Please use this identifier to cite or link to this item: http://dx.doi.org/10.18419/opus-15336
Authors: Weiß, André
Title: Neuartige Auslegungsverfahren zur Reduzierung der Werkzeugbelastung beim zweistufigen Prägen
Issue Date: 2024
Publisher: Stuttgart : Institut für Umformtechnik
metadata.ubs.publikation.typ: Dissertation
metadata.ubs.publikation.seiten: xvii, 186
Series/Report no.: Beiträge zur Umformtechnik;98
URI: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:93-opus-ds-153559
http://elib.uni-stuttgart.de/handle/11682/15355
http://dx.doi.org/10.18419/opus-15336
ISBN: 978-3-946818-26-7
Abstract: Der stetige technologische Fortschritt und die fertigungstechnologischen Innovationen in der Produktion spielen eine Schlüsselrolle, die Effizienz etablierter Technologien in Hochlohnländern radikal zu steigern, um mit Unternehmungen einen Vorteil im agilen globalen Wettbewerb zu erlangen [1]. Umformtechnische Fabrikationsmethoden bieten hierzu eine etablierte, kosteneffiziente und ressourcenschonende Produktionstechnologie, um performante Komponenten in hoher Stückzahl herzustellen [2,3]. Gegenwärtig stellt die begrenzte Gestaltungsmöglichkeit der herzustellenden Geometrie einen bedeutenden und stark limitierenden Faktor für den Einsatz umformtechnischer Produktionsmethoden dar. Exemplarisch können Stirnpassverzahnungen nach aktuellem Stand der Technik umformtechnisch nicht vollständig ausgeformt werden, wodurch eine zerspanende Bearbeitung für eine Vielzahl von Komponenten bislang unumgänglich ist. Das Ziel der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit besteht darin, die bekannten Verfahrensgrenzen der umformtechnischen Herstellung von schwierig auszuformenden Formelementen bedeutend zu erweitern, um die technologischen, wirtschaftlichen und verfahrensspezifischen Vorteile für ein breites Bauteilspektrum zu erschließen. Stirnpassverzahnungen werden zumeist als Kupplungselemente zur Kraft- und Drehmomentübertragung verwendet, wobei die Leistungsfähigkeit dieser Maschinenelemente direkt von der Bauart des Kupplungssystems und der Fertigungsqualität der ineinandergreifenden Kupplungskomponenten abhängt. Aufgrund stetig steigender Anforderungen an die Leistungsfähigkeit von Kupplungselementen wird es in Zukunft nur mit erheblichem Fertigungsaufwand möglich sein, die geforderten Verzahnungsgeometrien mit den bekannten Methoden herzustellen. Damit die wirtschaftliche umformtechnische Herstellung auch zukünftig für Hochleistungskupplungselemente verwendet werden kann, müssen neue Methoden und Verfahren erforscht werden, um die Formfüllung von Verzahnungsgeometrien maßgeblich zu verbessern. Nach aktuellem Stand der Technik werden Stirnpassverzahnungen überwiegend mit einem Prägeverfahren umformtechnisch hergestellt. Charakteristisches Merkmal von Prägeprozessen ist die große Kontaktzone zwischen Werkstück und Werkzeug am Ende des Umformprozesses. Der Werkstoff wird im Prägeprozess von solchen Pressteilen ausschließlich im Bereich der Formelemente plastisch umgeformt. Dabei entstehen große Kontaktzonen ohne Werkstoffrelativbewegung, welche hohe Prozesskräfte und Werkzeugbelastungen am Ende des Prägeprozesses verursachen. Aufgrund der hohen Werkzeugbelastungen am Ende des Prägeprozesses werden die Verzahnungsspitzen in der Praxis nicht vollständig ausgeformt. Um die Formgebung in Prägeprozessen zu verbessern, wurden jedoch bereits diverse Untersuchungen zur Erweiterung der Verfahrensgrenzen von Prägeprozessen durchgeführt. Zumeist wird hierzu eine Vorform zur gezielten Materialvorverteilung vor der Prägestufe in das Werkstück eingeformt. Die aus dem Stand der Technik bekannten Vorformen für Prägeprozesse werden ohne Berücksichtigung der herzustellenden Verzahnung oder Prägegeometrie gestaltet, wobei eine umlaufende Fase am Rohteil die meist genutzte Vorform darstellt. Eine Vorform dieser Bauart bewirkt eine Reduktion des überproportionalen Kraftanstieg am Prozessende, wodurch der Füllgrad der Verzahnungen nur geringfügig gesteigert werden kann. Für die Entwicklungen einer kraftreduzierenden Werkstoffvorverteilung für Prägeprozesse wird aktuell die herzustellende Geometrie für die Konstruktion der Vorform nicht berücksichtigt. Somit kann der Werkstofffluss nicht gezielt in die herzustellende Geometrie geleitet werden, wodurch das volle Potenzial der Werkstück-Werkzeugkontaktreduktion derzeit nicht ausgeschöpft wird. Eine an die Formelemente angepasste Materialvorverteilung bietet das Potenzial, die WerkstückWerkzeugkontaktreduktion bedeutend zu verbessern und damit