Universität Stuttgart
Permanent URI for this communityhttps://elib.uni-stuttgart.de/handle/11682/1
Browse
Item Open Access Adiabatische Erwärmung von Stahlblechwerkstoffen unter komplexen crashartigen Belastungen(Stuttgart : Institut für Umformtechnik, 2022) Klitschke, Silke; Liewald, Mathias (Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. MBA)Um die stetig steigenden gesetzlichen Anforderungen an die Schadstoffemmission von Kraftfahrzeugen einhalten zu können, stellt die Verbesserung der Crashberechnungen ein stetiges Forschungsgebiet dar. Da in der Crashsimulation häufig dehnungsbasierte Versagensmodelle zum Einsatz kommen, werden Verfestigungsmodelle erforderlich, die auch lokale Dehnungen vor Bruch in einem weiten Dehnratenbereich unter komplexen Belastungszuständen realistisch wiedergeben können. Dehnratenbedingte Verfestigungseffekte sind bereits hinreichend untersucht, das Verfestigungsverhalten hochfester Stahlblechwerkstoffe zeigt jedoch bei mittleren bis hohen Dehnraten in den hochverformten Zonen auch eine thermische Entfestigung. Ursache dafür ist adiabatische Erwärmung, da die in Wärme umgesetzte Verformungsenergie in den kurzen Belastungszeiten nicht vollständig abgeführt werden kann. Da in der Crashsimulation üblicherweise auf kostenintensive thermomechanisch gekoppelte Rechnungen verzichtet wird, müssen neben der Entstehung der Wärmemenge auch die Wärmeleitungsmechanismen und die vorherrschenden Temperaturen in den stark verformten Zonen aus mechanischen Größen abgeschätzt werden. Im Rahmen dieser Arbeit sollte aufgezeigt werden, dass für im Karosseriebau häufig eingesetzte hochfeste Stahlblechwerkstoffe neben der Dehnrate insbesondere der Belastungszustand einen deutlichen Einfluss auf die adiabatische Erwärmung und den Wärmetransport crashbelasteter Komponenten ausübt. Anhand von experimentellen und numerischen Untersuchungen mit einbis mehrachsigen Zug- und Scherversuchen für Dehnraten von 0,001 s-1 bis 100 s-1 erfolgten detaillierte Betrachtungen der entstehenden Wärmemenge und der Wärmetransportmechanismen in den hochverformten Zonen. Als wesentliches Ergebnis zeigte sich, dass der Übergangsbereich zwischen isothermem und adiabatischem Verhalten mit zunehmendem Verfestigungsvermögen des Werkstoffs zu höheren Dehnraten verschoben ist und insbesondere für Scherbelastung bei höheren Dehnraten liegt, verglichen mit Zugbelastung. Auf Basis dieser grundlegenden Erkenntnisse erfolgte eine Erweiterung eines Materialmodells mit einer dehnratenabhängigen isotherm-adiabatischen Übergangsfunktion für die Berücksichtigung des Wärmetransports um die zusätzliche Abhängigkeit vom Spannungszustand als Adiabatic-Tension-Shear-Modell (ATSModell). Mit diesem Modell kann die lokale Temperatur aus der in Wärme umgesetzten Verformungsarbeit und einer den Wärmetransport berücksichtigenden Skalierung des Taylor-QuinneyKoeffizienten in Abhängigkeit von der Dehnrate und dem Spannungszustand berechnet werden. Für einen Dualphasenstahl DP1000 und einen mikrolegierten Stahl HX340LAD wurde das ATSModell zusammen mit einem gängigen thermo-viskoplastischen Verfestigungsmodell kalibriert und für Crashversuche an gestauchten Hohlprofilen und Versuche an Blechproben mit gemischter Zug-Scherbelastung angewendet. Das Verfestigungsverhalten dieser Blechwerkstoffe konnte durch isotherme Rechnungen für Dehnraten bis ca. 0,01 s-1 und durch vollständig adiabatische Rechnungen für Dehnraten von etwa 50 s-1 und darüber unabhängig vom Spannungszustand ausreichend gut wiedergegeben werden. Im Übergangsdehnratenbereich zwischen ca. 0,01 s-1 und 50 s-1 ist die adiabatische Erwärmung aufgrund des auftretenden Wärmetransportes in Abhängigkeit von den Werkstoffeigenschaften und des Spannungszustandes (Zugbelastung oder Scherbelastung) zu berücksichtigen. Bei signifikanten Scheranteilen verbessert in diesem Dehnratenbereich die Verwendung des ATS Modells die Prognose des Verformungsverhaltens insbesondere für den mikrolegierten Stahl. Für den Dualphasenstahl kann die isotherme Rechnung das mechanische Werkstoffverhalten jedoch noch ausreichend gut wiedergeben. Für den mikrolegierten Stahl führt eine geringere Festigkeit im Vergleich zu dem hochfesten Dualphasenstahl zu einer prozentual höheren thermischen Entfestigung. Zusätzlich führt das größere Verfestigungsvermögen dieser Werkstoffklasse dazu, dass die Lokalisierungen von Dehnungen und Temperaturen mit geringeren Dehnraten und damit mit erhöhtem Wärmetransport erfolgen. Diese gekoppelten Einflüsse auf das Verfestigungsverhalten unter komplexen Crashbelastungen führen zu einer erhöhten Sensitivität des mikrolegierten Stahls bezüglich adiabatischer Erwärmung, die in der Modellierung des Verfestigungsverhaltens speziell bei dieser Werkstoffklasse eine präzise Abbildung verlangt. Mithilfe der in dieser Arbeit durchgeführten Arbeiten wurde ein wissenschaftlicher Beitrag zur Modellierung des Verfestigungsverhaltens hochfester Stahlblechwerkstoffe in einem weiten Dehnratenbereich unter komplexen Spannungszuständen geleistet. Das erweiterte Modell steht zukünftig für die Crashsimulation zur Verfügung und bietet das Potenzial, für eine durchgehende Modellierung der Prozesskette Umformen-Crash auch in der Umformsimulation verwendet zu werden.Item Open Access Aufbau und Charakterisierung von aerostatischen Schmiersystemen für das Tiefziehen(Stuttgart : Institut für Umformtechnik, 2020) Wörz, Christoph; Liewald, Mathias (Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. MBA)In der Blechumformung besteht derzeit ein verstärktes Interesse an der Reduktion bzw. Vermeidung von mineralölbasierten Schmierstoffen. Neben ökonomischen Faktoren liegt das Anliegen zum Verzicht auf mineralölbasierte Schmierstoffe vor allem in ökologischen Aspekten begründet. Ein vollständig neuer Forschungsansatz für das Trockenumformen stellt die Anwendung von aerostatischen Schmiersystemen für das Tiefziehen dar. Mit dieser Arbeit wurde nun wissenschaftlich untersucht, ob sich aerostatische Schmiersysteme aus technischer Sicht für das schmierstofffreie Tiefziehen eignen. Um diese Fragestellung ganzheitlich beantworten zu können, wurde zunächst analysiert, welche Reibungsmechanismen in einem aerostatischen Schmiersystem beim Tiefziehen wirken und welche Faktoren die Reibungskräfte beeinflussen. Als geeigneter Zwischenstoff für die aerostatische Schmierung wurden gasförmiger Stickstoff und flüssiges Kohlendioxid ausgewählt. Mithilfe eines induktiven Forschungsansatzes und empirischen Grundlagenversuchen konnten Annahmen über die wirkenden Einflussfaktoren auf das Tribo-System mit aerostatischer Schmierung aufgestellt werden. Diese Annahmen wurden im Folgenden erweitert untersucht, indem der Aggregatzustand in der Wirkfuge mit einem neu entwickelten Prüfstand mit optischer Zugänglichkeit zur Reibungszone untersucht sowie Temperaturmessungen in der Kontaktzone, Spalthöhenmessungen, Streifenziehversuche mit gasförmigem Kohlendioxid und umfangreiche Strömungssimulationen durchgeführt wurden. Es zeigte sich, dass das Druckniveau des Zwischenstoffes in der Wirkfuge zwischen den Kontaktpartnern maßgeblich durch die Gestaltung der Mikrodüsen und des Einspeisedrucks beeinflusst wird. Das vorliegende Druckniveau des Zwischenstoffes beeinflusst wiederum die reale Kontaktfläche zwischen den Reibungspartnern und das lokale Belastungskollektiv. Zudem tritt bei der aerostatischen Schmierung ein verstärkter Einfluss der chemischen Oberflächenbeschaffenheit der Kontaktpartner auf. Bei der Verwendung von flüssigem Kohlendioxid bildet sich zudem eine flüssige Zwischenschicht mit darin befindlichen Trockeneispartikeln. Indem ein erstes empirisches Reibungsmodell für die aerostatische Schmierung in einem Tiefziehprozess aufgestellt wurde, konnten die Annahmen zu den Einflussfaktoren auf die Reibung validiert und die Reibungszahl im Streifenziehversuch für ein ausgewähltes Tribo-System relativ genau prognostiziert werden. Zudem konnten mit diesen Untersuchungen die optimalen Düsengeometrien zur Erzielung minimaler Reibungskräfte bestimmt werden. Basierend auf diesen Erkenntnissen wurde ein Tiefziehwerkzeug mit aerostatischer Schmierung für das Tiefziehen eines Rechtecknapfes aufgebaut und damit experimentell die Einsatzmöglichkeiten bzw. Grenzen von aerostatischen Schmiersystemen beim Tiefziehen bestimmt. Mit diesem Werkzeug konnte erstmalig ein Trockenumformprozess mit aerostatischer Schmierung ohne mineralölhaltigen Schmierstoff erfolgreich realisiert werden. Dabei konnten die Ziehkräfte stark reduziert sowie das Prozessfenster für das Tiefziehen und die maximale Ziehtiefe gegenüber der Verwendung einer konventionellen Schmierung deutlich gesteigert werden. Als mögliche Einsatzgebiete für die aerostatische Schmierung ergeben sich Tiefziehoperationen von gängigen Tiefziehstählen, bei denen aus ökologischen oder anwendungsspezifischen Gründen auf mineralölbasierte Schmierstoffe verzichtet werden soll. Neben dem Aspekt der Trockenumformung und den extrem niedrigen Reibungszahlen bietet die aerostatische Schmierung die Möglichkeit, die Reibungskraft während des Tiefziehprozesses in ihrer zeitlichen und örtlichen Wirkung spezifisch anzupassen. Zwar eignet sich die aerostatische Schmierung nicht für alle Anwendungen in der Blechumformung, da beim Ziehen von Werkstoffen mit hoher Adhäsionsneigung hohe Reibungskräfte auftreten und zudem ein komplexer Werkzeugaufbau für die aerostatische Schmierung erforderlich ist. Für bestimmte Tribo-Systeme sind die niedrigen Reibungskräfte und deren spezifische Anpassung jedoch von besonderem Vorteil. Neben dem Einsatz zur Vermeidung von mineralölbasierten Schmierstoffen ergeben sich somit für die aerostatische Schmierung zahlreiche neue Anwendungsmöglichkeiten in der Blechumformung, wofür mit dieser Arbeit erste theoretische und auch praktische Grundlagen gelegt wurden.Item Open Access Auslegung einer Prozessroute für das Thixo-Schmieden metallischer Rohrhalbzeuge unter Berücksichtigung der auftretenden Materialströmungen(Stuttgart : Institut für Umformtechnik, 2018) Riedmüller, Kim Rouven; Liewald, Mathias (Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. MBA)Am Institut für Umformtechnik (IFU) der Universität Stuttgart werden seit mehr als zwanzig Jahren Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Formgebung im teilflüssigen Materialzustand durchgeführt. Bei den hierbei untersuchten Formgebungsverfahren, insbesondere der Verfahrensvariante Thixo-Schmieden, werden metallische Rohteile zunächst induktiv in den Temperaturbereich zwischen der Solidus- und der Liquiduslinie erwärmt und anschließend mithilfe einer hydraulischen Hochgeschwindigkeitspresse geformt. Nach der Erwärmung weisen die teigigen, aber dennoch formstabilen Metallhalbzeuge Flüssigphasenanteile zwischen 30 % und 50 % auf und besitzen hervorragende Fließeigenschaften. Diese Fließeigenschaften erlauben die Herstellung komplexer, endkonturnaher Bauteile mit mechanischen Eigenschaften, die annähernd mit denen von Schmiedeteilen vergleichbar sind, mittels eines einzigen Formgebungsschritts. Darüber hinaus ist es aufgrund der für das Thixo-Schmieden charakteristischen Fließeigenschaften teilflüssiger Metallwerkstoffe möglich, sowohl neuartige Metalllegierungen mit immer höheren Festigkeiten und/oder Härtegraden zu verarbeiten, als auch Hybrid- und Verbundbauteile herzustellen. Diese prozesstechnischen Vorteile qualifizieren das Thixo-Schmieden in besonderem Maße dafür, die stetig zunehmenden Produktionsanforderungen, die unter anderem durch die Energie und Rohstoffverknappung, die fortschreitenden Produktindividualisierung sowie den ansteigenden Leichtbautrend bedingt sind, zu erfüllen. Trotzdem besteht bei den produzierenden Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie bis heute nur eine geringe Akzeptanz gegenüber diesem Formgebungsverfahren. Ein wesentlicher Grund für diese geringe Akzeptanz liegt in der relativ komplexen Prozessführung sowohl bei der Rohteilerwärmung als auch bei der anschließenden Formgebung der teilflüssigen Metallwerkstoffe, sodass meist ein umfangreiches Expertenwissen zur Einstellung der idealen Anlagenparameter erforderlich ist. Ein weiterer Grund besteht in der hohen Sensibilität des Thixo-Schmiedens gegenüber prozesstechnischen Randbedingungen wie Rohteil- und Werkzeugtemperaturen sowie Stößel- bzw. Fließgeschwindigkeiten. Diese müssen relativ genau bestimmt und eingehalten werden, um eine möglichst hohe Prozesssicherheit zu gewährleisten. Vor diesem Hintergrund bestand die wesentliche Zielsetzung der in dieser Arbeit dargestellten Forschungsaktivitäten darin, die Konkurrenzfähigkeit des Thixo-Schmiedens gegenüber konventionellen Schmiede- und Gießverfahren zu steigern und somit einen Beitrag zu leisten, das Verfahren als Fertigungsalternative für produzierende Unternehmen der Metallindustrie attraktiver zu machen. Hierfür wurden im Rahmen der Auslegung einer Prozessroute für das Thixo-Schmieden metallischer Rohrhalbzeuge Maßnahmen zur Erhöhung der Prozessrobustheit sowie zur Vereinfachung der Prozessführung umgesetzt. Zudem wurden potentielle Anwendungsmöglichkeiten des Verfahrens dargestellt, mit denen den beschriebenen Produktionsanforderungen zukünftig noch besser begegnet werden kann. Im Einzelnen wurden dabei die nachfolgend zusammengefassten Forschungsinhalte bearbeitet. Zunächst wurde im Rahmen experimenteller Untersuchungen zur induktiven Erwärmung metallischer Rohrhalbzeuge in den teilflüssigen Materialzustand gezeigt, dass der Einfluss des bei der induktiven Erwärmung auftretenden Skin-Effekts durch den Einsatz von rohrförmigen anstelle von zylindrischen Rohteilen vernachlässigbar gering wird. Daraus resultierend konnte die Rohteilerwärmung für rohrförmige Halbzeuge im Vergleich zu Vollkörpern robuster gestaltet und die Ermittlung der hierfür erforderlichen Anlagenparameter vereinfacht werden. Ein weiterer Beitrag zur Erhöhung der Prozesssicherheit konnte mit dieser Arbeit durch die Optimierung der simulativen Prozessauslegung im Hinblick auf die Vorhersage kritischer Materialströmungen geleistet werden. Diese Optimierung wurde im Wesentlichen durch die Entwicklung eines neuen Viskositätsmodells erreicht. Mit diesem Modell wurden einphasige Formfüllsimulationen aufgebaut, mit deren Hilfe prozessbedingt auftretende, kritische Materialströmungen beim Thixo-Schmieden und dadurch zu erwartende Bauteilfehler prognostiziert werden konnten. Zudem konnten anhand dieser Simulationen Aussagen darüber getroffen werden, ob diese kritischen Materialströmungen durch eine frühzeitige Erstarrung oder durch einen inhomogenen, instabilen Materialfluss des teilflüssigen Metallwerkstoffes bedingt sein würden. Die Simulationsergebnisse wurden mithilfe von realen Formgebungsversuchen validiert und somit die Eignung des neu entwickelten Viskositätsmodells im Hinblick auf eine verbesserte simulative Auslegung des betrachteten Thixo-Schmiedeprozesses nachgewiesen. Für die Versuche wurde ein modulares Formgebungswerkzeug konstruiert und angefertigt, welches die kostengünstige Herstellung verschiedener rotationssymmetrischer, hohler Bauteilformen mit im Wesentlichen fertigen Funktionsflächen ermöglichte. Mit diesem Werkzeug wurden des Weiteren Formgebungsversuche durchgeführt, mit welchen die Potentiale des Thixo-Schmiedens hinsichtlich der Herstellung von hohlen Leichtbauteilen aus Werkstoffen mit erhöhten Festigkeits- bzw. Härtewerten sowie der ressourceneffizienten Wiederverwertung von Metallspänen aufgezeigt werden konnte. Mit diesen abschließenden Formgebungsversuchen wurde schlussendlich nachgewiesen, dass mit dem betrachteten Thixo-Schmiedeprozess insbesondere für Nischenanwendungen eine material- und ressourceneffiziente