09 Philosophisch-historische Fakultät
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Item Open Access Das Ich in der autobiographischen Prosa von Marie Luise Kaschnitz(2003) Huber-Sauter, Petra; Thomé, Horst (Prof. Dr.)Ich sage "ich". Sage ich wirklich "ich", wenn ich "ich" sage? Sprechen vielleicht andere Ichs aus mir? Verstecke ich mein Ich in anderen Pronomina? Meine ich mich selbst, wenn ich "du", "ihr" oder "wir" sage? Inwieweit ist mein Ich beteiligt, wenn ich mich in objektiven Formen ausspreche wie "er", "sie", "es"? Dient das unpersönliche "man" dazu, Ich-Aussagen implizit anzubringen? Wie also sage ich "ich"? Diesen Fragen wird in der Dissertation über das Ich in der "Autobiographischen Prosa" bei Marie Luise Kaschnitz, die sich selbstkritisch als "Ichsagerin" und "ewige Autobiographin" bezeichnet hat, nachgegangen. Kaschnitz möchte zum Ausdruck bringen, dass ihr Gesamtwerk - das Lyrik, Romane, Biographien, Essays, Hörspiele umfasst - autobiographisch geprägt ist. Vor allem gilt das für ihre Autobiographische Prosa. Sie hat sie selbst so bezeichnet, um den autobiographischen Charakter besonders zum Ausdruck zu bringen. Dieser Teil ihres Gesamtwerkes besteht aus sieben, sehr unterschiedlichen Werken, die in ihre spätere Schaffensperiode fallen. Sie war schon älter als fünfzig Jahre und konnte daher auf mehrere Jahrzehnte ihres Lebens zurückblicken. Jedes dieser Werke lässt sich als eine eigene Autobiographie betrachten, allerdings nicht in der Form kontinuierlicher Lebensbeschreibungen, sondern in gebrochenen, fragmentarischen Darstellungen, deren Ende offen bleibt, wie es dem fragmentarischen Charakter von Erinnerungen entspricht. Allein die Werke der Autobiographischen Prosa weisen die Autorin als bedeutende Autobiographin des 20. Jahrhunderts aus, die von sich selbst sagt: "Ich bin so alt wie das Jahrhundert." Bei ihrem autobiographischen Schreiben handelt es sich um ein komplexes Geschehen, in das die Autorin und das von ihr gestaltete autobiographische Ich involviert ist und die Positionen immer wieder wechselt. Daraus resultiert die Unsicherheit des Ich. Die Ich-Gestaltung bei Marie Luise Kaschnitz bildet mit einer Fülle von Varianten und Variablen die Zentralstruktur der Autobiographischen Prosa und spiegelt damit menschliches Leben schlechthin. Es wird die Auseinandersetzung des Ich mit sich selbst, den Mitmenschen und der Welt, in der sie alle leben, dargestellt. Da in den autobiographischen Werken authentische Erlebnisse und Erfahrungen der Autorin verarbeitet sind, liegt es nahe, sie mit dem autobiographischen Ich gleichzusetzen. Doch sie stellt sich dieses Ich gegenüber als ein Ich, über das sie schreibt wie über ein Objekt. Die Grundstruktur autobiographischen Schreibens, die Identität von Subjekt und Objekt, kommt bei ihr besonders deutlich zum Ausdruck. Gerade ihre Werke werfen die Frage auf: Kann man das so einfach sagen, dass Subjekt und Objekt in der Autobiographie identisch sind? Marie Luise Kaschnitz vermittelt Einblicke in den vielschichtigen Prozess, die sich in einem unbegrenzten Artikulationsraum zwischen Subjekt und Objekt, zwischen Autorin und autobiographischem Ich abspielen. Die Vergangenheit wird durch das Erinnern in die Gegenwart transponiert, verarbeitet und auf Zukunft hin ausgerichtet. In diesem Artikulationsraum bewegt sich das autobiographische Ich mit einer Fülle von Präsentationsmöglichkeiten und dokumentiert so den autobiographischen Charakter der Werke. Die Subjekt-Objekt-Beziehung führt zu komplizierten und komplexen Konstellationen, die mit einer reichen Palette literarischer Mittel ausgeführt sind. Die Erfahrung von Wirklichkeit aus persönlicher Sicht führt zu einer eigenen