09 Philosophisch-historische Fakultät
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Item Open Access Kriminalität, Kriegsgerichtsbarkeit und Polizeistrafgewalt unter deutscher militärischer Besatzung in Frankreich und der Sowjetunion(2018) Himmelsbach, Andreas; Mallmann, Klaus-Michael (Prof. Dr.)Die bisherige Forschung zur Gerichtsbarkeit der Wehrmacht konzentriert sich auf Deserteure und politische Delikte. Trotz der überwältigenden Fülle an Literatur ist ihre Rolle in den deutschen Besatzungsstrukturen - die Ahndung von Straftaten von und gegen Zivilisten - wenig erforscht. Die vorliegende Arbeit soll zur Schließung dieser Lücke beitragen. Es wurde deshalb ein anderer Zugang zum Thema gewählt, nämlich eine Betrachtung der Wehrmachtjustiz • im Hinblick auf all jene Fälle, die sich im Verhältnis zwischen Besatzungsmacht und Zivilbevölkerung abspielten, • einschließlich des gesamten Spektrums der Alltagskriminalität, • anhand der untersten, zahlenmäßig bedeutendsten Ebene des Rechtswesens, also der Divisions- und Kommandanturgerichte, • auf empirischer Grundlage statt anhand vorwiegend normativer Quellen sowie • unter Berücksichtigung des Übergangs der Judikative an Truppe, Militärverwaltung und Militärpolizei. Die Untersuchung ist in einen West-Ost-Vergleich eingebettet: Handelten Wehrmachtgerichte und Militärpolizei nach unwandelbaren Grundsätzen? Oder zeigt sich ein Bruch zwischen den beiden Hauptkriegsschauplätzen Frankreich und der Sowjetunion? Stellvertretend für die gesamte Wehrmachtjustiz werden die Gerichte der 227., 329., 336. und 716. Infanteriedivision, der Wehrmachtortskommandanturen Riga und Dnjepropetrowsk und der Feldkommandanturen 560, 581 und 813 untersucht, dazu als polizeiliche Organe zahlreiche Kommandanturen und Gruppen der Geheimen Feldpolizei. Die Arbeit gliedert sich in neun Kapitel. Auf eine methodische Einleitung folgt eine überblicksartige Darstellung von Wehrmachtjustiz, militärpolizeilicher Exekutive und deren Funktion innerhalb der Besatzungsregime. Im dritten Kapitel werden die untersuchten Gerichte, die Struktur des von ihnen bearbeiteten Fallaufkommens sowie die Faktoren, die die Überlieferung verzerren, dargestellt. Jeweils ein Kapitel ist, nach Tatbeständen geordnet, der Delinquenz von Soldaten, französischen und sowjetischen Zivilisten gewidmet. Ein zusammenfassender Teil befasst sich mit der Rolle des Individuums bei der Tatbegehung und vor Gericht. Ein weiterer beleuchtet den Einfluss, den Recht, Ideologie und militärische Zweckmäßigkeitserwägungen auf das Handeln der Gerichte auf dem westlichen und östlichen Kriegsschauplatz hatten, und versucht, Maßstäbe für eine Bewertung zu entwickeln. Ein kurzes Fazit schließt die Arbeit. Eine deutsche Militärgerichtsbarkeit wurde mit Gesetz vom 12. Mai 1933 wieder eingeführt. Unter Kontrolle der militärischen Oberkommandos agierte sie unabhängig vom zivilen Justizressort. Gerichtsstand für die meisten Soldaten waren die Divisionsgerichte, bei der Militärverwaltung fiel den Feldkommandanturgerichten zusätzlich die Jurisdiktion über Zivilisten der besetzten Länder zu. Für die Strafverbüßung verfügte die Wehrmacht über eigene Vollzugseinrichtungen, Bewährungs- und Erziehungseinheiten und Straflager. Enge Zusammenarbeit bestand mit den militärpolizeilichen Formationen - namentlich Feldgendarmerie und Geheime Feldpolizei - sowie den Kommandanturen. Diese Exekutivorgane wachten über die Disziplin der Truppe, die Ordnung unter der Zivilbevölkerung und etwaige Bedrohungen für die Sicherheit der Besatzungsmacht. Nichtsdestotrotz zeigen sich bereits in den institutionellen Arrangements beträchtliche Unterschiede: Während