Ein Indikatorensystem zur Messung einer nachhaltigen Entwicklung in Baden-Württemberg Gerhard Pfister und Ortwin Renn1 Nr. 64 / Dezember 1996 Arbeitsbericht ISBN 3-930241-72-2 ISSN 0945-9553 1 Nach Anregungen und Vorschlägen eines an der Akademie durchgeführten Workshops auf der Grundlage einer gleichnamigen Fassung vom April 1995. Die Autoren danken allen Teilnehmern dieses Workshops für Ihre vielfältigen Verbesserungsvorschläge und Diskussionsbeiträge (vgl. Pfister, G. Renn, O. (Hrsg.), (1996), Indikatoren einer regionalen nachhaltigen Entwicklung, Dokumentation der Workshop-Berichte, Arbeitsbericht Nr. 65 der Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg). Ebenfalls danken die Autoren den Mitarbeitern der Akademie für Technikfolgenabschätzung Dr. Günter Clar, Dr. Holger Flaig, Dipl.- Ök. Peter Grieble, Dipl.-Phys. Jochen Jaeger, Dr. Hans Kastenholz, Dr, Jochen Kindorf, Dipl.-Volksw. Anja Knaus, Dr. Helmut Lehn, Dr. Günter Linckh, Prof. Dr. Hans Mohr, Dipl.-Geogr. Magdalena Steiner, Dr. Wolfgang Weimer-Jehle für ihre konstruktive Mitarbeit. Für verbliebene Mängel sind allein die Verfasser verantwortlich. 2 Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg Industriestr. 5, 70565 Stuttgart Tel. 0711/9063-0, Fax: 0711/9063-299 Die Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg gibt in loser Folge Aufsätze und Vorträge von Mitarbeitern sowie ausgewählte Zwischen- und Abschlußberichte von durchgeführten Forschungsprojekten als Arbeitsberichte der Akademie heraus. Diese Reihe hat das Ziel, der jeweils interessierten Fachöffentlichkeit und dem breiten Publium Gelegenheit zu kritischer Würdigung und Begleitung der Arbeit der Akademie zu geben. Anregungen und Kommentare zu den publizierten Arbeiten sind deshalb jederzeit willkommen. Durch die Umwandlung ins PDF-Format kann es zu einer Verschiebung der Seitenzahlen kommen. Die gedruckte Fassung ist die Zitiervorlage. 3 Inhalt Seite I. Einleitung 4 II. Nutzungsregeln einer nachhaltigen Entwicklung 9 III. Bedingungen einer nachhaltigen Entwicklung 14 IV. Regionalisierung 19 V. Nachhaltigkeitsgüter 23 VI. Meßgrößen 27 VI.1. Künstliches Kapital 27 VI.2. Natürliches Kapital 30 Exkurs: Wie kann die Qualität der Meßgrößen und Datenbestände verbessert werden? 44 VII. Indikatoren 46 Glossar 53 Nutzungsregeln / Bedingungen 56 Literatur 57 4 I . Einleitung Das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung kann aus der Sicht unterschiedlicher Wissenschaftsdisziplinen und Perspektiven thematisiert werden. Je nach dem, welche Disziplin oder welches Konzept man auswählt, ergeben sich unterschiedliche Defintionen und Sichtweisen über Ziele und Umsetzungstrategien einer nachhaltigen Entwicklung. Da es in diesem Bericht um die Operationalisierung mit Hilfe von Indikatoren geht, ist eine eindeutige Vorstellung darüber unerläßlich, was unter einer nachhaltigen Entwicklung verstanden werden soll. Aus diesem Grunde soll hier auf die Konzeption einer Wissenschaftsdisziplin zurückgegriffen werden. Nur dadurch können Inkonsistenzen vermieden und ein möglichst widerspruchsfreier Zugang zur Datenbasis ermöglicht werden. Welche Wissenschaftsdisziplin dabei zum Zuge kommt, ist nicht nur eine Frage des Instrumentariums dessen man sich bedienen möchte, sondern auch eine Frage der Zweckmäßigkeit.2 Leitbild der Diskussion um eine nachhaltige Entwicklung ist die Definition der Brundtlandt- Kommission aus dem Jahre 1987. Dort ist Nachhaltigkeit „eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, daß künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.“.3 Das Nachhaltigkeitspostulat orientiert sich folglich an den Bedürfnissen von Menschen. Zur Formulierung einer wissenschaftlichen Nachhaltigkeitsdefinition bietet sich deshalb die Ökonomie an: Ihr konstituierendes Erkenntnisobjekt ist die Frage nach der bestmöglichen Verwendung von Mitteln zur Bedürfnisbefriedigung. Mit der Wahl der ökonomischen Perspektive ist allerdings die Einengung auf eine spezielle Perspektive der Nachhaltigkeit verbunden. Dieses ökonomische Verständnis von Nachhaltigkeit schlägt sich in der folgenden Defintion nieder:4 Eine nachhaltige Entwicklung bedeutet, daß der Kapitalstock an natürlichen Ressourcen soweit erhalten bleibt, daß das Wohlfahrtsniveau zukünftiger Generationen mindestens dem Wohlfahrtsniveau der gegenwärtigen Generation entsprechen kann. 2 Ein Überblick über Indikatoren zur Messung einer nachhaltigen Entwicklung bieten hierzu Diefenbacher, H., Habicht-Erenler, S. (1991), Radermacher, W. (1993), Radermacher, W., Stahmer, C. (1994, 1995), Moffat, I. (1994), Rennings, K. (1994), Moffat, I., Hanley, N., Gill, J. P. (1994), Seifert, E. K. (1995), Mitchell, G., May, A., Mc Donald, A. (1995), van Dieren, W. (Hrsg.)(1995). 3 vgl. Hauff, V. (Hrsg.) (1987), S. 46. 4 vgl. Renn, O. (1994), S. 7. 5 Ziel einer Nachhaltigkeitspolitik ist folglich ein im Zeitablauf nicht sinkendes Wohlfahrtsniveau der Gesellschaft. Die Größe "Wohlfahrt" ist definiert als das Aggregat aller individuellen Nutzenniveaus, d. h. das Wohlfahrtsniveau setzt sich aus der Gesamtheit aller individuellen Bedürfnisbefriedigungen zusammen. Darauf nimmt die Verteilung von Ressourcen wesentlichen Einfluß. Nachhaltigkeit ist demnach eine normative Vorgabe über die Verteilung von bedürfnisbefriedigenden Ressourcen zwischen den Generationen. Nutzen bedeutet jede Erfahrung von Befriedigung, die mit dem Konsum eines Produktes oder einer Dienstleistung verbunden ist. Ausdrücklich schließt eine solche Nutzendefinition auch die Möglichkeit ein, mit weniger materiellen Gütern auszukommen und dabei ein höheres Zufriedenheitsgefühl zu entwickeln. Die in der Definition angesprochene Forderung nach Nutzenerhalt bzw. Nutzenverbesserung widerspricht nicht dem Konzept der Suffizienz, solange der bewußte Verzicht auf bestimmte Güter als subjektive Verbesserung des eigenen Nutzenniveaus empfunden wird. Akzeptiert man die Forderung nach einem zumindest gleichbleibenden Wohlfahrtsniveau für kommende Generationen, so kommt man nicht umhin, einige Aussagen zum zukünftigen Nutzenniveau zu machen. Zunächst einmal wird in der Definition unterstellt, daß die nicht erneuerbaren natürlichen Ressourcen nur gestreckt werden können, allerdings mit dem Ziel, ihre Funktion für die Erzeugung von Wohlfahrt zu erhalten. Letztlich läßt sich dieses Ziel nur dann erreichen, wenn erstens die von Menschen erwünschten Funktionen (auch die immateriellen), die durch den natürlichen Kapitalstock erfüllt werden können, auch in Zukunft garantiert und zweitens alle Bedürfnisse kommender Generationen durch eine Mischung von natürlichen und künstlichen Elementen des Kapitalstocks gedeckt werden können, wobei in begrenztem Umfang Substitutionen möglich sind. Welche sind aber die Bedürfnisse der zukünftigen Generationen? Es wäre zu einfach, die heutige Bedürfnislage in die Zukunft fortzuschreiben. Die heute vorliegenden Präferenzen für bestimmte Güter werden vorübergehender Natur sein, also nicht einfach in die Zukunft fortgeschrieben werden können. Mit dem Begriff des Wohlfahrtsniveaus wird diese Unsicherheit über die Präferenzen künftiger Generationen nur ungenügend erfaßt. Die Erhaltung des Wohlfahrtsniveaus muß auf einer Definition von Wohlfahrt beruhen, die Präferenzänderungen einbezieht und eine Abstraktion von vorübergehenden Modeerscheinungen erlaubt. Insofern kann zukünftige Wohlfahrt nicht an das heute vorfindbare relative Preisniveau gebunden werden. Vielmehr muß es Ziel einer nachhaltigen Politik sein, die objektiven Bedingungen, die heute präferierte persönliche und soziale Erfahrungen erst ermöglichen, auch für die Zukunft zu gewährleisten. Auch wenn man die genauen 6 Anforderungen an Erfahrungen zukünftiger Generationen nicht kennen kann, so läßt sich doch im voraus bestimmen, welches Potential erhalten bleiben muß, um diesen Generationen überhaupt die Möglichkeit einzuräumen, bestimmte (heute erwünschte) Erfahrungen sammeln zu können. Wenn sie diese nicht nutzen wollen, ist dies nicht weiter problematisch, nicht einmal eine Verschwendung von Ressourcen, da folgende Generationen ja ihre Meinung wieder ändern könnten. Werden sie jedoch von der Möglichkeit ausgeschlossen, diese Erfahrungen zu machen, verlieren sie an Wohlfahrt, sofern keine äquivalenten Substitute zur Verfügung stehen. Konzeptionell geht das Projekt also davon aus, daß die physischen und ökonomischen Grundlagen, die heute zu einem bestimmten Niveau der Wohlfahrt führen, auch für künftige Generationen Bestand haben müssen, gleichgültig ob sie diese benötigen oder wertschätzen. Das empirische Konzept verfolgt damit das Ziel, Nutzungsmöglichkeiten im Zeitablauf miteinander zu vergleichen (Ist-Ist-Vergleich).5 Diese Nutzungsmöglichkeiten basieren auf Umweltqualitäten und den Möglichkeiten zur Transformation von Umweltqualitäten in Wohlfahrt. Damit kann die Veränderung der Verteilung von bedürfnisbefriedigenden Ressourcen zwischen den Generationen aufgezeigt werden. Wie sich die Verteilung von bedürfnisbefriedigenden Ressourcen innerhalb von Generationen ändert, wird hingegen nicht thematisiert. Es stellt somit ein empirisches Nachhaltigkeitskonzept mit dem Schwerpunkt Erhalt der Umweltqualität für die Nachwelt dar. Wie kann auf der Grundlage der ökonomischen Definition eine nachhaltige Entwicklung gemessen werden? Naheliegend ist, von den Nutzungsregeln einer nachhaltigen Entwicklung auszugehen. Diese Nutzungsregeln beschreiben die Gebote für einen Umgang mit natürlichen Ressourcen, durch deren Einhaltung eine nachhaltige Entwicklung gewährleistet, zumindest aber angenähert werden kann. Sie werden in Kapitel II dargestellt. Im Zusammenhang mit der Definition einer nachhaltigen Entwicklung (Politikebene: Ziel einer nachhaltigen Entwicklung) sind diese Nutzungsregeln Ergebnisse eines normativen Konzepts. Schwerpunkt dieses Berichtes ist es jedoch, zu einer Zustandsmessung einer nachhaltigen Entwicklung zu kommen, d. h. Ergebnisse auf der Basis eines empirischen Konzepts einer nachhaltigen Entwicklung zu formulieren. Dieses empirische Konzept soll den Entscheidungsträgern keine konkreten Handlungsempfehlungen für bestimmte Maßnahmen einer Nachhaltigkeitspolitik nahelegen. Es soll lediglich Bedarf und Erfolg von Maßnahmen 5 Davon sind die Bemühungen zur Messung einer nachhaltigen Entwicklung abzugrenzen, die einen Vergleich zwischen einem gewünschten und einem tatsächlichen Zustand vornehmen wollen (Soll-ist-Vergleich). Zusätzlich ergibt sich dabei die Schwierigkeit, daß ein gewünschter Zustand bestimmt und begründet werden muß. 7 einer Nachhaltigkeitspolitik anzeigen und zwar unabhängig davon, welche Instrumente hierfür von den Entscheidungsträgern im Einzelnen präferiert werden. Diese Offenheit für die Anwendung einer Vielzahl von Instrumenten ist dann umso mehr gewährleistet, je weniger wertende (normative) Elemente das empirische Konzept einer nachhaltigen Entwicklung enthält. Einen ersten Schritt dazu stellen die Bedingungen einer nachhaltigen Entwicklung dar. Sie werden aus den normativen Nutzungsregeln abgeleitet und liefern, im Gegensatz zu den Nutzungsregeln, lediglich eine Beschreibung einer nachhaltigen Wirtschaftsweise. Leitet man auf der Grundlage der Bedingungen bestimmte Maßnahmen ab, befindet man sich wieder in dem normativen Konzept. Die Bedingungen selbst sind hingegen logische Folgerungen aus den Nutzungsregeln, sofern sie umgesetzt würden. Sie stellen also keine Empfehlungen an die politischen Entscheidungsträger dar, was getan werden sollte, um zu einer nachhaltigen Entwicklung zu kommen, sondern beschreiben lediglich die charakteristischen Merkmale einer Wirtschaftsweise, in der die Nutzungsregeln eingehalten werden würden. Dieser Thematik widmet sich Kapitel III. Bis zu diesem Kapitel wird von einem Konzept ausgegangen, das die Im- und Exporte von Ressourcen, Gütern und Stoffen unberücksichtigt läßt. Dies entspricht dem Modell einer geschlossenen Volkswirtschaft. Baden-Württemberg ist jedoch mit anderen Teilräumen durch vielfältige Güter- und Stoffströme verbunden, so daß ein Konzept zur Messung einer nachhaltigen Entwicklung dieser Tatsache Rechnung tragen muß. Diese Frage behandelt Kapitel IV. Schließlich müssen die in Kapitel III entwickelten Bedingungen meßbar gemacht werden. Dazu werden zunächst jene Leistungen des natürlichen Kapitalstocks identifiziert, deren Inanspruchnahme durch die heutige Generation eine Nutzungseinschränkung für nachfolgende Generationen mit sich bringen könnte. Diese Leistungen des natürlichen Kapitalstocks werden als Nachhaltigkeitsgüter bezeichnet (Kapitel V). Desweiteren sind geeignete Meßgrößen auf kardinalen Skalen6 erforderlich, um diese Nachhaltigkeitsgüter quantitativ erfassen zu können (Kapitel VI). Durch die Verknüpfung der Bedingungen, der Nachhaltigkeitsgüter und ihrer Meßgrößen kommt man zu den Indikatoren einer nachhaltigen Entwicklung. Damit beschäftigt sich Kapitel VII. Die Indikatoren einer nachhaltigen Entwicklung sollen den politischen Entscheidungsträgern wesentliche Informationsinstrumente zur Kontrolle nachhaltigkeitspolitischer Maßnahmen zur 6 Eine Skala ist dann kardinal, wenn die Unterschiede zwischen den Ausprägungen der Meßgrößen quantitativ wiedergegeben werden können. 