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Autor(en): Werz, Martin
Titel: Experimentelle und numerische Untersuchungen des Rührreibschweißens von Aluminium- und Aluminium-Stahl-Verbindungen zur Verbesserung der mechanischen Eigenschaften
Sonstige Titel: Experimental and numerical research on friction stir welding of aluminum and aluminum-steel joints to improve their mechanical properties
Erscheinungsdatum: 2020
Verlag: Stuttgart : Materialprüfungsanstalt (MPA), Universität Stuttgart
Dokumentart: Dissertation
Seiten: XVIII, 187
Serie/Report Nr.: Technisch-wissenschaftlicher Bericht / Materialprüfungsanstalt (MPA), Universität Stuttgart;2020,3
URI: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:93-opus-ds-109613
http://elib.uni-stuttgart.de/handle/11682/10961
http://dx.doi.org/10.18419/opus-10944
ISBN: 978-3-946789-08-6
Zusammenfassung: Die Reduktion des Fahrzeuggewichtes durch Leichtbau stellt eine effektive Möglichkeit zur Vergrößerung der Reichweite von E-Mobilen sowie zur Verringerung der Emissionen bei konventionellen Kraftfahrzeugen dar. Sowohl beim konstruktiven als auch beim Werkstoff-Leichtbau kommt dabei der Fügetechnologie eine entscheidende Rolle zu. Das hochfeste schweißtechnische Fügen niederlegierter ferritischer Stähle, wie sie im Karosseriebau eingesetzt werden, wird heute mit verschiedenen Schmelz- und Pressschweißverfahren wie z. B. dem Laser- oder Widerstandpunktschweißen beherrscht. Beim Verschweißen von hochfesten Aluminiumwerkstoffen mit heute gängigen Schweißprozessen kann es jedoch an der Fügestelle zu signifikanten Einbußen der Festigkeit kommen. Die festigkeitssteigernden Mechanismen im Aluminium werden durch die hohe Wärmeeinbringung beim Aufschmelzen reduziert bzw. gehen verloren. Bei der mit der Erstarrung einhergehenden Gefügeneubildung können diese Mechanismen nicht mehr oder nur noch in geringerem Maße aktiviert werden. Darüber hinaus stellen, je nach chemischer Zusammensetzung der Aluminiumlegierung, Heißrisse sowie im speziellen Fall des Widerstandpunktschweißens der hohe Elektrodenverschleiß generelle Probleme dar. Um diese mit dem Aufschmelzen bzw. Erstarren der hochfesten Aluminiumlegierungen zusammenhängenden Probleme zu lösen bzw. vielmehr zu umgehen, wurde 1991 am The Welding Institute (GB) das Rührreibschweißen entwickelt. Dabei handelt es sich um ein spezielles Pressschweißverfahren, bei dem der Werkstoff vollständig in fester Phase verbleibt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Reibschweißprozessen, wie z. B. dem Linear- oder Rotationsreibschweißen, wird dabei allerdings keine Relativbewegung zwischen den zu fügenden Bauteilen oder Werkstoffen benötigt. Vielmehr wird die Reibarbeit durch ein rotierendes Schweißwerkzeug eingebracht, das in den Fügespalt eingepresst und entlang desselben verfahren wird. Durch den Materialtransport um das rotierende Werkzeug bzw. dessen Pin wird die Schweißnaht hergestellt. Aufgrund dieser Besonderheit, dass der Werkstoff in fester Phase verbleibt, sind neben hochfesten Aluminiumverbindungen auch Mischverbindungen möglich. Solche Mischverbindungen sind schmelzmetallurgisch nicht oder nur eingeschränkt möglich. Hierzu zählen insbesondere stoffschlüssige Aluminium-Stahl-Mischverbindungen, die für den ökonomischen Hybrid-Leichtbau der Karosserie von besonderem Interesse sind. Die Festigkeit solcher Verbindungen kann allerdings durch spröde intermetallische Verbindungen stark begrenzt werden. Dies stellt eine der technologischen Grundherausforderungen dieser Arbeit dar. Daher soll diese Arbeit dazu beitragen, den Rührreibschweißprozess als industrielles Fertigungsverfahren für hochfeste Aluminium- und