die Prozesskräfte signifikant zu reduzieren. Diese allgemeine Forschungshypothese wird in der vorliegenden Arbeit dazu verwendet, eine Stirnverzahnungsgeometrie herzustellen, wobei untersucht wird, wie die Materialvorverteilung an die zu fertigende Verzahnung angepasst werden kann, um den Werkstofffluss in der nachfolgenden Prägestufe zu begünstigen. Hierzu wird eine konkretisierte Forschungshypothese aufgestellt: Wird der Werkstück-Stempelkontakt in schwierig auszuformenden Zonen (Zahnspitze) vor dem Kontakt in einfach auszuformenden Zonen (Zahnfuß) erzeugt, kann eine hohe Formfüllung mit geringen Prozesskräften erreicht werden. Basierend auf dieser konkretisierten Forschungshypothese werden in dieser Arbeit zwei Verfahren zur Materialvorverteilung entwickelt: das Free-Divided-Flow- (FDF) und das Pin-to-Gear- (PtG) Verfahren. Im FDF-Verfahren wird das Material einseitig neben der Verzahnung vorverteilt. Hierdurch wird zunächst der Bereich, in welchem das Material vorverteilt wurde, nachfolgend die Verzahnung und abschließend der zweite Bereich neben der Verzahnung ausgeformt. Im PtG-Verfahren wird das Material im Bereich der Verzahnung in einer simplifizierten Geometrie vorverteilt, wodurch zunächst die Verzahnung ausgeformt wird und erst darauffolgend alle angrenzenden Bereiche. Mit beiden Verfahren können die auftretenden Prozesskräfte, im Verhältnis zur konventionellen Formgebung, signifikant reduziert werden. Unter Berücksichtigung einer umformtechnischen Vorformherstellung können die Einsatzgebiete beider vorgestellten Verfahren dargestellt werden: Das FDF-Verfahren eignet sich für die Herstellung von Werkstücken mit großen Abständen zwischen den Einzelzähnen während sich das PtG-Verfahren zur Formgebung von Verzahnungsgeometrien mit hohem Aspektverhältnis eignet. Zur Validierung der Forschungshypothese und zur Analyse der entworfenen Verfahren wird zunächst ein Materialmodell erstellt, um darauf basierend die mehrstufigen FEM-Simulationen der numerischen Verfahrensuntersuchung aufzubauen. Ziel der numerischen Untersuchung ist die Entwicklung einer parametrisierten Vorformgeometrie für beide Verfahren, welche in Abhängigkeit der herzustellenden Verzahnung und ohne weiterführende numerische Simulationen definiert werden kann. Hierzu werden statistische Versuchspläne, Sensitivitätsanalysen, Optimierungsfunktionen und Methoden der Data Analytics angewendet. Zur experimentellen Validierung wird ein Versuchswerkzeug für fünf unterschiedliche Verzahnungen konstruiert und gefertigt (vier Sperrverzahnungen und eine Hirth-Verzahnung). Schwerpunkte der experimentellen Untersuchung stellen die Formfüllungsanalyse, die Maßabweichungsanalyse, die Presskraftanalyse, die Oberflächenrauheitsanalyse, die metallurgische Gefügeanalyse sowie die Analyse der Härteverteilung der Verzahnungsgeometrien dar. In der experimentellen Untersuchung wird im hinteren Teil der Arbeit gezeigt, dass alle Verzahnungsgeometrien beider Verfahren vollständig und ohne Umformfehler ausgeformt werden können. Dabei werden die Verzahnungen sowohl aus dem Einsatzstahl 16MnCrS5 als auch aus dem unlegierten Baustahl C4C mit unterschiedlichen Schmierstoffsystemen im identischen Umformwerkzeug umgeformt. Zur zukünftigen und vereinfachten Verfahrensanwendung werden Konstruktionsrichtlinien verfasst sowie die ermittelten Verfahrensgrenzen des FDF- und des PtG-Verfahrens erläutert. Im Rahmen dieser wissenschaftlichen Arbeit wird mittels unterschiedlicher Verzahnungsgeometrien dargestellt, dass die Prozesskräfte deutlich reduziert und der Formfüllungsgrad bedeutend gesteigert werden können, wenn der Werkstück-Stempelkontakt in der Zahnspitze vor dem Kontakt mit dem Zahnfuß erfolgt. Somit kann die aufgestellte Forschungshypothese am Ende dieser Arbeit mittels numerischer und experimenteller Verfahrensuntersuchungen vollumfänglich validiert werden. Die entwickelten Verfahren erweitern die Verfahrensgrenzen von konventionellen Prägeprozessen signifikant, wodurch zukünftig eine Vielfalt bislang zerspanend hergestellter Verzahnungsgeometrien umformtechnisch und in hoher Qualität gefertigt werden können. Die daraus resultierenden Steigerungen der Produktgestaltungsmöglichkeiten haben überdies eine direkte Auswirkung auf unterschiedliche Fertigungsbereiche entlang der gesamten Prozesskette. Hierdurch werden sowohl die lokal umformenden Fertigungsbetriebe im internationalen Wettbewerb gestärkt als auch ein gesamtwirtschaftlicher Nutzen zur Standortsicherung erwirtschaftet.
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