8 Verfügung stellen.7 Wesentliche Funktion der Indikatoren ist es folglich, den Erfolg von politischen Maßnahmen und den daraus resultierenden wirtschaftlichen Veränderungen nach Maßgabe der normativen Nutzungsregeln nachvollziehen zu können. Dazu muß die Menge der Meßgrößen, die für eine vollständige Abbildung der Nachhaltigkeitssituation benötigt würden, so weit reduziert werden, daß die Messung einerseits Gültigkeit beanspruchen, andererseits aber der Politik und der Öffentlichkeit wirksam vermittelt werden kann. Um Zeitverzögerungen bei der Kontrolle nachhaltigkeitspolitischer Maßnahmen zu vermeiden, sollten die in den Indikatoren enthaltenen Meßgrößen schon jetzt ermittelbar sein und regelmäßig dokumentiert werden. Das schließt nicht aus, daß parallel zu diesen Meßgrößen detaillierte Systeme von Meßgrößen zusätzlich entwickelt werden müssen. Vorrangig erscheint uns hier jedoch, auf der Basis bereits bestehender Datenquellen, Anhaltspunkte für einen Verlauf einer nachhaltigen Entwicklung aufzeigen zu können. Folgende Abbildung 1 verdeutlicht den Gang der Überlegungen: Abbildung 1: Ableitung von Indikatoren zur Messung einer nachhaltigen Entwicklung 7 vgl. Rat der Sachverständigen für Umweltfragen (1994), S. 86ff. 9 II . Nutzungsregeln einer Nachhaltigen Entwicklung Die Definition einer nachhaltigen Entwicklung aus Sicht der ökonomischen Theorie erfordert ein im Zeitablauf zumindest konstantes Wohlfahrtsniveau einer Gesellschaft. Dieses Wohlfahrtsniveau knüpft an die Existenz eines konstanten Kapitalstocks als Bestandsgröße an. Nachhaltigkeit kann als Erhaltung dieser Bestandsgröße interpretiert werden. Die zur Bestandsgröße "Kapital" entsprechende Stromgröße ist die Summe aller in einer Periode erzeugten Güter und Dienstleistungen in einer Volkswirtschaft. Diese Größe entspricht im Verständnis der auf Markttransaktionen basierenden Rechnungslegung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) während einer Berichtsperiode. Von dieser Stromgröße ist jedoch im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung der Abbau des Kapitalstocks abzuziehen. Diese so ermittelte Stromgröße stellt damit jene bewertete Gütermenge dar, die in einer Periode maximal konsumiert werden darf, ohne daß dadurch der Kapitalstock aufgezehrt wird. Eine nachhaltige, durch einen Kapitalstock erzeugte Menge an Gütern und Dienstleistungen ist somit gleich dem Einkommen nach dem Hicks'schen Verständnis: "The purpose of income calculations in practical affairs is to give people an indication of the amount which they can consume without impoverishing themselves. Following out this idea, it would seem that we ought to define a man's income as the maximum value that he can consume during a week, and still expect to be as well off at the end of the week as he was at the beginning"8 In diesem "nachhaltigen Einkommen" ist kein Kapitalverzehr enthalten, der zu Lasten zukünftiger Generationen geht. Den normativen Referenzwert, der aussagt, welcher Kapitalverzehr und damit welches "Einkommen" gerade noch zulässig ist, bildet der Anfangsbestand innerhalb einer Berichtsperiode. Die traditionelle Wohlfahrtsmessung, die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung kann aus verschiedenen Gründen dieses "nachhaltige Einkommen" nur unzureichend ermitteln. Dies ist um so mehr der Fall, je stärker jene Güter und Dienstleistungen eine Wertschätzung erfahren, die nicht über den Markt gehandelt werden. Dies ist häufig bei natürlichen Ressourcen der Fall. Eine Alternative zu dieser Form der Wohlfahrtsmessung (einschließlich ihrer Modifikationen) stellen spezifische Nutzungsregeln einer nachhaltigen Entwicklung dar. Diese Nutzungsregeln sollen einen im Zeitablauf konstanten Kapitalstock sicherstellen und erlauben eine Differenzierung unterschiedlicher Nutzungsmöglichkeiten je nach Bewertung der natürlichen 8 vgl. Hicks, J. R. (1946), S. 172. 1 0 Ressourcen. Bei der Formulierung dieser Nutzungsregeln geht es weniger darum, ob diese aus naturwissenschaftlicher Sicht realisierbar sind oder nicht. Ihre Funktion besteht vielmehr darin, Handlungsziele aufzuzeigen, durch deren Verfolgung man sich einer nachhaltigen Entwicklung annähern kann. Eine erste Nutzungsregel lautet: 1. Ein Verbrauch des natürlichen Kapitals muß durch eine entsprechende Erhöhung des künstlichen Kapitals ausgeglichen werden, so daß die Wohlfahrtssituation zumindest gleichbleibt.9 Unter natürlichem Kapital werden jene Ressourcen verstanden, die ohne Zutun des Menschen vorhanden sind, unter künstlichem Kapital hingegen jedes von Menschen produzierte Vermögen. Für den Begriff des Kapitals gilt dabei allgemein, daß dieses letztlich menschliche Bedürfnisse befriedigen kann. Wendet man die erste Nutzungsregel an, dann führt ein Verbrauch von natürlichem Kapital dann nicht zu einem Wohlfahrtsverlust, wenn die Menschen den Nutzenverlust durch den Verbrauch der natürlichen Ressourcen als gleich oder geringer einstufen als den Nutzengewinn, der durch die Umwandlung der natürlichen Ressourcen in Güter und Dienstleistungen entstanden ist. Anders formuliert: Um dem Postulat der intergenerationalen Gerechtigkeit Genüge zu leisten, muß der künstliche Kapitalstock so erweitert werden, daß auch die folgenden Generationen die Zunahme des künstlichen Kapitalstocks gleich oder höher bewerten als den Nutzenverlust durch die Verringerung des natürlichen Kapitalstocks. Dies entspricht einer Effektivitätssteigerung in der Nutzung natürlicher Ressourcen. Diese Nutzungsregel kann jedoch nur unter der Annahme operationalisiert werden, daß nachfolgende Generationen zumindest ähnliche Präferenzen wie die gegenwärtige Generation besitzen. Ebenfalls muß dabei das Problem überlappender Generationen ausgeklammert werden. Eine weitere Voraussetzung für die Anwendung der ersten Nutzungsregel ist, daß die bedürfnisbefriedigenden Leistungen des natürlichen Kapitals äquivalent zu den Leistungen des künstlichen Kapitals sind. Dadurch können die Leistungen des natürlichen Kapitals durch die Leistungen des künstlichen Kapitals ersetzt werden, ohne daß sich das Wohlfahrtsniveau insgesamt verringert. Welche Voraussetzungen müssen hierfür gegeben sein? 9Diese Regel wird aus der verallgemeinerten Hartwick-Regel abgeleitet. - vgl. Hartwick, J. M. (1978). 1 1 1. Eine natürliche Ressource ist dann austauschbar oder substituierbar, wenn die Leistungen des künstlichen Kapitals von Nachfragern als äquivalent zu den Leistungen des natürlichen Kapitals angesehen werden. Diese Äquivalenz kann zum einen auf einer funktionalen Ebene bestehen, zum anderen auf der Ebene eines Nutzenniveaus. Eine Äquivalenz auf der funktionalen Ebene besteht dann, wenn beispielsweise Holz als Werkstoff eingesetzt wird und zwar deshalb, weil es bestimmte physikalische Eigenschaften aufweist. Dieselben physikalischen Eigenschaften könnten nun aber auch von einem Kunststoff erfüllt werden, so daß für diese spezielle Verwendung die natürliche Ressource Holz durch das von Menschen erzeugte künstliche Kapital Kunststoff ersetzt werden kann. Eine Äquivalenz auf der Ebene eines Nutzenniveaus ("Cyberspace-Sustainability") besteht dann, wenn ein künstlicher Ersatz zwar nicht dieselben stofflichen Eigenschaften für die geforderte Verwendung aufweist wie eine natürliche Ressource, das Niveau der Bedürfnisbefriedigung aus der Nutzung dieser Güter aber zumindest gleich hoch ist. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn Menschen sich durch Computerspiele genauso gut erholen können wie durch Waldspaziergänge, ein Besuch im Hallenbad genausoviel Freude bereitet, wie das Baden in einem natürlichen See, usw.. Im physischen Sinne unterscheidet sich die eine Nutzung (Hallenbad, Kunststoff) von der anderen Nutzung (Seebaden, Holz) nur durch den Grad der Bearbeitung natürlicher Ressourcen, da beide Nutzungen letztlich auf den Verbrauch natürlicher Ressourcen angewiesen sind.10 Eine Möglichkeit zur Substitution liegt aber vor, wenn der Verbrauch von natürlichen Ressourcen zumindest teilweise durch künstliches Kapital ausgeglichen werden kann. So erfordert die eine Nutzung (Hallenbad, Kunststoff) im Austausch gegen natürliches Kapital mehr künstliches Kapital als die andere Nutzung (Seebaden, Holz). In unserem Verständnis von Nachhaltigkeit bedeutet Äquivalenz des Nutzenniveaus, daß die Wohlfahrt für künftige Generationen von den objektiven Möglichkeiten abhängt, die gleichen Präferenzen wie die heutige Generation ausleben zu können, gleichgültig ob die zukünftigen Menschen die gleichen Präferenzen haben werden wie die heutigen. Sofern es für Menschen einen Nutzenverlust bedeutet, in einem Hallenbad anstatt in einem See zu baden, dann darf den zukünftigen Generationen die Möglichkeit des Seebadens nicht vorenthalten werden, selbst wenn sie dies faktisch niedriger bewerten sollten als das Schwimmen in einem Hallenbad. Besteht aber in der heutigen Generation Indifferenz zwischen den beiden Möglichkeiten, dann ist eine Substitution durch künstliches Kapital (Hallenbad) gerechtfertigt, selbst wenn künftige Generationen dies in Zukunft anders 10 siehe Seite 12-13. 1 2 sehen könnten. Träfe man diese Annahme nicht, müßten wir jegliche Substitutionsmöglichkeit zwischen künstlichem und natürlichem Kapital ausschließen mit der absurden Konsequenz, daß jede künftige Generation jedes natürliche Gut jedem potentiellen künstlichem Substitutionsgut vorziehen würde. Eine solche Annahme würde aber letztlich jede wirtschaftliche Aktivität, bei der natürliche Güter über deren Bestandszuwachs verbraucht werden, verbieten. Dann dürfte man beispielsweise auch keine Steine mehr an einem Steinbruch gewinnen, weil zukünftige Generationen diese Steine in der Erde mehr schätzen könnten als die damit gebauten Häuser und Anlagen. 