BEITRÄGE ZUR UMFORMTECHNIK Herausgeber: Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Mathias Liewald MBA Institut für Umformtechnik, Universität Stuttgart FE-Analyse des mehrstufigen Biegeprozesses von Flachpaketstatoren für elektrische Maschinen Von der Fakultät Konstruktions-, Produktions- und Fahrzeugtechnik der Universität Stuttgart zur Erlangung der Würde eines Doktor-Ingenieurs (Dr.-Ing.) genehmigte Abhandlung von David Wüterich aus Zwolle, Niederlande Hauptberichter: Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Mathias Liewald MBA Mitberichter: Prof. Dr.-Ing. Bernd Engel Tag der mündlichen Prüfung: 09.08.2023 Institut für Umformtechnik der Universität Stuttgart 2023 David Wüterich, M. Sc. Institut für Umformtechnik Universität Stuttgart Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Mathias Liewald MBA Institut für Umformtechnik Universität Stuttgart D93 ISBN 978-3-946818-22-9 Institut für Umformtechnik Universität Stuttgart Holzgartenstraße 17 70174 Stuttgart www.ifu.uni-stuttgart.de Printed in Germany Geleitwort des Herausgebers i Geleitwort des Herausgebers Die langjährige Buchreihe „Beiträge zur Umformtechnik" enthält Forschungsberichte und abge- schlossene Dissertationen, die am Institut für Umformtechnik (IFU) der Universität Stuttgart aus einer mehrjährigen wissenschaftlichen Arbeit zu einem Forschungsthema aus der Umformtechnik entstanden sind. Auch sind in dieser Buchreihe Abschlussberichte von Forschungsarbeiten zu ak- tuellen Fragestellungen der Umformtechnik enthalten. Umformen ist die gezielte Änderung der Form, der Oberfläche und der Eigenschaften eines metallischen Körpers unter Beibehaltung von Masse und Stoffzusammenhalt. Diese Definition für das Umformen von metallischen Körpern in Anlehnung an DIN 8580 be- schreibt nicht nur die gezielte Änderung der Form, sondern auch die der Oberfläche und der Ei- genschaften des Produktes durch den Umformvorgang. Die Technik des Umformens befasst sich daher nicht nur mit Arbeiten zur Erlangung eines vertieften Prozessverständnisses und der Ausle- gung von Betriebsmitteln, sondern auch mit Methoden für eine zuverlässige Vorausbestimmbar- keit der finalen Produkteigenschaften. Dabei kommt der mathematischen Beschreibung des Um- formvorganges und der Modellierung grundlegender physikalischer Phänomene wie z. B. der ver- fahrensspezifischen Tribologie und dem Werkstoffverhalten eine besondere Bedeutung bzgl. der Güte von numerischen Simulationsrechnungen mit der Methode der Finiten Elemente (FEM) zu. Oftmals geht dabei die intuitive, auf aktuellen Grundlagenerkenntnissen basierende Forschung in der Umformtechnik mit einer experimentellen bzw. empirisch basierten Herangehensweise an neue Fragestellungen einher. Die dabei erzielten Forschungsergebnisse dienen dem allgemeinen Wissenserwerb und dem Grundlagenverständnis von werkstofflichen und verfahrensspezifischen Phänomenen und Zusammenhängen. Solche Arbeiten sind somit nicht nur für Wissenschaftler, sondern auch für die in der Praxis stehenden Ingenieure von grundsätzlicher Bedeutung. Kurze Entwicklungszeiten für neue Produkte der Umformtechnik einerseits und veränderte Wert- schöpfungsketten, die Dynamik von Märkten, neue Technologien sowie sich verschärfende Rand- bedingungen andererseits erfordern in den Unternehmen heute die Intensivierung von spezifischer Forschung. Auch gewinnt das schnelle Lernen im Umfeld von Produktionstechnologien in den sich volatil verändernden, oftmals globalen Wertschöpfungsketten immer mehr an Bedeutung. Moderne Forschungsstellen stehen daher im engen Dialog mit solchen Unternehmen und sind in beide Prozesse eingebunden: zum einen in die Grundlagenforschung mit Blick auf Werkstoffe, Verfahren und Maschinen der Umformtechnik und zum anderen in vorwettbewerbliche bzw. an- wendungsorientierte integrierte Lösungen über neue Prozessketten hinweg. Motivation für die Herausgabe dieser Berichte ist die Publikation solcher grundlagenorientierten und auch praxisorientierten Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, die an meinem Institut entste- hen. Ein weiteres Ziel der Buchreihe ist das Bereitstellen eines aktuellen Wissens- und Kenntnis- standes für weiterführende wissenschaftliche Arbeiten auf internationalem Niveau. Mathias Liewald ii Danksagung Danksagung Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als Doktorand bei der SEG Automo- tive Germany GmbH in Kooperation mit dem Institut für Umformtechnik der Universität Stuttgart. Mein besonderer Dank gilt Herrn Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. Mathias Liewald MBA, dem Di- rektor des Instituts für Umformtechnik. Das entgegengebrachte Vertrauen und der hohe Anspruch bei technischen Inhalten haben meine Arbeit und mich persönlich in hohem Maße geprägt. Bei Univ.-Prof. Dr.-Ing. Bernd Engel, dem Leiter des Lehrstuhls für Umformtechnik der Univer- sität Siegen, möchte ich mich für sein Interesse an meiner Arbeit und die freundliche Übernahme des Mitberichtes bedanken. Herrn Prof. Dr. rer. nat. Harald Kugler danke ich für die ausführlichen inhaltlichen und stilistischen Hinweise zu der hier vorliegenden Arbeit. Für die gute Zusammenarbeit bedanke ich mich außer- dem bei Herrn Dr. Kim Riedmüller, der sich stets auch für kurzfristige, aber trotzdem detaillierte und hilfreiche Reviews zur Verfügung gestellt hat. Ebenfalls danke ich allen Kolleginnen und Kollegen am IFU, die mich als „Externen“ immer sehr freundschaftlich aufgenommen haben. Sehr herzlich bedanke ich mich bei Herrn Dr. Schroth und Herrn Dr. Kopp für die persönliche Betreuung, die schöne Arbeitsatmosphäre und die Möglichkeit, als Doktorand bei der SEG Auto- motive Germany GmbH tätig sein zu dürfen. Die freundschaftlichen Kontakte über den Arbeitsall- tag hinaus, in der ehemaligen EPG3-Gruppe, habe ich sehr geschätzt. Weiterhin bedanke ich mich bei Pachi und Rubén Diez für die gemeinsame Durchführung der experimentellen Versuche im spanischen Treto sowie bei Herrn Reinhard Meyer für die fachlichen Diskussionen. Für ein immer offenes Ohr und unzählige Ratschläge bedanke ich mich bei meiner Mutter Katrin. Ich bewundere sie sehr für den Rückhalt, den sie meinen Geschwistern und mir nun über 30 Jahre lang täglich zukommen lässt. Auch bei meinen beiden Geschwistern Bene und Lies, meinen Groß- eltern Sabine und Manfred sowie meinen engsten Freunden Robin, Moritz, Lukas und Niklas möchte ich mich für die Unterstützung und vor allem für die schönen gemeinsamen Erlebnisse auf meinem gesamten Lebensweg bedanken. Barbara danke ich für ihre hilfreichen Hinweise zu tref- fenden Formulierungen und die fröhliche Stimmung bei den Korrekturschleifen. Abschließend richte ich meinen besonderen Dank an meine Freundin, Lieselotte, ganz grundsätz- lich für ihre Frohnatur und auch für die Zuneigung, die scheinbar selbstverständliche Geduld und das große Vertrauen mir gegenüber. Wien, Januar 2023 David Wüterich Inhaltsverzeichnis iii Inhaltsverzeichnis 2.1 Eigenschaften sich drehender elektrischer Maschinen .................................................... 5 2.2 Umformsimulation des Flachpaketbiegeprozesses ....................................................... 33 4.1 Analyse des realen mehrstufigen Statorbiegeprozesses ................................................ 61 4.2 Überführung der Prozessanalyse in eine Funktionsstruktur .......................................... 64 4.3 Charakterisierung der Materialeigenschaften der Statorhalbzeuge ............................... 67 Geleitwort des Herausgebers ......................................................................................................... i Danksagung.................................................................................................................................... ii Inhaltsverzeichnis ......................................................................................................................... iii Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................................ vi Formelzeichen .............................................................................................................................. vii Kurzfassung ................................................................................................................................... x Abstract ....................................................................................................................................... xiii 1 Einleitung ............................................................................................................................... 1 2 Stand der Technik ................................................................................................................. 5 2.1.1 Grundlagen der Synchronmaschine ............................................................................ 5 2.1.2 Verlustbetrachtung von Statoren in Innenpol-PMSM ............................................... 11 2.1.3 Wicklungstypen und Herstellungsmethoden von Statoren ....................................... 21 2.1.4 Zusammenfassung der Statorherstellung .................................................................. 30 2.2.1 Grundlagen des Biegeumformens ............................................................................. 33 2.2.2 Grundlagen des Flachpaketbiegens ........................................................................... 41 2.2.3 Modellbildung von Umformvorgängen .................................................................... 47 2.2.4 Verifizierung und Validierung .................................................................................. 52 2.2.5 Zusammenfassung des Standes der Technik zum Flachpaketbiegeprozess .............. 55 3 Motivation, Zielsetzung und Vorgehensweise .................................................................. 57 4 Prozessanalyse und Materialcharakterisierung ............................................................... 61 4.3.1 Einachsige Zugversuche von Elektroblechen ........................................................... 68 4.3.2 Charakterisierung des Biegeverhaltens der Wicklungen .......................................... 72 iv Inhaltsverzeichnis 5.1 Erstellung eines Flachpaketmodells ohne Wicklung .................................................... 77 5.2 Verifizierung des FE-Modells des Statorkerns ohne Wicklungen ................................ 87 5.3 Erstellung von Wicklungsmodellen .............................................................................. 99 5.4 Simulation des vollständigen Flachpaketprozesses .................................................... 110 6.1 Vorgehensweise der experimentellen Geometriemessung und -auswertung .............. 118 6.2 Validierung der FE-Modelle einzelner Biegeoperationen .......................................... 130 6.3 Validierung der Gesamtsimulation ............................................................................. 135 5 Numerische Untersuchungen des Flachpaketprozesses .................................................. 77 5.1.1 Implementierung der Geometriedaten und Werkstoffkennwerte des Werkstücks ... 78 5.1.2 Implementierung der Prozessparameter des Flachpaketbiegens ............................... 79 5.1.3 Extrahieren der Ergebnisgrößen einer einzelnen Biegeoperation ............................. 84 5.2.1 Konvergenzanalyse des FE-Modells zum ersten Biegevorgang ............................... 87 5.2.2 Plausibilitätsprüfung der numerischen Berechnung eines Biegevorgangs ............... 92 5.3.1 Aufbau und Kalibrierung eines Detailmodells der Wicklung ................................... 99 5.3.2 Analyse des Detailmodells der Wicklung im Statorbiegevorgang ......................... 104 5.3.3 Aufbau von Ersatzmodellen .................................................................................... 