Browsing by Author "Weber, Hannes"
Now showing 1 - 1 of 1
- Results Per Page
- Sort Options
Item Open Access Der Einfluss des kontextuellen Einwandereranteils auf den Integrationserfolg von Migranten und Einstellungen zur Zuwanderung in Westeuropa(2015) Weber, Hannes; Fuchs, Dieter (Prof. Dr.)Zuwanderung ist von wachsender quantitativer Bedeutung für die demographische Zusammensetzung der Staaten Westeuropas. Zwei in Forschung und öffentlichen Debatten umstrittene Fragen sind, wie sich die Höhe des kontextuellen Zuwandereranteils auf (1) die Integration von Migranten und (2) Einstellungen zur Zuwanderung in der übrigen Bevölkerung auswirkt. Studien hierzu kamen bislang zu widersprüchlichen Ergebnissen unter Verwendung verschiedener Analyseebenen (national, regional, lokal). Teilweise könnten diese Unstimmigkeiten auf das in angrenzenden Forschungsdisziplinen bekannte „modifiable areal unit problem“ zurückgeführt werden. In dieser Arbeit sollen die beiden genannten Fragestellungen unter Berücksichtigung dieses Problems untersucht werden, indem Befragungsdaten aus der European Values Study mit Makrodaten aus 15 westeuropäischen Staaten und drei regionalen Analyseebenen (N = 70, 207 bzw. 624) verknüpft werden. In einem explorativen Kapitel wird zunächst die regionale Variation des Zuwandereranteils, dessen Determinanten sowie wahrscheinliche zukünftige Entwicklung beleuchtet. Anschließend wird ein theoretisches Modell vorgestellt, das die drei Variablen von Interesse (Zuwandereranteil, Integrationserfolg und perzipierte Gruppenbedrohung) in einen Zusammenhang stellt und Hypothesen über nationale und regionale Kontexteffekte des Migrantenanteils formuliert. Dabei wird angenommen, dass der Integrationserfolg mit dem regionalen Zuwandereranteil aufgrund geringerer Möglichkeiten zum Erlernen kultureller Praktiken der Aufnahmegesellschaft abnimmt. Zur Erklärung der Einstellungen gegenüber Zuwanderung werden zwei divergierende Hypothesen aufgestellt: Ein hoher nationale Migrantenanteil steigert diesen zufolge das Bedrohungsgefühl in der Bevölkerung über die mediale Dissemination dieser Zahlen, während auf regionaler Ebene Kontakt- und Gewöhnungseffekte den Annahmen zufolge einen entgegengesetzten Einfluss auswirken. Den Ergebnissen zufolge ist ein hoher regionaler Zuwandereranteil nicht mit allen Dimensionen des Integrationserfolgs negativ assoziiert. Dies trifft zwar auf Ehen zwischen Migranten und Einheimischen zu, die in Gegenden mit vielen Zuwanderern signifikant seltener werden. Komplexer ist der Zusammenhang dagegen etwa bei der Arbeitsmarktbeteiligung: Diese ist unter Migranten am geringsten, wenn sie in Regionen mit sehr wenig anderen Zuwanderern leben, am höchsten dagegen bei geringem bis mäßig hohem Migrantenanteil. Die Auswirkungen von Zuwanderung auf Einstellungen zur Migration sind wie erwartet zweigeteilt: Während der nationale Migrantenanteil positiv mit der perzipierten Gruppenbedrohung zusammenhängt, ist auf regionaler Ebene das Gegenteil der Fall. Hohe Zuwanderungsraten können demnach zu einer negativen Wahrnehmung der Konsequenzen der Migration führen, aber in der Regel offenbar nicht in den Regionen, in denen sich die meisten Zuzügler niederlassen. Dieses scheinbar paradoxe Ergebnis kann zum Verständnis dessen beitragen, warum die bisherige Forschung widersprüchliche Ergebnisse hervorgebracht hat. Integrationserfolg und Gruppenbedrohungsgefühl sind dagegen in den vorliegenden Daten größtenteils unkorreliert. Ein methodisches Ergebnis der Arbeit ist, dass die Effektstärken und Signifikanzwerte aller untersuchten regionalen Zusammenhänge mit der regionalen Aggregationsebene (NUTS-1, 2 oder 3) variieren. Dies legt nahe, dass Forschung auf diesem sowie verwandten Gebieten mehr Wert auf die Definition regionaler Kontexteinheiten und die Begründung deren Adäquanz legen sollte. Die Arbeit schließt mit Vorschlägen darüber, wie weiterer Erkenntnisfortschritt in diesem umstrittenen Forschungsfeld erlangt werden kann.