2. Eine natürliche Ressource ist austauschbar oder substituierbar, wenn es der Stand der Technik erlaubt, ein und dasselbe Produkt mit künstlichem Kapital statt mit natürlichem Kapital zu produzieren. Voraussetzung für die Substituierbarkeit ist auch hier Indifferenz: Für Nachfrager nach einem Produkt muß es unerheblich sein, wie dieses Produkt produziert worden ist. So kann beispielsweise die Wirkungsweise eines Medikamentes völlig unabhängig davon sein, ob natürliche oder synthetisch hergestellte Inhaltsstoffe verwendet werden. Ist dies der Fall, kann auf den natürlichen Inhaltsstoff durch die Herstellung des künstlichen Stoffs verzichtet werden. Treffen diese Annahmen für die Substituierbarkeit von natürlichen Ressourcen nicht zu, dann spricht man von Komplementarität oder komplementären natürlichen Ressourcen. In diesen Fällen muß sich der Verbrauch des natürlichen Kapitals an den folgenden Nutzungsregeln orientieren: 2. Für erneuerbare Ressourcen als Rohstoffe gilt, daß Inanspruchnahme und Regeneration in einem Gleichgewicht stehen müssen. Für erneuerbare Ressourcen als Senken gilt, daß die Verschmutzung dieser Ressourcen nicht deren Assimilationsfähigkeit übersteigen darf. 3. Für erschöpfbare Ressourcen gilt, daß deren Verbrauch durch den Aufbau erneuerbaren natürlichen Kapitals ausgeglichen werden sollte. Erneuerbare natürliche Ressourcen sind Ressourcen, die sich ohne Zutun des Menschen von selbst regenerieren. Beispielsweise ist Holz eine solche Ressource, da dieser Rohstoff trotz einer Nutzung durch den Menschen weiterhin im Wald nachwachsen kann. Erneuerbare Ressourcen können auch als Medium zur Aufnahme von Abfallstoffen (Senken) genutzt werden. Sie erhalten dann ihre Regenerationsfähigkeit, wenn die Abfallstoffe in diesem Medium abgebaut werden können, so daß deren Kapazität zur Aufnahme dieser Stoffe längerfristig gleichbleibt. Als Beispiel kann hier der anwachsende Wald genannt werden, der als 1 3 CO2-Senke dienen kann. Im Gegensatz dazu sind erschöpfbare Ressourcen nicht regenerationsfähig bzw. eine Regeneration wird sich allenfalls in geologischen Zeiträumen abspielen. Jede Nutzung von erschöpfbaren Ressourcen heute führt zu einem geringeren Bestand dieser Ressourcen in der Zukunft. Ein Beispiel hierfür ist der Abbau von fossilen Brennstoffen (erschöpfbare Ressource als Rohstoff). Die Regeln zwei und drei garantieren, daß der Bestand des natürlichen Kapitalstocks erhalten bleibt. Richtet man alles ökonomische Handeln auf diese beiden Regeln aus, dann folgt man dem Konzept der starken Nachhaltigkeit. Starke Nachhaltigkeit impliziert, daß keine Elemente des natürlichen Kapitalstocks durch Elemente des künstlichen Kapitalstocks ersetzt werden können, die beiden Elementklassen also komplementär zueinander stehen. Diese Auffassung steht im Gegensatz zum der schwachen Nachhaltigkeit , welches davon ausgeht, daß die Elemente aus dem natürlichen Kapitalstock durch Elemente des künstlichen Kapitalstocks ersetzt werden können, die beiden Elementklassen also substitutiv zueinander sind. Starke Nachhaltigkeit kann langfristig nur dann erreicht werden, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind. Es dürfen lediglich erneuerbare Ressourcen genutzt und die Regenerations- bzw. Assimilationskapazität bei der Nutzung dieser Ressourcen darf nicht überschritten werden. Erschöpfbare Ressourcen, die nicht durch natürliche Ressourcen ersetzbar sind, dürfen unter diesen Bedingungen nicht genutzt werden. Würde man diese beiden Bedingungen anerkennen, dann ergibt sich aber ein Zielkonflikt mit dem Nachhaltigkeitsgebot insgesamt. Denn bei der heutigen Nutzungsstruktur der natürlichen Ressourcen wäre eine solche Wirtschaftsweise mit erheblichen Wohlfahrtseinbußen verbunden. Beispielsweise dürften keine Schulen und Krankenhäuser mehr unterhalten werden, denn diese nehmen erschöpfbare Ressourcen in Anspruch. Ein Verzicht auf Schulen und Krankenhäuser würde aber dem Ziel einer nachhaltigen Entwicklung - ein nicht-sinkendes Wohlfahrtsniveau der Gesellschaft - widersprechen. Somit bedeutet eine nachhaltige Entwicklung im ökonomischen Sinne auch, daß Optionen für die Schaffung und Nutzung des künstlichen Kapitals aufrecht erhalten werden müssen. Das Konzept der starken Nachhaltigkeit, in dem eine vollständige Komplementarität des natürlichen und künstlichen Kapitals unterstellt wird, ist folglich mit dem Ziel einer nachhaltigen Entwicklung nicht vereinbar. Wenn jedoch für das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung erschöpfbare Ressourcen verbraucht werden müssen, dann muß - um nachfolgende Generationen zu kompensieren - zwangsläufig künstliches Kapital akkumuliert werden (1. Nutzungsregel). Beispielsweise ist der Verbrauch fossiler Energieträger dann gerechtfertigt, wenn nachfolgenden Generationen künstliches Kapital in Form einer besseren Technologie zur 1 4 Wärmedämmung zur Verfügung gestellt wird. Dies ermöglicht ihnen, bei einem geringeren Verbrauch fossiler Energieträger dieselbe Raumwärme zu realisieren. Aber auch das Konzept der schwachen Nachhaltigkeit widerspricht bei konsequenter Umsetzung dem Postulat der Nachhaltigkeit. Es gibt kein Produkt, das nicht in irgendeiner Weise auf natürliche Vorleistungen oder Nachleistungen angewiesen ist. Material, Wasser, Luft, Boden sind unverzichtbare Elemente in allen Produktionssystemen. Von einer vollständigen Substituierbarkeit zwischen künstlichem und natürlichem Kapitalstock auszugehen, ist deshalb unsinnig. Auf der Nachfrageseite wird jede Verknappung von Leistungen des natürlichen Kapitals zu einer höheren Wertschätzung pro Einheit natürlichen Kapitals führen, da künstliches Kapital nicht in allen Eigenschaften und Verwendungen dem natürlichen Kapital gleichartig sein kann. Je weniger Wald als Erholungsfläche zur Verfügung steht, desto weniger kann diese Erholungsmöglichkeit durch unterhaltsame Computerspiele ersetzt werden. Auf der Angebotsseite kann künstliches Kapital letztlich nur dann produziert werden, wenn zuvor ein Minimum an natürlichen Ressourcen eingesetzt wurde. Auch ein Hallenbad benötigt Wasser, um das Baden zu ermöglichen. Die Produktion von Kunststoff benötigt Erdöl als Ausgangsbasis. Somit ist die Erstellung eines jeden Produkts von einer Vor- oder Nachleistung des natürlichen Kapitals abhängig. Aus der Ablehnung sowohl des starken als auch des schwachen Konzepts der Nachhaltigkeit folgt, daß es keine einfache, über alle Güterklassen verallgemeinerungsfähige Entscheidungsregel gibt, die eine nachhaltige von einer nicht-nachhaltigen Nutzung von natürlichen Gütern trennt. Die Substituierbarkeit und Komplementarität von natürlichen Ressourcen ist vielmehr von den individuellen Präferenzen gegenüber diesen Ressourcen abhängig. Aus wissenschaftlicher Sicht kann jedoch keine Aussage darüber gemacht werden, welche Präferenzen gerechtfertigt sind oder nicht. Aus diesem Grunde werden zur Messung einer nachhaltigen Entwicklung beide Konzepte der Nachhaltigkeit kombiniert. III. Bedingungen einer nachhaltigen Entwicklung Eine erste Möglichkeit zur Bestimmung einer nachhaltigen Entwicklung knüpft an die erste Nutzungsregel an. Diese Bedingung geht davon aus, daß die Leistungen des natürlichen Kapitals durch die Leistungen des künstlichen Kapitals ersetzt werden können. Kann - unter der Annahme, daß natürliches Kapital begrenzt ersetzbar ist - eine Ausweitung des künstlichen Kapitalstocks die Erhaltung des Wohlfahrtsniveaus anzeigen? Zur Beantwortung dieser Frage muß man auf den Begriff der Wohlfahrt näher eingehen. Die Größe "Wohlfahrt" ist definiert als 1 5 das Aggregat aller individuellen Nutzenniveaus. Steigt mit der Ausweitung des künstlichen Kapitalstocks die Bevölkerungszahl überproportional, so verringert sich der künstliche Kapitalstock pro Kopf. Unter der plausiblen Annahme, daß ein verringerter Kapitalstock pro Kopf mit einem geringerem Pro-Kopf-Ausstoß an Gütern und Dienstleistungen verbunden ist, so folgt daraus ein verringertes individuelles Nutzenniveau. Ein Anstieg der Bevölkerungszahl kann deshalb die Wohlfahrtswirkung eines größeren künstlichen Kapitalstocks überkompensieren. Als erste Bedingung für eine nachhaltige Entwicklung kann deshalb festgehalten werden: 1. Wachstum des künstlichen Kapitalstocks pro Kopf. Das individuelle Nutzenniveau ist jedoch nicht nur von der absoluten Höhe des Kapitalstocks pro Kopf abhängig, sondern auch von der Struktur des Kapitalstocks pro Kopf. Eine Substitution von natürlichem Kapital durch künstliches Kapital verändert diese Struktur. Für den Erhalt des Nutzenniveaus ist dabei das marginale Austauschverhältnis (Grenzrate der Substitution) zwischen natürlichem und künstlichem Kapital maßgeblich. Das marginale Austauschverhältnis besagt, wieviel Einheiten eines Gutes ein Individuum erhalten müßte, um den Verlust einer zusätzlichen Einheit eines anderen Gutes so zu kompensieren, daß sein Nutzenniveau unverändert bleibt. Plausibel erscheint in der jetzigen Situation die Annahme einer sinkenden Grenzrate der Substitution: Wenn der Nutzenverlust pro verbrauchter Einheit natürlichem Kapital mit zunehmendem Verbrauch immer größer wird als der Nutzenzuwachs pro produzierter Einheit künstlichen Kapitals, dann müssen zur Aufrechterhaltung einer bestimmten Wohlfahrtssituation im Zeitablauf immer mehr Einheiten künstliches Kapital produziert werden, um den Nutzenverlust durch den Verbrauch einer zusätzlichen Einheit an natürlichem Kapital zu kompensieren. Diese Forderung entspricht der Forderung nach einer im Zeitablauf steigenden Ressourcenproduktivität. Ein bestimmtes Wohlfahrtsniveau kann unter der Annahme einer sinkenden Grenzrate der Substitution auch dann erhalten werden, wenn zur Erstellung einer Einheit künstlichen Kapitals im Zeitablauf immer weniger Einheiten an natürlichem Kapital verbraucht werden. Analog der Forderung nach einer steigenden Ressourcenproduktivität entspricht dies der Forderung nach einer im Zeitablauf sinkenden Ressourcenintensität. Eine zweite Bedingung für eine nachhaltige Entwicklung lautet daher: 1 6 2. steigende Ressourcenproduktivität pro Kopf bzw. sinkende Ressourcenintensität pro Kopf. Diese zweite Bedingung basiert auf dem Konzept der schwachen Nachhaltigkeit. Mit dieser Bedingung werden jene Veränderungen beschrieben, die der Forderung nach einer "Effizienzrevolution" (auch häufig Erhöhung der „Öko-Effizienz“ genannt) entsprechen.11 Das Konzept der starken Nachhaltigkeit sieht hingegen natürliche Ressourcen stets als nicht- substituierbar, d. h. als komplementär zu künstlichem Kapital an. Ein Austausch natürlicher Ressourcen mit den monetären Größen des künstlichen Kapitalstocks ist aus diesem Blickwinkel nicht möglich. Die maximale Nutzung komplementärer erneuerbarer Ressourcen hängt folglich allein von den natürlichen Bedingungen ab. Eine nachhaltige Entwicklung ist dann erreicht, wenn die Anfangsbestände im Laufe einer Zeitperiode erhalten bleiben. Dies läßt sich streng genommen nur bei erneuerbaren Ressourcen verwirklichen. In Anlehnung an die zweite Nutzungsregel kann deshalb als dritte Bedingung für eine nachhaltige Entwicklung formuliert werden: 3. Die Inanspruchnahme erneuerbarer Ressourcen darf nicht höher sein als deren Regeneration bzw. Assimilation. Komplementäre erschöpfbare Ressourcen regenerieren sich hingegen nicht. Komplementäre erschöpfbare Ressourcen, die als Senken dienen, besitzen auch keine Assimilationskapazität. Jede Nutzung erschöpfbarer Ressourcen - und sei sie auch nur minimal - verringert ihren Bestand oder ihre Qualität. Dadurch erleiden nachfolgende Generationen einen Nutzenverlust. Dieser Nutzenverlust kann im Falle von Ressourcen, die zu künstlichem Kapital komplementär sind, nur dann kompensiert werden, wenn gleichwertige Nutzenströme aus erneuerbaren Ressourcen geschaffen werden. Dies entspricht der dritten Nutzungsregel für eine nachhaltige Entwicklung. Eine nachhaltige Entwicklung ist dann erreicht, wenn der mengenmäßige Verbrauch komplementärer erschöpfbarer Ressourcen durch zusätzlich geschaffene erneuerbare Ressourcen ausgeglichen werden kann. Dieser Ausgleich setzt eine Substitution von erschöpfbaren Ressourcen durch erneuerbare Ressourcen voraus, d. h. erschöpfbare und erneuerbare Ressourcen müssen funktionsäquivalent sein. Dies gilt sowohl für Ressourcen als 11 vgl. Pfister, G., Renn, O. (1996). 