine pseudomorph aufgewachsene Schicht B sowie b) eine vollständig relaxierte Schicht B. Abb. 2.5: Schematisches Banddiagramm eines a) Typ I und b) Typ II Heteroübergangs. Im Rahmen dieser Arbeit werden Si1-xGex/Ge/Si1-xGex Heterostrukturen epitaktisch mittels MBE gewachsen, siehe Kapitel 3.1. Der angestrebte Ge-Gehalt der Si1-xGex-Schichten beträgt dabei x = 80 %. Für dieses Materialsystem bildet sich bei diesem Ge-Gehalt ein Typ I Heteroübergang mit Bandkantenoffset im Leitungsband in Höhe von ∆EL = -0,224 eV und im Valenzband in Höhe 2 Kapitel Theorie und Methoden 20 Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de von ∆EV = 0,0632 eV [82,83].4 Somit entsteht im verspannten Ge ein Potentialtopf sowohl für Elektronen im Leitungs- als auch Löcher im Valenzband. Die Gitterkonstanten in der Ebene a∥ und senkrecht zur Ebene a⊥ der gewachsenen Schichten innerhalb der Si1-xGex/Ge/Si1-xGex Heterostruktur werden in dieser Arbeit mittels HR-XRD experimentell bestimmt. Auf Basis der gemessenen Gitterkonstanten kann dann die laterale Verspannung ε∥ des Ge-QWs sowie der Ge-Gehalt x der Si1-xGex-Schicht bestimmt werden [85]. Dazu wird zunächst für beide Materialien die relaxierte Gitterkonstante unter Verwendung der Elastizitätskonstanten C11 und C12 nach Gleichung (2.31) berechnet.5 a0 = a⊥ + 2C12 C11 ⋅ a∥ 1 + 2C12 C11 (2.31) Für den Ge-QW kann das Verhältnis der Elastizitätskonstanten C12 C11⁄ bestehender Literatur entnommen werden [86]. Die laterale Verspannung ε∥ des Ge-QWs ergibt sich dann nach Gleichung (2.32). Üblicherweise wird diese in Prozent angegeben. ε∥ = a∥,Ge − a0,Ge a0,Ge (2.32) Allgemein entspricht eine negative laterale Verspannung ε∥ < 0 einer Druckverspannung, wogegen eine positive Verspannung ε∥ > 0 einer Zugverspannung entspricht. Für die Si1-xGex-Schicht ergibt sich das Verhältnis der Elastizitätskonstanten C12 C11⁄ mithilfe einer linearen Interpolation zwischen den jeweiligen Werten für Si und Ge. Damit ist Gleichung (2.31) im Falle der Si1-xGex-Schicht eine Funktion vom Ge-Gehalt x und kann nicht direkt gelöst werden. Zur Bestimmung des Ge-Gehalts x und der Gitterkonstanten a0,SiGe wird daher das Vegard´sche Gesetz für die Gitterkonstante einer Si1-xGex Legierung herangezogen. Die exakte Gitterkonstante einer Si1-xGex Legierung a0,SiGe ist dabei durch Gleichung (2.33) definiert [2]. 4 M. Rieger und P. Vogel berichten von einem Bandkantenoffset im Leitungsband in Höhe von ∆EL = -0,1 eV und im Valenzband in Höhe von ∆EV = 0,0844 eV [84]. Obwohl sich damit die genauen Angaben der Bandkantenoffsets unterscheiden bleibt das zentrale Ergebnis, dass ein Typ I Heteroübergangs gebildet wird, gleich. 5 Es wird eine zweiachsige Verspannung des Kristalls angenommen. Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen 21 David Weißhaupt a0,SiGe = (0,5431 + 0,01992 ⋅ x + 0,0002733 ⋅ x2) nm (2.33) Aus Gleichung (2.31) und (2.33) ergibt sich dann der Ge-Gehalt x und damit auch die Gitterkonstante a0,SiGe der Si1-xGex-Schicht. 