09 Philosophisch-historische Fakultät

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    Aspekte einer deliberativen Theorie des Guten und Gerechten
    (2009) Mazouz, Nadia; Hubig, Christoph (Prof. Dr.)
    Die Unterscheidung des Guten und Gerechten sowie die Vorrangstellung des Gerechten vor dem Guten werden für eine Kantische Ethik als unumgänglich angesehen. Die Frage nach der genauen Bestimmung der Unterscheidung sowie der Vorrangrelation hat weite Teile der praktischen und politischen Philosophie in den letzten Jahrzehnten stark geprägt. Vereinfachend werden oft Theorien, die eine Priorität des Gerechten vor dem Guten behaupten, als "liberal" bezeichnet. Denn als begründungsbedürftig und begründungspflichtig werden "nur" diejenigen Verpflichtungen angesehen, welche Interaktionen von Personen untereinander regulieren; das gute Leben des Einzelnen ist weder allgemein begründungsfähig noch begründungspflichtig. Klassisch liberale Theorien nehmen eine Sortierung von Belangen vor in solche, die das eigene Leben betreffen, und solche, die das Zusammenleben (in bestimmter Weise) betreffen. Bezweifelt wird vielfach, dass diese Sortierung überhaupt allgemein vorzunehmen möglich ist. Weiterhin wird moniert, die Bedeutung von Gerechtigkeit sei nicht angemessen wiedergegeben in einer Theorie, die sie unabhängig vom Guten inhaltlich festlegt; gerade weil und insofern ein Gutes geschützt wird, sei Gerechtigkeit der prioritäre praktische Beurteilungsgesichtspunkt. Theorien, die das Gerechte als Teil des Guten begreifen sind nicht so einfach unter einen Begriff zu subsumieren: denn sie argumentieren sehr verschieden gegen die Möglichkeit der Unterscheidung und/oder die behauptete Priorität und werden unter ganz verschiedenen Titeln geführt wie Essentialismus, Kontextualismus, Kommunitarismus usw. Eine wichtige diese Theorien einigende These ist, dass Gerechtigkeit in Verschränkung mit dem Guten allererst ihre Bedeutung erhält. Als politische Philosophien sind sie in Gestalt republikanischer Theorien, die gemeinsame Prozesse der Meinungs- und Willensbildung zentral vorsehen, wichtige Gegenspieler liberaler Theorien. Die gegenwärtig neu entwickelten deliberativen Theorien der Gerechtigkeit, wie ich sie nenne, haben einen Ausweg aus dieser Lage versucht zu explizieren: Sie sind liberal, indem sie die Unterscheidungs- und Vorrangthese vertreten; sie vertreten zugleich aber die Verschränkungsthese, mithin die These, dass das Gerechte auf das Gute zu beziehen ist, um prioritäre Gerechtigkeitsurteile allererst zu gewinnen. Auch sind sie in unterschiedlicher Weise auf Prozesse der gemeinsamen Meinungs- und Willensbildung ausgerichtet, sind demnach auch republikanisch. Deliberative Theorien der Gerechtigkeit begreifen die Richtigkeit moralischer Urteile, auch Urteile der Gerechtigkeit, vermittels ihrer vernünftigen Akzeptabilität, in Gestalt vernünftiger Zustimmung oder eines vernünftigen Konsenses. Als Vertreter deliberativer Theorien werden in diesem Text analysiert die Autoren John Rawls, Thomas Scanlon und Jürgen Habermas, da sie breit angelegte Theorien vorgelegt haben, die wesentliche Alternativen solcher Ansätze abmessen. Zudem haben sie methodisch ausgefeilte Deliberationsmodelle entwickelt, die es ermöglichen, vernünftige Akzeptabilität auszubuchstabieren: Rawls mit seinem Überlegungsgleichgewichtsmodell, Scanlon mit seiner Konzeption substanzieller Gründe und Habermas mit seinem Diskursmodell. Wie genau ein kantisches, liberales, Gerechtigkeitsverständnis auszubuchstabieren ist, ist unter den genannten Autoren deliberativer Theorien der Gerechtigkeit strittig. Einig sind sie darin, das Gute und das Gerechte begrifflich voneinander unabhängig zu bestimmen, inhaltlich aber miteinander zu verschränken; einig sind sie mithin in einem bestimmten Modell der Scheidung und zugleich Verschränkung des Guten und Gerechten. Nicht aber darin, wie genau dieses Modell zu explizieren ist. Rawls, Scanlon und Habermas haben je bestimmte Modelle der Gut/Gerecht-Unterscheidung entwickelt. Das prominenteste ist sicherlich das Komplementaritätsmodell, bei dem das Gute die Hinsicht der Gerechtigkeit bildet (Rawls). Das Integrationsmodell sieht vor, diejenigen