1 7 Rohstofflieferanten sowie in ihrer Funktion als Senken. Als vierte Bedingung einer nachhaltigen Entwicklung kann folglich gelten:12 4. Ein Abbau erschöpfbarer Ressourcen muß in einem entsprechenden Verhältnis zu den Bestandserhöhungen funktionsäquivalenter erneuerbarer Ressourcen stehen. Diese vierte Bedingung ist bei vielen nicht-erneuerbaren Ressourcen kaum oder gar nicht zu erfüllen. Vor allem bei mineralischen Ressourcen läßt sich schwerlich eine Situation erreichen, bei der jedweder Verbrauch durch eine Bestandserhöhung, etwa von Biomasse, ausgeglichen werden könnte. Deshalb kann eine weitere Bedingung im Sinne einer Modifikation formuliert werden: 5. Einem Abbau erschöpfbarer Ressourcen muß entweder ein entsprechender Zugewinn an funktionsäquivalenten Ressourcen mittels Exploration, technischer Innovation oder mittels einer entsprechenden Effektivitätsverbesserung in Höhe des Verbrauchs entgegenstehen. In beiden Fällen - Zugewinn funktionsäquivalenter Ressourcen und Effektivitätssteigerung - bleibt für die jeweils kommende Generation der Bestand an Nutzungsmöglichkeiten aus den erschöpfbaren Ressourcen gleich. Diese fünfte Bedingung ist teilweise in der zweiten und teilweise in der vierten Bedingung enthalten. So wird durch zusätzliche Exploration der bekannte Bestand funktionsäquivalenter Ressourcen konstant gehalten. Technische Innovationen führen in der Regel zu Effektivitätsverbesserungen, die ihrerseits zu einer höheren Ressourcenproduktivität führen. Nachhaltigkeit wird für komplementäre Ressourcen - aber auch nur für diese - sowohl durch die Bedingung drei (erneuerbare komplementäre Ressourcen) als auch durch die Bedingung vier (erschöpfbare komplementäre Ressourcen) beschrieben. Sie fordern einen konstanten natürlichen Kapitalstock (Konzept der starken Nachhaltigkeit). Für erschöpfbare natürliche Ressourcen, die weder durch erneuerbare natürliche Ressourcen noch durch künstliches Kapital 12 Hier sei noch einmal daran erinnert, daß die Bedingungen einer nachhaltigen Entwicklung keine Empfehlungen für politische Maßnahmen liefern, sondern lediglich eine Beschreibung einer nachhaltigen Wirtschaftsstruktur darstellen. Beispielsweise kann es hier nicht darum gehen, die Ausbeutung von Erdölvorkommen nur dann zuzulassen, wenn gleichzeitig Agrarflächen zur Erzeugung von Treibstoffen ausgeweitet werden. Dies wird vielmehr das Ergebnis von politischen Maßnahmen, wie beispielsweise die Besteuerung von mineralischen Treibstoffen, sein. 1 8 ersetzbar sind (sog. essentielle Ressourcen), führt jede Nutzung weg von einer nachhaltigen Entwicklung. Im Fall der essentiellen Ressourcen ist eine Annäherung an eine nachhaltige Entwicklung nur dadurch möglich, daß der Verbrauch von essentiellen Ressourcen im Zeitablauf absolut abnimmt. Deshalb kann eine sechste Bedingung einer nachhaltigen Entwicklung formuliert werden: 6. Der Verbrauch essentieller Ressourcen muß im Zeitablauf absolut abnehmen. Diese sechste Bedingung kann auch als Extremfall der zweiten Bedingung interpretiert werden. Die Annahme einer abnehmenden Grenzrate der Substitution berücksichtigt den Eigenschaftswandel durch die zunehmende Verknappung einer Ressource. Wenn zur Aufrechterhaltung eines bestimmten Wohlfahrtsniveaus immer mehr Einheiten an künstlichem Kapital produziert werden müssen, um den Nutzenverlust durch den Verbrauch einer Einheit an natürlichem Kapital zu kompensieren, dann bedeutet dies im Extremfall einer essentiellen Ressource, daß für den Abbau einer Einheit an natürlichen Ressourcen unendlich viele Einheiten künstliches Kapital eingesetzt werden müßten. Diese Aussage ist gleichbedeutend mit der Annahme der Komplementarität von natürlichen Ressourcen. Auch wenn sich diese Bedingungen ohne normative Zusatzannahmen aus den normativ gesetzten Nutzungsregeln ableiten lassen und damit eine Zustandsbeschreibung einer Volkswirtschaft erlauben, so ist doch implizit eine weitere normative Vorgabe wirksam. In Anlehnung an den Hicks'schen Einkommensbegriff gelten die Periodenanfangsbestände als Referenzgröße für die Bewertung der nachfolgenden Zustände. Dies bedeutet, daß die Bedingungen nicht ein dimensionsloses, quasi-absolutes Maß der Nicht-Nachhaltigkeit aufzeigen, sondern lediglich relative Verbesserungen bzw. Verschlechterungen der Nachhaltigkeitssituation im Vergleich zur vorherigen Berichtsperiode.13 Schließlich ist zu beachten, daß nicht eine Bedingung für sich genommen eine Annäherung an oder eine Entfernung von einer nachhaltigen Entwicklung aufzeigen kann. So kann ein Anstieg des künstlichen Kapitalstocks (1. Bedingung) alleine genauso wenig Nachhaltigkeit anzeigen wie eine Abnahme des Verbrauchs essentieller Ressourcen (6. Bedingung). Im ersten Fall kann der Anstieg des künstlichen Kapitalstocks durch den Verbrauch natürlichen Kapitals überkompensiert werden. Im letztgenannten Fall mag der Rückgang des Verbrauchs essentieller Ressourcen durch einen Rückgang des künstlichen Kapitalstocks erkauft worden sein. 13vgl. Cansier, D. (1995). 1 9 Zusammengefaßt ergibt sich für die Zuordnung der Ressourcen zu den Bedingungen folgendes Bild (Abbildung 2): Abbildung 2: Zuordnung der Ressourcen zu den Bedingungen einer nachhaltigen Entwicklung14 IV. Regionalisierung Ob natürliche Ressourcen substituierbar oder komplementär sind und welche der Bedingungen einer nachhaltigen Entwicklung anzuwenden ist, hängt, neben den Präferenzen für natürliche Ressourcen, auch vom Raumbezug einer nachhaltigen Entwicklung ab. Ressourcen wie beispielsweise die Qualität von Wasser oder Boden, können auf lokaler Ebene komplementär sein, wenn diese Ressourcen essentiell für das Überleben innerhalb dieses Raumes notwendig sind. Dies gilt in einer geschlossenen Volkswirtschaft. Auf globaler Ebene oder in einer offenen Volkswirtschaft werden diese Ressourcen jedoch dann substituierbar, wenn Menschen von einer stark verschmutzten Region in eine weniger stark verschmutzte Region umziehen können oder wenn Güter aus anderen Regionen bezogen werden können. Komplementarität von Ressourcen läßt sich folglich nur dadurch begründen, daß 14 vgl. Löbbe, K. (1995). 2 0 1. sich eine Region autark mit Umweltressourcen (z. B. Wasser, Abfalldeponien) und anderen Gütern (z. B. landwirtschaftliche Produkte) versorgen will, 2. eine überregionale Mobilität der Bevölkerung als unerwünscht angesehen wird, und 3. eine Abnahme von natürlichem Kapital sich global auswirkt. Die Begründung der ersten zwei Annahmen ist von der normativen Zielsetzung einer regionalen Nachhaltigkeit abhängig. Nur die Begründung der dritten Annahme ist unabhängig davon, was politisch als erwünscht eingestuft wird. Sieht man von den politischen Zusatznormen eins und zwei ab, dann können nur jene Umweltressourcen im strengen Sinne als komplementär betrachtet werden, deren Abnahme sich global auswirkt. Dies kann beispielsweise bei der Ozonschichtzerstörung oder bei globalen Klimaänderungen der Fall sein. Wenn die Erhaltung der Ozonschicht und die Klimastabilität als essentiell eingestuft werden (weil sie nicht durch andere natürliche Ressourcen oder durch künstliches Kapital ersetzt werden können), dann ist auch bei einer offenen Volkswirtschaft Komplementarität gegeben, da eine Abnahme der regionalen Verfügbarkeit dieser Ressourcen nicht durch Importe ausgeglichen werden kann. In allen anderen Fällen ist hingegen die Geltung der oben genannten Annahmen eins und zwei zu diskutieren. Grundsätzlich lassen sich hier zwei Perspektiven unterscheiden. Eine erste Zielsetzung geht davon aus, daß eine Nachhaltigkeitspolitik sich auf den Nachhaltigkeitsstatus innerhalb einer Region, z.B. der Region Baden- Württemberg, konzentrieren soll, wobei das Ziel möglichst unter Vermeidung von Ressourcenverschwendung erreicht werden soll (regionale Zielsetzung). Die Auswirkungen baden-württembergischen Wirtschaftens auf die Nachhaltigkeit außerhalb der Region bleiben dabei unbeachtet. Eine explizite Formulierung von Nachhaltigkeitsbedingungen des Außenhandels ist deshalb nicht notwendig. Die anderen Regionen sollen und können selbst bestimmen, ob sie nachhaltig wirtschaften wollen oder nicht. Wenn Bevölkerungsmobilität und freier Außenhandel zugelassen werden, sind Umweltressourcen nur auf der Basis der dritten Annahme komplementär, gleichgültig, ob lokal gesehen im Ausland die Ziele der Nachhaltigkeit objektiv verletzt würden. Der Abbau von Umweltressourcen innerhalb oder außerhalb Baden-Württembergs kann stets durch Bevölkerungsmobilität oder Außenhandel ausgeglichen werden. In diesem Falle sind 2 1 Umweltressourcen, deren Abbau zu lediglich regional begrenzten Auswirkungen führt, stets als substituierbar einzustufen. Dieses Konzept läßt sich modifizieren, wenn Bevölkerungsmobilität als politisch unerwünscht (zusätzliche normative Annahme) ausgeschlossen wird. Dann sind auch jene Umweltressourcen als komplementär einzustufen, deren Abbau sich nur regional innerhalb Baden-Württembergs auswirkt und deren Nutzungseinschränkungen nicht durch Importe oder künstliches Kapital ausgeglichen werden können. Dies betrifft Umweltressourcen, wie beispielsweise die regionale Qualität von Böden, Wasser, Luft und Landschaften, soweit sie von der baden- württembergischen Bevölkerung direkt und nicht mittelbar über den Umweg gehandelter Güter genutzt werden. Diese Umweltgüter sind aber dann als substituierbar einzustufen, wenn deren Nutzungseinschränkungen durch Importe von Gütern ausgeglichen werden können. Der Ausschluß von Bevölkerungsmobilität erscheint aus zwei Gründen plausibel. Erstens können politische Entscheidungsträger im Rahmen einer Nachhaltigkeitspolitik schwerlich die Abwanderung der Bevölkerung einkalkulieren. Sie sind schließlich auf den Verbleib ihrer Wähler in Baden-Württemberg angewiesen. Zweitens würden gerade jene Bevölkerungsschichten abwandern, die aufgrund ihrer Kapitalausstattung mobil sind. Zurück bleiben jene Bevölkerungsteile, die lediglich unterdurchschnittlich zur Wohlfahrt einer Gesellschaft beitragen.15 Eine solche Bevölkerungspolitik würde folglich dem Ziel einer nachhaltigen Entwicklung zuwiderlaufen. 16 , 17 Eine zweite, grundsätzlich andere Zielsetzung geht davon aus, daß eine regionale Nachhaltigkeitspolitik in Baden-Württemberg gleichzeitig auch die Nachhaltigkeit außerhalb Baden-Württembergs bzw. auf einer überregionalen Ebene begünstigen soll (universelle Zielsetzung). 15 vgl. Löbbe, K. (1995). 16 Auf der anderen Seite erscheint jedoch ebenso plausibel, daß überregionaler Tourismus weiterhin stattfindet. Dann muß die Annahme des Ausschlusses von Bevölkerungsmobilität - und damit der Komplementarität - zumindest für jene Umweltgüter aufgehoben werden, die im Rahmen von Touristenreisen genutzt werden können. 17 Diese Argumente zum Ausschluß von Bevölkerungsmobiltät mögen für Nicht- Ökonomen zynisch klingen, da der von Baden-Württemberg ausgeübte Nutzungsdruck auf andere Regionen (und umgekehrt) nicht thematisiert wird. Tatsächlich geht es in der ökonomischen Argumentation nur darum zu klären, warum es für baden-württembergische Entscheidungsträger aus eigenem Interesse nicht sinnvoll ist, im Rahmen einer Nachhaltigkeitspolitik auf eine Abwanderung der Bevölkerung zu setzen. Es geht nicht darum zu klären, welche Schlußfolgerungen baden-württembergische Entscheidungsträger aus politischen oder altruistischen Gründen ziehen sollen. 2 2 Dieses Ziel ist im Rahmen einer regionalen Nachhaltigkeit nicht zwingend gegeben, sondern kann als zusätzlich wünschenswertes Ziel explizit aufgenommen werden. Dabei wird unterstellt, daß die normative Geltungskraft der Nachhaltigkeit universellen Charakter haben sollte und ähnlich wie andere Normen (z.B. Menschenrechte) nicht auf einzelne Regionen beschränkt werden sollte. In diesem Fall werden andere Regionen aktiv beeinflußt, nachhaltig zu wirtschaften, gleichgültig, ob sie dies wünschen oder nicht.18 Unter einer universellen Zielsetzung sind Indikatoren notwendig, die eine Verbindung von baden-württembergischen Konsum- und Produktionsaktivitäten mit dem Nachhaltigkeitszustand außerhalb Baden-Württembergs herstellen. Dabei liegt es nahe, diese Indikatoren über den Austausch von überregional gehandelten Gütern zu operationalisieren. Jeder Im- und Export substituierbaren natürlichen Kapitals muß zu einer entsprechenden Erhöhung des künstlichen Kapitals in den handelstreibenden Regionen führen (vgl. 1. Nutzungsregel). Aus baden-württembergischer Sicht könnte Nachhaltigkeit in diesem Fall dann gewährleistet sein, wenn jeder Import substituierbaren natürlichen Kapitals zumindest zu einer Erhöhung des künstlichen Kapitals in Baden-Württemberg führt. Umgekehrt muß jeder Export substituierbaren natürlichen Kapitals zu einer Erhöhung des künstlichen Kapitals in Regionen außerhalb Baden-Württembergs führen. Die Exportseite kann jedoch im weiteren vernachlässigt werden, da aus baden-württembergischer Sicht jedem Export von natürlichem Kapital ein Abbau von natürlichem Kapital in Baden-Württemberg vorausgeht. Ob dieser Abbau den Kriterien der Nachhaltigkeit genügt, wird bereits durch andere Indikatoren erfaßt. Folglich kann man sich bei der weiteren Betrachtung auf die Importseite beschränken. Auch hier kann - wie bei der Bedingung 2 - eine abnehmende Grenzrate der Substitution zwischen importiertem natürlichem Kapital und heimischem künstlichen Kapital angenommen werden. Ebenfalls ist der Einfluß der Bevölkerungszahl auf die Wohlfahrtssituation zu berücksichtigen. Somit kann eine siebte Bedingung für eine nachhaltige Entwicklung formuliert werden: 18 Die Problematik der regionalen versus universellen Zielsetzung einer Nachhaltigkeitspolitik wird ausführlich in Pfister, G. (1995) diskutiert. Als Lösungsansatz werden dazu Kompensationen vorgeschlagen. 