Browsing by Author "Kamp, Bernhard"
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Item Open Access Beiträge zur Sensorik redox-aktiver Gase(2002) Kamp, Bernhard; Maier, Joachim (Prof. Dr.)## Chemische Diffusion von Sauerstoff in Zinndioxid ## Resistive Taguchi-Sensoren basieren häufig auf dem n-Halbleiter Zinndioxid. Als wichtigste Ursache für Drift dieser Sensoren werden Änderungen der Sauerstoffstöchiometrie des SnO2 angesehen. Diese gehen auf die Sauerstoffausbaureaktion zurück: Oo = Vo°° + 2e' + 1/2 O2 (Oo : reguläres Oxidion, Vo°° : Sauerstoffleerstelle, e' : Leitungselektronen). Der Transport dieser Defekte erfolgt durch chemische Diffusion, welche damit von großer Relevanz für das Drift-Verhalten der Taguchi-Sensoren ist. In dieser Arbeit sollten die Abhängigkeit des chemischen Diffusionskoeffizienten D von der Temperatur, dem Sauerstoff-Partialdruck p(O2), dem Dotiergehalt des Kristalls und der kristallographischen Orientierung untersucht werden. Es wurden an Einkristallen Leitfähigkeits-Relaxationsexperimente durchgeführt. Die beoachtete Sprungantwort war mit drei Relaxationprozessen wesentlich komplizierter als nach dem gängigen Defektmodell erwartet. Zur Identifikation der einzelnen Prozesse wurde die Abhängigkeit der Leitfähigkeitsänderung (bzw. ihrer Abklingzeit) von der p(O2)-Änderung und Probendicke betrachtet. So wurde die anfängliche Änderung einem Oberflächeneffekt und der zweite Vorgang der chemischen Diffusion von Sauerstoff zugeordnet. Die Gesamtänderung der Leitfähigkeit durch den zweiten und dritten Relaxationsvorgang war deutlich größer als nach einfachen defektchemischen Modellen ( p(O2)^(-1/4)-Gesetz ) erwartet. Zusätzlich wurden ESR-Relaxationsexperimente durchgeführt, bei denen nach einem p(O2)-Sprung die Änderung des ESR-Signals eines redox-aktiven Dotierions (Eisen(III) bzw. Mangan(IV) ) verfolgt wurde. Es konnte bestätigt werden, daß der o.g. zweite Vorgang der chemischen Diffusion entspricht. Auch hier wurde ein zusätzlicher langsamerer Vorgang gefunden. Da die ESR-Methode ein über das gesamte Probenvolumen gemitteltes Signal liefert, muß es sich dabei um eine Komplizierung der Defektchemie des Zinndioxids und nicht nur um einen Oberflächeneffekt handeln. Als Erklärung wurde vorgeschlagen, daß durch das Schottky-Gleichgewicht gebildete 4-fach ionisierte Zinnleerstellen in 3-fach ionisierte Zinnleerstellen übergehen und so die Konzentration an Leitungselektronen beeinflussen. Defektchemische Modelle auf Basis dieser Annahme zeigen, daß dies die o.g. Erhöhung der p(O2)-Abhängigkeit der Leitfähigkeit erklären kann. Es wurde keine signifikante Abhängigkeit des chemischen Diffusionskoeffizienten von Dotiergehalt oder Kristallorientierung gefunden. Die Temperaturabhängigkeit des chemischen Diffusionskoeffizienten ließ sich mit der Beziehung D = exp(-3.9±1.8) cm^2 s^-1 exp(-(1.1±0.2)eV / kT ) beschreiben. Interne Redoxreaktionen wie z.B. das Gleichgewicht zwischen Eisen(III) und Eisen(II), können die chemische Diffusion des Sauerstoffs in Oxiden verlangsamen (Trappingeffekt). Mit einem Modell wurde unter Berücksichtigung des Trappings die Abhängigkeit des chemischen Diffusionskoeffizienten von der Elektronenkonzentration berechnet. Dabei wurde das "einfache" Modell der Defektchemie des SnO2 verwendet, in welches nur der Sauerstoff-Ausbau und Trapping an Dotierionen eingingen. Mit einer kombinierten ESR- und Leitfähigkeits-Methode wurden zuvor die benötigten Gleichgewichtskonstanten der relevanten redox-Gleichgewichte bestimmt: Standardwerte der freien Enthalpien (Abstand der Störstellen zum Leitungsband): Eisen(III)/Eisen(II): 0.35eV, Mangan(III)/Mangan(IV): 0.76eV (800°C). Die