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Autor(en): Hohberg, Georg
Titel: Modellierung biomassedominierter Energiesysteme : Methodenentwicklung anhand eines Fallbeispiels im Ost-Pamir, Tadschikistan
Sonstige Titel: Modeling of energy systems dominated by biomass : developing a simulation method based on a case study in the Eastern Pamirs of Tajikistan
Erscheinungsdatum: 2015
Dokumentart: Dissertation
URI: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:93-opus-103249
http://elib.uni-stuttgart.de/handle/11682/137
http://dx.doi.org/10.18419/opus-120
Zusammenfassung: Die Bereitstellung und Nutzung biogener Energieträger unterscheidet sich in wesentlichen Aspekten von jener nichtregenerativer Energieträger. Aufgrund ihrer dezentralen und flächenintensiven Erzeugung sind biogene Energieträger durch einen starken Raumbezug, Konkurrenz zu anderen Landnutzungsformen, Rückkopplungen innerhalb des Erzeugungssystems sowie durch Saisonalität und damit Einschränkungen in der Verfügbarkeit geprägt. Biomasse ist heute vor allem in Entwicklungsländern von großer Bedeutung für die Energiebereitstellung. Auch die Energieversorgung im tadschikischen Ost-Pamir, einer in Zentral Asien gelegenen und wenig entwickelten Hochgebirgsregion, ist maßgeblich durch biogene Energieträger geprägt. Ein großer Teil des Energiebedarfs wird hier durch Zwergsträucher (Krascheninnikovia ceratoides und Artemisia spp.) und Viehdung befriedigt. Die Zwergstrauchbestände des Ost-Pamir sind neben ihrer energetischen Verwendung auch als Nahrungsgrundlage für das Nutzvieh bedeutsam. Da bei einer Übernutzung der Zwergstrauchbestände zukünftig weniger Nutzvieh gehalten werden kann, jedoch ausbleibende Dungerträge zukünftig durch zusätzliche Zwergstrauchbiomasse kompensiert werden müssen, besteht die Möglichkeit einer selbstverstärkenden Wirkungskette. Die durch übermäßige Zwergstrauchernte hervorgerufene Degradation von Weideflächen im Ost-Pamir wurde von BRECKLE UND WUCHERER (2006, S.233) als Tereskensyndrom bezeichnet. Die Methode der Energiesystemanalyse wird verwendet, um wissensbasierte Entscheidungsgrundlagen für die Energiepolitik zu liefern. Ein Standardwerkzeug der Energiesystemanalyse sind optimierende Energiesystemmodelle. Diese verstehen Energiesysteme als rein technisch-ökonomische Systeme. Biomassedominierte Energiesysteme hingegen stellen eine Verbindung aus technisch-ökonomischem System, biophysikalischem System und sozialem System dar. Ziel dieser Arbeit ist es, durch Gegenüberstellung und Diskussion verschiedener Modellierungsansätze eine geeignete Methode zur Simulation von biomassedominierten Energiesystemen zu identifizieren und auf ein Fallbeispiel im Ost-Pamir anzuwenden. Im betrachteten Fallbeispiel soll geklärt werden, inwieweit die Zwergstrauchentnahme im Ost-Pamir eine Zerstörung ihrer Wachstumsgrundlagen bedingt und ob kurz bis mittelfristig mit einen Zusammenbruch der lokalen Energieversorgung gerechnet werden muss. Die Simulation von Entwicklungsszenarien soll zudem die Bandbreite von möglichen Entwicklungen beschreiben und Optimierungspotenzial aufzeigen. Ein System-Dynamics-GIS-Hybridansatz bietet die Möglichkeit der zeitlich kontinuierlichen, räumlich aufgelösten Modellierung, mit der auch Rückkopplungen in Systemen abgebildet werden können. Er ist daher für die Modellierung biomassedominierter Energiesysteme geeignet. Basierend auf dem beschriebenen Simulationsansatz und auf einer detaillierten Untersuchung des Energiesystems von Alichur, der zweitgrößten Siedlung des Ost-Pamir, wird das Energiemodell Alichur erstellt und parametrisiert. Nach eingehender Sensitivitätsanalyse und Validitätsprüfung werden im Energiemodell Alichur drei Szenarien simuliert: Szenario Business-as-usual (BAU, gleichbleibendes Management), Szenario Breckle (SB, verschlechtertes Management) und Szenario Optimierung und Energieautarkie (SOE, optimiertes Management). Die Simulationsergebnisse sämtlicher Szenarien zeigen, dass kurz- bis mittelfristig nicht mit einem Zusammenbruch des Energiesystems von Alichur gerechnet werden muss. Zwar ist zukünftig mit einem steigenden Aufwand für die Zwergstrauchernte zu rechnen, weil vermehrt auch ortsferne Bestände beerntet werden müssen. Aufgrund der Erntekultur, bei der bis zu 50 % der Zwergsträucher auf der Fläche verbleiben, ist jedoch eine völlige Degradation der Zwergstrauchbestände in der betrachteten Fallstudie nicht gegeben. Lediglich im ortsnahen Bereich erfolgt eine sehr intensive Zwergstrauchnutzung, die in den nächsten Dekaden kaum Zwergstrauchbiomassezuwachs erwarten lässt. Bei einem verschlechterten Ressourcenmanagement (Szenario SB) ist frühestens in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts mit einer Verknappung der erreichbaren Zwergstrauchbestände zu rechnen. Nicht eindeutig geklärt werden konnte die Frage, ob die gegenwärtige Zwergstrauchnutzung dauerhaft betrieben werden kann (Szenario BAU). Grundsätzlich ist bei optimiertem Management, verbunden mit moderaten Energieeinsparungen eine nachhaltige und autarke auf biogenen Energieträgern basierende Energieversorgung in der Region möglich (Szenario SOE). Die vermutete selbstverstärkende Wirkungskette zwischen thermischer Zwergstrauchnutzung und Weidekapazität kann in der Simulation nicht bestätigt werden.