2.2.2 Bandstruktur von Ge und effektive Masse Die Bandstruktur eines kristallinen Festkörpers beschreibt die Abhängigkeit der Energie E vom Impuls der Ladungsträger k⃗ (Dispersionsrelation) im Gitterpotential. Sie ist damit ein wichtiges Konzept, das zum Verständnis der elektronischen Struktur aber auch den thermischen und optischen Eigenschaften beiträgt. Die Dispersionsrelation eines freien Teilchens ist gegeben nach Gleichung (2.34) E(k⃗ ) = ℏ 2 k⃗ 2 2m , (2.34) wobei k⃗ der Wellenvektor, m die Ruhemasse des Elektrons (oder Loches) und ℏ das reduzierte Planck´sche Wirkungsquantum ist. Im Gegensatz dazu muss im kristallinen Festkörper das Gitterpotential berücksichtigt werden. Näherungsweise werden die Ladungsträger dann als quasi- freie Teilchen behandelt, wobei das Gitterpotential durch die Einführung einer effektiven Masse m* berücksichtigt wird. Die inverse, effektive Masse entspricht dabei der zweiten Ableitung der Dispersionsrelation, d. h. sie beschreibt die Krümmung der parabelförmig genäherten Bänder [2,77]. 1 m* = 1 ℏ 2 ⋅ ∂ 2 E ∂ kikj (2.35) Für die elektronischen Eigenschaften eines kristallinen Festkörpers ist eine kleine effektive Masse wünschenswert, da so die Beweglichkeit µ und damit auch die Leitfähigkeit σ0 erhöht werden, siehe Gleichung (2.3) und (2.5). Ge ist ein indirekter Halbleiter mit einer relaxierten, indirekten Bandlücke von EG ≈ 0,66 eV. Das Leitungsbandminima befindet sich im L-Tal (entspricht der (111) Richtung) und ist achtfach entartet. Das Valenzbandmaximum im Γ-Punkt (k = 0) besteht aus drei stark miteinander wechselwirkenden Bändern. Dem jeweiligen Band für schwere Löcher (engl. „heavy hole“, HH) und leichte Löcher (engl. „light hole“, LH) die im Γ-Punkt entartet sind sowie einem zusätzlichen 2 Kapitel Theorie und Methoden 22 Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de abgespalteten Band (engl. „split-off“, SO). Die energetische Separation des SO-Bandes zum HH- bzw. LH-Band beträgt für relaxiertes Ge ESO = 290 meV [2,77,87]. Durch Einbringen einer Verspannung verändert sich nun die Dispersionsrelation und damit auch die Bandstruktur von Ge. Außerdem wird durch das Einbringen einer Verspannung die Entartung von HH- und LH-Band aufgehoben. Abb. 2.6 zeigt schematisch den Einfluss der Verspannung auf das Valenzband von Ge. Für die im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Si1-xGex/Ge/Si1-xGex Heterostrukturen resultiert eine Druckverspannung des Ge-QWs. Durch diese Druckverspannung wird das HH-Band energetisch nach oben verschoben und die effektive Masse m* der Löcher im HH-Band reduziert. Bei ausreichend hoher Druckverspannung kann die effektive Masse im HH- Band leichter als die zugehörige effektive Masse im LH-Band sein (m* HH < m* LH). Dieser Effekt ist in der Literatur unter dem Begriff Masseninversion bekannt. Neben der reduzierten effektiven Masse erhöht auch die steigende Energieseparation zwischen HH- und LH-Band die Beweglichkeit µ, da mit steigender Energieseparation Streuereignisse der Löcher zwischen den Bändern reduziert werden. Demgegenüber erzielt eine Zugverspannung den umgekehrten Fall, d. h. das LH-Band wird energetisch angehoben und die effektive Masse der Löcher darin wird erhöht [87]. Abb. 2.6: Schematisches Valenzband eines Ge-QWs in Abhängigkeit der Verspannung: a) relaxiert, b) druckverspannt und c) zugverspannt in der xy-Ebene. Das SO-Band wurde hier vernachlässigt. Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen 23 David Weißhaupt 2.2.3 Modulationsdotierung Analog zu einer klassischen Halbleiter-Schicht kann auch eine Halbleiter-Heterostruktur dotiert werden. Allerdings wird die Dotierung auf bestimmte Schichten außerhalb des verspannten QWs beschränkt. Üblicherweise befindet sich diese dotierte Schicht in einem definierten Abstand zum verspannten QW, dem sogenannten „Spacer“. Als Folge dieser Dotierung sammeln sich die Ladungsträger im energetisch günstigeren QW, wo sie aufgrund der räumlichen Beschränkung je nach Art der Dotierung ein 2DEG bzw. 2DHG bilden. Durch diese Technik werden die freien Ladungsträger von ihren Dotieratomen getrennt, wodurch die Streuung an geladenen (und neutralen) Verunreinigungen verringert wird. Im Gegensatz zu klassischen Halbleiter-Schichten können so viel höhere Beweglichkeiten erzielt werden. Diese Technik wird als Modulationsdotierung bezeichnet und wurde Mitte der 1970er Jahre von H. Stormer et al. erfunden [88,89]. Anstatt einer homogen dotierten Halbleiter-Schicht kann auch eine einzelne Schicht mit sehr hoher Dotierstoffkonzentration verwendet werden. In der Literatur ist diese Art von Dotierung unter dem Begriff δ −Dotierung bekannt und wurde erstmals von K. Ploog eingeführt [90]. Allerdings erzeugt die δ −Dotierung einen parasitären Kanal zum 2DEG bzw. 2DHG im QW, der auch für sehr tiefe Temperaturen mit Ladungsträgern besetzt ist. Die Modulationsdotierung ist daher der δ −Dotierung vorzuziehen. Abb. 2.7 a) und b) zeigen das schematische Valenzband am Beispiel einer Si1-xGex/Ge/Si1-xGex Heterostrukturen ohne und mit Modulationsdotierung. Das Diagramm folgt dem Design der im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Proben, d. h. der Ge-Gehalt der Si1-xGex-Schichten beträgt x = 80 % (es resultiert ein Typ I Heteroübergang, siehe Kapitel 2.2.1) und als Dotiermaterial werden Akzeptoren (für die Modulationsdotierung der Ge 2DHG Proben wird das Element B benutzt) verwendet. 2 Kapitel Theorie und Methoden 24 Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de Abb. 2.7: Schematischer Verlauf des Valenzbandes einer Si1-xGex/Ge/Si1-xGex Heterostruktur ohne a) und mit b) Modulationsdotierung. Die Modulationsdotierung befindet sich in einem definierten Abstand („Spacer“) zum Ge-QW. Durch Transfer der Ladungsträger in den energetisch günstigeren Ge-QW bildet sich ein 2DHG aus. Wie bereits erwähnt wird aufgrund der Modulationsdotierung die Streuung der Ladungsträger an geladenen (und neutralen) Verunreinigungen stark verringert. Für 2DEGs bzw. 2DHGs stellt sich daher die Frage durch welchen Mechanismus die Beweglichkeit für tiefe Temperaturen limitiert wird. Eine Limitierung in Form von Verunreinigungen kann dennoch aufgrund der parasitären Hintergrunddotierung auftreten. Des Weiteren sind vor allem die Streuung an Defekten (Dichte an Versetzungslinien, Durchstoßversetzungen und Qualität der Grenzfläche(n)) relevant, d. h. die Kristallqualität spielt eine entscheidende Rolle. Darüber hinaus wirkt auch das Coulomb-Feld der Modulationsdotierung auf die Ladungsträger im QW, so dass auch Fern-Coulomb-Streuung beachtet werden muss. Die Fern-Coulomb-Streuung ist dabei stark abhängig von der Höhe der Modulationsdotierung sowie der Dicke des „Spacers“. Damit ist auch das Design der gewachsenen Halbleiter-Heterostruktur zum Erreichen hoher Beweglichkeiten entscheidend. Eine ausführliche Diskussion der verschiedenen Streumechanismen am Beispiel einer Ge 2DHG Probe befindet sich in Kapitel 5.4. 