09 Philosophisch-historische Fakultät

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    "Tragoedia Thoruniensis" - ein europäisches Medienereignis des frühen 18. Jahrhunderts und sein Widerhall in Diplomatie und Publizistik
    (2017) Feinauer, Samuel; Bahlcke, Joachim (Prof. Dr.)
    Die Auseinandersetzungen zwischen Protestanten und Katholiken in der Stadt Thorn in Königlich Preußen, Teil des Königreichs Polen-Litauen, am 16. und 17. Juli 1724 waren kein Einzelfall - weder auf Polen bezogen noch im europäischen Vergleich. Dennoch erlangte dieser Zusammenstoß beider Konfessionen eine mediale Aufmerksamkeit, die ihn zu einem europäischen Medienereignis machten. Als die Schärfe des Urteils über die Stadt und die am Tumult beteiligten Protestanten bekannt wurde, begann zeitgleich mit der publizistischen Aufbereitung und Bewertung der Vorfälle auch eine bisweilen hektische Verhandlung dieser Entwicklungen in Polen unter den protestantischen Höfen Europas und deren Diplomaten. Was in der späteren Historiographie häufig als ein preußisch-polnischer und gleichzeitig protestantisch-katholischer Antagonismus gedeutet wurde, gewinnt in seiner Neubewertung eine europäische Dimension, indem für die vorliegende Untersuchung erstmals Quellenbestände aller in die diplomatische Fürsprache eingebundenen Mächte berücksichtigt wurden. Neben der Dynamik und auch Konkurrenz der verschiedenen protestantischen Mächte bezieht Samuel Feinauer in seiner Studie auch die durch die Personalunion mit Polen bedingte schwierige Lage Kursachsens in diesen Kontext mit ein. Die vergleichende Analyse der umfangreichen und vielsprachigen Publizistik zum Thorner Tumult von 1724 mit der diplomatischen Überlieferung liefert dabei ein differenziertes Ergebnis über die Entstehung der politischen Publizistik. So lässt sich die Beteiligung der Höfe an vielen Flugschriften ebenso belegen wie die Bedeutung einzelner Personen, die ihre eigenen Kommunikationsnetzwerke nutzten, um Publizistik zu verbreiten und eigene Texte in Umlauf zu bringen.
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    Sports et pratiques corporelles chez les déportés, prisonniers de guerre et requis français en Allemagne durant la Seconde Guerre mondiale (1940-1945)
    (2012) Gomet, Doriane; Pyta, Wolfram (Prof. Dr.)
    Ancré dans le second conflit mondial, ce travail de recherche permet de découvrir, à travers le prisme des pratiques corporelles, les conditions de vie des Français, prisonniers de guerre, déportés, requis pour le travail, déplacés de force dans le IIIe Reich entre 1940 et 1945. Croisant des archives institutionnelles, françaises et allemandes avec des témoignages, l’étude révèle que la forme et la fonction des activités physiques vécues sur le sol allemand dépendent à la fois de mécanismes sociaux et d’enjeux politiques puissants. Ainsi, les traitements réservés aux Français jugés capables d’intégrer la Grande Europe répondent à une sorte d’embrigadement savamment orchestré répondant au nom de Betreuung. Dans ce cadre, les prisonniers de guerre comme les travailleurs requis disposent d’une certaine latitude pour organiser leur vie quotidienne. Les compétitions, les spectacles ou les séances d’éducation physique qu’ils mettent sur pied s’inspirent de leurs pratiques antérieures tout en s’adaptant au contexte dans lequel ils vivent. Ils sont, en outre, aidés dans leurs projets par les services délocalisés de Vichy, Mission Scapini pour les prisonniers, Délégation Bruneton pour les requis, qui entendent, par ce biais préserver un certain contrôle sur eux en vue de les faire adhérer à la Révolution nationale. Il en est tout autre pour ceux que les nazis jugent comme des « ennemis ». Ces derniers sont confrontés à des pratiques physiques participant à leur élimination à plus ou moins longue échéance. Si ces dernières préservent l’apparence de jeux ou d’entraînement sportif, elles constituent au mieux des punitions, au pire des tortures, qui couplées aux coups et aux privations multiples aboutissent à la destruction méthodique des corps.