in Frankreich parallel die landeseigene Justiz und Polizei weiter arbeiteten, wurde der staatliche Apparat auf dem besetzten Territorium der Sowjetunion ersatzlos zerschlagen. Ein Rechtsschutz für die einheimische Bevölkerung war nicht vorgesehen, im Gegenteil beseitigte Hitler mit seinem Kriegsgerichtsbarkeitserlass vom 13. Mai 1942 sowohl den Verfolgungszwang bei Übergriffen der Truppe als auch die Kriegsgerichtsbarkeit über sowjetische Zivilisten. Die Ahndung beider wurde in das freie Ermessen von Truppenkommandeuren und Militärverwaltung gestellt. Die Masse der Arbeit entfiel auch bei den Kriegsgerichten nicht auf schwere Verbrechen, sondern auf Straftaten wie Eigentumsdelikte, unerlaubte Entfernung von der Truppe und Ungehorsam. Die meisten verhandelten Delikte richteten sich gegen die Wehrmacht selbst. Illustriert mit einschlägigen Fallbeispielen werden in der Arbeit jedoch diejenigen Tatbestände behandelt, die sich aus dem Verhältnis zwischen Soldaten und Zivilisten ergaben: Diebstahl und Plünderung, Amts- und Wirtschaftsdelikte, Sachbeschädigung, Körperverletzung, Sexual- und Tötungsdelikte einerseits, Diebstahl von Wehrmachtseigentum, Grenzverletzungen, Arbeitsverweigerung, Propaganda, Unterstützung von Kriegsgefangenen, Waffenbesitz, Spionage, Sabotage und Freischärlerei andererseits. Unter anderem zeigt sich, dass die viel beschworene „deutsche Manneszucht“ mit der Realität zahlreicher Übergriffe und oft milder Strafen nicht allzu viel gemein hatte, aber auch die immer wieder behauptete Freigabe oder gar Förderung von Willkürakten gänzlich unbelegbar ist. Angesichts einer als sehr hoch zu veranschlagenden Dunkelziffer wird über das tatsächliche Ausmaß der Delinquenz wohl auch weiterhin nur zu spekulieren sein. In Frankreich arbeiteten Kommandanturen, Militärpolizei und Kriegsgerichte 1940-41 noch weitgehend nach der gewohnten Gesetzes- und Vorschriftenlage. Zunehmend wurde ihre reguläre Tätigkeit jedoch durch summarische militärische und polizeiliche Maßnahmen ergänzt und ersetzt. Neben den Geiseltötungen und Deportationen im Zuge der Widerstandsbekämpfung waren der „Nacht-und-Nebel-Erlass“ vom 7. Dezember 1941 und die Installation eines Höheren SS- und Polizeiführers im Sommer 1942 wesentliche Wegmarken dieser Entwicklung. In der Sowjetunion war gemäß dem Kriegsgerichtsbarkeitserlass von vornherein keine gerichtliche Ahndung von Widerstandsakten und kleineren Vergehen vorgesehen. Die Zahl der zur Strafe getöteten und den Einsatzgruppen überstellten Zivilisten geht in die Hunderttausende. Darunter waren zahlreiche Juden, deren Volkszugehörigkeit sie in den Augen der Besatzungsorgane per se verdächtig machte. Auch wenn institutionelle und gruppenspezifische Faktoren naturgemäß von erheblichem Einfluss waren, so konnten sowohl Soldaten als auch Zivilisten zu Tätern oder Opfern werden. Doch Soldaten konnten bedrängten Zivilisten auch Schutz gewähren. Interessant ist ferner die Rolle von Zivilisten als Zeugen oder Denunzianten. Die Kriegsgerichte konnten auf diese Phänomene mit einem an Willkür grenzenden Spielraum reagieren. Bei allen Nuancen zeichnen sich in ihrem Handeln drei große Tendenzen ab: ein extrem zweckbezogener Charakter, eine immer stärkere Tendenz weg von Rechtsgarantien hin zu summarischer Bestrafung und ein Gewöhnungseffekt an den neuartigen, totalen Weltanschauungskrieg. Je nach taktischer und strategischer Lage konnte die gleiche Tat unterschiedlich bestraft werden. Zunehmend trat das Bedürfnis in den Vordergrund, nicht nur Soldaten, sondern auch zivile Arbeitskräfte der Kriegführung zu erhalten. Der Einfluss der NS-Ideologie zeigt sich dagegen vor allem in der unterschiedlichen