Browsing by Author "Karthaus, Carsten Alexander"
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Item Open Access Methode zur Rückführung von Erprobungswissen in die Produktentwicklung am Beispiel Fahrzeugtriebstrang(Stuttgart : Institut für Konstruktionstechnik und Technisches Design, 2020) Karthaus, Carsten Alexander; Binz, Hansgeorg (Prof. Dr.-Ing.)Die vorliegende Arbeit beruht auf der Haupthypothese, dass durch einen Methodenbaukasten mit Wissensmanagementmethoden und situativer Methodenauswahl die Rückführung von Erprobungswissen in der industriellen Praxis praxisnah, effektiver und effizienter als bisher gestaltet werden kann. Die Vorgehensweise richtet sich an der Design Research Methodology von Blessing und Chakrabarti aus. Ausgehend von den Forschungsfragen wurden im Stand der Technik die wesentlichen Wissensgebiete „Wissensmanagement“, „Methodische Produktentwicklung“ und „Fahrzeugantriebsstrangentwicklung und Versuchsmethodik“ untersucht. Das Wissensgebiet der „Rückführung von Erprobungswissen in die Produktentwicklung“ ist - zumindest nach dem aktuellen Stand der Forschung und Technik - in der Literatur nicht systematisch und umfassend untersucht. Zudem zeigte sich, dass aufgrund der Interdisziplinarität der Wissensgebiete unterschiedliche Begriffe und Verständnisse vorlagen. Aufgrund der unterschiedlichen praktischen Herangehensweisen mit unterschiedlichen Zielsetzungen und Hintergründen wurden in Kapitel 3 für den Rahmen dieser Arbeit die Begrifflichkeiten „Versuch“, „Test“, „Erprobung“, „Prüfung“ usw. definiert und klassifiziert. Die zentralen Begriffe „Erprobung“, „Erprobungsmethodik“ und „Erprobungswissen“ sind in der Arbeit beschrieben; dazu gehören Definitionen grundlegender Art, die in dieser Weise in der Literatur nicht vorhanden waren. Dabei wurde erläutert, welche Arten und Typen von Wissen während der Erprobung entstehen. Wissensarten und Wissenstypen des Erprobungswissens lassen sich anhand des Erprobungsprozesses strukturierend zuordnen. Die aufgestellten Modelle zur Wissenserzeugung (siehe Kapitel 3.2) in der Erprobung konnten durch Erfahrungen und empirische Untersuchungen bestätigt werden. Die weitere Untersuchung des Erprobungswissens als aus der Erprobung entstehendes Wissen fokussierte sich auf die Ermittlung von Ist-Eigenschaften und Fehlern als zentralen Erprobungszielen. Aus der industriellen Praxis gibt es bis dato kaum Publikationen zu Erfahrungen der Industrie mit diesem Thema; daher sollte eine empirische Untersuchung darüber Klarheit schaffen. Deshalb wurden anhand mehrerer empirischer Studien die dort auftretenden Probleme im Umgang mit Erprobungswissen erfasst. Es stellte sich heraus: Die Nutzung des Erprobungswissens ist in vielen Bereichen als nicht effektiv bewertet worden. Verbesserungspotenziale zeigte insbesondere der Umgang mit Wissen aus Fehlern, wobei hier eine kausale Kette zum Unternehmenserfolg besteht. Ergebnis der Untersuchungen ist ein Referenzmodell, das die Einflussgrößen auf eine effektive Nutzung des Erprobungswissens aufzeigt: Festgestellt werden konnte, dass die effektive Nutzung dieses Wissens durch Probleme oder Situationen beeinträchtigt wird. Die Auswirkungen dieser Probleme auf messbare Erfolgsfaktoren und auf unternehmerische Erfolgsfaktoren sind anhand von Schlüsselfaktoren dargestellt. Eine quantitative Untersuchung der messbaren Erfolgsfaktoren wurde beim Evaluationspartner durchgeführt. Die Erfolgsfaktoren Effizienz und Effektivität konnten anhand dieser messbaren Größen dargestellt werden. Die untersuchte Literatur, die festgelegte Begriffswelt sowie die empirischen Untersuchungen schaffen das grundlegende, disziplinübergreifende Verständnis über den Problembereich. Ausgehend von diesen Untersuchungen wurden die Anforderungen an eine Methode zur Rückführung von Erprobungswissen, ein Ansatz für einen Rückführungsprozess, ein Methodenbaukasten zur Unterstützung dieses Rückführungsprozesses und ein Prozess zur Implementierung und Evaluation dieser Methoden in einem Unternehmen entwickelt. Einzelne Ansätze einer generischen Versuchs- oder Erprobungsmethodik in diesem Wissensgebiet sind in der Literatur zwar vorhanden, der Konkretisierungsgrad