2 3 7. steigende Produktivität importierter Ressourcen pro Kopf, bzw. sinkende Intensität importierter Ressourcen pro Kopf. Für Ressourcen, die außerhalb der Region von der dort lebenden Bevölkerung als komplementär zu künstlichem Kapital angesehen werden und nach Baden-Württemberg importiert werden, kann eine weitere, achte Bedingung aufgestellt werden: 8. Der Import komplementärer Ressourcen muß im Zeitablauf absolut abnehmen. V. Nachhaltigkeitsgüter Die Messung einer nachhaltigen Entwicklung im Sinne der intergenerationellen Verteilungsgerechtigkeit erfordert, jene Leistungen des natürlichen Kapitals zu bestimmen, deren heutige Nutzung die Nutzungsmöglichkeiten zukünftiger Generationen einschränken. Diese sogenannten Nachhaltigkeitsgüter schließen zunächst alle erschöpfbaren natürlichen Ressourcen ein, da jede heutige Nutzung ihre Verwendungsmöglichkeit in der Zukunft einschränkt. Aber auch erneuerbare Ressourcen müssen in diese Betrachtung mit einbezogen werden, da eine Übernutzung dieser Ressourcen zu einer Bestandsminderung und damit zu Nutzungseinschränkungen für zukünftige Generationen führen kann. Dabei ist von den heutigen Beständen und seinen Nutzungsmöglichkeiten auszugehen. Gleichzeitig mag es aber Nutzungseinschränkungen geben, die zwar die heutige, nicht aber die nachfolgenden Generationen betreffen. Dies trifft beispielsweise für die Umweltbelastung „Lärm“ zu: Sobald eine Lärmquelle versiegt, entsteht kein Schaden für nachfolgende Generationen. Ganz im Gegensatz dazu führt eine heutige Emission von Schwermetallen noch in weiter Zukunft zu möglichen Schäden an Gesundheit und Umwelt. Bei der Identifikation von Nachhaltigkeitsgütern geht es also um die Bestimmung der Elemente eines Systems zur Beobachtung der Nachhaltigkeitsentwicklung, die einen Einfluß auf die intergenerationelle Verteilung von Umweltressourcen ausüben. Diese Elemente müssen von den Elementen eines Systems zur Umweltbeobachtung getrennt werden, die darauf abzielen, die Belastungen der heutigen Generation ohne Wirkungen auf die kommenden Generationen zu erfassen. Als Kriterium für diese Abgrenzung kann die Dauerhaftigkeit der Auswirkungen von umweltbelastenden Aktivitäten dienen. 2 4 Bei der Abgrenzung von Nachhaltigkeitsgütern ist es ratsam, die Anzahl der zu beobachtenden Nachhaltigkeitsgüter auf ein überschaubares Maß zu beschränken, um Erfolge oder Mißerfolge einer Nachhaltigkeitspolitik eindeutiger zu messen und an Politik und Öffentlichkeit leichter zu vermitteln. Des weiteren sollen die Daten, die für ein solches System zur Nachhaltigkeitsbeobachtung benötigt werden, regelmäßig erfaßt und dokumentiert sein. Diese Anforderungen schränken die Auswahl der Elemente für ein System zur Nachhaltigkeitsbeobachtung erheblich ein. Da in Baden-Württemberg lediglich sektorale Systeme zur Umweltbeobachtung existieren, kann - wie vielfach gefordert16 - die Umweltqualität auch nicht ökosystemar und medienübergreifend quantitativ beschrieben werden. In diesen sektoralen Systemen wird lediglich die Qualität einzelner Umweltsektoren wie Boden, Wasser, Luft abgebildet. Zur Konstruktion eines Systems zur Nachhaltigkeit sind wir zunächst vom System zur Umweltbeobachtung der OECD ausgegangen.17 In diesem sektoralen Ansatz werden die Umweltbereiche danach ausgewählt, welche Umweltprobleme in den OECD-Ländern als prioritär erachtet werden. Eine solche Auswahl kann - wie die OECD betont - nicht objektiv und endgültig sein. Die Auswahl umfaßt insgesamt 13 Umweltbereiche: 1. Klimastabilität 2. Ozonschicht 3. Eutrophierung 4. Versauerung 5. Verschmutzung / Umwelttoxizität 6. Städtische Umweltqualität 7. Artenvielfalt 8. Abfall 9. Wasserressourcen 10. Forstressourcen 11. Vielfalt von Landschaften und Ökosystemen 12. Boden 13. Abbau von Fischbeständen Zunächst fällt dabei auf, daß ein Umweltbereich fehlt, der dem Abbau von erschöpfbaren Ressourcen - insbesondere fossilen Energieträgern - Rechnung trägt. Zur Messung einer 1 6 vgl. Sachverständigenrat für Umweltfragen (1990), zitiert nach Köppel, J. (1995). 17 vgl. Environmental Indicators, OECD (1994). Walz, R. (1995). 2 5 nachhaltigen Entwicklung in Baden-Württemberg kann dieses Fehlen im Rahmen einer strikt regionalen Zielsetzung einer Nachhaltigkeitspolitik vernachlässigbar sein. Da es in Baden- Württemberg kein nennenswertes natürliches Kapital an fossilen Rohstoffen gibt, muß dieses bei der Messung einer nachhaltigen Entwicklung auch nicht einbezogen werden. Ist man hingegen der Ansicht, daß sich eine Politik der nachhaltigen Entwicklung nicht auf die Region Baden-Württemberg beschränken soll (universelle Zielsetzung einer regionalen Nachhaltigkeitspolitik), dann sind die Nachhaltigkeitsbedingungen des Außenhandels (7) bzw. (8) miteinzubeziehen. Im folgenden können deshalb dem OECD-Umweltbeobachtungssystem beispielsweise die Kategorien „importierte erschöpfbare Ressourcen“ und „importierte erneuerbare Ressourcen“ hinzugefügt werden. Um von einem System der Umweltbeobachtung zu einem System der Nachhaltigkeitsbeobachtung zu kommen, muß des weiteren - aufgrund der ersten Nutzungsregel - ebenfalls die Kategorie „künstlicher Kapitalstock“ eingefügt werden. Gleichzeitig kann für eine regionale Betrachtung auf Baden-Württemberg das System der OECD zur Umweltbeobachtung eingeschränkt werden. Dies betrifft die Kategorie „Fischbestände“, da dies für Baden-Württemberg als Binnenland vernachlässigbar erscheint. Die Kategorie „Städtische Umweltqualität“ erscheint ebenfalls als Kategorie wenig brauchbar, da unter dieser Kategorie auch Nutzungsmöglichkeiten erfaßt sind, die entweder schon in anderen Kategorien enthalten sind (z.B. Verschmutzung, Flächenversiegelung) oder aufgrund ihres kurzfristigen Charakters keine Einschränkungen der Nutzungsmöglichkeiten für nachfolgende Generationen darstellen (z.B. Lärm, Sommersmog). Auch die von Experten und Umweltschützern thematisierten Aspekte wie Verkehr und Siedlungsdichte werden für nachfolgende Generationen lediglich bei den Auswirkungen dieser Aktivitäten (z.B. Klimaänderung, Verschmutzung, Flächenversiegelung) wirksam. Diese Auswirkungen sind wiederum in anderen Kategorien einbezogen. In einem weiteren Schritt kann diese grobe Auflistung von Nachhaltigkeitsgütern noch weiter in Unterkategorien aufgegliedert werden.19 Aufgrund der starken Abhängigkeit der Kategorien „Artenvielfalt“ und „Vielfalt von Landschaften und Ökosystemen“ wurde vorgeschlagen, diese beiden Kategorien zusammengefaßt zu behandeln.20 Damit ergibt sich folgendes Bild: 1. Künstliches Kapital 2. Klimastabilität 3. Ozonschicht 19 vgl. Köppel, J. (1995), Franke, W., Kottmann, H. (1995). Siehe auch Kapitel VI. 20 vgl. Franke, W., Kottmann, H. (1995). 2 6 4. Eutrophierung - Grund- und Quellwasser - stehende Gewässer 5. Versauerung - Böden - Gewässer 6. Verschmutzung 7. Artenvielfalt /Vielfalt von Landschaften und Ökosystemen 8. Abfälle - Haus- und Produktionsabfälle - radioaktive Abfälle 9. Wasserressourcen - Grundwasser - Oberflächengewässer 10. Forstressourcen - Rohstoff - Schutz- und Erholungsfunktion 11. Boden - Bodenabtrag/-erosion - Standort zusätzlich werden im Rahmen einer universellen Zielsetzung einer Nachhaltigkeitspolitik noch aufgenommen: 12. importierte erschöpfbare Ressourcen (z.B. fossile Energieträger) 13. importierte erneuerbare Ressourcen Als weitgehend globale Ressourcen können die Nachhaltigkeitsgüter 2 (Klimastabilität), 3 (Ozonschicht) und 7 (Artenvielfalt, Vielfalt von Landschaften und Ökosystemen) eingestuft werden. Eine Abnahme dieser Kategorien des natürlichen Kapitals in Baden-Württemberg würde in direkter Weise auch die Bevölkerung außerhalb Baden-Württemberg betreffen. Dagegen sind die Nachhaltigkeitsgüter 10 (Forstressourcen) und 11 (Boden) lokaler Natur. Ein Wohlfahrtsverlust aus der Abnahme dieser Ressourcen bleibt in seinen direkten Wirkungen auf Baden-Württemberg beschränkt. Ein Wohlfahrtsverlust, der über Baden-Württemberg hinausgeht, könnte nur bei der Minderung solcher Ressourcen eintreten, die über die Grenzen Baden-Württembergs hinaustreten. Dies wäre beispielsweise bei der Qualitätsverschlechterung der Medien Luft und Wasser der Fall. 2 7 Zur Messung einer nachhaltigen Entwicklung werden im nachfolgenden Kapitel diesen Nachhaltigkeitsgütern korrespondierende Meßgrößen zugeordnet. VI. Meßgrößen Für praktische Zwecke der Messung einer nachhaltigen Entwicklung muß nun überprüft werden, wie die zur Abbildung der Nachhaltigkeitssituation festgelegten Kategorien statistisch erfaßt werden können. 1. Künstliches Kapital Künstliches Kapital ist jedes vom Menschen produzierte Vermögen, aus dem Menschen letztlich Nutzen ziehen können. Zusätzliches künstliches Kapital erhöht den künstlichen Kapitalstock und kann als Nettoinvestition bezeichnet werden. Diese Nettoinvestition umfaßt nicht nur zusätzliches Kapital in Form von marktgängigen Gütern (sog. marktgängiges künstliches Kapital), sondern auch zusätzliches Kapital in Form von nicht-marktgängigen Gütern. So fallen unter den Begriff „künstliches Kapital“ nicht nur handelbare Güter und Dienstleistungen wie beispielsweise Gebäude, Maschinen und Arbeitskraft, sondern auch nicht auf dem Markt gehandelte Güter und Dienstleistungen, die als Ergebnis individuellen menschlichen Handelns (z.B. Kindererziehung in der Familie) oder gesellschaftlicher Vereinbarungen (z.B. Rechtssicherheit) nutzenstiftend wirken. Während sich der Wert jener Güter und Dienstleistungen, die auf dem Markt gehandelt werden, noch relativ leicht an den dafür gezahlten Marktpreisen ablesen läßt, ist der Wertansatz der auf einem Markt nicht gehandelten Güter gar nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen zu ermitteln. Eine Möglichkeit bestünde nur darin auf eine wertmäßige Erfassung des künstlichen Kapitals zu verzichten. Gerade die nicht auf einem Markt gehandelten Güter sind aber für die Nachhaltigkeitsdebatte von besonderer Bedeutung. In dieser Schwierigkeit behelfen sich Statistiker damit, den Wert der produzierten nicht-marktgängigen Nettoinvestitionen auf der Basis der dafür aufgewandten Faktorkosten schätzen. Diese Berechnungen sind jedoch auch nur für Teile des nicht über den Markt gehandelten künstlichen Kapitals möglich und zwar für jene Teile, die durch staatliche Haushalte finanziert werden (sog. staatlich bereitgestelltes künstliches Kapital). Dabei wird stillschweigend unterstellt, daß die Höhe der Ausgaben (z.B. für Justiz, Gesundheitswesen, Bildung und Erziehung), der Wertschätzung des dadurch 2 8 erstellten Teils des künstlichen Kapitals (z.B. Rechtssicherheit, Gesundheitszustand der Bevölkerung, Wissen) entspricht. Neben diesen Teilen des künstlichen Kapitals gibt es noch eine dritte Kategorie des künstlichen Kapitals (sog. familial erstelltes künstliches Kapital): Es wird weder explizit über den Markt gehandelt, noch werden zu dessen Erstellung Güter und Dienstleistungen in Anspruch genommen, die auf dem Markt gehandelt werden. Folglich können die Nettoinvestitionen in diesen Teil des künstlichen Kapitals weder über die Marktpreise noch über die Faktoreinsätze bewertet werden. Diesem künstlichen Kapital (z.B. Erlernen sozialer Fähigkeiten von Kindern in der Familie) läßt sich kein geldlicher Gegenwert zuordnen. Eine Sonderstellung nimmt in diesem Zusammenhang das Humankapital ein. Darunter versteht man das in Personen enthaltene, ökonomisch relevante Leistungspotential einer Volkswirtschaft. Dieses Leistungspotential wird beispielsweise durch den Gesundheitszustand und dem Ausbildungsgrad der Bevölkerung repräsentiert. Obgleich das Humankapital ein bedeutender Ansatzpunkt für eine Politik der nachhaltigen Entwicklung darstellt, existiert bislang keine statistische Größe, die den Wert des Humankapitals unter Abgrenzung der anderen Kategorien des künstlichen Kapitals ermitteln kann. Hier ist das Humankapital in allen drei Kategorien des künstlichen Kapitals enthalten.21 Als Ergebnis dieser Überlegungen bleibt festzuhalten, daß die Gesamtheit des künstlichen Kapitals sich nur schwerlich anhand von Geldeinheiten messen läßt. Welche Alternativen können stattdessen eingeschlagen werden? Eine Möglichkeit wäre der bewußte Verzicht auf eine wertmäßige Erfassung des künstlichen Kapitals. Statt dessen könnte man versuchen, Teilaspekte des künstlichen Kapitals durch Sozialindikatoren mengenmäßig zu erfassen. Dazu könnte man Größen wie Ausstattungsgrad der Haushalte mit Telefonen, Alphabetisierung, Lebenserwartung, Kriminalitätsrate usw. zur Erfassung des von Menschen produzierten Vermögens heranziehen. Bei dieser Vorgehensweise stellt sich zum einen das Problem, daß eine große Anzahl unterschiedlicher Meßgrößen notwendig wird. Diese sind aufgrund ihrer unterschiedlicher Dimensionen nicht miteinander aufrechenbar. Die notwendige Vielzahl unverbundener Meßgrößen würde aber dem Ziel des hier entwickelten Indikatorensystem entgegenstehen, wonach zur Abbildung einer Nachhaltigkeitssituation eine größtmögliche Informationsverdichtung stattfinden soll. Zum anderen sind Auswahl und Messung dieser unterschiedlichen Größen wissenschaftlich (d. h. intersubjektiv gültig) nicht begründbar. Sie 21 zur verweisen ist hier auf das Akademie-Projekt "Das Potential erneuerbarer Ressourcen in Baden-Württemberg - Humanressourcen" .