Bitte benutzen Sie diese Kennung, um auf die Ressource zu verweisen: http://dx.doi.org/10.18419/opus-13651
Autor(en): Meißner, Robert
Titel: Beitrag zur Bestimmung der statischen Torsionsfestigkeit von umformgefügten Welle-Nabe-Verbindungen
Erscheinungsdatum: 2023
Verlag: Stuttgart : Institut für Umformtechnik
Dokumentart: Dissertation
Seiten: xxiii, 229
Serie/Report Nr.: Beiträge zur Umformtechnik;95
URI: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:93-opus-ds-136703
http://elib.uni-stuttgart.de/handle/11682/13670
http://dx.doi.org/10.18419/opus-13651
ISBN: 978-3-946818-21-2
Zusammenfassung: Im sich stetig weiterentwickelnden Mobilitätssektor sind innovative und effiziente Fertigungskonzepte für Bauteile und Komponenten zur Übertragung von Torsionskräften in modernen Fahrzeugen unverzichtbar. Neuartige Konzepte müssen nicht nur die Herstellungskosten verringern, sondern auch die Kohlenstoffemissionen sowohl während der Produktion als auch im Betrieb reduzieren. Für die Übertragung von Torsionskräften werden in Antriebssträngen jeglicher Art Welle-Nabe-Verbindungen eingesetzt. Ein vielversprechendes Fertigungskonzept stellt dafür das Fügen durch Umformen dar. Insbesondere das Verbinden von Wellen und Naben mittels Querfließpressen, in Verbindung mit neuartigen und komplexen Nabenprofilen, ist ein seit langem erforschter Ansatz, um die Produktivität zu steigern. Hierbei lassen sich die Vorteile eines Reibschlusses (Ansprechverhalten unter dynamischer Last) mit denen eines Formschlusses (Übertragung hoher Torsionsmomente) vereinen. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass die Vorbereitung der Fügepartner durch konventionelle Fertigungstechniken wie Zerspanen oder Kaltumformung erfolgen kann. Anhand von experimentellen Untersuchungen in vorangegangen Arbeiten konnte gezeigt werden, dass die aufnehmbaren Torsionsbelastungen teilweise weit über die Materialgrenzen der Welle hinausgehen können. Bei diesen Untersuchungen zeigte sich, dass nicht die komplexen Nabenprofile der WNV den Schwachpunkt darstellten, sondern ein Torsionsbruch der Welle auftrat. Der Einsatz numerischer Bauteil- und Fertigungsmodelle zur Steigerung der Komponentenleistungsfähigkeit und zur Erschließung weiterer Leichtbaupotenziale sowie die Integration digitaler Entwicklungsaktivitäten geraten bei der Entwicklung neuer Fertigungskonzepte für die Umsetzung einer ganzheitlichen Betrachtung vermehrt in den Fokus. Das Potenzial dieser neuartigen umformgefügten Q-WNV sowie ein erster experimenteller Leistungsnachweis kann den Forschungsarbeiten von Dörr und Funk entnommen werden. Hierbei wurden jedoch bisher noch keine numerischen bzw. analytischen Modelle zur Abbildung der statischen bzw. dynamischen Leistungsfähigkeit entwickelt, noch sind Methoden zur Bestimmung von erreichbaren Torsionsmomenten bekannt, die eine rechnerische Prognose der sicher übertragbaren statischen Torsionsfestigkeit ermöglichen. Die für den statischen Anwendungsfall relevante Kaltverfestigung der Welle wurde bisher nicht untersucht und wird in den heute bekannten Berechnungsvorschriften nicht berücksichtigt. Daher bestand das wissenschaftliche Ziel dieser Arbeit zum einen in der Untersuchung des Einflusses der Kaltverfestigung auf die statische Torsionsfestigkeit von mittels Querfließpressen gefügten WNV. Zum anderen galt es, die Frage zu beantworten, wie sich die durch die Umformung hervorgerufene Kaltverfestigung in die numerische strukturmechanische Belastungsrechnung in Bezug auf Grenzdrehmomente integrieren lässt. Derzeit werden für den Umform- bzw. Fügevorgang und die nachfolgende strukturmechanische Bestimmung der Torsionsfestigkeit in der Entwicklung von Komponenten unterschiedliche physikalische Ansätze angewendet, welche in speziellen FE-Programmen entweder zur Umformsimulation oder zur strukturmechanischen Simulation implementiert sind. Der Einsatz unterschiedlicher Finite-Elemente-Codes erschwert die vollständige Kopplung von Umformprozess und Belastungsanalyse. Daher wird in dieser Arbeit ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt, bei dem die Geometrie- und Werkstoffdaten über eine relativ einfache Schnittstelle übertragen werden. Ein weiteres Ziel dieser Arbeit bestand in der Erzeugung von fugendruckhomogenisierten reibschlüssigen Naben zur Erhöhung des Fugendrucks gegenüber konventionellen thermisch gefügten Querpressverbänden bei gleichzeitiger Reduzierung der