Aluminium-Stahl-Hybrid-Verbindungen, besonders für den Karosseriebau mit seinen spezifischen Anforderungen, zu etablieren. Um den Prozess besser zu verstehen und die Auswirkungen auf die resultierenden Festigkeitseigenschaften quantifizieren zu können, werden in dieser Arbeit vorrangig experimentelle, aber auch numerische Ansätze entwickelt. Des Weiteren ist es das Ziel, die gewonnenen Erkenntnisse in Form von Prozesserweiterungen, -verbesserungen oder -abwandlungen für industrielle Prozesse nutzbar zu machen. Da die in diesem Zusammenhang entwickelten Lösungen teilweise deutlich über den aktuellen Stand der Technik hinausgehen, wurden während dieser Arbeit eine hohe Zahl an Erfindungen mit nachfolgenden Patentanmeldungen gemacht (siehe Tabelle 8.1). Grundlage des ersten Teils der Arbeit ist die Entwicklung geometrisch neuartiger Schweißnahtkonfigurationen samt zugehörigem Herstellungsprozess, um Aluminium- und Stahlbleche unterschiedlichster Dicke hochfest fügen zu können. Hierbei wird explizit auf die Anforderungen für eine spätere Nutzung der Mischverbindungen in hybriden Tailor Welded Blanks (TWB) eingegangen. Hierzu gehört besonders die Anforderung, die Schweißnaht als Stumpfstoß und einseitig eben auszuführen. Ein weiteres Erfordernis besteht darin, dass die Tailor Welded Blanks in Tiefziehprozessen umformbar sind und dabei nicht im Bereich der Schweißnaht aufreißen. Zwei unterschiedliche Lösungen wurden hierzu entwickelt: Bei der ersten Ausführung wird das höherfeste, aber dünnere Stahlblech entlang der Schweißnaht umgebördelt, um so eine Vergrößerung des Anbindungsquerschnittes zu realisieren. Da dies einen zusätzlichen Bearbeitungsschritt erfordert und insbesondere hochfeste Stähle nicht rissfrei aufeinander umgelegt werden können, wurde im Verlauf dieser Arbeit eine zweite Lösung entwickelt. Hierbei wird ein Rührreibschweißwerkzeug mit abgestuftem Schweißstift verwendet, um eine kombinierte Überlapp- und Stumpfstoßverbindung herzustellen. Dabei führt der untere zylindrische Abschnitt des Schweißstiftes eine Stumpfverschweißung zwischen Stahl und Aluminium aus. Der stirnseitige Abschnitt der Stufe des Schweißstifts erzeugt gleichzeitig eine Überlappverbindung zwischen den beiden Werkstoffen. Der Vergleich beider entwickelter Lösungen mit dem Stand der Technik wurde anhand der automobiltypischen Werkstoffkombination EN AW-6016-T4 2,0 mm (Aluminium-Magnesium-Silizium-Legierung) / HC340LAD 1,0 mm (mikrolegierter Feinkornstahl) durchgeführt. Dabei zeigt sich besonders in den Schwingfestigkeitsuntersuchungen eine signifikante Überlegenheit der kombinierten Stumpf- und Überlappverbindung gegenüber dem Stand der Technik. Kombinationen von Aluminium und Stahl, bei denen das Produkt von Blechdicke und Festigkeit seitens des Aluminiums etwas größer ist als das des Stahlblechs, zeigen in Napfziehversuchen Umformergebnisse ohne Aufreißen der Schweißnaht. Kombinationen, bei denen das Produkt von Blechdicke und Festigkeit seitens des Stahls größer war, zeigen auch nach Optimierung der Schweißparameter eine signifikante Dehnungslokalisierung mit nachfolgender Rissbildung in der WEZ des Aluminiums. Für diesen Fall der Dehnungslokalisierung in der Schweißnaht wird für aushärtbare Legierungen, basierend auf dem Aluminium-Magnesium-Silizium-Dreistoffsystem (6000er), eine neuartige Wärmebehandlungsmethode entwickelt. Ausgangspunkt dafür sind systematische Untersuchungen des Auslagerungsverhaltens des Grundwerkstoffs bei unterschiedlichen Auslagerungstemperaturen, -dauern und Zwischenauslagerungszeiten. Ferner werden die Grenzen für das Auftreten von Rekristallisation für den Grundwerkstoff, vorgedehnten Werkstoff