Browsing by Author "Wolf, Marc-Andree"
Now showing 1 - 1 of 1
- Results Per Page
- Sort Options
Item Open Access Die Lebensweg-Vorfallanalyse : Methode zur Quantifizierung der Auswirkungen nicht bestimmungsgemäßer Betriebszustände auf Mensch, Umwelt und Ressourcenverfügbarkeit über den Lebensweg von Produkten(2014) Wolf, Marc-Andree; Eyerer, Peter (Prof. Dr.-Ing.)Status: Quantitative Risikoanalysen (QRA) von Vorfällen einerseits und Produkt-Ökobilanzen andererseits werden bisher in der Praxis isoliert durchgeführt. Zur gezielten Entscheidungsunterstützung hinsichtlich der Relevanz von Vorfallauswirkungen über den Lebensweg von Produkten fehlt bisher eine allgemeine integrierte Methode ebenso wie zum integriert ökobilanziellen und vorfallbezogenen Vergleich von Produkten oder Technologien. Bisherige Arbeiten zur Integration beziehen lediglich bestimmte Arten von Vorfällen ein (z. B. Feuer während der Produktnutzung) oder nur bestimmte Auswirkungen (z. B. ausschließlich Todesopfer). Neben Unfällen werden in den entsprechenden Arbeiten andere Vorfälle nicht oder nur untergeordnet einbezogen. Zudem ist für eine Reihe methodischer Fragen bisher kein systematisches Vorgehen oder keine Formalisierung vorgestellt worden, einschließlich für die grundlegende Frage der systematischen, qualitativen und quantitativen Zuordnung von Vorfallauswirkungen zu den vorfallbeteiligten Prozessen und Produkten. Zielgruppe: Die Zielgruppe der hier vorgestellten neuen Methode der Lebensweg-Vorfallanalyse (LVA) sind einerseits Ökobilanz-Praktiker, die Wirkungen auf Mensch und Umwelt aus nicht bestimmungsgemäßen Betriebszuständen (d. h. Vorfällen) umfassend und systematisch in ihre Analysen einbeziehen möchten. Andererseits sind dies Sicherheitsbeauftragte – bei Sabotage und terroristischen Bedrohungen auch Gefahrenabwehrbeauftragte genannt – und Qualitätsmanager, die die Auswirkungen von Vorfällen über den Lebensweg von Produkten erfassen und analysieren wollen. Methodik: Die Methode der Lebensweg-Vorfallanalyse (LVA) bringt bestehende Lösungen zusammen, passt diese an und stellt neue methodische Lösungen vor, die wichtige Lücken schließen. Die LVA nutzt dabei die modellierten Eintrittshäufigkeiten aus Fehlerbaumanalysen (FBA) und Ereignisablaufanalysen (EEA), die Vorfallausmaßinformationen aus QRA-Studien sowie Informationen aus Vorfallstatistiken und aus historischen Vorfällen. Die vorfallbedingten Inventare werden hierzu auf der Ebene des Sachinventars analog zur [Norm DIN EN ISO 14040:2009-11] und [Norm DIN EN ISO 14044:2006-10] der Ökobilanzierung erfasst und mit weiteren vorfallspezifischen Informationen in Einheitsvorfällen inventarisiert. In der Vorfallinventarisierung werden zusätzlich zu den – auch in der Ökobilanzierung üblichen – Interventionen umweltrelevanter und humantoxischer Emissionen sowie dem Verbrauch von natürlichen Ressourcen auch direkte Schädigungen von Menschen (insbesondere Tod, Verletzung und vorfallbedingte Berufskrankheiten) erfasst. Direkte Schädigungen von Menschen treten während bestimmungsgemäßer Betriebszustände definitionsgemäß nicht auf und werden bisher in der Ökobilanzierung nicht oder nur rudimentär erfasst. Die Vorfallauswirkungen werden in der LVA in Vorfallsystemen modelliert, die über Ereignisse in zentralen Einheitsvorfällen an die Module der Produktlebenswegmodelle quantitativ angebunden und skaliert werden. Zusätzlich zu den direkten Vorfallauswirkungen werden die Auswirkungen vorfallbedingter indirekter Vorfallfolgeaktivitäten erfasst, z. B. Vorfallbekämpfungsmaßnahmen, Evakuierungen, Aufräumung und Sanierung, Wiederherstellung zerstörter Güter usw. Die LVA erlaubt es – analog und konsistent zur Ökobilanzierung – an die Inventarisierung eine Wirkanalyse, Normierung und Gewichtung der Inventarergebnisse und vergleichende Auswertung anzuschließen. Methodisch wichtige Entwicklungen dieser Arbeit sind: • Definition qualitativer Zuordnungsregeln von Vorfällen zu Prozessen und Produkten und damit zu den (Prozess-)Modulen im Lebensweg. • Allgemeingültige Formalisierung der quantitativen Zuordnung der Vorfallauswirkungen und deren Skalierung bezogen auf die quantitativen Referenzen der vorfallbeteiligten Module. Dies beinhaltet methodische Lösungen zur quantitativen Zuordnung o unter Berücksichtigung produkteigenschaftsbedingter Auswirkungen, o bei unterschiedlicher Granularität von Vorfall und Modul, o bei Nutzung sowohl detaillierter QRA Ergebnisse als auch aggregierter Vorfalldaten und -statistiken und zudem o differenziert je nach Zielsetzung der LVA-Studie. • Adressierung der Frage der Modellierung von Vorfällen in „attributional“ und „consequential“ Studien. • Methodische Erweiterung und Kombination bestehender Lösungen zur LVA-Methodik für die Erfassung der Interventionen und direkten Personenschäden sowie deren Auswirkungen auf Mensch, Natur und Ressourcenverfügbarkeit aus nicht bestimmungsgemäßen Betriebszuständen über den Lebensweg beliebiger Prozesse und Produkte. Neben Unfällen können absichtlich herbeigeführte Vorfälle aufgrund von Terrorismus, Sabotage und anderer krimineller Akte sowie Selbstmord konsistent erfasst werden. In zwei Anwendungsbeispielen wird die Praktikabilität der Methode einschließlich Fragen der Datenerhebung und -schätzung erprobt und diskutiert. Ausblick: Wesentliche offene Punkte sind die breitere Erprobung der LVA einschließlich des Verbesserungspotenzial-Ansatzes als Methodenvariante, der Verwendung der vorgeschlagenen zusätzlichen Skalierungsfaktoren bei der Übertragung von Vorfalldaten auf ähnliche Prozesse und Produkte, die methodische Detailausarbeitung für die Erfassung von Ausschussproduktion und letztlich die Entwicklung von LVA-unterstützenden Vorfalldatenbanken und Softwarewerkzeugen.