Fertigungsalternative zu den etablierten Schmiede- und Gießverfahren besteht.Item Open Access Beitrag zum Umformfügeprozess einer Welle-Nabe-Verbindung durch Quer-Fließpressen(Stuttgart : Institut für Umformtechnik, 2016) Dörr, Florian; Liewald, Mathias (Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. MBA)Laut VDA-Jahresbericht 2014 wird im Bereich des Automobilbaus etwa 75 % der Wertschöpfung des Endproduktes in vor- und zwischengeschalteten Produktionsschritten bei Zulieferern erbracht [VDA14]. Zur Effizienzsteigerung der Wertschöpfungskette wird hierbei die Bündelung von Fertigungsschritten bzw. die Synchronisation mehrerer Produktionsschritte in der Zulieferkette bei einem TIER-1 Lieferant als Systemlieferant angestrebt. Die Kombination der beiden Grundverfahren Umformen und Fügen bietet beispielsweise eine Möglichkeit zur Erhöhung des Anteils an der Wertschöpfungskette bei einem solchen TIER-1 Lieferanten, wenn dieser zusätzlich zum Fügeprozess auch für die umformtechnische Herstellung der Einzelteile verantwortlich ist. Dies erfordert zum einen die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Fachgebiete Füge- und Umformtechnik und zum anderen die weitere wissenschaftliche Erforschung grundlegender Wirkzusammenhänge auf diesem Gebiet. Zur Steigerung der Attraktivität konventioneller Umformverfahren im Allgemeinen und dem Quer-Fließpressen im Speziellen untersucht diese Arbeit eine Verfahrenskombination aus Quer-Fließpressen einer Welle und dem gleichzeitigen Fügen dieser mit einer Nabe. Aufgrund der Verfahrensspezifika des umformtechnischen Fügens handelt es sich bei der hergestellten Welle-Nabe-Verbindung um einen sowohl kraft- bzw. reibschlüssigen als auch formschlüssigen nicht lösbaren Verbindungstyp. Der elastisch-plastische Umformprozess der Welle führt zu bleibenden elastischen Verformungen beider Fügepartner, wobei sich in der Kontaktfläche ein Gleichgewichtszustand aus Innendruck auf die Nabe und Außendruck auf die Welle einstellt. Insbesondere dünnwandige und gehärtete Naben sind aufgrund der ebenfalls vorhandenen tangentialen Zugspannungen und der Spannungsinhomogenität, verursacht durch das Nabeninnenprofil, anfällig hinsichtlich eines Sprödbruchs während des Umformfügens. Zur Vermeidung eines derartigen Versagensfalls während des Umformfügeprozesses kann prinzipiell zum einen werkzeugseitig eine radiale Nabenvorspannung realisiert werden. Zum anderen kann bauteilseitig eine Anpassung des Nabeninnenprofils zur Reduzierung der Kerbwirkung erforderlich werden. Eine weitere Herausforderung auf dem Gebiet des Umformfügens mittels Fließpressverfahren ist die Einstellung optimaler tribologischer Bedingungen. Im Gegensatz zum umformtechnischen Fügen im Bereich der Blechumformung treten beim Fließpressen signifikante Oberflächenvergrößerung der umgeformten Fügepartner auf. Dies wird beim Verfahren des gemeinsamen Fließpressens [Lang93] ausgenutzt, um annähernd stoffschlüssige Verbindungen in Form einer Kaltpressschweißverbindung zu erzeugen. Für den in dieser Arbeit betrachteten Fall des umformtechnischen Fügens sind daher während des Prozesses möglichst geringe Gleitreibungszahlen zum Erreichen hoher Formfüllungsgrade anzustreben. Nach dem Umformprozess sollten dahingegen hohe Haftreibungszahlen in der Kontaktfläche beider Fügepartner erreicht werden. Zur Lösung der oben genannten Herausforderungen und offenen Fragestellungen wird im Rahmen dieser Arbeit zunächst der Stand der Technik für die beiden Themengebiete Fließpressen (Kap. 2.1) und Umformfügen (Kap. 2.2) betrachtet und bereits bekannte Lösungen und Herangehensweisen analysiert. Nach der Ermittlung der relevanten Werkstoffkennwerte (Kap. 5) erfolgt eine numerische Prozessanalyse des Umformfügeprozesses (Kap. 7), die neben der Untersuchung unterschiedlicher Einflussfaktoren und der Festlegung von Versuchsparametern für die experimentelle Untersuchung die Grundlage für die Werkzeuggestaltung und -konstruktion (Kap. 6) bildet. Mit Hilfe eines segmentierten Werkzeuges zur einstellbaren, radialen Vorspannung der Naben während des Umformfügeprozesses werden im weiteren Verlauf der Arbeit drei Versuchsreihen durchgeführt (Kap. 8). Diese drei Versuchsreihen beschäftigen sich mit der Untersuchung des tribologischen Systems zwischen Welle und Nabe während und nach dem Umformfügeprozess, dem Einfluss des Nabeninnenprofils auf Vorgangs- und Kenngrößen der Verbindung und mit dem Einfluss der radialen Nabenvorspannung während des Umformfügeprozesses. In der ersten Versuchsreihe (Kap. 8.3), die die Analyse des tribologischen System umfasst, werden neben unterschiedlichen Oberflächentopografien beider Fügepartner auch verschiedene Schmierstofftypen untersucht sowie Haft- und Gleitreibungszahlen in der Kontaktfläche der Welle-Nabe-Verbindung ermittelt. In der nachfolgenden Versuchsreihe zum Einfluss des Nabeninnenprofils auf Vorgangs- und Verbindungskenngrößen (Kap. 8.4) werden die Hauptmerkmale des Nabeninnenprofils, bestehend aus Profilexzentrizität, Mitnehmeranzahl und Profiltyp variiert. Die letzte Versuchsreihe (Kap. 8.5) dient zur Ermittlung des Einflusses der radialen Nabenvorspannung durch das segmentierte Werkzeug auf Vorgangsgrößen und Bauteileigenschaften, wie beispielsweise die übertragbare Axialkraft, die sich ergebende Rundheitsabweichung oder den sich einstellenden Kontaktfugendruck in der Verbindung. Die Diskussion der numerischen und experimentellen Untersuchungsergebnisse (Kap. 9) führt alle erzielten Ergebnisse zusammen und vergleicht diese. Abschließend werden Empfehlungen zur Prozessführung und Bauteilgestaltung gegeben, welche zur Herstellung einer dünnwandigen Welle-Nabe-Verbindung mit gehärteter Nabe einzuhalten sind und welche Wirkzusammenhänge zwischen den genannten Einflussfaktoren und Prozesskenngrößen und Bauteileigenschaften bestehen. Die im Rahmen dieser Arbeit erzielten Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass es möglich ist, Welle-Nabe-Verbindungen mit komplexen Nabeninnenprofilen und guten Bauteileigenschaften mittels Quer-Fließpressen der Welle herzustellen. Hierbei treten Bauteileigenschaften wie die Zunahme der Rundheitsabweichung oder das Vorhandensein von Eigenspannungen in der Nabe auf, die sich aufgrund des Herstellverfahrens lediglich reduzieren, sich jedoch nicht vollständig vermeiden lassen. Die für diesen konkreten Fall gewonnenen Erkenntnisse werden abstrahiert und dienen als Basis für allgemeingültige Prozessanforderungen sowie zu erwartende Komponenteneigenschaften nach dem umformtechnischen Fügen durch Kaltfließpressen (Kap. 9). Während sich diese Arbeit maßgeblich auf den Herstellungsprozess und einige Komponenteneigenschaften wie die erreichbare axiale Haftkraft oder die sich einstellenden Rundheitsabweichungen fokussiert, werden Verbindungseigenschaften, wie die dynamische und statische Torsionsfestigkeit von Hr. Michael Funk (Institut für Konstruktionstechnik und Technisches Design, IKTD, Universität Stuttgart) betrachtet und analysiert. Diese Arbeit entstand in enger Zusammenarbeit mit dem IKTD im Rahmen eines gemeinsamen Forschungsprojektes, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wurde (LI 1556/24-1 bzw. BI 746/10-1). Eine kurze Übersicht zu den ermittelten Verbindungseigenschaften ist ebenfalls in Kap. 9 zu finden.Item Open Access Ein Beitrag zum Wärmeeinfluss und zur Temperaturführung bei der Umformung von nichtrostenden Stahlblechwerkstoffen(Stuttgart : Institut für Umformtechnik, 2016) Schmid, Philipp; Liewald, Matthias (Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. MBA)Die Umformung nichtrostender austenitischer Blechwerkstoff ist aufgrund der dehnungsinduzierten α‘-Martensitbildung und des damit einhergehenden TRIP-Effekts (Transformation Induced Plasticity) stark von der Umformtemperatur beeinflusst. Änderungen der Umformtemperatur sind dabei nicht nur vom Werkstoff selbst hervorgerufen, sondern auch von tribologischen oder werkzeugspezifischen Rahmenbedingungen und wirken sich unmittelbar auf die Umformbarkeit und Bauteilqualität aus. Im Rahmen dieser Arbeit wurden der Einfluss der Temperatur und Wärmeströme in Umformwerkzeugen auf das Materialverhalten und Umformergebnis untersucht und Methoden aufgezeigt, um den Wärmeeinfluss als Größe zur gezielten Verbesserung vorhandener Prozesse einzusetzen. Im Hauptteil der Arbeit wurde mittels nichtisothermen uniaxialen Zugversuchen grundlegendes Wissen zur Martensitentwicklung erlangt und Zusammenhänge mit den mechanischen Werkstoffeigenschaften hergestellt. Mithilfe von temperierten Nakajima-Versuchen konnten temperaturabhängige Versagensgrenzen bestimmt und in Zusammenhang mit der Austenitstabilität gebracht werden. Grundlagenversuche zum Zwischenglühen von Austeniten zeigen, dass durch den gezielten Einsatz von Wärme die Werkstoffeigenschaften in mehrstufigen Umformprozessen gezielt beeinfluss werden können. In weiterführenden Untersuchungen des tribologischen Systems und von Wärmeübergängen in Umformwerkzeugen konnte der Einfluss der Werkzeugoberflächenbeschaffenheit sowie von Schmierstoffen und Ziehfolien auf die Wärmeflüsse qualitativ und quantitativ erfasst werden. Die passive Erwärmung von Umformwerkzeugen wurde mittels Dauerlaufversuchen in Labor- und Realversuchen erfasst und diskutiert. Dieses Wissen dient als Basis für zukünftige weiterführende Verbesserungen der Temperaturführung in Umformwerkzeugen. Der Fokus der durchgeführten Arbeiten lag dabei auf Tiefziehprozessen, wobei die Übertragbarkeit der gewonnenen Erkenntnisse auf Sekundärprozesse wie dem Scherschneiden nachgewiesen wurde. Aufbauend auf den gewonnenen Ergebnissen konnte die generelle Beeinflussung der Martensitbildung mithilfe von lokal temperaturgeführten Umformwerkzeugen sowie dem lokalen Zwischenglühen von Bauteilen belegt werden. In diesem Kontext wurde ein innovatives Werkzeugtemperiersystem auf Basis der Peltier-Kühltechnik entwickelt, umgesetzt und in praktischen Versuchen validiert. Die im abschließenden Kapitel der Arbeit durchgeführten simulativen Studien eines Serienprozesses zeigen die generelle Umsetzbarkeit und Abbildbarkeit von Wärmeentwicklungen und deren Einfluss auf die dehnungsinduzierte Martensitbildung. Gleichzeitig konnte ein vereinfachtes Werkstoffmodell entwickelt werden, mithilfe dessen die Rechenzeiten bei Anwendung numerischer Methoden sowie Komplexität der Modellparameterbestimmung durch Miteinbeziehung der Austenitstabilität in die Modellierung verbessert werden kann. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der innerhalb der vorliegenden Arbeit durchgeführten Forschungsarbeiten. Mithilfe dieser wurde ein wissenschaftlicher Beitrag zur Werkstoffcharakterisierung nichtrostender Austenitischer Stähle und zur Auslegung temperaturgeführter Umformprozesse und Werkzeuge geleistet sowie weitere zukünftige Potenziale aufgezeigt.Item Open Access Beitrag zur Bestimmung der statischen Torsionsfestigkeit von umformgefügten Welle-Nabe-Verbindungen(Stuttgart : Institut für Umformtechnik, 2023) Meißner, Robert; Liewald, Mathias (Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. MBA)Im sich stetig weiterentwickelnden Mobilitätssektor sind innovative und effiziente Fertigungskonzepte für Bauteile und Komponenten zur Übertragung von Torsionskräften in modernen Fahrzeugen unverzichtbar. Neuartige Konzepte müssen nicht nur die Herstellungskosten verringern, sondern auch die Kohlenstoffemissionen sowohl während der Produktion als auch im Betrieb reduzieren. Für die Übertragung von Torsionskräften werden in Antriebssträngen jeglicher Art Welle-Nabe-Verbindungen eingesetzt. Ein vielversprechendes Fertigungskonzept stellt dafür das Fügen durch Umformen dar. Insbesondere das Verbinden von Wellen und Naben mittels Querfließpressen, in Verbindung mit neuartigen und komplexen Nabenprofilen, ist ein seit langem erforschter Ansatz, um die Produktivität zu steigern. Hierbei lassen sich die Vorteile eines Reibschlusses (Ansprechverhalten unter dynamischer Last) mit denen eines Formschlusses (Übertragung hoher Torsionsmomente) vereinen. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass die Vorbereitung der Fügepartner durch konventionelle Fertigungstechniken wie Zerspanen oder Kaltumformung erfolgen kann. Anhand von experimentellen Untersuchungen in vorangegangen Arbeiten konnte gezeigt werden, dass die aufnehmbaren Torsionsbelastungen teilweise weit über die Materialgrenzen der Welle hinausgehen können. Bei diesen Untersuchungen zeigte sich, dass nicht die komplexen Nabenprofile der WNV den Schwachpunkt darstellten, sondern ein Torsionsbruch der Welle auftrat. Der Einsatz numerischer Bauteil- und Fertigungsmodelle zur Steigerung der Komponentenleistungsfähigkeit und zur Erschließung weiterer Leichtbaupotenziale sowie die Integration digitaler Entwicklungsaktivitäten geraten bei der Entwicklung neuer Fertigungskonzepte für die Umsetzung einer ganzheitlichen Betrachtung vermehrt in den Fokus. Das Potenzial dieser neuartigen umformgefügten Q-WNV sowie ein erster experimenteller Leistungsnachweis kann den Forschungsarbeiten von Dörr und Funk entnommen werden. Hierbei wurden jedoch bisher noch keine numerischen bzw. analytischen Modelle zur Abbildung der statischen bzw. dynamischen Leistungsfähigkeit entwickelt, noch sind Methoden zur Bestimmung von erreichbaren Torsionsmomenten bekannt, die eine rechnerische Prognose der sicher übertragbaren statischen Torsionsfestigkeit ermöglichen. Die für den statischen Anwendungsfall relevante Kaltverfestigung der Welle wurde bisher nicht untersucht und wird in den heute bekannten Berechnungsvorschriften nicht berücksichtigt. Daher bestand das wissenschaftliche Ziel dieser Arbeit zum einen in der Untersuchung des Einflusses der Kaltverfestigung auf die statische Torsionsfestigkeit von mittels Querfließpressen gefügten WNV. Zum anderen galt es, die Frage zu beantworten, wie sich die durch die Umformung hervorgerufene Kaltverfestigung in die numerische strukturmechanische Belastungsrechnung in Bezug auf Grenzdrehmomente integrieren lässt. Derzeit werden für den Umform- bzw. Fügevorgang und die nachfolgende strukturmechanische Bestimmung der Torsionsfestigkeit in der Entwicklung von Komponenten unterschiedliche physikalische Ansätze angewendet, welche in speziellen FE-Programmen entweder zur Umformsimulation oder zur strukturmechanischen Simulation implementiert sind. Der Einsatz unterschiedlicher Finite-Elemente-Codes erschwert die vollständige Kopplung von Umformprozess und Belastungsanalyse. Daher wird in dieser Arbeit ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt, bei dem die Geometrie- und Werkstoffdaten über eine relativ einfache Schnittstelle übertragen werden. Ein weiteres Ziel dieser Arbeit bestand in der Erzeugung von fugendruckhomogenisierten reibschlüssigen Naben zur Erhöhung des Fugendrucks gegenüber konventionellen thermisch gefügten Querpressverbänden bei gleichzeitiger Reduzierung der Spannungsspitzen an den Nabenkanten. Hier galt es, eine Nabenkontur in Wechselwirkung mit dem Werkstofffluss der Welle zu erzeugen, welche eine ballige Außenkontur durch das Querfließpressen beim Fügen aufweist. Um das Ziel dieser Arbeit zu erreichen und die sich daraus abgeleiteten Fragen beantworten zu können, wurde die Baugruppe der WNV in ihren Einzelkomponenten betrachtet. Die systematische Aufteilung ermöglichte die Entwicklung einer Methode zur Integration der Kaltverfestigung in die numerische Torsionsberechnung für WNV. Die Problemstellung dieser Arbeit wurde auf Basis der Erkenntnisse aus dem Stand der Technik hergeleitet (Kapitel 3), konkretisiert und der Forschungsbedarf zunächst an numerischen und experimentellen Untersuchungen zum Vollvorwärtsfließpressen verdeutlicht. Anschließend