und gleichartigen Schweißverbindungen experimentell untersucht. Überdies werden sowohl das Wachstum der intermetallischen Phasen in Glühversuchen von Aluminium-Stahl-Rührreibschweißverbindungen als auch die Auswirkung auf die Verbindungsfestigkeit untersucht. Es zeigt sich, dass der dickenabhängige, festigkeitslimitierende Effekt dieser Grenzschicht sehr gut mit der von Weibull entwickelten Theorie erklärt werden kann. Die quantitative Beschreibung dieses Zusammenhangs ergibt, dass herkömmliche Lösungsglühprozesse, aufgrund der zur Erwärmung der Bauteile benötigten Zeiten, nicht zielführend sind. Die neu entwickelte Wärmebehandlungsmethode nutzt daher den Schweißprozess selbst als lokalen Lösungsglühprozess. Grundvoraussetzung hierfür ist, dass der Schweißprozess ausreichend schnell ausgeführt wird, sodass es währenddessen nicht zu einer Überalterung der festigkeitssteigernden Ausscheidungen kommt. Durch die deutlich längere, logistisch bedingte Raumtemperatur-Zwischenauslagerung des Grundwerkstoffs im Vergleich zur Schweißnaht spricht dieser deutlich langsamer auf eine Warmauslagerung bei vergleichsweise niederen Temperaturen an. Dies bedeutet, dass mit dieser Methode die Festigkeit der Schweißnaht durch Warmauslagerung gesteigert werden kann, ohne dass der Grundwerkstoff eine signifikante Festigkeitssteigerung erfährt. Für die Legierung EN AW-6016 werden Prozessdiagramme zur Ermittlung der minimal notwendigen Warmauslagerungsdauer entwickelt. Die Diagramme berücksichtigen dabei die Auslagerungstemperatur, die Dauer der Kaltauslagerung der Schweißnaht sowie den Nahtunterhang der Rührreibschweißnähte. Die Diagramme werden mittels gleichartiger Aluminium-Schweißnähte und Aluminium-Stahl-Mischverbindungen validiert. Der dritte und abschließende Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit der numerischen Modellierung des Rührreibschweißprozesses, um zukünftig numerische Prozessoptimierungen zur weiteren Steigerung der Festigkeit durchführen zu können. Anhand einer Literaturrecherche wird gezeigt, dass ein wesentliches Steigerungspotential hinsichtlich der Aussagekraft der Prozesssimulationen in den hierzu verwendeten Materialmodellen liegt. Hierzu werden die bislang in der Literatur bekannten Werkstoffmodelle daraufhin analysiert, wie gut diese die Fließspannung über die breiten Dehnraten-, Temperatur-, und Dehnungsbereiche abbilden, die beim Rührreibschweißen auftreten können. Da bekannte thermomechanische Werk-stoffmodelle für andere Anwendungen wie z. B. ballistische Impacts oder Warmumformung entwickelt wurden, zeigt sich die Notwendigkeit für eine Neuentwicklung. Bei dieser Neuentwicklung wird bewusst ausschließlich auf Effekte eingegangen, die bereits in der Literatur bekannt sind und die für den Prozessbereich des Rührreibschweißens als relevant einzustufen sind. Das neu entwickelte Modell wird unter Berücksichtigung verschiedener Annahmen zum Werkstoffverhalten bei Temperaturwechseln als User-Subroutine für Abaqus/Explicit implementiert. Zur Bestimmung der benötigten Modellparameter werden mit einer Gleeble 2000 bei einem breiten Temperatur- und Dehnratenspektrum für die Werkstoffe Al 99,5, EN AW-5182, AlSi10Mg und EN AW-6016 Druckversuche durchgeführt. Das Materialmodell reduziert den Modellfehler bei der Anpassung der Versuchsergebnisse gegenüber bereits etablierten Materialmodellen erheblich. Hierdurch wird die Aussagekraft von Prozesssimulationen, die dieses Materialmodell gegenüber dem etablierten Johnson-Cook-Modell verwenden, erheblich gesteigert.
Enthalten in den Sammlungen:04 Fakultät Energie-, Verfahrens- und Biotechnik

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