Browsing by Author "Herrmann, Steffen R."
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Item Open Access Simulationsmodell zum Wasserabfluss- und Aquaplaning-Verhalten auf Fahrbahnoberflächen(2008) Herrmann, Steffen R.; Ressel, Wolfram (Prof. Dr.-Ing.)Die Verkehrssicherheit wird zum großen Teil durch Geometrie und Textur einer Straße mitbestimmt. Vor allem bei Nässe erhöht sich das Unfallrisiko durch eine schlechtere Griffigkeit zwischen Reifen und Fahrbahn. Fahrbahnunebenheiten, die durch Verkehr (Spurrinnen), Witterung (Frostschäden) oder Abweichungen in der Fertigung entstehen können, beeinträchtigen den Abfluss des Regenwassers zudem. Wenn ein geschlossener Wasserfilm entsteht, kann es zum Aquaplaning, dem Aufschwimmen der Reifen, kommen. Besonders gefährlich ist das Befahren von Verwindungsbereichen. Dies sind Stellen, in denen die Straße von einer Krümmungsrichtung (z.B. Rechtskurve) in die entgegengesetzte Richtung wechselt. Gleichzeitig wechselt die im Regelfall zur Kurveninnenseite gerichtete Querneigung. Hierdurch verlängern sich die Fließwege des Wassers deutlich gegenüber der ansonsten anzutreffenden Situation und führen so zu höheren Wasserfilmen. Verstärkt wird die Situation durch breite, 3- oder mehrstreifige Fahrbahnen, wodurch die versiegelte Fläche und damit die Fließwege weiter erhöht werden. Geringe Längsneigungen oder ein Wannentiefpunkt in einem Verwindungsbereich verlangsamen den Abfluss und vergrößern die Wasserfilmdicken. Für die Neuplanung und zur Kontrolle bestehender entwässerungskritischer Straßenabschnitte wurde das Rechenprogramm PLANUS zur Simulation von Wasserabfluss und Aquaplaning auf Fahrbahnoberflächen entwickelt. Das Programm rechnet mit diskretisierten Oberflächendaten, d.h. sämtliche Informationen zur untersuchten Fahrbahn, wie Höhe, Textureigenschaften, Randbedingungen etc. liegen als Punktwerte für ein Raumgitter vor. Um die Rasterdaten einer Berechnung zugänglich zu machen, wurde das vom Verfasser im Rahmen des F+E-Vorhabens „Aquaplaning und Wasserfilmdicken – Aquaplaning und Verkehrssicherheit in Verwindungsbereichen dreistreifiger Richtungsfahrbahnen; Berechnung der Wasserfilmdicke“ (im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung) entwickelte Simulationsmodell im Funktionsumfang deutlich erweitert. Die Funktionen des erweiterten Modells wurden an einem mit Laservermessung aufgenommenen, 1 km langen Autobahn-Streckenabschnitt aufgezeigt. Anhand der Rasterdaten wurde mit PLANUS eine vollständige Untersuchung von Wasserabfluss und Aquaplaning vorgenommen und Lösungen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit aufgezeigt. Die untersuchten Maßnahmen waren: 1. Vorgabe einer maximal zulässigen Fahrgeschwindigkeit 2. Einbau von Querrinnen in die Fahrbahn. 3. Einfräsen von Rillen in den Belag (Grooving). 4. Änderung der Entwurfsparameter / des Querneigungsbands. Zur Bewertung der Maßnahmen wurden Indikatoren entwickelt, über die die Effektivität einer Maßnahme aus Vorher- und Nachher-Vergleichen nachgewiesen werden kann. Die Lösungen mit „Änderung der Entwurfsparameter“ stellten sich als effektivste Gruppe heraus. Unter ihnen konnte die Schrägverwindung die höchste Effektivität erzielen, gefolgt von der negativen Querneigung und der Verkürzung des zentrischen Verwindungsbereichs von 50 m (Regelfall nach RAS-L 95) auf 25 m Länge. All diese Lösungen gehen jedoch mit fahrdynamischen Nachteilen einher. Die untersuchte Verschiebung der Gradientenlage im Querschnitt bzw. Veränderung der Längsneigung um +/- 1,8% hatte quasi keine Auswirkungen auf den Aquaplaning-Effekt. Eine großflächige Wirkung kann durch Grooving erreicht werden. Das Potenzial ist jedoch durch die schnell erschöpften Aufnahmekapazitäten der Rillen bei starken Regenereignissen (z.B. 1-mal pro Jahr oder seltener) nicht besonders hoch. Gleichzeitig ist aber eine gute Wirksamkeit bei schwächeren, 5- bis 10-mal pro Jahr eintretenden Ereignissen vorhanden. Da bereits solche Regenfälle kritisch in Bezug auf Aquaplaning sind, stellt Grooving eine gut geeignete Ad hoc- bzw. Komplementärmaßnahme dar. Quer zur Fahrbahnachse eingebaute, kastenartige Betonrinnen (Querrinnen) wirken meist in einem kleinen Bereich. Durch die annähernd komplette Aufnahme des zufließenden Wassers sind die Abminderungen im direkten Umfeld der Rinne sehr hoch. Damit können Rinnen (z.B. bei Sanierungen) in einem engeren Bereich die Situation verbessern.Trotz der direkten Entnahme des Wassers von der Oberfläche konnten die Rinnen nicht die großflächige Effektivität erreichen, die mit Änderungen der Entwurfsparameter einhergeht. Um eine ähnlich flächige Wirkung mit Rinnen zu erzielen, müssten in dichten Abständen (ca. 10-15 m) über einen relativ langen Streckenabschnitt (ca. 150 m) Rinnen gesetzt werden, was einen immens hohen Aufwand bedeuten würde. Da Rinnen punktuell sehr effektiv wirken, ist diese Maßnahme als sehr vorteilhaft einzustufen, vorausgesetzt der Einbau der Rinnen erfolgt an der richtigen Position. Diese Position maximaler Wirkung kann von PLANUS durch automatische Optimierungsroutinen gefunden werden.