berechnete deutliche Abhängigkeit des chemischen Diffusionskoeffizienten von der Leitungselektronenkonzentration stand in Widerspruch zu experimentellen Ergebnissen. Auch dies zeigt, daß das "einfache" defektchemische Modell nicht ausreichend ist. Die Abweichungen können wiederum durch die o.g. redox-Aktivität der Zinnleerstellen erklärt werden. Aus der Unabhängigkeit der gemessenen chemischen Diffusionskoeffizienten von der Konzentration an Leitungselektronen und dem Gehalt an redox-aktiven Verunreinigungen läßt sich schließen, daß die in dieser Arbeit ermittelten chemischen Diffusionskoeffizienten die Untergrenze der bei anderen Dotiergehalten möglichen Werte darstellen. Mit der Beziehung t = L^2 / 2D lassen sich daher für Taguchi-Sensoren Mindestwerte für charakteristische Zeiten t von Driftprozessen angeben (L=charakteristische Länge, z.B. der Radius der SnO2-Körner im Sensor). Man muß dafür annehmen, daß die chemische Diffusion des Sauerstoffs geschwindigkeitsbestimmend für den Driftvorgang ist. Jedoch sind die so gefundenen charakteristischen Zeiten wesentlich geringer als in der Literatur angegebene Werte für reale Driftvorgänge an Taguchi-Sensoren. Dies läßt sich dadurch erklären, daß nicht die chemische Diffusion geschwindigkeitsbestimmend für den Sauerstoffaustausch des Sensor-Materials ist, sondern die Oberflächenreaktion, durch die Sauerstoff zwischen der Oberfläche des Materials und der Gasphase ausgetauscht wird. ## Protonenleitende Perowskite als Elektrolyte für amperometrische Stickoxidsensoren ## Im zweiten Teil der Arbeit wurde die Eignung perowskitischer Protonenleiter als Elektrolyt amperometrischer Gassensoren untersucht. Zunächst wurde ein Barium-Calcium-Niobat Ba(Ca0.39Nb0.61)O2.91 (BCN) aufgrund seiner relativ hohen chemischen und mechanischen Stabilität unter verschiedenen Perowskiten ausgewählt. Leitfähigkeitsmessungen ergaben, daß die protonische Leitfähigkeit durch die Korngrenzen stark vermindert wurde (z.B. bei 250°C um einen Faktor 10). Die elektronische Leitfähigkeit wurde jedoch kaum verändert. Die Korngrenzen steigern damit die elektronische Überführungszahl des Materials. Es wurden Polarisationsmessungen in verschiedenen Atmosphären (befeuchtete Argon-Atmosphäre, sowie O2, CO-, NO-, NO2-haltige Atmosphären) durchgeführt. Mit Platin- und Gold-Elektroden auf BCN ließ sich NO2 selektiv reduzieren. Bis ca. 350°C ließ sich eine hohe Selektivität erzielen, die jedoch bei höheren Temperaturen zurückging. In Gegenwart von NO wurde ähnlich wie bei NO2 eine Reduktionsreaktion beobachtet. Als wahrscheinliche Ursache für die Stickoxidselektivität wurde die oberflächliche Zersetzung des BCN unter Bildung von Nitraten angeführt. Es konnte keine detektierbare Umsetzung von CO festgestellt werden. Die starke Querempfindlichkeit gegenüber H2 ist an Platinelektroden ausgeprägter als an Goldelektroden. Problematisch war die Neigung des BCN zur Versprödung und seine Zersetzung zum Erdalkali-Nitrat. Letztere Reaktion schreitet jedoch nach der Bildung einer sehr dünnen Reaktionsschicht (ca. 5-10 Elementarzellen) nur noch sehr langsam voran. Abschließend wird der Einsatz perowskitischer Protonenleiter in Kombination mit einer durch Bildung von Erdalkali-Nitraten erzielten Selektivität der Stickoxidreduktion als ein aussichtsreicher Weg zu einem selektiven und im Aufbau vergleichsweise einfachen amperometrischen Sensor für Stickoxide bewertet. Zur technischen Umsetzung dieses Ziels sind jedoch Elektrolytmaterialen mit verbesserten Eigenschaften gegenüber BCN notwendig. Wichtig sind dabei vor allem eine höhere chemische und mechanischen Stabilität sowie geringere elektronische Leitfähigkeiten.