Form von Realitätsdarstellung. Trotzdem sind es keine Abbilder von Realität, sondern diese Schilderungen erhalten durch sprachliche und inhaltliche Bezüge eine Vertiefung hin zum Transrealen, ohne den Realitätscharakter zu verlieren. Dem Leser wird ein mehrdimensionaler Blick auf und in die Wirklichkeit gegeben. Diese Art der Wirklichkeitsdarstellung zieht sich durch alle Werke der Autobiographischen Prosa. Diese Konzentration auf Wesentliches wird erreicht mit dem Mittel der Phantasie, dem die Autorin einen hohen Stellenwert einräumt. Immer wieder andere Wirklichkeitsebenen werden durch Phantasie erschlossen und ihr Bedeutungshorizont vertieft und geweitet. Die erweiterte, offene Betrachtung von Realität verleiht dieser einen eigenen Wert und eine eigene Bedeutung, in die das Ich einbezogen ist und ihr zugleich gegenübersteht. In den Schilderungen selbst wird immer neu die Frage nach Veränderung, Verwandlung und Wandlung gestellt und die offene Zukunft angesprochen, für die der Mensch Verantwortung trägt.Item Open Access Die Chinatowns in Paris und in London des 20. und 21. Jahrhunderts : Analyse und Vergleich repräsentativer Beispiele in Europa(2019) Liu, Yue; Krüger, Reinhard (Prof. Dr.)Diese Dissertation befasst sich mit einer vergleichende Analyse der beiden europaweit wichtigsten chinesischen Gemeinschaften und repräsentativsten Chinatowns in Paris und London hinsichtlich ihrer historischen, wirtschaftlichen, soziologischen und medienwissenschaftlichen Aspekte. Unter Berücksichtigung der verschiedenen Migrations- und Integrationspolitik der Ankunftsländer bezieht sich diese komparative Analyse, genauer gesagt, auf die chinesische Migrationsgeschichte um ihre sozio-ökonomische Lebenssituation vor Ort, Eingliederung in den Arbeitsmarkt, soziale Beziehung und Netzwerke, Ortsbindung und Heimatsgefühle sowie Erfahrung vom politischen Engagement. Die Ergebnisse der Analysen zeigen weiterhin drei Modelle der Chinatowns als Musterbeispiele Europas, erstens: die Chinatown vornehmlich mit wirtschaftlicher Konzentration, zweitens: die komplexe Chinatown mit gemeinschaftlicher, kultureller, wirtschaftlicher und sozialer Funktion und drittens: die Chinatown nach amerikanischem Stil als Konsum- und Vergnügungsort sowie Touristenattraktion.Item Open Access Traces et identité au Maghreb(2015) Lazhar, Mohamed; Krüger, Reinhard (Prof. Dr.)Traces et identité au Maghreb est une recherche qui s’inscrit dans le cadre du rapport dialectique existant entre l’homme et la matière. Un rapport qui émane d’une relation fort complexe entre état de culture et de nature. C’est une étude doublement dichotomique : archéologique/ethnographique concernant les traces matérielles humaines, et aussi anthropologique/sociologique concernant les spécificités culturelles et identitaires. Elle traite des objets archéologiques, architecturaux, urbains et muséaux ainsi que des expressions linguistiques qui constituent le reflet des idéaux et des valeurs identitaires humaines. Le champ choisi pour cette étude consiste dans un espace géographique, culturel, politique, historique et anthropologique très riche : le Maghreb. Par ce terme, nous entendons, particulièrement dans ce travail, les trois pays de l’ancienne « île du couchant »: le Maroc, l’Algérie et la Tunisie. Le but final de cette étude sur ces pays du Maghreb consiste à en saisir leur identité qui a une histoire longue et des racines plusieurs fois millénaires. Nous nous procurerons une vue d’ensemble sur une identité qui se reflète dans un ensemble de traits intellectuels, spirituels, affectifs et de produits matériels et immatériels qui servent à l’identifier, à l’authentifier et à l’affirmer.Item Open Access "Gli Sogni e Raggionamenti" di Giovan Paolo Lomazzo ovvero l’idea di una nuova maniera letteraria(2018) Simion, Paula Oana; Maag, Georg (Prof. Dr.)Die vorliegende Promotionsarbeit mit dem Titel "Gli Sogni e Raggionamenti" des Giovan Paolo Lomazzo oder die Idee einer neuen literarischen Manier widmet sich der Untersuchung eines Prosawerks des mailändischen Kunsttheoretikers Giovan Paolo Lomazzo (26.04.1538, Mailand - 7.01.1592, ebd.). Die Rede ist von Gli Sogni e Raggionamenti composti da Giovan Paulo Lomazzo millanese, con le figure de spiriti che gli raccontano da egli dessignate, einer in vieler Hinsicht hintergründigen literarischen Schrift, die um 1563 in der Form eines Dialogs verfasst und bis ins 20. Jahrhundert unbekannt und unveröffentlicht blieb. Die Erstpublikation des Werkes erfolgte in den Jahren 1973 bis 1975. Giovan Paolo Lomazzo, der Autor der Gli Sogni, war Maler, Kunsttheoretiker, Literat und, nicht zuletzt, Präsident auf Lebenszeit der Mailänder Accademia della Vale di Blenio. Lomazzo ist vor allem für seine Kunsttraktate bekannt, die zwischen 1584 und 1591 erstmals erschienen sind. Im Gegensatz zu anderen Kunsttheoretikern der Neuzeit wurden seine kunsttheoretischen Überlegungen weit weniger untersucht und thematisiert. Erwähnt wird in diesem Zusammenhang meist sein Begriff der figura serpentinata und seine neue Interpretation des Konzeptes der maniera. Lomazzos literarische Werke weckten jedoch zunächst kein Interesse und blieben weitestgehend unbeachtet. Zu dem unvollendeten Prosawerk Gli Sogni, von dessen Existenz lange Zeit nichts bekannt war, gibt es bis heute keine ausführlichen philologischen Untersuchungen. Es wurde lediglich im Rahmen allgemeiner Studien zum Gesamtwerk Lomazzos gelegentlich in kurzen Beschreibungen erwähnt. Gli Sogni e Raggionamenti ist Lomazzos einziges Werk, von dem sich das Originalmanuskript bis heute erhalten hat. Das Schicksal des Manuskripts ist rätselhaft und es galt lange Zeit als verschollen. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde es von Carlo Dionisotti wiederentdeckt und wird seitdem in London aufbewahrt. Lomazzos Gli Sogni blieb unvollendet und das Manuskript ist in diesem Zusammenhang umso wichtiger, da es wertvolle Vermerke des Autors bezüglich des ursprünglich geplanten Aufbaus enthält. Das Manuskript ist als Ur-Fassung von Lomazzos erstem literarischem Werk zu betrachten, welches ursprünglich aus sechzehn Dialogen bestehen sollte. Jeder dieser Dialoge sollte am Anfang von einer Illustration ergänzt werden und mit je fünfundzwanzig Sonetten abklingen. Die Leserwidmung erfüllt in der Gesamtheit des Werkes eine wirksame pars pro toto-Funktion. Dort sind nicht nur die technischen Informationen über die geplante Rahmenerzählung, sondern auch die wichtigsten Hinweise bezüglich der Lesart des Inhaltes enthalten. Der Prolog beginnt mit der Erklärung der Entstehung des eigenen Prosawerkes. In seinem Arbeitszimmer versucht der Autor nämlich vergeblich, die geeignete Präsentationsform für mehrere Sonette und andere poetische caprizzi zu finden. Die Lösung seines kreativen Problems verdankt er einer phantastischen Offenbarung. Im Traum erscheint ihm die Vision von sechzehn Geistern in einem Palast auf einer namenlosen griechischen Insel. Das Inselgeschehen und die Gespräche der Geister bilden die Erzählebene für die Dialoge der Gli Sogni. Die Geisterwesen sind an bekannte zeitgenösische und antike Personen angelehnt, darunter beispielsweise Paolo Giovio, Leonardo da Vinci, Pythagoras, Pietro Sola, Ariost, Euklid, Giovan Michel Maria Gerbo, Phidias, Cecco de Ascoli und Pietro d’Abano. Dadurch ergibt sich auf der Erzählebene eine Verklammerung unterschiedlichster Räume und Zeitepochen. Erinnerungen, Träume und Begebenheiten aus vergangenen Leben und Zeiten treffen somit in den Dialogen direkt aufeinander. Sowohl im architektonischen als auch im konzeptuellen Sinne entsteht so ein komplexes literarisches Flechtwerk. Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es, Lomazzos Prosawerk Gli Sogni in den Fokus der Literatur- und Kunsttheorieforschung zu rücken. Dabei sollte aber auch ein Beitrag zur Auswertung der opera omnia Lomazzos geleistet werden, welcher von seinen modernen Herausgebern oft als Desiderat formuliert wurde. Durch eine detaillierte und systematische Zerlegung des Texts in seine einzelnen Bestandteile, zeigten sich einzelne Topoi die sich in verschiedenen Formulierungen oder literarischen Konstruktionen wiederholten. Ein Topos ist der wiederkehrende Verweis auf das Diktum ut pictura poësis. Schon in der Leserwidmung wird beispielsweise das kreative Prozedere des Autors beschrieben: Während des Malens überkommt ihn die Inspiration für seine literarischen Kompositionen. Die beiden schöpferischen Akte erfolgen parallel und entstehen unter denselben Umständen und am selben Ort: im Arbeitszimmer des Künstlers. Es geht um einen zutiefst geistigen Prozess, bei dem nicht zwischen Poesie und Malerei unterschieden wird. (1) Außerdem sind in den Dialogen nicht selten Abschnitte zu erkennen, die durch die Fachsprache der Protagonisten geprägt werden, die aus verschiedenen Kultur- und Berufsbereichen stammen. Dazu kommt, dass in Lomazzos Kunstschriften viele Beispiele aus der Dichtung wahrzunehmen sind, die seine kunsttheoretischen Ansätze beleuchten und erklären. Somit kann geschlossen werden, dass der Autor beide Künste ganz bewusst miteinander verbindet und über die bis dahin bekannte ut pictura poesis-Theorie reflektiert. Diese fachsprachlichen Abschnitte im Prosawerk sollen vor allem als Metapher der Vielfalt der Welt verstanden werden, die in der Kunsttheorie unter dem Begriff der varietà diskutiert wird und hier als zweiter Topos in Lomazzos Werk betrachtet wird. (2) Daran schließt sich als dritter Topos die äußerst ausführlichen Verzeichnisse von einzelnen Namen, Begriffen oder Dingen an (3), die regelmäßig im Text wiederkehren und nicht im Detail, dafür aber als Gesamtes von Belang sind. Daraus entwickelte sich die These, dass die Strategie des Zusammenbringens dieser vielfältigen Materie zu einem Ganzen auf die philosophischen, magischen und theologischen Diskurse der Frühen Neuzeit anspielt. Diese betonen die Möglichkeit und die spirituelle Notwendigkeit einer Rückkehr zur Ur-Quelle des Wissens oder zu Gott. In dieser Strategie des Zusammenführens geht es um die reductio der materiellen Vielfalt (varietà) und um das Streben nach einer geistigen Einheit, die Platon als Quelle der Idee bezeichnet hatte. Lomazzo verfährt auch in seiner Kunsttheorie ähnlich: In Übereinstimmung mit der Entwicklung des ästhetischen Denkens seiner Zeit, vollbringt er beispielweise die konzeptuelle Verschmelzung zwischen den Begriffen inventio und dispositio, weil für ihn der kreative Akt als unaufhörliche Produktion der Formen in der Idee (incessante produzione di forme nell’idea ) bereits angelegt ist. Durch diese Verschmelzung wird die schöpferische Aktivität ein Stück weiter vergeistigt und somit auf eine höhere Ebene versetzt. Auf diesen ersten Beobachtungen, die sich als stabiler Ausgangspunkt für eine fundierte Untersuchung des Prosawerkes anboten, baut die ausführliche Analyse der Gli Sogni auf. So standen im Fokus der Untersuchung sowohl Fragen zum wechselseitigen Verhältnis von Kunsttheorie und Literatur als auch zu vielen anderen direkt subordinierten Themenkomplexen. Eine der wichtigsten