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Autor(en): Rosenthal, Gert
Titel: Zielkonzeptionen und Erfolgsbewertung von Renaturierungsversuchen in nordwestdeutschen Niedermooren anhand vegetationskundlicher und ökologischer Kriterien
Sonstige Titel: Concepts and evaluation of fen restoration projects by means of ecological indicators (Northwest-Germany)
Erscheinungsdatum: 2000
Dokumentart: Habilitation
URI: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:93-opus-25744
http://elib.uni-stuttgart.de/handle/11682/54
http://dx.doi.org/10.18419/opus-37
Zusammenfassung: Naturnahe Niedermoorökosysteme sind in Nordwestdeutschland stark gefährdet. Ursächlich sind die landwirtschaftliche Intensivierung und die Melioration ihrer Standorte. Ein wichtiges, aus übergeordneten Leitbildern der Umweltschonung und Nachhaltigkeit abzuleitendes Ziel ist die Regeneration dieser Moore. Dabei geht es um die Wiederherstellung ihrer Lebensraumfunktion und der Senken- und Speicherfunktion für Nährstoffe und Wasser. Zielprozesse sind die Vernässung, Nährstoffaushagerung, Nutzungsextensivierung, Reinitiierung der Torfbildung und die Rekolonisierung durch Zielpflanzenarten. Dazu werden zwei Zielkonzepte formuliert. Bei Zielkonzept 1 steht der Erhalt und die Entwicklung der Lebensraumfunktion, bei Zielkonzept 2 die Senken- und Speicherfunktion im Vordergrund. Als Leitbild dienen historische und aktuelle, naturnahe (Röhrichte, Großseggenrieder = Zielkonzept 2) und halbnatürliche (Feuchtwiesen, Kleinseggenrieder = Zielkonzept 1) Vegetationstypen, die zu Sukzessionsserien zusammengestellt werden. Es werden überprüfbare Naturschutzqualitätsziele formuliert. Als Zielindikatoren dienen Zielarten, die im Sukzessions- und Standortsgradienten unterschiedlich eingenischt sind. Zur Überprüfung der Renaturierungserfolge bei der Umsetzung der Zielkonzepte werden mehrjährige Versuchserien aus Niedermooren Nordwestdeutschlands und Hollands untersucht und anhand der Zielarten bewertet. Ökologische Standortsanalysen ergänzen die vegetationskundlich-floristische Bewertung. Trotz der (Teil-) Wiederherstellung der Standortsbedingungen sind die vegetationskundlich-floristischen Erfolge nach Versuchslaufzeiten von 5 bis 20 Jahren gering. Am positivsten sind dabei noch die Erfolge, die durch Nährstoffaushagerung erreicht werden. Am effektivsten wirkt dabei die mehrfache Mahd ohne Düngung. Mulchen ist auf Feuchtstandorten und unter den relativ ungünstigen Klimabedingungen Nordwestdeutschlands (z.B. gegenüber Südwestdeutschland) wenig aushagerungseffizient. Die Artenzahlen entwickeln sich negativ. Starke Vernässung und Brache führen zu Artenverlusten. Kritisch sind lange Überstauungen im Frühjahr, in Verbindung mit starker sommerlicher Abtrocknung. Hauptursache für diese ausgeprägte Wechselfeuchtigkeit ist die irreversible Reduzierung der Speicherfähigkeit der Torfe für Wasser. Die Nutzungsintensität darf, abhängig von der Ertragsleistung des Standortes eine bestimmte, minimale Frequenz nicht unterschreiten, da sich sonst hochwüchsige Rhizompflanzenarten durchsetzen, die die Lichtbedingungen für niedrigwüchsige Arten stark limitieren. Im Extremfall führt das Brachfallen von Feuchtgrünland zur Entwicklung von Röhrichten, Großseggenriedern und Hochstaudengesellschaften. Durch die Vernässung der Brachestandorte, ungünstiges Mikroklima und die Dominanz nährstoffkonservativer Arten reduziert sich die Stickstoffmineralisation in Brachen. Dadurch verbessern sich gleichzeitig die Bedingungen für die Torfbildung. Im zweiten Abschnitt werden die biologischen Rahmenbedingungen untersucht, die die Wiederansiedlung von Pflanzenarten bestimmen. Ausdauernde Sprosspopulationen in der Umgebungsvegetation und ausdauernde Samen im Boden ermöglichen eine Überdauerung ungünstiger Wachstumsphasen und können als Regenerationspotential genutzt werden. Die Wiederherstellungserfolge artenreicher Feuchtwiesen werden durch lange Samenausdauern unterstützt. Dabei wirken die Lagerungsbedingungen modifizierend auf die morphologisch-physiologisch vorgegebene Langlebigkeit der Samen: während die Samenbank bei Intensivnutzung innerhalb weniger Jahre verarmt, wird sie bei Brache über Jahrzehnte im Boden konserviert. Entsprechend erfolgreich ist der Versuch, Brachen durch Wiederaufnahme der Mahd in artenreiches Feuchtgrünland zu überführen. Die Fernausbreitung von Pflanzendiasporen im Raum ermöglicht die Überwindung der räumlichen Isolation von potentiellen Spenderpopulationen von Pflanzenarten und den zu regenerierenden Flächen. Entscheidend für den Ausbreitungserfolg ist das Vorhandensein von standortsspezifischen Ausbreitungsagentien. In Feuchtgebieten werden Diasporen in großer Zahl von Überschwemmungen an die für die Keimung und Etablierung geeigneten Feuchtstandorte transportiert. Die Wiederbesiedlung von artenverarmten Flächen wird dadurch stark gefördert. Da in Norddeutschland aber nur noch wenige Überschwemmungsgebiete verblieben sind, ist die tatsächliche Wirksamkeit dieses Ausbreitungsagens stark beschränkt. Alternative Renaturierungsverfahren, die die mangelnde Diasporenausbreitung z.B. durch künstliche Einbringung von Mähgut zu überwinden suchen, werden kritisch diskutiert. Abschließend wird eine Gesamtbewertung der Regenerationschancen unter verschiedenen Optionen und eine Prioritätensetzung vorgenommen. Welcher einzelne Regenerationsprozess am Ende den weiteren Fortgang des Gesamtprozesses limitiert, hängt davon ab, welcher den höchsten Zeitbedarf hat. Die Erkenntnis, dass die Diasporenverfügbarkeit oft der zeitlimitierende Faktor ist, erfordert die unbedingte Erhaltung der biotischen Restpotentiale. Renaturierungsmaßnahmen zur Umsetzung von Zielkonzept 1 sind überall dort sinnvoll, wo der Zielartenpool ausreichend groß ist, um mit Hilfe feuchtgebietstypischer Ausbreitungsvektoren die Wiederbesiedlung potentiell geeigneter Standorte zu ermöglichen. Die Umsetzung von Zielkonzept 2 ist in großflächig intensivierten und meliorierten Gebieten sinnvoll, wo die biotischen Potentiale halbnatürlicher Vegetationstypen fehlen. Die Großflächigkeit von Renaturierungsmaßnahmen fördert landschaftsweite und biotopübergreifende Prozesse, die ihrerseits die Regenerationsbemühungen unterstützen.
