Browsing by Author "Utz, Stefan Tobias"
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Item Open Access Thermische Ermüdung in Kraftwerkskomponenten : experimentelle und numerische Untersuchungen(2015) Utz, Stefan Tobias; Roos, Eberhard (Prof. Dr.-Ing. habil.)Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Mechanismen der Rissentstehung unter thermischer Wechselbelastung bis ~300 °C am austenitischen Werkstoff X6CrNiNb18-10 (1.4550) untersucht. Hierfür wurden intensive experimentelle und numerische Forschungs- und Entwicklungsarbeiten an der Materialprüfungsanstalt (MPA) Universität Stuttgart durchgeführt. Die Entwicklung einer optimalen Probengeometrie (Kalottenprobe) und eines dazugehörigen Prüfstands war die Grundlage umfassender experimenteller Untersuchungen, wodurch definierte und reproduzierbare Beanspruchungszustände realisiert werden konnten. Zusätzlich ermöglichte der neue Prüfstand eine gezielte Modifikation der Temperaturamplitude und der Temperaturwechselfrequenz. Mit den neu entwickelten Kalottenproben wurden thermische Wechselversuche im Temperaturbereich von ~150 °C bis ~300 °C durchgeführt. Neben einer kontinuierlichen Temperaturmessung mithilfe von zwei Pyrometern im Zentrum der Kalottenprobe wurde auch die räumliche und zeitliche Temperaturverteilung auf der Oberfläche der Kalottenproben zu bestimmten Zeitpunkten mit einer Thermokamera dokumentiert und analysiert. Zusätzlich zur Temperaturmessung wurden auch die Verformungen und Dehnungen der Kalottenprobe während der thermischen Wechselversuche mit dem Messsystem ARAMIS zu bestimmten Zeitpunkten gemessen. Die Größe der neu entwickelten Kalottenprobe ermöglichte die zerstörungsfreie Analyse der Oberfläche während gezielter Versuchsunterbrechungen im Rasterelektronenmikroskop (REM), unter dem Lichtmikroskop (LiMi), mit der FIB-Technik sowie die Bestimmung vorhandener Eigenspannungen (XRD). Hierbei wurden insbesondere die beobachteten Gefügeveränderungen an der Oberfläche analysiert. Ausgehend von Intrusionen und Extrusionen konnte die Entstehung von Mikrorissen (Mikrorissinitiierung) nachgewiesen werden. Im weiteren Verlauf der thermischen Belastung wuchsen diese Mikrorisse sowohl in die Tiefe als auch entlang der Oberfläche, bis ein dominanter Makroriss letztlich zum Versagen der Kalottenprobe, d. h. zum Durchriss im Kalottenzentrum, führte. Die experimentellen thermischen Wechselversuche wurden mithilfe von 3D-Finite-Elemente-Simulationen numerisch berechnet und analysiert. Im Rahmen von aufwändigen und umfangreichen Untersuchungen mit dem FE-Programm ABAQUS und unter Zuhilfenahme von benutzerdefinierten Unterprogrammen konnte das reale Verhalten der Kalottenprobe numerisch abgebildet werden. Für die numerische Beschreibung des Werkstoffverhaltens wurde ein anisothermes, plastisches Materialmodell auf Basis eines Chaboche-Modells mit kinematischer und isotroper Verfestigung verwendet. Die Abschätzung und Bewertung der Lebensdauer erfolgte für einen repräsentativen thermischen Zyklus im eingeschwungenen Zustand. Hierbei wurde zunächst mithilfe der regelwerksbasierten Vorgehensweise nach ASME-BPVC und FKM-Richtlinie diejenige Stelle der Kalottenprobe identifiziert, die als kritisch hinsichtlich Schädigung zu sehen ist. Die Lebensdauer wurde dort anschließend mit verschiedenen fortschrittlichen Schädigungsparametern bestimmt. Hierfür war es erforderlich, im Vorfeld entsprechende Lebensdauer- bzw. Schädigungsparameter an einachsigen Schwingversuchen bzw. einachsigen numerischen Modellen zu ermitteln. Neben energiedichtebasierten Ansätzen kamen auch spannungs- und dehnungsbasierte Ansätze zum Einsatz. Hinsichtlich der Vorhersagegenauigkeit zeigte sich kein einheitliches Bild, denn die berechnete Lebensdauer wurde im Vergleich zur experimentell ermittelten Lebensdauer der Kalottenprobe unter thermischer Wechselbelastung teilweise unterschätzt, teilweise aber auch überschätzt. Dies führte neben einer konservativen Bewertung durch die Schubspannungsintensitätshypothese (SIH) auch zu einer nichtkonservativen Bewertung der Lebensdauer durch die energiedichtebasierten Ansätze nach Smith, Watson und Topper (SWT) sowie Gupta-Fesich (GF). Der dehnungsbasierte Ansatz nach Fatemi und Socie (FS) zeigte insgesamt die beste Übereinstimmung von vorhergesagter und realer Lebensdauer. Die durchgeführten Untersuchungen liefern somit einen wertvollen Beitrag zum besseren Verständnis der Wechselwirkung zwischen Gefüge und Ermüdungsprozessen unter thermischer Wechselbelastung.