Aufgaben dieser Arbeit war die genaue Beschreibung der narrativen Textebene und seiner Metadimension. Schließlich wurde das komplexe Korrespondenzsystem, das diese zwei Ebenen verbindet, entschlüsselt und definiert. Um das zu erreichen, wurde erörtert, wie und warum Lomazzo sich der Theologie, der Philosophie, der Rhetorik, und der Kunst der Magie systematisch bediente. Besondere Aufmerksamkeit galt den folgenden Punkten: die Beziehung zwischen Malerei und Dichtung in der Frühen Neuzeit, die Berücksichtigung der Musiktheorie, die frühchristliche Theorie des Seelenzolls oder der Seelenreise, die konzeptuelle Verbindung zwischen dem rhetorischen decorum und dem kunsttheoretischen discrezione und memoria intellettuale, sowie die Verbindung der philosophischen idea und dem magischen mirandorum operator. Auch die Bezüge zu seinen klassischen und frühmodernen literarischen Vorbildern wurden aufgezeigt und da, wo es zielführend war, ausführlich analysiert. Nach dieser philologischen Untersuchung wurden alle Ergebnisse schlussendlich zusammengeführt und es wurde auf die Frage eingegangen, ob Gli Sogni als eine besondere literarische Form betrachtet werden kann oder ob es sich in den traditionellen Kanon der Literatur einfügen lässt. So konnte der Schluss gezogen werden, dass in diesem speziellen Fall der Gli Sogni die Kunsttheorie Form und Inhalt des Textes bestimmt, was dazu führt, dass einzelne Teile zwar als zu wenig literarisch empfunden werden, aber doch in ihrer metaphorischen Bedeutung als stringent und wichtig zu erachten sind. Lomazzo versuchte mit dieser Arbeit die Grenzen der Literatur zu weiten und es gelang ihm mit dieser vielschichtigen Metapher von Materie, die sich in einem mühsamen kreativen Katharsis-Prozess befindet. Das vorliegende Resultat dieser philologischen Annäherung an das Prosawerk Gli Sogni kann allerdings nicht als erschöpfende Untersuchung betrachtet werden. Der vielseitige Duktus Lomazzos’ spekulativen Denkens und seiner literarischen Schrift eröffnet zahlreiche Fragen, die oft über das Gebiet der Kunst- und der Literaturtheorie hinausgehen und somit Gegenstand weiterer interdisziplinärer Forschung sein werden.Item Open Access Die Raumdarstellung im erzählenden Werk um 1900(2011) Lu, Xiaoli; Thomé, Horst (Prof. Dr.)In der Literatur existiert eine eigene Welt, die mit Raum und Zeit verbunden ist. Im 19. Jahrhundert gewinnen beide, Raum und Zeit, an Bedeutung als bewusst eingesetzte Gestaltungselemente. Es bilden sich zwei Grundrichtungen heraus, eine mit dem Erzählgeschehen verknüpfte Semantisierung in der Klassik und in der Romantik und eine betonte Fixierung des Geschehens in der realen Welt durch genaue Zeit- und Ortsangaben im Realismus. Die Semantisierung von Raum und Zeit führt zu einer Bedeutungssteigerung, welche beiden Aspekten der Erzählung eine eigene intentionale Poetizität verleiht, während die realistische Darstellung die Illusion einer faktualen Erzählung erzeugen soll. Lessings Kennzeichnung der Dichtung im Laokoon (1766) als eine zeitliche Kunst im Unterschied zur räumlichen bildenden Kunst bietet eine mögliche Erklärung dafür, dass die Literaturwissenschaft lange Zeit der Analyse der Zeitstruktur eines Werks ein größeres Interesse entgegengebracht hat als der Analyse der Raumstruktur. Trotz zahlreicher Veröffentlichungen zum Thema seit den Arbeiten Hermann Meyers in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts liegt noch keine abschließende Poetik des Raums vor. Besondere Beachtung verdienen Jurij M. Lotmans Raumsemantik in Die Struktur literarischer Texte (1972) und Gerhard Hoffmanns umfangreiche Arbeit Raum, Situation, erzählte Wirklichkeit (1978). Die aus der englischen und