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    Die Genese des "Kreisauer Kreises"
    (2012) Philippi, Klaus; Pyta, Wolfram (Prof. Dr.)
    Ziel dieser Arbeit ist, die Genese des Kreisauer Kreises darzustellen und besonders dem Phänomen der Vergemeinschaftung trotz großer Heterogenität der Mitglieder nachzuspüren. Dabei wurden mithilfe der qualitativen Netzwerktechnik zunächst die spezifischen Charakteristika dieses bürgerlichen Widerstandskreises dargestellt, danach die verschiedenen Strukturparameter, wie emotionale Relationen, die Außenbeziehungen, die Cliquenbildung und die treibenden Kräfte sowie die Zentralität des Kreises analysiert. Um die Situation der Kreisauer am Beginn ihrer Tätigkeit festzustellen, wurde ihre gesellschaftspolitische und religiöse Verortung herausgearbeitet. Nach Darlegung der Struktur des Kreisauer Kreises wurde dann versucht, den Prozess der Vergemeinschaftung nachzuzeichnen. Aus der Vielzahl der Einflussfaktoren wurden die Jugendbewegungen, die Erfahrungen in der Löwenberger Arbeitsgemeinschaft und die Motivationslage zum Widerstand näher betrachtet. Anhand von Quellen konnte gezeigt werden, dass die Gräuel des Krieges die ethisch-humanistisch-sittliche Haltung vieler Kreisauer verletzten und zu einem Motiv des Widerstandes wurden. Zwei Aspekte des widerständigen Lebens wurden näher beleuchtet: die Emigrationsfrage und die Haltung zum Attentat. Schließlich wurde gefragt, inwieweit der christliche Glaube half, die Widerständigkeit zu bewältigen, oder ob der Widerstand der Kreisauer, dies insbesondere im „Angesicht des Todes“, ohne die Kategorie des christlichen Glaubens überhaupt erklärbar ist. Die Arbeit zeigt an Beispielen der Dekonstruktion, die ihre besondere Ausprägung in der existenziellen Zuspitzung in der Haft erfuhren, dass der Kreisauer Kreis kein monolithischer Block mit zentraler Führung war, sondern ein Freundeskreis mit selbstständig agierenden Mitgliedern, die, auf ein gemeinsames Ziel gerichtet, um Kompromisse rangen. Durch die breit gefächerte Motivation zum Widerstand, die Weigerung, zu emigrieren, und die Bereitschaft, das eigene Leben einzusetzen, wurde eine feste Vergemeinschaftung trotz Heterogenität erreicht, die die Kreisauer zum Eingehen von Kompromissen bei der Konzeption für das Deutschland „danach“ befähigte. Diese Vergemeinschaftung konnte auch nicht durch die unterschiedliche Haltung in der Attentatsfrage gesprengt werden. Die freigelegten Dekonstruktionsbeispiele schmälern nicht die außerordentliche Konzeptionsarbeit des Kreisauer Kreises, sie lassen das Schaffen und das Opfer der Kreisauer nur noch menschlicher und nachahmenswerter erscheinen.
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    Kriminalität, Kriegsgerichtsbarkeit und Polizeistrafgewalt unter deutscher militärischer Besatzung in Frankreich und der Sowjetunion
    (2018) Himmelsbach, Andreas; Mallmann, Klaus-Michael (Prof. Dr.)