Aspekte des guten Lebens in die Gerechtigkeit einzuschreiben, die allgemein begründbar sind (Habermas). Ein Modell, das das Verhältnis als offene Komplemente fasst (Scanlon), verneint, dass das gute Leben für die Zwecke der inhaltlichen Bestimmung von Gerechtigkeit einheitlich konzipiert werden kann. Die Ansätze von Rawls, Habermas und Scanlon stellen den Versuch dar, entgegen der klassischen Alternative, entweder das Gute gänzlich unberücksichtigt zu lassen oder das Gerechte darin zu integrieren, das Gute mit dem Gerechten zu verschränken und doch die Vorrangstellung des Gerechten zu sichern, mithin die klasssich liberale Moralarchitektonik beizubehalten. Dass diese Vorhaben in bestimmten Hinsichten deren zentrale Ansprüche verfehlen, wird durch eine jeweils interne Kritik gezeigt. Ziel ist zu zeigen, dass der "Möglichkeitsraum" alternativer moralphilosophischer Positionen, der durch diese Autoren aufgemacht wird, in charakteristischer Weise eingeschränkt ist.
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    Gibt es einen Fortschritt in den Geisteswissenschaften?
    (1980) Hubig, Christoph
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    Ist Freundschaft konstitutiv für eine pluralistische Politik? : Zum philosophischen Begriff der Freundschaft in Bezug auf Privatheit und Öffentlichkeit
    (2018) Kosch, Johanna
    Was hat Freundschaft heutzutage mit Politik zu tun? Dieser Frage und einer möglichen Antwort werde ich mich in dieser Arbeit über die philosophiegeschichtliche Rezeption des Begriffs Freundschaft annähern. Wenn man sich mit dem Begriff der Freundschaft in der Philosophie beschäftigt, merkt man schnell, dass dieses Thema in allen Epochen aktuell war und man merkt auch, dass Freundschaft beispielweise in der Antike noch etwas anderes bedeutet hat als das, was man heute weitläufig unter Freundschaft versteht. Freunde und Freundschaften kategorisieren wir heute gemeinhin als eine private Angelegenheit. In der Antike war Freundschaft ein Thema des öffentlichen Lebens. Trotzdem können wir uns heute noch für Aristoteles‘ und auch Ciceros Freundschaftskonzeptionen begeistern, obwohl sich das Prinzip von Freundschaft über die Jahrtausende verändert hat – warum ist das so? Bei einer näheren Betrachtung philosophischer Freundschaftskonzeptionen verschiedener Philosophen zeigt sich eine Traditionslinie in der Begriffsgeschichte der Freundschaft, die bei Aristoteles ihren Anfang nimmt. Seine Konzeption der Freundschaft ist eng verknüpft mit dem öffentlichen, politischen Leben der Menschen. Führt sich diese Verknüpfung von Freundschaft und Politik in der Traditionslinie des Begriffs Freundschaft ebenfalls fort? Diese Frage steht im Zentrum dieser Arbeit. Zu ihrer Beantwortung werde ich mich als erstes mit dem Freundschaftsbegriff der Antike beschäftigen und hierbei die Traditionslinie von Aristoteles zu Cicero nachzeichnen. Es wird sich zeigen, dass bestimmte Motive in den Freundschaftskonzeptionen vorzufinden sind, die immer wieder auftauchen. Daher werde ich die Frage nach einem antiken Ethos der Freundschaft stellen und das Verhältnis von Freundschaft und Politik in den antiken Freundschaftskonzeptionen anhand der beiden Autoren zusammenfassen. Für die neuzeitliche Rezeption des Freundschaftsbegriffs beziehe ich mich v. a. auf Montaigne. Dieser nimmt explizit Bezug auf Aristoteles und Cicero und führt damit die Traditionslinie auf den ersten Blick fort. Bei genauerer Betrachtung tilgt er jedoch die politische Dimension aus seiner Freundschaftsvorstellung. Wird die Traditionslinie des Freundschaftsbegriffs damit transformiert, indem sich bestimmte Merkmale ändern oder wegfallen, oder wird die Traditionslinie damit abgebrochen? Dieser Frage werde ich mich im zweiten Kapitel dieser Arbeit widmen. Für die Moderne ergeben sich aus dieser Transformation heraus im Wesentlichen drei Sichtweisen in Bezug auf den Begriff der der Feindschaft: Erstens wird Freundschaft durch ihren Gegenentwurf, der Feindschaft, heraus definiert. Zweitens wird Freundschaft als Angelegenheit des Privaten und drittens wird Freundschaft als Angelegenheit des öffentlichen Lebens betrachtet. Die Koexistenz dieser drei Dimensionen zeigt, wenn auch