Browsing by Author "Brunner, Birgit M."
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Item Open Access Untersuchungen zur inneren Struktur von Hydrogelen aus N-Isopropylacrylamid mittels statischer Lichtstreuung(2005) Brunner, Birgit M.; Oppermann, Wilhelm (Prof. Dr.)Hydrogele mit einer unteren kritischen Lösungstemperatur sind in den vergangenen Jahren als intelligente Werkstoffe verstärkt ins Zentrum des Interesses gerückt. Für die Eigenschaften eines Gels ist dessen innerer Aufbau entscheidend, aber aus theoretischer Sicht bisher wenig verstanden. Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Untersuchung solcher temperatursensitiver neutraler Hydrogele mittels statischer Lichtstreuung mit dem Ziel, die Eignung unterschiedlicher Ansätze zur quantitativen Beschreibung der inhomogenen inneren Struktur von Polymernetzwerken kritisch zu prüfen. Die sogenannten klassischen empirischen Ansätze nach P. Debye und A.M. Bueche, A. Guinier oder L.S. Ornstein und F. Zernike basieren alle auf der prinzipiellen Annahme, daß sich die Streuintensität eines Gels R(Gel) additiv aus zwei voneinander unabhängigen Beiträgen zusammensetzt: R(Gel) = R(Lsg.) + R(E). Der rein dynamische Anteil soll dabei durch die Streuintensität einer mäßig konzentrierten Lösung eines zum betrachteten Gel analogen unvernetzten Polymers R(Lsg.) ersetzt werden können. Die Exzeß-Streuung R(E) wird dem ausschließlich statischen Anteil zugeschrieben und kann experimentell durch Differenzbildung der gemessenen Streuintensitäten von Gel und Lösung ermittelt werden. S. Panyukov und Y. Rabin stellten 1996 einen mathematisch aufwendigeren phänomenologischen Ansatz vor, der auf den Ergebnissen einer exakten statistisch-mechanischen Analyse basiert. Die Grundgleichung zur Berechnung des die innere Netzwerkstruktur eines statistisch vernetzten neutralen Gels beschreibenden Strukturfaktors S ist formal genauso aufgebaut wie die klassischen Ansätze: S = G + C (G: thermisch-dynamischer Korrelator, C: statischer Korrelator). Diese Größen können in Streuintensitäten R umgerechnet und so mit experimentell bestimmten Daten verglichen werden. Im Rahmen der PR-Theorie können zudem verschiedene Lösungsmittelbedingungen berücksichtigt werden. Diese ändern sich für die betrachteten Systeme mit der Temperatur. Die untersuchten Hydrogele wurden durch redox-initiierte radikalisch vernetzende Copolymerisation des Monomers N-Isopropylacrylamid mit N,N´-Methylenbisacrylamid als Vernetzer hergestellt. Die Synthese der wäßrigen Lösungen des unvernetzten Polymers erfolgte analog, nur ohne Vernetzer, die Charakterisierung mittels 1H und 13C-NMR-Spektroskopie. Insgesamt wurden drei verschiedene Gel-Lösungs-Systeme im Herstellungszustand betrachtet. Die mechanischen Eigenschaften der Gele wurden durch statische Schubmodulmessungen bestimmt. Die Exzeß-Streuung weist im Widerspruch zu den Vorhersagen der klassischen Ansätze für alle drei Gel-Lösungs-Systeme eine deutliche Temperaturabhängigkeit auf (in Abhängigkeit von den Herstellungsbedingungen). Zudem werden bei der graphischen Auftragung nach den klassischen Auswerteverfahren teilweise nicht die erwarteten Geraden erhalten. Die ermittelten zwei charakteristischen Strukturparameter, die Korrelationslänge und das mittlere Schwankungsquadrat des Brechungsindex, zeigen jedoch bei allen drei Systemen gleiche Tendenzen mit ansteigender Meßtemperatur, wie auch die mittels einer anlogen Auswertung bestimmten Parameter der Polymerlösungen. Die nach der PR-Theorie durchgeführten Berechnungen ergeben bei allen betrachteten Lösungsmittelbedingungen für die Streuintensität fast immer erheblich zu kleine Werte. Die genauen Gründe für diese Abweichungen sind schwer zu fassen. Viel wichtiger ist allerdings die Beobachtung, daß das Streuverhalten bei Erhöhung der Temperatur von den Korrelatoren nicht adäquat wiedergegeben wird. Die Erweiterung anderer Autoren, die neben den beiden extremen Lösungsmittelbedingungen (gut und theta) durch Einführung des Flory-Hugginsschen Wechselwirkungsparameters zusätzlich noch mittlere Lösungsmittelqualitäten berücksichtigen, scheint sehr sinnvoll zu sein. Damit wird die Temperaturabhängigkeit der Streuintensität etwas besser beschrieben. Die durchgeführten Untersuchungen zum Streuverhalten temperatursensitiver Hydrogele deuten darauf hin, daß bei der Exzeß-Streuung wohl noch dynamische Anteile enthalten sind oder eine Kopplung zwischen statischem und dynamischem Teil vorliegt. Gerade im Hinblick auf die Temperaturabhängigkeit der Streuintensität werden sowohl die klassischen empirischen Ansätze als auch die Theorie von S. Panyukov und Y. Rabin den komplexen gegenseitigen Abhängigkeiten innerhalb der Struktur solcher Gele nicht gerecht. Bei der Herleitung der angegebenen Gleichungen werden zu viele zu stark vereinfachende Annahmen gemacht und der Einfluß der Herstellungsbedingungen auf den Aufbau der inneren Struktur (z.B. Netzwerkfehler) wird deutlich unterschätzt. Auch das Verhalten der analogen Polymerlösungen im mäßig konzentrierten Bereich könnte komplizierter sein als gedacht. Der prinzipielle Ansatz in Form einer einfachen Addition zweier voneinander unabhängiger Beiträge muß aufgrund der Ergebnisse dieser Arbeit auf jeden Fall in Frage gestellt werden.