- vgl. Clar, G., Kasimir, H., Mohr, H., (1995). 2 9 können bestenfalls auf dem Verhandlungswege konsensual oder über Abstimmungen festgelegt werden. Weitere normative Elemente fließen in die Aggregation der Meßgrößen durch die Konstruktion von Indizes ein. Die Gefahr einer normativen Beeinflussung dessen, was als wohlfahrtserhöhend bzw. -erhaltend gelten soll, erscheint deshalb außerordentlich hoch. Eine Alternative dazu kann darin gesehen werden, eine Ersatzgröße für die nicht vollständig erfaßbare Größe „künstliches Kapital“ zu bestimmen. Diese Ersatzgröße sollte in einer engen Beziehung zu der maßgeblichen Größe stehen und mit ihr korrelieren. Geht man davon aus, daß in einer hoch entwickelten Volkswirtschaft das von Menschen produzierte Vermögen weiterhin in hohem Maße auf Märkten gehandelt wird bzw. zu dessen Erstellung Produktionsfaktoren eingesetzt werden, die über Märkte gehandelt werden, dann erscheint - trotz aller Bedenken - die Rechnungslegung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) ein plausibler Ansatzpunkt zu sein. Unter der vereinfachenden Annahme, daß die Struktur der gesamten Nettoinvestitionen gleich bleibt, zieht eine Erhöhung der bewerteten Teile der Nettoinvestitionen eine proportionale Erhöhung der nicht-bewerteten Teile nach sich. Diese Annahme kann beispielsweise dann zutreffen, wenn eine bessere Versorgung mit Gütern, die über den Markt erstellt werden (als bewerteter Teil der Nettoinvestitionen), auch gleichzeitig die Möglichkeiten erweitert, sozialen Frieden zu erhalten (als nicht bewerteter Teil der Nettoinvestitionen). Als Ersatzgröße zur Messung des künstlichen Kapitals kann dann das Nettoanlagevermögen (reproduzierbares Sachvermögen) herangezogen werden. 22 , 23 22 Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist gegenüber dem Nettoanlagevermögen eine ungenaue Meßgröße für die Veränderungen des künstlichen Kapitalstocks. Bruttoinlandsprodukt und Anlagevermögen sind zwar durch den Kapitalkoeffizienten (Definition: Verhältnis zwischen Kapitaleinsatz und gesamtwirtschaftlichem Produktionsergebnis) miteinander verbunden, der Kapitalkoeffizient ist jedoch im Zeitablauf nicht zwangsläufig konstant. Bei einer Verwendung des BIP als Meßgröße ist dadurch mit einer Verzerrung in der Erfassung des künstlichen Kapitalstocks zu rechnen. 23 Eine Aufgliederung des Nettoanlagevermögens nach Art und Ausmaß der von einer ökonomischen Aktion betroffenen natürlichen Ressource würde den normativen Gehalt des empirischen Konzepts ebenfalls erhöhen. Beispielsweise könnte ein Indikator die zusätzliche versiegelte Fläche (als Meßgröße für den Verlust von natürlichem Kapital) dem zusätzlich geschaffenen Wohnraum (als Meßgröße für zusätzliches künstliches Kapital) gegenübergestellt werden. Dabei wird jedoch unterstellt, daß nur Wohnraum einen Nutzen stiftet, während andere Nutzungen des Bodens, die eine Versiegelung von Flächen zur Folge haben, ausgeblendet werden würden. Das Nettoanlagevermögen als eine in monetärer From aggregierte Größe kann jedoch bei aller Pauschalität diese anderen Nutzungen ebenfalls berücksichtigen. 3 0 2. Natürliches Kapital Wie kann man das natürliche Kapital messen? Natürliches Kapital ist jedes nicht-produzierte Vermögen, aus dem Menschen Nutzen ziehen können. Dabei liegt es nahe, die Veränderungen des natürlichen Kapitals ebenfalls als Investitionen bzw. als Abschreibungen zu erfassen und dieses in Analogie zum künstlichen Kapital ebenfalls monetär zu bewerten. Dieses Vorhaben ist aber zum Scheitern verurteilt. Die Probleme einer monetären Erfassung des natürlichen Kapitals sind weitaus größer, als dies für das künstliche Kapital der Fall ist. Während der Bestand des künstlichen Kapitals in weiten Teilen bekannt ist und der Wert dieses Bestandes über Marktpreise bzw. Faktorkosten in groben Zügen erfaßt werden sowie dessen Lebensdauer und wirtschaftliche Verfügbarkeit eingeschätzt werden kann, liegen diese Informationen zur Erfassung des natürlichen Kapitals gar nicht oder nur in geringerem Maße vor. Eine Ersatzgröße, die mit der Entwicklung des natürlichen Kapitals - ähnlich wie das Nettoanlagevermögen als Ersatzgröße für das zu messende künstliche Kapital - eng korreliert, ist nach unserer Erkenntnis nicht in Sicht. Aus pragmatischen Gründen muß man sich folglich auf eine mengenmäßige Erfassung bei der Messung der Veränderungen des natürlichen Kapitals beschränken. Die verschiedenen Kategorien des zu betrachtenden natürlichen Kapitals werden durch die sektorale Abgrenzung der Nachhaltigkeitsgüter vorgegeben und stellen insofern eine normativ gesetzte Auswahl dar (siehe Kapitel V). Auf eine Aggregation dieser Teilaspekte zu einem Index sollte dennoch verzichtet werden, um den Grad der normativen Annahmen nicht weiter zu erhöhen. Selbst eine mengenmäßige Erfassung der Entwicklung des natürlichen Kapitals bereitet jedoch noch erhebliche Schwierigkeiten. Aus ökonomischer Sicht ist dabei an den realen Nutzungsmöglichkeiten der Umweltmedien anzuknüpfen (vgl. erste Spalte von rechts in der Abbildung 3). Dabei ergibt sich jedoch oftmals schon das Problem, daß die Nutzungsmöglichkeiten einer direkten Messung nicht zugänglich sind oder deren Veränderung nicht monokausal verursacht sind. Folglich muß die Einschränkung der Nutzungsmöglichkeiten der Umweltmedien oft indirekt erfaßt werden. Dies kann etwa über die Messung der Einwirkungen oder der Immissionen auf diese Umweltmedien erfolgen (vgl. zweite Spalte von rechts in Abbildung 3). Dabei wird jedoch vernachlässigt, daß nicht jede Einwirkung oder Immission die Nutzungsmöglichkeiten der Umweltmedien einschränkt: Die Umweltmedien können beispielsweise eine Pufferfunktion 3 1 zwischen den Umweltbelastungen und Nutzungsmöglichkeiten ausüben (Pufferfunktion der Umweltmedien). Häufig stößt man des weiteren auf Probleme bei der Messung von Immissionen oder Einwirkungen. Technische oder ökonomische Hemmnisse stehen einer flächendeckenden Erfassung entgegen. Ein möglicher, wenn auch oft unbefriedigender Ausweg besteht in der Erfassung der Emissionen, also des Outputs an Stoffen, die zu einer Einschränkung der Nutzungsmöglichkeiten führen können (vgl. zweite Spalte von links in Abbildung 3). Dabei werden die Varianzen, die aufgrund unterschiedlicher Ausbreitung der Emissionen und unterschiedlicher Exposition der potentiell geschädigten Personen oder Umweltelemente hervorgerufen werden, in den Einwirkungen auf die Umweltmedien vernachlässigt. Es wird folglich unterstellt, daß die Emissionen zu gleichen Immissionen führen, d.h. keine Im- und Exporte von Stoffen stattfinden. Ist selbst eine Feststellung der Emissionen nicht möglich oder unzweckmäßig, dann bleibt nur noch die Möglichkeit, jene umweltbelastenden Aktivitäten mengenmäßig zu erfassen, die Emissionen hervorrufen (vgl. erste Spalte von links in Abbildung 3). Neben der Vernachlässigung der Pufferfunktion der Umweltmedien und der Wirkungsvarianzen bleibt dabei umweltsparender technischer Fortschritt unberücksichtigt. Dieser bewirkt, daß ein gleichbleibendes Niveau einer umweltbelastenden Aktivität eine geringere Emission mit sich bringt. 3 2 Begriffe wie Emission, Immission und Einwirkung beziehen sich ausschließlich auf stoffliche und energetische Belastungen der Umwelt. Ein Nachhaltigkeitsbeobachtungssystem geht jedoch über diese Phänomene hinaus. Dies wird an den Nachhaltigkeitsgütern „Artenvielfalt“ und „Vielfalt von Landschaften und Ökosystemen“ deutlich, bei denen stoffliche und energetische Begriffe die durch wirtschaftliche Aktivitäten ausgelösten Veränderungen oder Belastungen nicht beschreiben können. Deshalb haben sich inzwischen allgemeinere Begriffe eingebürgert, die zwar die stoff- und energiebezogenen Begriffe umfassen, den Rahmen zur Beschreibung von Nachhaltigkeitssituationen jedoch besser ausfüllen können. Ein Ansatz hierzu liefert die OECD, welche die Meßgrößen nach einem „Pressure-State-Response“-Schema einordnet: - Belastungsmeßgrößen („Pressure“): Sie beschreiben die Belastungen der Umwelt durch menschliche Aktivitäten, beispielsweise die Belastung des Klimas durch CO2-Emissionen. - Zustandsmeßgrößen („State“) Sie beschreiben die Umweltqualität sowie die Qualität und Quantität natürlicher Ressourcen, beispielsweise die Klimastabilität durch die Zeitreihen der durchschnittlichen Temperatur. - Reaktionsmeßgrößen („Response“) Sie beschreiben die gesellschaftlichen Reaktionen auf Änderungen des Umweltzustandes, beispielsweise den Anteil fossiler Energieträger an der gesamten Energieerzeugung. 1. Wenn es darum geht zu messen, wie sich die Nutzungsmöglichkeiten von Nachhaltigkeitsgütern im Zeitablauf verändern, dann sind ausschließlich Zustandsmeßgrößen relevant. Nur diese knüpfen unmittelbar an die realen Nutzungsmöglichkeiten der Nachhaltigkeitsgüter an. Auf Belastungsmeßgrößen sollte nur dann zurückgegriffen werden, wenn für einzelne Nachhaltigkeitsgüter keine Zustandsmeßgrößen verfügbar sind. 2. Wenn es darum geht zu messen, wie Aktivitäten in Baden-Württemberg auf die Nachhaltigkeitssituation einwirken, sollten hingegen ausschließlich Belastungsmeßgrößen gewählt werden. Damit kann der Bezug zu anthropogen verursachten Belastungen in Baden-Württemberg hergestellt werden. Die Verknüpfung von Belastung (gemessen durch Belastungsmeßgrößen) und Zustand der Nachhaltigkeit (gemessen durch Zustandsmeßgrößen) kann von unterschiedlicher Qualität sein. 3 3 Bei globalen Nachhaltigkeitsgütern - wie beispielsweise der Klimastabilität - wird eine Reduktion der CO2-Emissionen nur unwesentlich die baden-württembergischen Nachhaltigkeitssituation (gemessen an der Zustandsmeßgröße „durchschnittliche Temperatur“) beeinflussen, da baden-württembergische Emissionen nur einen geringen Anteil an den weltweiten Belastungen der im globalen Maßstab wirkenden Klimaeinflußfaktoren einnehmen. Bei regionalen Nachhaltigkeitsgütern - wie beispielsweise Boden - kann hingegen eine Verringerung der von Baden-Württemberg ausgehenden Belastung unmittelbar mit einer Verbesserung der Nachhaltigkeitssituation in Baden-Württemberg verknüpft sein. 3. Wenn es darum geht zu messen, wie gesellschaftliche Entscheidungen über Aktivitäten die Nachhaltigkeitssituation beeinflussen, sind Reaktionsmeßgrößen notwendig. Da gesellschaftliche Entscheidungen von der Wahrnehmung und der Kommunikation von Umweltzuständen abhängig sind, sind diese Meßgrößen - im Gegensatz zu den Belastungs- und Zustandsmeßgrößen - in hohem Maße normativ geprägt. Welche Art von Meßgrößen sind sollten für die Indikatoren einer nachhaltigen Entwicklung verwendet werden? Als Kriterium für die Auswahl der Meßgrößen gilt auch hier, daß sie erstens möglichst eng an die Nutzungsmöglichkeiten der Umweltmedien für die Menschen anknüpfen sollen und zweitens möglichst wenig subjektive Auswahlkriterien enthalten sollen. Demnach sind in erster Linie Zustandsmeßgrößen zu verwenden. Belastungsmeßgrößen kommen für die Messung einer nachhaltigen Entwicklung nur dann in Frage, wenn keine