    Die bisherige Forschung zur Gerichtsbarkeit der Wehrmacht konzentriert sich auf Deserteure und politische Delikte. Trotz der überwältigenden Fülle an Literatur ist ihre Rolle in den deutschen Besatzungsstrukturen - die Ahndung von Straftaten von und gegen Zivilisten - wenig erforscht. Die vorliegende Arbeit soll zur Schließung dieser Lücke beitragen. Es wurde deshalb ein anderer Zugang zum Thema gewählt, nämlich eine Betrachtung der Wehrmachtjustiz • im Hinblick auf all jene Fälle, die sich im Verhältnis zwischen Besatzungsmacht und Zivilbevölkerung abspielten, • einschließlich des gesamten Spektrums der Alltagskriminalität, • anhand der untersten, zahlenmäßig bedeutendsten Ebene des Rechtswesens, also der Divisions- und Kommandanturgerichte, • auf empirischer Grundlage statt anhand vorwiegend normativer Quellen sowie • unter Berücksichtigung des Übergangs der Judikative an Truppe, Militärverwaltung und Militärpolizei. Die Untersuchung ist in einen West-Ost-Vergleich eingebettet: Handelten Wehrmachtgerichte und Militärpolizei nach unwandelbaren Grundsätzen? Oder zeigt sich ein Bruch zwischen den beiden Hauptkriegsschauplätzen Frankreich und der Sowjetunion? Stellvertretend für die gesamte Wehrmachtjustiz werden die Gerichte der 227., 329., 336. und 716. Infanteriedivision, der Wehrmachtortskommandanturen Riga und Dnjepropetrowsk und der Feldkommandanturen 560, 581 und 813 untersucht, dazu als polizeiliche Organe zahlreiche Kommandanturen und Gruppen der Geheimen Feldpolizei. Die Arbeit gliedert sich in neun Kapitel. Auf eine methodische Einleitung folgt eine überblicksartige Darstellung von Wehrmachtjustiz, militärpolizeilicher Exekutive und deren Funktion innerhalb der Besatzungsregime. Im dritten Kapitel werden die untersuchten Gerichte, die Struktur des von ihnen bearbeiteten Fallaufkommens sowie die Faktoren, die die Überlieferung verzerren, dargestellt. Jeweils ein Kapitel ist, nach Tatbeständen geordnet, der Delinquenz von Soldaten, französischen und sowjetischen Zivilisten gewidmet. Ein zusammenfassender Teil befasst sich mit der Rolle des Individuums bei der Tatbegehung und vor Gericht. Ein weiterer beleuchtet den Einfluss, den Recht, Ideologie und militärische Zweckmäßigkeitserwägungen auf das Handeln der Gerichte auf dem westlichen und östlichen Kriegsschauplatz hatten, und versucht, Maßstäbe für eine Bewertung zu entwickeln. Ein kurzes Fazit schließt die Arbeit. Eine deutsche Militärgerichtsbarkeit wurde mit Gesetz vom 12. Mai 1933 wieder eingeführt. Unter Kontrolle der militärischen Oberkommandos agierte sie unabhängig vom zivilen Justizressort. Gerichtsstand für die meisten Soldaten waren die Divisionsgerichte, bei der Militärverwaltung fiel den Feldkommandanturgerichten zusätzlich die Jurisdiktion über Zivilisten der besetzten Länder zu. Für die Strafverbüßung verfügte die Wehrmacht über eigene Vollzugseinrichtungen, Bewährungs- und Erziehungseinheiten und Straflager. Enge Zusammenarbeit bestand mit den militärpolizeilichen Formationen - namentlich Feldgendarmerie und Geheime Feldpolizei - sowie den Kommandanturen. Diese Exekutivorgane wachten über die Disziplin der Truppe, die Ordnung unter der Zivilbevölkerung und etwaige Bedrohungen für die Sicherheit der Besatzungsmacht. Nichtsdestotrotz zeigen sich bereits in den institutionellen Arrangements beträchtliche Unterschiede: Während in Frankreich parallel die