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Autor(en): Guski, Vinzenz
Titel: Experimentelle Charakterisierung und mikrostrukturbasierte Modellierung der Schädigung in porösen Keramikschichten
Erscheinungsdatum: 2023
Dokumentart: Dissertation
Seiten: vii, X, 203
URI: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:93-opus-ds-139390
http://elib.uni-stuttgart.de/handle/11682/13939
http://dx.doi.org/10.18419/opus-13920
Zusammenfassung: In der vorliegenden Ausarbeitung wurden sowohl thermo-physikalische als auch mechanische Eigenschaften einer plasma-gespritzten Mg-Spinell (MgAl2O4) Beschichtung experimentell sowie numerisch und analytisch mit verschiedenen Modellierungsansätzen untersucht. Der Hintergrund dieser Untersuchungen ist der Einsatz dieser Keramik-Schichten als Teil eines Dichtsystems in Hochtemperatur-Brennstoffzellen. Hierbei ist insbesondere die Integrität der Beschichtung, ein hoher elektrischer Widerstand sowie Gasdichtheit im Betrieb von entscheidender Bedeutung. Dies kann erreicht werden durch eine hohe Schadenstoleranz der Beschichtung, weshalb der Schwerpunkt dieser Arbeit auf der bruchmechanischen Charakterisierung dieser Beschichtung lag. Beim bruch-mechanischen Verhalten hat der Herstellungsprozess, das atmosphärische Plasmaspritzen, eine fundamentale Bedeutung für das effektive mechanische Verhalten. Beim atmosphärischen Plasmaspritzen wird ein Plasmastrahl in atmosphärischer Umgebung erzeugt, der auf die zu beschichtende Oberfläche gerichtet ist. Zur Beschichtung wird dann Keramik oder Metall-Pulver in den Plasmastrahl eingebracht. In diesem Strahl werden diese Pulver-Partikel aufgeschmolzen und in Richtung Oberfläche beschleunigt. Durch den großen Temperaturunterschied von Plasmastrahl zur Substrat-Oberfläche erstarren die aufgeschmolzenen Pulver-Partikel, die sogenannten Splats, schlagartig. Beim Erstarren ziehen sich die Splats zusammen. Jedoch werden sie durch das Substrat dabei mechanisch gehemmt. Dieser Mechanismus in Kombination mit unterschiedlichen thermischen Ausdehnungskoeffizienten von Substrat und Beschichtung verursacht Eigenspannungen im Materialsystem. Durch wiederholtes Überfahren der Plasma-Düse kann so eine vollständige Schicht hergestellt werden. Beim lagenweisen Auftragen wird beim Auftreffen der schmelzflüssigen Splats auf die darunterliegende Schicht die Oberfläche der bereits erstarrten Splats wieder aufgeschmolzen. Dadurch wird zum einen eine bessere Haftung der Splats erreicht und zum anderen eine Grenzflächen-Schicht erzeugt, die die erstarrten Splats umgibt. Durch die beschriebenen Mechanismen Aufschmelzen, Erstarren und Schrumpfen werden charakteristische Defekte, wie z.B. runde und längliche Poren oder Mikrorisse, in die Beschichtung eingebracht, die sowohl einen großen Einfluss auf die Richtungsabhängigkeit (Transversalisotropie) der effektiven mechanischen Kennwerte hat als auch Orte in der Beschichtung für Rissinitiierungen sind. Zusätzlich können auch noch die Eigenspannungen in der Beschichtung einen Einfluss auf das effektive mechanische Verhalten haben. Messreihen am Fraunhofer IKTS in Dresden, am DLR Stuttgart, am IFKB, Universität Stuttgart sowie an der MPA, Universität Stuttgart zum thermomechanischen und thermophysikalischen Verhalten sowie bildgebende Untersuchungen lieferten die Basis für die in dieser Arbeit vorgestellten analytischen und numerischen Modellierungen. Ein bedeutender Modellierungsansatz im Rahmen dieser Arbeit ist die mikrostrukturbasierte Simulation der Rissinitiierung und des Risswachstums. Dazu wurden sowohl zweidimensionale als auch dreidimensionale Realstrukturmodelle auf Basis von REM-Aufnahmen sowie Nanotomographie-Daten (FIB/REM) aufgebaut. Die Rohdaten der Aufnahmen, die im Rückstreu-Modus aufgrund der höheren Kontraste aufgenommen wurden, mussten zunächst mit Hilfe von Bildanalyseverfahren und Filtern aufbereitet werden. Dabei wurde die Existenz einer Grenzflächenphase festgestellt, die im Folgenden der Arbeit eine entscheidende Rolle einnahm, um das effektive mechanische Verhalten dieser plasma-gespritzten Schichten zu erklären. Eine Herausforderung bei der Aufbereitung der Rohdaten war vor allem die Segmentierung der Aufnahmen in die einzelnen Phasen (Matrix, Poren und Grenzflächenphase). Dies konnte durch einen mehrstufigen Vorgang mit Setzen von Grenzwerten bei der Grauwert-Verteilung, mit Anwenden von Morphologie-Filtern sowie mit Anwenden eines zellularen Automaten erreicht werden. Die Bilddaten konnten dann in weiteren Schritten sowohl zur Erzeugung von FEM-Modellen, als auch von Modellen für die neuartige kontinuumsmechanische Simulationsmethode Peridynamics verwendet werden. Die