amerikanischen Literatur gewonnene Typologie in Hoffmanns Arbeit lässt sich allerdings nicht auf die deutsche Literatur um 1900 übertragen. Die vorliegende Arbeit umfasst Einzeluntersuchungen zur intentionalen Poetizität des Raums in Werken von Arthur Schnitzler, Eduard von Keyserling, Thomas Mann, Hugo von Hofmannsthal, Franz Kafka und Rainer Maria Rilke. Die Ergebnisse sind gedacht als eigenständige Interpretation der ausgewählten Erzähltexte und als Beitrag zu einer zusammenhängenden Analyse der Raumdarstellung. Die literaturwissenschaftliche Bedeutung der ausgewählten Texte liegt in der individuellen Reaktion der Erzähler auf die besondere geistesgeschichtliche und literaturhistorische Situation der Zeit um 1900. Einschneidende Veränderungen im Weltbild, die verbunden sind mit den Werken von Arthur Schopenhauer, Friedrich Nietzsche, Siegmund Freud und Ernst Mach, führen zu einer Krise des autonomen Individuums, die das Denken des bürgerlichen 19. Jahrhunderts bestimmt hatte. Die bisherigen ontologischen Ordnungskriterien über das Verhältnis des Menschen zur Welt verlieren ihre Gültigkeit. In engem Zusammenhang zur anthropologischen Krise entsteht eine Krise des Erzählens. Das Erzählgeschehen bewegt sich „fort aus der deutlichen Wirklichkeit“ (Hermann Bahr) ins Innere; eine Sprachkrise weckt gleichzeitig Zweifel an der Möglichkeit der Erfassung der Wirklichkeit in Begriffen. Wenn der Autor an die Grenze des Mitteilbaren stößt, sucht er nach Erzählverfahren, die Verborgenes im Äußeren bildhaft vermitteln. In der Raumdarstellung der untersuchten Texte konkretisiert sich dieses Bedürfnis. Ein Kennzeichen der Literatur zwischen Realismus/Naturalismus und Expressionismus ist ihr Stilpluralismus, das Nebeneinander von Tradition und Moderne. Arthur Schnitzler, Eduard von Keyserling und Thomas Mann greifen auf die bereits bekannten Verfahren der Raumsymbolik der Klassik und der stimmungsbestimmten Seelenlandschaft der Romantik zurück, während Hugo von Hofmannsthal, Frank Kafka und Rainer Maria Rilke nach neuen Formen der Semantisierung suchen. In diesem Zusammenhang werden drei Typen konstruktiver Bedeutungserzeugung durch Räume unterschieden: der illustrierende (Stimmungs-)Raum, der kommentierende (symbolische) Raum und der darstellende (psychogene) Raum. Die Untersuchung von Einzelaspekten der Raumdarstellung wie der Raumstruktur des Texts, des Bewegungsprofils des Protagonisten, der Behandlung der Grenze im Sinn von Jurij M. Lotman und der Einzelmotive Natur, Garten, Haus, Fenster und Reise erschließt deren Beitrag zur Bedeutungsvermittlung der Texte mit der Tendenz zur Desillusionierung, Verdüsterung und Ausweglosigkeit. In der Literatur um 1900 treten neben den strukturierten dreidimensionalen Raum planimetrische und unstrukturierte Räume. Die Derealisierung der Welt im Denken der Zeit findet ihre Entsprechung in der Derealisierung des Raums in der erzählenden Literatur.Item Open Access Le fantastique à la frontière des cultures : formes populaires et élaboration des sciences de la vie psychique dans la littérature fantastique du Second Empire(2020) Mohr, Manuela; Dickhaut, Kirsten (Prof. Dr. phil. habil.)Item Open Access The dialectics of transculturation in Chicano/a literature(2013) Baur, Marie-Florence; Göbel, Walter (Prof. Dr.)The topic of the dissertation “The Dialectics of Transculturation in Chicano/a Literature“ is the representation of transculturation in Chicano/a literature. The text also discusses the consequences for identity formation for Chicanos/as in the lower classes of society. The analysis of novels and autobiographies by Chicano/a authors in this text is based on the transculturation theory by the Cuban Fernando