Spannungsspitzen an den Nabenkanten. Hier galt es, eine Nabenkontur in Wechselwirkung mit dem Werkstofffluss der Welle zu erzeugen, welche eine ballige Außenkontur durch das Querfließpressen beim Fügen aufweist. Um das Ziel dieser Arbeit zu erreichen und die sich daraus abgeleiteten Fragen beantworten zu können, wurde die Baugruppe der WNV in ihren Einzelkomponenten betrachtet. Die systematische Aufteilung ermöglichte die Entwicklung einer Methode zur Integration der Kaltverfestigung in die numerische Torsionsberechnung für WNV. Die Problemstellung dieser Arbeit wurde auf Basis der Erkenntnisse aus dem Stand der Technik hergeleitet (Kapitel 3), konkretisiert und der Forschungsbedarf zunächst an numerischen und experimentellen Untersuchungen zum Vollvorwärtsfließpressen verdeutlicht. Anschließend erfolgte die Betrachtung dieser offenen Fragen zum Umformfügen von WNV mittels Querfließpressen unter der Verwendung von fugendruckbasierten Nabenkonturen. Zur Durchführung dieser Untersuchungen wurden die Werkstoffkennwerte des Naben- und Wellenwerkstoffs ermittelt und die Prüfstände sowie die eingesetzte Messtechnik festgelegt (Kapitel 4). Im Kapitel 5 wurde die Integration der Kaltverfestigung in die numerische Berechnung der statischen Torsionsfestigkeit untersucht, indem der Einfluss der Kaltverfestigung aus dem Fügeprozess herausgelöst und kaltgeformte Wellen durch VVFP hergestellt wurden. Um den Einfluss der Kaltverfestigung auf die erreichbare statische Torsionsfestigkeit von abgesetzten Wellen zu ermitteln, wurden eine Prüfgeometrie und ein Prüfaufbau entwickelt, um fließgepresste und zerspante Wellen statisch zu tordieren. Hierbei wurde eine Steigerung der Torsionsfestigkeit infolge der Kaltverfestigung der im Rahmen dieser Arbeit fließgepressten Wellen von 50 % bis 90 % gegenüber zerspanten Wellen experimentell ermittelt. Um den Einfluss der Kaltverfestigung in der numerischen strukturmechanischen Berechnung der maximal erreichbaren Torsionsfestigkeit zu berücksichtigen, wurde eine Vorgehensweise zur Übertragung numerisch berechneter Eigenspannungen und Dehnungen aus dem Umformprozess entwickelt. Dies ermöglicht den Datentransfer (Geometrie und lokale Bauteileigenschaften) von Deform3DTM (FE-Umformsimulation) zu ANSYS Workbench (FE-Strukturmechaniksimulation). Für diesen Bauteil- und Werkstoffdatentransfer wurde eine hohe Abbildungsgenauigkeit der umformtechnisch erzeugten Spannungen und Dehnungen in ANSYS Workbench erzielt und die Vorhersage der statischen Torsionsfestigkeit von fließgepressten Wellen unter Einfluss der Kaltverfestigung signifikant verbessert. Insbesondere gegenüber gedrehten Wellen wurde mit diesem Datentransfer eine signifikante Verringerung der Abweichung bei der numerischen Bestimmung der statischen Torsionsfestigkeit von 58 % (Drehteil) auf 2 % (Fließpressteil) für den Werkstoff 16MnCr5 und einen Zapfendurchmesser von 26 mm erzielt. Die Untersuchung zur Ermittlung der statischen Torsionsfestigkeit von fugendruckbasiert ausgelegten reibschlüssigen Nabenkonturen für WNV unterteilt sich in zwei weitere Abschnitte. Kapitel 6 fokussierte sich auf die numerische Gestaltung rotationssymmetrischer, hinterschnittiger Nabenkonturen durch die numerische und experimentelle Umsetzung eines iterativen werkstoff- und geometrieintegrierten Gestaltungsansatzes. Hierbei wurde das Ziel verfolgt, nach dem Fügen eine homogene Fugendruckverteilung in der Fuge zwischen Welle und Nabe zu erhalten und den maximal einstellbaren Fugendruck in Abhängigkeit des Wellenwerkstoffs zu ermitteln. Die eingesetzte Welle lag als zylindrischer Körper vor und es wurde ausschließlich die Nabeninnenseite konturiert, wodurch sich zusätzlich ein Hinterschnitt in axialer Richtung einstellte. Die numerischen und experimentellen Untersuchungen zur Gestaltung eines homogenen und maximalen Fugendrucks zeigten, dass eine gezielte fertigungstechnische Herstellung derartiger Verbindungen erfolgen kann. Für den Wellenwerkstoff 16MnCr5 wurde ein maximaler Fugendruck von 350 MPa und für den Wellenwerkstoff 42CrMo4 ein maximaler Fugendruck von 450 MPa ermittelt. Für beide Werkstoffe lag der maximale Fugendruck damit ca. 100 MPa unter der jeweiligen Zugfestigkeit. Der Einsatz einer fugendruckbasierten reibschlüssigen Nabenkontur führte unter Verwendung des gleichen Wellenwerkstoffs zu einer Steigerung der statischen Torsionsfestigkeit um 54 % im Vergleich zu einem thermisch