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Item Open Access Werkstoffmechanische Untersuchungen zu den Mechanismen des Vorbelastungseffekts(2002) Alsmann, Ulrich; Roos, Eberhard (Prof. Dr.-Ing. habil.)Im Rahmen der experimentellen Untersuchung des WPS-Effekts wurden mehr als hundert Lastpfadversuche durchgeführt. Dabei wurden die Einflußparameter Werkstoffzähigkeit, Lastpfadverlauf sowie Probengröße variiert. Hierbei wurden die folgenden Ergebnisse erzielt: Der WPS-Effekt wurde bei allen drei untersuchten Werkstoffen trotz unterschiedlichster Zähigkeit in qualitativ ähnlicher Ausprägung beobachtet. Durch die experimentelle WPS-Simulation konnte die Gültigkeit des konservativen WPS-Prinzips: "keine Initiierung bei zeitlich streng monoton fallender Spannungsintensität, wenn die Rißspitze im Laufe der aktuell betrachteten Transiente eine vorangegangene warme Vorbelastung erfahren hat" bestätigt werden. Die Initiierung eines Bruches trat ausnahmslos erst ein, nachdem die Beanspruchung gesteigert wurde. Das erreichbare Beanspruchungsniveau beim Bruch wird in erster Linie durch die Höhe der Warmvorbelastung bestimmt. Als weitere Einflußgrößen auf die Höhe des WPS- Effekts wurden der Verlauf der Transiente, insbesondere der Grad der Entlastung nach dem Maximum sowie die Probengröße identifiziert. Bei WPS-Versuchen mit teilweiser oder totaler Entlastung (LPUCF, LUCF) wurden in der Regel geringere Versagensbeanspruchungen gemessen als dies bei Lastpfaden ohne Entlastung (LCF) der Fall war. Bei LUCF-Lastpfaden wird beim Bruch das Niveau der Warmvorbelastung nicht in jedem Fall wieder erreicht. Bei gleicher Warmvorbelastungshöhe und gleicher Kaltwiederbelastungstemperatur erreicht der LUCF-Lastpfad das geringste Beanspruchungsniveau beim Bruch und damit den am geringsten ausgeprägten WPS-Effekt. Ein weiterer Teil der Untersuchung befaßte sich mit den dem WPS-Effekt zugrunde liegenden Mechanismen. Durch experimentelle Untersuchung der Einzelmechanismen Rißspitzenabstumpfung und Werkstoffvordehnung hinsichtlich ihrer Auswirkung auf das Sprödbruchverhalten wurde gezeigt, daß der wesentlichste Beitrag zum WPS-Effekt aus einer günstigeren Spannungsverteilung im Vergleich mit nicht warmvorbelasteten Proben resultiert. Analytische Verfahren, die zur Bewertung der Rißspitzenbeanspruchung die gesamte thermomechanische Vorgeschichte der Warmvorbelastung berücksichtigen, sind in der Literatur seit einiger Zeit bekannt. Das bekannteste und bislang am besten überprüfte Verfahren in diesem Zusammenhang ist das Chell-Modell. Die Überprüfung des Chell-Modells anhand der experimentellen Ergebnisse zeigte, daß die Phänomenologie des WPS-Effekts vom Chell-Modell richtig beschrieben wird. Bei Anwendung innerhalb der Gültigkeitsgrenzen ergab sich auch quantitativ eine gute Übereinstimmung mit den experimentellen Befunden. Insbesondere konnte gezeigt werden, daß bei Verwendung von "lower bound"-Bruchzähigkeitskennwerten mit Hilfe des Chell-Modells eine untere Abschätzung des zu erwartenden WPS-Effekts möglich ist. Weiterhin wurde die Anwendbarkeit des WPS-Effekts in der Integritätsanalyse von RDB untersucht. Die bislang einzige quantitative Berücksichtigung des WPS-Effekts in Regelwerken (BS 7910) basiert auf dem Chell-Modell. In diesem Ansatz wird zur Abschätzung des WPS-Effekt eines beliebigen Lastpfads ein LUCF-Lastpfad als Referenz verwendet. Aufgrund des großen Einflußes der Entlastung auf die Höhe des WPS-Effekts beinhaltet diese Vorgehensweise ein hohes Maß an Konservativität. In einer hier vorgestellten Weiterentwicklung dieses Ansatzes wird dem realen Entlastungsverlauf Rechnung getragen. Als Referenzlastpfad wird in jedem Punkt der Transiente ein LPUCF- Lastpfad verwendet, dessen Entlastung dem Grad der Entlastung im betrachteten Punkt der Transiente entspricht. Die potentielle Wiederbelastbarkeit wird ebenfalls mit Hilfe des Chell-Modells ermittelt. Die vorgestellte Methode ermöglicht es, bei Notkühllastpfaden den Sicherheitsabstand gegen Initiierung unter Einbeziehung des WPS-Effekts besser quantitativ zu erfassen.