erfolgte die Betrachtung dieser offenen Fragen zum Umformfügen von WNV mittels Querfließpressen unter der Verwendung von fugendruckbasierten Nabenkonturen. Zur Durchführung dieser Untersuchungen wurden die Werkstoffkennwerte des Naben- und Wellenwerkstoffs ermittelt und die Prüfstände sowie die eingesetzte Messtechnik festgelegt (Kapitel 4). Im Kapitel 5 wurde die Integration der Kaltverfestigung in die numerische Berechnung der statischen Torsionsfestigkeit untersucht, indem der Einfluss der Kaltverfestigung aus dem Fügeprozess herausgelöst und kaltgeformte Wellen durch VVFP hergestellt wurden. Um den Einfluss der Kaltverfestigung auf die erreichbare statische Torsionsfestigkeit von abgesetzten Wellen zu ermitteln, wurden eine Prüfgeometrie und ein Prüfaufbau entwickelt, um fließgepresste und zerspante Wellen statisch zu tordieren. Hierbei wurde eine Steigerung der Torsionsfestigkeit infolge der Kaltverfestigung der im Rahmen dieser Arbeit fließgepressten Wellen von 50 % bis 90 % gegenüber zerspanten Wellen experimentell ermittelt. Um den Einfluss der Kaltverfestigung in der numerischen strukturmechanischen Berechnung der maximal erreichbaren Torsionsfestigkeit zu berücksichtigen, wurde eine Vorgehensweise zur Übertragung numerisch berechneter Eigenspannungen und Dehnungen aus dem Umformprozess entwickelt. Dies ermöglicht den Datentransfer (Geometrie und lokale Bauteileigenschaften) von Deform3DTM (FE-Umformsimulation) zu ANSYS Workbench (FE-Strukturmechaniksimulation). Für diesen Bauteil- und Werkstoffdatentransfer wurde eine hohe Abbildungsgenauigkeit der umformtechnisch erzeugten Spannungen und Dehnungen in ANSYS Workbench erzielt und die Vorhersage der statischen Torsionsfestigkeit von fließgepressten Wellen unter Einfluss der Kaltverfestigung signifikant verbessert. Insbesondere gegenüber gedrehten Wellen wurde mit diesem Datentransfer eine signifikante Verringerung der Abweichung bei der numerischen Bestimmung der statischen Torsionsfestigkeit von 58 % (Drehteil) auf 2 % (Fließpressteil) für den Werkstoff 16MnCr5 und einen Zapfendurchmesser von 26 mm erzielt. Die Untersuchung zur Ermittlung der statischen Torsionsfestigkeit von fugendruckbasiert ausgelegten reibschlüssigen Nabenkonturen für WNV unterteilt sich in zwei weitere Abschnitte. Kapitel 6 fokussierte sich auf die numerische Gestaltung rotationssymmetrischer, hinterschnittiger Nabenkonturen durch die numerische und experimentelle Umsetzung eines iterativen werkstoff- und geometrieintegrierten Gestaltungsansatzes. Hierbei wurde das Ziel verfolgt, nach dem Fügen eine homogene Fugendruckverteilung in der Fuge zwischen Welle und Nabe zu erhalten und den maximal einstellbaren Fugendruck in Abhängigkeit des Wellenwerkstoffs zu ermitteln. Die eingesetzte Welle lag als zylindrischer Körper vor und es wurde ausschließlich die Nabeninnenseite konturiert, wodurch sich zusätzlich ein Hinterschnitt in axialer Richtung einstellte. Die numerischen und experimentellen Untersuchungen zur Gestaltung eines homogenen und maximalen Fugendrucks zeigten, dass eine gezielte fertigungstechnische Herstellung derartiger Verbindungen erfolgen kann. Für den Wellenwerkstoff 16MnCr5 wurde ein maximaler Fugendruck von 350 MPa und für den Wellenwerkstoff 42CrMo4 ein maximaler Fugendruck von 450 MPa ermittelt. Für beide Werkstoffe lag der maximale Fugendruck damit ca. 100 MPa unter der jeweiligen Zugfestigkeit. Der Einsatz einer fugendruckbasierten reibschlüssigen Nabenkontur führte unter Verwendung des gleichen Wellenwerkstoffs zu einer Steigerung der statischen Torsionsfestigkeit um 54 % im Vergleich zu einem thermisch gefügten Pressverband. Unter Verwendung des höherfesten Wellenwerkstoffs 42CrMo4 und eines hohen Fugendrucks von 450 MPa wurde sogar eine Steigerung um 76 % ermittelt. Ebenso wurde für fugendruckbasierte reibschlüssige WNV eine Formfüllung von bis zu 98 % gezeigt, welche sich durch eine präzisere zerspanende Fertigung an den Nabenkanten sogar zu einer vollständigen Formfüllung ausbauen lässt. Aufgrund des axialen Hinterschnitts der Nabenkontur wurden die axialen Abziehkräfte um 14 % bzw. um 22 % je nach Wellenwerkstoff und Fugendruck gegenüber zylindrischen Nabenkonturen gesteigert. In Kapitel 7 erfolgte die Ermittlung eines validierten FE-Umformmodells zur Erhöhung der numerischen Abbildungsgenauigkeit der zuvor experimentell gefügten Proben. Hierfür wurde eine Parameterstudie zur Ermittlung der tribologischen Wechselwirkungen und Reibungszahlen der Fügeverbindung, des Werkstück-Werkzeug-Kontakts und des Werkzeug-Werkzeug-Kontakts in Verbindung mit den geometrischen Fertigungstoleranzen der eingesetzten Halbzeuge durchgeführt. Die Studie zeigte anhand einer mit dem validierten FE-Umformmodell entwickelten Nabenkontur, dass die numerisch ermittelte Geometrie der gefügten Komponente um weniger als 0,1 µm an der Nabenaußenseite vom experimentell ermittelten Ergebnis abweicht und somit der numerisch anvisierte Fugendruck auch in der Realität erreicht wurde. Damit wurde erfolgreich gezeigt, dass mit dem entwickelten FE-Modell fugendruckbasierte reibschlüssige WNV entwickelt und gefertigt werden können. In Kapitel 8 wurden die bisherigen FE-Simulationsmodelle und -methoden zur experimentellen und numerischen Bestimmung der statischen Torsionsfestigkeit für fugendruckbasierte reib- und formschlüssige Nabenprofile verwendet und der Einfluss des zusätzlichen Formschlusses herausgearbeitet. Die Untersuchung zur statischen Torsionsfestigkeit von fugendruckbasierten reib- und formschlüssigen Nabenprofilen zeigte, dass diese Nabenprofile gegenüber bisher bekannten reib- und formschlüssigen Nabenprofilen vergleichbare statische Übertragungsfähigkeiten unter der Berücksichtigung eines deutlich geringeren Formschlusses sowie einer homogeneren Fugendruckverteilung aufwiesen. Die Ergebnisse zeigen, dass die numerische Modellierung der statischen Torsionsfestigkeit von fließgepressten Wellen durch die Integration der Kaltverfestigung mit dem entwickelten Datentransfer deutlich verbessert wurde. Die fugendruckbasierten Nabenkonturen ermöglichen höhere Fugendrücke im Vergleich zu konventionellen thermisch gefügten Querpressverbänden und erzielen dadurch deutlich höhere statische Torsionsmomente. Zudem erfordern WNV-Fügeprozesse keine Temperierung der Fügepartner, und die Halbzeuge können durch (Fein-)Drehen hergestellt werden. Fugendruckbasierte Nabenkonturen bieten gegenüber zylindrischen Nabenkonturen den Vorteil geringerer maximaler radialer und tangentialer Spannungen im Nabenkörper bei nahezu identischer statischer Torsionsfestigkeit. Außerdem wurde eine erhöhte axiale Abziehkraft durch axialen Formschluss nachgewiesen. Der Einfluss der Kaltverfestigung für die in dieser Arbeit untersuchten Wellengeometrien war von untergeordneter Bedeutung. Es wurden FE-Umformmodelle für die fugendruckbasierte Auslegung von reibschlüssigen Nabenkonturen sowie reib- und formschlüssigen Nabenprofilen entwickelt und validiert, die als Grundlage für weitere Untersuchungen zum umformtechnischen Fügen mittels Querfließpressen dienen. Diese Arbeit fokussiert sich maßgeblich auf den Herstellungsprozess fugendruckbasierter reibschlüssiger Nabenkonturen bzw. reib- und formschlüssiger Nabenprofile und insbesondere auf den Einfluss der Kaltverfestigung auf die statische Torsionsfestigkeit der hier untersuchten WNV für die Werkstoffe 16MnCr5 und 42CrMo4 mit einem Wellendurchmesser von 22 mm sowie einem Nabeninnendurchmesser von 25 mm und einem Nabenaußendurchmesser von 50 mm. Die Ermittlung der dynamischen Torsionsfestigkeit der entstandenen Versuchsproben betrachtet und analysiert Hr. Daniel Ulrich (Institut für Konstruktionstechnik und Technisches Design, IKTD, Universität Stuttgart). Diese Arbeit entstand in enger Zusammenarbeit mit dem IKTD im Rahmen eines gemeinsamen Forschungsprojektes, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wurde.Item Open Access Ein Beitrag zur Charakterisierung der Verbindungsfestigkeit von flächigen Mehrschichtverbunden in der Blechumformung(Stuttgart : Institut für Umformtechnik, 2020) Hofmann, Dennis; Liewald, Mathias (Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. MBA)In der Automobil- und Luftfahrtindustrie werden verstärkt maßgeschneiderte Produkte bzw. Halbzeuge eingesetzt, um die anspruchsvollen Vorgaben in Bezug auf Leichtbaupotential, Materialeinsparung und Energieeffizienz zu erfüllen. Neben Tailor Welded Blanks und Tailored Rolled Blanks gehören auch die Mehrschichtverbunde zur Gruppe dieser maßgeschneiderten Produkte, welche die Vorteile einer geringen Dichte mit schall- bzw. vibrationsdämpfenden Eigenschaften vereinen. Der Einsatz von Mehrschichtverbunden, insbesondere der der kraft- und stoffschlüssig gefügten Doppelplatinen und Sandwichbleche, findet jedoch derzeit noch wenig Akzeptanz in industriellen Produkten. Der Grund dafür besteht in der bisher unzureichenden Auslegung und Charakterisierung der Verbindungsfestigkeit dieser Halbzeuge. Die Zielsetzung dieser Arbeit besteht daher einerseits in der Charakterisierung und Auslegung der Verbindungsfestigkeit von kraft- und stoffschlüssigen Mehrschichtverbunden in der Blechumformung und anderseits in der systematischen Entwicklung von Möglichkeiten zur Funktionsintegration in kraftschlüssig gefügte Mehrschichtverbunde. Im ersten Teil der Arbeit werden die mechanisch technologischen Kennwerte aus Grund- und Modellversuchen für die numerische Simulation von kraftschlüssigen Mehrschichtverbunden aus Blechen erarbeitet. Diese Kennwerte werden sowohl für die Umformung der Verbunde als auch für die Charakterisierung der Verbindungsfestigkeit verwendet. Für die numerischen Berechnungen des Kraftschlusses zwischen den Bauteilen nach der Umformung werden in diesem Teil der Arbeit insbesondere das tribologische System zwischen den beiden Platinen nach dem Umformen und die kinematische Verfestigung des Blechwerkstoffs charakterisiert. Aufbauend darauf wird die Rückfederungskraft von monolithischen Blechwerkstoffen analytisch, numerisch und experimentell ermittelt, um das Potential zum flächigen Fügen von Platinen durch gemeinsames Umformen, welches als Gemeinsamtiefziehen bezeichnet wird, bewerten zu können. Beim Gemeinsamtiefziehen werden zwei Platinen ohne Verwendung von zusätzlichen Verbindungselementen sowie thermischer und chemischer Verbindung von deren Oberflächen gemeinsam miteinander tiefgezogen, sodass eine flächige Verpressung entstehen kann, wenn die Zargenbereiche senkrecht stehende Flächenanteile aufweisen. Konische Bauteile übertragen beispielsweise keine oder nur geringe Verbindungsfestigkeiten. Die Verbindungsfestigkeit, welche durch eben diese flächige Verpressung durch Gemeinsamtiefziehen entsteht, wird anschließend experimentell analysiert und die werkstoff-, prozess- und bauteiltechnischen Einflussfaktoren werden quantifiziert. Die Verbindungsfestigkeit der gemeinsam tiefgezogenen Mehrschichtverbunde wird weiterhin durch numerische Grundlagenuntersuchungen analysiert, um die erzeugte Verbindungsfestigkeit ohne aufwendige experimentelle Grundsatzuntersuchungen vorhersagen zu können. Grundlage der Charakterisierung der Verbindungsfestigkeit stellen FEM-Berechnungen aus Schalen- und Volumenelementen dar, welche aus einer Mehrstufensimulation aufgebaut werden. Durch strukturmechanische Simulationen kann zusätzlich der Einfluss von der Struktursteifigkeit in Abhängigkeit von der Verbindungsfestigkeit aufgezeigt werden. Abschließend wird ein empirisch-numerisches Prognosemodell zur Vorhersage der Verbindungsfestigkeit von gemeinsam tiefgezogenen Mehrschichtverbunden für rotationssymmetrische Bauteile abgeleitet und validiert. Dieses Modell gilt für die in dieser Arbeit aufgestellten Randbedingungen (z.B. annährend senkrechte Zarge des Bauteils). Im zweiten Teil der Arbeit wird das Gemeinsamtiefziehen auf mögliche industrielle Anwendungen übertragen. Neben dem Fügeprozess des Gemeinsamtiefziehens werden Versteifungs- bzw. Befestigungselemente einstufig in den Mehrschichtverbund integriert, sodass Montagezeiten verkürzt, Hilfsfügeelemente (z.B. Nieten) subsituiert und Zusatzfunktionen (z.B. Drehmomentübertragung) geschaffen werden. Die im Rahmen dieser Arbeit hergestellten kraftschlüssigen Mehrschichtverbunde können beispielsweise ein Drehmoment in Fail-Safe-Anwendungen bis zu 80 Nm übertragen (vgl. Kap.5). Im dritten Teil dieser Arbeit wird die Ermittlung der Verbindungsfestigkeit von stoffschlüssig gefügten Mehrschichtverbunden (Sandwichbleche) betrachtet, da die zuvor betrachteten kraftschlüssig gefügten Mehrschichtverbunde aufgrund der Reibungskräfte nur begrenzte Verbindungsfestigkeiten erreichen. Nachteile dieser Verbunde bestehen in der ungenauen numerischen Vorhersagbarkeit des Versagens der Klebstoffzwischenschicht, sowie in der aufwendigen Kennwertermittlung und der Charakterisierung des Delaminationsverhaltens. Aus diesem Grund wird eine neue inverse Methodik zur Kennwertermittlung von Sandwichblechen auf Basis eines mehrachsigen Laborversuchs vorgestellt. Diese Vorgehensweise ermöglicht eine präzise Vorhersage des Zwischenschichtversagens von dünnen Klebschichten in Sandwichblechen in der Blechumformung. Der wesentliche Erkenntnisgewinn dieser Arbeit besteht daher einerseits in der Vorhersage der Verbindungsfestigkeit zweier gemeinsam umgeformter Platinen nach der Umformung und anderseits in der verbesserten Vorhersage des Zwischenschichtversagens von dünnen Klebeschichten. Die mit dieser Arbeit vorliegenden neuen Vorhersagemöglichkeiten, insbesondere im Bereich der kraftschlüssig gefügten Mehrschichtverbunde, bieten langfristig neue Konstruktions- und Auslegungsmöglichkeiten für flächig zu fügende Blechbauteile. Die in dieser Arbeit durchgeführten Grundlagenuntersuchungen sollten zukünftig dazu verwendet werden, um die Verbindungsfestigkeit von komplexeren Bauteilen vorherzusagen. Eine Kombination aus Form- und Kraftschluss kann dabei die übertragbare Verbindungskraft erhöhen. Denkbar sind beispielweise Anwendungen aus dem Design-, Verpackungs- oder Korrosionsschutzbereich, welche keine großen mechanischen Beanspruchungen der Bauteile in der Betriebs- und Nutzungsphase erfahren und unterschiedliche Ansprüche an die Funktion von innerem und äußerem Bauteil fordern.Item Open Access Beitrag zur Erhöhung der Schnittflächenqualität und des Formänderungsvermögens schergeschnittener Bauteilkanten(Stuttgart : Institut für Umformtechnik, 2023) Senn, Sergei; Liewald, Mathias (Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c., MBA)Die Anforderungen an die Qualität von schergeschnittenen Bauteilkanten haben in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Insbesondere in der Elektronikindustrie werden Schnittkanten mit einem möglichst großen Glattschnittanteil gefordert, wobei sie zugleich gratfrei sein und ein hohes verbleibendes Formänderungsvermögen aufweisen sollen. Dieser Trend resultiert aus dem verstärkten Einsatz gestanzter metallischer Produkte in elektronischen Komponenten, wie beispielsweise Kantsteckern oder Leiterplattenhalteklipps, die zur Befestigung von Platinen in Steuergeräten dienen. In diesen Anwendungen sind Bauteilkanten mit Schnittgraten inakzeptabel, da sie während des Produktlebenszyklus, zum Beispiel aufgrund von Vibrationen im Betrieb eines Kraftfahrzeugs, zu Einrissen und Brüchen des Bauteils oder aber auch zu Ablösungen führen können. Dies könnte zu einem Kurzschluss und somit zu einem Ausfall des Produkts führen. Daher ist es insbesondere im Bereich des Stanzens von Elektronikprodukten von entscheidender Bedeutung, dass die Schnittkanten gratfrei sind und hohe Anforderungen an die Schnittflächenqualität erfüllen. Die steigenden Qualitätsanforderungen an