108 5.4.1 Implementierung der vier Biegeoperationen ........................................................... 110 5.4.2 Implementierung einer idealisierten Kalibrier- und Schweißoperation .................. 112 5.4.3 Export und Evaluierung der resultierenden Geometriedaten .................................. 115 6 Validierung mittels experimenteller Untersuchungen................................................... 117 6.1.1 Bestimmung der Werkstückgeometrien nach einzelnen Biegeoperationen ............ 118 6.1.2 Rundheitsmessung des geschlossenen Stators ........................................................ 124 6.1.3 Versuchsrandbedingungen ...................................................................................... 127 6.2.1 Basisvalidierungen ohne und mit Wicklungen ....................................................... 130 6.2.2 Isolierte Variation der Vorspannkräfte ................................................................... 133 6.3.1 Exemplarische Bestimmung von Residualkurven anhand der Vorspannkraft ........ 135 6.3.2 Vollständige Prozessanalyse auf Basis der Vorspannkräfte ................................... 139 Inhaltsverzeichnis v 7.1 Bewerten der numerischen und experimentellen Ergebnisse ...................................... 143 7.2 Implementierung eines Ansatzes zur Rundheitsoptimierung ...................................... 145 7.3 Optimierungspotenziale des Statorbiegeprozesses ...................................................... 151 8.1 Zusammenfassung ....................................................................................................... 155 8.2 Ausblick ...................................................................................................................... 157 9.1 Spannungs-Dehnungs-Kurven der Zugversuche von Elektroblechen (Werkstoff M800-50A, Blechdicke 0,5 mm, DIN 50125 – Form H) ............................................ 159 9.2 Herleitung des Zusammenhangs zwischen dem pneumatischen Zylinderdruck und der Vorspannkraft sowie der Achssteifigkeit .............................................................. 159 9.3 Experimentelle Validierung der Vorspannkraft .......................................................... 162 9.4 APDL-Skript zum Export der Knotenpunkte .............................................................. 163 9.5 Konvergenzanalysen zur Anzahl an Substeps ............................................................. 164 9.6 Konvergenzanalysen zur Netzdichte ........................................................................... 165 9.7 Herleitung des Biegemoments und des Rückfederungswinkels ................................. 167 9.8 FE-basierte und analytisch bestimmte Sensitivitäten .................................................. 169 9.9 Vergleich der Wicklungskraft im realen und FE-basierten Versuch .......................... 171 9.10 APDL-Skript: Statorzahnbewegung im Modell des Statorkerns ................................ 172 9.11 Prinzipien zum Ausrichten des Facettenmodells im Raum ......................................... 173 9.12 Ergebniswerte Statortyp 1 mit Wicklung .................................................................... 175 7 Übertragung der Erkenntnisse auf den realen Fertigungsbetrieb ............................... 143 8 Zusammenfassung und Ausblick ..................................................................................... 155 9 Anhang ............................................................................................................................... 159 10 Literaturverzeichnis .......................................................................................................... 176 Curriculum Vitae ...................................................................................................................... 183 vi Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Abkürzung Beschreibung 2D zweidimensional 3D dreidimensional APDL ANSYS Parametric Design Language BO Biegeoperation CAD Computer Aided Design CMM Koordinatenmessgerät DIN Deutsches Institut für Normung FBP Flachpaketbiegeprozess FEM Finite-Elemente-Methode FESM Fremderregte Synchronmaschine GSM Gleichstrommaschine hdp Hexagonal-dichtestgepacktes Gitter IFU Institut für Umformtechnik ISO International Organization of Standardization kfz Kubisch-flächenzentriertes Gitter krz Kubisch-raumzentriertes Gitter PMSM Permanenterregte Synchronmaschine SA Statorabschnitt SEG Starter, Elektrifizierungskomponenten & Generatoren SS Statorsegment STL Standard Triangle Language / Standard Tesselation Language VDI Verein Deutscher Ingenieure WT Wicklungstyp Formelzeichen vii Formelzeichen Symbol Einheit Beschreibung A / ALack/Nut/Folie [mm2] Fläche / Querschnittsfläche des Lacks / der Nut / der Isolationsfolie AL/L,ges [mm2] Querschnittsflächen eines einzelnen Leiters / aller Leiter in einer Nut Apneu/Arb/Stö [mm2] Grundflächen des Pneumatik- und Arbeitskolbens sowie des Stößels b / b0,1,… [mm] Breite des Biegebalkens / Breite zu verschiedenen Zeitpunkten B / BRot/Stat/δ [T] Magnetische Flussdichte allgemein / am Stator / im Luftspalt B̂ [T] Induktionsamplitude BR [T] Remanenzmagnetisierung BW [mm] Wicklungsbreite BWL/R [°] Linker / rechter Rand der Kategorie II des Normalkraftverlaufs Cpneu [N/mm] Ersatzfedersteifigkeit der Biegeachse d [mm] Drahtdurchmesser D [As/m2] Dielektrische Verschiebung DB/H1-6 [mm] Breite / Höhe der formgepressten Drähte 1 bis 6 E [GPa] Elastizitätsmodul E1-13 [-] Querschnittsebenen des Jochs eJ,x/y / eZ,x/y / eS,z [-] Elementsegmentierung: Joch / Zahn / Stator in x- / y- / z-Richtung erad/tan/längs [-] Elementsegmentierung radial, tangential und läng f [Hz] Frequenz F / Fpneu [N] Kraftvektor / Kraft des pneumatischen Kolbens F1-4(t), FFE,1-4(t) [N] Reale und FE-basierte Vorspannkräfte der Biegestationen 1 bis 4 FN,m [N] Normalkraft Fx/y [N] Kraft in x- / y-Richtung h / h0/1 / h(t) [mm] Höhe eines Objektes / zu spezifischen / kontinuierlichen Zeiten H [A/m] Magnetische Feldstärke HC [A/m] Koerzitivfeldstärke i [-] Versuchsnummer I [A] Strom iü [-] pneumatisch/hydraulische Übersetzung J [A/m2] Stromdichte JB/H [mm] Jochbreite / -höhe K [N/m] Steifigkeitsmatrix kf [MPa] Streckgrenze / Fließgrenze / Fließspannung kmech/el [%] Mechanischer / elektrischer Füllfaktor L [mm] Leiterlänge l0/1/… / lV,i [mm] Länge zu verschiedenen Zeitpunkten / Restlänge des Versuchs i viii Formelzeichen LW [mm] Wickelkopfüberstand m [kg] Masse Mb/be/bp [Nmm] Gesamtes / elastisches / plastisches Biegemoment Me/Mp0 [Nm] Elektromagnetisches Drehmoment / Kippmoment ms [-] Strangzahl n [-] Nummer des Messpunktes N [-] Windungszahl p1-4(t) [MPa] Pneumatischer Druck im Zylinder der Biegeanlage 1 bis 4 PA [W] Ausgangsleistung der elektrischen Maschine PL/H/W [W] Verlustleistungen Stromwärme / Hysterese / Wirbelstrom PW1,1-6 / P´W1,1-6 [-] Bezugs- / Projektionspunkte zur Modellierung der Verbinderdrähte PSn/ref./rechn./opt. [mm] n-ter / Referenz- / rechnerischer / optimierter Profilschnitt des Stators r / r1-4 [mm] Radius / Radien der umgeformten Statorabschnitte 1 bis 4 R(T) [Ω] Temperaturabhängiger elektrischer Widerstand ReH [MPa] Obere Streckgrenze ReL [MPa] Untere Streckgrenze ri/m/a/m,r [mm] Innerer / mittlerer / äußerer / mittlerer, rückgefederter Radius Rm [MPa] Zugfestigkeit Rmag. [1/H] Magnetischer Widerstand rSt,i/a [mm] Innen- / Außenradius des geschlossenen Stators rV,i [mm] Radiuswerte des aktuellen Versuchs rW1-6,1/2 [mm] Radien des Wickelkopfes s / spneu/arb [mm] Wegabschnitt / zurückgelegter Weg des Pneumatik- / Arbeitskolbens s0 [mm] Blechdicke SL [mm] Axiale Länge des Stators t [s] Zeitwert eines Vorgangs T [°C] Temperatur TM [MPa] Tangentenmodul, Steigung der linearen Verfestigung u [m] Verschiebungsvektor U / UP/S [V] Elektrische Spannung / Polrad- / Statorspannung V [m3] Volumen VM [A] Magnetische Spannung W [m3] Widerstandsmoment WH1-6,1-3 [mm] Höhenversätze 1-3 der Verbinderdrähte 1-6 im Wickelkopf X0,1-4 [mm] Eingriffspositionen der Biegekerne 1-4 x0/n [mm] x-Wert des Mittelpunktes / Messpunktes Xd [Ω] Synchrone Längsreaktanz y0/n [mm] y-Wert des Mittelpunktes/Messpunktes Formelzeichen ix yf0 [mm] Elastizitätsgrenze im gebogenen Blech ZB,1, ZB,2, ZH [mm] Breite des Zahnkopfes, des Zahnfußes und der Zahnhöhe ZP,i/a [-] Zahnmittelpunkt innen / außen αB / αB,1-4 [°] Biegewinkel / Biegewinkel der Biegestationen 1 bis 4 αR / αR1-4 [°] Rückgefederter Werkstückwinkel / Winkel der Statorabschnitte 1 bis 4 αR,V,i [°] Winkel des Statorabschnitts des aktuellen Versuchs αW1-6,1-3 [°] Öffnungswinkel des Wickelkopfes β [°] Scheitelwinkel δ / δGauß / δReal(ψ) [mm] Luftspalt / mittlerer Luftspalt nach Gauß / realer Luftspaltverlauf ΔCPU,i [%] Relative CPU-Rechenzeit bezogen auf den Referenzversuch ΔFE [%] FE-Ergebnisse bezogen auf Mittelwerte der Messergebnisse Δn [mm] Abstand zwischen Messpunkten und FE- / Messkonturverlauf Δr/αR/l,i [mm/°] Relative Differenz der Ergebnisgrößen r, αR und l Δrel/Scan [%] Gemessene Spannweite bezogen auf den Maximalwert ΔSt,i/a [mm] Rundheitsabweichungen des inneren / äußeren Statormantels Δypneu [mm] Vorspannweg der virtuellen Feder Δ1-4,FE/CMM [mm] Residualkurven des Stators nach Biegeoperation 1-4 mit FE / CMM Δα [°] Rückfederungswinkel ε / φ [-] Dehnung / Umformgrad εf [-] Fließdehnung ϑ [°] Polradwinkel θ [A] Magnetische Durchflutung µ [-] Reibungskoeffizient µ0,r [Vs/Am] Permeabilität von Vakuum / relative Permeabilität ρ [kg/m3] Werkstoffdichte ρ(T) [Ω] Temperaturabhängiger spezifischer Widerstand ρ0/e [Ω] Restwiderstand / spezifischer elektrischer Widerstand σ / σψψ(y) [MPa] Mechanischer Spannungstensor / Spannungsverläufe entlang y-Achse σf2 [MPa] Achsenabschnitt einer Formänderung mit linearer Verfestigung σI/III [MPa] Maximale und minimale Hauptnormalspannung σV,T/V,M [MPa] Vergleichsspannung nach Tresca / Mises Ωsyn [1/s] Erregerfrequenz ◎Stat [mm] Koaxialität des Stators und Rotors Ø1-4 [mm] Biegekerndurchmesser der Biegestationen 1 bis 4 ØR,Ideal [mm] Idealer Rotoraußendurchmesser ØS,Gauß/real [mm] Gaußdurchmesser / realer Verlauf der Innengeometrie des Stators x Kurzfassung Kurzfassung Strenger werdende Emissionsauflagen führen im Individualverkehr zu einer erhöhten Nachfrage nach Elektromotoren mit höchsten Wirkungsgraden und Leistungsdichten. Vor allem in der Auto- mobilindustrie zwingen aktuelle Vorschriften zur Begrenzung der Schadstoffemissionen die Her- steller dazu, mittels Verbrennungskraft angetriebene Fahrzeugkonzepte zu verlassen und den An- triebsstrang ihrer Fahrzeuge weiter zu elektrifizieren. Neben der Verwendung vollelektrischer An- triebe dienen auch Kombinationen aus herkömmlichen Verbrennungsmotoren mit Rekuperations- systemen, effizienteren Generatoren oder Hybridantrieben der Emissionsreduzierung. Trotz unter- schiedlicher Anforderungen an Drehmoment, Drehzahlen und Gesamtleistung wird ein höherer Wirkungsgrad des Gesamtsystems angestrebt. Besonders wichtige Faktoren mit positivem Ein- fluss auf den Wirkungsgrad elektrischer Maschinen sind möglichst kleine Luftspalte zwischen Stator und Rotor sowie hohe Füllgrade der aktiven elektromagnetischen Komponenten, d. h. der leitfähigen Wicklungen in Stator und Rotor, die in der Regel aus Kupfer bestehen. Um diese Herausforderungen zu meistern, werden herkömmliche Statorherstellungsmethoden zu- nehmend durch neuartige Produktionstechnologien wie die Hairpin- oder die Flachpakettechnolo- gie abgelöst. Bei der Hairpin-Technologie werden U-förmige Drahtsegmente längs in die Nuten eines kreisförmigen Statorkerns geschoben, auf der Rückseite geschränkt und anschließend stoff- schlüssig miteinander verbunden. Die Flachpakettechnologie basiert auf einem flachen, kamm- ähnlichen Statorkern aus Siliziumeisen, dessen Nuten mit vorgeformten Wicklungen aus Kupfer- lackdraht und