dieser Methoden ist aber meist gering; größtenteils werden Prozessschritte nur auf abstrakter Ebene dargestellt. Insbesondere die Entwicklung des Methodenbaukastens ist von zentraler Bedeutung für diese Arbeit. Die Bausteine der Methode zur Rückführung von Erprobungswissen stellen die in dieser Arbeit entwickelte Unterstützung dar, um methodisch die aktuelle Situation zu verbessern. Der Rückführungsprozess selbst ist durch vier wesentliche Prozessschritte („Wissen erzeugen“, „Wissen speichern“, „Wissen verteilen“ und „Wissen nutzen“) realisiert. Die Auswahl der Wissensmanagementmethoden zur Unterstützung des Rückführungsprozesses erfolgt zweistufig über eine situative, praxisnahe Vorauswahl und eine konkrete, objektive Bewertung des Methodeneinsatzes für die jeweilige Situation. Die Unterstützungswerkzeuge, deren Entwicklung und die Einführung der Methoden ins Unternehmen sind gerade bei Methoden des Wissensmanagements von entscheidender Bedeutung. Der praktische Einsatz derartiger Methoden steht und fällt mit der ihrer Unterstützung durch geeignete Werkzeuge: Diese Werkzeuge und vor allem deren Handhabung und Nutzerfreundlichkeit sind entscheidend für die Akzeptanz des Methodeneinsatzes. Die Entwicklung derartiger an die betrieblichen Anforderungen angepasster Tools nimmt bei der Einführung von Methoden und notwendigen Werkzeugen vergleichsweise viel Zeit in Anspruch. Ausgehend von einer Situationsanalyse bei einem Evaluationspartner wurden Methoden anhand des vorgestellten Methodenbaukastens identifiziert und ausgewählt, die eine Verbesserung der Wissensnutzung versprachen. Die Umsetzung, Anpassung, Werkzeugentwicklung und die Einführung ins Unternehmen erfolgten im Anschluss anhand der vorgeschlagenen Prozesse. Für die Verankerung und erfolgreiche Implementierung der Wissensmanagementmethoden im Unternehmen ist ein transparenter Prozess zur Integration der Methoden in Unternehmensabläufe, inklusive Evaluation und kontinuierlicher Verbesserung, vorhanden. Evaluation und kontinuierliche Verbesserung führen zu quantitativen Aussagen und tatsächlichen, messbaren Verbesserungen. Der Erfolg, die Anwendung und die Unterstützung durch die Methode wurden auf unterschiedliche Arten evaluiert. Die Erfolgsevaluation des Methodeneinsatzes erfolgte pilothaft an einem Dauerlaufprüfstand der Automobilindustrie über mehrere Monate. Die Effektivität und die Effizienz dieser Erprobung und der Rückführung von Erprobungswissen konnten durch den Einsatz von WM-Methoden gesteigert werden. Durch die Anwendung der entwickelten Methode wird ein messbarer Erfolg für die Rückführung von Erprobungswissen hinsichtlich Effektivität und Effizienz erzielt, also eine verbesserte Situation erreicht. Die Ergebnisse wurden mit allgemein anerkannten wissenschaftlichen Kriterien kritisch reflektiert. Darüber hinaus unterstützt der Methodeneinsatz den Evaluationspartner bei der Erreichung seiner Ziele im Speziellen durch einen höheren Produktreifegrad und geringere Stillstandzeiten und damit eine höhere Auslastung sowie insgesamt höhere Laufzeiten der Prüfstände. Folglich ergeben sich bei gleichbleibender Laufleistung (und Dauer zum Abfahren dieser Laufleistung) der Prüflinge kürzere einzuplanende Erprobungsdauern. Mit dem frühzeitigen Erkennen, Dokumentieren und Abstellen der Fehler ergibt sich ein höherer Reifegrad der Produkte am Ende einer Erprobung. Mit planbar kürzeren Erprobungsdauern und einem höheren Produktreifegradzuwachs innerhalb eines Entwicklungszykluses oder einer -charge ist langfristig eine Optimierung des Erprobungsportfolios verbunden. Das Resultat sind reduzierte Gesamtentwicklungszeiten, also eine Verkürzung der „Time to Market“ des Produkts. Die Arbeit dient dazu, ein Verständnis für einen neuen Problembereich zu entwickeln, der bis dato in dieser Zusammensetzung der Wissensgebiete wenig untersucht wurde. Zugleich wurde eine Methode zur Unterstützung und Verbesserung der Rückführung von Erprobungswissen erarbeitet. Die analytischen und synthetischen Forschungsfragen konnten durch die gezeigten Untersuchungen, Ergebnisse und deren Diskussion beantwortet und die Hypothesen dieser Arbeit einmalig positiv bestätigt werden.