2.2.4 Landau-Niveaus und SdH-Oszillationen Bewegte Ladungsträger im äußeren Magnetfeld werden aufgrund der Lorentzkraft auf eine Kreisbahn abgelenkt. Wird nun ein 2DEG bzw. 2DHG einem Magnetfeld ausgesetzt, quantisieren die Elektronenbahnen und bilden die sogenannten Landau-Niveaus. Da in der Fachliteratur die Landau-Niveaus üblicherweise für 2DEGs diskutiert werden, orientieren sich die nachfolgenden Ausführungen ebenfalls am Beispiel eines 2DEGs. Die Überlegungen für ein 2DHG folgen einer analogen Betrachtung. Inhaltlich angelehnt sind die Ausführungen an die Quellen [77,91]. Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen 25 David Weißhaupt Die Ladungsträger eines 2DEGs können sich in der xy-Ebene frei bewegen, d. h. sie können beliebige Impulse kx und ky annehmen. In Wachstumsrichtung der Halbleiter-Heterostruktur (z-Achse) sind die Ladungsträger in ihrem Impuls kz allerdings eingeschränkt, da hier nur diskrete Energieniveaus erlaubt sind (Ez = Ej). Für die Gesamtenergie eines Elektrons gilt somit Gleichung (2.36).6 Eges,j(kx,ky,kz) = ℏ 2 2m* ⋅ (kx + ky) + Ez,j(kz) (2.36) Dabei beschreibt Ez,j(kz) die Energieeigenwerte des Quantentopfes. Im k⃗ −Raum verteilen sich die Elektronen quasi kontinuierlich auf dem parabolisch geformten Energieband, siehe Abb. 2.8 a). Die dazugehörige Zustandsdichte D(E) des zwei-dimensionalen Systems entspricht einer Stufenfunktion, siehe Abb. 2.8 b). Durch das Anlegen eines Magnetfeldes in z-Richtung werden die Elektronen auf eine Kreisbahn in der xy-Ebene gezwungen. Die Umlauffrequenz entspricht dabei klassisch der Zyklotronfrequenz ωc nach Gleichung (2.10). Damit bewirkt das Magnetfeld eine weitere Quantisierung in z-Richtung wodurch die kontinuierlichen Energiebänder (Gleichung (2.35)) in Landau-Niveaus aufgespaltet werden, siehe Abb. 2.8 c).7 Für die Gesamtenergie eines Elektrons gilt dann Gleichung (2.37). Eges,j,n,s = (n + 1 2 ) ⋅ ℏωc + Ez,j(kz) + s g µ B B (2.37) Der erste Term entspricht der Energie der Landau-Niveaus mit Quantenzahl n. Der dritte Term berücksichtig die Spin-Aufspaltung im Magnetfeld. Hierbei ist s = ± 1 2⁄ die Spinquantenzahl, µ B das Bohr´sche Magneton und g der Landé-Faktor der Elektronen. Für kleine Magnetfelder kann dieser Term vernachlässigt werden. Der energetische Abstand zweier benachbarter Landau-Niveaus beträgt immer ∆EL = ℏωc und hängt damit vom Magnetfeld ab. Die Quantisierung der Elektronenbahnen entsprich einer Quantisierung der Zustandsdichte. Die konstante Zustandsdichte des 2DEGs kondensiert im Magnetfeld zu einer Serie von δ −Funktionen 6 Dabei wird eine isotrope effektive Masse in der Ebene angenommen (m* = mx * = my *). 7 Eine quantenmechanische Beschreibung kann durch die Schrödinger-Gleichung unter Berücksichtigung des Vektorpotenziales A⃗⃗ = (0,xB,0) gegeben werden. Als Lösung ergeben sich die Landau-Niveaus. 