landeseigene Justiz und Polizei weiter arbeiteten, wurde der staatliche Apparat auf dem besetzten Territorium der Sowjetunion ersatzlos zerschlagen. Ein Rechtsschutz für die einheimische Bevölkerung war nicht vorgesehen, im Gegenteil beseitigte Hitler mit seinem Kriegsgerichtsbarkeitserlass vom 13. Mai 1942 sowohl den Verfolgungszwang bei Übergriffen der Truppe als auch die Kriegsgerichtsbarkeit über sowjetische Zivilisten. Die Ahndung beider wurde in das freie Ermessen von Truppenkommandeuren und Militärverwaltung gestellt. Die Masse der Arbeit entfiel auch bei den Kriegsgerichten nicht auf schwere Verbrechen, sondern auf Straftaten wie Eigentumsdelikte, unerlaubte Entfernung von der Truppe und Ungehorsam. Die meisten verhandelten Delikte richteten sich gegen die Wehrmacht selbst. Illustriert mit einschlägigen Fallbeispielen werden in der Arbeit jedoch diejenigen Tatbestände behandelt, die sich aus dem Verhältnis zwischen Soldaten und Zivilisten ergaben: Diebstahl und Plünderung, Amts- und Wirtschaftsdelikte, Sachbeschädigung, Körperverletzung, Sexual- und Tötungsdelikte einerseits, Diebstahl von Wehrmachtseigentum, Grenzverletzungen, Arbeitsverweigerung, Propaganda, Unterstützung von Kriegsgefangenen, Waffenbesitz, Spionage, Sabotage und Freischärlerei andererseits. Unter anderem zeigt sich, dass die viel beschworene „deutsche Manneszucht“ mit der Realität zahlreicher Übergriffe und oft milder Strafen nicht allzu viel gemein hatte, aber auch die immer wieder behauptete Freigabe oder gar Förderung von Willkürakten gänzlich unbelegbar ist. Angesichts einer als sehr hoch zu veranschlagenden Dunkelziffer wird über das tatsächliche Ausmaß der Delinquenz wohl auch weiterhin nur zu spekulieren sein. In Frankreich arbeiteten Kommandanturen, Militärpolizei und Kriegsgerichte 1940-41 noch weitgehend nach der gewohnten Gesetzes- und Vorschriftenlage. Zunehmend wurde ihre reguläre Tätigkeit jedoch durch summarische militärische und polizeiliche Maßnahmen ergänzt und ersetzt. Neben den Geiseltötungen und Deportationen im Zuge der Widerstandsbekämpfung waren der „Nacht-und-Nebel-Erlass“ vom 7. Dezember 1941 und die Installation eines Höheren SS- und Polizeiführers im Sommer 1942 wesentliche Wegmarken dieser Entwicklung. In der Sowjetunion war gemäß dem Kriegsgerichtsbarkeitserlass von vornherein keine gerichtliche Ahndung von Widerstandsakten und kleineren Vergehen vorgesehen. Die Zahl der zur Strafe getöteten und den Einsatzgruppen überstellten Zivilisten geht in die Hunderttausende. Darunter waren zahlreiche Juden, deren Volkszugehörigkeit sie in den Augen der Besatzungsorgane per se verdächtig machte. Auch wenn institutionelle und gruppenspezifische Faktoren naturgemäß von erheblichem Einfluss waren, so konnten sowohl Soldaten als auch Zivilisten zu Tätern oder Opfern werden. Doch Soldaten konnten bedrängten Zivilisten auch Schutz gewähren. Interessant ist ferner die Rolle von Zivilisten als Zeugen oder Denunzianten. Die Kriegsgerichte konnten auf diese Phänomene mit einem an Willkür grenzenden Spielraum reagieren. Bei allen Nuancen zeichnen sich in ihrem Handeln drei große Tendenzen ab: ein extrem zweckbezogener Charakter, eine immer stärkere Tendenz weg von Rechtsgarantien hin zu summarischer Bestrafung und ein Gewöhnungseffekt an den neuartigen, totalen Weltanschauungskrieg. Je nach taktischer und strategischer Lage konnte die gleiche Tat