Isolationspapieren versehen werden. Anschließend führt eine mehrstufige Biegeab- folge der ganzen Baugruppe zur geforderten Kreisform des Stators. Jede Biegestufe, bestehend aus einem Biege- und Rückfederungsvorgang, erfolgt in einer separaten Biegemaschine, die nach VDI 3430 dem Rotationszugbiegen zugeordnet wird. Nach dem letzten Biegevorgang folgt eine Kalibrierung des Stators mit einer integrierten Fügeoperation durch Laserschweißen der beiden Statorenden. Beide Technologien erreichen vergleichsweise hohe mechanische Füllgrade und damit eine höhere Leistungsfähigkeit des Stators. Im Gegensatz zur Hairpin-Technologie erfordert der Flachpaket- prozess jedoch keine stoffschlüssigen Fügevorgänge an elektrischen Leitern, welche in der Mas- senproduktion von Rotoren oder Statoren zu einer geringeren Prozessrobustheit führen. Allerdings hängen die Rundheitseigenschaften des Stators von den Biegeparametern und den hochkomplexen mechanischen und geometrischen Eigenschaften der Flachpaketbaugruppe ab. Deswegen stellt die Gewährleistung enger Rundheitstoleranzen eine der größten Herausforderungen dieses Ferti- gungsverfahrens dar. Insbesondere die Vorhersage des Biege- und Rückfederungsverhaltens der Flachpaketbaugruppe in einzelnen Biegeoperationen war bisher nicht möglich, sodass aufwändige Kurzfassung xi Iterationen zur Auslegung des Prozesses nötig waren. Zudem mussten bisher vergleichsweise große Rundheitsabweichungen des fertigen Stators akzeptiert oder weitere Prozessschritte zur Rundheitskalibrierung vorgenommen werden. Die Untersuchungen der vorliegenden Arbeit ent- standen in einer Zusammenarbeit zwischen der SEG Automotive Germany GmbH und dem Insti- tut für Umformtechnik der Universität Stuttgart und zielten darauf ab, die Rundheitsabweichungen der Statoren mittels vertieften und quantifizierten Prozesswissens nachhaltig zu reduzieren. Zu diesem Zweck wurden drei Berechnungsmodelle basierend auf der Finite-Elemente-Methode in ANSYS Workbench 18.2 entwickelt, verifiziert und validiert. Das Modell des Statorkerns ent- hält lediglich den flachen Statorkern als Werkstück in einem Biege- und Rückfederungsvorgang. Da dieser Aufbau die Grundlage für die Berechnung mehrerer Operationen sowie für die Analyse einer gesamten Flachpaketbaugruppe darstellt, wurde dieses Modell bezüglich dessen numerischer Konsistenz verifiziert und anhand von Vergleichen mit analytischen Rechnungen für plausibel erklärt. Im Rahmen der zweiten Modellgruppe wurden einzelne Segmente des mit den Kup- ferwicklungen und Isolationsfolien ausgestatteten Statorkerns modelliert, um deren Umformver- halten im Detail zu beschreiben. Insbesondere die Einflüsse der Wicklungseigenschaften auf das Biegeverhalten der gesamten Baugruppe erwiesen sich als relevant, um alle Biegestufen in der Prozessfolge der Produktionsanlage realistisch beschreiben zu können. Im Hinblick auf eine hö- here Effizienz weiterer Simulationen konnten die Einflüsse der Wicklungen in Ersatzmodelle ba- sierend auf Stabelementen überführt werden. Das dritte Berechnungsmodell, das Prozessmodell, fasst vier aufeinanderfolgende Biegestufen in einer einzigen Simulation zusammen, die jeweils aus einem Biege- und Rückfederungsvorgang bestehen. Dabei enthält die modellierte Baugruppe das verifizierte Statorkernmodell und die Stabelemente mit fiktiven Materialmodellen, die das komplexe Umformverhalten der Wicklung ersetzen. Auf Grundlage dieses Prozessmodells konn- ten alle vier Biegestufen einschließlich des abschließenden Kalibrier- und Fügevorgangs nume- risch vollständig beschrieben werden. Damit war es möglich, Abhängigkeiten der kreisförmigen Statorgeometrie von den Werkstück- und Prozesseigenschaften zu ermitteln. Die elastisch-plasti- schen Eigenschaften der Flachpaketbaugruppe und die Vorspannkraft zwischen Biegekern und Werkstück zählen zu den wichtigsten Eigenschaften, die in dieser Arbeit untersucht wurden. Bevor die gewonnenen Erkenntnisse aus den Simulationsmodellen genutzt werden konnten, wur- den die FE-basierten Ergebnisse an den vier Biegemaschinen im Serienbetrieb experimentell va- lidiert. In diesem Zusammenhang wurde eine Methodik entwickelt, um mittels 3D-Scan erzeugte Flächenmodelle des Flachpakets nach einzelnen Biegeoperationen ausrichten und mit den Vorher- sagen aus den Finite-Elemente-Modellen vergleichen zu können. Darüber hinaus wurden ge- schlossene Statoren, die den vollständigen Biegeprozess auf der Produktionslinie bei der SEG durchlaufen hatten, mit bereits etablierten Messabläufen mittels eines Koordinatenmessgeräts xii Kurzfassung digitalisiert. Diese digitalen Messwerte erlauben die Analyse der Rundheit der kreisförmigen Mus- ter und eine Validierung der Ergebnisse des FE-basierten Prozessmodells, welches den gesamten Flachpaketbiegeprozess beschreibt. Zwei Aufgabenfelder weisen einen hohen Stellenwert für die Prozessentwicklung auf: • Das systematische Einhalten festgelegter Toleranzwerten bei konstruktiven Neuerungen des Statordesigns und chargenbedingten Schwankungen. • Die Veränderung des Prozessablaufs, mit dem Ziel, engere Toleranzwerte zu erreichen. Bezüglich beider Aufgabenfelder wurde festgestellt, dass sich die tangentiale Vorspannkraft zwi- schen Biegekern und Werkstück als einstellbarer Parameter eignet, da sich dieser flexibel an den jeweiligen Biegemaschinen verändern lässt. Deshalb wurden FE-basierte und experimentelle Un- tersuchungen durchgeführt, um die Sensitivitäten geometrischer Ergebnisse der vier Biegeopera- tionen bezogen auf Veränderungen der Vorspannkraft zu quantifizieren. Basierend auf diesen Ana- lysen wurde das mehrstufige Prozessmodell hinsichtlich der Vorspannkraft validiert. In der letzten Phase dieser Untersuchungen wurden die gewonnenen Erkenntnisse auf die Flach- paketbiegevorgänge im realen Fertigungsprozess übertragen. Die Sensitivitäten der Statorgeome- trie bezüglich der Vorspannkräfte jedes einzelnen Biegevorgangs wurden in ein mathematisches Optimierungsproblem überführt, wobei minimale Rundheitsabweichungen das Optimierungsziel bildeten. Die Vorspannkräfte der vier Biegevorgänge stellen die Variablen dieser Optimierungs- funktion dar. Die mit diesem systematischen Optimierungsansatz berechneten Parameter prognos- tizierten eine Reduktion der Rundheitsabweichungen um mehr als 24 %. Diese Reduktion konnte für zwei verschiedene Statortypen experimentell bestätigt werden. Die in dieser Arbeit vorgestellten Untersuchungen bieten systematische Ansätze, um anhand der Entwicklung, Verifizierung und Validierung von FE-Modellen, Erkenntnisse über einen komple- xen Umformprozess der vormontierten Flachpaketbaugruppe, bestehend aus Stahllamellen, Kup- ferwicklung und Isolationsfolien, zu gewinnen. Die ermittelten Maschineneinstellungen resultie- rend aus der oben genannten Methodik zur Rundheitsoptimierung konnten erfolgreich auf die ak- tuelle Serienfertigung von Flachpaketstatoren übertragen werden. Die derzeit in den Biegestatio- nen verwendbaren Bereiche der Vorspannkraft liegen zwischen 0 und 13 kN. Höhere Vorspann- kräfte führten zu einer unerwünschten Verformung der Statorzähne vor dem Biegen. Darüber hin- aus beschränken die Geometrien der vorhandenen Werkzeuge für jede der vier Biegemaschinen das aktuelle Biegeverfahren, d. h. die minimalen und maximalen Biegewinkel, die während eines Biegevorgangs verwendet werden können. Sowohl der Vorspannbereich als auch die Geometrie der Biegewerkzeuge begrenzen die Statorrundheit, die derzeit mit der vorgestellten Methode er- reicht werden kann. Abstract xiii Abstract Increasingly restricting emission regulations in the private transport sector are leading to a growing demand for electrical machines with highest efficiency levels and power densities. Especially in the automotive industry current regulations aiming to limit pollutant environmental emissions do push car manufacturers to leave vehicle concepts that are based on internal combustion engines and to further electrify their vehicles' powertrains. In addition to using fully electric vehicles, com- binations of conventional internal combustion engines with recuperation systems, more efficient alternators or hybrid powertrains serve to reduce emissions. Despite different requirements regard- ing torque, rotational speed and power, the aim is higher efficiency of the overall system. Particu- larly crucial factors with high impact on the efficiency of electric machines are smallest air gaps between stator and rotor as well as highest fill factors of active electromagnetic components, i. e. conductive windings in stator and rotor usually consisting of copper. To meet these challenges, conventional stator manufacturing methods are increasingly being re- placed by novel production technologies such as “hairpin” or “flatpack” technology. Hairpin tech- nology is based on inserting U-shaped conductors lengthwise into slots of a circular stator core as well as subsequently bending and joining the conductor ends. In flatpack technology insulation papers and preformed windings made of enamelled coper are inserted into the slots of a flat, comb- like stator core made of silicon steel. Subsequently, a multi-stage bending sequence of the entire assembly leads to the required circular shape of the stator. Each bending operation, containing a bending and a springback stage, takes place in a separate bending machine, which can be classified as rotary draw bending according to VDI 3430. The last bending operation is followed by a cali- bration of the stator with an integrated joining operation by laser welding of the two stator ends. Both technologies do achieve comparatively high mechanical fill factors and thus better stator performance. In contrast to hairpin technology, however, flatpack bending does not require exten- sive welding operations of electrical conductors, which lead to lower process robustness in mass production of rotors or stators. Nevertheless, the roundness properties of the stator depend on bending parameters and complex mechanical and geometric properties of the flatpack assembly. Therefore, guaranteeing tight roundness tolerances poses one of the main challenges of this man- ufacturing process. In particular, the prediction of bending and springback behaviour of the flat- pack assembly during every single bending operation was not possible until now. Therefore, time- consuming iterations were necessary to design the process. In addition, comparatively large round- ness deviations of the finished stator had to be accepted or further process steps had to be carried out to calibrate the stator’s roundness. The following investigations were carried out in a collabo- ration between SEG Automotive Germany GmbH and the Institute for Metal Forming Technology xiv Abstract at the University of Stuttgart and are aimed at sustainably reducing the roundness deviations of the stators by gaining deeper and quantified process knowledge. For this purpose, three numerical models based on the finite element method were developed, verified and validated using ANSYS Workbench 18.2. The model of the stator core solely includes a flat stator core as a workpiece in one single bending and springback operation. Since this setup provides the foundation for calcu- lating multiple operations as well as analysing an entire flatpack assembly, this model was verified in detail on numerical and analytical level. Secondly, detailed models comprise multiple segments of the stator core equipped with copper windings and insulation papers to describe their forming i. e. bending behaviour more exactly. In particular, influences of winding properties on the bending behaviour of the entire assembly prove to be relevant to describe all bending stages in the process sequence of the production line realistically. With respect to higher efficiency of further