nur grob, wie vielfältig sich das Erbe einer philosophischen Idee über Jahrhunderte und Jahrtausende ausgestaltet hat. In Bezug auf die Politik umso mehr, wenn soziologische Entwicklungen und die Ausdifferenzierung verschiedener politischer Lager berücksichtigt werden. Je nachdem, ob wir den Begriff der Freundschaft heute beispielsweise ganz allgemein in den Kontext von Konkurrenz und Kooperation, von geopolitischen, kapitalistischen oder neoliberalen Interessen, von Individualität und Kollektivismus, von Konservativismus oder Pluralismus stellen, finden wir zwangsläufig Elemente aus dieser Begriffstradition wieder – entweder ein aristotelisches Motiv oder einen ciceronischen Gedanken oder eine Wendung, die an Montaigne erinnert. Freundschaft als eine persönliche und soziale Beziehung, jenseits der familiären Bande, und ihre Transformationsformen wie Kameradschaft, Genossenschaft, Bruderschaft, Fraternité, etc., hat, wie sich zeigen wird, ganz generell eine besondere Relevanz für das soziale und politische Leben. Welche Aspekte der Freundschaft besonders hervorstechen und bedeutsam werden, variiert in verschiedenen Zeiten bzw. Epochen und Kontexten. Aus der letzten der genannten Perspektiven heraus, stellt sich die Frage, inwiefern wir hier bei der Idee der Verknüpfung von Freundschaft und Öffentlichkeit wieder auf den Kerngedanken des aristotelischen Freundschaftsbegriffs treffen: Freundschaft ist für die Gemeinschaft gut und impliziert Eintracht. Zuletzt wird diskutiert, ob dieser Begriff von Freundschaft konstitutiv sein kann für eine pluralistische Politik in einer pluralistischen Gesellschaft.
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    Technik und Spiel
    (1994) Hubig, Christoph
    NN
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    Hermeneutik der Zukunft
    (2011) Radinkovic, Zeljko; Luckner, Andreas (Apl. Prof. Dr.)
    'Hermeneutik der Zukunft' versucht zu klären, ob eine neue Leseart der Heideggerschen Existetialontologie möglich ist, und zwar eine solche, die auch für den Modus eigentlicher Existenz die entsprechenden Ausdrucksweisen, die Weisen des Thematischwerdens findet. Oder genauer gesagt, ob schon im authentischen Existenzvollzug eine Ausdrücklichkeit erkennbar ist, wodurch sich die bestimmten Ausdrucksweisen als verträglich mit dem eigentlichen Existenzvollzug erweisen können. Hier wird die These vertreten, dass sich eine solche ursprüngliche daseinsmäßige Ausdrücklichkeitsform in der Narration finden lässt. In ontologischer Hinsicht deckt sich die Erzählung mit der Daseinsstruktur.
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    Übergewicht und Adipositas, Gesundheit und Krankheit : Diskussionsbeiträge aus philosophischer Sicht
    (2010) Gottschalk-Mazouz, Niels; Ertelt, Susanne; Radinkovic, Zeljko; Gottschalk-Mazouz, Niels (Hg.)
    Der vorliegende Band vereint Studien, die im Rahmen des Philosophie-Teilprojekts des Forschungsverbunds "Übergewicht und Adipositas bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen als systemisches Risiko" entstanden sind. Dieser Verbund wurde vom BMBF von 2006-2009 im Rahmen der sozial-ökologischen Forschung im Themenbereich: Strategien zum Umgang mit systemischen Risiken gefördert. In diesem Verbund wurden unter der Leitung des Risikosoziologen Ortwin Renn die Perspektiven von Epidemiologie, Physiologie, Psychologie, Soziologie, Philosophie, Betriebswirtschaft und Recht auf ein komplexes, interdisziplinäres Thema zusammengeführt. Das von Niels Gottschalk-Mazouz geleitete Philosophie-Teilprojekt umfasste Arbeiten zu Wissenschaftstheorie, Kulturphilosophie, Risikotheorie und Ethik. Die wissenschaftstheoretischen Arbeiten sind bereits an anderer Stelle publiziert (Gottschalk-Mazouz 2008a, Gottschalk-Mazouz 2008b, Gottschalk-Mazouz/Zurhorst 2008).Die weiteren im Rahmen des Teilprojekts enstandenen Arbeiten sind in diesem Band zu-sammengestellt. Der Rest dieser Eineitung bietet eine knappe Zusammenfassung der Ergebnisse des gesamten Philosophie-Teilprojekts. Eine ausführliche Zusammenfassung dieser Ergebnisse sowie derjenigen der anderen Teilprojekte findet sich im Abschlussband des Forschungsverbundes, der in Kürze im VS-Verlag erscheinen wird.
