Browsing by Author "Bullinger, Oliver"
Now showing 1 - 1 of 1
- Results Per Page
- Sort Options
Item Open Access Röntgenrefraktionsverfahren für die zerstörungsfreie Charakterisierung nichtmetallischer Werkstoffe : Möglichkeiten und Grenzen(2005) Bullinger, Oliver; Busse, Gerd (Prof. Dr. rer. nat. habil.)Röntgenstrahlen sind insbesondere aufgrund ihrer medizinischen Anwendungen sehr populär. Die als Bilder dargestellten Untersuchungsergebnisse beruhen auf Absorption, die bei Röntgenstrahlung stark von der Ordnungszahl des Prüfobjektes abhängt. Hingegen spielt die Reflexion von Röntgenstrahlen bei Materialuntersuchungen praktisch keine Rolle, weil der Brechungsindex in diesem Wellenlängenbereich etwa 1 ist. Darum sind auch Brechungseffekte kaum ausgeprägt. Die Kleinheit solcher Brechungseffekte ist andererseits eine Herausforderung zum Ausloten, wie gut sich daraus abgeleitete Methoden zur Charakterisierung von Werkstoffen und ihren Fehlern eignen, und wo die Möglichkeiten und Einschränkungen liegen. Dieser Herausforderung hat sich schon vor einem Jahrzehnt die Arbeitsgruppe von Hentschel an der BAM Berlin gestellt, die Brechungseffekte von Röntgenstrahlen an verschiedenen Werkstoffen untersucht hat. In guter Zusammenarbeit mit dieser Arbeitsgruppe wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit eine solche Apparatur aufgebaut. Anschließend wurde die Leistungsfähigkeit dieser am IKP-ZFP neuen Messmöglichkeit an Fragestellungen aus dem Bereich der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung erprobt. In diesem Bereich lag das Ziel der vorliegenden Arbeit. Beim Aufbau einer Anlage für "Röntgenrefraktometrie" liegt die grundlegende Schwierigkeit darin, dass sich der Brechungsindex von Werkstoffen typischerweise nur um 10e-5 von dem der Luft unterscheidet. Die brechungsbedingte Strahlablenkung liegt somit in der Größenordnung nur weniger Bogenminuten, also im Winkelbereich der Kleinwinkelstreuung. Um solche Effekte überhaupt untersuchen zu können, erfolgt die Messung in der Nähe des Hauptstrahls, dessen Ausblendung also erforderlich ist. Trotzdem sind die Zählraten klein und die Messdauer entsprechend groß, so dass die Langzeitstabilität der Anlage eine wichtige Voraussetzung ist. Erst eine sehr stabile Klimatisierung des Röntgenraumes minimiert die thermischen Längenänderungen von Röhrenhaube und Kamera, deren Relativbewegung sonst eine inhomogene Ausleuchtung des Eintrittspaltes verursachen würde. Die Erprobung der Röntgenrefraktometrie erfolgte an Keramik, glasfaserverstärktem Kunststoff und kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff. Letzterer ist aus dem modernen Automobil- und Flugzeugbau nicht mehr wegzudenken. Von Interesse ist hierbei die noch unzulänglich bekannte Schadensevolution im Werkstoff. Darum wurde die Aussagefähigkeit der Röntgenrefraktometrie an CFK untersucht. Am Beispiel mehrerer mit zunehmender Energie geschädigter CFK-Laminate erfolgte eine vergleichende Charakterisierung mit Röntgenrefraktometrie, dynamischer Thermografie und Luftultraschall. Die beiden letzteren sprechen auf Grenzflächen (z.B. Delaminationen oder Faser/Matrix) an, wobei die verschiedenen Faserorientierungen integral erfasst werden. Mit der Röntgenrefraktometrie ist der Impactschaden hingegen für die beiden Faserorientierungen völlig getrennt bestimmbar. Diese Möglichkeit bietet kein anderes zerstörungsfreies Prüfverfahren. In Bezug auf die Resultate ergänzt die Refraktion die Aussagen der anderen Methoden. Bei der Charakterisierung von glasfaserverstärktem Polypropylen war diese neue Möglichkeit, unterschiedliche Orientierungen im Werkstoff zu trennen, für das Versagensverständnis entscheidend: Es zeigten sich nämlich verschieden starke Schädigungen entlang der Faserrichtung und quer dazu. Von den für Vergleichsmessungen eingesetzten ZfP-Verfahren konnte nur wassergekoppelter Ultraschall die Schädigung der Zugstäbe erkennen. Die beiden erwähnten Materialcharakterisierungen nutzen dieses Potential der Röntgenrefraktometrie zur Trennung zweier Faserorientierungen im Werkstoff nur rudimentär aus. Genauere Untersuchungen an Faserrovings zeigten, dass das Refraktionssignal in Abhängigkeit von der Probendrehung um den Primärstrahl als Drehachse einen cos²-Verlauf hat. Das Refraktionssignal zweier sich überlagernder Faserorientierungen ist zwar wieder cos²-förmig, mit Hilfe des Modulationsgrades lässt sich aber zwischen Proben mit nur einer oder zwei Orientierungen unterscheiden. Sogar die Bestimmung des Winkels zwischen den beiden Faserrichtungen ist auf diese Weise möglich. Bei Keramiken erlaubt die Röntgenrefraktometrie die Bestimmung absoluter Größen wie Porenradien und Innere Oberflächendichte. Während die theoretische Herleitung zeigt, dass diese Bestimmung auf jedem Streuwinkel durchgeführt werden kann, gelang dies experimentell erst ab einem Streuwinkel von ca. 3 Bogenminuten. Als Ursache wird die Strahlverschmierung durch den offenen Detektorspalt diskutiert.