2 Kapitel Theorie und Methoden 26 Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de mit Linienverbreiterung Γ, siehe Abb. 2.8 d). Diese Linienverbreiterung resultiert aus Streuprozessen, d. h. die Separation der Landau-Niveaus kann nur in Materialien mit hoher Beweglichkeit beobachtet werden (Bedingung ωcτ > 1). Das Landau-Niveau enthält so viele Zustände wie ursprünglich ohne Magnetfeld in der Fläche zwischen zwei Landau-Niveaus vorhanden waren. Der Entartungsgrad beträgt damit NL = ℏωc ⋅ D0 = q π ℏ ⋅ B, (2.38) mit D0 der Zustandsdichte des Subbandes ohne Magnetfeld D0 = g v g s ⋅ m* 2π ℏ , (2.39) wobei für die Tal-Entartung g v = 1 und die Spin-Entartung g s = 2 angenommen wird [45]. Ist die Fermi-Kante bei ausreichend tiefer Temperatur scharf genug, ist ein Landau-Zustand unterhalb der Fermi-Energie mit NL Elektronen besetzt. Durch eine Variation des Magnetfeldes ändert sich nun der energetische Abstand ∆EL zwischen den Landau-Niveaus sowie auch der Entartungsgrad NL eines Landau-Niveaus. Durchläuft ein Landau-Niveau das Fermi-Niveau werden die Elektronen in das darunterliegende, energetisch günstigere Landau-Niveau umverteilt.8 Aufgrund der Linienverbreiterung Γ liegt die Fermi-Energie nicht immer über oder unter einem Landau-Zustand, sondern durchwandert den höchstbesetzten Landau-Zustand in Abhängigkeit von dem angelegten Magnetfeld. Für eine konstante Fermi-Energie resultiert somit eine oszillierende Zustandsdichte. Diese Oszillationen in der Zustandsdichte können auch in der elektrischen Leitfähigkeit einer Probe gemessen werden. SdH-Oszillationen sind Oszillationen des longitudinalen Widerstands ρ xx über dem angelegten Magnetfeld, die bei genügend tiefen Temperaturen und ausreichend hohen Beweglichkeiten der Ladungsträger auftreten. Nach Gleichung (2.5) ist die Leitfähigkeit σ0 eines Materials abhängig von der Streuzeit τ. Die Wahrscheinlichkeit eines Elektrons gestreut zu werden ist proportional zur Anzahl an verfügbaren Zuständen. Befindet sich nun die Fermi-Energie innerhalb eines Landau-Niveaus können die Elektronen in freie Zustände innerhalb des jeweiligen Landau-Niveaus streuen. Es resultiert ein erhöhter longitudinaler Widerstand. Liegt die Fermi- 8 Durch Erhöhung des Magnetfeldes steigt der Entartungsgrad NL der Landau-Niveaus, d. h. mehr Elektronen können im Landau-Niveau aufgenommen werden. Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen 27 David Weißhaupt Energie dagegen zwischen zwei Landau-Niveaus kann aufgrund der fehlenden freien Zustände keine Streuung erfolgen. Folglich ist der longitudinale Widerstand reduziert. Neben einer hohen Beweglichkeit der Ladungsträger setzt die Messung von SdH-Oszillationen eine scharfe Fermi-Kante voraus, d. h. die Temperatur muss ausreichend gering sein. Steigt die Temperatur, so verschmieren zunächst die SdH-Oszillationen bis sie schließlich nicht mehr beobachtet werden können. Abb. 2.8: Dispersionsrelation a) und zwei-dimensionale Zustandsdichte b) eines 2DEGs (2DHGs) ohne Magnetfeld. Das Anlegen eines Magnetfeldes B bewirkt ein Aufspalten des kontinuierlichen Energiebandes in diskrete Landau- Niveaus c) mit energetischem Abstand ℏωc. Die Zustandsdichte d) kondensiert zu einer Serie von δ −Funktionen mit Linienverbreiterung Γ. In Abhängigkeit des Magnetfeldes durchwandern die Landau-Niveaus die Fermi-Energie Ef e). 