schergeschnittene Bauteilkanten in der Elektronikindustrie stehen im Einklang mit dem Bestreben nach immer präziseren und zuverlässigeren Komponenten. Durch die Realisierung von gratfreien Schnittkanten und einer hohen Schnittflächenqualität wird die Funktionalität und Langlebigkeit elektronischer Produkte verbessert. Dies ist von großer Bedeutung, insbesondere in sicherheitskritischen Anwendungen wie der Automobilindustrie, in der Ausfälle aufgrund von fehlerhaften Bauteilen große Rückrufaktionen zu Folge haben können. Um den gestiegenen Qualitätsanforderungen gerecht zu werden, sind Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen erforderlich, um neue Schneidverfahren und Werkzeugkonzepte zu entwickeln. Die Vergrößerung des Glattschnittanteils, die Realisierung von gratfreien Schnittkanten und das Beibehalten eines möglichst hohen Formänderungsvermögens bilden dabei entscheidende technologische Aspekte. Durch innovative Technologien und Prozesse können schergeschnittene Bauteilkanten hergestellt werden, die den hohen Qualitätsstandards der Elektronikindustrie gerecht werden und gleichzeitig eine effiziente und zuverlässige Produktion ermöglichen. Diese Arbeit greift das Problem auf und zielt darauf ab, die Schnittflächenqualität von schergeschnittenen Bauteilkanten durch die Induzierung lokaler Druckspannungen zu verbessern. Dies wird durch eine geometrische Modifikation bzw. Neugestaltung der Stempelschneidkanten erreicht. Im ersten Teil der Arbeit wird eine solche Modifikation an einem klassischen Schneidstempel durchgeführt. Dabei wird die Stirnfläche des Stempels stark konkav ausgeformt und nur mit einer relativ kleinen ringförmigen Auflagefläche auf den auszutrennenden Butzen versehen. Durch die Reduzierung der Kontaktfläche werden lokale Druckspannungen in der Scherzone erzeugt, so dass sich während des Schervorgangs ein hinreichend großer Gradient dieser Schubspannungen mit der Bewegungsrichtung des Stempels mitbewegen. Dadurch erfolgt die Rissinitiierung deutlich verzögert, was zu einem höheren Glattschnittanteil und geringerem Kanteneinzug führt. Allerdings ist mit diesem Verfahren keine Gratfreiheit und kein ausreichendes Formänderungsvermögen der Schnittkante erreichbar. Aus diesem Grund wird im zweiten Teil der Arbeit ein zweistufiges Schneidverfahren weiterentwickelt. Dabei erfolgt eine Modifikation der Stempelschneidkante in der Anschneidestufe beim Konterschneiden. Dies ermöglicht die Kombination der Vorteile zweier Verfahren: des Konterschneidens und des Nachschneidens. Beide Verfahren werden in zwei Stufen durchgeführt. Das Konterschneiden ermöglicht gratfreie Bauteile, während das Nachschneiden hohe Glattschnitte mit einem hohen verbleibenden Formänderungsvermögen der Schnittkante ermöglicht. Durch die geometrische Modifikation der Anschneidestufe, beispielsweise durch das Einbringen einer abgesetzten Schneidkante in Kombination mit negativen Schneidspalten beim Anschneiden wird es möglich, beide Verfahren zu kombinieren und ebenfalls senkrechte Druckspannungen in Blechdickenrichtung beim Anschneiden zu erzeugen. Dadurch wird eine Schnittkante erreicht, die gratfrei ist, eine sehr hohe Schnittflächenqualität aufweist und gleichzeitig ein hohes verbleibendes Formänderungsvermögen für nachfolgende Umformvorgänge ermöglicht. Durch die entwickelten Verfahren und deren kombinierter Einsatz wird angestrebt, die Herausforderungen in Bezug auf die Schnittflächenqualität bei schergeschnittenen Bauteilkanten in der Elektronikindustrie zu bewältigen. Durch die Optimierung der Schneidverfahren wird eine präzise Herstellung von Bauteilkanten mit hohen Qualitätsanforderungen ermöglicht, was insbesondere in sicherheitskritischen Anwendungen von großer Bedeutung ist.Item Open Access Beitrag zur Erweiterung der Verfahrensgrenzen des Quer-Fließpressens(Frankfurt : DGM Informationsgesellschaft mbH, 2014) Rudolf, Stefan; Liewald, Mathias (Prof. Dr.-Ing., MBA)Zur Gewichtsreduktion von Bauteilen können prinzipiell die folgenden zwei Wege beschritten bzw. kombiniert werden. Zum einen kann die Masse durch Verwendung eines Werkstoffs mit geringerem spezifischem Gewicht und zum anderen durch topologische Optimierung reduziert werden. Im Rahmen dieser Arbeit wurden zwei technologische Methoden untersucht, die zur Herstellung von hochfesten eichtbaukomponenten mittels Quer-Fließpressen eingesetzt werden können. Es wurde das Quer-Fließpressen mit Überlagerung einer Druckspannung einerseits und das Hohl-Quer-Fließpressen von rohrförmigen Halbzeugen andererseits betrachtet. Die wissenschaftliche Herausforderung bildete hierbei die Gestaltung und Führung der beiden Quer-Fließpressprozesse zur Verarbeitung spröder Werkstoffe bzw. zur Herstellung von geometrisch komplexen hohlen Bauteilen. Hochfeste, metallische Werkstoffe mit geringem spezifischem Gewicht weisen häufig eine stark limitierte Duktilität auf und stellen somit besondere Ansprüche an einen Umformprozess. So zeigte von Kármán [Kar11] bereits 1911 auf, dass die Duktilität eines spröden Werkstoffs durch die Überlagerung eines hydrostatischen Drucks gesteigert werden kann. Für die Untersuchung des Quer-Fließpressens mit Druckspannungsüberlagerung wurde ein Werkzeug entwickelt, das eine Gegenkraft im Bereich der sonst freien Werkstückflächen aufbringt. Der Betrag der Gegenkraft konnte in einem weiten Bereich variiert werden. Mit Hilfe dieses neu entwickelten Werkzeugs erfolgte eine gezielte Variation des Spannungszustands während des Umformens und ermöglichte damit, dessen Einfluss auf das Prozessergebnis beim Quer-Fließpressen zu analysieren. Als Werkstückgeometrie für die Untersuchungen im Rahmen dieser Arbeit wurde beispielhaft ein Gelenkkreuz mit vier lateralen Zapfen herangezogen. Für die experimentellen Untersuchungen wurden die Aluminiumlegierung EN AW-7075 im Zustand T6, die Magnesiumlegierung AZ31 und verschiedene Sinterstähle ausgewählt. Bei der Magnesiumlegierung wurde neben dem Spannungszustand auch die Umformtemperatur im Rahmen der Untersuchungen dieser Arbeit variiert. Die Beurteilung der Wirksamkeit des jeweiligen Spannungszustands auf das Ergebnis der Umformung erfolgte anhand von Schliffbildanalysen. Zudem wurde der Einfluss der jeweiligen Gegenkraft auf den Spannungszustand im Bauteil mittels Berechnungen der Finite-Elemente-Methode untersucht. Der zweite Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit war die Betrachtung des Verfahrens HohlQuer-Fließpressen von rohrförmigen Werkstücken. Bei diesem Umformprozess handelte es sich um die Verfahrensentwicklung einer speziellen Form des Quer-Fließpressens, die nach derzeitigem Kenntnisstand bisher noch nicht realisiert wurde. Ausgehend von einem rohrförmigen Halbzeug wird ein Werkstück mit hohler Hauptform und ebenfalls hohlen Nebenformelementen, auch Zapfen genannt, hergestellt. Zunächst wurden für verschiedene Werkstückgeometrien des Hohl-Quer-Fließpressens von rohrförmigen Werkstücken entsprechende Werkzeugkonzepte entwickelt. Hierzu erfolgte die Konstruktion von Umformwerkzeuge für Werkstücke mit einem, zwei bzw. vier hohlen Zapfen und darauf folgend der Aufbau eines dazugehörigen Werkzeugsystems. Dieses Werkzeugsystem orientierte sich an der konventionellen Werkzeugtechnik des beidseitigen Quer-Fließpressens auf einfach-wirkenden Umformmaschinen. Zusätzlich eingesetzte Werkzeugachsen erlaubten jedoch die Positionierung von Innendornen im Bereich der lateralen Nebenformelemente. Die dabei gewonnenen experimentellen Versuchsergebnisse zeigten die grundsätzliche Machbarkeit des Verfahrens HohlQuer-Fließpressen von rohrförmigen Werkstücken auf. Somit konnten geometrisch komplexe, hohle Werkstücke mit einem Verfahren der Kaltmassivumformung hergestellt werden. Verschiedene Versuchsreihen demonstrierten zudem die Grenzfälle des Werkstoffflusses bei unterschiedlichen geometrischen Verhältnissen bzw. Geometrien des Werkstücks. So kommt es z. B. bei zu geringen Querschnittsreduktionen bei Halbzeugen mit zwei Nebenformelementen zur Bildung einer Falte an der Innenoberfläche der Zapfen oder zu nicht ausgefüllten Werkstückbereichen an der Innen- sowie Außenkontur. Zusätzlich zum Werkstofffluss wurden unterschiedliche Designvarianten der Verbindung der Innendorne untersucht. Die verschiedenen Grenzfälle des Werkstoffflusses ließen sich zuverlässig anhand von Berechnungen mit der Finite-Elemente-Methode reproduzieren. Bei der Validierung berechneter Pressstempelkräfte mit gemessenen Prozessdaten wurde jedoch festgestellt, dass der Verlauf der Stempelkraft, aufgetragen über dem Stempelweg, nicht exakt reproduziert werden konnte. Dies wurde mit der nicht exakten Abbildung der Reibungsverhältnisse in der Simulation begründet und erklärt. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die beiden untersuchten Verfahrensvarianten erhebliches Potential für die wirtschaftliche Herstellung von hochfesten und geometrisch komplexen Leichtbaukomponenten durch Fließpressen aufweisen. Auf Grund der praxisbezogenen Werkstückgeometrien und Werkzeugtechniken soll diese Arbeit als Leitfaden für die Erweiterung der Verfahrensgrenzen des Quer-Fließpressens hinsichtlich des Umformwerkstoffs und der Bauteilgeometrie dienen. Für Hersteller von Kaltmassivumformteilen werden hierfür entsprechende Lösungswege aufgezeigt und Empfehlungen gegeben.Item Open Access Beitrag zur Prozessabsicherung des Einsatzes von Aluminiumblechwerkstoffen für Fahrzeugkarosserien(Frankfurt : DGM Informationsgesellschaft mbH, 2014) Denninger, Ralf; Liewald, Mathias (Prof. Dr.-Ing., MBA)Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die Absicherung der umformtechnischen Verarbeitungsschritte von Aluminiumblechwerkstoffen im Fahrzeugkarosseriebau. Dazu zählt neben der Absicherung von Blechumformprozessen auch die Einhaltung neuer Qualitätsanforderungen an die Oberfläche der Bauteile. Die bearbeiteten Themengebiete sind aus aktuellen umformtechnischen Fragestellungen und Defiziten bei Entwicklungs- und Serienproduktionsprozessen für Blechformteile abgeleitet. Inhaltlich setzt sich diese Arbeit mit der umfassenden Untersuchung qualitätsbeeinflussender Werkstoff- und Prozessparameter auseinander. Die Themengebiete umfassen: • die Untersuchung klassischer Tiefziehprozesse unter Berücksichtigung der Umformhistorie • die Untersuchung von Biege- und Falzprozessen • die Untersuchung von Oberflächenunruhen (Roping) während des Umformens von Aluminiumblechwerkstoffen Die Vorgehensweise zur Bearbeitung der Themengebiete erfolgt in mehreren Schritten. Eingehend wird der zu hinterfragende Umformprozess hinsichtlich der auftretenden Beanspruchungen und ggf. hinsichtlich des Versagensbilds analysiert und in abstrahierter Form in der Umformsimulation nachgestellt. Basierend auf den Erkenntnissen der charakteristischen Werkstoffbeanspruchungen werden neue Prüfapplikationen entwickelt, um unter Laborbedingungen definierte Beanspruchungen in den Werkstoff einleiten und das Werkstoffverhalten und die Grenzen des Umformvermögens untersuchen zu können. Aufbauend auf den Ergebnissen der Untersuchungen werden neue Kennwerte und Qualitätskriterien entwickelt. Einerseits finden sich diese in neuen Konzepten zur Werkstoffdifferenzierung und damit zur verbesserten Werkstoffauswahl während der Prozessauslegung wieder. Andererseits werden die Kennwerte und Kriterien zur ganzheitlichen Prozessauslegung und -bewertung entlang der Herstellungskette von Blechformteilen im automobilem Karosseriebau eingesetzt.Item Open Access Beitrag zur Umformung von ebenen und versteiften Schichtverbundwerkstoffen(Frankfurt : DGM Informationsgesellschaft mbH, 2014) Bolay, Christian; Liewald, Mathias (Univ.- Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c., MBA)Moderne hybride Schichtverbundwerkstoffe kommen heutzutage vor allem für Leichtbau und Dämpfungsanwendungen zum Einsatz, um leichte Bauteile für hohe Belastungen herzustellen. In der Luft- und Raumfahrt stellen solche Werkstoffe aufgrund der höheren zulässigen Kosten und der einfacheren Bauteilgeometrien den aktuellen Stand der Technik dar, während diese im Karosseriebau derzeit noch höchst selten zum Einsatz kommen. Durch die Verwendung von Werkstoffen mit Zwischenschichten geringer Dichte wird die Steifigkeit, aber auch die Verbunddicke erhöht. Dadurch können leichtere Bauteile hergestellt werden, die jedoch umformtechnische Herausforderungen beinhalten. Beispielsweise führen diese zum erschwerten Falzen von Randbereichen und zur ungenügenden Abstützung der Deckbleche während des Tiefziehens. Gleichzeitig spielt zunehmend das akustische Abstrahlverhalten der Bauteile in die Umgebung eine entscheidende Rolle. Für dämpfende Aufgaben werden zwischen zwei Deckblechen dünne, viskoelastische Zwischenschichten verwendet, um Biegeschwingungen und somit die akustische Abstrahlung zu verringern. Im ersten Teil der Arbeit werden ebene Schichtverbunde und einseitig mit Versteifungselementen versehene Verbunde vorgestellt. Das Flächenträgheitsmoment wird dabei nicht durch eine dickere Zwischenschicht, sondern durch Sicken in einem Deckblech erhöht. Somit kann nach wie vor eine dünne Zwischenschicht mit dämpfenden Eigenschaften bei hoher Bauteilsteifigkeit verwendet werden. Vor allem großflächige Bauteile können gezielt versteift und unversteifte Randbereiche hervorragend gefalzt werden. Durch die einseitige Versteifung können bis zu vier Mal höhere Biegebelastungen aufgenommen und mit einer Sickengestaltung kann die akustische Abstrahlung halbiert werden. Außerdem bleibt eine ebene Bauteilseite für den Werkzeugkontakt oder für optische Anforderungen an das Bauteil erhalten. Im zweiten Teil dieser Arbeit werden Schichtverbunde mit textilen Zwischenschichten untersucht, die sowohl einen interessanten Leichtbaufaktor als auch dämpfende Eigenschaften aufweisen. Einen Schwerpunkt der Arbeit bildet die Charakterisierung dieses Schichtverbundwerkstoffes, zum Beispiel durch Scherzug-, Biege- und Tiefziehversuche sowie Scherschneiduntersuchungen. Insbesondere erweiterte Versagensarten von Schichtverbunden durch Faltenbildung und Delamination in der Zwischenschicht konnten durch eine geeignete Auslegung der Schichtdicken und Umformwerkzeuge vermieden werden. Im dritten Teil der Arbeit werden Umformsimulationen mit verschiedenen Ersatzmodellen unter Berücksichtigung des dreischichtigen Aufbaus untersucht. Die Kennwerte der Werkstoffcharakterisierung werden als Parameter für die Simulationsmodelle verwendet und anschließend mit Hilfe von Umformexperimenten validiert. Es konnten sowohl die Eigenschaften der Deckbleche als auch der Zwischenschicht berechnet werden. Vor allem die Eingabeparameter, wie z. B. die Normal- oder Scherfestigkeiten der Zwischenschicht, die Genauigkeit und die Berechnungszeit der Simulation, spielen eine wesentliche Rolle für den wirtschaftlichen Einsatz solcher Modelle in der Entwicklung von Bauteilen aus Schichtverbunden. Mit Hilfe von bestehenden (größtenteils genormten) und mit neu entwickelten Prüfverfahren konnten die Eigenschaften von Schichtverbunden mit integrierten Versteifungselementen und textilen Zwischenschichten entsprechend genau modelliert und korrespondierende Modellparameter bestimmt werden. Außerdem wurden in Biege- und Tiefziehversuchen die umformtechnischen Grenzen für diese Werkstoffe ermittelt. Dadurch wurde ein wissenschaftlicher Beitrag zur Werkstoffcharakterisierung und zur Auslegung von Umformprozessen moderner hybrider Schichtverbundwerkstoffe geleistet sowie Grenzen der Übertragbarkeit der gewonnenen Erkenntnisse aufgezeigt.Item Open Access Berechnung kritischer Großwerkzeugkomponenten zur Verbesserung von deren Betriebssicherheit und Leistungsfähigkeit(Stuttgart : Institut für Umformtechnik, 2023) Burkart, Maximilian