unterschiedlich bestraft werden. Zunehmend trat das Bedürfnis in den Vordergrund, nicht nur Soldaten, sondern auch zivile Arbeitskräfte der Kriegführung zu erhalten. Der Einfluss der NS-Ideologie zeigt sich dagegen vor allem in der unterschiedlichen Behandlung von West- und Osteuropäern. Von besonderem Interesse sind Taten gegen Juden. Das Bemühen, Rechtsbrüche zu bestrafen, gleichzeitig jedoch die intendierte Rechtlosigkeit der jüdischen Bevölkerung umzusetzen, führte zu widersprüchlichen Urteilsbegründungen. Neben solchen Auswüchsen war aber auch das Handeln der Wehrmachtjustiz maßgeblich von Momenten geprägt, die sie mit den Rechtssystemen anderer Streitkräfte teilte. Zusammenfassend war die deutsche militärische Strafrechtspflege weniger von Vernichtungswillen als von kalter Aufgabenerfüllung geprägt. Sogar das zeittypische Täterstrafrecht wurde einseitig militärischen Interessen untergeordnet. An erster Stelle stand die Bedeutung der Tat für das Funktionieren der Wehrmacht, dahinter der Wert des Täters für die Kriegführung, und erst an dritter Stelle das Delikt selbst mit seinen gesetzlichen Folgen. Mit Fortdauer des Krieges und der immer schlechteren Lage Deutschlands verschärfte sich diese Tendenz. Zugleich wurde die Stellung der Beschuldigten gegenüber dem Gericht immer weiter geschwächt. Spätestens mit dem Angriff auf die Sowjetunion waren althergebrachte Kategorien von soldatischer „Zucht und Ordnung“ mit dem weltanschaulichen Charakter der Auseinandersetzung auch in Bezug auf die Wehrmachtjustiz nicht mehr vereinbar - mit weitreichenden Folgen für den Rechtsschutz der Zivilbevölkerung. Ein einfaches Fazit jedoch verbieten die zahlreichen Widersprüche, mit denen der Untersuchungsgegenstand behaftet ist: gerichtliche Nachsicht und Härte, patriotischer Widerstand und kriminelle Freischärlerei, positives Recht und nationalsozialistische Auffassung, Ritterlichkeit und gnadenloses Vorgehen gegen feindliche Zivilisten, Gesetzesparagrafen und Zweckmäßigkeitserwägungen waren weder seinerzeit, noch in der Rückschau in Einklang zu bringen.
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    Ist Freundschaft konstitutiv für eine pluralistische Politik? : Zum philosophischen Begriff der Freundschaft in Bezug auf Privatheit und Öffentlichkeit
    (2018) Kosch, Johanna
    Was hat Freundschaft heutzutage mit Politik zu tun? Dieser Frage und einer möglichen Antwort werde ich mich in dieser Arbeit über die philosophiegeschichtliche Rezeption des Begriffs Freundschaft annähern. Wenn man sich mit dem Begriff der Freundschaft in der Philosophie beschäftigt, merkt man schnell, dass dieses Thema in allen Epochen aktuell war und man merkt auch, dass Freundschaft beispielweise in der Antike noch etwas anderes bedeutet hat als das, was man heute weitläufig unter Freundschaft versteht. Freunde und Freundschaften kategorisieren wir heute gemeinhin als eine private Angelegenheit. In der Antike war Freundschaft ein Thema des öffentlichen Lebens. Trotzdem können wir uns heute noch für Aristoteles‘ und auch Ciceros Freundschaftskonzeptionen begeistern, obwohl sich das Prinzip von Freundschaft über die Jahrtausende verändert hat – warum ist das so? Bei einer näheren Betrachtung philosophischer Freundschaftskonzeptionen verschiedener Philosophen zeigt sich eine Traditionslinie in der Begriffsgeschichte der Freundschaft, die bei Aristoteles ihren Anfang