simula- tions, the influences of the windings could be transferred into substitute models based on rod ele- ments. The third model, the process model, combines four successive bending stages into one single simulation, each consisting of a bending and a springback phase. This assembled model includes the verified stator core model as well as previously mentioned rod elements with virtual material characteristics that substitute the complex forming behaviour of the winding. Based on this process model, it was possible to numerically describe all four bending stages including the final calibration and joining operation. The process model allowed for determining dependencies between the circular stator geometry and the workpiece and process properties. The elastic-plastic properties of the flatpack assembly as well as the preload force between the bending core and the workpiece pose the most important properties investigated in this thesis. Before using the knowledge gained from the simulation models, the FE-based results were vali- dated experimentally on bending machines in mass production lines. In this context, a methodol- ogy was developed to align 3D scanned surface models of the flatpack after single bending oper- ations and compare them to predictions from the finite element models. Furthermore, circular sta- tors that had passed the entire bending process on the production lines at SEG were digitized based on established coordinate measurement procedures. Those digital values allow for analysing the roundness of the circular samples and validating of the FE-based process model describing the entire flatpack bending process. Two tasks are of high importance for process development: • A systematic adaptation of the production sequence to new stator designs or batch-related variations to be able to match specified tolerance values. • Change of the process sequence with the aim of achieving tighter tolerance values. Abstract xv Regarding both tasks, changing the tangential preload force between the bending core and the flatpack can be evaluated as the most suitable parameter, since it can be adjusted at the bending machines effortlessly. Therefore, FE-based and experimental investigations have been performed to quantify sensitivities of geometric results of each of the four bending operations when changing preload conditions. Based on these analyses, the multistage FE-model was validated with respect to varying preload conditions. During the final phase of these investigations, gained knowledge was applied to real flatpack bend- ing operations in mass production lines. Sensitivities of geometric stator characteristics as a result of changed preload conditions of every single bending operation were transferred into a mathe- matical optimization problem, defining minimal roundness deviations as the objective equation. Preload values of four bending operations were used as variables of this function. The parameters calculated with this systematic optimization approach predicted a reduction in roundness devia- tions of more than 24 %. This reduction was confirmed experimentally for two different stator types. The investigations presented in this thesis show systematic approaches to gain deeper knowledge on a complex bending process of the pre-assembled flatpack by developing, verifying and validat- ing FE-models. The assembly consists of steel lamellas, copper windings and insulation papers. The acquired settings resulting from the previously mentioned optimization methodology were successfully applied to series production of flatpack stators. Currently applicable preload forces range between 0 and 13 kN. Higher preload forces resulted in undesired deformation of stator teeth before bending. Furthermore, geometries of existing tools for each of the four bending machines determine the current bending procedure, i. e. minimum and maximum bending angles applicable during one bending operation. Both, preload range and geometry of bending tools, limit the cur- rently achievable stator roundness values using the presented method. 1 Einleitung 1 1 Einleitung Die Automobilindustrie ist zu Beginn dieses 21. Jahrhunderts von einem gesellschaftlichen Para- digmenwechsel hin zu einer Reduzierung der Umweltbelastung u. a. durch Kraftfahrzeuge ge- prägt. Der Schadstoffausstoß bei der Verbrennung von Benzin und Diesel steht in der Kritik und wird seit Jahren mittels weiter eingrenzender Abgasnormen begrenzt [1]. Aktuelle Lösungswege bestehen beispielsweise darin, den Wirkungsgrad der Teilsysteme der Antriebstechnik oder der Bremsenergierückgewinnung des Fahrzeugs zu steigern, aber auch darin, das Fahrzeuggewicht und damit den Rollwiderstand zu senken [2]. So trägt die Effizienzsteigerung einer eingesetzten Lichtmaschine zu einer Reduktion der CO2-Flottenemission und damit zu einer höheren Bewer- tung der gesamten Fahrzeugflotte eines Automobilherstellers bei. Zusätzlich werden Entwicklun- gen in Richtung höherer Elektrifizierungsgrade des automobilen Antriebsstrangs weltweit durch immense Forschungsanstrengungen gefördert. Diese zielen darauf ab, Verbrennungskraftmaschi- nen durch elektrische Maschinen zu ergänzen oder zu ersetzen [1]. Mit diesen Entwicklungen ge- hen höhere Produktionszahlen elektrischer Maschinen für die Automobilindustrie einher [1, 3]. Aus dem genannten gesellschaftlichen Paradigmenwechsel lassen sich insgesamt Forderungen nach elektrischen Maschinen mit höchsten Wirkungsgraden und Leistungsdichten ableiten. Gleichzeitig werden größere Mengen dieser performanten Maschinen am Markt nachgefragt. Eine Qualitätssteigerung der Komponenten dieser Maschinen ist nötig, um diesen Forderungen begeg- nen zu können. Die Position innerhalb des automobilen Antriebsstranges, in der eine elektrische Maschine eingesetzt wird, beeinflusst die Anforderungen an die elektrische Maschine und damit dessen Bauform in großem Maße. So unterscheiden sich herkömmliche Starter und Generatoren sowie moderne Hybrid oder vollelektrische Antriebe in der Stromart (Gleich-, Wechsel- oder Drehstrom), im Wirkmechanismus (Stromwender-, Asynchron- oder Synchronmaschine) aber auch in der axialen Länge, im Rotordurchmesser, der Anzahl an Polpaaren, Drahtdurchmesser und der Verwendung von Permanentmagneten. Die Komponenten einer elektrischen Maschine lassen sich im Wesentlichen nach den Unterbaugruppen Stator, Rotor und Leistungselektronik kategori- sieren. Grundsätzlich enthalten Statoren einen geblechten und genuteten Kern bestehend aus Blechwerkstoffen mit geringen Ummagnetisierungs- und Wirbelstromverlusten. Aktuell werden die Nuten der kreisförmigen Statorkerne üblicherweise mit Wicklungen aus Kupferlackdraht be- stückt, um das elektromagnetische Wirkprinzip der Maschine zu realisieren. Zwischen Wicklun- gen und Statorkern werden stets Isolationsfolien eingebracht, die neben der Lackschicht der Drähte eine zusätzliche elektrische Trennung dieser beiden Komponenten voneinander gewährleisten. Fortschrittliche Statordesigns mit kompakten Bauvolumina, geringen elektrischen Verlusten der Wicklungen und niedrigen Stückkosten stehen daher, technologisch gesehen, aktuell den 2 1 Einleitung Prozessgrenzen der bekannten Fertigungsverfahren gegenüber. Dieses Spannungsfeld hat seit Be- ginn der Herstellung elektrischer Maschinen zu einer ständigen Weiterentwicklung der Statorher- stellungsmethoden geführt. Beginnend mit der manuellen Wicklung von Statoren haben sich im Laufe des 20. Jahrhunderts Wicklungsverfahren mit höheren Automatisierungsgraden und gerin- geren Taktzeiten etabliert. Hier sind insbesondere das Flyer- und Nadelwickelverfahren sowie die Einziehtechnik zu nennen. In den letzten Jahren zeichnet sich ein Trend in Richtung Steckwickel- verfahren ab [4]. Mit diesen Verfahren können äußerst hohe Füllfaktoren erreicht werden. Die freien Enden der zuvor U-förmig gebogenen Drähte werden hierbei axial in die vorgesehenen Nu- ten gesteckt. Anschließend werden die Drahtenden auf der gegenüberliegenden Statorseite ver- schränkt und mit anderen Drahtenden stoffschlüssig gefügt. Dieser Fügeprozess muss für alle Drähte durchgeführt werden, sodass eine hohe Anzahl an Kontaktieroperationen notwendig ist. Diese führen in der Serienfertigung aktuell zu Herausforderungen bezüglich der Sicherstellung einer hohen Prozessrobustheit bei geringen Taktzeiten, z. B. Abisolieren, hochgenaues Umformen und stoffschlüssiges Fügen der Leiter [5]. Die Leistungsfähigkeit der Statoren hängt direkt vom Leitwert der Wicklungen und damit auch von der Qualität aller Fügestellen ab [4]. In der vorliegenden Arbeit wurde ein alternatives Statorherstellungsverfahren - das Flachpaketbie- geverfahren - untersucht, welches im Gegensatz zu den genannten Verfahren auf einem flachen, kammähnlichen Statorkern beruht [6]. Die Nuten des flachen Statorkerns haben einen vergleichs- weise großen Öffnungswinkel, sodass vorgeformte Wicklungen mit geringem Kraft- und Monta- geaufwand in den Statorkern eingelegt werden können. Anschließend erfolgen in dem untersuch- ten Verfahren vier Biegezyklen, die die gesamte Baugruppe zu einem kreisförmigen Stator umfor- men. Bekannte Biegeverfahren für Statoren ähneln dem Rotationszugbiegen, dem Rundbiegen und dem klassischen Profilbiegen, die in VDI 3430 klassifiziert sind. Während eines Biegevorgangs kippen die Statorzähne der Innenseite des gebogenen Statorrings zueinander, sodass der Nutquer- schnitt reduziert und folglich der Füllfaktor erhöht wird. Mit dieser Fertigungsstrategie können ähnliche Füllfaktoren wie mit Steckwickelfahren erreicht werden. Hierbei müssen jedoch keinerlei Wicklungsdrähte stoffschlüssig gefügt werden. Eine aktuelle Herausforderung des Flachpaketbiegeverfahrens besteht darin, dass die Rundheit des Stators von den Biegestufen abhängt. Das Umformverhalten der flachen Baugruppe, bestehend aus dem Statorkern, der bereits in seine Nuten eingelegten Kupferwicklungen und den Isolations- folien, ist als komplex einzustufen. Einerseits weisen die Komponenten komplexe Geometrien und Kontaktsituationen zueinander auf. Andererseits bestehen erhebliche Differenzen in den mechani- schen Eigenschaften der Werkstoffe dieser Komponenten. Im Ergebnis wird ein detailliertes Pro- zesswissen benötigt, um mit diesem Verfahren selbst unter Laborbedingungen einen präzisen kreisförmigen Stator mit geringer Rundheitstoleranz herstellen zu können. Neue konstruktive oder 1 Einleitung 3 werkstoffbedingte Flachpaketeigenschaften sowie chargenbedingte Schwankungen der zugeliefer- ten Komponenten in der Serienproduktion erforderten bisher aufwändige Iterationen zur Ermitt- lung geeigneter Maschineneinstellungen. Außerdem konnten Rundheitsabweichungen des Stator- radius von weniger als 0,4 mm bisher nicht systematisch und wiederholbar eingestellt werden, sodass bisher weitere Operationen (d. h. Rundheitskalibrierung) zur Reduzierung der Rundheits- abweichungen erforderlich waren. Diese Herausforderung unterscheidet das Flachpaketbiegever- fahren von anderen Verfahren, bei denen beispielsweise gestanzte Statorkerne mit engen Rund- heitstoleranzen a priori verwendet werden können. Das Ziel dieser Arbeit bildete daher die Schaffung einer systematischen Wissensbasis, mit der das Umformverhalten der Baugruppe eines anfangs noch ebenen und bestückten Statorkerns in den nachfolgenden Biegestufen präzise beschrieben werden kann. Dazu wurden verschiedene FE-Mo- delle entwickelt, verifiziert und validiert. Das gewonnene Prozesswissen und die in dieser Arbeit vorgestellten FE-Modelle sollen zukünftig genutzt werden, um Optimierungspotenziale dieses Prozesses bezüglich dessen Robustheit und der Eigenschaften gefertigter Statoren identifizieren und ausschöpfen zu können. Vorarbeiten in Form einer systematischen Prozessanalyse (Kapitel 4) des mehrstufigen