Anpassung, Integration oder Polarisierung? - Zur Entwicklung der politischen Kultur im vereinigten Deutschland
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Zum Zeitpunkt der Vereinigung Deutschlands hofften Optimisten, die kulturelle Entwicklung in den neuen Bundesländern würde grosso modo dem in der alten Bundesrepublik in den fünfziger und sechziger Jahren eingeschlagenen Weg folgen. Die Bemühungen der DDR-Führung, die offiziell propagierten Werte und Normen der sozialistischen Demokratie in der Bevölkerung durchzusetzen, seien gescheitert. Vielmehr 'gab es eine Fixierung auf den Westen, auf das dortige Fernsehen etwa. Liberal-demokratische Werte wurden nicht verdrängt beziehungsweise lebten wieder auf, als das Bekenntnis zu ihnen nicht mehr riskant schien'. Insofern erwartete man eine verhältnismäßig rasche und komplikationslose Angleichung der politischen Orientierungen an die neuen Strukturen. Zu einer skeptischeren Einschätzung gelangten Autoren, die auf die kulturellen Folgen der langjährigen nationalen Teilung verwiesen. Demnach waren die Bundesrepublik und die DDR während der Zeit der nationalen Teilung nicht allein in unterschiedliche wirtschaftlich-politische Allianzen, sondern auch in gegensätzliche Wertegemeinschaften hineingewachsen. Ungeachtet der Schwierigkeiten, mit denen das DDR-Regime beim Bemühen um die Unterstützung durch die Bevölkerung konfrontiert gewesen sein mag, konnte man sich kaum vorstellen, daß vierzig Jahre Sozialismus völlig folgenlos für das Verhältnis der Menschen zur Politik geblieben sein könnten. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Annahme schwerwiegender Akkulturationsprobleme im vereinigten Deutschland in der Tat einiges an Plausibilität.