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Autor(en): Keil, Thomas
Titel: Die postkoloniale deutsche Literatur in Namibia (1920 - 2000)
Sonstige Titel: The postcolonial German literature in Namibia (1920 - 2000)
Erscheinungsdatum: 2003
Dokumentart: Dissertation
URI: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:93-opus-14958
http://elib.uni-stuttgart.de/handle/11682/5247
http://dx.doi.org/10.18419/opus-5230
Zusammenfassung: Die Entstehung außereuropäischer Literaturen, die sich europäischer Sprachen bedienen, begründet sich in der Etablierung europäischer Auswanderergruppen auf anderen Kontinenten, wobei diese Auswanderung meist in Zusammenhang mit der kolonialen Expansion der Europäer steht. Auch die deutsche Sprache hat die Grenzen Europas überschreiten können und sich auf anderen Kontinenten verbreitet – wenn auch in vergleichsweise bescheideneren Maßen als andere westeuropäische Sprachen. Allerdings muß in diesem Zusammenhang beachtet werden, daß die deutsche Sprache in keinem außereuropäischen Land den Rang einer Staats- und Amtssprache einnimmt; deutschsprachige Literatur außerhalb Europas steht immer neben der vorherrschenden Sprache und Nationalliteratur des jeweiligen Gastlandes und ist die Literatur einer Minderheit. Man spricht hier von den sogenannten deutschsprachigen Auslandsliteraturen. Darüber hinaus war und ist in den klassischen Einwandererländern fast immer ein Assimilierungsdruck wirksam, der eine Eingliederung in die neue Gesellschaft zumeist nur unter Preisgabe der bisherigen sprachlichen und kulturellen Identität zuläßt. Entscheidend ist daher, wie bestimmend das deutsche Element in dem Einwanderungsland auftreten konnte, damit die Voraussetzungen zu einer beständigen sprachlichen und kulturellen Präsenz gewährleistet sind, um auch eine dauerhafte literarische Entfaltung zu ermöglichen. Im Fall der deutschsprachigen Literatur in Namibia sind diese Voraussetzungen erfüllt. Namibia war unter dem Namen Deutsch-Südwestafrika eine von mehreren deutschen Kolonien in der Zeit des Kaiserreichs und ist seit dem Ende des 19. Jahrhunderts das Ziel mehrerer Einwanderungswellen von deutschen Siedlern gewesen, die sich in diesem Teil Afrikas niedergelassen haben. Aber auch die Gegenwart Namibias wird noch von deutscher Kultur und Brauchtumspflege mitbestimmt: Nach wie vor lebt in Namibia eine Gruppe von etwa 20.000 Deutschsprachigen, Nachkommen der deutschen Siedler, die sich selbst lange Zeit als Südwester bezeichneten; seit der Unabhängigkeit Namibias hat sich für diese Volksgruppe der Begriff Namibia-Deutsche eingebürgert. Im Laufe ihrer Geschichte war die deutschstämmige Bevölkerungsgruppe in diesem Land immer um den Erhalt ihrer kulturellen und sprachlichen Eigenart bemüht: Eigene deutsche Schulen und ein umfangreiches Vereinswesen garantierten das Überleben der deutschen Sprache in diesem Teil Afrikas bis zum heutigen Tag. Das findet seinen Ausdruck auch in einer deutschsprachigen Literatur, die in Namibia selbst entsteht und konsumiert wird. Der Begriff Kolonialliteratur scheint dabei kaum angemessen, obwohl die kolonialzeitliche Literatur durchaus noch präsent ist und im gegenwärtigen Literaturleben Namibias eine unübersehbare Rolle spielt. Außerdem ist die Kolonialzeit bis in die Gegenwart hinein als Thema in der Literatur vorhanden. Eher könnte man von einer postkolonialen Literatur sprechen, doch auch dieser Begriff ist unzureichend, denn dann wäre die Kolonialliteratur ausgeklammert, die ja nach wie vor rezipiert wird. Und der Begriff der deutschsprachigen Auslandsliteratur kollidiert sowohl mit den kolonialzeitlichen Titeln als auch mit den aus Deutschland importierten Büchern, deren Inhalt sich zwar mit Namibia verbindet, die aber nicht in Namibia entstanden und produziert wurden. Dabei scheint der allmähliche Ablösungs- und Verselbständigungsprozeß dieser Literatur durch das Faktum der Postkolonialität hervorgerufen zu sein. Literaturgeschichtlich gesehen hieße das, daß sich aus einer vormaligen deutschen Kolonialliteratur eine deutschsprachige Auslandsliteratur entwickelt hat. Dies wäre jedoch eine sehr vereinfachte Deutung der Ereignisse. Tatsächlich handelt es sich um einen dynamischen, überaus komplexen literaturgeschichtlichen Prozeß. Um hier zu einer adäquaten Darstellung zu finden, bedarf es eines Modells, mit dessen Hilfe dieser Ablösungsprozeß anschaulich beschrieben werden kann. Außerdem ist es notwendig, den Begriff der Postkolonialität einer genauen Überprüfung zu unterziehen, um ihn von den Bedeutungsinhalten, wie sie die Anglistik für vergleichbare Literaturphänomene erarbeitet hat, abzulösen. Denn die Postkolonialität aus deutscher Sicht gestaltet sich aufgrund eines anderen Verlaufs der deutschen Kolonialgeschichte auf ganz eigene Weise. Erst anhand dieses Modells wird die eigentümliche Verschränkung von Kolonialliteratur, postkolonialer Literatur und deutschsprachiger Auslandsliteratur ersichtlich.