nimmt. Seine Konzeption der Freundschaft ist eng verknüpft mit dem öffentlichen, politischen Leben der Menschen. Führt sich diese Verknüpfung von Freundschaft und Politik in der Traditionslinie des Begriffs Freundschaft ebenfalls fort? Diese Frage steht im Zentrum dieser Arbeit. Zu ihrer Beantwortung werde ich mich als erstes mit dem Freundschaftsbegriff der Antike beschäftigen und hierbei die Traditionslinie von Aristoteles zu Cicero nachzeichnen. Es wird sich zeigen, dass bestimmte Motive in den Freundschaftskonzeptionen vorzufinden sind, die immer wieder auftauchen. Daher werde ich die Frage nach einem antiken Ethos der Freundschaft stellen und das Verhältnis von Freundschaft und Politik in den antiken Freundschaftskonzeptionen anhand der beiden Autoren zusammenfassen. Für die neuzeitliche Rezeption des Freundschaftsbegriffs beziehe ich mich v. a. auf Montaigne. Dieser nimmt explizit Bezug auf Aristoteles und Cicero und führt damit die Traditionslinie auf den ersten Blick fort. Bei genauerer Betrachtung tilgt er jedoch die politische Dimension aus seiner Freundschaftsvorstellung. Wird die Traditionslinie des Freundschaftsbegriffs damit transformiert, indem sich bestimmte Merkmale ändern oder wegfallen, oder wird die Traditionslinie damit abgebrochen? Dieser Frage werde ich mich im zweiten Kapitel dieser Arbeit widmen. Für die Moderne ergeben sich aus dieser Transformation heraus im Wesentlichen drei Sichtweisen in Bezug auf den Begriff der der Feindschaft: Erstens wird Freundschaft durch ihren Gegenentwurf, der Feindschaft, heraus definiert. Zweitens wird Freundschaft als Angelegenheit des Privaten und drittens wird Freundschaft als Angelegenheit des öffentlichen Lebens betrachtet. Die Koexistenz dieser drei Dimensionen zeigt, wenn auch nur grob, wie vielfältig sich das Erbe einer philosophischen Idee über Jahrhunderte und Jahrtausende ausgestaltet hat. In Bezug auf die Politik umso mehr, wenn soziologische Entwicklungen und die Ausdifferenzierung verschiedener politischer Lager berücksichtigt werden. Je nachdem, ob wir den Begriff der Freundschaft heute beispielsweise ganz allgemein in den Kontext von Konkurrenz und Kooperation, von geopolitischen, kapitalistischen oder neoliberalen Interessen, von Individualität und Kollektivismus, von Konservativismus oder Pluralismus stellen, finden wir zwangsläufig Elemente aus dieser Begriffstradition wieder – entweder ein aristotelisches Motiv oder einen ciceronischen Gedanken oder eine Wendung, die an Montaigne erinnert. Freundschaft als eine persönliche und soziale Beziehung, jenseits der familiären Bande, und ihre Transformationsformen wie Kameradschaft, Genossenschaft, Bruderschaft, Fraternité, etc., hat, wie sich zeigen wird, ganz generell eine besondere Relevanz für das soziale und politische Leben. Welche Aspekte der Freundschaft besonders hervorstechen und bedeutsam werden, variiert in verschiedenen Zeiten bzw. Epochen und Kontexten. Aus der letzten der genannten Perspektiven heraus, stellt sich die Frage, inwiefern wir hier bei der Idee der Verknüpfung von Freundschaft und Öffentlichkeit wieder auf den Kerngedanken des aristotelischen Freundschaftsbegriffs treffen: Freundschaft ist für die Gemeinschaft gut und impliziert Eintracht. Zuletzt wird diskutiert, ob dieser Begriff von Freundschaft konstitutiv sein kann für eine pluralistische Politik in einer pluralistischen Gesellschaft.