Flachpa- ketbiegeprozesses dienten zur Identifizierung relevanter Werkstückkennwerten und Prozesspara- metern sowie Ergebnisgrößen, anhand derer die Qualität der gefertigten Statoren bestimmt wird. Die aus dieser Analyse abgeleitete Grundstruktur stellte die Basis für die Modellbildung dar. Wei- tere Voruntersuchungen bestanden in der Materialcharakterisierung der Kupferlackwicklung und der Statorlamellen. Die Entwicklung des Prozessmodells sowie des Modells des Statorkerns und der Wicklungen (Kapitel 5) in ANSYS Workbench 18.2 ermöglichten eine numerische Beschrei- bung des Umformverhaltens in Abhängigkeit von eingeführten Werkstückkennwerten und Pro- zessparametern. Die experimentellen Untersuchungen (Kapitel 6) zu den einzelnen Biegeoperati- onen und dem mehrstufigen Flachpaketprozess lieferten Ergebnisse, die mit den FE-Ergebnissen verglichen werden konnten und damit zur Validierung der numerischen Modelle dienten. Die For- schungsarbeiten resultierten in einem systematischen Ansatz zur Rundheitsoptimierung basierend auf den entwickelten FE-Modellen. Abschließend wurde die Anwendung dieses Ansatzes in den realen Fertigungsbetrieb gezeigt und die Rundheitsabweichungen zweier konstruktiv verschiede- ner Statortypen um über 24 % reduziert (Kapitel 7). Insgesamt stellt die vorliegende Arbeit die systematische Generierung von Prozesswissen basierend auf FE-Modellen und experimentellen Untersuchungen dar und zeigt konkrete Lösungen für aktuelle technologische Herausforderungen beim Flachpaketbiegen von Statoren für elektrische Maschinen auf. 4 1 Einleitung 2 Stand der Technik 5 2 Stand der Technik Dieses Kapitel enthält eine allgemeine Einführung in die Fertigung sich drehender elektrischer Maschinen mit Fokus auf Synchronmaschinen. Aus den elektromagnetischen Wirkprinzipien wird die Relevanz physikalischer und geometrischer Statoreigenschaften bezüglich Leistungsdichte und Effizienz der gesamten Maschine abgeleitet. Anschließend werden etablierte Statorherstel- lungsverfahren analysiert und mit dem im Folgenden vorgestellten Flachpaketbiegeverfahren ver- glichen. Vor dem Hintergrund, den Statorbiegevorgang mittels virtueller, numerischer Rechenmo- delle voraussagen zu können, werden Grundlagen der Umformtechnik sowie der Umformsimula- tion mit entsprechender Verifizierung und Validierung erörtert. 2.1 Eigenschaften sich drehender elektrischer Maschinen 2.1.1 Grundlagen der Synchronmaschine Elektrische Maschinen dienen als Wandler zwischen mechanischer und elektrischer Energie auf der Grundlage von elektromagnetischen Wirkmechanismen [7]. Bei der Wandlung von mechani- scher in elektrische Energie handelt es sich um einen elektrischen Generator und vice versa um einen Elektromotor. Bild 2-1 zeigt eine Explosionsdarstellung eines Generators der Firma SEG Automotive GmbH, die als fremderregte Synchronmaschine mit innenlaufendem Rotor produziert wird. Das Bild zeigt die Positionierung der einzelnen Unterbaugruppen Stator, Rotor und das Ge- häuse der elektrischen Maschine. Bild 2-1: Explosionsdarstellung einer fremderregten Innenpolmaschine der Firma SEG Auto- motive GmbH Gehäuse Rotor Stator z y x Mechanische Energie (Motorwelle) Elektrische Energie (Bordnetz Automobil) 6 2 Stand der Technik Aufgrund der Vielzahl an heute bekannten Bauformen für rotierende elektrische Maschinen und den damit einhergehenden Wirkmechanismen wird vorerst ein Überblick über elektrische Maschi- nen mit einer anschließenden Einordnung der Synchronmaschinen gegeben. Kapitel 2.1.1.2 bietet eine Erläuterung der Funktion und der zugrundeliegenden elektrodynamischen Wirkprinzipien. 2.1.1.1 Einordnung der Synchronmaschinen Die Wirkprinzipien elektrischer Rotations- und Linearmaschinen beruhen auf magnetischen Kräf- ten und ermöglichen damit eine Wandlung zwischen elektrischer Leistung und rotatorischen bzw. linearen Bewegungen. Die im weiteren Verlauf dieser Arbeit betrachteten rotierenden elektrischen Maschinen bestehen stets aus einem rotierenden Läufer oder Rotor und einem feststehenden Stän- der oder Stator. Bei Innenläufern wird der Rotor vom raumfesten Stator umschlossen, bei Außen- läufern befindet sich der Rotor außen. Rotierende elektrische Maschinen lassen sich neben ihrer Bauform zudem durch ihre Stromart (Gleichstrom, Wechselstrom, Drehstrom und Impulsstrom) und den zugrundeliegenden Wirkmechanismen (Kommutator, Asynchron und Synchron) katego- risieren [8]. In Tabelle 2-1 sind einige Elektromotortypen beispielhaft aufgeführt und den genann- ten Kategorien zugeordnet. Eine grundlegende Bedingung für die Funktionalität im Motorbetrieb ist, dass entweder der Stator oder der Rotor ein rotierendes Magnetfeld abhängig von der anlie- genden Bestromung aufbauen kann. Umgekehrt muss im Generatorbetrieb einer der beiden Unter- baugruppen fähig sein, ein sich änderndes Magnetfeld in elektrischen Strom umzuwandeln. Tabelle 2-1: Rotierende elektrische Motoren kategorisiert nach Stromart und Wirkmechanismus in Anlehnung an [8] Wirkmechanismus Stromwendermaschine Asynchronmaschine Synchronmaschine S tr o m a rt Gleichstrom - Permanenterregter GSM - Reihen-, Neben- und Doppelschlussmotor - Fremderregter GSM Wechsel- strom - Reihenschlussmotor - Spaltmotor - Kondensatormotor - Hysteresemotor - Reluktanzmotor Drehstrom - Nebenschlussmotor - Käfigläufermotor - Schleifringläufermotor - Permanenterregte Syn- chronmaschine - Fremderregte Schenkel- und Vollpolmaschine Impulsstrom - Schrittmotor - Elektronikmotor 2 Stand der Technik 7 Gleichstrommotoren (GSM) benötigen zusätzliche konstruktive Maßnahmen, um sowohl eine Umpolung als auch eine Drehung des Magnetfelds zu erzeugen. Der Kommutator ermöglicht diese Umpolung des Statorfelds, indem der Rotor über einen Schleifkontakt elektrisch mit der raumfes- ten Stromquelle verbunden ist. Die Wechselwirkung zwischen der Drehung des Rotors und der Funktion des Schleifkontakts ermöglich eine drehzahlabhängige Umpolung und erzeugt damit den Wechselstrom in der Leiterspule [9]. Der prinzipielle Aufbau von elektrisch erregten Gleichstrom- maschinen unterscheidet sich im Wesentlichen darin, ob die Rotorwicklung in Serie, parallel oder getrennt von der Statorwicklung geschaltet ist. Der Reihenschlussmotor zeichnet sich durch die in Serie geschalteten Stator- und Rotorwicklungen aus und kann aus diesem Grund mit Gleich- und auch mit Wechselstrom betrieben werden. Weitere elektrische Maschinen, basierend auf Wech- selstromerregung, beruhen nicht auf dem Kommutator-, sondern entweder auf dem Asynchron- oder Synchronprinzip. Das Drehmoment von Asynchronmotoren resultiert stets aus einer Dreh- zahldifferenz zwischen dem umlaufenden magnetischen Stator- und Rotorfeld, dem sogenannten Schlupf [8]. Diese Relativbewegung zwischen Stator- und Rotorfeld induziert eine Spannung in der Wicklung des innen- oder außenliegenden Rotors, der auch Kurzschlussläufer genannt wird. Der daraus resultierende Stromfluss interagiert wiederum mit dem umlaufenden magnetischen Statorfeld und führt dadurch zu einer tangentialen Kraftwirkung auf den Rotor, also zu einem Drehmoment. Im belasteten Fall liegt somit immer eine Drehzahlasynchronität zwischen Rotor- und Statorfeld vor. Die Drehung des Statorfelds kann einerseits direkt durch einen eingespeisten Drehstrom, andererseits durch einen, mittels konstruktiver Maßnahmen umgewandelten, Wech- selstrom erzeugt werden. Im Gegensatz zu den Asynchronmaschinen umfasst die Kategorie des synchronen Wirkmechanismus jene Maschinen deren Rotoren sich im Betrieb synchron zum Statorfeld drehen. Der Stator eines Synchronmotors wird mit phasenverschobenen Wechselströ- men, also einem Drehstrom, gespeist. Die Anordnung der Statorwicklung führt bei der Bestro- mung zu einem magnetischen Drehfeld, dessen Drehzahl abhängig von der Drehstromfrequenz und der Anzahl an Polpaaren ist [9]. Der Rotor ist dabei entweder elektrisch fremderregt (FESM) oder mittels Dauermagneten, also als permanentmagneterregte Synchronmaschine (PMSM) aus- geführt. Während die vorher genannten Funktionsprinzipien auf regelmäßigen Wechselströmen basieren, zeichnet sich die letzte Kategorie der Impulsstrommaschinen dadurch aus, dass ein Steu- ergerät jede Umpolung einzeln generiert. Diese Antriebe werden vorrangig in hochpräzisen Stell- mechanismen verwendet [8]. In der Elektrifizierung des automobilen Antriebsstrangs zählen sowohl permanent- und fremder- regte Synchronmaschinen als auch Asynchronmaschinen zu den gebräuchlichsten Bauformen [1]. Typische Anwendungen sind Generatoren, Anlasser bzw. Starter sowie hybride und rein elektri- sche Antriebsstränge. Im Folgenden dient das Funktionsprinzip der Synchronmaschinen und 8 2 Stand der Technik insbesondere das der permanenterregten Innenpolmaschine als Basis für Erläuterungen zum phy- sikalischen Wirkprinzip. Nach [10] gilt die Wickeltechnik des Stators neben der Durchführung von Statorprüfungen und der Endmontage als Kostentreiber in der Produktion von elektrischen Maschinen. Kapitel 2.1.2 legt im Folgenden relevante Statormerkmale dar, insbesondere die elektrischen Verluste in den Wicklungen und die Ummagnetisierungsverluste im Eisenkern. Diese Merkmale weisen eine hohe Relevanz bei der Bewertung von Statorherstellungsverfahren auf (siehe Kapitel 2.1.3) und begründen die aktuellen Forschungsaktivitäten in diesem Bereich [11], beispielsweise um Nutfüllgrade immer weiter zu steigern [10, 12]. 2.1.1.2 Physikalisches Wirkprinzip von permanenterregten Synchronmaschinen Die Funktionsweise der Statoren von Synchronmaschinen beruht auf Wechselwirkungen zwischen elektrischen Strömen in den Statorwicklungen und den magnetischen Feldern im Statorkern. Sie basiert demnach auf den elektromagnetischen Grundprinzipien. Um einen stromdurchflossenen Leiter befindet sich ein gerichtetes Magnetfeld mit der Feldstärke H, dessen Betrag vom Strom I abhängig ist. Gleichung (2-1) zeigt auf der linken Seite die 1. Maxwell’sche Gleichung [13]. Die Fläche A beschreibt die von der magnetischen Zirkulation eingeschlossene Fläche, g die Strom- dichte im Leiter. Nach Vernachlässigung der zeitabhängigen Verschiebungsstromdichte ∂D⃗⃗ ∂t ergibt sich das Durchflutungsgesetz auf der rechten Seite von Gleichung (2-1). Die Anwendung des In- tegrals auf eine angenommene, kreisförmige Magnetfeldlinie ergibt Gleichung (2-2), in der die Magnetfeldstärke H proportional zum Strom I und umgekehrt proportional zum Radius r ist. Die Integration der Magnetfeldstärke H über einen Wegabschnitt s liefert die sogenannte magnetische Spannung VM. Bei einer Integration über einen geschlossenen Weg wird von der magnetischen Durchflutung θ gesprochen. ∫ rotH ∙ dA A = ∫ (g + ∂D ∂t ) ∙ dA → ∮ H ⃗⃗⃗⃗ ∙ ds s A = I (2-1) θ = ∮ H⃗⃗ ∙ ds s = H ∙ 2π ∙ r = I (2-2) In einer Spule mit der Windungszahl N überlagern sich die magnetischen Durchflutungen θ und es resultiert eine von N abhängige Magnetfeldstärke H. Die magnetische Flussdichte B ergibt sich aus der Magnetfeldstärke H und dem Produkt aus der Permeabilität von Vakuum µ0 und der rela- tiven Permeabilität des Magnetkerns µr. Als Magnetkern wird jener Teil der Spule bezeichnet, in dem das Magnetfeld geführt und gebündelt wird. Das gilt sinngemäß für Statoren und ebenso für Rotoren. In Bild 2-2 a) ist ein Kreissektor einer permanenterregten Synchronmaschine mit innen- liegendem Rotor schematisch dargestellt. 