Experimentelle Untersuchung der Wärmeübertragung und des Druckverlusts von Kohlenstoffdioxid in beheizten Einzelrohren mit 4 und 8 mm Innendurchmesser bei überkritischen Drücken

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2025

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Stuttgart : Institut für Kernenergetik und Energiesysteme

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Anlässlich der Unfälle in den Siedewasserreaktoren in Fukushima Daiichi im Jahr 2011 wurde im Rahmen der Reaktorsicherheitsforschung ein neuartiges Konzept eines Nachwärmeabfuhrsystems, basierend auf einem autarken, selbststartenden Joules-Kreisprozess mit sCO2 als Arbeitsfluid, entwickelt. Die Machbarkeit dieses Konzeptes konnte durch Simulationen mit dem deutschen, thermohydraulischen Systemcode ATHLET für die Interaktion mit einem Siedewasserreaktor generell bestätigt werden, jedoch mit großen Abweichungen in der Nähe des kritischen Punktes zwischen den simulierten und den experimentellen Daten aus der Literatur. Daraus resultiert die Notwendigkeit zusätzlicher Modellerweiterung sowie der Überprüfung und Anpassung empirischer Korrelationen zur Vorhersage der Wärmeübertragung und des Druckverlusts im Systemcode. Zu diesem Zweck wurde im Zusammenhang mit der vorliegenden Arbeit ein hochwertiger experimenteller Datensatz generiert und untersucht. Hierfür wurde ein neuer Versuchsstand mit zwei Teststrecken und jeweils einem direkt elektrisch beheizten Versuchsrohr aufgebaut und an die sCO2-Versuchsanlage SCARLETT angeschlossen. Die gemessenen Parameter sind die Rohraußenwandtemperatur, die Bulktemperatur des Fluids vor und hinter der Teststrecke, der Massenstrom, die Dichte, der Absolutdruck vor der beheizten Länge, der Differenzdruck über die beheizte Länge, sowie der Strom und die Spannung, die an den Versuchsrohren anliegen. Das Versuchsrohr der ersten Teststrecke hat einen Innendurchmesser von 8 mm und eine beheizte Rohrlänge von 1640 mm, während das Versuchsrohr der zweiten Teststrecke einen Innendurchmesser von 4 mm und eine beheizte Rohrlänge von 2040 mm hat. Der Datensatz der vorliegenden Arbeit umfasst etwa 400 Experimente bei turbulenter, beheizter Rohrströmung mit sCO2 bei auf- und abwärtsgerichteter sowie horizontaler Strömung. Die Experimente wurden bei Massenstromdichten zwischen 400 und 2000 kg/(m2s), Wärmestromdichten zwischen 10 und 195 kW/m2, Strömungseintrittstemperaturen zwischen 5 und 40 °C sowie Drücken von 7,75, 8,00 und 9,95 MPa durchgeführt. Daraus resultiert eine thermische Wandbelastung zwischen 6 und 275 J/kg sowie Reynoldszahlen zwischen 16000 und 816000. Die Untersuchung der Wärmeübertragung zeigt, dass im experimentellen Datensatz verbesserte (EHT), normale (NHT) und verschlechterte (DHT) Wärmeübertragung auftritt. Mithilfe von Auftriebs- und Beschleunigungskriterien ist festgestellt worden, dass im untersuchten Parameterbereich DHT ausschließlich auf Auftriebseffekte zurückzuführen ist und dass Beschleunigungseffekte die Wärmeübertragung nicht signifikant beeinflussen. Durch ein neu vorgeschlagenes, dimensionsbehaftetes Kriterium lassen sich 30 % der Experimente bei aufwärtsgerichteter Strömung dem Wärmeübertragungsregime DHT zuordnen, wobei Temperaturspitzen bis zu einer Höhe von 47 K auftreten. Bei der horizontalen Strömungsorientierung verursachen hohe thermische Wandbelastungen thermische Schichtungen mit Temperaturdifferenzen bis zu 90 K zwischen der Rohrober- und der Rohrunterseite. Die thermischen Einlauflängen lassen sich zwischen 0 und 480 Rohrinnendurchmessern quantifizieren, wobei in einigen Experimenten über die gesamte Versuchsrohrlänge keine thermisch vollständig eingelaufene Strömung erkennbar ist. Basierend auf einem Vergleich mit etwa 16840 experimentellen Datenpunkten wird für die vertikale Strömungsorientierung die Verwendung der Nusseltkorrelation nach Gupta et al. für Aufwärtsströmungen mit hoher thermischer Wandbelastung und die Nusseltkorrelation nach Krasnoshchekov und Protopopov für Abwärtsströmungen sowie für Aufwärtsströmungen mit geringer thermischer Wandbelastung empfohlen. Im Gesamtdurchschnitt liegen die mittleren absoluten Abweichungen dieser Korrelationen bei etwa 30 %. Bei der horizontalen Strömungsorientierung kann keine der untersuchten Nusseltkorrelation die experimentellen Ergebnisse mit ausreichender Genauigkeit beschreiben. Der Druckverlust wurde durch Experimente bei NHT und EHT mit dem glatten 4 mm Innendurchmesser Rohr untersucht. Am Gesamtdruckverlust hat der hydrostatische Druckverlust einen Anteil bis zu 24 % und der Druckverlust aufgrund von Strömungsbeschleunigung bis zu 30 %, wodurch der Rohrreibungsdruckverlust den größten Anteil ausmacht. Die Überprüfung von Druckverlustkorrelationen zeigt, dass die Korrelation nach Filonenko für isotherme Strömungen den Rohrreibungsdruckverlust im untersuchten Parameterbereich mit einer ausreichenden Genauigkeit bei einer mittleren absoluten Abweichung von 7 % wiedergeben kann. Die experimentellen Ergebnisse der vorliegenden Arbeit können zur empirischen Anpassung von Korrelationskoeffizienten, der Erstellung von Vorhersagetabellen, der Turbulenz- und Wärmeübertragungsmodellierung oder dem Training von maschinellen Lernalgorithmen verwendet werden.


