Methoden zum funktionsintegrierten und leichtbaugerechten Konstruieren für pulverbettbasiertes Schmelzen
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Additive Fertigungstechnologien bauen schichtweise Werkstücke ohne die Notwendigkeit produktspezifischer Werkzeuge auf. Sie bieten damit die Möglichkeit, reaktionsschnell und flexibel auf Marktentwicklungen zu reagieren. Das pulverbettbasiertes Schmelzen (Englisch: Laser Powder Bed Fusion - LPBF) ist vor allem für Industrieunternehmen von Bedeutung und ein geeignetes Verfahren zur additiven Fertigung von metallischen Werkstücken. Allerdings stellen die hohen Fertigungskosten, die mit diesem Verfahren verbunden sind, derzeit ein Hindernis für dessen industrielle Anwendung dar. Die beiden hauptsächlichen Kostentreiber des Verfahrens sind die Nutzungszeit der Maschinen und die Nachbearbeitung von rauen Oberflächen der hergestellten Bauteile, besonders an Kontaktpunkten zwischen mehreren Bauteilen. Die Nutzungszeit der Maschinen korreliert direkt mit der gravimetrischen Masse der hergestellten Bauteile.
Mit einer gezielten Bauteilkonstruktion für LPBF kann den genannten Kostentreibern begegnet werden, indem Konstruktionen mit geringer Masse und einer möglichst geringen Bauteilanzahl angestrebt werden. In der Konstruktionstechnik werden hierzu u. a. die beiden Umsetzungsstrategien „Leichtbau“ und „Funktionsintegration“ angewandt. Das Ziel dieser Arbeit ist es, Konstrukteure bei der Reduktion der Kosten von mittels LPBF gefertigten Produkten zu unterstützen. Dies erfolgt durch Methoden für Funktionsintegration und Leichtbau für solche Bauteile.
Eine effiziente Methode zur Funktionsintegration ist es, sich an bereits gestalteten Bauteilbeispielen zu orientieren und bewährte Konzepte zu adaptieren. Diese Erkenntnis findet sich zwar wiederholt in der Literatur, aber die vorhandenen Lösungsmethoden, wie beispielsweise Konstruktionskataloge, gehen nicht auf die Aspekte der Funktionsintegration ein. Im Gegensatz dazu gibt es einzelne Beispielbauteile, die das Konzept der Funktionsintegration vermitteln. Diese Bauteile passen jedoch nicht immer zur aktuellen konstruktiven Aufgabenstellung, und die Suche nach geeigneten funktionsintegrierten Lösungen wird bisher nicht unterstützt. In dieser Arbeit wird untersucht, wie die Suche nach funktionsintegrierten Lösungen für eine konstruktive Aufgabe vereinfacht werden kann und wie diese Lösungen dem Anwender des Katalogs auf einfache Weise vermittelt werden können. Die vorgeschlagene Methode ist ein Konstruktionskatalog zum systematischen Auffinden funktionsintegrierter Lösungen. Dieser besitzt einen mehrdimensionalen Zugriffsteil und vermittelt durch die Bereitstellung grundlegender Struktur- oder Konturelemente ein Verständnis für die funktionsintegrierten Lösungen.
Ein weiteres Ergebnis dieser Arbeit ist ein Vorgehen zum Entwurf von funktionsintegrierten Bauteilen und Modulen. Ein gängiges Hilfsmittel bei diesem Schritt ist die Strategie der „einteiligen Maschine“. Diese Methode wird jedoch auf unterschiedliche Weise eingeführt und angewendet. In dieser Arbeit wird untersucht, wie Konstrukteure bei der Integration von Bauteilen in der frühen Entwurfsphase angeleitet werden sollten. Aus den Untersuchungen geht hervor, dass ein schrittweises Vorgehen zu empfehlen ist, bei dem ein Gestaltelement nach dem anderen analysiert und mit dem Hauptteil der Konstruktion verbunden wird. Für jede der möglichen Operationen zur Integration der Gestaltelemente wurden Anwendungsbeispiele entwickelt, um ein besseres Verständnis für die vorhandenen Integrationsmöglichkeiten zu schaffen.
Es ist bekannt, dass in frühen Entwurfsphasen oft mit Freihandskizzen gearbeitet wird. Die kraftflussgerechte Gestaltung auf dieser Grundlage hat einen großen Einfluss auf die leichtbaugerechte Gestaltung. Um eine effiziente und einfach zu bedienende Unterstützung während der ersten Auseinandersetzung mit der Produktgestalt zu bieten, wurde ein neuartiger Ansatz mit einem Softwarewerkzeug entwickelt und untersucht. Das Softwarewerkzeug analysiert eine Handskizze von Konstrukteuren und gibt Vorschläge für einen optimierten Kraftfluss. Das Kernelement des entwickelten Softwarewerkzeugs ist eine künstliche Intelligenz, die darauf trainiert wurde, Freihandskizzen zu evaluieren. Dies unterstützt Konstrukteure bei der Entwicklung von massearmen und damit leichtbaugerechten Konstruktionen ohne eine aufwändige Modellierung im CAD-System.
Im Anschluss wurden die entwickelten Werkzeuge und Methoden aufeinander abgestimmt und eine durchgängige Unterstützung zum funktionsintegrierten und leichtbaugerechten Konstruieren für pulverbettbasiertes Schmelzen entwickelt. In den Evaluationen der Methoden mit 37 Studierenden konnten die angestrebten Konstruktionserfolge nachgewiesen werden. Die Studierenden konnten durch die Anwendung der Methoden mehr als 45 % der Bauteile in ihren Konstruktionen einsparen und gestalteten massereduzierte Bauteile. Diese Ergebnisse wurden durch Workshops mit insgesamt 17 Industrievertretern bestätigt. Mehr als 88 % der Workshop-Teilnehmer gaben an, dass sie nun in der Lage seien, massereduzierte und stärker integrierte Produkte zu konstruieren. Damit unterstützt diese Arbeit bei einem funktionsintegrierten und leichtbaugerechten Konstruieren für pulverbettbasiertes Schmelzen und folglich den vermehrten Einsatz von LPBF.