Walter; Liewald, Mathias (Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c., MBA)Aufgrund des globalen Wettbewerbs steigen die Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit der Automobilproduktion stetig an. Die Wettbewerbsfähigkeit der Marktteilnehmer wird hierbei maßgeblich durch Produktivitätspotentiale bestimmt. Im Karosseriebau wird dieser Randbedingung durch die Erhöhung der Ausbringungsleistung begegnet. Hierbei wird insbesondere durch die Einführung neuer Fertigungssysteme versucht, die Produktivität der Blechteilherstellung zu steigern. Der Einsatz der Servopressentechnologie in der Herstellung von Karosserieaußenhautteilen bietet Möglichkeiten, langfristig den gesteigerten Anforderungen an die Produktivität moderner Presswerke zu begegnen. Durch die in Servopressen eingesetzte Motoren- und Regelungstechnik wird eine flexible Programmierung der Stößelbewegung ermöglicht. Insbesondere Nebenzeiten können durch diese relativ neue Pressentechnik reduziert werden, indem das Werkzeug mit einer höheren Geschwindigkeit geöffnet und geschlossen werden kann. Prozessfenster können dementsprechend beibehalten und gleichzeitig die Gesamtausbringung der Pressenlinie erhöht werden. Aufgrund der erhöhten Stößelgeschwindigkeiten induzieren massebehaftete bewegliche Werkzeugkomponenten erhöhte Reaktionskräfte in der Werkzeugstruktur sowie in der Pressenstruktur selbst. Diese Reaktionskräfte können wiederum kritische Belastungen für Werkzeug- und Pressenstruktur übersteigen und somit zu Störungen des Umformprozesses sowie zu einem Versagen von Komponenten in der Serienproduktion führen. Diese Herausforderung erfordert eine Anpassung des klassischen Werkzeugentstehungsprozesses im Hinblick auf die geänderten Prozessanforderungen aufgrund der neuartigen servomotorischen Stößelantriebe. Der Werkzeugentstehungsprozess bildet als Bindeglied zwischen Fahrzeugdesign und Blechteilproduktion die Schlüsselrolle in der Karosserieteilfertigung. Den Veränderungen der Produktionsbedingungen im Presswerksbetrieb durch erhöhte Stößelgeschwindigkeiten wird heute im vorwiegend empirisch geprägten Werkzeugbau aktuell noch zu wenig begegnet. Umformwerkzeuge für Karosseriebauteile werden heute noch recht konservativ ausgeführt, was bedeutet, dass diese meist durch große Massen und hohe Sicherheitsfaktoren geprägt sind. Dies wirkt sich in der Folge nachteilig auf die Ausbringungsleistung und Betriebssicherheit der Pressenlinie und die strukturelle Belastung der Umformwerkzeuge aus. Einerseits müssen in diesem Fall die Hubzahl der Pressenlinie reduziert werden, um die strukturellen Belastungen der Werkzeugkomponenten herabsetzen zu können. Andererseits bedingen hohe Massen der Oberteile von Großwerkzeugen hohe Antriebsleistungen des Pressenstößels, die es langfristig zu reduzieren gilt. Vor diesem Hintergrund wird eine Anpassung der konventionellen Werkzeugauslegung und -konstruktion notwendig, um so den zukünftigen Anforderungen an eine wirtschaftliche Pressteilherstellung im Presswerk zu begegnen. Hierfür muss eine belastungsgerechte Werkzeugausführung umgesetzt werden, um bereits im Werkzeugentstehungsprozess auf zukünftige Belastungen zu reagieren und die Leistungsfähigkeit und Sicherheit der Werkzeuge entsprechend der Anlagentechnik auch bei erhöhten Stößelgeschwindigkeiten beibehalten zu können. Im Rahmen dieser Arbeit wird deshalb eine Vorschrift zur belastungsgerechten Auslegung und Konstruktion von Werkzeugen der Folgeoperationen mit dynamisch bewegten Massen entwickelt, wobei die ganzheitliche Betrachtung des dynamischen Werkzeugsystems aus Werkzeugoberteil und massebehafteten, beweglichen Werkzeugkomponenten im Vordergrund steht. Im ersten Teil der Arbeit werden für die dynamische Belastung relevante Werkzeugkomponenten bestimmt und ein Berechnungsmodell abgeleitet, um das dynamische Systemverhalten eines Folgewerkzeugs für größere Karosserieteile zu beschreiben. Hierbei wird der Fokus aufgrund der bewegten Massen auf die Analyse des dynamischen Niederhaltersystems gelegt. Die identifizierten Werkzeugkomponenten werden daraufhin auf ihr Verbesserungspotential im Hinblick auf deren dynamische Belastung untersucht. Um dafür eine wissenschaftlich fundierte Berechnungsvorschrift zu erstellen, wird eine Modellparametrisierung zur Beschreibung des dynamischen Niederhaltersystems durchgeführt. Die Modellparametrisierung wird anhand von realen Prozessdaten durchgeführt. Zur Festlegung dieser prozessdatenbasierten Modelle werden Versuchsdaten mittels eines Versuchswerkzeugs erfasst und ausgewertet. Ein idealisiertes Versuchswerkzeug ermöglicht hierbei die Bestimmung von Parametern zuvor ausgewählter rheologischer Modellen, die eine Prognose der auftretenden Werkzeugschwingungen ermöglichen. Anschließend werden diese Modelle zur Auslegung der Werkzeugstrukturen herangezogen. Hierbei wird eine Vorgehensweise zur Spannungsbewertung nach der aktuellen FKM-Richtlinie abgeleitet, die es auf Basis der rheologischen Modelle ermöglicht, die auftretenden Belastungen über den Werkzeuglebenszyklus zuverlässig zu bewerten. Abschließend wird die Übertragbarkeit der dynamischen Schwingungsmodelle auf Serienwerkzeuge anhand von Serienmessdaten validiert. Hierfür wird das Werkzeug-Presse-Kollektiv berücksichtigt und anhand von Mehrkörpersimulationen abgebildet. Die Wechselwirkungen zwischen Presse und Werkzeug werden dabei detailliert untersucht und die Eignung der aufgestellten Modelle zur Vorhersage der Dynamik des Niederhalters beim Rückhub des Stößels validiert. Anhand einer Diskussion der Ergebnisse endet diese Arbeit mit der Festlegung einer Auslegungsvorschrift für Folgeoperationen im Hinblick auf die dynamische Niederhalterbelastung. Diese Arbeit liefert somit eine Verbesserung typischer Niederhalterstrukturen im Hinblick auf deren belastungsgerechte Auslegung gegen zu hohe dynamische Belastungen bei hohen Stößelgeschwindigkeiten in Folgeoperationen. Die diesbezüglich abgeleitete, standardisierte Auslegungsvorschrift erweitert die bisher empirische Werkzeugauslegung und -konstruktion um fundierte wissenschaftliche Gesichtspunkte.Item Open Access Einsatz eines neuartigen Verfahrens zum kombinierten Recken und Tiefziehen von Außenhautbeplankungen aus Feinblech(Stuttgart : Institut für Umformtechnik, 2016) Papaioanu, Apostolos; Liewald, Mathias (Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. MBA)Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Einsatz einer neuartigen Technologie zum kombinierten Recken und Tiefziehen von Feinblechen unter Laborbedingungen. Das übergeordnete Ziel der Untersuchung besteht darin, die von Vlahovic und Liewald [Vla06b] vorgestellte Werkzeugtechnologie weiterzuentwickeln und diese für die Verwendung von Leichtbauwerkstoffen zu ertüchtigen. Die Technologie war bisher auf einfache Geometrien unter Verwendung von Stahlblechwerkstoffen limitiert, sodass im Rahmen dieser Arbeit die Einsatzmöglichkeiten erweitert wurden. Zunächst wurden in Kapitel 2 relevante Grundlagen der Umformtechnik sowie Werkzeugkonzepte und Technologien zum Recken bzw. Steckziehen von Feinblech vorgestellt und beschrieben. Hierbei wurden speziell die prozessbeeinflussenden Werkstoffkennwerte näher beleuchtet und deren Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften streckgezogener Bauteile erläutert. Im Rahmen anschließender Voruntersuchungen wurde in Kapitel 3 die neuartige Werkzeugtechnologie zum kombinierten Streck- und Tiefziehen vorgestellt und die Charakteristika des Verfahrens sowie deren Einfluss auf das Ziehergebnis beschrieben. Die Analyse der sog. Short-Cycle-Stretchforming-Technologie (SCS) sowie die Bewertung der damit hergestellten Bauteile, zeigten deutliche Optimierungs- und Weiterentwicklungspotentiale hinsichtlich der damit herstellbaren Bauteile und der zu verwendenden Blechgüten auf. Daraus leitete sich in Kapitel 4 die Motivation und Zielsetzung: dieser Arbeit ab. In Kapitel 5 wurden im Rahmen von Grundlagenuntersuchungen zunächst geometrische und tribologische Parameter an den für diese Technologie typischen SCS-Formelementen variiert, um relevante Einflussgrößen zu identifizieren und diese gezielt zu verändern. Hierfür wurde ein Laborprüfstand zur Ermittlung der Biege- und Reibungskräfte an Formradien entwickelt und aufgebaut, mit dessen Hilfe die Prozessparameter und deren Einfluss quantifiziert werden konnten. Die Erkenntnisse dieser Untersuchungen wurden für die Entwicklung eines weiteren, auf die SCS-Technologie basierenden, Versuchswerkzeuges genutzt. Dieser anwendungsnahe Prüfstand erlaubte die gezielte Variation weiterer Prozessparameter auf den Ziehvorgang, deren Untersuchungsergebnisse die Basis für den Aufbau eines entsprechenden Simulationsmodells bildeten. Für eine realitätsnahe Abbildung des Umformprozesses wurden für das Simulationsmodell experimentell ermittelte Werkstoffkennwerte sowie gemessene Reibungskenngrößen herangezogen. Das validierte Modell konnte anschließend für eine virtuelle Optimierung des Umformprozesses auf Basis numerischer Methoden eingesetzt werden. Unter Einbeziehung dieses Modells und mithilfe weiterer experimenteller Grundlagenuntersuchungen konnte die Funktion der SCS-Technologie ebenfalls auf eine Aluminiumlegierung der 6xxx-Familie übertragen werden. Im Rahmen dieser Prozesserweiterung auf einen Leichtbauwerkstoff wurde dieser hinsichtlich seiner natürlichen Alterung untersucht, um mögliche Einflüsse auf die Funktion der SCS-Technologie zu identifizieren. Basierend auf den Erkenntnissen der Grundlagenuntersuchungen wurde in Kapitel 6 die Prozesskinematik der SCS-Technologie auf zwei Bauteilgeometrien übertragen. Mithilfe der Prozesssimulation wurden zunächst ein SCS-Werkzeug für die Herstellung einer PKW-Fondtürbeplankung aus Stahlblechwerkstoff entwickelt und unter Laborbedingungen entsprechende Bauteile gefertigt. Aufgrund der Prozesscharakteristik konnten die Bauteile auf einer einfachwirkenden Presse ohne zusätzliche Zieheinrichtung hergestellt werden. Ferner wurde ein weiteres SCS-Werkzeug für die Herstellung einer Dachbeplankung entwickelt und aufgebaut. Hierbei wurden mehrere Neuerungen gegenüber den zuvor entwickelten Werkzeugen umgesetzt. Die Anzahl der für das Recken notwendigen Formelemente konnte reduziert werden, wodurch eine deutliche Verbesserung des Materialnutzungsgrades erreicht werden konnte. Weiterhin wurden die Formelemente erstmalig gekrümmt ausgeführt, um einerseits das Werkzeug kompakter gestalten zu können und andererseits der Krümmung des Bauteils Rechnung zu tragen. Die konstruktive Gestaltungskomplexität der Formelemente wurde hierdurch erhöht, der konstruktive Werkzeugaufbau spiegelt jedoch den Aufbau heutiger, konventioneller Tiefziehwerkzeuge wider, wodurch die Praxistauglichkeit des Verfahrens nachgewiesen werden konnte. Als weiteres Novum wurde dieses Werkzeug für die Herstellung von Blechformteilen aus einer Aluminiumgüte der 6xxx-Familie konzipiert. Damit konnte die Funktion der SCS-Technologie auch unter Verwendung eines Leichtbauwerkstoffs nachgewiesen werden. Im weiteren Verlauf wurden die Bauteileigenschaften der beiden Beplankungsteile untersucht und bewertet. Sowohl die in Abhängigkeit von den Platinenabmessungen erzielten Formänderungen, als auch die entsprechende Formänderungsverteilung wurden erfasst und bewertet. Ebenfalls wurde die dehnungsabhängige Rückfederung der Beplankungssteile betrachtet, um diese gegenüber dem konventionellen Tiefziehen von Blechformteilen bewerten zu können. Ein wesentlicher Schwerpunkt der Untersuchungen bestand darin, die dehnungsabhängigen Beuleigenschaften der Bauteile zu erfassen. Diese wurden mithilfe eines Beulprüfstandes im Rahmen von quasi-statischen sowie dynamischen Beulversuchen erfasst und bewertet. Es konnte sowohl für die Fondtürbeplankung aus Stahlblech, als auch für die Dachbeplankung aus Aluminium eine deutliche Erhöhung der Beulfestigkeit mit zunehmender Verfestigung nachgewiesen werden. Für die Aluminiumbeplankungsteile konnte diese durch eine zusätzliche Warmauslagerung der Bauteile, die einen im Fahrzeugbau typischen KTL-Lacktrocknungsprozess entspricht, nochmals deutlich gesteigert werden. Die Beulsteifigkeit der Bauteile veränderte sich nur marginal mit zunehmender Verfestigung. Diese nur unmerkliche Reduzierung resultiert aus dem dehnungsabhängigen Abfall des E-Moduls und der Blechdickenreduzierung. Um den SCS-Prozess mit dem konventionellen Tiefziehen auch aus energetischer Sicht vergleichen zu können, wurden entsprechende Messreihen durchgeführt, anhand derer die zur Herstellung einer Dachbeplankung nötige Energie erfasst wurde. Eine Gegenüberstellung mit dem konventionellen Tiefziehen unter Verwendung einer Zieheinrichtung, zeigte deutliche energetische Vorteile der SCS-Technologie auf. Schließlich konnten im Rahmen einer abschließenden Untersuchung weitere Einflussgrößen auf die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse unter Verwendung der SCS-Technologie identifiziert werden. Ferner wurde ein entsprechendes Konzept erarbeitet, welches die Reproduzierbarkeit des Prozesses durch eine gezielte Steuerung des Werkstoffflusses erhöhen soll. Das Konzept zur Steuerung des Werkstoffflusses und das entsprechend umgesetzte Werkzeug wurden in Kapitel 7 vorgestellt. Es konnte die Funktion der gezielten Beeinflussung des Werkstoffflusses nachgewiesen werden, jedoch unterlag der Prozess größeren Schwankungseinflüssen, die im Rahmen dieser Arbeit nicht näher betrachtet wurden.Item Open Access Entwicklung einer Regelungsmethodik für den Tiefziehprozess während des Umformhubs(Stuttgart : Institut für Umformtechnik, 2021) Barthau, Martin; Liewald, Mathias (Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. MBA)Die Fertigung von Karosseriebauteilen steht aus Gründen des Leichtbaus heute vor großen Herausforderungen. Das Gewicht der stets umfangreicheren Komfortausstattung der Fahrzeuge sowie die Akkus zukünftiger, elektrisch angetriebener Fahrzeuge müssen durch den Karosserieleichtbau ausgeglichen werden. Gewichtseinsparungen in modernen Karosseriekonzepten sollen durch den Einsatz von Aluminiumlegierungen sowie hochfesten Blechgüten deren Formänderungsvermögen jedoch eingeschränkt ist, erreicht werden. Auf Grund rascher Modellwechsel im Automobilbau nimmt der Verwendungszeitraum der Umformwerkzeuge kontinuierlich ab. Des Weiteren wird das Design der Bauteile durch markante Karosseriekanten und Designlinien umformtechnisch stets anspruchsvoller. Diese Herausforderungen werden durch den ständig steigenden Kostendruck in der Automobilindustrie aufgrund zunehmender Globalisierung noch weiter verschärft. Um diesem Kostendruck zu begegnen, werden heute in der Automobilindustrie eingesetzte Produktionstechnologien deutlich verbessert und in ihrer Effizienz gesteigert. Dazu gehört auch die Entwicklung neuer Methoden für das Tiefziehen der Karosseriebauteile, um den Ausschuss im Presswerk zu reduzieren und Anlaufprozesse zu beschleunigen. In dieser Arbeit wurde eine neuartige Methode zur Regelung des Tiefziehprozesses während des Hubs entwickelt und bezüglich ihrer Einsatzfähigkeit untersucht. Sie ermöglicht es den Platinenkanteneinzug beim Tiefziehen während des Hubs zu verändern und auf die aktuelle Prozesssituation anzupassen. Damit kann auf Prozessstörungen wie beispielsweise eine fehlerhafte Schmierung der Platine oder Abweichungen der Werkstoffparameter etc. reagiert und diese ausgeglichen werden. Hierdurch kann eine signifikante Reduzierung der Ausschussraten beim Tiefziehen erreicht werden. Dies wird gerade im Hinblick auf die vermehrte Verwendung von hochfesten Stahl- und Aluminiumlegierungen bedeutsamer, da diese Blechwerkstoffe gegenüber konventionellen Tiefziehgüten