Zustandsmeßgrößen verfügbar sind oder wenn sich aus ihnen zusätzliche Informationen über die Nachhaltigkeitssituation ableiten lassen. Nur im Rahmen einer universellen Zielsetzung einer Nachhaltigkeitspolitik sind für die spezifischen Kategorien - Import von erschöpfbaren Ressourcen und Import von erneuerbaren Ressourcen - die Belastungsmeßgrößen gegenüber den Zustandsmeßgrößen vorzuziehen, denn nur diese zeigen die von Baden-Württemberg ausgehende Belastung auf die Nachhaltigkeitssituation anderer Regionen auf. Als drittrangig sind hingegen die Reaktionsmeßgrößen einzustufen. Sie sind am weitesten von der unmittelbaren Messung der Nutzungsmöglichkeiten entfernt und enthalten in höherem Maße normative Elemente im Vergleich zu den Zustands- und Belastungsmeßgrößen. Für die in Abschnitt V als relevant erachteten Nachhaltigkeitsgüter können daher folgende Meßgrößen zugeordnet werden: 3 4 2.1. Klimaänderung: Eine Klimaerwärmung verändert die Bedingungen der Ökosysteme und kann die anthropogenen Nutzungsmöglichkeiten der Umwelt erheblich einschränken. Eine eindeutige Zustandsmeßgröße für diese Veränderung in Baden-Württemberg kann in der durchschnittlichen Temperatur gesehen werden. Ein grundlegender Anstieg der durchschnittlichen Temperatur ist noch nicht erkennbar. Dieser wird jedoch mit zunehmender Konzentration der Treibhausgase Kohlendioyxd (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O) in der Zukunft für wahrscheinlich gehalten.24 Deshalb können als Zustandsmeßgrößen auch die Konzentration der Treibhausgase direkt berücksichtigt werden. Für die Konzentrationen von Methan und Lachgas liegen noch keine längeren Zeitreihen vor. Diese Größen werden erst ab 1995 vom Umweltbundesamt gemessen. Als einzige Zustandsmeßgröße, die regelmäßig dokumentiert und mit großér Zustimmung als relevant erachtet werden, verbleibt dann nur noch die CO2-Konzentration. Dazu werden die Daten der Meßstation Schauinsland/Schwarzwald verwendet. Als Belastungsmeßgröße können entsprechend die jährlichen Emissionen von CO2 in Tonnen herangezogen werden. Zusätzlich könnten die Emissionen von Lachgas und Methan berücksichtigt werden. Daten für die Emissionen von Lachgas und Methan liegen für Baden- Württemberg jedoch nur in rudimentärer Form vor. Des weiteren könnte der Verbrauch von FCKW (Fluorchlorkohlenwasserstoffe) in Betracht kommen. Diesen Stoffen wird ebenfalls klimaschädliche Effekte nachgesagt. Hier existieren jedoch nur Daten für die ganze Bundesrepublik Deutschland; eine Aufteilung auf die einzelnen Bundesländer ist nicht möglich. 2.2. Ozonschichtzerstörung: Die Ozonschicht in der Stratosphäre schützt die Erdoberfläche vor schädlicher kosmischer Strahlung. Die Qualität dieses Schutzes ist von der Ozon-Konzentration in der Stratosphäre abhängig. Da über 90 Prozent des Gesamtozons aus stratosphärischem Ozon besteht, läßt sich diese Zustandsgröße einfach über die Konzentration des Gesamtozons erfassen. Die Maßeinheit ist Dobson Units (D.U.). Über Baden-Würtemberg werden keine Ozon-Messungen durchgeführt, jedoch lassen sich die Daten des nächstgelegenen meteorologischen Observatoriums Hohenpeißenberg in Bayern verwenden. Diese Daten zeigen starke Schwankungen auf, so daß zur verständlicheren Visualisierung der Ergebnisse daraus zusätzlich ein Trendverlauf errechnet wurde. 24 Noch unklar ist, ob troposphärisches Ozon Auswirkungen auf das Klima hat. 3 5 Wesentlichen Einfluß auf die Konzentration des Gesamtozons hat N2O, insbesondere in Verbindung mit Chlor (Chlornitrat). Letzteres stammt überwiegend aus FCKW-Emissionen. Entsprechende Daten für N2O und FCKW sind für Baden-Württemberg nicht im ausreichenden Umfang verfügbar (siehe auch 2.1. Klimaänderung). Entsprechende Belastungsmeßgrößen sind deshalb hier nicht verfügbar. 2.3. Eutrophierung: Eutrophierung heißt Übersättigung von Wasser und Böden mit Nährstoffen. Dieser gestörte Stoffkreislauf kann zu anthropogenen Nutzungseinschränkungen der Ökosysteme führen. Für das Umweltmedium Wasser können mögliche Zustandsmeßgrößen die Konzentrationsmengen von Nitraten und Phosphaten sein. Hinsichtlich des Grund- und Quellwassers wird der Konzentrationsmenge des Nitrats im Grundwasser (in mg/l) besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei wird die Entwicklung des Medianwertes an 515 Meßstellen des Grundwasserbeschaffenheitsmeßnetzes in Baden-Württemberg herangezogen.25 Zur Erfassung der Eutrophierung in stehenden Gewässern wird - im Gegensatz zum Grund- und Quellwasser - ein besonderes Augenmerk auf die Phosphat-Konzentration gelegt (in µg/l). Dazu können exemplarisch die Zirkulationswerte für den Bodensee herangezogen werden. Es ist das weitaus größte Binnengewässer in Baden-Württemberg. Aus limnologischer Sicht wird ein P-Gehalt von weniger als 20 µg/l angestrebt.26 Als Belastungsmeßgrößen für die Eutrophierung werden vielfach die Emissionen bzw. Ausbringungsmengen von Phosphaten und reaktiven Stickstoffen (im wesentlichen NOX und NH3) in Form von Mineraldünger genannt. Statistisch werden diese Stoffe jedoch nur als Verkaufsmengen und nicht als Ausbringungsmengen erfaßt. Aufgrund des länderüberschreitenden Handels können diese Mengen stark voneinander differerieren, so daß eine Einbeziehung dieser Daten als wenig sinnvoll erscheint. Eine andere vieldiskutierte Belastungsmeßgröße greift auf die atmogene Deposition von reaktiven Stickstoffen (N) zurück. Diese Daten werden seit Ende der achtziger Jahre anhand eines Depositionsmeßnetzes der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg in Freiburg erfaßt.27 Auch hier wird die Entwicklung des Medianwertes aller Stickstoffeinträge (Ngesamt) in kg/ha/Jahr im Zeitverlauf verwendet. Zur weiteren Beurteilung dieser Stickstoffeinträge kann man einen durchschnittlichen Critical Load von Ngesamt in Höhe von etwa 12 kg pro ha und Jahr 25 Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg (Hrsg.) (1994), 26 Internationale Gewässerschutzkommission für den Bodensee (1994), S. 9, u n v e r ö f f e n t l i c h t . 27 vgl. Hepp, R.; Hildebrand, E.; (1993). 3 6 heranziehen. Mit dieser Belastungsmeßgröße kann auch die Eutrophierung von Böden erfaßt werden. 2.4. Versauerung Die Versauerung von Wasser und Böden stellt eine erhebliche Qualitätseinbuße für die menschliche Nutzung dieser Ressourcen dar. Als Zustandsmeßgröße für die Versauerung kann der Säuregehalt (pH-Wert) dienen. Ein Rückgang des Säuregehaltes bis zum natürlichen Säuregehalt wäre als wünschenswert einzustufen. Hier können zur Auswertung die Daten des Grundwasserbeschaffenheitsmeßnetztes in Baden-Württemberg herangezogen werden. Eine ähnliche gute Datenlage zur Erfassung der Bodenversauerung existiert nicht. Der Säuregehalt des Bodens und des Wassers wird maßgeblich von den Depositionsmengen von Schwefel (S) und Stickstoffen (N) beeinflußt. Da die Depositionsmengen von N bereits unter dem Punkt 2.3. Eutrophierung erfaßt sind, kann sich die Darstellung auf die Menge der durch Schwefel ausgelösten, sauer wirkenden Substanzen konzentrieren. Zu beachten ist jedoch, daß dabei nur ein Belastungsparameter für die Versauerung dargestellt wird. Um eine Belastungsstendenz zu erkennen, sind sowohl die Depositionsmengen von S als auch die unter der Kategorie Eutrophierung geführten Depositionsmengen von N miteinzubeziehen. Im Gegensatz zur N-Deposition scheint für die S-Deposition die Angabe eines durchschnittlichen critical loads jedoch weniger sinnvoll zu sein. Zur Darstellung der S-Depositionen (in kg/ha/Jahr) wird der Median der Meßwerte errechnet. Die S-Depositionen werden über dasselbe Meßnetz wie die N-Depositionen erfaßt.28 Des weiteren kann man - wie die OECD - auf die jährlichen Emissionsmengen an Schwefeldioxd (SO2) und Stickoxyd (NOX) zurückgreifen. Diese Daten werden vom Statitischen Landesamt Baden-Württemberg veröffentlicht. 2.5. Verschmutzung / Umwelttoxizität In diesem Bereich ist die Auswahl von relevanten Meßgrößen ein äußerst schwieriges Vorhaben. Zum einen liegt dies daran, daß das Indikatorensystem eine Abbildung der Qualität bzw. der Belastung der Umweltmedien im Hinblick auf mensch liche Nutzungsmöglichkeiten erfordert. Dazu ist der Ansatz der Ökotoxikologie zu weit, weil die Meßgrößen der Ökotoxikologie darauf abstellen, wie stark die toxischen Wirkungen auf die Ökosysteme sind, 28 nach Auskunft der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden- Württemberg, Freiburg. 3 7 gleichgültig, ob diese menschliche Nutzungsmöglichkeiten verringern oder nicht. Der Ansatz der Umwelttoxikologie ist hingegen zu eng. Jene Meßgrößen wollen lediglich feststellen, wie stark toxische Auswirkungen von Umweltbelastungen die menschliche Gesundheit beeinträchtigen. Mit den Nutzungsmöglichkeiten der Umwelt für den Menschen sind nicht nur die Auswirkungen der Umwelt auf die menschliche Gesundheit gemeint, sondern auch die Auswirkungen auf die Möglichkeiten zur produktiven (z.B. landwirtschaftliche Produktion) oder konsumtiven (z.B. ästhetischer Genuß einer „gesunden“ Landschaft) Verwendung der Umwelt. Zum anderen liegt die Schwierigkeit bei der Auswahl von Meßgrößen darin, daß eine Vielzahl von unterschiedlichen Schadstoffen existiert, die in einem Indikatorensystem Berücksichtigung finden müßten. Da eine solche detaillierte Darstellung für den Zweck des Indikatorensystems wenig sinnvoll erscheint, gilt es, Leitsubstanzen der Verschmutzung bzw. der Umwelttoxizität anzugeben. Welche Leitsubstanzen allerdings dazu geeignet sind, ist in der Literatur umstritten. Hierzu bedarf es noch weiterer Forschung. Zur Messung einer nachhaltigen Entwicklung kann man sich alternativ am Vorgehen der OECD orientieren. Dieses sieht für die Kategorie „Umwelttoxizität / Verschmutzung“ als Zustandsmeßgrößen die Konzentrationen einzelner Stoffe in den Umweltmedien Boden, Wasser, Luft vor. Zu diesen Stoffen gehören die Schwermetalle Blei (Pb), Quecksilber (Hg), Cadmium (Cd) und Nickel (Ni) sowie jene organischen Schadstoffe, die durch den Summenparameter VOC (= volatile organic compound) erfaßt werden. Bei letzteren werden Methan, FCKW, Propan, Benzol, Furane, Dioxine und Lösemittel berücksichtigt. Will man diese Meßgrößen in das Indikatorensystem einfügen, dann stößt man auf das Problem, daß nur wenige Daten für einen Zeitreihenvergleich vorliegen. Zumindest die Veränderung der Qualität des Umweltmediums Boden kann noch nicht anhand einer Zeitreihe dargstellt werden. Das im Jahre 1986 eingerichtete Meßnetz von Bodendauerbeobachtungsflächen (BDF I) sieht nur Messungen in größeren Zeitabständen (ca. 10- 12 Jahre) vor. Ein zweites Intensivmeßnetz (BDF II), wodurch Messungen in einem dreijährigen Meßturnus vorgenommen werden sollen, wurde erst 1993 in Betrieb genommen.29 Ebenfalls werden erst seit Mitte 1992 an ausgewählten Stellen von Rhein, Neckar und Donau regelmäßig Schwebstoffproben entnommen und auf akkumulierte Schwermetalle untersucht.30 Immerhin kann hier eine Beurteilung des Nachhaltigkeitsverlaufes auf drei Jahresmittelwerte für die Schwermetalle Pb, Cd und Ni aufbauen. Dabei wird ausschließlich auf Daten der Meßstelle Neckar bei Mannheim zurückgegriffen. Diese Daten sollen exemplarisch die Situation des 29 vgl. Umweltministerium Baden-Württemberg, Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg (Hrsg.), Umweltdaten 93/94. 