Behandlung von West- und Osteuropäern. Von besonderem Interesse sind Taten gegen Juden. Das Bemühen, Rechtsbrüche zu bestrafen, gleichzeitig jedoch die intendierte Rechtlosigkeit der jüdischen Bevölkerung umzusetzen, führte zu widersprüchlichen Urteilsbegründungen. Neben solchen Auswüchsen war aber auch das Handeln der Wehrmachtjustiz maßgeblich von Momenten geprägt, die sie mit den Rechtssystemen anderer Streitkräfte teilte. Zusammenfassend war die deutsche militärische Strafrechtspflege weniger von Vernichtungswillen als von kalter Aufgabenerfüllung geprägt. Sogar das zeittypische Täterstrafrecht wurde einseitig militärischen Interessen untergeordnet. An erster Stelle stand die Bedeutung der Tat für das Funktionieren der Wehrmacht, dahinter der Wert des Täters für die Kriegführung, und erst an dritter Stelle das Delikt selbst mit seinen gesetzlichen Folgen. Mit Fortdauer des Krieges und der immer schlechteren Lage Deutschlands verschärfte sich diese Tendenz. Zugleich wurde die Stellung der Beschuldigten gegenüber dem Gericht immer weiter geschwächt. Spätestens mit dem Angriff auf die Sowjetunion waren althergebrachte Kategorien von soldatischer „Zucht und Ordnung“ mit dem weltanschaulichen Charakter der Auseinandersetzung auch in Bezug auf die Wehrmachtjustiz nicht mehr vereinbar - mit weitreichenden Folgen für den Rechtsschutz der Zivilbevölkerung. Ein einfaches Fazit jedoch verbieten die zahlreichen Widersprüche, mit denen der Untersuchungsgegenstand behaftet ist: gerichtliche Nachsicht und Härte, patriotischer Widerstand und kriminelle Freischärlerei, positives Recht und nationalsozialistische Auffassung, Ritterlichkeit und gnadenloses Vorgehen gegen feindliche Zivilisten, Gesetzesparagrafen und Zweckmäßigkeitserwägungen waren weder seinerzeit, noch in der Rückschau in Einklang zu bringen.Item Open Access Die Entwicklung der württembergischen evangelischen Landeskirche im Spiegel der Pfarrberichte bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts(2004) Widmer, Günther; Quarthal, Franz (Prof. Dr.)Im Rahmen dieser Arbeit sollte die allgemeine Entwicklung der württembergischen evangelischen Landeskirche im 19. Jahrhundert untersucht werden. Die Berichte waren im allgemeinen alle drei Jahre anläßlich der Prüfung einer Pfarrei durch die vorgesetzte Behörde zu erstellen. Bei der Betrachtung der Pfarrberichte zeigte sich die Vielfalt des kirchlichen Lebens im 19. Jahrhundert. Es war zu sehen, daß die evangelische Kirche gerade in dieser Zeit außer den rein theologischen Fragen auch gesellschaftliche und soziale Aufgaben zu lösen hatte, daß sich auf verschiedenen Gebieten neue Entwicklungen anbahnten, daß sich neue Kräfte entfalteten und sichtbar wurden, daß Entscheidungen auf vielen Gebieten getroffen werden mußten. In einem Überblick über die Entwicklung im Laufe dieser fast hundert Jahre läßt sich feststellen, daß im Leben der evangelischen Landeskirche ein völliger Umbruch stattgefunden hat. Von der am Anfang des Jahrhunderts noch wesentlich gesellschaftlich bestimmenden Kraft war ein ständiger Rückzug auf allen bis dahin von ihr bestimmten und gestalteten Gebieten festzustellen. Die politischen Parteien, das sich entwickelnde Bildungs- und Wirtschaftsbürgertum, das Vereinswesen, die neu heranwachsende Industriearbeiterschaft, ein neues Schulsystem, die wachsende Mobilität der Bevölkerung, die Veränderung in der Erziehung, all das zusammen minderte den Einfluß der Kirche. Der Zusammenbruch des Weltkrieges, das Ende der Monarchie und damit die Beendigung des Summepiskopats, brachte eine neue Einstellung mit anderen, neuen Fragen. Die Entwicklung von einer Kirche, die in einen