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    „Denn sie sind Menschen- und Grasfresser...“ : zu Kannibalismusdiskursen der Römischen Kaiserzeit
    (2015) Scherr, Jonas
    Übersichtsaufsatz zu Schilderungen von Kannibalismus in der Literatur der Römischen Kaiserzeit.
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    Die Hof-und Universitätsmechaniker in Württemberg im frühen 19. Jahrhundert
    (2013) Trierenberg, Andor; Hentschel, Klaus (Prof. Dr.)
    Die im Umfeld des Tübinger Astronomie- und Mathematik Professors Johann Gottlieb Friedrich Bohnberger (1765-1831)tätigen Hof- und Universitätsmechaniker werden in einer sozialhistorischen Arbeit unter der Berücksichtigung der Methode der Prosopographie untersucht. Insgesamt werden 18 Mechaniker und ihre Werkstätten betrachtet. Die Untersuchung der Werkstätten schließt auch die Lehrlinge und Gesellen mit ein. Im Mittelpunkt stehen Johann Heinrich Tiedemann (1742-1811), Gottlob Buzengeiger (1777-1836) und Wilhelm Gottlob Benjamin Baumann (1772-1849). in einem Exkurs wird die von J.G.F. Bohnenberger und G. Buzengeiger entwickelte Bohnenbergersche Schwungmaschine (Gyroskop) untersucht. Die Arbeit bietet einen Einblick in die Regionalgeschichte der Mechanikerszene in Stuttgart, Ludwigsburg und Tübingen.
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    The structure of the DP and its reflex in Scandinavian
    (2010) Lohrmann, Susanne; Alexiadou, Artemis (Prof. Dr.)
    The aim of this dissertation is to investigate the structure of the DP and its reflex in Scandinavian. To this end I analysed the semantic contribution of the articles in Scandinavian modified definite DPs and their interaction with the adjectival inflection. I also considered other factors, such as the diachronic development of the respective morphemes. The DP structure put forth in this dissertation can account for the interaction of the functional morphemes involved in modified definite DPs as well as for the variation found regarding the marking of definiteness in the Scandinavian languages. In detail I claim that the notion of definiteness in Scandinavian is expressed by an interplay of three morphemes: the preadjectival article introduces a discourse referent that contains a new discourse variable; the suffixed article brings about specific reference; and the weak adjectival inflection identifies the members of the subset in the denotation of the modified noun.
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    Die Chinatowns in Paris und in London des 20. und 21. Jahrhunderts : Analyse und Vergleich repräsentativer Beispiele in Europa
    (2019) Liu, Yue; Krüger, Reinhard (Prof. Dr.)
    Diese Dissertation befasst sich mit einer vergleichende Analyse der beiden europaweit wichtigsten chinesischen Gemeinschaften und repräsentativsten Chinatowns in Paris und London hinsichtlich ihrer historischen, wirtschaftlichen, soziologischen und medienwissenschaftlichen Aspekte. Unter Berücksichtigung der verschiedenen Migrations- und Integrationspolitik der Ankunftsländer bezieht sich diese komparative Analyse, genauer gesagt, auf die chinesische Migrationsgeschichte um ihre sozio-ökonomische Lebenssituation vor Ort, Eingliederung in den Arbeitsmarkt, soziale Beziehung und Netzwerke, Ortsbindung und Heimatsgefühle sowie Erfahrung vom politischen Engagement. Die Ergebnisse der Analysen zeigen weiterhin drei Modelle der Chinatowns als Musterbeispiele Europas, erstens: die Chinatown vornehmlich mit wirtschaftlicher Konzentration, zweitens: die komplexe Chinatown mit gemeinschaftlicher, kultureller, wirtschaftlicher und sozialer Funktion und drittens: die Chinatown nach amerikanischem Stil als Konsum- und Vergnügungsort sowie Touristenattraktion.