Natural and semi-natural fen ecosystems became strongly endangered in NW Germany due to melioration and intensive farming during recent decades. They lost both their habitat function for co-adapted plant species and their retention capacity for nutrients and water. The recovery of these functions is a major concept deduced from environmental policies and is the starting point for the definition of two basic restoration concepts: 1. Restoration of the habitat function and the development of wet grassland and small sedge communities and 2. Restoration of the retention function and the development of tall sedge- and reed-communities. In order to evaluate the success of restoration measures in fen and wet grassland restoration target plant species are identified. Doing this sets of required abiotic conditions are deduced and translated into calibrated mean indicator values for plant communities (Ellenberg et al. 1992). These are arranged in successional series which are expected to occur on fens when restoration measures are realised. Thresholds of mean indicator values are used in order to select “target systems”. In order to select target species the total set of plant species that occur in the successional fen series are reduced using different selection criteria. A further ranking of these target species is based on their different niche breadths and temporal persistence during secondary succession. Six vulnerability classes are established which represent species groups with gradually changing vulnerability for intensification or abandonment respectively. Species with a narrow niche and short persistence during succession are strongly endangered by supposed changes in land management. It is clear from restoration experiments in NW Germany and The Netherlands however that these species are hardly capable of re-establishing during restoration. Higher frequencies in intensive grasslands enhance the re-invasion into recovered grassland swards. Considering this low re-colonisation rate it has to be a priority concept to protect those relic habitats still existing, especially remnants of small sedge-, wet grassland- and stream valley communities. To achieve the goals defined by concept 2 strong rewetting is necessary. Therewith, fen soils which experienced only moderate drainage and land use intensities are at least partly capable of being recovered: the peat pore volume is going to increase, the N-mineralisation decreases and sedge species bearing the potential of accumulating peat layers become dominant. The second part of the paper deals with the biological processes which controls restoration succession, i.e. seed bank activation and propagule dispersal. Results of restoration projects in fens indicate that restoration success is supported by a long term persistent seed bank and efficient (hydrochorous) dispersal by means of inundations, respectively. However, pre-restoration land use intensities strongly modify persistence, density and composition of seed banks: there is a severe impoverishment of the seed bank with intensive land use whereas it is widely preserved with abandonment. Re-establishment of a mowing regime in previously abandoned wet grasslands therefore results in a strong increase of target species numbers within a few years. The re-establishment of target plant species can also be limited by propagule dispersal. In a large wet grassland area (Borgfelder Wümmewiesen, 677 ha) with relatively intact habitat conditions and extensive inundations it was tested whether the re-establishment of grassland species during restoration succession depends on the ability to survive in the soil seed bank, or on long-distance dispersal through inundations. For this purpose species recruitment was recorded in 58 permanent plots over a period of six years. Both processes, long distance dispersal by means of winter floods and a long seed bank persistence contributed significantly to the recruitment rates. Adaptations to hydrochory had a positive effect on recruitment rates and frequencies in the drift line. High recruitment rates of target species in the test area, compared with other grassland areas of a more intensive land use history, emphasise the importance of a big species pool and the spatial interconnection of species-rich (source-) and species-deficient (sink-) habitats. Many target species, however, exhibited low recruitment rates because their ability to disperse in time and space is low. It is concluded that the deficient availability of plant propagules in the regional species pools and the lack of dispersal vectors often is a primary cause of ineffective restoration of concept 1-ecosystems (species-rich wet grasslands). Restoration management for wet grasslands should, therefore, focus on large areas with a short intensification history and remnants of target species populations, which are connected with sink habitats by inundations or other effective dispersal vectors. Concept 2 is proposed to be implemented when there are no potentials for the restoration of plant species diversity are left or when there are other priority reasons to support the development of more natural fens (retention, special faunistic reasons).
Enthalten in den Sammlungen:01 Fakultät Architektur und Stadtplanung

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