Browsing by Author "Schulz, Philipp"
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Item Open Access Die Darstellung der "gothic novel" in Geschichten der englischen Literatur(2008) Schulz, Philipp; Göbel, Walter (Prof. Dr.)Die gothic novel ist eine Gattung, die seit Beginn der 1980er Jahre eingehend von der Forschung untersucht wird. All diese Monographien und Aufsätze zur Gattung haben jedoch nur eine recht begrenzte Leserschaft. Eine deutlich größere Leserschaft bezieht ihr Bild der Gattung aus Geschichten der englischen Literatur, die wegen ihres Überblicks- und Einführungscharakters beliebt sind. Vorliegende Arbeit untersucht diese Literaturgeschichten und ihr breitenwirksames Bild (bzw. Bilder) der Gattung - dabei werden jedoch auch Literaturgeschichten aus der Zeit vor 1980 beachtet (genauer: seit ca. 1850), waren sie doch stets einflussreich. Betrachtet werden verschiedenste Aspekte der Gattungsdarstellung: Gattungsbe-zeichnungen, das Gattungskorpus, die der Gattung zugewiesenen Merkmale, narrative oder literaturhistoriographische Möglichkeiten der Gattungskonstruktion, die Bewertung der Gattung, die literaturgeschichtliche Kontextualisierung der Gattung, die Behandlung wichtiger Themen der Gattungsforschung. Hierbei werden hauptsächlich englische Literaturgeschichten aus Großbritannien untersucht. Ausschließlich in einem letzten Kapitel werden zum Vergleich englische Literaturgeschichten aus den USA und aus Deutschland betrachtet. Bei den Gattungsbezeichnungen zeigt sich, dass bis in die 1960er Jahre der Begriff Terror dominiert, danach der Begriff gothic. Beim Gattungskorpus orientieren sich Literaturgeschichten an literaturhistoriographischen Vorgängerwerken. Daher werden trotz der vielen gothic novelists (des 18. und frühen 19. Jahrhunderts, auf die sich die Arbeit beschränkt) meist dieselben wenigen thematisiert. Die dominierenden Merkmale der Gattung sind Terror, Übernatürlichkeit und Mittelalterbezug. Da die Gattung über die Merkmale oft nur schemenhaft etabliert wird, postulieren manche Literaturgeschichten ein Imitationsverhältnis zwischen dem Gattungsbegründer Horace Walpole und späteren gothic novelists und produzieren erst so eine (übertrieben) homogene und scharf abgegrenzte Gattung. Bei der Bewertung der Gattung zeigt sich eine starke Aufwertung der Gattung im 20. Jahrhundert, insofern als sie wesentlich intensiver besprochen wird als im 19. Jahrhundert. Ein Wandel von ästhetischen Negativ- zu ästhetischen Positivwertungen findet jedoch nicht statt. Die Kontextualisierung der Gattung geschieht vor allem über den Epochenkontext der Romantik und über den Gattungskontext der novel. Bei ersterem zeigt sich, dass die Gattung in neueren Literaturgeschichten nicht mehr wie zuvor als defizitärer Vertreter der Romantik betrachtet wird. Bei letzterem zeigt sich die Gattung häufig als innovatives Moment in der Geschichte der novel. Drei Perspektiven auf die Gattung, die in der Gattungsforschung häufig auftreten, sind: die historische, die psychologische und die feministische oder gender-theoretisch inspirierte. Für die historische Perspektive lässt sich in der Literaturgeschichtsschreibung feststellen, dass nostalgische und eskapistische Deutungen der Gattung häufiger auftreten als vergangenheitskritische. Psychologische Deutungen der Gattung sind in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts detaillierter und vielfältiger geworden. Feministische und gender-theoretisch inspirierte Ansätze finden in den letzten Jahrzehnten langsam und ansatzweise Eingang in die Literaturgeschichten. Der Vergleich der englischen Literaturgeschichten aus Großbritannien mit denen aus den USA und aus Deutschland fördert wesentliche Übereinstimmungen (z.B. beim Gattungskorpus und bei den Gattungsmerkmalen) wie wesentliche Differenzen zutage (z.B. geringere Aufwertung der Gattung in den USA und verspätete in Deutschland).