2 Stand der Technik 9 Bild 2-2: a) Segment einer idealisierten PMSM in Anlehnung an [1]; b) elektromagnetisches Drehmoment Me bezogen auf das Kippmoment Mp0 in Abhän- gigkeit vom Polradwinkel ϑ nach [9] Im Rotor sind Permanentmagnete mit wechselnder Polung Nord und Süd integriert. Der Rotor hat lediglich einen rotatorischen Freiheitsgrad um die z-Achse. Um den Magnetkern des Stators mit der Permeabilität µr sind innerhalb der Statornuten mehrere elektrische Leiter in Form von Einzel- spulen eingebracht. Die Richtung des Stromvektors innerhalb dieser Leiter wird üblicherweise durch einen eingekreisten Punkt bzw. durch ein eingekreistes Kreuz dargestellt [9, 12]. Mit der Anwendung des Durchflutungsgesetzes ergeben sich nach Gleichung (2-2) gerichtete magnetische Felder mit der magnetischen Feldstärke H im Statorkern und bilden das Statorfeld. Diese hängen vom elektrischen Strom I ab. Je nach Aufbau und Schaltung der Wicklung können mehrere Nuten einen umlaufenden magneti- schen Pol des Stators ergeben. Die Gründe für die Zusammenführen mehrerer Statorzähne zu ei- nem umlaufenden Magnetpol liegen in der Verringerung von Sprüngen zwischen den magneti- schen Polen, welche in einer Reduzierung der Drehmomentwelligkeit resultiert. Die dazu verwen- deten verteilten Wicklungen werden näher in Kapitel 2.1.3.1 beschrieben. Im abgebildeten Bei- spiel gilt dies für die mittleren beiden Nuten. Die rechte Nut enthält aus darstellerischen Gründen keinen stromdurchflossenen Leiter. Der konstruktiv vorgesehene Luftspalt δ zwischen Rotor und Stator ermöglicht die kontaktfreie Drehung des Stators, stellt aber gleichzeitig einen wesentlichen Magnetkern Nutisolation Magnetpol Elektrischer Leiter Magnetfeldlinie Me z ψ r Statornut Statorzahn µr -π - π/2 0 π/2 π 1 0,5 Motor STABIL Generator ϑ Me Mp0 a) b) Süd 10 2 Stand der Technik Widerstand im magnetischen Kreis dar. Dies ist in der vergleichsweise niedrigen Permeabilität von Luft begründet, wodurch der magnetische Widerstand an dieser Stelle besonders hoch ist. Verluste im Luftspalt von rotierenden elektrischen Maschinen werden in Kapitel 2.1.2.3 dargelegt. Die Hauptfunktion des Stators in Synchronmotoren besteht in der Drehung des Statorfelds durch Änderungen der Bestromung der Statorwicklungen. Bei einer Phasenverschiebung zwischen dem Stator- und Rotorfeld, dem sogenannten Polradwinkel ϑ, ergibt sich ein Hebelarm, der gemeinsam mit den magnetischen Anziehungs- und Abstoßungskräften zu einem Drehmoment auf den Rotor führt. Eine Vergrößerung des Polradwinkels etwa aufgrund einer Vergrößerung der Last resultiert in einer Zunahme des Hebelarms und damit in ein steigendes Drehmoment. Dieser Wirkzusam- menhang wiederholt sich kreisförmig und ergibt damit das gesamte auf den Rotor wirkende elekt- romagnetische Drehmoment Me. Die Abhängigkeit des elektromagnetischen Drehmoments Me vom Polradwinkel ϑ lässt sich nach [9] aus der Grundgleichung der elektrischen Wirkleistung und unter Vernachlässigung des elektrischen Widerstands in der Statorwicklung herleiten, siehe Glei- chung (2-3). Bild 2-2 b) zeigt den Einfluss des Polradwinkels auf das Verhältnis aus Drehmo- ment Me und Kippmoment Mp0 in einem Bereich von -π bis π. Der stabile Bereich für den Motor- betrieb ist für -π/2 < ϑ ≤ 0 gegeben und für den Generatorbetrieb für 0 < ϑ ≤ π/2. Für Polradwinkel ϑ > π/2 und ϑ < -π/2 kommt es zum sogenannten Kippen der Synchronmaschine. In diesen Fällen wird die Maschine bis zum Stillstand gebremst, da die Magnetkräfte in die entgegengesetzte Rich- tung wirken. Innerhalb des Gültigkeitsbereichs führt eine betragliche Vergrößerung des Polrad- winkels ϑ zu einer entsprechenden Vergrößerung des Hebelarms sowie zu einer Zunahme des elektromagnetischen Drehmoments Me. Eine konstante Drehung des Statorfelds führt somit zu ei- ner synchronen Drehbewegung des Rotors mit einem konstanten Drehmoment Me [9]. Eine Erhö- hung der Last am Rotor führt lediglich zu einem größeren Polradwinkel ϑ, jedoch nicht zu einer vom Statorfeld abweichenden Drehzahl des Rotors, womit sich diese Bauart besonders für dreh- zahlgeregelte Anwendungen eignet. An dieser Stelle wird auf die ausführliche Erläuterung der weiteren Faktoren Polradspannung UP, Statorspannung US, Statorstrangzahl mS, synchrone Längsreaktanz Xd, elektrischen Winkelgeschwindigkeit Ωsyn und des synchronen Kippmoments Mp0 sowie auf die Herleitung von Gleichung (2-3) in [9] verwiesen. In der Herleitung werden auftretende Verluste in der Maschine vernachlässigt, sodass die elektrischen und mechanischen Wirkleistungen betragsmäßig gleich groß sind. Me = - mS Ωsyn ∙ US ∙ UP Xd ∙ sin(ϑ) (2-3) 2 Stand der Technik 11 2.1.2 Verlustbetrachtung von Statoren in Innenpol-PMSM Die in Kapitel 2.1.1.2 erläuterte Funktionsweise der PMSM basiert auf einer Idealisierung der Komponenten der elektrischen Maschine sowohl in geometrischer (z. B. ideale Rundheit des Sta- tors) als auch in physikalischer Sicht (z. B. vernachlässigter elektrischer Widerstand der Leiter). Reale Komponenten in elektrischen Maschinen weichen von diesem Ideal ab. Dieses Kapitel wid- met sich einer detaillierten Betrachtung der energetischen Verluste im Stator, um daraus Optimie- rungspotenziale für die Auslegung dieser Baugruppe abzuleiten und so aktuelle Forschungsaktivi- täten in diesem Bereich zu begründen. Dabei werden Rotor und Leistungselektronik weiterhin als geometrisch und physikalisch ideal wirkend angenommen. Basierend auf den grundlegenden elektromagnetischen Wirkmechanismen zeigt Bild 2-3 den Wirkungspfad des Stroms an den Kon- taktpunkten der Wicklung (1) bis zur kinematischen Drehbewegung des Rotors (6). Die blau mar- kierte Nummerierung (1-6) beginnend beim Rotor (BRot) kennzeichnet den Generatorbetrieb. In jedem Teilsystem findet ein verlustbehafteter Transport von Energie statt. Die Doppelpfeile deuten an, dass ein Teil der Statorfunktion in beiden Richtungen gleich funktioniert. Unterhalb der Teil- systeme werden die Verlustarten genannt, die während des Energietransports auftreten. Die Kennt- nis über die Ursachen auftretender energetischer Verluste im Stator ermöglicht eine Bewertung von Herstellungsverfahren der erzeugten Statoren in Bezug auf deren Effizienz und stellt damit eine wesentliche Grundlage für die Weiterentwicklung vorhandener Fertigungsverfahren dar. Bild 2-3: Funktionale Darstellung des Stators einer PMSM und der Verluste (1) bis (6) im Mo- torbetrieb und (1) bis (6) im Generatorbetrieb auf Basis elektromagnetischer Zusam- menhänge zwischen Strom I(t), Spannung U(t), Leiterlänge L und -querschnitt AL so- wie magnetischer Feldstärke H(t), Permeabilität µr und Flussdichte im Stator BStat(t) und Rotor BRot(t) - Stromwärmeverl. - Stromverdrängung - Nachbarschafts- effekt Stator Magn. Feldst. H(t) Magn. Feld BStat(t) B Stat (t) µ r H(t) - Hystereseverl. - Wirbelstromverl. Magn. Feld BStat(t) Magn. Feld BRot(t) D re h m o m e n t M e B Stat (t) δ BRot(t) - Luftspalt - Magnetkräfte - Oberwellen Spannung U(t) Strom I(t) AL 1 2 3 4 5 6 1 2 3 4 5 6 Rotor Stator Spannungsquelle 12 2 Stand der Technik Das Anlegen einer Wechselspannung U(t) an einem elektrischen Leiter mit der Länge L führt zu einem Potenzialunterschied zwischen den beiden Anschlüssen des Leiters. Dieser Potentialunter- schied wird ausgeglichen, indem die Elektronen innerhalb des Leiterwerkstoffs wandern und so einen Wechselstrom I(t) in Abhängigkeit von der angelegten Wechselspannung ausbilden. Auf- grund des werkstoff- und temperaturabhängigen elektrischen Widerstands in den Kupferwicklun- gen R(T) entstehen dabei u. a. Ohm’sche Verluste PL. Durch die Umpolung der Wechselspannun- gen kommt es zu weiteren Verlusten. Diese Ursache der Kupfer- oder Wicklungsverluste wird in Kapitel 2.1.2.1 genauer beschrieben und tritt sowohl bei einer extern angelegten Spannung (1-2 im Motorbetrieb) als auch bei der Induktion einer Spannung aufgrund des bewegenden Rotors (5-6 im Generatorbetrieb) auf. Auf Basis des elektrische Stroms I wird im mittleren Teilsystem (siehe Bild 2-3) im Motorbetrieb ein magnetisches Feld mit der Feldstärke H erzeugt, im Magnetkern gebündelt und zur Zahnspitze des Stators (BStat) geführt. Aufgrund der Beschaffenheit des Magnetkernwerkstoffes im Stator und der Umpolung des Magnetfelds kommt es bei diesem Vorgang hauptsächlich zu Hysterese- PH und Wirbelstromverlusten PW, die in Kapitel 2.1.2.2 näher beschrieben werden. Trotz der Annahme eines ideal zylindrischen Rotors muss konstruktiv ein minimaler Luftspalt zwischen Stator und Rotor gegeben sein, damit ein mechanischer Kontakt bzw. Reibung im Be- trieb in allen Drehzahlbereichen vermieden wird. Fertigungs- und Montagetoleranzen vergrößern den tatsächlichen Luftspalt um einen definierten Betrag. Der Luftspalt zwischen der Zahnspitze des Stators und der Spitze des Rotors stellt einen Widerstand Rmag im magnetischen Kreis von Stator und Rotor dar und gilt somit als Ursache für weitere Verluste. Diese werden in Kapi- tel 2.1.2.3 erläutert. 2.1.2.1 Elektrische Verluste der Statorwicklung Innerhalb der Gitterstruktur metallischer Körper können freie Elektronen bewegt werden, wenn eine elektrische Potentialdifferenz erzeugt wird. Die Bewegungen der Elektronen im Leiterwerk- stoff führen zu einem Ausgleich dieses Potentialunterschiedes. Bei der Bewegung der Ladungs- träger kommt es zu zahlreichen Streuereignissen, beispielsweise bei Wechselwirkungen zwischen Elektronen und Gitterfehlern sowie Gitterschwingungen (Phononen) im Material. Diese Streuer- eignisse führen zu einer Reduktion der mittleren Driftgeschwindigkeit und bestimmen damit den spezifischen elektrischen Widerstand ρe [14]. Die Wechselwirkung mit Gitterfehlern ist unabhän- gig von der Temperatur und wird mit Restwiderstand ρ0 bezeichnet. Untersuchungen haben ge- zeigt, dass ein Anstieg der Gitterfehler durch Kaltverfestigungsvorgänge beim Umformen des Drahtes zu signifikanten Erhöhungen des spezifischen Widerstands ρe führten [12]. Die Wechsel- wirkungen mit den Gitterschwingungen sind abhängig von der Temperatur und nehmen bei 2 Stand der Technik 13 metallischen Werkstoffen mit der Temperatur zu. Die Zunahme des elektrischen Widerstands in Abhängigkeit von der Temperatur wird in gewissen Temperaturbereichen üblicherweise als linear mittels eines Temperaturkoeffizienten α20 angenommen. Für reines Kupfer beträgt der Tempera- turkoeffizient 3,9 · 10-3 1/°C [3], durch Zulegieren anderer Elemente kann dieser erheblich gesenkt werden. Nach [12] und [9] werden für Statorwicklungen üblicherweise Kupferlackdrähte mit mög- lichst hohen Kupferanteilen verwendet, da das Zulegieren zwar den Temperaturkoeffizienten re- duzieren kann, aber gleichzeitig auch die elektrische Leitfähigkeit bei Raumtemperatur senkt. So setzt sich CU-ETP1 (CW003A) nach DIN EN 13602 aus Kupfer mit maximal 0,04 Massen-% Sauerstoff und maximal 0,0065 Massen-% weiterer Elemente zusammen [15]. Gleichung (2-4) zeigt die Abhängigkeit der elektrischen Verluste PL von dem geführten Strom I und dem Ohm’schen Widerstand R(T) [3, 12]. Dabei hängt der Ohm’sche Widerstand von dem temperatur- abhängigen ρ(T) und dem -unabhängigen ρ0 spezifischen Widerstand, der gesamten Leiterlänge L und dem Leiterquerschnitt AL ab. Es ist erkennbar, dass eine Erhöhung der Leiterlänge L bzw. eine Reduzierung des Drahtquerschnitts AL zu einer Zunahme der Verlustleistung in Form von Wärme führt [3]. PL = I2 ∙ R(T) = I2 ∙ (ρ 0 + ρ(T)) ∙ L AL (2-4) Bild 2-4 a) zeigt eine isometrische Darstellung eines Stators mit einem genuteten Eisenkern, den Isolationsfolien und den isolierten Leitern als gewickelte Spulen. Das Festlegen der Mantelfläche des Stators dient zur konkreten Zuordnung von Ergebnissen im weiteren Verlauf der Arbeit. Die Wicklung lässt sich in einen aktiven Abschnitt innerhalb der Nuten des Eisenkerns und in einen passiven Teil, den Wickelkopf mit einer gewissen Wickelkopfhöhe, unterteilen. Aus darstelleri- schen Gründen wird nur ein Verbinderdraht des Wickelkopfes gezeigt. Wendet man auf diese An- ordnung Gleichung (2-4) an, ergeben sich für den Bau von Statoren konstruktive Anforderungen. Die wichtigsten sind: 1. Verwendung von Materialien für elektrische Leiter mit geringen spezifischen Widerstän- den ρe [12] 2. Geringe Kaltverfestigung bei der Fertigung der Wickelkopfgeometrie [16] 3. Minimieren der Leitergesamtlänge L durch Reduzieren der Wickelkopfhöhe [10] 4. Maximieren der Leiterquerschnitte AL durch gesteigerte Nutausnutzung [17, 18, 19] 5. Konstruktive Möglichkeiten zur Kühlung der Wicklung [3] 6. Sicherstellung der elektrischen Isolierung zwischen den Leitern [12] 14 2 Stand der Technik Bild 2-4: Statorquerschnitte a) Wickelkopf und aktive Wicklung; b) Darstellungen unterschied- licher mechanischer Füllfaktoren [20] Aktuelle nationale und internationale Forschungsaktivitäten im Bereich der Statorwicklung be- schäftigen sich mit den Handlungsmaßnahmen, die sich aus den genannten konstruktiven Anfor- derungen ergeben. Während die elektrischen Leiter innerhalb der Nut einen positiven Beitrag zur Erzeugung des Statorfelds leisten, dienen die Verbinderdrähte im Wickelkopf lediglich zur Ver- schaltung der aktiven Wicklungsabschnitte des Stators bzw. des Rotors. Die Leiterabschnitte im Wickelkopf tragen trotzdem zu den beschriebenen Ohm’schen Verlusten und jenen aufgrund von „parasitären“ Magnetfeldern bei [10]. Folglich führt eine Reduzierung der Leiterlänge im Wickel- kopf zu einem Herabsetzen der Statorverluste. Dies gilt unter Annahme einer gleichbleibenden plastischen Verformung des Leiters und eines entsprechend ausgelegten Kühlkonzepts. Außerdem ermöglicht die Reduzierung der Wickelkopfhöhe eine verringerte axiale Baulänge, ein geringeres Gewicht der elektrischen Maschine und eine Reduzierung des benötigten Kupfers, welche die Ma- terialkosten herabsetzt [17]. Mögliche Wickelkopfstrukturen und damit auch die Wickelkopfab- messungen hängen von dem verwendeten Wickelverfahren ab (siehe Kapitel 2.1.3). Die aktiven Leiter innerhalb der Statornuten werden hauptsächlich bezüglich ihres Querschnitts bewertet, da die axiale Länge des Statorkerns und damit die aktive Länge der Leiter durch die Auslegung der Maschine vorgegeben ist. Das Verhältnis zwischen der gesamten Leiterquer- schnittsfläche AL,ges innerhalb einer Nut und der verfügbaren Nutquerschnittsfläche ANut - AFolie definiert den sogenannten mechanischen Füllfaktor kmech. Da weder die Isolationsfolie noch die Lagenwicklung kmech =78.5% Wilde Wicklung kmech = 65-75% Orthozyklische Wicklung kmech = 90.7% Wickelkopf N Aktive Wicklung Mantelfläche z-Richtung = axiale Richtung r-Richtung = radiale Richtung Ψ-Richtung = tangentiale Richtung a) b) Stator Rotor 2 Stand der Technik 15 Lackschicht des elektrischen Leiters einen Einfluss auf die Erzeugung des magnetischen Feldes haben, werden diese Querschnittsflächen (AFolie und ALack) in der Berechnung des elektrischen Füllfaktors kel nicht berücksichtigt. Gleichungen (2-5) und (2-6) stellen eine vereinfachte Form der in [21] vorgestellten Definitionen des mechanischen kmech und elektrischen kel Füllfaktors dar. kmech = AL,ges + ALack ANut - AFolie ∙ 100 % (2-5) kel = AL,ges ANut ∙ 100 % (2-6) Der mechanische Kupferfüllfaktor bietet eine Möglichkeit zur Bewertung der Güte von Wickel- strategien, die in Kapitel 2.1.3 beschrieben werden. So unterscheiden sich die „Wilde“ und die „Orthozyklische“ Wicklung sowie die „Lagenwicklung“ dadurch, dass die Wicklungslagen in ei- ner unterschiedlichen Packungsdichte aufeinander platziert werden, siehe Bild 2-4 b). Die „Wilde“ Wicklung weist geringere Prozessanforderungen bezüglich der Positionierung einzelner Leiter in der Nut auf und führt daher zu relativ geringen Nutfüllgraden. Die exakte Positionierung der Drähte innerhalb der verfügbaren Nutfläche bei der „Orthozyklischen“ Wicklung und bei der „La- genwicklung“ erfordert eine hohe Präzision der entsprechenden Wickelwerkzeuge und kann dadurch auch einen Einfluss auf die Wickelleistung der Anlage zur Folge haben. Zudem besteht eine weitere Möglichkeit zur Steigerung der Füllfaktoren darin, Profildrähte an Stelle von Rund- drähten zu verwenden. Daraus resultieren allerdings zusätzliche Herausforderungen in der Pro- zesskette, zum Beispiel erhöht ein Profildraht die Anforderungen an den Prozess zum Formen des Wickelkopfes signifikant [12]. Grundsätzlich legt die DIN EN 60317 [22] die Lieferbedingungen von Wickeldrähten mit verschiedener Geometrie und Beschichtung fest. Neben den Ohm’schen Verlusten kommt es bei höherfrequenten Wechselströmen zum sogenannten Stromverdrängungs- effekt (engl.: skin effect) [3]. Die bewegten Elektronen befinden sich hierbei in Abhängigkeit von der Frequenz zunehmend in den äußeren Bereichen des Leiters und verursachen demnach eine verringerte Ausnutzung des zu Verfügung stehenden Leiterquerschnitts. Einfluss hat ebenfalls der Nachbarschafts-Effekt (engl.: proximity effect). Dieser ist begründet in der gegenseitigen Beein- flussung von benachbarten Spulendrähten oder Streuflüssen von Magnetfeldern, die Wirbelströme und damit zusätzliche elektrische Widerstände erzeugen. Die Einflüsse dieser Effekte auf die Ef- fizienz und Leistungsdichte der Statoren elektrischer Maschinen sind Gegenstand aktueller For- schungsarbeiten [23–25]. 2.1.2.2 Magnetfeldschwächung im Statorkern Die Güte der Führung eines externen Magnetfelds zwischen der Wicklung und Statorspitze BStat (im Motorbetrieb 3-4, siehe Bild 2-3) hängt von der verwendeten Materialzusammensetzung des 16 2 Stand der Technik Statorkerns ab. Das Verhalten eines Werkstoffs innerhalb eines Magnetfelds wird u. a. beschrieben durch dessen relative magnetische Permeabilität μr [26]. Dieser Kennwert kennzeichnet die Fähig- keit einer Ausrichtung der magnetischen Momente der Atome im inneren der Materie und ermög- licht damit eine Kategorisierung von Materialien in diamagnetisch (μr < 1), neutral (μr = 1), para- magnetisch (μr > 1) sowie, ferri- oder ferromagnetisch (μr >> 1) [27]. In ferromagnetischen Mate- rialien lassen sich sogenannte Weiss’sche Bezirke mit geordneten, parallelen Elementarmagneten identifizieren, die durch Bloch-Wände voneinander getrennt sind. Beim Anlegen eines externen Magnetfeldes übertragen sich die Magnetisierungen benachbarter Atome in der Weise aufeinan- der, dass sich Weiss’sche Bezirke zusammenschließen bis hin zur magnetischen Sättigung des Materials. Bild 2-5 stellt diesen Vorgang schematisch dar. Bild 2-5 zeigt außerdem die Hysterese- kurve, die genutzt wird, um die Abhängigkeit zwischen der magnetischen Flussdichte B, dem ver- wendeten ferromagnetischen Werkstoff und der externen magnetischen Feldstärke H darzustellen. Wird das externe Magnetfeld entfernt, bleibt in ferromagnetischen Werkstoffen die Remanenz- magnetisierung BR bestehen. Bild 2-5: Verhalten von ferromagnetischen Werkstoffen bei externer Magnetisierung H in An- lehnung an [14] 0 1 2 E x te rn e M a g n e ti s ie ru n g H 0 1 2 -HC B R H B hartmagnetisch weichmagnetisch Weiss’sche Bezirke Bloch-Wände 2 Stand der Technik 17 Bei einer entgegengesetzten Magnetisierung muss diese Remanenzmagnetisierung BR überwun- den werden, dazu wird die werkstoffabhängige Koerzitivfeldstärke HC benötigt. Ferromagnetische Werkstoffe werden anhand ihrer Koerzitivfeldstärke in hart- und weichmagnetisch eingestuft und begründen damit Verluste, die bei einer Ummagnetisierung auftreten. Die Hystereseverluste hän- gen ab von der Koerzitivfeldstärke Hc, der Induktionsamplitude B̂ und der Frequenz f. Die in [26] angegebene Gleichung für die Leistungsdichte wurde um das Volumen des im magnetischen Fluss befindlichen Werkstoffs V erweitert, um die tatsächlichen Hystereseverluste mit Gleichung (2-7) berechnen zu können. PH = 2 ∙ HC ∙ B ̂∙ f ∙ V (2-7) Aufgrund der hohen Anzahl an Ummagnetisierungsvorgängen eignen sich weichmagnetische Ma- terialien mit einer geringen Koerzitivfeldstärke besonders für Statoren permanenterregter elektri- scher Maschinen. Neben den Hystereseverlusten entstehen bei der Ummagnetisierung im Eisenkern auch elektrische Verluste. Ein zeitlich veränderliches Magnetfeld induziert Spannungen, die in elektrisch leitfähi- gen Materialien zu Wirbelströmen senkrecht zur Magnetflussrichtung führen. Die lamellierte Aus- führung des Eisenkerns ermöglicht eine Isolierung einzelner Schichten zueinander und verhindert dadurch die Ausbreitung großer energiereicher Wirbelströme. Die Wirbelstromverluste hängen ab von der Lamellendicke d, dem spezifischen elektrischen Widerstand ρe, der Induktionsamplitu- de B̂, der Frequenz f und der Werkstoffdichte ρ. Die in [28] angegebene Gleichung für die ge- wichtsbezogene Leistung wurde um die Masse des betrachteten Werkstoffs m erweitert, um in Gleichung (2-8) die tatsächlichen Wirbelstromverluste PW zu erhalten. PW = (π ∙ f ∙ s0 ∙ B̂) 2 6 ∙ ρ e ∙ ρ ∙m (2-8) Da beide sogenannten Eisenverluste (Hysterese- und Wirbelstromverluste) abhängig von der Fre- quenz f sind, ist es möglich, dass die gleiche elektrische Maschine im niedrigen Drehzahlbereich überwiegend Ohm’sche Verluste und im hohen Drehzahlbereich überwiegend Eisenverluste auf- weist. Die Kühlkonzepte des Stators müssen darauf abgestimmt sein. In DIN EN 10106 sind die Anforderungen bezüglich magnetischer und geometrischer Eigenschaf- ten von sogenannten nicht-kornorientierten Elektroblechen genormt [29]. Ebenso sind die Materi- albezeichnungen des Kernmaterials festgehalten. Die Bezeichnung von Elektroblechen, z. B. M800-50A, ist gemäß DIN EN 10027-1 genormt [30]. Der erste Buchstabe M kennzeichnet den Werkstoff als Elektroband oder -blech. Die darauffolgende dreistellige Ziffer quantifiziert die höchstzulässigen Ummagnetisierungsverluste. Die Nenndicke des Blechs wird durch die Zahl 18 2 Stand der Technik hinter dem Bindestrich festgelegt. Der abschließende Buchstabe A kennzeichnet den Werkstoff als nichtkornorientiertes Elektroblech. Diese Materialkennzeichnung entspricht nach DIN EN 10027-2 der Materialnummer 1.0816 [31]. Insgesamt zeichnen sich diese durch hohe Si- liziumgehalte von bis zu 5 Massen-% aus [28]. Für Anwendungen in der Automobilindustrie lie- gen die Materialdicken üblicherweise zwischen 0,2 und 1,0 mm [1]. In der Herstellung wird der Kohlenstoffanteil der Elektrobleche daher auf 20-30 ppm begrenzt, um die magnetischen Eigen- schaften möglichst hoch zu halten [28]. Nach [32, 33] führt das Einbringen von Aluminium zu einer signifikanten Steigerung des spezifischen Widerstands, was in eine geringere Wirbelstrom- ausbildung resultiert. Die Verwendung von Silizium oder Aluminium als Legierungselemente be- günstigen die Grobkornbildung und haben damit einen positiven Einfluss auf die Reduktion der Koerzitivfeldstärke HC und damit der Hystereseverluste. Nach [27] tritt der positive Effekt bezüg- lich der Korngröße ab einer Siliziumkonzentration von 2,2 Massen-% ein und wird durch eine Zunahme der Korngröße durch vermehrt auftretende Wirbelstromverluste bei Korngrößen von 160 µm begrenzt. Gleichzeitig steigt der spezifische Widerstand des Werkstoffs mit einer Zu- nahme der Legierungselemente, sodass ein geeigneter Kompromiss für den entsprechenden An- wendungsfall gefunden werden muss. Zusätzlich zur Zusammensetzung der Schmelze zeigen die nachfolgenden Bearbeitungsschritte Warmumformen, Kaltumformen und Schlussglühen in der Herstellung der Elektrobleche einen signifikanten Einfluss auf die Gefügestruktur und damit auf das magnetische Verhalten [34]. Zur Erzeugung der Lamellengeometrien werden hauptsächlich folgende Verfahren angewendet: Stanzen, Laser- und Wasserstrahlschnitt sowie in Sonderfällen Erodieren. Dabei hat die verfahrensbedingte Schnittkantenbeschaffenheit einen signifikanten Ein- fluss auf die magnetische Leitfähigkeit und muss in der Statorauslegung berücksichtigt werden [35–37]. Beispielsweise kann es aufgrund des Trennverfahrens zu übermäßiger Gratbildung und damit zu ungewollten elektrischen Kurzschlüssen zwischen den Blechen oder zu einer Abnahme der Magnetisierbarkeit durch die entstandenen Gefügeänderungen im Material kommen. Zusätzli- che Einflüsse auf den Magnetfluss in Stator und Rotor aufgrund von Vorgängen zur Erzeugung des Lamellenpakets durch Schweißen, Verbacken [36] oder Stanzpaketieren sowie die Montage- vorgänge beispielsweise Einschrumpfen sind ebenfalls Gegenstand aktueller Forschungsarbeiten. Richtwerte für die Verluste typischer Elektrobleche liegen je nach Blechdicke zwischen 1,0 und 5,8 W/kg bei 50 Hz und 1,5 T [38]. 