neuabsolutistischen Staat eingebunden war, hin zu einer Volkskirche, die ihre Aufgaben künftig selbst regeln sollte, war damit abeschlossen. Die Landeskirche erhielt 1924 mit ihrer neuen Verfassung einen Rahmen, innerhalb dessen sie versuchen konnte, ihren Auftrag weiterhin zu erfüllen.Item Open Access Walter Krause und die baden-württembergische Landespolitik in der Nachkriegszeit(2001) Müller, Georg; Quarthal, Franz (Prof. Dr.)Es ist an der Zeit, die Persönlichkeiten näher zu betrachten, die die Geschichte des Bundeslandes Baden-Württemberg im 20. Jahrhundert nach dessen Grundsteinlegung bestimmt haben. Dabei standen bislang die Ministerpräsidenten und diejenigen im Mittelpunkt des Interesses, die ihr Renommee vor allem in der Bundespolitik erworben haben. Nun stellt sich die Aufgabe, sich jenen zuzuwenden, die dieses Land geprägt haben, ohne je in Bonn reüssiert zu haben. Unter den Landespolitikern, die die inneren Strukturen, den bildungspolitischen Rahmen und die verfassungsrechtlichen Grundlagen des jungen Bundeslandes entscheidend mitgestaltet haben, spielte Walter Krause eine herausragende Rolle. Krause hat Baden-Württemberg geprägt - bis heute und über den Tag hinaus. Hans Filbinger nannte ihn, den Vater der Kreis- und Gemeindereform, den "Innenarchitekten" Baden-Württembergs. Gemeinsam haben beide die Schulfrage gelöst. Krause zählte ohne Zweifel zur ersten Reihe sozialdemokratischer Politiker im deutschen Südwesten. Gemessen an den Wahlergebnissen war er der erfolgreichste in der 125jährigen Geschichte der SPD im deutschen Südwesten. Außerdem kann er von sich behaupten, daß er als einziger SPD-Politiker im 20. Jahrhundert Ministerpräsident von Baden-Württemberg hätte werden können - wenn er nur gewollt hätte. Das politische Wirken Krauses, als Thema der Dissertation vor allem aus landesgeschichtlichem Interesse ausgewählt, erwies sich auch parteigeschichtlich als ein ergiebiges Thema. Der Wechsel von Krause zu Eppler in der Hauptrolle der baden-württembergischen SPD wirkte auf die Zeitgenossen wie eine Zeitenwende. Aus parteipolitischer Sicht ist Walter Krause vor allem interessant als ein Vertreter der Generation, die, geprägt durch die Erfahrungen des Nationalsozialismus, nach dem Krieg in die SPD eintrat und aufgrund der veränderten Machtverhältnisse in dieser Partei in den siebziger Jahren zur Seite gedrängt wurde.Item Open Access Die Ursprünge der Verflechtungen zwischen Pietismus und Staat auf dem Gebiet des Sozialen im Württemberg des 19. Jahrhunderts : Studien zur Wechselwirkung zwischen Heinrich Lotter und Wilhelm I. als Grundlage für die Einbindung des Pietismus in das württembergische System der Wohlfahrtspflege(2012) Römer, Daniel; Quarthal, Franz (Prof. Dr.)Die Untersuchung fragt nach den Ursprüngen der Verflechtungen zwischen Pietismus und Staat im Bereich des Sozialwesens im Württemberg des 19. Jahrhunderts. Die Betrachtung der Geschehnisse, die zwischen 1805 und 1817 die führenden Laien der pietistischen Szene in Stuttgart und den Kronprinzen bzw. König Wilhelm I. miteinander verbanden, zeigt, dass sich dieses sich im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts strukturell ausbreitende Netzwerk auf prägende Beziehungen zwischen diesen beiden Akteuren zurückführen lässt, wobei gerade auf Seiten des Königs die religiöse Position seiner Gegenüber eine untergeordnete Rolle spielte. Die erste Organisation, die man als Einrichtung der Inneren Mission in Württemberg bezeichnen kann, war die 1805 gegründete Privatgesellschaft freiwilliger Armenfreunde in Stuttgart. Obwohl von Anfang an formal als paritätisch-bürgerliche Einrichtung konzipiert und organisiert, entstand