teuerer sind. Der hier verwendete Regelungsansatz beruht auf dem Konzept einer vorgesteuerten Trajektorienfolgeregelung auf Basis eines Meta-Modells. Dieses Meta-Modell wird aus Simulationen mit stochastisch verteilten Parametern gewonnen. Die Zustandsgröße des in dieser Arbeit entworfenen Regelungsansatzes bildet die sog. Zargenspannung. Sie wird dazu verwendet, den Zustand des aktuellen Umformvorgangs während des Hubs abzuschätzen, um anschließend den Platinenkanteneinzug anzupassen. Dieser Regelungsansatz ermöglicht es, zusätzlich zur Steigerung der Prozessrobustheit, eine eigenschaftsgesteuerte Regelung des Tiefziehprozesses zu realisieren. Die Solltrajektorien können beispielsweise in Abhängigkeit von der gewünschten plastischen Dehnungsverteilung im Bauteil in Grenzen variiert werden. Die entworfene Regelung wird mithilfe einer SPS-Steuerung mittels eines Versuchswerkzeugs erprobt. Diese Umsetzung erlaubt einen späteren Einsatz des Konzepts in der Presswerksumgebung. In Anbetracht der stark gestiegenen Anforderungen an den Karosseriebau kann das im Rahmen dieser Arbeit entwickelte Verfahren einen Beitrag zur Reduktion des Ausschusses im Presswerk, sowohl im Normalbetrieb, beim Anfahren, bei Chargenwechsel, als auch beim Wiederanfahren nach Prozessstörungen und Pausen, leisten. Durch diese Eigenschaften trägt der entworfene Regelungsansatz zur Lösung der genannten Herausforderungen bei.Item Open Access FE-Analyse des mehrstufigen Biegeprozesses von Flachpaketstatoren für elektrische Maschinen(Stuttgart : Institut für Umformtechnik, 2023) Wüterich, David; Liewald, Mathias (Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c., MBA)Strenger werdende Emissionsauflagen führen im Individualverkehr zu einer erhöhten Nachfrage nach Elektromotoren mit höchsten Wirkungsgraden und Leistungsdichten. Vor allem in der Automobilindustrie zwingen aktuelle Vorschriften zur Begrenzung der Schadstoffemissionen die Hersteller dazu, mittels Verbrennungskraft angetriebene Fahrzeugkonzepte zu verlassen und den Antriebsstrang ihrer Fahrzeuge weiter zu elektrifizieren. Neben der Verwendung vollelektrischer Antriebe dienen auch Kombinationen aus herkömmlichen Verbrennungsmotoren mit Rekuperationssystemen, effizienteren Generatoren oder Hybridantrieben der Emissionsreduzierung. Trotz unterschiedlicher Anforderungen an Drehmoment, Drehzahlen und Gesamtleistung wird ein höherer Wirkungsgrad des Gesamtsystems angestrebt. Besonders wichtige Faktoren mit positivem Einfluss auf den Wirkungsgrad elektrischer Maschinen sind möglichst kleine Luftspalte zwischen Stator und Rotor sowie hohe Füllgrade der aktiven elektromagnetischen Komponenten, d. h. der leitfähigen Wicklungen in Stator und Rotor, die in der Regel aus Kupfer bestehen. Um diese Herausforderungen zu meistern, werden herkömmliche Statorherstellungsmethoden zunehmend durch neuartige Produktionstechnologien wie die Hairpin- oder die Flachpakettechnologie abgelöst. Bei der Hairpin-Technologie werden U-förmige Drahtsegmente längs in die Nuten eines kreisförmigen Statorkerns geschoben, auf der Rückseite geschränkt und anschließend stoffschlüssig miteinander verbunden. Die Flachpakettechnologie basiert auf einem flachen, kammähnlichen Statorkern aus Siliziumeisen, dessen Nuten mit vorgeformten Wicklungen aus Kupferlackdraht und Isolationspapieren versehen werden. Anschließend führt eine mehrstufige Biegeabfolge der ganzen Baugruppe zur geforderten Kreisform des Stators. Jede Biegestufe, bestehend aus einem Biege- und Rückfederungsvorgang, erfolgt in einer separaten Biegemaschine, die nach VDI 3430 dem Rotationszugbiegen zugeordnet wird. Nach dem letzten Biegevorgang folgt eine Kalibrierung des Stators mit einer integrierten Fügeoperation durch Laserschweißen der beiden Statorenden. Beide Technologien erreichen vergleichsweise hohe mechanische Füllgrade und damit eine höhere Leistungsfähigkeit des Stators. Im Gegensatz zur Hairpin-Technologie erfordert der Flachpaketprozess jedoch keine stoffschlüssigen Fügevorgänge an elektrischen Leitern, welche in der Massenproduktion von Rotoren oder Statoren zu einer geringeren Prozessrobustheit führen. Allerdings hängen die Rundheitseigenschaften des Stators von den Biegeparametern und den hochkomplexen mechanischen und geometrischen Eigenschaften der Flachpaketbaugruppe ab. Deswegen stellt die Gewährleistung enger Rundheitstoleranzen eine der größten Herausforderungen dieses Fertigungsverfahrens dar. Insbesondere die Vorhersage des Biege- und Rückfederungsverhaltens der Flachpaketbaugruppe in einzelnen Biegeoperationen war bisher nicht möglich, sodass aufwändige Iterationen zur Auslegung des Prozesses nötig waren. Zudem mussten bisher vergleichsweise große Rundheitsabweichungen des fertigen Stators akzeptiert oder weitere Prozessschritte zur Rundheitskalibrierung vorgenommen werden. Die Untersuchungen der vorliegenden Arbeit entstanden in einer Zusammenarbeit zwischen der SEG Automotive Germany GmbH und dem Institut für Umformtechnik der Universität Stuttgart und zielten darauf ab, die Rundheitsabweichungen der Statoren mittels vertieften und quantifizierten Prozesswissens nachhaltig zu reduzieren. Zu diesem Zweck wurden drei Berechnungsmodelle basierend auf der Finite-Elemente-Methode in ANSYS Workbench 18.2 entwickelt, verifiziert und validiert. Das Modell des Statorkerns enthält lediglich den flachen Statorkern als Werkstück in einem Biege- und Rückfederungsvorgang. Da dieser Aufbau die Grundlage für die Berechnung mehrerer Operationen sowie für die Analyse einer gesamten Flachpaketbaugruppe darstellt, wurde dieses Modell bezüglich dessen numerischer Konsistenz verifiziert und anhand von Vergleichen mit analytischen Rechnungen für plausibel erklärt. Im Rahmen der zweiten Modellgruppe wurden einzelne Segmente des mit den Kupferwicklungen und Isolationsfolien ausgestatteten Statorkerns modelliert, um deren Umformverhalten im Detail zu beschreiben. Insbesondere die Einflüsse der Wicklungseigenschaften auf das Biegeverhalten der gesamten Baugruppe erwiesen sich als relevant, um alle Biegestufen in der Prozessfolge der Produktionsanlage realistisch beschreiben zu können. Im Hinblick auf eine höhere Effizienz weiterer Simulationen konnten die Einflüsse der Wicklungen in Ersatzmodelle basierend auf Stabelementen überführt werden. Das dritte Berechnungsmodell, das Prozessmodell, fasst vier aufeinanderfolgende Biegestufen in einer einzigen Simulation zusammen, die jeweils aus einem Biege- und Rückfederungsvorgang bestehen. Dabei enthält die modellierte Baugruppe das verifizierte Statorkernmodell und die Stabelemente mit fiktiven Materialmodellen, die das komplexe Umformverhalten der Wicklung ersetzen. Auf Grundlage dieses Prozessmodells konnten alle vier Biegestufen einschließlich des abschließenden Kalibrier- und Fügevorgangs numerisch vollständig beschrieben werden. Damit war es möglich, Abhängigkeiten der kreisförmigen Statorgeometrie von den Werkstück- und Prozesseigenschaften zu ermitteln. Die elastisch-plastischen Eigenschaften der Flachpaketbaugruppe und die Vorspannkraft zwischen Biegekern und Werkstück zählen zu den wichtigsten Eigenschaften, die in dieser Arbeit untersucht wurden. Bevor die gewonnenen Erkenntnisse aus den Simulationsmodellen genutzt werden konnten, wurden die FE-basierten Ergebnisse an den vier Biegemaschinen im Serienbetrieb experimentell validiert. In diesem Zusammenhang wurde eine Methodik entwickelt, um mittels 3D-Scan erzeugte Flächenmodelle des Flachpakets nach einzelnen Biegeoperationen ausrichten und mit den Vorhersagen aus den Finite-Elemente-Modellen vergleichen zu können. Darüber hinaus wurden geschlossene Statoren, die den vollständigen Biegeprozess auf der Produktionslinie bei der SEG durchlaufen hatten, mit bereits etablierten Messabläufen mittels eines Koordinatenmessgeräts digitalisiert. Diese digitalen Messwerte erlauben die Analyse der Rundheit der kreisförmigen Muster und eine Validierung der Ergebnisse des FE-basierten Prozessmodells, welches den gesamten Flachpaketbiegeprozess beschreibt. Zwei Aufgabenfelder weisen einen hohen Stellenwert für die Prozessentwicklung auf: • Das systematische Einhalten festgelegter Toleranzwerten bei konstruktiven Neuerungen des Statordesigns und chargenbedingten Schwankungen. • Die Veränderung des Prozessablaufs, mit dem Ziel, engere Toleranzwerte zu erreichen. Bezüglich beider Aufgabenfelder wurde festgestellt, dass sich die tangentiale Vorspannkraft zwischen Biegekern und Werkstück als einstellbarer Parameter eignet, da sich dieser flexibel an den jeweiligen Biegemaschinen verändern lässt. Deshalb wurden FE-basierte und experimentelle Untersuchungen durchgeführt, um die Sensitivitäten geometrischer Ergebnisse der vier Biegeoperationen bezogen auf Veränderungen der Vorspannkraft zu quantifizieren. Basierend auf diesen Analysen wurde das mehrstufige Prozessmodell hinsichtlich der Vorspannkraft validiert. In der letzten Phase dieser Untersuchungen wurden die gewonnenen Erkenntnisse auf die lachpaketbiegevorgänge im realen Fertigungsprozess übertragen. Die Sensitivitäten der Statorgeometrie bezüglich der Vorspannkräfte jedes einzelnen Biegevorgangs wurden in ein mathematisches Optimierungsproblem überführt, wobei minimale Rundheitsabweichungen das Optimierungsziel bildeten. Die Vorspannkräfte der vier Biegevorgänge stellen die Variablen dieser Optimierungsfunktion dar. Die mit diesem systematischen Optimierungsansatz berechneten Parameter prognostizierten eine Reduktion der Rundheitsabweichungen um mehr als 24 %. Diese Reduktion konnte für zwei verschiedene Statortypen experimentell bestätigt werden. Die in dieser Arbeit vorgestellten Untersuchungen bieten systematische Ansätze, um anhand der Entwicklung, Verifizierung und Validierung von FE-Modellen, Erkenntnisse über einen komplexen Umformprozess der vormontierten Flachpaketbaugruppe, bestehend aus Stahllamellen, Kupferwicklung und Isolationsfolien, zu gewinnen. Die ermittelten Maschineneinstellungen resultierend aus der oben genannten Methodik zur Rundheitsoptimierung konnten erfolgreich auf die aktuelle Serienfertigung von Flachpaketstatoren übertragen werden. Die derzeit in den Biegestationen verwendbaren Bereiche der Vorspannkraft liegen zwischen 0 und 13 kN. Höhere Vorspannkräfte führten zu einer unerwünschten Verformung der Statorzähne vor dem Biegen. Darüber hinaus beschränken die Geometrien der vorhandenen Werkzeuge für jede der vier Biegemaschinen das aktuelle Biegeverfahren, d. h. die minimalen und maximalen Biegewinkel, die während eines Biegevorgangs verwendet werden können. Sowohl der Vorspannbereich als auch die Geometrie der Biegewerkzeuge begrenzen die Statorrundheit, die derzeit mit der vorgestellten Methode erreicht werden kann.Item Open Access Kaltmassivumformen von Hohlbauteilen mit komplexen helixförmigen Innengeometrien(Stuttgart : Institut für Umformtechnik, 2019) Missal, Nadezda; Liewald, Mathias (Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. MBA)In den letzten Jahren erlangte der technologische Fortschritt von Bauteilen des Antriebsstrangs und Fahrwerks in Bezug auf Leichtbau größere Bedeutung in der automobilen Leichtbaubranche moderner PKWs. Jedoch führen stetig steigende Anforderungen wie unter anderem Sicherheit, Komfort, Fahrleistung und Platzangebot gleichzeitig zu einer Erhöhung des Fahrzeuggewichtes. Aufgrund des relativ hohen Anteils kaltumgeformter Bauteile in Fahrzeugen kann eine gewichtsorientierte Bauteiloptimierung, welche keine dieser Anforderungen beeinträchtigt, entscheidend zum Leichtbau beitragen. Aus diesem Anlass wurde im Jahre 2012 die Initiative „massiver Leichtbau“ gegründet mit dem Ziel, die Massivumformteile moderner Fahrzeuge bezüglich Gewichtseinsparung, Werkstoffwahl, Fertigungstechnik und Bauteildesign bei akzeptablen Kosten zu optimieren. Große Herausforderungen bestehen bei der Optimierung von Bauteilen, die hohen Belastungen wechselnder Richtungen unterliegen. Dazu gehören beispielsweise Kolbenbolzen, welche trotz geringen Gewichts eine hohe Steifigkeit aufweisen müssen. Eine Gewichtsreduzierung solcher Bauteile kann in der Regel nur konstruktiv bzw. durch die Änderung des Bauteildesigns realisiert werden. In [Missal, N., Liewald, M., Felde, A. et al.: Piston pin optimisation with respect to light-weight design in: International Cold Forging Group, 49th Plenary Meeting, Stuttgart 2016, S. 157-161] wurden deshalb innovative Kolbenbolzen mit einer neuartigen helixförmigen Innengeometrie anstelle von bislang üblichem konstantem oder gestuftem Innendurchmesser entwickelt, welche diese widersprüchlichen Anforderungen erfüllen. Aufgrund der Beschränkung und zum Teil unbekannten Verfahrensgrenzen der Massivumformung bei der Herstellung von komplexen Geometrien wurden solche helixförmigen Innengeometrien bisher stets mittels spanender Verfahren erzeugt. Als technisch und wirtschaftlich vorteilhaftere Alternative zur Zerspanung kommt das Kaltfließpressen bzw. Abstreckgleitziehen in Frage. Kaltfließgepresste Komponenten besitzen im Vergleich zu spanend hergestellten verbesserte Eigenschaften wie die Kaltverfestigung, belastungsgerechte Faserverläufe und Eigenspannungen, welche zu erhöhten mechanischen Eigenschaften wie Zugfestigkeit, Druckfestigkeit und Härte führen. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse und der Kombination von konstruktiver Optimierung und festigkeitssteigernder Effekte bietet das Kaltfließpressen ein hohes Potenzial für den konstruktiven Leichtbau. Die Anwendbarkeit des Abstreckgleitziehens für die Herstellung von Hohlbauteilen mit komplexen helixförmigen Innengeometrien ist bislang aufgrund unbekannter Verfahrensgrenzen bezüglich der Formfüllung der Innengeometrie in Abhängigkeit der Prozessparameter und des Innenprofils in der industriellen Praxis beschränkt. Zum maximal zulässigen Schrägungswinkel, der Helix bei dem ein schädigungsfreies Ausstoßen des Bauteils noch möglich ist, wurden darüber hinaus ebenfalls noch keine hinreichenden wissenschaftlichen Untersuchungen angestellt. Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht in der systematischen Aufarbeitung ebendieses Forschungsbedarfs sowie in der Entwicklung einer analytischen Methodik zur Ermittlung der Verfahrensgrenzen bezüglich des zulässigen Schrägungswinkels der Innengeometrie beim Ausstoßen unter Berücksichtigung der Reibung, Kontaktspannungen und Kontaktfläche.Item Open Access Kompensationsstrategien von Rückfederungseffekten beim Umformen von hochfesten Stahlblechwerkstoffen(Stuttgart : Institut für Umformtechnik, 2020) Radonjić, Ranko; Liewald, Mathias (Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. MBA)Die ständigen Bestrebungen zur Reduzierung der CO2-Emissionen führen in der Automobilindustrie zur höheren Anforderungen an den Karosserieleichtbau. Um diese Anforderungen zu erfüllen, wurde der Schwerpunkt der Entwicklungen der letzten Jahre auf die Reduzierung des Karosseriegesamtgewichts durch den Einsatz von Leichtbauwerkstoffen sowie Blechen mit geringerer Dicke gelegt. Diese Tendenzen führen zu einem verstärkten Einsatz von hoch- und höchstfesten Stahlblechwerkstoffen zur Herstellung von entsprechenden Karosseriestrukturbauteilen mit geringerem Bauteilgewicht im Vergleich zu früheren Baureihen. Solche Bauteile werden in der Regel durch das Tiefziehen oder das ziehende Biegen hergestellt. Nach der Entnahme des Bauteils aus dem Werkzeug nach der durchgeführten Umformung tritt eine Spannungsrelaxation auf, wonach sich ein neues Spannungsgleichgewicht im Bauteil einstellt. Als Ergebnis dieser Spannungsrelaxation tritt die Rückfederung bzw. die dimensionelle Abweichung zwischen dem entlasteten Bauteil und der Referenzgeometrie auf. Dies kann verschiedene Arten der Rückfederung zur Folge haben: Winkeländerung, Zargenkrümmung, Radienänderung und Torsion bzw. Verdrehung von Bauteilzonen. Bei der Herstellung von Karosseriestrukturbauteilen aus hoch- oder höchstfesten Stahlblechwerkstoffen tritt häufig eine hohe Rückfederung von bis zu einigen Zentimetern auf, welche mit derzeit existierenden Maßnahmen nur schwer oder gar nicht erfolgreich während des Umformens oder gar danach kompensiert werden kann. Im Rahmen dieser Arbeit wurden verschiedene Ansätze im Hinblick auf die Reduktion der Rückfederung am Beispiel eines zweifach gekrümmten hutförmigen Bauteils simulativ und experimentell untersucht. Um die erforderliche Genauigkeit der Simulation dabei gewährleisten zu können, wurden zunächst umfangreiche Werkstoffcharakterisierungen der untersuchten Stahlblechwerkstoffe (DP 600, DP 800 und DP 980) durchgeführt. Darüber hinaus erfolgten die Praxisversuche zur Bestimmung des Einflusses der Blechhalterkraft, Geschwindigkeit der Stößelbewegung und Werkzeugradien auf das Rückfederungsverhalten. Basierend auf den dabei erzielten Ergebnissen konnte zunächst festgestellt werden, dass mit der Erhöhung der Festigkeit des eingesetzten Stahlblechs der Erfolg der zuvor genannten Maßnahmen im Hinblick auf die Reduzierung der rückfederungsbedingten Formabweichungen sinkt, und im Fall des Blechwerkstoffs DP 980 sogar fast vernachlässigbar ist. Des Weiteren wurde die Anwendbarkeit von verschiedenen geometrisch basierten Ansätzen mittels einer nach dem Tiefziehen folgenden Nachformoperation im Hinblick auf die Reduzierung der Rückfederung simulativ untersucht. Diese Ansätze beinhalteten vor allem lokale geometrische Änderungen des Bauteils durch Kalibrierung der Radien sowie das Prägen der ebenen und leicht gekrümmten Bauteilbereiche. Dabei wurde festgestellt, dass mit Hilfe solch geometrisch basierter Ansätze der Spannungszustand im Bauteil grundsätzlich lokal beeinflusst werden kann. In diesem Zusammenhang führte der Einsatz des Kalibrierens der Bauteilradien bei gleichzeitigem Prägen der Bauteilzarge zu einer wesentlichen Reduzierung der Rückfederung. Allerdings erfordern solche geometrisch basierten Ansätze häufig signifikante Änderungen der Bauteilgeometrie. Mit dem Ziel, den Spannungszustand im größtmöglichen Bereich des trägerförmigen Bauteils ohne Änderung von dessen Geometrie entsprechend zu beeinflussen, wurde versucht, die Spannungsüberlagerungseffekte mittels gezielt gewählter Werkzeugradien durch wechselseitigen Platineneinlauf während des Tiefziehens zu bewirken. Aufgrund eines solchen wechselseitigen Platineneinlaufes werden jene Werkstückbereiche, welche während des Ziehvorganges in Kontakt mit den Stempelradien kommen, einem mehrmaligen Biegen unterzogen. Dabei werden die beim ersten Biegen über die Blechdicke verursachten Biegespannungen durch das folgende Rückbiegen mit Spannungen mit entgegengesetztem Vorzeichen überlagert, was sich positiv bezüglich der Reduktion der Rückfederung auswirkt. In diesem Zusammenhang wurde in dieser Arbeit auch dargelegt, dass eine optimale Platineneinlaufkinematik definiert werden kann, die zu einer vernachlässigbaren Rückfederung des entlasteten Bauteils führt. Eine solche optimale Platineneinlaufkinematik während des Ziehvorganges wurde am Beispiel eines zweifach gekrümmten hutförmigen Bauteils in Hinblick auf die nahezu vernachlässigbare Rückfederungsmenge erfolgreich belegt. Diesbezüglich wurde die Forschungshypothese nachgewiesen, dass die Rückfederung des Blechteils reduziert bzw. kompensiert werden kann, in dem die während des Umformens im Bauteil verursachten Spannungen mit Spannungen mit entgegengesetzten Vorzeichen überlagert werden. Die in der vorliegenden Arbeit erzielten Ergebnisse stellen einen wichtigen Beitrag für die industrielle Anwendung bzw. Methodenplanung für die Fertigung von trägerförmigen Bauteilen aus hoch- und höchstfesten Stahlblechwerkstoffen dar.Item Open Access Mechanismen der Faltenbildung beim Bundanstauchen an hohlen Fließpressteilen(Stuttgart : Institut für Umformtechnik, 2016) Schiemann, Thorben; Liewald, Mathias (Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. MBA)Der wirtschaftliche Durchbruch des Kaltfließpressens von Stahl gelang in den 1930er Jahren nach erfolgreicher Umsetzung des sogenannten Singer Patents [PAT59], das ein Verfahren zur Phosphatierung der für die Kaltformgebung eingesetzten Halbzeuge aus Stahl beschreibt. Die wirtschaftliche Bedeutung des Fließpressens und des Stauchens nahm im Zuge der Industrialisierung und der Massenproduktion stetig zu. Der Automobilsektor gilt gemeinhin als der größte Abnehmer für durch Fließpressen und Stauchen hergestellte Bauteile. Weitere große Abnehmer sind der allgemeine Maschinenbau und die Bauindustrie. Durch Fließpressen hergestellte Bauteile zeichnen sich gegenüber durch andere Fertigungsverfahren hergestellte Bauteile aus Stahl vor allem durch die überlegenen mechanischen Eigenschaften aufgrund der fertigungsbedingten Kaltverfestigung sowie des belastungsgerechten Faserverlaufs aus. Darüber hinaus sind sehr hohe Mengenleistungen sowie einbaufertige Form-, Maß- und Lagetoleranzen (zwischen IT6 - IT11 [VDI98]) erzielbar. Die Oberfläche fließgepresster Bauteile weißt eine geringe Rauigkeit auf. Angesichts der globalen Ressourcenknappheit nimmt ein weiterer Vorteil dieses Fertigungsverfahrens - die Ressourceneffizienz - einen immer höheren Stellenwert ein. Fortschritte bei den Fertigungsverfahren zur Herstellung der für die Formgebung benötigten Umformwerkzeuge, wie z.B. das Senkerodieren und das Drahtschneiden sowie Weiterentwicklungen der Werkzeug- und auch Werkstückwerkstoffe und der für die Umformung benötigten tribologischen Systeme, erlauben die Herstellung immer komplexerer Komponenten [Lan08]. Die komplexen Fertigungsprozessketten bei der Herstellung von Kaltfließpress- und Kaltstauchteilen beginnen im Walzwerk mit dem Design des für den Anwendungsfall benötigten Werkstoffes. Bei der Weiterverarbeitung vom Draht erfolgt meist eine Reduzierung des Ausgangsdurchmessers durch eine oder mehrere Ziehstufen, die Vereinzelung durch einen Scherprozess und die mehrstufige Umformung. Dem Umformprozess können Weiterverarbeitungsschritte wie das Walzen und das Spanen angeschlossen sein. Darüber hinaus sind Veredelungsprozesse wie das Verzinken und Wärmebehandlungsprozesse zur Erreichung der notwendigen Bauteilfestigkeiten möglich. Die Komplexität dieser Prozessketten in Verbindung mit dem globalen Kostendruck und bedarfssynchroner Produktionen erfordert die frühzeitige Erkennung und Vermeidung von Fehlern, möglichst bereits während der Entwicklungsphase. Ein Hilfsmittel zur frühzeitigen Fehlererkennung ist die Methode der finiten Elemente und die auf ihr basierenden Computerprogramme zur Umform- und Prozesssimulation. Erklärtes Ziel aktueller Entwicklungen im Bereich der Massivumformung (z.B. Forschungsverbund Massiver Leichtbau) ist die virtuelle Abbildung dieser Prozessketten, die nicht nur die Herstellung des Umformteils, sondern auch mögliche Wärmebehandlungsschritte sowie das Verhalten des Bauteils unter Einsatzbedingungen berücksichtigen. Voraussetzung für die frühzeitige Erkennung von Fertigungsfehlern ist eine ausreichende Kenntnis über deren Ursache, die Mechanismen zur Entstehung dieser Fehler sowie der daraus abgeleiteten Ansätze zur Vermeidung dieser Fehler. Die vorliegende Arbeit setzt an diesem Punkt an und enthält Untersuchungsergebnisse zu Entstehungsarten, Ursachen, numerischer Darstellung sowie Abstellmaßnahmen des Umformfehlers äquatoriale Faltenbildung beim zweiseitig eingespannten, innen geführten Bundanstauchen hohler Fließpressteile. Die eingangs erwähnte Ressourceneffizienz durch Kaltmassivumformung hergestellter Leichtbauteile lässt sich durch Verwendung hohler Halbzeuge als Ausgangsmaterial weiter steigern. In Kapitel 1 und Kapitel 2 der vorliegenden Arbeit werden daher neben den Grundlagen des Fließpressens und des Stauchens verschiedene Herstellungsmöglichkeiten rohrförmiger Halbzeuge und in Kapitel 2.4 deren umformtechnische Weiterverarbeitung zu hohlen Bundwellen mittels Stauchen, Quer-Fließpressen und zahlreicher Sonderverfahren zusammengefasst. Ferner erfolgt die Darstellung bekannter verfahrensspezifischer Grenzen mit dem Schwerpunkt der äquatorialen Faltenbildung in einer übersichtlichen Form, aus der sich die in Kapitel 3 beschriebene Motivation und Zielsetzung der vorliegenden Arbeit ableitet. Defizite verschiedener nationaler und internationaler wissenschaftlicher Arbeiten zur Thematik der vorliegenden Arbeit sind vor allem die Missachtung des Einflusses der Umformhistorie der hohlen Halbzeuge auf die Faltenbildung sowie fehlende Untersuchungen zum Einfluss mehrstufiger Umformverfahren, Wärmebehandlungen sowie kinematischer, thermischer und tribologischer Einflüsse auf die äquatoriale Faltenbildung. Aus dem Stand der Technik leitet sich darüber hinaus Forschungsbedarf zur numerischen Darstellung der bekannten und bislang unbekannten Faltenbildungsmechanismen ab. Die Parametrisierung der numerischen Modelle, die Vorgehensweise zur Ermittlung der dafür benötigten Materialkennwerte und die eingesetzten Sampling- und Auswertemethoden für die stochastischen Parameterstudien werden in Kapitel 4 vorgestellt. In Kapitel 5 werden die eingesetzten Untersuchungsmethoden, die verwendete Anlagentechnik sowie die mehrstufigen, experimentell und numerisch untersuchten Prozessrouten und Verfahrenskombinationen für die Generierung der Untersuchungsergebnisse der vorliegenden Arbeit vorgestellt. In Kapitel 6 werden die drei gefundenen und zur äquatorialen Faltenbildung beim zweiseitig eingespannten, innen geführten Bundanstauchen hohler Halbzeuge führenden Mechanismen erläutert und anhand numerischer sowie experimenteller Untersuchungen belegt. Metallographische Analysen unterstützten hierbei die wissenschaftliche Beweisführung. Es gibt, Stand heute, drei verschiedene zur Faltenbildung führende Mechanismen. Die Faltenbildung 1. Art, als Folge instabilen Ausknickens des hohlen Halbzeuges, wird signifikant von geometrischen Prozessgrößen wie der bezogenen freien Stauchhöhe und der Wanddicke des hohlen Halbzeuges beeinflusst. Die numerischen und experimentellen Untersuchungen in Kapitel 7 zeigen darüber hinaus, dass das Instabilitätsverhalten des hohlen Halbzeuges werkstoffunspezifisch ist und kinematische sowie thermische Einflussgrößen nicht signifikant sind. Über die im Stand der Technik dargestellten Einflussgrößen hinaus konnte gezeigt werden, dass die Umformhistorie bzw. die Vorverfestigung des hohlen Halbzeuges das instabile Ausknicken signifikant beeinflusst und die Verfahrensgrenze bezogene freie Stauchhöhe in Richtung geringerer freier Stauchhöhen verschoben wird. Mittels geeigneter Wärmebehandlungen der umformtechnisch hergestellten hohlen Halbzeuge konnte die Verfahrensgrenze bezogene freie Stauchhöhe erweitert werden (Kapitel 7.5). In Kapitel 8 wird gezeigt, dass eine verfahrensspezifische, lokal sehr hohe, Verfestigung in Wechselwirkung mit der Oberflächenqualität des hohlen Halbzeuges sowie der lokalen Oberflächenverkleinerung zu einem hohen Fließwiderstand innerhalb des Werkstückes führt und der von oben nachfließende Werkstoff im Bauteil eingeschlossen wird. Überlegungen, dass diese Faltenbildung 2. Art aufgrund Überschreitung des werkstoffspezifischen ertragbaren Formänderungsvermögens ein Riss ist, wurde durch REM- und EDX-Analysen in Kapitel 6 widerlegt. Im Rahmen der experimentellen Untersuchungen in Kapitel 8.2.3 und Kapitel 8.2.4 konnte darüber hinaus gezeigt werden, dass die lokale Verfestigung Hauptursache für die Faltenbildung 2. Art ist und durch eine geeignete Wärmebehandlung oder einen veränderten Stofffluss vermieden werden kann. Bei Vermeidung sowohl der Falte 1. Art als auch 2. Art kommt es aufgrund der verfahrensspezifischen kontinuierlichen Reduzierung der inneren Mantelfläche zu einer unvermeidbaren multiplen Faltenbildung 3. Art (Kapitel 6.3). Die numerischen Untersuchungen zur prädiktiven Vorhersage der Faltenbildung 2. Art in Kapitel 7.5 zeigen, dass mittels der in der verwendeten Simulationssoftware verfügbaren Schadenskriterien diese Art der Faltenbildung nicht darstellbar ist. Es wird daher in Kapitel 9 die Vorgehensweise und die Umsetzung zur Entwicklung eines empirischen Schädigungsmodells zur Vorhersage der Faltenbildung 2. Art beschrieben. Die Beschreibung der experimentell bestimmten Einflussgrößen auf die Faltenbildung 2. Art erfolgte mit mathematisch, empirischen Termen und in Kapitel 10 wird die Parametrisierung der Gleichungen mittels der vorliegenden experimentellen Datenbasis beschrieben. Die Validierung und Absicherung des empirischen Schädigungskriteriums sowie der Nachweis der Übertragbarkeit auf andere Verfahren erfolgt in den Kapiteln 10.2 und 10.3. Kapitel 11 enthält eine Zusammenfassung der durchgeführten Forschungsarbeiten. Die gewonnen Erkenntnisse über die Verfahrensgrenzen werden in werkstoffspezifischen Arbeitsdiagrammen übersichtlich dargestellt. Die numerischen und experimentellen Ergebnisse dieser Arbeit machen deutlich, dass der Umformfehler Faltenbildung beim zweiseitig eingespannten und innen geführten Bundanstauchen differenziert und unter Beachtung der Fertigungsfolge, beginnend mit der Herstellung des hohlen Halbzeugs, betrachtet werden muss. Generell ist eine geringe Vorverfestigung des hohlen Halbzeuges vor dem Stauchprozess anzustreben. Darüber hinaus sollte eine möglichst geringe Oberflächenrauigkeit der inneren Mantelfläche angestrebt und das Instabilitätsverhalten des hohlen Halbzeuges während des Stauchens berücksichtigt werden. Kinematische und tribologische Einflussgrößen auf die Bildung einer Falte können im Rahmen z.B. industriell erreichbarer Prozessgeschwindigkeiten vernachlässigt werden. Mittels des entwickelten und in eine kommerzielle Software implementierten, empirischen Schädigungsmodells konnte erstmals die Faltenbildung 2. Art mit einer relativ hohen Genauigkeit prädiktiv vorhergesagt werden. Die Ergebnisse dieser Arbeit leisten somit einen wichtigen Beitrag zur industriellen Prozessauslegung derartiger Umformprozesse.Item Open Access Methode zur Bewertung und Prognose der Anmutungsqualität und der Herstellbarkeit von Falzschlaufen an Karosserieanbauteilen aus Aluminium(Stuttgart : Institut für Umformtechnik, 2016) Hönle, Severin; Liewald, Mathias (Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. MBA)Die hohen Ansprüche der Kunden an Premiumfahrzeuge sowohl im Hinblick auf die technologische Leistungsfähigkeit des Fahrzeugs wie auch hinsichtlich der attraktiven Gestaltung des Exterieurs stellen heute zentrale Punkte bei der Planung und Entwicklung solcher Fahrzeuge dar. Gleichzeitig wird der Prozess zur Konzept- und Serienentwicklung von Premiumfahrzeugen durch den hohen Grad an Derivatisierung und die Forderung nach kurzen Produkteinführungszeiten zunehmend komplex. Insbesondere die Fertigung von Anbauteilen für die Fahrzeugaußenhaut steht im Spannungsfeld zwischen der Umsetzung von Designvorgaben, die den Kundenwunsch widerspiegeln, und der Wirtschaftlichkeit zur Auslegung und Absicherung der Herstellbarkeit dieser Teile. Neben den Designmerkmalen auf der flächigen Außenhaut (z. B. Tornadolinie) stehen auch Designmerkmale wie Fugen im Fokus der Fahrzeughersteller. Die Fugen von Fahrzeugen (z. B. Türfuge) stellen aufgrund Ihrer geringen Breite (< 10 mm) keine selbständigen Formelemente dar, vielmehr wirken die Fugen als Trennlinie zwischen zwei Bauteilen. Diese Trennlinien sind einerseits technisch erforderlich (z. B. um eine Relativbewegung der Bauteile zu ermöglichen), andererseits sind die Fugen für den Kunden sichtbar und stellen somit ein gestalterisches