Analyse und Bewertung von Leichtbaupotenzial
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Leichtbau wird als Konstruktionstechnik für die Erreichung verschiedenster Ziele eingesetzt, die sich in die Felder Ökologie, Ökonomie und Technik einteilen lassen. Der erbrachte Nutzen des Leichtbaus sowie der zu investierende Aufwand für den Einsatz muss sich an diesen Zielen messen lassen. Die Ziele lassen sich in sogenannte Leichtbaumotivatoren übersetzen, die im Rahmen von Analysen dazu verwendet werden, Leichtbaupotenzial abzuleiten. Dieses Potenzial gibt einen Hinweis darauf, an welcher Stelle im Produkt Leichtbau den größten Nutzen erbringt. Eine Untersuchung des Stands der Technik und Forschung hat offengelegt, dass bestehende Methoden zum Ableiten von Leichtbaupotenzial unflexibel gegenüber verschiedenen Zusammensetzungen von Leichtbaumotivatoren sind und somit fallspezifisch ungenaue oder teilweise falsche Ergebnisse ausweisen. Des Weiteren zeigen die Untersuchungen die Eindimensionalität bei der Betrachtung von Produktmasse im Leichtbaukontext. Werden die Motivatoren und damit die Ziele des Leichtbaueinsatzes als Grundlage herangezogen, ist eine Zielerreichung teilweise neben einer reinen Reduzierung auch durch eine Umverteilung von Produktmasse erreichbar. Dieser mehrdimensionale Blickwinkel auf verschiedene Optionen des Produktentwicklers, Leichtbauziele zu erreichen, wird in der Analyse von Leicht-baupotenzial bisher nicht berücksichtigt. Den beschriebenen Defiziten begegnet die vorliegende Arbeit. Das übergeordnete Ziel ist es, dem Produktentwickler eine Methodik bereitzustellen, mit dem in frühen Entwicklungsphasen eine Aussage über das Leichtbaupotenzial von Produktkomponenten sowie eine Entscheidung für die Umsetzung bestimmter Leichtbaukonzepte getroffen werden kann. Hierbei sollen Massenreduktion und Massenumverteilung gleichermaßen Berücksichtigung finden. Die Anwendung dieser Unterstützung hat zum Ziel, die Effizienz und die Effektivität von Leichtbaukonzepten zu vergrößern. Damit soll ein Beitrag zur Leichtbauproduktentwicklung im Allgemeinen und zur Leichtbaupotenzialanalyse im Speziellen geleistet werden. Die im Rahmen der Arbeit entwickelte Methodik zur Analyse und Bewertung von Leichtbaupotenzial setzt dazu vier unterstützende Bausteine ein, die teilweise konsekutiv oder parallel durchgeführt werden. Im ersten Schritt werden durch eine Analyse der Situation inklusive aller Stakeholder die Leichtbaumotivatoren abgeleitet und zusammengetragen. Hierfür wird sowohl ein Vorgehen als auch eine Motivatorensammlung mit gegenseitigen Abhängigkeiten zur Verfügung gestellt. Der nächste Bau-stein ist eine Methode zur Analyse der Massenreduktionspotenziale. Aufbauend auf einem vereinheitlichenden Abstraktionslevel können beliebige Motivatoren kombiniert und ein Leichtbaunutzen errechnet werden, der dem Massenreduktionspotenzial entspricht. Parallel sieht die Methodik einen Baustein zur Analyse von Massenumverteilungspotenzialen vor. Mittels einer Design Structure Matrix werden verschiedene durch Massenumverteilung beeinflussbare Motivatoren durch Abhängigkeiten zwischen Komponenten interpretiert und die Abhängigkeiten bewertet. Ein Clusteralgorithmus bildet Module, die Hinweise auf zweckmäßige Umverteilungen von Komponentenmasse geben. Nach einer, in dieser Arbeit nicht unterstützten, ersten Konzeptualisierung von Leichtbaulösungen, die auf den Analyseergebnissen aufbauen, ermöglicht der letzte Methodikbaustein eine Bewertung der unterschiedlichen Konzepte durch die Ableitung von Aufwands- und Risikokennzahlen. Final wird der Produktentwickler so zu einem Kosten-Nutzen-Vergleich befähigt und kann eine systematische Entscheidung für oder gegen eine Massenreduzierung oder Massenumverteilung hinsichtlich neuer Konzeptlösungen treffen. Die gesamte Methodik sowie einzelne Methodikbausteine wurden im Rahmen von fünf Industriekooperationen evaluiert. In zwei studentischen Praktikumsversuchen konnten zudem beide Potenzialanalysebausteine evaluiert werden. Die Ergebnisse weisen eine signifikante Unterstützung bezüglich der Anwendung aus. Hinsichtlich des Erfolgs wurden initiale Evaluationsaktivitäten durchgeführt. Der übergeordnete, langfristige Erfolg, der erst mit der Implementierung sowie der wiederholten Anwendung in den Unternehmen hervortritt, konnte im Zuge dieser Arbeit nicht geleistet werden. Des Weiteren ist die Methodik hinsichtlich ihrer Flexibilität in verschiedenen Branchen und Produktkontexten weiter zu evaluieren. Dennoch konnte ein konkreter Erfolg beider Potenzialanalysebau-steine in zwei Projekten mit zwei Industriepartnern nachgewiesen werden, da hier ein angepasster Entwurf entwickelt bzw. ein erster Prototyp gefertigt wurde. Beide angepassten Produkte wurden nach Aussage der Befragten maßgeblich durch die angewandten Unterstützungen beeinflusst. Initial ist somit gezeigt worden, wie Produktentwickler die Abhängigkeiten von Massenreduktion und Massenumverteilung im Hinblick auf ihre Leichtbauziele ausnutzen können und dadurch in der Lage sind, Leichtbaupotenzial zu analysieren und es zu bewerten.