sie im Umfeld der pietistischen Basler Christentumsgesellschaft. Sowohl die Tätigkeitsfelder der Privatgesellschaft freiwilliger Armenfreunde als auch ihre Ausgestaltung waren maßgeblich durch die Persönlichkeit Heinrich Lotters (1772–1834) geprägt. Das Zusammentreffen der Ernährungskrise der Jahre 1816/1817 und der durch die Verfassungsverhandlungen eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten des Königs führten dazu, dass König Wilhelm I. die führenden Mitglieder der Privatgesellschaft freiwilliger Armenfreunde eng in die Bewältigung dieser Krisensituation einband. Vor dem Hintergrund eigener sozialpolitischer Interessen des Königs, der bereits als Kronprinz in Kontakt mit dieser pietistisch dominierten Armenfürsorgeeinrichtung stand, entwickelte sich hieraus die Zentralleitung des Wohltätigkeitsvereins als Instrument der Wohlfahrtspolitik zunächst des Königs und später auch des ›frommen Württemberg‹. Das Entstehen dieser engen Verbindungen zwischen karitativ engagierten pietistischen Laien einerseits und dem Kronprinzen bzw. König Wilhelm I. sowie der Regierung andererseits in den Jahren zwischen 1805 und 1817 basiert auf einer Reihe von Spezifika. Die für das Zustandekommen dieses Beziehungsgeflechts relevanten Personen hoben sich vom volkstümlichen Pietismus, wie er in Württemberg üblich war, beträchtlich ab. Deshalb werden gerade die von den üblichen Vorstellungen und Handlungsweisen eines württembergischen pietistischen Laien um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert stark abweichenden Denk- und Handlungsmuster Heinrich Lotters, der als die zentrale Figur für das Entstehen dieser Verflechtungen angesehen werden kann, eingehend untersucht. An Hand der Privatgesellschaft freiwilliger Armenfreunde als dem Archetypus einer pietistisch dominierten Wohlfahrtseinrichtung in bürgerlichem Gewand lässt sich nachvollziehen, welche Mechanismen zu dieser Dominanz führten und welches Netzwerk zu staatlichen Stellen und dem Königshaus sich bereits in dieser Frühphase entwickelte. Eine Untersuchung des staatlichen Krisenmanagements während der Krisenjahre 1816/1817 beleuchtet sodann die spezifisch württembergischen Verhältnisse bei der Bewältigung der Nahrungsmittelknappheit. Vor diesem Hintergrund beleuchtet die Studie das Entstehen des Württembergischen Wohltätigkeitsvereins bzw. der Zentralleitung des Wohltätigkeitsvereins als Instrument staatlicher Sozialpolitik unter entscheidender Beteiligung der führenden karitativ engagierten pietistischen Laien Stuttgarts. Gleichzeitig wird untersucht, welche Mechanismen dafür sorgten, dieses Zusammengehen von Pietismus und Staat als wohltätiges Handeln der Königin Katharina zu präsentieren. Abschließend wird das Konstrukt ›Württembergischer Wohltätigkeitsverein‹ bzw. ›Zentralleitung des Wohltätigkeitsvereins‹, das im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts den zentralen Netzwerkknoten zwischen Anstaltspietismus und Staat bzw. Königshaus ausmachte, hinsichtlich seiner Einordnung zwischen privater Wohlfahrtsorganisation und staatlicher Sozialbehörde analysiert, wobei der Fokus besonders auf dessen Rechtsstellung und den formalen Einflussgrößen liegt, die ihm die relevanten Akteure zuweisen wollten.Item Open Access Marken und Markgrafen im früh- und hochmittelalterlichen Reich : eine vergleichende Untersuchung vorwiegend auf der Basis von Königsurkunden und anderen "offiziellen Quellen"(2012) Rentschler, Daniel; Stürner, Wolfgang (Prof. Dr.)Die Marken und Markgrafen des früh- und hochmittelalterlichen Reiches fanden innerhalb der historischen Forschung stets große Aufmerksamkeit. Gleichwohl gibt es keine übergreifende