"Es ist soviel Unschuld in ihrer Schuld" : Theodor Fontanes Stellung zur "preußischen Moral" am Beispiel der "Effi Briest"
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Moral meint im strengen Sinne gerade diejenige Seite der Sittlichkeit, die subjektiv getragen wird. Der "preußische" Moralist aber zeichnet in dieser durch das Subjekt getragenen Sittlichkeit ein Feindbild. Er macht aus der Sittlichkeit als Bedingung und Kriterium guten Handelns einen historisch fixierten Maßstab, setzt also Sittlichkeit mit Recht gleich. Der Seitensprung ist für die Gesellschaft ein Ritual jenseits eigener Betroffenheit, für Effi Briest bedeutet er den Konflikt zwischen sittlichem Empfinden und der Sehnsucht nach Glück. Diese Problematik, der sich Fontane kritisch gegenübersieht, weist ethische, ästhetische und psychologische Dimensionen auf, die hier besprochen werden sollen, auch in Hinsicht auf Fontane selbst. Denn Theodor Fontane erscheint nicht selten als widerspruchsvoller Charakter, zwiespältig in der Einstellung zum Preußentum, schwach in der Selbsteinschätzung. Im Anstoßnehmen wird jedoch oft die Einsicht vergessen, daß jedes Subjekt seine Identität anstrebt, und daß Widersprüche, die dabei auftreten, wohl zunächst in der Sache, der gegenüber es sich objektiviert, aufgesucht werden sollten.