Simulations-methode Peridynamics ist im Vergleich zur FEM dadurch gekennzeichnet, dass eine integrale Formulierung der kinematischen Gleichungen existiert. Dadurch können Diskontinuitäten, wie z.B. Risse, besser abgebildet werden. Die Diskretisierung bei Peridynamics erfolgt über Massepunkte mit einem definierten Volumen und Bindungen zwischen den Massepunkten, die eine kritische Dehnung besitzen. Dadurch kann ohne Anwendung eines zusätzlichen Schädigungsmodells Rissinitiierung und Risswachstum simuliert werden. Die analytischen Modelle dienten zur Untersuchung der Transversalisotropie der elastischen Konstanten, da für plasma-gespritzte Schichten eine sogenannte Cross-Property-Verknüpfung existiert, die den effektiven E-Modul mit der effektiven Wärmeleitfähigkeit in Verbindung bringt. Ebenso konnte der Einfluss der Eigenspannungen untersucht werden. Aufgrund der Neuartigkeit von Peridynamics (PD) wurden Validierungssimulationen anhand zweier mechanischer Problemfälle erfolgreich durchgeführt: Platte mit Loch unter einachsiger Zugbelastung und Platte mit einseitiger Kerbe unter einachsiger Zugbelastung. Nach der Validierung von PD fanden die numerischen Untersuchungen mit den mikrostrukturbasierten Modellen statt. Dabei wurden die Mikrostrukturen sowohl unter Zug- als auch unter Druckbelastung parallel und senkrecht zur Spritzrichtung bis zum Versagen der Mikrostrukturen untersucht. Zum Vergleich wurden die Simulationen sowohl mit FEM als auch mit PD durchgeführt. Ebenso wurde der Einfluss der Grenzflächenphase betrachtet. Als Ergebnisse dieser mikrostrukturbasierten Simulationen wurden sowohl die für Keramiken typische Anisotropie von Zug- und Druckbelastung als auch die Transversalisotropie beobachtet. Die Transversalisotropie wurde durch das Berücksichtigen der Grenzflächenphase verstärkt. Ebenso konnten die effektiven Steifigkeiten der plasma-gespritzten Mg-Spinell-Schicht durch die Grenzflächenphase in der Simulation im Bereich des in Experimenten beobachteten Verhältnisses von ein Drittel bzw. ein Viertel des E-Moduls des Vollmaterials bestimmt werden. Ohne die Grenzflächenphase waren die effektiven Steifigkeiten deutlich überschätzt. Dieses Ergebnis ist ein sehr starkes Indiz für die Notwendigkeit der Berücksichtigung der Grenzflächenphase bei der Mikrostrukturmodellierung von plasma-gespritzten Werkstoffen. Die in den Simulationen resultierenden Rissbilder mit den beobachteten multiplen Rissinitiierungen sowie den Rissverzweigungen zeigen qualitativ eine sehr hohe Übereinstimmung mit Rissbildern von REM-Aufnahmen der geschädigten Mg-Spinell-Schicht. Das statistisch-basierte Bruchverhalten (Versagenswahrscheinlichkeit) wurde schließlich durch eine Analyse der Simulationsergebnisse mit Hilfe der Weibull-Statistik berücksichtigt. Dabei wurden der Weibull-Modul und die mittlere Festigkeit aus sechs Proben numerisch ermittelt. Insbesondere für den Weibull-Modul konnten Werte bestimmt werden, die im Bereich von experimentellen Werten für Keramiken aus der Literatur liegen. Ebenso wurde eine Transversalisotropie beim Weibull-Modul und der mittleren Festigkeit beobachtet. Insgesamt lässt sich festhalten, dass im Rahmen dieser Ausarbeitung das effektive mechanische Verhalten der plasma-gespritzten Oxidkeramik Mg-Spinell durch eine Kombination von experimentellen, analytischen und numerischen Methoden im Detail untersucht wurde. Insbesondere wurde bei diesen Untersuchungen der sehr starke Einfluss der Grenzflächenphase auf das beobachtete effektive mechanische Verhalten als ein dominanter Faktor identifiziert. Durch den Vergleich mit dem Zustand ohne Grenzflächenphase hat sich gezeigt, dass mechanischen Eigenschaften verbessert werden können, wenn der Anteil der Grenzflächenphase reduziert wird, wie z.B. durch nachgelagerte Wärmebehandlungen. Im Bereich der Methodik konnte gezeigt werden, dass sowohl die FEM als auch die PD-Methode geeignet sind, das Materialverhalten von plasma-gespritzten Mg-Spinell-Schichten im Hinblick auf das bruchmechanische Verhalten abzubilden. Die PD-Methode bedarf jedoch noch weitere Untersuchungen insbesondere im Bereich des Materialmodells, des Einflusses von Oberflächen sowie der Stabilität der Simulationen. Der sehr große Vorteil der PD-Methode hat sich gezeigt durch die Möglichkeit des Multirisswachstums im gesamten Modell ohne Definition eines zusätzlichen Schädigungsmodells mit der Notwendigkeit der Kalibrierung von Modellparametern wodurch insbesondere Rissverhalten in spröden Materialien realistisch abgebildet werden kann.
Enthalten in den Sammlungen:04 Fakultät Energie-, Verfahrens- und Biotechnik

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