2.1.2.3 Luftspaltverluste Zur Vermeidung eines Kontakts zwischen dem beweglichen Rotor und dem feststehenden Stator im Betrieb ist ein Luftspalt zwischen den beiden Unterbaugruppen der elektrischen Maschine kon- struktiv vorgesehen. Die Veränderungen des Außendurchmessers des Rotors, welche die 2 Stand der Technik 19 Fliehkräfte im Betrieb und Maßabweichungen in der Fertigung und Montage verursachen, sind bei den konstruktiven Vorgaben des Luftspalts berücksichtigt. Statorseitig sind demnach die Zylind- rizität des Innendurchmessers und die Lagetoleranz des Innendurchmessers bezüglich der An- schlusskonstruktionen relevant. Gemäß DIN EN ISO 1101 [39] beschreibt die Zylindrizität die Mantelflächen zweier koaxialer Zylinder, die den bemaßten Durchmesser einschließen. Diese De- finition umfasst somit die Rundheit (Kreisform) einer zweidimensionalen Geometrie als auch eine Begrenzung der Konizität einer dreidimensionalen Fläche. Das bedeutet, dass jede geometrische Abweichung des Stators bezüglich seines Minimaldurchmessers die Dimension des tatsächlichen Luftspalts zwischen Stator und Rotor vergrößert. Im magnetischen Kreis erweist sich der Luftspalt als besonders relevant, da die magnetische Permeabilität von Luft um einige Zehnerpotenzen ge- ringer ist als die Permeabilität des Stator- und Rotorkerns [9]. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der magnetische Widerstand nahezu vollständig im Luftspalt gebildet wird. Diese Annahme ist nur im magnetisch ungesättigten Bereich gültig. Unter Vernachlässigung der magnetischen Wi- derstände von Stator und Rotor zeigt sich der Zusammenhang zwischen Luftspalt δ und dem er- zeugten Magnetfeld Bδ nach Überwindung des Luftspalts in Gleichung (2-9) [20], wobei N die Windungszahl, I die Stromstärke und μ0 die magnetische Feldkonstante in Luft darstellen. Bδ ≈ μ 0 ∙ N ∙ I δ (2-9) Im Motorbetrieb ist das für den Rotor verfügbare Magnetfeld demnach direkt abhängig von der Dimension des Luftspalts. Im Generatorbetrieb ist das auf den Stator übertragene Magnetfeld di- rekt abhängig vom Luftspalt. Für beide Betriebsarten gilt, dass die erreichbare Leistungsfähigkeit der Maschine steigt, wenn der Luftspalt reduziert wird. Die konstruktive Festlegung des Luftspal- tes ergibt sich aus der inneren Statorkontur und der äußeren Rotorkontur, siehe Bild 2-6. Die Statorkontur mit dem Verlauf ØS,real zeigt eine schematische Schnittdarstellung der inneren Mantelfläche eines Stators. Der Verlauf dieser Mantelfläche weist Rundheitsabweichungen auf, ein Ausgleichskreis nach Gauß mit dem Durchmesser ØS,Gauß lässt sich anhand der Methode der kleinsten Fehlerquadrate ermitteln [40]. Bei der nachfolgenden Bewertung von Statorherstellungs- verfahren wird angenommen, dass die Rotorkontur ØR,ideal eine idealen Zylinderfläche beschreibt. Der mittlere Luftspalt δGauß ergibt sich aus dem Abstand zwischen dem inneren Gaußdurchmesser des Stators ØS,Gauß und dem äußeren Durchmesser des Rotors ØR,ideal und dient zur überschlägigen magnetischen Auslegung der elektrischen Maschine. 20 2 Stand der Technik Bild 2-6: Schematischer Ausschnitt eines ideal zylindrischen Rotors (ØR,ideal), eines Stators mit Rundheitsabweichungen (ØS,real), der resultierenden Luftspaltverteilung δReal(ψ) und der daraus folgenden Bildung eines magnetischen Potenzials zwischen BRot,1(t) und BRot,2(t) in Abhängigkeit von der Zeit t im Rotorvolumen Zusätzlich zur Betrachtung des mittleren Luftspaltes führen Rundheitsabweichungen des Stators in der Produktionspraxis zu weiteren relevanten Effekten des Luftspaltfeldes. Infolge der Rund- heitsabweichungen des Stators ergibt sich ein ungleichmäßiger Luftspalt δReal(ψ), der von der Win- kelkoordinate ψ abhängt. Diese ungleichmäßige Verteilung des Luftspaltes führt zu ungleichmä- ßigen Verteilungen der magnetischen Flussdichte im Luftspaltfeld (BRot,1(t) < BRot,2(t)), die von der Winkelgeschwindigkeit und der relativen Orientierung des Rotors zum Stator abhängen, siehe linke Seite in Bild 2-6. Daraus folgen wechselnde Potenzialunterschiede, welche insbesondere bei nicht-geblechten Rotorkernen zu elektrischen Wirbelströmen und damit zu zusätzlichen Wärme- verlusten führen. Die ungleichmäßige Ausbildung der Luftspaltbreite hat außerdem eine ungleich- mäßige Kraftwirkung zwischen Rotor und Stator zur Folge und erzeugt dadurch periodische Vib- rationen im hörbaren Bereich, deren Frequenzen von der Drehzahl abhängen. Diese Vibrationen sind bei Anwendungen in der Automobilindustrie als relevant einzustufen. 2.1.2.4 Gesamtbetrachtung der Statorverluste Die große Anzahl an Einsatzbereichen und den daraus folgenden Lastprofilen von elektrischen Maschinen lassen eine allgemeingültige Bewertung einzelner Einflussfaktoren der Statormerk- male auf Effizienz und Leistungsdichte der gesamten Synchronmaschine nicht zu. Trotzdem lässt sich analytisch ableiten, welchen Einfluss die Verbesserung eines einzelnen konstruktiven Merk- mals der elektrischen Maschine, z. B. des Füllfaktors bei ansonsten unveränderter Beschaffenheit Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<<< ØR,ideal ØS,real ØS,Gauß δGauß δReal(ψ) ψ z ψ r Statorkontur Rotorkontur Magnetfeldlinie 2 Stand der Technik 21 des Stators, bezogen auf die Leistungsfähigkeit der gesamten elektrischen Maschine aufweist. Das verwendete Verfahren zur Herstellung des Stators bestimmt direkt dessen Merkmale und damit die Eigenschaften der Maschine. Kapitel 2.1.3 widmet sich der Beschreibung von bekannten Wi- ckelverfahren und bewertet diese anhand der bereits aufgeführten Statormerkmale (Nutfüllfaktor, Wickelkopfhöhe, Belastung der Drähte und Rundheit). Zusätzlich werden mögliche Automatisie- rungsgrade und Taktzeiten erörtert. 2.1.3 Wicklungstypen und Herstellungsmethoden von Statoren Aus der Verlustbetrachtung des Stators (Kapitel 2.1.2) lassen sich nach dem Stand der Technik technologische Ziele für die industrielle Statorherstellung ableiten (z. B. hohe Füllfaktoren oder enge Rundheitstoleranzen des Innenmantels des Stators ØS,real, siehe Bild 2-6). Der Grad des Er- reichens dieser Ziele hängt von der gewählten Fertigungsstrategie und deren Umsetzung ab [41]. Diese unternehmensinternen Prozessentscheidungen gehen selbstverständlich auch mit wirtschaft- lichen Aspekten, wie beispielsweise der Taktzeit, der Prozessrobustheit, der Anschaffungskosten der Anlagen und der Halbzeugkosten einher. Dieses Kapitel soll einen Überblick über bekannte Wickelverfahren geben und die Vor- und Nachteile aufzeigen. Die Spulenwickeltechnik lässt sich in das Fügen durch Umformen innerhalb der DIN 8593-5 [42] einordnen. Beginnend bei handge- wickelten Statoren in den Anfängen des Elektromotorenbaus haben sich im Laufe des 20. Jahr- hunderts Wickelverfahren mit gesteigerten Automatisierungsgraden etabliert. Diese werden im Folgenden kurz vorgestellt, bevor sie in Kapitel 2.1.4 hinsichtlich den damit erreichbaren Stator- eigenschaften bewertet werden. Vorab werden zwei grundsätzlich verschiedene Wicklungstypen erläutert, die sowohl den Ablauf als auch die Komplexität des Wickelvorgangs maßgeblich be- stimmen. 2.1.3.1 Konzentrierte und verteilte Wicklungen In der Spulenwickeltechnik für elektrische Maschinen unterscheidet sich die Anordnung der Wick- lungen in konzentrierte und verteilte Wicklungen [12]. Gemäß den Erläuterungen in Kapitel 2.1.1 besteht der Stator aus einem geblechten und genuteten Eisenkern. Bei konzentrierten Wicklungen reicht eine Leiterspule von einer in die nächste Nut und umschließt damit genau einen Statorzahn, siehe Bild 2-7 a). Die einzelnen Spulen enthalten jeweils eine phasenverschobene Bestromung, sodass sich magnetische Nord- und Südpole zeitlich verschoben ausbilden [43]. Die genannten Phasen sind in der Grafik durch Phase A, B und C angedeutet. Der Wickelkopf erstreckt sich bei dieser Bauweise nur von einer Statornut zur benachbarten Statornut und ermöglicht aus diesem Grund ein vergleichsweise geringes Wickelkopfvolumen und ebenfalls geringere Ohm’sche Ver- luste, die aus der geringen Leiterlänge im Wickelkopf folgen [17]. 22 2 Stand der Technik Bei der verteilten Wicklung (siehe Bild 2-7 b) erstreckt sich eine Leiterspule über mehrere Nuten hinweg, dieser Abstand wird Spulenweite genannt. In den Nuten kommt es zu einer Superkom- pensation der verschiedenen Phasen, wodurch ein Statorfeld erzeugt wird, das näher an einem sinusförmigen Feld liegt [43]. Die verteilte Wicklung kann dabei als Wellen- oder Schleifenwick- lungen umgesetzt werden, die sich in der Verschaltung der einzelnen Windungen unterscheiden. Bei Schleifenwicklungen wird das Ende einer Spule mit dem Anfang der benachbarten Spule ver- bunden, sodass ein Versatz zwischen den Spulen von einer Nut entsteht. Bei einer Wellenwicklung wird das Ende einer Spule mit dem Anfang der fortlaufend nächsten Spule verbunden. In dieser Schaltung entspricht der Versatz zwischen zwei Spulen gleicher Phase genau der Spulenweite. Aufgrund des vergleichsweise einfachen Aufbaus der konzentrierten Wicklungen lassen sich diese bereits mit kurzen Wickelköpfen und dadurch mit geringen erreichbaren Strangwiderständen in- dustriell mit hohen Automatisierungsgraden herstellen [17]. Nichtsdestotrotz unterscheiden die beiden Wicklungstypen sich darin, dass konzentrierte Wicklungen trapezförmige und verteilte Wicklungen sinusförmige Signale zur Ansteuerung erfordern [44]. Nach [45] treten in Statoren mit konzentrierten Wicklungen Oberwellen im Luftspaltfeld auf, welche insbesondere bei hohen Frequenzen relevante Eisenverluste, Drehmomentwelligkeit und Vibrationen verursachen. Auch in [46] werden die genannten Nachteile konzentrierter Wicklungen als Begründung für den Trend in Richtung der Verwendung von verteilten Wicklungen für Anwendungen in der Automobilin- dustrie gesehen. Dieser Trend geht allerdings mit Forderungen nach kürzeren Wickelköpfen und höheren Füllfaktoren einher. Bild 2-7: a) Konzentrierte Wicklung; b) Verteilte Wicklung nach [43] Phase A Phase B Phase C Phase A Phase B Phase C a) Konzentrierte Wicklung Statorzähne b) Verteilte Wicklung Statorzähne 2 Stand der Technik 23 2.1.3.2 Linearwickeltechnik Die Linearwickeltechnik beschreibt ein Verfahren zur Herstellung konzentrierter Wicklungen, die erst nach deren Vorkonfektionierung in den Stator oder in den Rotor eingebracht werden. Nach- dem der Draht an einem Anwickelstift des runden oder eckigen Spulenkörpers befestigt und ein- deutig positioniert wurde, wird der Spulenkörper mithilfe des Wickelwerkzeugs gedreht und so mit dem Draht umwickelt [21]. Nach einer Umdrehung verschiebt sich die drahtführende Düse des Drahtes in axialer Richtung des Wickelkörpers, um ein regelmäßiges Aufwickeln zu ermögli- chen, siehe Bild 2-8 a). Vor allem aufgrund der Reduzierung der Taktzeiten durch hohe Drehzah- len von bis 30.000 1/min kommt der Drahtzuführung eine besondere Rolle zu [12]. Die Integration eines Richtrollensatz, Bremsrades und eines Ausgleichsystems ermöglicht eine nahezu konstante Drahtzugspannung, welche eine positionsgenaue Handhabung des Drahtes begünstigt und Störun- gen im Prozessablauf minimiert. Dabei ist die Drahtzugspannung abhängig von der Wickeldreh- zahl und den mechanischen Drahteigenschaften, aber auch von dem zunehmenden Spulenradius und bei eckiger Spulenkörperausführung von der Spulenorientierung. Zur Sicherstellung einer ge- eigneten Drahtzugspannung beschäftigen sich aktuelle Forschungsarbeiten mit neuartigen Draht- bremstechnologien, die beispielsweise piezoelektrische oder elektromagnetische Effekte nut- zen [47]. Außerdem beeinflussen Mechanismen zur Drahtführung die Eignu