Browsing by Author "Bechinger, Clemens (Prof. Dr. )"
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Item Open Access Messung kritischer Casimir-Kräfte mit TIRM(2008) Hertlein, Johann Christopher; Bechinger, Clemens (Prof. Dr. )In dieser Arbeit werden kritische Casimir-Kräfte zwischen einem Kolloidpartikel und einem Substrat in einer binären Flüssigkeitsmischung direkt gemessen. Michael Fisher und Pierre-Gilles de Gennes berechneten 1978, dass die Einschränkung von Fluktuationen einer binären Flüssigkeitsmischung nahe ihrem kritischen Punkt zu einer attraktiven Wechselwirkung zwischen den beschränkenden Oberflächen führt, analog zum Casimir-Effekt in der Quantenelektrodynamik. Von experimenteller Seite her wurden kritische Casimir-Kräfte in unterschiedlichen Systemen beobachtet, z.B. als Ursache einer Filmdickenänderung in Benetzungsfilmen, allerdings wurden sie noch nie direkt gemessen. Zur direkten Messung kritischer Casimir-Kräfte wird in dieser Arbeit eine Methode namens Total Internal Reflection Microscopy, oder kurz TIRM angewendet. TIRM ist in der Lage Kräfte zwischen einem Kolloidpartikel und einem Substrat in einer Flüssigkeit mit einer Empfindlichkeit im Bereich von einigen Femtonewton direkt zu messen. Bei TIRM wird ein Laserstrahl an der Grenzfläche zwischen dem Substrat und der Flüssigkeit, in der das Partikel suspendiert ist, totalreflektiert. Durch die Totalreflektion entsteht ein evaneszentes Lichtfeld, dessen Intensität mit zunehmendem Abstand von der Grenzfläche exponentiell mit einer Eindringtiefe von mehreren hundert Nanometern abnimmt, abhängig von optischen Parametern des Experiments. Ein Kolloidpartikel mit einem von der Flüssigkeit unterschiedlichen Brechungsindex streut Licht aus dem evaneszenten Feld. Die Intensität des gestreuten Lichts hängt vom Abstand zwischen Partikel und Substrat ab. Ist die Abhängigkeit zwischen Streuintensität und Partikel-Substrat-Abstand bekannt, so kann aus einer aufgezeichneten Zeitreihe an Intensitäten die zugehörigen Abstände berechnet werden. Aus diesen Abständen lassen sich rechnerisch das Wechselwirkungpotential und daraus die Kraft zwischen Partikel und Wand in Einheiten der thermischen Energie berechnen. Für die meisten experimentellen Parameter ist der Zusammenhang zwischen Streuintensität des Partikels und dem Partikel-Wand-Abstand eine Exponentialfunktion mit derselben Zerfallskonstante wie das evaneszente Feld. Für einige optische Parameter weisen die mit TIRM bestimmten Wechselwirkungspotentiale Abweichungen von der zu erwartenden Potentialform auf. Im ersten Teil dieser Arbeit, wird die Abhängigkeit dieser Abweichungen von der Eindringtiefe des evaneszenten Felds, dem Partikel-Wand-Abstand sowie der Polarisation des beleuchtenden Lasers untersucht. Mit einem neuen 2-Wellenlängen TIRM Experiments wird ein neues Streumodell für TIRM untersucht und bestätigt. Die gewonnenen neuen Erkenntnisse bezüglich des Streuverhaltens bei TIRM liefern wertvolle Informationen für Experimentatoren bei der Wahl 'sicherer' Parameter, unter denen die angenommene Intensitäts-Abstands-Abhängigkeit gültig ist. Der zweite Teil der Arbeit widmet sich der experimentellen Untersuchung kritischer Casimir-Kräfte mit der TIRM Methode. Im Experiment bilden das Kolloidpartikel und das Substrat die beschränkenden Oberflächen für eine binäre Mischung aus Wasser und 2,6-Lutidin. Für zwei unterschiedliche Kolloidpartikelsorten werden bei der kritischen Komposition attraktive bzw. repulsive Beiträge zu den Wechselwirkungspotentialen beobachtet. Dies ist in guter Übereinstimmung mit theoretischen Vorhersagen, dass kritische Casimir-Kräfte attraktiv oder repulsiv sind, je nachdem ob die benachbarten Oberflächen identische oder unterschiedliche Komponenten der Flüssigkeitsmischung bevorzugen. Ein direkter Vergleich der Potentialbeiträge mit universellen Skalenfunktionen bestimmt mittels Monte-Carlo Simulationen zeigt eine exzellente Übereinstimmung. Abseits der kritischen Komposition beobachtet man eine vollkommen unterschiedliche Wechselwirkung zwischen Partikel und Substrat. Die gemessenen Potentiale zeigen einen Beitrag, der auf Kapillarkondensation zwischen Partikel und Substrat zurückgeführt werden kann, und der sich klar von kritischen Casimir-Kräften unterscheidet. Im letzten Kapitel werden Experimente gezeigt, die die Paarwechselwirkung zwischen Kolloiden auf Grund von kritischen Casimir Kräften demonstrieren. Desweiteren können interessante Effekte in Kolloidsystemen induziert werden, wenn das Substrat nicht homogen belassen, sondern mit einer chemischen Strukturierung versehen wird. Variiert man lokal die Präferenz der Substratoberfläche für eine der Komponenten der binären Mischung, so entsteht ein Muster mit attraktiven und repulsiven Bereichen. Die Reaktion eines Kolloidsystems auf chemisch strukturierte Substrate wird in diesem Kapitel auf unterschiedlichen Längenskalen untersucht. Die in dieser Arbeit erhaltenen Ergebnisse zeigen nicht nur erste direkte Messungen kritischer Casimir-Kräfte, sondern illustrieren dazuhin ihre Anwendbarkeit in Kolloidsystemen.