Analyse, die diese Institution systematisch ins Blickfeld nimmt. Auf der Grundlage von Untersuchungen zu einzelnen Regionen und Zeitabschnitten wurde aber bis etwa 1950 ein Bild entwickelt, nach dem es vom 9. bis zum 12. Jahrhundert an den Außenrändern ein System von Marken gegeben hat, das von Karl dem Großen († 814) eingerichtet, von Otto I. († 973) reorganisiert und von Heinrich III. († 1056) erweitert worden wäre. Bei diesen Marken hätte es sich um die Amtsbereiche der sogenannten Markgrafen gehandelt, bei diesen wiederum um vom König bzw. Kaiser eingesetzte Amtsträger, die die Aufgabe hatten, den ihnen unterstellten Grenzbereich zu sichern, und denen dazu die anderen Herrschaftsträger in militärischen Dingen unterstellt waren. In den letzten Jahren ist diese Ansicht, die unter Historikern lange Konsens war, in die Kritik geraten. Insbesondere die Verhältnisse nördlich der Alpen im 10. und 11. Jahrhundert sind seither unklar. Es scheint deshalb an der Zeit, eine Neudefinition des Markgrafentums in dieser Zeit und in diesem Raum zu wagen. Hierfür müssen aber auch die Verhältnisse in der Zeit davor und danach und in anderen Teilen des (ehemaligen) Frankenreichs ins Blickfeld genommen werden, da sonst völlig unklar bleibt, inwiefern die festgestellten Gegebenheiten generalisierbar sind oder nicht. Grundlegende Fragestellungen sind dabei, ob es sich beim Markgrafentum um eine Institution auf Reichsebene mit Amtscharakter handelt, ob eine militärische Funktion im Rahmen der Ostpolitik der (ost)fränkisch-deutschen Herrscher nachweisbar ist und ob Entwicklungen innerhalb des betrachteten Zeitraums erkennbar sind (Kontinuitätsfrage). Um das Ziel der Untersuchung, das in einer Neubestimmung der Institution besteht, zu erreichen, muss man sich zunächst einmal die Probleme, die damit in Verbindung stehen, bewusst machen. Diese bestehen v.a. darin, dass überhaupt nicht klar ist, welche Gebiete als Marken zu betrachten sind und welche Personen zu welcher Zeit unter die Markgrafen zu rechnen sind. Beides hängt mit den verfügbaren Quellenbelegen zusammen (die zugrundeliegenden Begrifflichkeiten „marc(hi)a“ und „marchio“ sind semantisch nicht eindeutig und werden zudem nicht konsequent benutzt). In der bisherigen Forschung wurde deshalb zumeist funktional entschieden, was als Mark zu gelten hat und wer unter die Markgrafen zu rechnen ist. Dies ist aber nicht unproblematisch, da es die Funktion ja erst noch zu bestimmen gilt. Es wurde hier deshalb der begriffliche Ansatz für die Untersuchung gewählt, indem nach einer Darstellung der Ausgangslage (Teil I der Arbeit) zunächst sämtliche in den Königsurkunden und anderen „offiziellen Quellen“ bezeugten „marc(hi)a“- und „marchio“-Belege vorgestellt und differenziert (Teil II der Arbeit), dann näher analysiert und miteinander verglichen (Teil III der Arbeit) und schließlich – sofern sie sich eindeutig zuordnen ließen und im hier interessierenden Sinne interpretiert werden durften – sorgfältig identifiziert und im Zusammenhang mit dem, was sonst noch über diese Gebiete (Teil IV der Arbeit) oder Personen (Teil V der Arbeit) bekannt war, betrachtet und bewertet wurden. Die dabei gewonnenen Ergebnisse bildeten die Grundlage für die am Schluss der Dissertation (Teil VI der Arbeit) erfolgende Neubestimmung des Markgrafentums im früh- und hochmittelalterlichen Reich.Item Open Access Buchbesitz im Herzogtum Württemberg im 18. Jahrhundert : am Beispiel der Amtsstadt Wildberg und des Dorfes Bissingen/Enz(2002) Schad, Petra; Quarthal, Franz (Prof. Dr.)Gegenstand der Untersuchung ist der private Buchbesitz im Herzogtum Württemberg des 18. Jahrhunderts. Um diesen zu rekonstruieren, wurde