Supply and utilization of biomass as an energy carrier differ significantly from those of non-regenerative energy carriers. Due to the decentral and space consuming production, biomass based energy carriers are characterized by strong spatial reference, competition with other forms of land-use, feedbacks within the energy system and seasonality causing restrictions in availability. Today, especially in developing countries, biomass is fundamental to energy supply. The energy supply of the Eastern Pamirs, a little developed high mountain region located in Tajikistan, Central Asia, is mainly dominated by biomass. A great share of the Eastern Pamirs’ local energy demand is currently satisfied by dwarf shrubs (Krascheninnikovia ceratoides und Artemisia spp.) and animal manure. Besides of their energetic potential, dwarf shrubs are an important nutrient source for local livestock. If the inhabitants of Alichur would overuse the local dwarf shrub stands, less livestock could be kept in the case study region. In Addition, missing manure yields would have to be compensated by even higher dwarf shrub yields. Hence, there is a possibility of a self-reinforcing functional chain. BRECKLE AND WUCHERER (2006, S.233) refer to the degradation of pasture lands due to excessive dwarf shrub harvest in the Pamir mountains as tereskensyndrome. Energy system analysis as a method is employed to generate a knowledge-based basis for decision making. Optimizing energy system models are used as a standard tool in energy system analysis. They treat energy systems as purely technical-economical systems. However, energy systems dominated by biomass are combined systems containing technical-economical, biophysical and social aspects. The aim of this study is to identify an appropriate method for the simulation of energy systems dominated by biomass and to apply this method to a case study in the Eastern Pamirs. In the case study considered it should be clarified, to what extend the dwarf shrub harvest causes degradation of dwarf shrub sites and if an energy system breakdown is likely on the short or medium term. Furthermore, by simulating different scenarios the range of possible developments within the energy system and the potential for optimization are to be identified. A system dynamics-GIS-hybrid approach allows for temporally continuous and spatially explicit simulation and the consideration of feedbacks within systems. It is therefore suitable for modelling energy systems dominated by biomass. Based on this approach as well as on a detailed analysis of the energy system of Alichur, the second largest settlement in the Eastern Pamirs, the model Energiemodell Alichur is developed and parameterized. After a sensitivity analysis and a validity check, three scenarios are simulated in the model Energiemodell Alichur: Scenario Business-as-usual (BAU, unchanged resource management), Scenario Breckle (SB, unfavorable resource management) and Scenario optimization and energy autarky (SOE, improved resource management). The simulation results of all three scenarios show that in the short to medium term a collapse of the energy system of Alichur is unlikely to happen. While travelling distances to dwarf shrub harvesting sites are likely to increase in the future, based on current harvesting practices, a total degradation of all dwarf shrub sites within this timeframe is not probable. Currently, most dwarf shrubs are harvested decentrally at intensities leaving up to 50 % of dwarf shrub biomass on the site. Only sites close to the settlement of Alichur are cleared at intensities preventing considerable biomass regrowth within the near future. Considering an unfavorable resource management (Scenario SB), access to dwarf shrubs as an energy carrier will not be limited before the second half of this century. It cannot finally be clarified if the current dwarf shrub-harvest can be continued in a permanent manner (Scenario BAU). However, it is found that considering an optimized resource management combined with moderate energy savings, permanent self-sufficient energy supply within the case study region is possible (Scenario SOE). The assumed self-reinforcing functional chain regarding energetic dwarf shrub use and pasturing of livestock cannot be confirmed by the results of the model simulation.
Enthalten in den Sammlungen:01 Fakultät Architektur und Stadtplanung

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