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    Natalität als Grundstruktur des Daseins in der Philosophie Hannah Arendts
    (2018) Springer, Katja; Breuninger, Renate (Prof. Dr.)
    Der Begriff der „Natalität“ stellt als originelle Wortschöpfung Hannah Arendts die „Gebürtlichkeit“ des Menschen und damit seine spezifische Freiheit im Anfangen-Können in den Mittelpunkt ihrer Philosophie. Im Fokus dieser Untersuchung steht die Herausstellung der religiösen Verwurzelung des Natalitätskonzeptes in der Unterscheidung der beiden Anfänge „principium“ und „initium“ der biblischen Schöpfungsgeschichte. Die aus dieser Unterscheidung deutlich gewordene bipolare Grundstruktur des Begriffs der Natalität besteht auch im weltlichen Kontext der inhaltlichen Bestimmung der Natalität fort, nämlich in der in Anschluss an Arendt vorgenommenen dreifachen Differenzierung der Natalität als Grundbedingung (Verhältnis von: Geburt-Geborensein), als ein Vermögen (Verhältnis von: Geborensein-ein Anfang auf der Welt) und als ein Prinzip (Verhältnis von: Geborensein-ein Anfang in der Welt). In dieser aufgezeigten Mehrdimensionalität des Begriffs der Natalität zeigt sich, dass die Natalität, ebenso wie die Mortalität, als eine Grundstruktur des Daseins begriffen werden muss, die in sich die Verantwortungsübernahme sowohl zur Gestaltung der eigenen Existenz wie auch der gemeinsam geteilten Welt beschließt. Darüber hinaus beinhaltet das Konzept der Natalität sowohl eine verbindende Funktion für die von Arendt herausgestellten praktischen und geistigen Vermögen sowie eine strukturelle Funktion für ihre Politische Theorie. Es ist der spezifisch Arendtsche Versuch, das Politische in einer Existenzweise des Menschen zu begründen. Insofern bildet die Natalität nicht nur den philosophischen Hintergrund von Arendts Politischer Theorie, sondern einen Schlüsselbegriff für das Verständnis ihrer gesamten Philosophie.
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    Zeichen im Zusammenhang
    (2000) Haller, Rudolf; Walther-Bense, Elisabeth (Prof. Dr.)
    Wir haben das Zeichen nur als Relation seiner aktualisierten Komponenten, die wir zu bezeichnen haben. Dazu habe ich hier zum ersten mal den Begriff der semiotischen Äquivalenz aktualisierter Zeichen-Komponenten eingeführt und angewendet. Doch Zeichen weisen nicht nur einen Zusammenhang auf, sie stehen auch im Zusammenhang. Dieser Zusammenhang kann, als Zusammenhang von Zeichen, aber kein anderer sein als ein Zusammenhang, durch den ein Zeichen hergestellt wird. Dieser Zusammenhang ist durch seine Komponenten charakterisierbar, so daß Relevanz mitgeteilt werden kann. Vom bezeichneten Gegenstand kann nur dasjenige erkannt werden, worauf sich ein bezeichnendes Anderes bezieht. Indem Komponenten eines Zeichens selbst als Zeichen in Relation verstanden werden, wird ein Zusammenhang hergestellt, der hier, algebraische Begriffe aufgreifend, als Morphismus von Zeichen die Basis der Entwicklung des Begriffs von der Kategorie der Zeichen bildet. Damit sind die zusammenhängenden Darstellungen der Zeichen mit den Mitteln kategorisiert darstellbarer Zusammenhänge beschreibbar. Nur durch Zeichen erkennen wir etwas. Der logische Zusammenhang, der Beweis, die Sprache und der Diskurs können nun nicht anders begründet sein, als durch Zeichen, durch die wir sie erkennen. Das Aufsuchen der Komponente eines Zeichens erfolgt in einem Schluß, den wir erkannt haben, und es ist dadurch die Begründung der Schlüsse auf Zeichenkomponenten möglich. Deduktion, Abduktion und Induktion begründe ich als semiotische Zusammen-hänge. Im Setzen der Zeichenkomponenten zum Zeichen ist so im erkannten Schluß ein begründender Zusammenhang aktualisiert. Auf Zeichen-Kategorien habe ich eine semiotische Struktur eingeführt, die dem Strukturbegriff der Modelltheorie folgt. Anwendungen mit semiotischer Struktur, so wird ausgeführt, sind systematisch zu entwickeln und zu überprüfen.