exemplarisch die Einwohnerschaft der Amtsstadt Wildberg im Schwarzwald sowie des Weingärtnerdorfes Bissingen an der Enz mittels der überlieferten Inventuren und Teilungen unter die Lupe genommen. Diese sozialgeschichtlich hochinteressante Quelle erstreckt sich über Jahrhunderte und ermöglicht für breite Bevölkerungsschichten Untersuchungen zum Gesamtvermögen oder ausgewählten Themenbereichen, ohne eine berufs- oder schichtenspezifischen (Vor-)Auswahl treffen zu müssen. Ausgehend von der Erfassung und gattungsmäßigen Systematisierung der Buchtitel wendet sich die Arbeit nicht zuletzt auch den mentalitätsgeschichtlichen Fragen nach Lesebedürfnis und –motivation zu. Hier werden Durchschnitts- und Ausnahmebibliotheken einzelner Personen und Familien herausgearbeitet. Zu deren Standardausstattung gehörten insbesondere die unterschiedlichsten Gesangbücher, die nur allmählich von dem württembergischen Landesgesangbuch verdrängt wurden. Sämtliche ermittelten Buchtitel finden sich in der Bücherliste im Anhang. Sie dokumentiert die Vielfalt der in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts kursierenden, zumeist religiösen Werke und ihre Autoren. Wünschenswerten Vergleichsstudien wird somit ein materialreicher Bezugspunkt geliefert.Item Open Access Die württembergische Sozialdemokratie von 1928 bis 1933/34(2017) Hogenkamp, Susanne; Hirschfeld, Gerhard (Prof. Dr.)Item Open Access Die evangelische Kirche in Württemberg während der Industrialisierung : Aspekte eines komplexen Beziehungsgeflechts mit dem Fallbeispiel Cannstatt(2014) Lutz, Katja; Quarthal, Franz (Prof. Dr.)In dieser Arbeit sollen einige Aspekte in Hinblick auf das Verhältnis der evangelischen Kirche Württembergs zu Industrialisierung betrachtet werden. Die Untersuchung soll in Verbindung mit der Fallstudie zu Cannstatt einerseits die These belegen, dass die evangelische Kirche die Industrialisierung nicht als Aufgabe begriffen hat. Andererseits sollen die Fragen beantwortet werden, welche Konsequenzen sich aus dieser Untätigkeit sowohl für die Kirche als auch für die Arbeiterschaft ergeben haben. In vier Hauptteilen werden die Themen Industrialisierung, Haltung der Fabrikanten zu den Arbeitern, soziales Unternehmertum und Lebens- und Arbeitsbedingungen der Industriearbeiter, Kirche und Soziale Frage unter Einbezug der Kirchenorganisation, des Pietismus, die Haltung der evangelischen Kirche zur Industrialisierung, der Evangelischen Arbeitervereine und drei wichtige sozialreformerisch tätige evangelische Persönlichkeiten (J. H. Wichern, S. K. Kapff, G. Werner) als Beispiele, die Wohltätigkeitsorganisation in Stuttgart im 18./19. Jahrhundert, die Beschäftigung mit der Sozialen Frage in Zeitschriften („Der Christenbote“, die „Blätter für das Armenwesen“, „Die Christliche Welt“) und auf Kongressen (Bonner Konferenz der Arbeitgeber von 1870, Evangelisch-Sozialer Kongress, Freie Kirchlich Soziale Konferenz) sowie Cannstatt als Fallbeispiel unter-sucht. Im Rahmen des Fallbeispiels zu Cannstatt werden neben eines Überblicks der Geschichte Cannstatts auch die Haltung der örtlichen Pfarrer zur Arbeiter-schaft und Sozialen Frage auf der Basis der Pfarrrelationen analysiert sowie ein kurzer Überblick über das Cannstatter Wohltätigkeitswesen gegeben. Im Ergebnis hat sich gezeigt, dass die evangelische Kirche die ihr gestellte Aufgabe nicht als solche begriffen hat. Viel¬mehr verharrte sie in überkommenen Schemen, weshalb sie den Kontakt zur Arbeiterschaft verlor. Diese wiederum war von der Institution Kirche als solche enttäuscht und wandte sich zu halbstaatlichen, bürgerlichen und in geringerem Maße sozialdemokratischen Hilfsangeboten zu.