2 Kapitel Theorie und Methoden 28 Pfaffenwaldring 47, 70569 Stuttgart www.iht.uni-stuttgart.de 2.2.5 Methode zur Auswertung der SdH-Oszillationen Zur Charakterisierung des Transports werden im Rahmen dieser Arbeit Magnetwiderstandsmessungen an den Ge 2DHG Proben durchgeführt. Es können SdH- Oszillationen beobachtet werden, aus denen dann die Ladungsträgerdichte p s , die effektive Masse m* und die Quantenstreuzeit τq extrahiert werden. Die nachfolgende Beschreibung der Methodik folgt inhaltlich den Darstellungen in [81,91,92]. Zur Bestimmung der Ladungsträgerdichte p s wird der Magnetwiderstand ρ xx üblicherweise als Funktion des inversen Magnetfeldes 1 B⁄ aufgetragen. Durch diese Auftragung werden die Minima des Magnetwiderstands äquidistant. Die Ladungsträgerdichte kann nun im Bereich kleiner Magnetfelder (es darf noch keine Spin-Aufspaltung stattfinden) aus der Oszillationsfrequenz f 1 B⁄ entweder mithilfe einer Fast-Fourier-Transformation oder durch explizites Einsetzen des Abstandes der Minima berechnet werden. p s = g s g v ⋅ q h ⋅ f 1 B⁄ = g s g v ⋅ q h ⋅ ( 1 Bi − 1 Bi+1 ) -1 (2.40) Für die Tal- und Spin-Entartung wird wieder g v = 1 und g s = 2 angenommen [45]. Bi bzw. Bi+1 beschreibt das Magnetfeld am i-ten bzw. i+1-ten Minima der SdH-Oszillation. Quantitativ basiert die Magnetwiderstandsmessung Rxx(B) auf der Überlagerung eines nicht oszillierenden Grundwiderstands Rxx = ρ 0 h⁄ (siehe Gleichung (2.16)) mit einer oszillierenden Quantenkorrektur ΔR. Rxx(B) = Rxx + ΔR (2.41) Dabei berechnet sich die oszillierende Quantenkorrektur ΔR nach Gleichung (2.42) ΔR = 4 ⋅ D(X(T)) ⋅ exp (− π m* τq q B ) ⋅ cos (2π ⋅ EF ℏωc ) , (2.42) mit Fermi-Energie EF. D(X(T)) beschreibt einen Temperaturdämpfungsfaktor mit Argument X(T) gemäß Dissertation Im Themengebiet der Spintronik Modulationsdotierte Germanium-MOSFETs für den Spin-Transport in zweidimensionalen Lochgasen 29 David Weißhaupt D(X(T)) = X(T) sinh (X(T)) , (2.43) X(T) = 2π2kBT ℏωc , (2.44) mit der Boltzmann-Konstanten kB. Unter der Annahme einer vernachlässigbaren Änderung der Quantenstreuzeit τq und der effektiven Masse m* im betrachteten Temperaturbereich kann die effektive Masse durch Auftragen der Oszillationsamplitude A(T) normiert auf eine Referenzamplitude A(TRef) bestimmt werden. Da dann bis auf den Temperaturdämpfungsfaktor D(X(T)) alle Komponenten in Gleichung (2.42) konstant sind, ergibt sich A(T) A(TRef) = D(T) D(TRef) = T ⋅ sinh (2π2kBTRef ℏωc⁄ ) TRef ⋅ sinh (2π2kBT ℏωc⁄ ) . (2.45) Unter Verwendung der Zyklotronfrequenz ωc = qB m*⁄ kann dann die effektive Masse durch eine numerische Anpassung der Gleichung (2.45) an die Messwerte bestimmt werden. Die Entwicklung der Oszillationsamplitude A(T) im Magnetfeld B wird bei gegebener Temperatur T durch den Dingle-Faktor exp (− π m* τq q B ) beschrieben. Ist die Ladungsträgertemperatur und die effektive Masse bekannt, so kann die Quantenstreuzeit τq aus einer Auftragung von A(T) als Funktion des Magnetfeldes B extrahiert werden. Dabei wird angenommen, dass die Ladungsträgertemperatur der Temperatur des Kristallgitters entspricht. Da insbesondere die Ladungsträger durch Anregung erwärmt werden, gilt dies nur für kleine Anregungsströme I ≈ 100 nA. A(T) = 4 ⋅ D(X(T)) ⋅ exp (− π m* τq q B ) (2.46) 2.3 (Halble