09 Philosophisch-historische Fakultät

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    Perspektiven der Totalphilosophie im Werk von Walter Schulz
    (2018) Arfeli, Diana; Breuninger, Renate (Prof. Dr.)
    Was versteht Walter Schulz unter Totalphilosophie? Welche Aufgaben hat diese? In welchen Ausprägungen 'gibt es' Totalphilosophie? Warum sieht Schulz darin die einzige Möglichkeit, Philosophie zu betreiben? In dem von Schulz gewählten Begriff der Totalphilosophie bündelt sich in Anlehnung an Hegel das Vorhaben, dass die Philosophie die Zeit bzw. 'die' Wirklichkeit in Begriffe fassen solle. Daraus erklärt sich, dass die Totalphilosophie als Theorie der Ganzheit der Wirklichkeit expliziert werden soll. Damit ist auch gesagt, dass Schulz eine Selbstbegründung der Philosophie in einer philosophiefernen, nachmetaphysischen Zeit zu leisten sucht, denn in das Gedränge der Wissenschaften geraten, kann die Philosophie vermeintlich kaum noch Fuß fassen. Die Wirklichkeit stellt sich für Schulz allein dar in der Vermittlung zwischen Subjekt und Objekt, wobei sowohl das Subjekt der Vermittlung (Ich) als auch das Objekt (Welt) hochgradig instabil sind und keine Haltepunkte offerieren, von denen aus die Vermittlung starten könnte. Wie also kann die Totalphilosophie auf dieser 'Basis der Instabilität und Haltlosigkeit' die Wirklichkeit und die Zeit auf den Begriff bringen, ohne auf endgültige Definitionen (Begriffe) rekurrieren zu können und gleichzeitig über das Ganze der Wirklichkeit sprechen, wenn die Wirklichkeit doch 'etwas' ist, das nur in den Vermittlungen zugänglich ist? Die alleinige Möglichkeit des Zugangs erkennt Schulz über die Vermittlungsformen und -versuche der Philosophie. Schulz formuliert drei Ausprägungen der Totalphilosophie, die je verschiedene Vermittlungsformen in den Blick nehmen, und in denen sich das Subjekt je anders konstituiert. In der ersten Ausprägung basiert die Totalphilosophie auf einem verantwortlichen Subjekt, das im (politischen und ethischen) zwischenmenschlichen Handeln sein Ziel findet. Dies ist die 'Stelle', an welcher der bisherige Forschungsstand verbleibt. Dem gegenüber zeigt die vorliegende Arbeit, dass die Schulz'sche Totalphilosophie nicht in der Ethik ihre endgültige Ausprägung findet und daher nicht die 'Philosophie der veränderten Welt' das Hauptwerk von Walter Schulz darstellt. Die Ausformulierung der zweiten Form der Totalphilosophie basiert auf der Erkenntnis, dass das verantwortliche Subjekt ein einheitliches sein müsste. Nachdem Schulz die Unmöglichkeit eines solchen erkannt hat, ist er gezwungen, die Totalphilosophie als eine Philosophie des fortwährend zerbrechenden Subjekts zu formulieren. Er kennzeichnet daher den Bezug zwischen Ich und Welt als gebrochenen Weltbezug. Die 'neue' Form der Philosophie der Subjektivität basiert auf den Instabilitäten aller Aspekte, sodass allein eine Thematisierung der Versuche des Menschen, in der Welt Fuß zu fassen, möglich erscheint. Diese ist nur im Rückgriff auf eine Vermögenslehre möglich. Das Können als Selbstermächtigung impliziert eine Selbstzuwendung, welche als Reflexion aufzufassen ist. Diese Reflexion ist in 'Ich und Welt' noch unbestimmt und muss 'angestoßen' werden. Wie dies konkret vonstattengehen kann, beantwortet sich für Schulz erst unter Formulierung der Totalphilosophie als Metaphysik. Eine nicht-metaphysische Totalphilosophie würde die ungelösten, und vor allem nach wie vor drängenden metaphysischen Fragen nicht bewahren und könnte das Subjekt nicht verorten. Erst von der 'Metaphysik des Schwebens' her werden folglich alle Perspektiven und alle Probleme dieser Totalphilosophie ersichtlich, denn als Metaphysik soll sie sich ein letztes Mal mit den großen Themen der Philosophie beschäftigen. Diesen finalen Charakter erhält sie dadurch, dass Schulz seine neu konzipierte Metaphysik als Vollendung der klassischen Metaphysik kennzeichnet - in eins damit nicht nur als Höhepunkt, sondern auch als Endpunkt bzw. als letzte Möglichkeit. Ein weiterer Verdienst dieser Arbeit ist es, aufzuzeigen, wie sich die Möglichkeit, die Ganzheit der Wirklichkeit zu thematisieren, mit der von Schulz nicht explizit benannten Kombination der Schulz'schen Interpretation des spekulativen Satzes (Hegel) mit der 'Metaphysik des Schwebens' erweitert: ohne die Kunst gäbe es keine Reflexion der Vermittlungsleistung (und der Wirklichkeit) der Philosophie. Schulz schränkt 'die Kunst' aus mehreren Gründen auf den Roman des 19. und 20.Jahrhunderts ein. Die Ganzheit der Wirklichkeit scheint nach Schulz allein im Roman auf. Nur in der Romankunst und in der Poesie können nach Schulz die großen metaphysischen Fragen thematisiert werden. Schließlich ist es dem Menschen allein in der doppelten Reflexion der Romanformen und der in ihnen vorgestellten Transformationsformen der Negativitäten möglich, wieder zum Subjekt seiner Wirklichkeit zu werden, sodass die 'gescheiterte' Philosophie des verantwortlichen Subjekts erst hier ihren Abschluss erhält. Trotz dessen, dass Schulz die 'Metaphysik des Schwebens' als Vollendung der klassischen Metaphysik deutet, ist seine Totalphilosophie nicht die letztmögliche Philosophie, die in der Moderne Bestand haben kann. Dieser Gedanke begründet den Anstoß für den letzten Teil der Arbeit, der zum einen kritische Aspekte (vor allem in Bezug auf Philosophie und Kunst) in der Schulz'schen Totalphilosophie ausmacht und zum anderen mit Schulz - und über ihn hinausgehend - aufzeigt, ob und wie eine Verknüpfung von Totalphilosophie und modernen angewandten Ethiken Bestand haben kann.