After the accidents in the boiling water reactors in Fukushima Daiichi in 2011, a novel concept of a residual heat-driven, self-sufficient decay heat removal system based on a Brayton cycle with sCO2 as a working fluid was developed within the framework of reactor safety research. The feasibility of this concept was generally confirmed by simulations with a German thermohydraulic system code for the interaction with a boiling water reactor, but large deviations near the critical point between the simulated and experimental data from the literature were found. Consequently, there is a need for further model extension and the verification and adjustment of empirical correlations for the prediction of heat transfer and pressure drop in the system code. For this purpose, a high-quality experimental data set was generated and investigated within the scope of this work. For this purpose, a new test rig with two test sections, each with a direct electrically heated test pipe, was set up and connected to the sCO2 test facility SCARLETT. The measured parameters are the outer pipe wall temperature, the bulk temperature before and after the test section, the mass flow rate, the density, the absolute pressure before the heated length, the differential pressure over the heated length as well as the current and voltage applied to the test pipes. The test pipe of the first test section has an inner diameter of 8 mm and a heated pipe length of 1640 mm, while the test pipe of the second test section has an inner diameter of 4 mm and a heated pipe length of 2040 mm. The present research work comprises a data set of about 400 experiments with turbulent heated pipe flow using sCO2 in upward, downward and horizontal flow. The experiments were carried out at mass flux between 400 and 2000 kg/(m2s), a heat flux between 10 and 195 kW/m2, inlet bulk temperatures between 5 and 40 °C and pressures of 7.75, 8.00 and 9.95 MPa. This results in heat flux to mass flux ratios between 6 and 275 J/kg and Reynolds numbers between 16000 and 816000. The investigation of heat transfer shows that enhanced (EHT), normal (NHT) and deteriorated (DHT) heat transfer occurs in the experimental data set. Using buoyancy and acceleration criteria, it was found that in the investigated parameter range DHT is mainly caused by buoyancy effects and that flow acceleration has no significant influence on the heat transfer. With a new proposed dimensional criterion, 30 % of the experiments with upward flow can be classified as DHT, in which temperature peaks rise to 47 K. For the horizontal flow, high heat flux to mass flux ratios cause thermal stratification with temperature differences of up to 90 K between the top and bot-tom of the pipe. The thermal inflow lengths can be quantified between 0 and 480 inner pipe diameters, whereby in some experiments a thermally fully developed flow is not achieved over the entire pipe length. Based on a comparison with about 16840 experimental data points, the Nusselt correlation according to Gupta et al. is suggested for the vertical flow orientation for upward flows with high heat flux to mass flux ratios and the Nusselt correlation according to Krasnoshchekov and Protopopov for downward flows as well as for upward flows with low heat flux to mass flux ratios. On the overall average, the mean absolute deviations of these correlations are about 30 %. For horizontal flow orientation, none of the tested Nusselt correlations can predict the experimental results with sufficient accuracy. The pressure drop was investigated by experiments with NHT and EHT using the smooth 4 mm inner diameter pipe. The hydrostatic pressure drop represents up to 24 % of the total pressure drop and the pressure drop due to flow acceleration is up to 30 %, which means that the friction pressure drop represents the largest share. The assessment of pressure drop correlations shows that the Filonenko correlation for isothermal flows can predict the friction pressure drop in the investigated parameter range with sufficient accuracy with a mean absolute deviation of 7 %. The experimental data set of the present research work can be used for the empirical adjustment of correlation coefficients, the creation of look-up tables, the turbulence and heat transfer modelling or the training of machine learning algorithms.

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