The emergence of non-European literatures, which avail themselves of European languages, justifies itself in the establishment of European groups of emigrants on other continents, whereby this emigration stands usually in connection with the colonial expansion of the Europeans. In addition, the German language was able to exceed the borders of Europe and to spread on other continents – although compared to the Western European languages – to a smaller extent. It must be noted in this connection however that the German language doesn’t assume the rank of an official language in none of the non-European countries; German literature outside of Europe always stands apart from the prevailing language and national literature of the respective host country and is the literature of a minority. People speak here of the so-called German literature from abroad (deutschsprachige Auslandsliteratur). Beyond that, people felt – almost always – the need to adjust themselves to the new culture in the classical immigration countries. Integration into the new society was permitted almost only by giving up the past linguistic and cultural identity. Therefore it is crucial how determining the German element in the immigration country could arise, so that the conditions for a steady linguistic and cultural operational readiness level are ensured, in order to make a durable literary development possible, as well. In the case of the German literature in Namibia these conditions are fulfilled. Namibia was one of several German colonies in the time of the German Kaiserreich (Empire) and had the name Deutsch-Südwestafrika (German South West Africa). Since the end of the 19th century it had been the goal of several immigration waves of German settlers, who established themselves in this part of Africa. German colonial rule unfolded an immense dominance in this country. In addition, the presence of Namibia is still influenced by German culture and customs: A group of about 20,000 German speakers is still living there. They are descendants of the German settlers in Namibia, who called themselves Südwester (Southwester) for a long time. Since the independence of Namibia the term Namibia-Deutsche (Namibia-Germans) is used for this ethnic group. In the course of their history the German population in this country was always trying to preserve their cultural and linguistic characteristics: German schools and a large amount of clubs (Vereine) and societies guaranteed the survival of the German language in this part of Africa up to today. German literature is also part of this process of preservation, which develops in Namibia and is read there. The term colonial literature seems hardly appropriate, although literature of colonial times is still present and plays an important role in the present literature scene of Namibia. In addition the colonial age is present as topic in literature. One could rather speak of a post-colonial literature, but this term is insufficient as well, because then the colonial literature would be excluded, which is still read. And the term of German literature from abroad collides both with books from colonial times and books imported from Germany, whose contents are connected with Namibia, but which are not written and are not produced in Namibia. The gradual separation process and the process of becoming independent of this literature seems to be caused by Postcolonialism. From a historical point of view one could argue that former German colonial literature developped into German literature from abroad. This however would be a very simplified interpretation of the events. Actually a very dynamic and extremely complex historical process was necessary. In order to find an adequate description, a model is required, with whose assistance this process of separation can be described. In addition it is necessary to submit the term Postcolonialism to an exact examination in order to seperate it from models, which were developped for comparable phenomena in English literature. The Postcolonialism from a German point of view developped in its own way, due to the course of events in German colonial history. Only on the basis of this model, the peculiar cross-setting of colonial literature, postcolonial literature and German literature from abroad becomes evident.
Enthalten in den Sammlungen:09 Philosophisch-historische Fakultät

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