Ortíz, who coined the term in his work "Cuban Counterpoint" in 1940, and its development by Mary Louise Pratt. The process of transculturation was a dominant topic in Chicano/a literature until the 1990s because it discussed the question of identity formation and the relation between dominant US culture and marginalized Chicano culture. Questions, that are answered in this work are on the one hand, how the clash of cultures which is taking place during the phase of transition between national and cultural borders is initiated. It is also analysed how negotiation between the different cultures influences the national and cultural belonging of Chicanos/as. Additionally, the texts asks how and to which extent this process leads to rejection and effacement of Chicano culture and how this loss is being dealt with. Finally, the literary presentation of these questions is described in order to show how the process and its consequences are presented aesthetically.Item Open Access Die Form des Sonetts bei Charles Baudelaire : Tradition - Metamorphose - Innovation(2023) Wilhelm, Katharina; Dickhaut, Kirsten (Prof. Dr.)Item Open Access Vom nützlichen Einzelnen : Machtstrukturen und Intimität in ausgewählten Erzähltexten von 1900 bis 1950 ; eine sozialpsychologische Literaturanalyse zur Individualitätsdarstellung in der Moderne(2002) Kindermann, Manfred; Thomé, Horst (Prof. Dr.)Die vorliegende Untersuchung geht der literarischen Wissensproduktion zum Individuum im Spannungsfeld von Macht und Intimität nach und zeigt, daß in der erzählenden Literatur der Moderne enthaltenes Wissen dem explizit im wissenschaftlichen Diskurs von Soziologie und Psychologie enthaltenen voranschreitet. Hierzu werden ausgewählte Erzähltexte aus der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts auf ihren impliziten Wissensgehalt hin befragt und dieser mittels neuerer wissenschaftlicher Theorien reformuliert. Neues Wissen entsteht, so das Ergebnis, zunächst im literarischen Diskurs und ist dort in der erzählten Handlung, in der Erzählstruktur und in den handelnden Charakteren enthalten, lange bevor es in theoretischer Form als Wirklichkeitsaussage erscheint. Die mimetische Seite des Erzählens bedingt die Darstellung handelnder Figuren und menschlicher Beziehungen im Text. Die Literatur zeigt das menschliche Individuum aber immer auch in eine konkrete historische und soziale Situation eingebunden, die von Machtstrukturen in Wechselwirkung mit Intimität durchzogen wird, und die der Autor konstruiert. Das Ganze der erzählten historisch-sozialen Umwelt interagiert mit dem Denken und Tun der Figuren, deren Handeln es motiviert, ist dabei allerdings schiweriger zu erzählen als die einzelne menschliche Handlung. Sigmund Freud, der in seinen Krankengeschichten den Versuch unternimmt, die einzelne Biographie stringent als Heilungsgeschichte zu erzählen, und Hermann Broch, dessen Roman "Die Schlafwandler" eigentlich eine Geschichtsphilosophie darstellt, die ihre eigenen Beispiele produziert, bilden hierbei zwei Eckpunkte eines Dreiecks, dessen dritter im Erfinden der sozialen Umwelt durch George Orwell in "1984" liegt. Dazwischen stehen Franz Kafkas "Der Verschollene" als Extrapolation zeitgenössischer sozialer Veränderungen und Elias Canettis "Die Blendung" als deren satirische Übersteigerung. Den Texten aller untersuchten Autoren gemeinsam ist jedoch ihr Ort inmitten der sozialen Veränderungen von der bürgerlichen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts zur Massengesellschaft des 20. Jahrhunderts, den sie erzählerisch zu verarbeiten versuchen.Item Open Access Die Darstellung der "gothic novel" in Geschichten der englischen Literatur(2008) Schulz, Philipp; Göbel, Walter (Prof. Dr.)Die gothic novel ist eine Gattung, die seit Beginn der 1980er Jahre eingehend von der Forschung untersucht wird. All diese Monographien und Aufsätze zur Gattung haben jedoch nur eine recht begrenzte Leserschaft. Eine deutlich größere Leserschaft bezieht ihr Bild der Gattung aus Geschichten der englischen Literatur, die wegen ihres Überblicks- und Einführungscharakters beliebt sind. Vorliegende Arbeit untersucht diese Literaturgeschichten und ihr breitenwirksames Bild (bzw. Bilder) der Gattung - dabei werden jedoch auch Literaturgeschichten aus der Zeit vor 1980 beachtet (genauer: seit ca. 1850), waren sie doch stets einflussreich. Betrachtet werden verschiedenste Aspekte der Gattungsdarstellung: Gattungsbe-zeichnungen, das Gattungskorpus, die der Gattung zugewiesenen Merkmale, narrative oder literaturhistoriographische Möglichkeiten der Gattungskonstruktion, die Bewertung der Gattung, die literaturgeschichtliche Kontextualisierung der Gattung, die Behandlung wichtiger Themen der Gattungsforschung. Hierbei werden hauptsächlich englische Literaturgeschichten aus Großbritannien untersucht. Ausschließlich in einem letzten Kapitel werden zum Vergleich englische Literaturgeschichten aus den USA und aus Deutschland betrachtet. Bei den Gattungsbezeichnungen zeigt sich, dass bis in die 1960er Jahre der Begriff Terror dominiert, danach der Begriff gothic. Beim Gattungskorpus orientieren sich Literaturgeschichten an literaturhistoriographischen Vorgängerwerken. Daher werden trotz der vielen gothic novelists (des 18. und frühen 19. Jahrhunderts, auf die sich die Arbeit beschränkt) meist dieselben wenigen thematisiert. Die dominierenden Merkmale der Gattung sind Terror, Übernatürlichkeit und Mittelalterbezug. Da die Gattung über die Merkmale oft nur schemenhaft etabliert wird, postulieren manche Literaturgeschichten ein Imitationsverhältnis zwischen dem Gattungsbegründer Horace Walpole und späteren gothic novelists und produzieren erst so eine (übertrieben) homogene und scharf abgegrenzte Gattung. Bei der Bewertung der Gattung zeigt sich eine starke Aufwertung der Gattung im 20. Jahrhundert, insofern als sie wesentlich intensiver besprochen wird als im 19. Jahrhundert. Ein Wandel von ästhetischen Negativ- zu ästhetischen Positivwertungen findet jedoch nicht statt. Die Kontextualisierung der Gattung geschieht vor allem über den Epochenkontext der Romantik und über den Gattungskontext der novel. Bei ersterem zeigt sich, dass die Gattung in neueren Literaturgeschichten nicht mehr wie zuvor als defizitärer Vertreter der Romantik betrachtet wird. Bei letzterem zeigt sich die Gattung häufig als innovatives Moment in der Geschichte der novel. Drei Perspektiven auf die Gattung, die in der Gattungsforschung häufig auftreten, sind: die historische, die psychologische und die feministische oder gender-theoretisch inspirierte. Für die historische Perspektive lässt sich in der Literaturgeschichtsschreibung feststellen, dass nostalgische und eskapistische Deutungen der Gattung häufiger auftreten als vergangenheitskritische. Psychologische Deutungen der Gattung sind in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts detaillierter und vielfältiger geworden. Feministische und gender-theoretisch inspirierte Ansätze finden in den letzten Jahrzehnten langsam und ansatzweise Eingang in die Literaturgeschichten. Der Vergleich der englischen Literaturgeschichten aus Großbritannien mit denen aus den USA und aus Deutschland fördert wesentliche Übereinstimmungen (z.B. beim Gattungskorpus und bei den Gattungsmerkmalen) wie wesentliche Differenzen zutage (z.B. geringere Aufwertung der Gattung in den USA und verspätete in Deutschland).