3 8 Umweltmediums Wasser für ganz Baden-Württemberg aufzeigen. Diese Verallgemeinerung ist insofern vertretbar, als daß der Neckar bei weitem das größte Fließgewässer ist, das fast ausschließlich von Baden-Württembergern genutzt wird. Zur Erfassung von Schwermetallen im Umweltmedium Luft wurden die Konzentration in Schwebstäuben herangezogen. Im Land wurden dazu die Schwebstäube auf die Schwermetalle Blei (seit 1990), Cadmium (seit 1991) und Nickel (seit 1993) regelmäßig untersucht. Hier kann der Median der Jahresmittelwerte als Zustandsmeßgröße herangezogen werden. Die VOC-Konzentrationen werden regelmäßig erst seit 1992 erfaßt, und zwar ohne die Komponente Methan als Non-Methan-VOC (NM-VOC). Zwar wird damit ein gewichtiger Schadstoff aus der Gruppe der VOC ausgeklammert, gleichzeitig lassen sich dadurch aber die Veränderungen der anderen VOC-Schadstoffe im Zeitablauf besser miteinander vergleichen. Auch hier wurde der Median der Jahresmittelwerte berechnet.31 2.6. Artenvielfalt / Vielfalt von Landschaften und Ökosystemen Artenvielfalt kann als Verschiedenartigkeit und Veränderlichkeit von lebenden Organismen (Variabilität) verstanden werden, wobei sich die Vielfalt zum einen auf die Ebene der Ökosysteme als auch auf die Ebene der Arten bzw. der genetischen Vielfalt innerhalb von Arten beziehen kann. Die Artenvielfalt hängt eng mit der Vielfalt von Landschaften und Ökosystemen zusammen, weil der Lebensraum von Arten durch die Art der Landnutzung stark beeinflußt wird. Die Kategorie der Artenvielfalt kann deshalb zusammen mit der Kategorie der Vielfalt von Landschaften und Ökosystemen behandelt werden. Diese „Vielfalt“ wird allgemein von den Menschen als positiv bewertet. Dies kann einerseits durch den Existenzwert der Natur begründet werden: das pure Vorhandensein von Arten, unabhängig von deren Nutzung, geht als positives Argument in die Nutzenfunktion der Individuen ein. Andererseits kann diese Einschätzung aus dem Optionswert der Natur begründet werden. Bei letzterem sollen die Arten zum Zwecke einer möglichen zukünftigen Nutzung erhalten werden. Als Zustandsmeßgrößen für die Artenvielfalt / Vielfalt von Landschaften und Ökosystemen existieren ein Reihe von Vorschlägen, wie beispielsweise die Populationsveränderungen von Leitarten, Verschiebungen innerhalb eines Artensprektrums, Vernetzung von Biotopen u.ä.. Die Beobachtung dieser Größen scheitert jedoch daran, daß die erforderlichen Daten nicht flächendeckend für Baden-Württemberg verfügbar sind. Für die - von der OECD in einer 30 nach Auskunft der Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg, K a r l s r u h e . 3 9 ähnlichen Form vorgeschlagene - Zustandsmeßgröße „Anzahl der bedrohten oder schon ausgestorbenen Pflanzen und Tierarten an der Gesamtzahl der in einem Raum bekannten Arten (Rote Liste)“ liegen zwar Daten vor, diese sind aber für die Bildung einer Zeitreihe nicht ausreichend. Des weiteren könnte man die Veränderung naturnaher Landschaftsformen in Baden- Württemberg als Belastungsmeßgröße heranziehen. Daten hierzu liegen ebenfalls nicht vor. Ein Rückgriff auf eine Reaktionsmeßgröße, wie beispielsweise die Fläche von ausgewiesenen Natur- und Landschaftsschutzgebiete in Baden-Württemberg, wird als wenig sinnvoll erachtet. Insgesamt kann festgehalten werden, daß zur Abbildung des Bereiches „Artenvielfalt / Vielfalt von Landschaften und Ökosystemen“ noch erhebliche Defizite bestehen. Zur Zeit scheint dieser Indikator nicht sinnvoll ausfüllbar zu sein. 2.7. Abfall Durch den Abfall nimmt der Mensch die Umwelt in ihrer Funktion als Senke für feste Stoffe in Anspruch. Eine denkbare Meßgröße für diese Inanspruchnahme ist die „Restnutzungsdauer von öffentlichen Deponien“. Neben dem Abfallaufkommen wird diese Größe jedoch stark von planerischen Vorgaben - beispielsweise durch den Ausweis neuer Deponien - beeinflußt. Um die Gefahr zu vermeiden, eher eine Reaktionsmeßgröße als eine Zustandsmeßgröße abzubilden, wird deshalb auf die Erfassung dieser Größe verzichtet. Als Alternative dazu steht eine Belastungsmeßgröße zur Verfügung: die jährliche deponierten Abfallmengen. Sie nehmen auf die Senkenfunktion der Deponien wesentlichen Einfluß. Wegen der in zeitlicher Hinsicht längsten konsistenten Zeitreihe wurde hier das deponierte Abfall- und Reststoffaufkommen von Haushalten, produzierendem Gewerbe und Krankenhäusern verwendet. Aufgrund der besonderen Problematik von radioaktiven Abfällen, wird deren Aufkommen in Baden-Württemberg gesondert ausgewiesen werden. Letztere werden in Baden- Württemberg als „endlagergerecht konditionierte radioaktive Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung“ erfaßt. 31 nach Auskunft der Gesellschaft für Umweltmessungen und -erhebungen mbH (UMEG), Karlsruhe. 4 0 2.8. Wasserressourcen32 Wasser ist lebenswichtig für alle heimischen Ökosysteme und Ausgangsstoff vielfältiger menschlicher Nutzungen. Was die Bereitstellung der Quantität des Wassers betrifft, so scheint dies für Baden-Württemberg insgesamt, d.h. unter Vernachlässigung von lokalen Disparitäten, kein Problem zu sein. Deshalb kann man sich auf die Beanspruchung der Qualität des Wassers beschränken. Da über 90% des Abwassers klärtechnisch behandelt wird, ist auch das absolute Abwasseraufkommen nicht die entscheidende Größe. Vielmehr ist in Baden-Württemberg die Betrachtung der Inhaltsstoffe des Grundwassers und der Oberflächengewässer von Interesse. Da die Qualität des Grundwassers und der stehenden Gewässer bereits bei 2.4. Eutrophierung behandelt wurde, steht hier die Qualität der fließenden Gewässer im Vordergrund. Weitere Meßgrößen zur Qualität der fließenden Gewässer finden sich in der Kategorie 2.5 Umwelttoxizität / Verschmutzung (Schwermetalle). Als mögliche Zustandsmeßgrößen für die Qualität der fließenden Gewässer kommt der biochemische Sauerstoffbedarf (BSB) / Sauerstoffzehrung (Zs), gemessen in mg/l in Frage. Diese Meßgröße gibt an, wieviel Sauerstoff in einem bestimmten Zeitraum (z.B. innerhalb von 5 Tagen) unter konstanten Bedingungen von den im Wasser lebenden Organismen für die Oxidation der im Wasser vorhandenen abbaubaren Stoffe verbraucht wird. Sie gilt als Hinweis auf die Belastung des Sauerstoffhaushalts eines Gewässers. Als weitere Zustandsmeßgrößen für fließende Gewässer kommen die Summenparameter DOC ( in mg/l) und AOX (in µg/l) in Frage. Die Abkürzung DOC steht für „dissolved organic carbon“ und bezeichnet die Gesamtheit aller gelösten Kohlenstoffverbindungen in einer Wasserprobe. Der DOC wird grundsätzlich als Maß für die Verschmutzung eines Gewässers mit organischen Verbindungen benutzt. Diese Verbindungen können einerseits harmlos (z.B. gelöster Zucker), andererseits aber auch hochtoxisch (z.B. Dioxine) sein. Der Buchstabe „X“ in der Abkürzung AOX steht als Platzhalter für verschiedene Halogene wie Fluor, Chlor, Brom und Jod. Die Größe AOX stellt ein Summenparameter für unterschiedlich persistente und toxische Halogenverbindungen dar. Sie können sich in Schwebstoffen, Flußsedimenten und Organismen und damit in der Nahrungskette anreichern. Als exemplarisches Beispiel für die Qualität der fließenden Gewässer werden hier die entsprechenden Jahresmittelwerte der Konzentrationen im Neckar bei Mannheim herangezogen. Es ist das bei weitem größte Fließgewässer in Baden-Württemberg, das fast ausschließlich von den Einwohnern in Baden-Württemberg genutzt wird. 32 vgl. dazu Akademie- Projekt: Das Potential der erneuerbaren Ressourcen in Baden-Württemberg - Wasser, dargestellt in: Lehn, H., Steiner, M., Mohr, H. (1995). 4 1 Als Belastungsmeßgrößen für die Qualität der Wasserressourcen kann der biochemische Sauerstoffbedarf (BSB5) als Ablaufmengen (jährliche Frachten in Tonnen) der Kläranlagen in Baden-Württemberg verwendet werden. Die Menge der ungeklärt in die Gewässer eingeleiteten Abwassermengen wird dabei jedoch nicht erfaßt. Dazu gehören die diffusen Einträge aus der Landwirtschaft, die über die Abwässerüberläufe aus dem Kanalsystem in die Gewässer eingeleiteten Schmutzfrachten (sog. Mischwasserentlastung) sowie die nicht über kommunale Kläranlagen laufenden häuslichen oder industriellen Abwassereinleitungen. Aufgrund des hohen Anschlußgrades der Abwassereinleiter an die Kläranlagen fallen letztere jedoch nicht mehr ins Gewicht. 2.9. Forstressourcen Wälder sind die vielfältigsten und verbreitetsten Ökosysteme der Erde. Sie stellen zum einen den Rohstoff „Holz“ bereit. Dies ist die Rohstoffunktion der Wälder. Zum anderen regulieren sie auch die Qualität von Umweltmedien wie Wasser, Luft und Boden und stellen Erholungsräume und Biotope bereit. Dies ist die Schutz- und Erholungsfunktion von Wäldern. Im Rahmen der Rohstoffunktion von Wäldern bietet sich der Holzvorrat in Festmetern als Zustandsmeßgröße sowie das Verhältnis von Holzeinschlag zu Holzzuwachs in Festmetern als Belastungsmeßgröße an. Schwierig gestaltet sich die Bestimmung der Schutz- und Erholungsfunktion von Wäldern. In Ermangelung einer Zustands- und Belastungsmeßgröße wird hier ausnahmsweise auf eine Reaktionsmeßgröße zurückgegriffen: die im Rahmen von Forstplanungen explizit ausgewiesene Fläche an Schutz- und Erholungswäldern. 2.10. Boden Die Ressource Boden kann unterschiedliche Funktionen erfüllen. Erstens kann der Boden eine produktive Ressource für die Produktion von Nahrungsmitteln und erneuerbaren Rohstoffen sein, zweitens bietet der Boden Standort für Siedlungen, Gewerbe und Infrastruktureinrichtungen. Des weiteren kann der Boden als Deponiefläche für Abfälle (siehe 2.7. Abfälle) oder Senke für Schadstoffe (siehe 2.5 Umwelttoxizität / Verschmutzung) dienen und Lebensraum für Tiere und Pflanzen (siehe 2.6. Artenvielfalt / Vielfält von Landschaften und Ökosystemen) sein. Da die letztgenannten Funktionen bereits durch andere Kategorien des 4 2 Indikatorensystems abgedeckt werden, verbleiben zur Messung einer nachhaltigen Entwicklung hier die ersten zwei Funktionen. Zur Erfassung der ersten Funktion des Bodens ist auf das Verhältnis von Bodenerosion und Bodenneubildung abzustellen. Bodenerosion wird jedoch nur an einigen Stellen als problematisch angesehen, für Baden-Württemberg insgesamt wird der Bodenerosion im Rahmen einer nachhaltigen Entwicklung keinen allzu überragenden Stellenwert beigemessen. Begründet wird dies mit einer ganzjährigen Vegetationsperiode, moderaten Niederschlagsverhältnissen und einer kleinräumigen Feldwirtschaft. Ausreichende Daten zur Beurteilung des Verhältnisses von Bodenerosion und -neubildung sind nicht verfügbar. Im Rahmen der Standortfunktion des Bodens kann der Flächenanteil des versiegelten Bodens an der Gesamtfläche als Zustandsmeßgröße genannt werden. Eine Angabe über die Versiegelung pro Jahr (als Belastungsmeßgröße) ist bislang nicht möglich, da hierfür für alle Jahre die absolute Größe der versiegelten Flächen als eine eigenständige Meßgröße regelmäßig dokumentiert werden müßte. Folgende Überlegungen zu den Meßgrößen gelten nur im Rahmen der universellen Zielsetzung einer regionalen Nachhaltigkeitspolitik: 2.11. Importierte erschöpfbare Ressourcen Der Abbau von importierten erschöpfbaren Ressourcen stellt zunächst kein baden- württembergisches Nachhaltigkeitsproblem dar. Auch die Auswirkungen des Verbrauchs von erschöpfbaren Ressourcen, insbesondere von fossilen Energieträgern, werden bereits durch andere Kategorien abgedeckt. Wenn dennoch explizit eine nachhaltige Entwicklung außerhalb der Landesgrenzen gefördert werden soll (universelle Zielsetzung einer regionalen Nachhaltigkeitspolitik) , dann kann lediglich der baden-württembergische Einfluß auf die Nachhaltigkeitssituation außerhalb Baden-Württembergs überprüft werden. Zustandsmeßgrößen - wie beispielsweise die Veränderung des Weltressourcenvorkommens - eignen sich nicht zur Messung dieses Einflusses. Nur Belastungsmeßgrößen sind hier angebracht. Als wesentliche Einflußgröße Baden-Württembergs auf die Nachhaltigkeit außerhalb der Landesgrenzen kann der Import erschöpfbarer Ressourcen (z.B.fossiler Energieträger in Steinkohleeinheiten) angesehen werden. Des weiteren kann das Verhältnis von 4 3 Primärenergieverbrauch und Endenergieverbrauch herangezogen werden. Diese Meßgröße stellt die Effektivität in der Energienutzung fossiler Energieträger dar. Ob ein verringerter Import bzw. eine höhere Effektivität in der Energienutzung fossiler Energieträger auch einen verringerten Abbau erschöpfbarer Ressourcen in den Exportländern anzeigen kann, hängt von den Welthandelsbedingungen sowie von dem Verhalten der Exportländer ab. Wenn der Anteil des Imports in Baden-Württembergs im Verhältnis zu den Welthandelsmengen nur gering ist, so wird eine Importreduktion nur unwesentlich die Nachhaltigkeitssituation außerhalb der Landesgrenzen beeinflussen. Auch wenn der Import Baden-Württembergs einen bedeutenden Anteil am Welthandel einnimmt, so kann von einer Importverringerung nicht zwangsläufig auf eine Verringerung des Abbaus in den Exportländern geschlossen werden. Abbauländer, die nur geringe Ausweichmöglichkeiten auf andere Erwerbsmöglichkeiten haben, werden dann nämlich versuchen, ihre aus der Importverringerung resultierenden Einnahmeverluste durch einen erhöhten