gefügten Pressverband. Unter Verwendung des höherfesten Wellenwerkstoffs 42CrMo4 und eines hohen Fugendrucks von 450 MPa wurde sogar eine Steigerung um 76 % ermittelt. Ebenso wurde für fugendruckbasierte reibschlüssige WNV eine Formfüllung von bis zu 98 % gezeigt, welche sich durch eine präzisere zerspanende Fertigung an den Nabenkanten sogar zu einer vollständigen Formfüllung ausbauen lässt. Aufgrund des axialen Hinterschnitts der Nabenkontur wurden die axialen Abziehkräfte um 14 % bzw. um 22 % je nach Wellenwerkstoff und Fugendruck gegenüber zylindrischen Nabenkonturen gesteigert. In Kapitel 7 erfolgte die Ermittlung eines validierten FE-Umformmodells zur Erhöhung der numerischen Abbildungsgenauigkeit der zuvor experimentell gefügten Proben. Hierfür wurde eine Parameterstudie zur Ermittlung der tribologischen Wechselwirkungen und Reibungszahlen der Fügeverbindung, des Werkstück-Werkzeug-Kontakts und des Werkzeug-Werkzeug-Kontakts in Verbindung mit den geometrischen Fertigungstoleranzen der eingesetzten Halbzeuge durchgeführt. Die Studie zeigte anhand einer mit dem validierten FE-Umformmodell entwickelten Nabenkontur, dass die numerisch ermittelte Geometrie der gefügten Komponente um weniger als 0,1 µm an der Nabenaußenseite vom experimentell ermittelten Ergebnis abweicht und somit der numerisch anvisierte Fugendruck auch in der Realität erreicht wurde. Damit wurde erfolgreich gezeigt, dass mit dem entwickelten FE-Modell fugendruckbasierte reibschlüssige WNV entwickelt und gefertigt werden können. In Kapitel 8 wurden die bisherigen FE-Simulationsmodelle und -methoden zur experimentellen und numerischen Bestimmung der statischen Torsionsfestigkeit für fugendruckbasierte reib- und formschlüssige Nabenprofile verwendet und der Einfluss des zusätzlichen Formschlusses herausgearbeitet. Die Untersuchung zur statischen Torsionsfestigkeit von fugendruckbasierten reib- und formschlüssigen Nabenprofilen zeigte, dass diese Nabenprofile gegenüber bisher bekannten reib- und formschlüssigen Nabenprofilen vergleichbare statische Übertragungsfähigkeiten unter der Berücksichtigung eines deutlich geringeren Formschlusses sowie einer homogeneren Fugendruckverteilung aufwiesen. Die Ergebnisse zeigen, dass die numerische Modellierung der statischen Torsionsfestigkeit von fließgepressten Wellen durch die Integration der Kaltverfestigung mit dem entwickelten Datentransfer deutlich verbessert wurde. Die fugendruckbasierten Nabenkonturen ermöglichen höhere Fugendrücke im Vergleich zu konventionellen thermisch gefügten Querpressverbänden und erzielen dadurch deutlich höhere statische Torsionsmomente. Zudem erfordern WNV-Fügeprozesse keine Temperierung der Fügepartner, und die Halbzeuge können durch (Fein-)Drehen hergestellt werden. Fugendruckbasierte Nabenkonturen bieten gegenüber zylindrischen Nabenkonturen den Vorteil geringerer maximaler radialer und tangentialer Spannungen im Nabenkörper bei nahezu identischer statischer Torsionsfestigkeit. Außerdem wurde eine erhöhte axiale Abziehkraft durch axialen Formschluss nachgewiesen. Der Einfluss der Kaltverfestigung für die in dieser Arbeit untersuchten Wellengeometrien war von untergeordneter Bedeutung. Es wurden FE-Umformmodelle für die fugendruckbasierte Auslegung von reibschlüssigen Nabenkonturen sowie reib- und formschlüssigen Nabenprofilen entwickelt und validiert, die als Grundlage für weitere Untersuchungen zum umformtechnischen Fügen mittels Querfließpressen dienen. Diese Arbeit fokussiert sich maßgeblich auf den Herstellungsprozess fugendruckbasierter reibschlüssiger Nabenkonturen bzw. reib- und formschlüssiger Nabenprofile und insbesondere auf den Einfluss der Kaltverfestigung auf die statische Torsionsfestigkeit der hier untersuchten WNV für die Werkstoffe 16MnCr5 und 42CrMo4 mit einem Wellendurchmesser von 22 mm sowie einem Nabeninnendurchmesser von 25 mm und einem Nabenaußendurchmesser von 50 mm. Die Ermittlung der dynamischen Torsionsfestigkeit der entstandenen Versuchsproben betrachtet und analysiert Hr. Daniel Ulrich (Institut für Konstruktionstechnik und Technisches Design, IKTD, Universität Stuttgart). Diese Arbeit entstand in enger Zusammenarbeit mit dem IKTD im Rahmen eines gemeinsamen Forschungsprojektes, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wurde.
Enthalten in den Sammlungen:07 Fakultät Konstruktions-, Produktions- und Fahrzeugtechnik

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