Element der Fahrzeugaußenhaut dar. Im Sinne des Produktdesigns sind Fugen Teil der Produktgestalt, die beim Kunden Aufmerksamkeit erzeugen und Interesse wecken soll. Die „Kommunikation“ zwischen Mensch und Produkt wird durch die Wahrnehmung und die Erkennung des Produkts sowie durch das Verhalten gegenüber dem Produkt bestimmt. Die emotionalen Eindrücke des Kunden, d. h. das Auftreten von negativen oder positiven Stimmungen, werden als Anmutung des Produktes bezeichnet. Diese Anmutung stellt einen diffusen, gefühlsartigen und subjektiv geprägten Eindruck dar. Durch das projizieren des erlebten Eindrucks auf das Produkt wird die Anmutung gleichzeitig zu einer Objekteigenschaft. Für eine ansprechende Produktgestaltung mit dem Ziel bestimmte Fahrzeugeigenschaften (z. B. Sportlichkeit) zu vermitteln, muss die Anmutung der Karosseriefugen mit betrachtet und bewertet werden. Die zeitlichen Vorgänge während des Erkennens sowie grundsätzliche Zusammenhänge zwischen Formgestalt und Anmutung sind zwar bekannt (vgl. Kap. 2.1), eine Quantifizierung der Anmutungsleistung von Karosseriefugen heutiger Fahrzeuge liegt jedoch nicht vor. Ziel dieser Arbeit ist es daher die Anmutung von Karosseriefugen zu erfassen, zu quantifizieren und fertigungstechnische Einflussgrößen zu ermitteln. Karosseriefugen werden durch die angrenzenden Anbauteile bestimmt. Hierbei steht vor allem die Falzung der Anbauteile, welche deren Umrandung darstellt, im Fokus. Das Falzen des Außenteils mit dem Innenteil stellt einen Karosseriebauprozess dar. Aus fertigungstechnischer Sicht ist das Falzen der Bauteile ein Biegeprozess, bei dessen Auslegung insbesondere die auftretenden Biegebeanspruchungen betrachtet werden müssen. Die im Rahmen dieser Arbeit betrachteten Aluminiumblechwerkstoffe der AA 6xxx Reihe weisen eine, im Vergleich zu üblichen Stahlgüten, reduzierte Biegbarkeit auf. Obwohl in den vergangenen Jahren zahlreiche Ansätze zur Bestimmung der Biegbarkeit (vgl. Kap. 2.3.4) dieser Werkstoffe entwickelt wurden, stellt die Auslegung von Falzprozessen für den PKW-Karosseriebau auch heute noch eine große Herausforderung dar. Eine Ursache hierfür ist die eingeschränkte Übertragbarkeit der in einfachsten Laborversuchen ermittelten Biegekriterien, z. B. mithilfe des Plättchenbiegens, auf den komplexen Karosseriebauprozess unter Berücksichtigung der Einzelteilherstellung, z. B. Tiefziehen. Im Rahmen dieser Arbeit wurden daher seriennahe Versuchswerkzeuge für Maschinen- und Rollfalzvorgänge eingesetzt, um einerseits die Biegekriterien zu validieren und andererseits Prozesseinflussgrößen zu quantifizieren. Damit zukünftige Fertigungsprozesse für Karosserieanbauteile aus Aluminium, welche an ihrer Bauteilumrandung Falzschlaufen mit hoher Anmutungsqualität aufweisen sollen, versagensfrei ausgeführt werden können, ist es Ziel dieser Arbeit ein prinzipielles Modell zur Prognose der Anmutungsqualität der Falzschlaufe und der auftretenden Biegebeanspruchungen zu entwickeln. Das als Hemming Quality Diagram HQD bezeichnete Modell stellt einen kausalen Zusammenhang zwischen der Anmutungsqualität einer Falzschlaufe und deren Herstellbarkeit dar. Die grundlegenden Voraussetzungen hierfür sind die Kenntnisse über die prozessualen Einflussgrößen auf die dimensionalen Eigenschaften der Falzschlaufe (und somit auch deren Anmutungsqualität) sowie auf die Biegebeanspruchungen (und somit der Herstellbarkeit der Falzschlaufe). Für die Bewertung der Herstellbarkeit wurde zunächst die Biegbarkeit von zwei Aluminiumlegierungen mithilfe des Plättchenbiegens charakterisiert. Die Ergebnisse der Charakterisierung dienten als Referenz bei der nachfolgenden Bewertung der während des Falzens auftretenden Biegebeanspruchungen. Für die Bewertung der Biegbarkeit wurde der Biegebewertungsfaktor nach [DEN14] als Versagenskriterium verwendet. Dieses Kriterium wurde speziell für Aluminiumlegierungen der AA 6xxx Reihe entwickelt und beschreibt das Versagen in Folge einer starken Dehnungslokalisierung an der Falzschlaufe. Für die experimentelle Bestimmung der Biegebeanspruchung wurde zunächst mithilfe der optischen Formänderungsanalyse die Dehnungsverteilung an der Falzkante gemessen und anschließend das Dehnungsmaximum und die Breite der Formänderungszone bestimmt. Aus dem Verhältnis dieser beiden Größen kann die Biegebeanspruchung abgeleitet werden. Im Anschluss an die Charakterisierung der Werkstoffe wurde die prozessuale, schrittweise Entwicklung der Biegebeanspruchung während des Falzens betrachtet. Hierbei wurde sowohl das Maschinenfalzen mit starren Werkzeugen als auch das Rollfalzen mit einem industriellen Roboter untersucht. Die betrachtete Prozessfolge umfasste dabei sowohl das Tiefziehen und Abstellen der Bauteilflansche des Einzelteils als auch das Falzen. Bei beiden Fertigungstechnologien zeigt sich, dass die Biegebeanspruchung nicht ausschließlich vom Falzprozess abhängt, vielmehr werden die Beanspruchungen bereits bei der Einzelteilherstellung prädisponiert. Aufbauend auf die prozessuale Betrachtung der Fertigungskette wurden mit denselben seriennahen Werkzeugen die Einflussgrößen auf die Biegebeanspruchung untersucht und quantifiziert. Neben den prozessualen Einflussgrößen (z. B. Vorbeanspruchung des Außenblechs beim Tiefziehen) wurden zwei Aluminiumlegierungen und konstruktive Einflussgrößen (z. B. Nennblechdicke des Innenteils) mit betrachtet. Die experimentellen Versuche wurden mit einem statistischen Versuchsplan durchgeführt und ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen sowohl für das Maschinen- als auch für das Rollfalzen, dass die Wahl des Blechwerkstoffs und die Nennblechdicken der eingesetzten Blechgüten den weitaus größten Teil der resultierenden Biegebeanspruchung vorherbestimmen. Die prozessualen Größen „Abstellradius“ und „Vorbeanspruchung“ bilden die wichtigsten fertigungstechnischen Einflussgrößen. Beim Maschinenfalzen kann die Biegebeanspruchung nur sehr gering durch die technologischen Parameter des Falzens (z. B. Falzkraft) beeinflusst werden. Beim Rollfalzen ist die Möglichkeit zur Einflussnahme etwas deutlicher ausgeprägt. Hier ist vor allem die Bahn der Falzrolle während des Vorfalzens entscheidend. Im Vergleich zur Beeinflussung der Biegebeanspruchung durch den Einzelteilprozess sind die Stellmöglichkeiten beim Falzen (Maschinen- und Rollfalzen) als gering zu bewerten. Die experimentellen Untersuchungen dienten neben der Ermittlung der Biegebeanspruchung auch der Ermittlung der dimensionalen Eigenschaften der Falzschlaufe. Für die Bewertung der dimensionalen Eigenschaften werden charakteristische Merkmale, die einerseits messtechnisch erfassbar sind, andererseits die visuellen Eigenschaften der Falzschlaufe in Hinblick auf die Anmutung widerspiegeln, benötigt. Die Analyse der Querschnitte von Falzschlaufen aus Aluminium zeigte, dass die Kontur eines gefalzten Blechabschnitts nur unzureichend durch die Angabe eines Kreisradius beschrieben wird. Deutlich bessere Approximationen wurden mithilfe von Ellipsen erzielt. Für die Bewertung der dimensionalen Eigenschaften wurde eine Ellipse gewählt, deren Hauptachsen die sichtbare Schlaufenlänge und die sichtbare Schlaufentiefe bilden. Die Kontur des Falzes wird auf diese Weise zu ca. 97 % genau wiedergegeben. Analog zu den experimentellen Untersuchungen zur Biegebeanspruchung wurde die schrittweise Entwicklung der Falzgeometrie innerhalb der Fertigungskette betrachtet. Dabei zeigt sich, dass beim Maschinenfalzen die sichtbare Schlaufenlänge und -tiefe prinzipiell zunächst bis zum Vorfalzen größer werden, bevor beim Fertigfalzen die endgültige Schlaufenform erzeugt wird. Im Gegensatz dazu findet beim Rollfalzen eine kontinuierlich fortschreitende Reduktion der sichtbaren Schlaufenlänge und -tiefe statt. Vergleichbar zu den Betrachtungen der Einflussgrößen auf die Biegebeanspruchung beim Falzen kann für die dimensionale Ausführung festgestellt werden, dass die Einzelteilherstellung die finale Schlaufenform maßgeblich vorbestimmt. Bei beiden Fertigungstechnologien beträgt der Einfluss zwischen 80 - 90 %. Nur ein vergleichsweise geringer Teil der Schlaufengeometrie wird durch das eigentliche Falzen im Karosserierohbau bestimmt. Nachdem die Herstellbarkeit der Falzverbindung experimentell untersucht wurde, stand in den folgenden Untersuchungen die Ermittlung der Anmutungsqualität im Fokus. In einer Feldstudie wurden zunächst die Falzschlaufen an heutigen Premiumfahrzeugen unterschiedlicher Marken gemessen. Diese Messwerte dienten als Ausgangspunkt für eine theoretische Betrachtung von Fugenmerkmalen und einer Probandenbefragung zur Ermittlung von Einflussgrößen auf die wahrgenommene Anmutungsqualität von Falzschlaufen. Im Rahmen der theoretischen Untersuchung wurde angenommen, dass die Wahrnehmung der Fugengeometrie nicht ausschließlich durch die geometrische Fugenbreite. sondern auch durch die angrenzenden Bauteilgeometrien. bestimmt wird. Die wahrnehmbare Fugenbreite wird demnach durch den Helligkeitsverlauf quer zur Fugenrichtung beeinflusst. Als Haupteinflussgrößen auf diese Helligkeitsverteilung und die wahrnehmbare Fugenbreite wurden die geometrische Fugenbreite, die sichtbare Schlaufenlänge der Falzschlaufe, der Blickwinkel des Betrachters, die Asymmetrie der Fugen und der Lichteinfallswinkel identifiziert. Für die quantitative Erhebung der Anmutungsqualität wurde ein Fragebogen erstellt, der von der Probandengruppe bearbeitet wurde. Um sicherzustellen, dass die Probanden eine Gruppe von Kunden von Premiumfahrzeugen widerspiegeln, wurde anhand von Kontrollfragen am Beginn des Fragebogens eine Klassifizierung der Teilnehmer vorgenommen. Im Vergleich mit bekannten Merkmalen von Kunden im Premiumsegment wurde festgestellt, dass die durch gezielte Auswahl und anschließendes Schnellballverfahren bestimmten Probanden diese Gruppe repräsentieren. Im Hauptteil des Fragebogens wurden den Teilnehmern Darstellungen von Fugensituationen mit unterschiedlichen geometrischen Merkmalen vorgelegt, die von den Probanden verglichen und bewertet wurden. Die vorgelegten Fugensituationen unterschieden sich in jeweils einem Merkmal und stellten somit einen einfachen statistischen Versuchsplan zur Untersuchung von Einflussgrößen dar. Die Auswertung der Umfrageergebnisse zeigt, dass die Fugenbreite und der Falzradius an der Fuge die signifikantesten Einflussgrößen auf die empfundene Fugenqualität darstellen. Die Signifikanz der Einflussfaktoren und deren Rangfolge in der Bewertung stimmen mit den Ergebnissen der theoretischen Studien zur wahrnehmbaren Fugenbreite überein. Anhand der experimentellen und theoretischen Untersuchungsergebnisse zu den Einflussparametern auf die Herstellbarkeit und die Anmutungsqualität von Falzschlaufen beim Maschinen- und Rollfalzen, können die Anmutungsqualität und die Herstellbarkeit in Abhängigkeit der Prozessgrößen (z. B. Vorfalzwinkel) angegeben werden. Durch die Kombination beider Prognosemodelle wird das Hemming Quality Diagram gebildet, das beide Zielgrößen prognostizieren kann. Für die Validierung des HQD wurde ein Serienbauteil aus Aluminium verwendet (Vordertür). Zunächst erfolgte die Prognose der Biegebeanspruchung und der Anmutung anhand von vorgegebenen Prozessgrößen (z. B. Schätzung der Vordehnung aus Vorgängerprojekt), anschließend wurden die dimensionalen Schlaufeneigenschaften sowie die Biegebeanspruchung am Bauteil gemessen. Hierzu wurden die optischer Formänderungsanalyse und die Schliffbildanalyse eingesetzt. Der Vergleich der gemessenen Werte mit den vorhergesagten Prognosewerten zeigte nur geringste Abweichungen. Abschließend lässt sich festhalten, dass mit dieser Arbeit eine Methode zur Prognostizierung der Anmutungsqualität von Falzschlaufen sowie der auftretenden, werkstofflichen Beanspruchungen bei deren Herstellung dargelegt wurde. Diese übergreifende, d. h. über die technologischen Gesichtspunkte hinausgehende, Bewertung von Falzprozessen basiert auf technologischen Versuchen mit Serienwerkstoffen und technologieunabhängigen Kundenbefragungen. Die Anwendung der Methode wurde im Rahmen dieser Arbeit an einem Serienbauteil aufgezeigt. Für die Auslegung zukünftiger Falzprozesse bietet sich somit die Möglichkeit diese sowohl im Hinblick auf die Herstellbarkeit, als auch im Hinblick auf die Anmutungsqualität der Falzverbindung zu gestalten.Item Open Access Methodik zur virtuellen Kompensation geometrischer Fehler von Zusammenbauten aus Blech aufgrund maßabweichender Einzelteile(Stuttgart : Institut für Umformtechnik, 2021) Schuler, Felix; Liewald, Mathias (Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. MBA)Im Rahmen dieser Arbeit wird eine neue Methodik zur virtuellen Kompensation von Einzelteilen aus Blech mit dem Ziel eines maßhaltigen Zusammenbau vorgestellt. Hierbei wird der Produktentstehungsprozess am Beispiel einer PKW-Motorhaube im Presswerk und im Rohbau betrachtet und eingehend untersucht. Hierzu werden zunächst die Fertigungsprozesse der Einzelteile der betrachteten Motorhaube digital nachgebildet und in eine möglichst durchgängige Prozesskettensimulation überführt. Anschließend wird die Prognosegenauigkeit der FE-Simulation mithilfe realer Bauteilversuche überprüft und somit die virtuelle Methodik abgesichert. Hierfür werden die Verstärkungsteile des Unterzusammenbaus gezielt deformiert (simulativ und real) und in verschiedenen Kombinationen aus Gut- und Schlechtteilen dem Fügeprozess (Clinchen) zugeführt, um sie nach deren Vermessung mit den entsprechenden Simulationsergebnissen abzugleichen. Dieser Abgleich der gescannten Einzelteilmessungen untereinander, sowie mit Messungen der Unterzusammenbau und Zusammenbau weisen dabei eine gute Übereinstimmung in allen Prozessschritten auf, sowohl in Betrag als auch in Richtung der auftretenden Rückfederungen. Der modellierten Prozesskettensimulation konnte somit eine sehr gute Prognosegenauigkeit zur Bewertung der Maßhaltigkeit des untersuchten Zusammenbaus nachgewiesen werden. Anschließend wird Mithilfe der durchgängigen Prozesskettensimulation am Beispiel einer wirkflächenbasierten Modifizierung der Ziehanlage des Innenteils eine neuartige Kompensationsmethode abgeleitet. Bei dieser Methode werden lokale Bereiche der diskretisierten Ziehanlage des Innenteils festgelegt, welche mithilfe eines definierten statistischen Versuchsplans gezielt manipuliert werden. Mit den dadurch entstehenden Varianten zahlreicher Ziehanlagen werden die einzelnen Prozesskettensimulation durchgeführt. Die dadurch resultierenden Rückfederungsergebnisse des Zusammebaus werden anschließend ausgewertet und mithilfe eines räumlichen Interpolationsverfahrens, dem sog. Kriging-Verfahren, in ein numerisches Meta-Modell überführt. Dieses Modell wird letztlich dazu verwendet, die lokalen Kompensationswerte zur Manipulation der Ziehanlage des Innenteils abzuleiten, die zur geringsten dimensionalen Abweichung des Zusammenbaus führen. Mit den auf diese Weise ermittelten lokalen Kompensationswerten für die Wirkflächen der Ziehanlage des Innenteils wird mithilfe der modellierten Prozesskettensimulation die Fähigkeit der vorgestellten Kompensationsmethode nachgewiesen. Auf diese Weise konnte der Gesamtbetrag der Rückfederung in der Form des hier betrachteten Motorhauben-Zusammenbau des Opel Adam (Modelljahr 2013-2019) um insgesamt 60% reduziert und der Maximalwert der Rückfederung am Umriss von 1,24 mm auf 0,30 mm verringert werden. Die Übertragbarkeit der neu entwickelten Kompensationsmethode auf weitere Anwendungsfälle, wie z.B. die Untersuchung des Einflusses der Spannerendpositionen oder der Fügereihenfolge auf die Maßhaltigkeit des Zusammenbaus wurde an dieser Stelle ebenfalls erläutert und bestätigt die Praxisfähigkeit und den Mehrwert dieser Methodik.