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    Subjektivität – subjectum der Macht
    (2004) Reusch, Siegfried; Bien, Günther (Prof. Dr.)
    Die philosophische Diskussion um das, was mit Macht bezeichnet wird, bewegt sich vornehmlich im Rahmen des Politischen. Auch die Autoren, die Macht für eine anthropologische Konstante erachten, wie zum Beispiel Georges Sorel, Thomas Hobbes, Helmuth Plessner und Hannah Arendt, entwerfen den Begriff in der Regel im Hinblick auf ein Staats- oder Gemeinwesen. Im 19. und 20. Jahrhundert macht sich, als Folge der Industrialisierung, in den politischen Theorien eine zunehmende Berücksichtigung der ökonomischen Herrschaftsverhältnisse bemerkbar, wobei jedoch das Phänomen der Macht ebenso wie das Selbstverhältnis des handelnden Einzelsubjekts wie zum Beispiel bei Karl Marx, keine gebührende theoretische Beachtung finden. Im Bereich der Psychologie, der Soziologie und der Wirtschaftswissenschaften findet sich hingegen ein reichhaltiges Sammelsurium zu Fragen der. Zumeist beschäftigen sich die einschlägigen Publikationen jedoch überwiegend mit empirischen Problemen wie Management- und Konfliktlösungsstrategien. In der Regel ist eine theoretisch philosophische Fundierung des Subjekt- oder Machtbegriffs ebenso wie in der Politologie nicht zu erkennen. So schreibt Paul Noack: "Neuere Ansätze, Macht als ein sozialtechnisches Steuerungsmittel zu beschreiben, das heißt, sie als eine Kraft einzuordnen, die den Beziehungen zwischen den politischen Akteuren zugrunde liegt verzichten auf eine umfassende Definition. An Stelle dessen tritt der Versuch, die Wirkung und die Verteilung von Macht zu erkennen." Generell ist festzustellen, dass sich auch Autoren mit philosophischem Anspruch zumeist nur mit den Folgen der Machtausübung in größeren Zusammenhängen auseinandersetzen. Anstatt den Begriff in seiner Tiefe auszuloten und auch nach dem handelnden, Macht ausübenden Subjekt zu fragen, sind die Ausführungen bezüglich dessen, was das spezifische der Macht anbelangt, zumeist sehr oberflächlich und verlassen nur selten die Ebene der Empirie. Das Scheitern vieler Versuche das Phänomen der Macht zu beschreiben hat in der Regel seine Ursache im verfehlten Ansatzpunkt der Untersuchungen. Nicht die empirische Beobachtung muss, so man den ontologischen Status der Macht fassen will, als Ausgangspunkt der Untersuchung gewählt werden. Will man das Wesen der Macht verstehen, müssen die Vorgänge, welche die Konstitution des Subjekts, das machtvoll in den Weltlauf eingreift, bedingen sowie der Begriff der Subjektivität in ihrer ganzen Breite untersucht werden. Ein tieferes Verständnis der wechselseitig aufeinander verwiesenen Begriffe Subjektivität und Macht kann nur eine Analyse der das Subjekt beziehungsweise das Individuum konstituierenden Vorgänge leisten. Das Phänomen Macht kann erst dann Gegenstand einer Theorie werden, wenn es gelingt zu klären, wie ein Subjekt sich als Subjekt – das heißt als Ich – er- und begreift. Darüber hinaus muss geklärt werden, wie der Wandel vom Rezipienten amorpher, kontingenter Reize hin zum interpretierenden und handelnden Zurechnungssubjekt vonstatten geht. In der Auseinandersetzung mit der Philosophie der Subjektivität wird aufgezeigt, dass Macht und deren Ausübung nicht zum Beispiel in der Angst vor einem gewaltsamen Tod (Hobbes), dem Streben nach Lust (Helvetius), dem Streben nach wodurch auch immer motivierter Kommunikation (Arendt, Luhmann, Habermas) oder ähnlichem wurzelt, sondern, dass Macht als ein unbedingtes, diesen empirisch beobachtbaren Verhaltensmustern vorgelagertes Phänomen der Selbstvergewisserung