Entwicklung und Implementierung einer Softwarearchitektur zur automatisierten Leitungssatzgenerierung
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In der Entwicklung moderner technischer Systeme nimmt durch die zunehmende Elektrifizierung und Digitalisierung von Produktfunktionen der Anteil der elektrischen und elektronischen Systemkomponenten stetig weiter zu. Dabei gewinnt der Leitungssatz als zentrales und verbindendes Element der Energie- und Signalverteilung aufgrund seiner immer weiter steigenden Größe und Komplexität industrieübergreifend in der Systementwicklung immer mehr an Bedeutung. Die Komplexität und Größe der Leitungssätze beeinflusst dabei maßgeblich die Prozessketten von der Entwicklung bis zur Fertigung und kann insbesondere durch die dabei anfallenden manuellen Tätigkeiten zum Zeit- und Kostentreiber in der Gesamtentwicklung werden. Eine weitgehende algorithmische Automatisierung dieser Tätigkeiten bietet daher ein großes Potenzial zur Effizienzsteigerung dieser Prozessketten in der Industrie. Das Hauptziel dieser Arbeit ist die Entwicklung und Implementierung einer Softwarearchitektur für die automatisierte Generierung von 3D-Leitungssätzen im industriellen Kontext. Die Anforderungen an diese Softwarearchitektur werden aus verschiedenen Bereichen der Industrie, wie z. B. der Luft- und Raumfahrt oder dem Automobilbau abgeleitet und umfassen Aspekte wie Bauraumgeometrie, Komponentendaten, Elektrologik, Entwurfsregeln und Konsistenzprüfung. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Leistungsfähigkeit der Algorithmen bei der Verarbeitung detaillierter Datensätze sowie auf der Effizienz beim Umgang mit den zahlreichen Änderungen, die für den Systementwicklungsprozess typisch sind. Das Konzept der Softwarearchitektur gliedert den Prozess in sequenzielle Teilaufgaben, die von eigenständigen Softwarefunktionalitäten übernommen werden. Die lose Kopplung dieser Funktionalitäten untereinander und der Datenaustausch über ein gemeinsames, robustes Datenmodell ermöglicht die Integration der Architektur in bestehende Softwareplattformen und erleichtert darüber hinaus die Wartung und Anpassung der Software im Kontext eines sich im ständigen Wandel befindlichen Entwurfsprozesses für Leitungssätze. Die Realisierung dieser Funktionalitäten erfolgt durch zahlreiche Softwarekomponenten, die in einer Schichtenstruktur organisiert sind. Die abstrakte Core-Schicht beinhaltet dabei die allgemeinen Komponenten mit Funktionen zur Verwaltung und Ausführung von Workflows, zur Konvertierung zwischen Datenmodellen oder zur Modellierung und Simulation von Mehrkörpersystemen. Die zentrale Harness-Schicht baut auf den Komponenten der Core-Schicht auf und beinhaltet die für die Generierung von 3D-Leitungssätzen notwendigen Komponenten. Zu diesen Komponenten gehören u. a. die Algorithmen zur Erzeugung von Leitungssatztopologien, die automatisierte Verlegung von Einzelleitungen in diesen Topologien sowie die physikalische Simulation des 3D-Leitungssatzes. Die Verwaltung und Integration der gesamten Software in eine bestehende Softwareplattform wird durch die Komponenten der konkreten Platform-Schicht realisiert. Die Komponenten der Platform-Schicht enthalten alle Funktionen zum Import und Export externer Datenformate sowie zur Steuerung und Visualisierung des gesamten Generierungsprozesses. Dazu gehört auch die Steuerung des Datenaustausches zwischen den verschiedenen Harness-Komponenten über das zentrale Datenmodell in der unabhängigen DataModel-Schicht. Die Softwarearchitektur wurde im Rahmen dieser Arbeit auch softwaretechnisch implementiert, in das Framework der Software Design Cockpit 43 (kurz DC43) integriert und anhand von drei Anwendungsbeispielen demonstriert. Diese Beispiele zeigen u. a. die schrittweise Entwicklung anhand eines akademischen Leitungssatzmodells, die Variantengenerierung für ein Flugzeugleitwerk und den Änderungsprozess an einem Leitungssatz eines Kleinsatelliten in einer fortgeschrittenen Entwicklungsphase. Anhand dieser sehr unterschiedlichen Szenarien konnte die beschleunigte Erzeugung von 3D-Leitungssätzen mit Hilfe von Algorithmen im industriellen Kontext erfolgreich gezeigt werden. Die vorgestellte Architektur ermöglicht eine flexible Anpassung an die sich ständig ändernden Anforderungen in der Leitungssatzentwicklung. Die entwickelten Komponenten finden auch Anwendung in anderen Bereichen des Ingenieurwesens, wie z.B. dem automatisierten Entwurf von Hohlleitern oder der automatisierten Verlegung von Biegerohren in beliebig komplexen geometrischen Bauräumen. Die Integration in Plattformen wie das DC43-Framework ermöglicht darüber hinaus die Kombination verschiedener Automatisierungslösungen für optimierte Ergebnisse in unterschiedlichen ingenieurwissenschaftlichen Aufgabenstellungen, wie z. B. 3D-Packing, der 3D-Verrohrung und der 3D-Leitungssatzgenerierung.