Browsing by Author "Seifert, Alexander"
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Item Open Access Cytochrom P450-Monooxygenasen : Modellierung, Datenbankanalyse und experimentelle Charakterisierung neuer Enzymvarianten(2008) Seifert, Alexander; Pleiss, Jürgen (Prof. Dr.)Die vorliegende Arbeit befasst sich mit Cytochrom P450-Monooxygenasen. Vertreter dieser Enzymsuperfamilie sind aufgrund ihrer Beteiligung am Medikamentenstoffwechsel des Menschen, sowie ihrer Fähigkeit eine Vielzahl chemischer Verbindungen stereo- und regioselektiv zu oxidieren Gegenstand intensiver Forschung. Die genaue Vorhersage des von P450-Monooxygenasen verursachten Medikamentenstoffwechsels ist von großer Bedeutung für die Entwicklung neuer Wirksubstanzen. Weiterhin sind einige Vertreter dieser Enzymsuperfamilie für biotechnologische Anwendungen interessant. Aufgrund ihrer hohen Aktivität gegenüber verschiedenen Substraten, einem breiten Substratspektrum und relativer Prozessstabilität erweisen sich dabei Varianten der bakteriellen P450-Monooxygenase CYP102A1 (P450 BM-3) als besonders vielversprechend. Für die effiziente Anwendung von P450-Monooxygenasen ist jedoch häufig die Verbesserung bestimmter biochemischer Eigenschaften, wie der Regio-, Stereo- und Chemoselektivität unerlässlich. Eine wichtige Voraussetzung für die gezielte Verbesserung dieser Eigenschaften sowie für genaue Vorhersagen des von P450-Monooxygenasen verursachten Medikamentenstoffwechsels ist das Verständnis der molekularen Grundlagen von Aktivität, Spezifität und Selektivität. Der erste Teil der vorliegenden Arbeit widmet sich daher der Untersuchung von Substrat-Enzym-Wechselwirkungen von Cytochrom P450-Monooxygenasen zur Identifizierung von selektivitätsbestimmenden Regionen. Hierzu wurde beispielhaft die Dynamik des CYP2C9-Warfarin-Komplexes mittels multipler molekulardynamischer Simulationen untersucht. Die Simulationsexperimente zeigten stark bewegliche Strukturelemente, welche die Bildung von Kanälen von der Proteinoberfläche ins Innere bewirken. Diese Kanäle ermöglichen den Austausch von Substraten und Produkten zwischen der Proteinumgebung und dem aktiven Zentrum. Die Beweglichkeit dieser Strukturelemente erlaubt darüber hinaus die Adaption des Enzyms an Substrate verschiedener Größe und Form. Die Regioselektivität wiederum wird durch einen engen trichterförmigen Hämzugangskanal kontrolliert, welcher vom starren Proteinkern gebildet wird. Dieser gewährt nur den Teilen des Substratmoleküls, die durch den Trichter passen, einen Zugang zum aktivierten Häm-Sauerstoff. Aminosäuren, die den Hämzugangskanal bilden, sind folglich von großer Bedeutung für die Orientierung des Substrats in der Nähe des Häms. Diese Erkenntnis führte zur Vorhersage von Aminosäuren mit starkem Einfluss auf die Regioselektivität in CYP2C9. Daraufhin wurden verschiedene P450-Monooxygenasen in dem für die Kontrolle der Regioselektivität wichtigen Bereich verglichen. Wegen ihrer direkten Nachbarschaft zu dem in der Sequenz und in der Struktur hoch konservierten ExxR-Motiv wurde die Region um die Substraterkennungsstelle 5 (SRS-5) für eine systematische Analyse von 31 Kristallstrukturen und über 6300 Sequenzen ausgewählt. Die Ergebnisse dieser Analyse zeigten, dass P450-Monooxygenasen in dieser Region in Sequenz und Struktur variabel sind. Es wurde eine positiv geladene mit der Hämgruppe interagierende Aminosäure am C-terminalen Ende der SRS-5 Region in 29 Strukturen sowie in 97,7% aller Sequenzen identifiziert. Die Konformation der Region ist abhängig von der Position dieser Aminosäure nach dem konservierten ExxR-Motiv. Dabei zeigte sich, dass P450-Monooxygenasen hinsichtlich der Position dieser positiv geladenen Aminosäuren klassifiziert werden können. Die beobachteten Konformationen unterscheiden sich auch hinsichtlich der Position von zum Hämzentrum ausgerichteten Aminosäuren. Diese Aminosäuren beeinflussen die Orientierung von Substraten in der Nähe der Hämgruppe und haben damit einen starken Einfluss auf die Spezifität und Selektivität. Mit Hilfe der hier aufgeklärten Sequenz-Struktur-Funktionsbeziehungen können solche Aminosäuren ausschließlich anhand der Proteinsequenz ohne Kenntnis der Proteinstruktur identifiziert werden. Dies erlaubte das Aufstellen von Regeln zur einfachen Identifizierung zweier Positionen mit großem Einfluss auf Spezifität und Selektivität nur anhand von Sequenzinformationen. Die Prädiktivität dieser Regeln wurde mit Hilfe experimenteller Literaturdaten bestätigt. Im letzten Teil der Arbeit wurden die bis dahin gewonnenen Erkenntnisse genutzt, um neue Varianten der für biotechnologische Prozesse vielversprechenden bakteriellen P450-Monooxygenase CYP102A1 zu generieren. Ziel war es hierbei die Regio, Stereo- und Chemoselektivität des Enzyms gegenüber verschiedenen Substraten zu erhöhen, sowie das Produktspektrum zu verändern. Zu diesem Zweck wurde eine Bibliothek von CYP102A1-Varianten erstellt, welche Mutationen in nur zwei Positionen aufweisen. Eine dieser Positionen wurde im Rahmen dieser Arbeit als hotspot für Selektivität und Spezifität identifiziert und kann in der Sequenz fast aller P450-Monooxygenasen lokalisiert werden. Die zweite Position wurde in vorangegangen Arbeiten als hotspot für Selektivität und Spezifität in CYP102A1 identifiziert. Durch Kombination von 5 hydrophoben Aminosäuren in beiden hotspot Positionen wurde eine Mutantenbibliothek minimaler Größe bestehend aus 24 Einfach- und Doppelmutanten generiert. Ziel war es dabei, kooperative Effekte von Mutationen in beiden hotspot Positionen zu induzieren, welche aufgrund der räumlichen Nähe beider Positionen erwartet wurden. Diese Mutantenbibliothek wurde mit vier Terpenen ((4R)-Limonen, (+)-Valencen, Nerylaceton und Geranylaceton) unterschiedlicher Größe und Form durchmustert. Nach der Entwicklung einer umfassenden Analytik zur Identifizierung der gebildeten Oxidationsprodukte konnte gezeigt werden, dass 11 Enzymvarianten ein verändertes Produktspektrum und/oder verbesserte Regio- und Stereoselektivität aufweisen. Zu den gebildeten Oxidationsprodukten gehört der wertvolle Aromastoff (+)-Nootkaton. Weiterhin werden hier erstmalig CYP102A1-Varianten vorgestellt, welche bevorzugt die 11- und 12-Hydroxyprodukte von Geranyl- und Nerylaceton produzieren. Dabei handelt es sich um wertvolle Ausgangsstoffe für die Synthese von Naturstoffen. Es zeigte sich, dass kooperative Effekte von Mutationen in beiden hotspots entscheidend für die Erhöhung der Selektivität von CYP102A1 gegenüber den sperrigeren Substraten (+)-Valencen und (4R)-Limonen sind.