und Selbstkonstitution des Subjekts betrachtet werden muß. Subjektivität ist ohne den Begriff der Macht nicht denkbar und umgekehrt. Die vorliegenden Arbeit zeigt auf, dass das einzelne Subjekt, wie der Begriff der Subjektivität, insofern auf den Begriff der Macht verwiesen sind, als das Ausüben von Macht die Form des "In-der-Welt-Seins" der Subjektivität ist. Macht und Subjektivität stehen in einem gegenseitigen Verweisungszusammenhang. Es sind zwei Begriffe, die wechselseitig füreinander konstitutiv sind. Subjektivität lässt sich nicht ohne Macht denken und Macht lässt sich ohne den Begriff der Subjektivität nicht verstehen. Subjektivität, so die These der vorliegenden Arbeit, ist das machtvolle, nach Fichte vor allem vernunftgeleitete, Gestalten von Welt und Gemeinschaft durch ein Ich, das sich zu sich und zur Macht selbst ermächtigt hat und als solches für sein Handeln verantwortlich ist. Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit wird das subjectum dem Wortsinn entsprechend anhand der Arbeiten von Johann Gottlieb Fichte und Walter Schulz als das "Zugrundeliegende" aufgewiesen. Im Anschluß an die zwei grundlegenden Theorien der Subjektivität folgt im zweiten Teil ein Aufriss klassischer Theorien der Macht, der deutlich die mangelnde theoretische Fundierung derselben bezüglich einer Theorie der Subjektivität aufzeigt. Im dritten Teil erfolgt der Versuch des Entwurfs einer Theorie der Macht auf der Basis einer Theorie der Subjektivität.
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    Auf den Spuren der Wirklichkeit : Naturwissenschaft und Philosophie bei Friedrich Dessauer
    (2000) Brendle, Franz; Bien, Günther (Prof. Dr.)
    Die vorliegende Arbeit versucht in vier Schritten die naturphilosophischen Überlegungen des Physikers und Philosophen Friedrich Dessauer (1881 - 1963) zu bündeln. Hierbei wird Bezug genommen auf die meisten öffentlich zugänglichen Werke Dessauers, sowie auf einige Manuskripte aus dem Dessauerarchiv in Darmstadt. Der erste Abschnitt verweist auf die naturwissenschaftlichen und philosophischen Bezüge Dessauers, die dann in den folgenden Abschnitten entfaltet werden. Bereits hier wird sein neuscholastischer Ansatz deutlich, der, ausgehend von der deduktiv-scholastischen Methode eine Verbindung zur induktiven Methode der Naturwissenschaften sucht. Dessauer moniert die theologischen Fehlschlüsse der zurückliegenden Jahrhunderte. Seine persönliche, tief religiöse Bindung steht in einer unübersehbaren Spannung zu seinen naturphilosophischen Erkenntnissen. Im zweiten Abschnitt werden in sechs Kapiteln die Ansätze Dessauers zwischen der erkenntnistheoretischen Position der Scholastik und dem naturwissenschaftlichen Erkennen der Wirklichkeit herausgearbeitet. Hier zeichnet sich bereits eine deutliche Absage an den Idealismus ab, sowie Dessauers Offenheit für rationalistische Konzeptionen. In diesem Abschnitt werden auch die verschiedenen Dimensionen des Wirklichkeitsverständnisses Dessauers aufgezeigt. Der Begriff Wirklichkeit wird jedoch nicht eindeutig geklärt. Die Spannung zwischen naturwissenschaftlichem Erkennen und der Rezeption einer höheren Wirklichkeit bleibt bei Dessauer bestehen. Der dritte Abschnitt befaßt sich mit einer Replik Dessauers zur Auseinandersetzung zwischen Naturwissenschaft und Philosophie seit Aristoteles und mit seinen Studien zu verschiedenen philosophischen Ansätzen im naturwissenschaftlichen Kontext. Im letzten Kapitel dieses Abschnittes geht die Arbeit dann auf die Positionen Dessauers zu einigen naturphilosophischen Entwürfen, u.a. von Sertillanges, Dingler, Jaspers und Heidegger ein.